sketchbook by
Jaja Verlag
ist Illustrator und Comiczeichner und lebt seit 1975 in Berlin. Im Rahmen seines Engagements in sozialpolitischen Bewegungen zeichnete er Cartoons und kreierte den Comic-Strip Emil für das Stadtmagazin zitty. Er studierte Visuelle Kommunikation und arbeitet seit 1990 als selbständiger Illustrator für Verlage, Firmenkunden und Agenturen. Für den Deutschen Bundestag entwickelte er das Maskottchen Karlchen Adler für Kinder. Detlef Surrey hat immer ein Skizzenbuch bei sich und hält darin fest, was ihn umgibt. Am 9. November 1989 erlebte er den Fall der Berliner Mauer am Checkpoint Charlie.
Meine Skizze von 1987 zeigt die damaligen Grenzanlagen der DDR am Potsdamer Platz.
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1990 wurde Deutschland wiedervereinigt. Die Spuren der Teilung wurden gelรถscht, die Mauer verschwand. Heute muss man suchen, wenn man die Spuren der Teilung finden will. Mit meinem Skizzenbuch begab ich mich auf Spurensuche.
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IM MAUERPARK
Neben dem Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark stehen noch Teile der DDR-Hinterlandmauer. Graffiti-Künstler nutzen sie als Übungsfläche während Berliner und Touristen auf dem grasbewachsenen Hügel chillen und die Aussicht über den auf den Grenzanlagen entstandenen Mauerpark genießen.
Der U-Bahnhof Bernauer Straße war bis zur Maueröffnung ein „Geisterbahnhof“. Die zu West-Berlin gehörende U-Bahn fuhr auf der Strecke zwischen Kreuzberg und dem Wedding unter Ost-Berlin hindurch ohne anzuhalten. Es war gespenstisch. Das kann man sich heute gar nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst erlebt hat.
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BERNAUER STRASSE
Vom Dach des Museums hat man einen Blick auf das letzte erhaltene zusammenhängende Segment der DDR Grenzanlage der Berliner Mauer.
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Auf dem Invalidenfriedhof verlief die Grenzanlage der Mauer direkt ßber den Gräbern. 2011 wurde die einzig erhaltene Glocke der von der DDR abgerissenen Gnadenkirche in einem neu errichteten Glockenturm aufgestellt.
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INVALIDENFRIEDHOF
Vor den Resten der Hinterlandmauer der DDR Grenzanlage finde ich den Gedenkstein für Baron Manfred von Richthofen. Der Kampfflieger des Ersten Weltkriegs ist allen Peanuts Fans als „Red Baron“ bekannt, Gegenspieler von Snoopy.
Der ehemalige Hamburger Bahnhof, nahe der früheren Grenzübergangsstelle Invalidenstraße, wurde 1996 als Museum der Kunst der Gegenwart eröffnet.
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HAMBURGER BAHNHOF
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ALEXANDERUFER - KAPELLE-UFER
Die Mauermarkierung aus Pflastersteinen verläuft am Kapelle-Ufer direkt vor dem im September 2019 eröffneten „Futurium – Haus der Zukunft“. Man kann dieser Markierung durch die ganze Stadt folgen.
Der Blick zurück zum Hauptbahnhof: Es ist die Perspektive eines DDR-Grenzsoldaten, der von seinem Turm in Richtung Westen schaut. Aber alles, was man heute hier sieht, ist neu! Kein einziges dieser Häuser gab es vor 1989. Der heutige Hauptbahnhof – damals befand sich dort der S-Bahnhof Lehrter Bahnhof – wurde erst 2006 eingeweiht.
Der „Tränenpalast“, die ehemalige Grenzübergangsstelle zwischen Ost und West, zwischen den Welten, liegt direkt neben dem Bahnhofsgebäude - mitten im damaligen Ost-Berlin. Nach Grenzkontrolle und Zwangsumtausch trat man auf die Friedrichstraße und wurde eingehüllt von den Auspuffwolken der Trabis. Unverkennbar: Man war im Osten!
