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BELIEVE IN ILLUSTRATION: Michael Szyszka | www.zapfenstreiche.de
MUSE THE STUBE von Ulrike Jensen | www.ulrikejensen.de
Liebe Leser! Viel Vergnügen beim Durchblättern unseres ersten Musen-Fanzines! Es heißt: Muse goes Zine Was ist eigentlich ein Fanzine? Diese Frage soll zu Beginn Wikipedia mal erklären:
MUSENVÖGEL von Judith Ahrends
“Ein Fanzine ist ein Magazin, das von Fans für Fans gemacht wird. Fanzines werden oft fotokopiert oder im Offsetdruck vervielfältigt. [...] Die Macher der Fanzines sind engagierte Mitglieder der entsprechenden Szene und betreiben das Schreiben und Vervielfältigen der Hefte auf eigene Kosten in ihrer Freizeit.[...]”
Ja, in diesem Sinne erfüllt das vorliegende Musegoeszine-Heft die Auflagen. Und unsere Fans haben den Spielraum sehr liebevoll genutzt und wir möchten allen danken an dieser Stelle! Die Musen der Musenstube, Tellstr. 2, 12045 Berlin
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Eine grobe Inhaltsübersicht:
Musenfans sind selber Musen!
Und die Musen sind selber Fans von den Fans! Auf einigen Seiten lassen wir die Bildbeiträge unserer geschätzten Kollegen zum Themenkomplex Musen, Kreativität, Inspiration etc. sprechen.
Kreativwirtschaftgentrifizierungsfreiraumgestaltungskopfarbeit
Seite 12 und 13
Wachstum und/oder soziale Attacke Text von Maria Stoecker Seite 20 und 21
Bastelexistenz Text von Elke Brüns Seite 23 und 24
Ein Pladoyer für (Frei)Räume Text von Tanja Ries
Literatur
Unsere Ehrenmuse und Autorin Caroll Meier-Liehl, sowie Schreiberlinge des Autorenclubs Quertext, der sich allsonntäglich in der Musenstube trifft, haben dem Fanzine feingeistige bis großartige Gedichte, Krimis und Märchen vermacht. Seite 28 und 29 Der Jaja Verlag stellt sich vor mit Mäusen, Verlagsgedanken und seinen bisherigen Publikationen. SPECIAL: ADAGIO N° I - Alltag in Berlin von Maki Shimizu
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Anja Wrede | www.anja-wrede.de
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inspiration leben einhauchen beseelen und befruchten bis ins tiefste sein
muse jeden tag auf’s neu lässt mich atmen, beschenkst mich einzig durch dein sein
Musenstube von Caroll Meier-Liehl
“Musen haben Flügel, wusstest du das nicht?”, fragt eine feenhafte Gestalt in grünem Samtkleid und winkt mich heran. Die Mittagshitze surrt in sichtbaren Schwaden über den Asphalt, und bis zum nächsten Gewitter wird die Mehrheit der Großstädter ihren Verstand verloren haben. Die grüne Fee scheint sich selbst nicht sicher, ob es sie tatsächlich gibt. Mit nervösen Porzellanfingern betastet sie ihren schillernden Haarreif, bevor sie mich erneut einlädt, ihr zu folgen. Ich werfe einen hilfesuchenden Blick zurück zur Sonnenallee, von der mich der Wunsch nach etwas Schatten abkommen ließ. Es ist helllichter Tag, und Menschengruppen trödeln sich ihren Weg über die Straßen, doch niemand wird mich gesehen haben, wenn ich durch diese Tür gehe und nicht wieder herauskomme. In der staubigen Dämmrigkeit des Raumes kann ich nur mehr ihre zierlichen Umrisse erkennen, und fast erwarte ich violett glitzernden Nebel, in den sich das märchenhafte Wesen auflösen wird. “Darf ich für dich Klavier spielen?”, fragt sie stattdessen mit leichtem Tremor in der ohnehin schon schwachen Stimme. So sitze ich bis zum kühlen Abend in einem Plüschsessel und lausche wundersamen Tönen, während draußen vor dem Fenster Sommerschwüle die Stadt zerfrisst. Fugen schmelzen, Menschen stürzen, Gedanken flimmern. Nur ich bin dem Wahnsinn noch einmal entronnen.