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BAHNHOF FRIEDRICHSTRASSE
Der Pariser Platz bekam seinen Namen 1814, nachdem die PreuĂ&#x;ischen Truppen Paris besetzt hatten. Das ist heute kaum noch jemand bewusst. Der Platz wurde nach dem Mauerfall rundum neu bebaut, sein Name gilt heute als Symbol des zusammenwachsenden Europas.
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BRANDENBURGER TOR - PARISER PL ATZ
Ende 2015 wurde das Brandenburger Tor angestrahlt in den französischen Nationalfarben und Blumen und Kränze bedeckten den Pariser Platz vor der Französischen Botschaft. Berlin und die Berliner bekundeten ihre Solidarität mit der von zwei Terroranschlägen getroffenen französischen Hauptstadt.
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Das Holocaust-Mahnmal wurde im Mai 2005 eingeweiht. Das vom US-amerikanischen Architekten Peter Eisenman gestaltete Denkmal fßr die ermordeten Juden Europas im Zweiten Weltkrieg liegt in Sichtweite des Reichstagsgebäudes, unweit der 1953 abgetragenen Neuen Reichskanzlei Nazi-Deuschlands.
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HOLOCAUST-MAHNMAL
Der Potsdamer Platz ist heute wieder ein lebendiger, quirliger Platz. Kaum vorstellbar, dass dort zu Mauerzeiten bis 1989 nur noch ein einziges Haus stand, direkt an der Grenze. Meine Skizze von 1987 am Anfang dieses Buchs zeigt die damaligen Grenzanlagen der DDR.
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POTSDAMER PL ATZ
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BERLIN LOVES YOU
An der Straßenecke Wilhelm-/Zimmerstraße stößt man auf ein Kuddelmuddel aus Schnellimbiss- und Souvenirständen, einem auf einen Sockel gestellten DDR-Trabi und einem überdimensionalen Berliner Bären, dem Wappentier der Hauptstadt, der eine riesige Currywurst in den Himmel hebt, meine Jüte, dit is Berlin! Berlin loves you!
Der gesamte Platz des zu Kreuzberg (West-Berlin) gehörenden Bethaniendamms war Teil der Grenzanlagen der DDR, Bürgersteig inklusive. Im Mittelpunkt des zugeschütteten Wasserbeckens stand ein Wachturm. In den ersten Wochen nach der Maueröffnung fand ich den Turm leer und verwaist. Ich kletterte damals hinauf und ließ die makabere Aussicht über die Grenzanlagen auf mich wirken.
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ENGELBECKEN
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OBERBAUMBRÜCKE
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NACHWORT
Als die Mauer am 9. November 1989 unter dem Druck der DDR-Bürger fiel, empfand ich eine unbändige Freude. Ich hatte 14 Jahre mit der Mauer gelebt, sie war Teil meines Alltags. Wie wohl die meisten Westberliner hatte ich versucht, sie so gut wie möglich zu ignorieren. Man hatte resigniert und sich damit abgefunden. Nun jubelte die ganze Stadt und feierte! Natürlich wollte niemand mehr die verhasste Mauer sehen, also wurde sie so schnell wie möglich abgerissen. Wer heute nach Berlin kommt, muss die Spuren der Teilung suchen. Nach einer Begegnung mit Touristen, die am Potsdamer Platz darüber rätselten, wo denn nun die Mauer früher gewesen wäre und ob man womöglich noch Reste finden könne, empfand ich Neugier. Was war eigentlich von ihr geblieben?
Ich begab mich mit meinem Skizzenbuch auf eine persönliche Spurensuche – entlang des ehemaligen Mauerverlaufs von Prenzlauer Berg bis Treptow, von Wedding bis Neukölln. Meine Entdeckungsreise führte mich auch entlang meiner Alltagswege von damals, vor und nach dem Mauerfall. Zunehmend fasziniert war ich von der Tatsache, dass diese Linie eine Fülle von historischen Orten aus vielen Phasen der deutschen Geschichte quert. Der Fall der Berliner Mauer 1989, das Zusammenwachsen der Stadt und des ganzen Kontinents haben eine wunderbare Symbolkraft: Mauern werden von Menschen gebaut, aber Menschen können sie auch einreißen. Wie schön, das miterlebt zu haben!
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Detlef Surrey is an illustrator and comic artist based in Berlin where he has been living since 1975. He studied Visual Communication in West Berlin, started drawing cartoons during his studies and created the comic strip “Emil“ for the Berlin magazine zitty. Since 1990, he has been working as an independent illustrator for agencies and publishing houses. Commissioned by the German Bundestag, he developed Karlchen Adler, its mascot for children. Detlef Surrey always carries a sketchbook in which he documents what he sees. During the night of November 9th 1989, he witnessed the fall of the Berlin Wall at Checkpoint Charlie. My sketch from 1987 shows the former RDA border facilities at Potsdamer Platz. Detlef Surrey est illustrateur et dessinateur de BD à Berlin, où il vit depuis 1975. Il a étudié la communication visuelle à Berlin-Ouest tout en dessinant des comic strips, et créa la BD « Emil » pour le magazine local zitty. Depuis 1990, il travaille comme illustrateur indépendant pour des agences et des éditeurs. Pour le Parlement allemand, il a créé Karlchen Adler, la mascotte pour enfants. Detlef Surrey garde toujours un carnet de croquis sur lui et y consigne ce qu’il voit. La nuit du 9 novembre 1989, au Checkpoint Charlie, il a vécu la chute du mur de Berlin. Mon croquis de 1987 montre les anciennes installations frontalières de la RDA sur Potsdamer Platz.
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ENGLISH / FRANÇAIS
When I arrived in Berlin in 1975, the city was divided by the Wall. I lived in the West Berlin district Kreuzberg, studied political science and art, and was involved in environmental and sociopolitical initiatives. We stood in solidarity with liberation movements around the world. … but we never questioned the Wall around us. It was just there. When it fell in November of 1989, … … it was simply INSANE!!!!! Lorsque je suis arrivé à Berlin en 1975, la ville était divisée par le Mur. Je vivais dans le quartier ouest-berlinois de Kreuzberg, j’étudiais les sciences politiques et l’art et je m’engageais dans des initiatives écologiques et sociales. Nous étions solidaires de mouvements de libération à travers le monde … … mais le mur qui nous entourait, nous ne le remettions pas en question. Il était juste là. Lorsqu’il est tombé en novembre 1989 … … c’était juste DINGUE!!!!!!
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The U-Bahn station Bernauer Straße used to be a ghost station before the opening of the Wall. The underground train which belonged to West Berlin travelled through the stretch between Kreuzberg and Wedding below East Berlin without stopping. It was eerie. You could not imagine it today if you had not experienced it yourself. Germany was reunited in 1990. Marks of the separation were erased, the Wall disappeared. Today, one has to search in order to find these traces. So with my sketchbook in hand, I went looking for them. Next to the Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, parts of the East German Hinterland wall remain. Graffiti artists use them for practice while Berliners and tourists relax on the grassy hills, enjoying the view on Mauerpark that emerged on the former border area. En 1990, l’Allemagne s’est réunifiée. Les traces de la division ont été effacées, le Mur a disparu. Aujourd’hui, si l’on veut retrouver ces traces, il faut les chercher. Mon carnet de croquis en main, je me suis mis en chemin… Aux abords du Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, des segments du mur d’arrière-plan de la RDA tiennent encore debout. Des graffeurs s’en servent comme surface d’entraînement, tandis que les Berlinois et les touristes se détendent sur la colline herbeuse, profitant de la vue sur le Mauerpark qui est né sur les installations frontalières.
La station de U-Bahn Bernauer Straße était, jusqu’à l’ouverture du Mur, une « station fantôme ». Le métro ouest-berlinois circulait sur le tronçon entre Kreuzberg et le quartier de Wedding et passait sous Berlin-Est sans s’arrêter. C’était sinistre. Il est impossible de l’imaginer aujourd’hui si on ne l’a pas vécu soi-même.
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At the memorial site’s documentation centre in Bernauer Straße, visitors attempt to envision the state during the separation. The exhibition is descriptive and the offered guided tours are informative. Au centre de documentation du mémorial sur la Bernauer Straße, les visiteurs essaient de réaliser ce que représentait la division. L’exposition est claire et les visites guidées proposées sont informatives.