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Haikus von Tanja Ries | Anektdote von Caroll Meier-Liehl | Illustrationen von Maki Shimizu
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Illustration von Karin Baetz | www.karindrawings.com
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Dies war die wilde ste Wand unserer A usstellung z Geburtsta um 5-jähri g unserer gen Musenstu schÜnes S be! Ein w ammelsuri underum aus Lie Verschub gengeblie ladetem, b enem, Geschenk von den A tem, Gesa rbeitstisch m m eltem en und au kÜrben un s den Pap d Schubla ierden der M www.muse usen. nblog.blo gspot.com www.muse nstube.de
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lieb lieb lieb
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Illustration von Alex von Knorre
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Illustration von Nadja R端melin | www.nadjaruemelin.de
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Blogeintrag von Maria Stoecker
Wachstum und/oder soziale Attacke Liebe Gehirnbenutzer/innen, heute möchte ich Ihnen Informationen aus einem Vortrag von Gerald Hüther, Neurobiologe, wiedergeben, die mich sehr bewegt haben. In seinem zweistündigen Vortrag „Die Zukunft des Lernens“ beschäftigt er sich mit Aspekten des vorgeburtlichen Lernens bis hin zu Vorschlägen für eine veränderte Schullandschaft. Ich möchte Ihnen hier einen Auszug wiedergeben, den ich für besonders wichtig halte. Er beinhaltet sinngemäß folgendes: Neugier, Herausforderung, positive Bestätigung erzeugen Wachstum. Diese Eigenschaften schaffen Weltentdecker und Weltgestalter. Wertschätzung, Zuneigung, Lust und Selbstvertrauen setzen einen positiven Lernzyklus in Gang.
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Text von Maria Stoecker | Illustrationen von Marie Geißler
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Wenn wir Erfolg haben, suchen wir weiter nach dem Schönen. Dieser Lernzyklus geht unter die Haut, prägt sich tief im Gehirn ein. Jedes Mal wenn wir eine Bestätigung erhalten, wird das Selbstbelohnungssystem im Gehirn in Gang gesetzt. Serotonin und Dopamin (das ist wie eine kleine Prise Kokain und Heroin gleichzeitig – wir sind ‚high‘) werden ausgeschüttet. Damit werden alle Lösungen, die uns erfolgreiche Erlebnisse verschaffen, fest im Gehirn verankert, eingebügelt: Bestehende Synapsen werden verstärkt, neue Verbindungen geschaffen. Das heißt: Erfolg macht uns auch klüger. All das, was wir in einem erfolgreichen Zyklus lernen, wird fest ins Gehirn eingebrannt. Wir gehen mit diesen Erfahrungen weiter, wollen die Welt entdecken, mit dem Selbstvertrauen, das uns der Erfolg gegeben hat. (Das bezieht ein, dass wir uns auch gerne anstrengen – dazu demnächst mehr.)
In der Zusammenfassung bedeutet das: Wir lernen am besten durch Erfolge und Bestätigung. Die verschaffen uns nicht nur ausgesprochen gute Laune (wer kennt sie nicht nach einem Erfolg oder positivem Erlebnis?) wir werden auch noch klüger! Das Selbstbelohnungssystem des Gehirns brennt diese Erfahrungen tief in sein Netzwerk ein und vermehrt auch noch seine Verbindungen. Misserfolge sind nach Gerald Hüther soziale Attacken, durch unsere Mitmenschen verursacht (Vorsicht, wir sind auch ein Mitmensch!). Die negative Bewertung wird übernommen „Ich kann ja sowieso nichts!“ und vom Gehirn umgepolt in eine positive Botschaft. Damit brennt sie sich genau so tief ein wie ein Erfolg. Deshalb werden wir diese verflixten behindernden Urteile über uns so schlecht los.
Es gibt kein genetisches Programm im Gehirn, das für Misserfolge sorgt. In Misserfolge werden wir immer durch jemand anderes gestoßen. Ein Misserfolg ist immer auf ein soziales Attentat zurückzuführen, das durch andere Menschen ausgelöst worden ist. Jemand ist nicht zufrieden mit dem was wir denken und wie wir sind. Menschen, die uns zeigen, dass wir nichts können, dass wir nicht dazugehören, sorgen für diese Misserfolge. Lehrer lassen uns nicht zeigen, was wir können. Klugscheißer und Besserwisser rauben uns den letzten Mut.
Liebe Grüße, Maria Stoecker
Schließlich sagen wir uns selbst, dass wir eine Pfeife sind, denn alles andere ist zu deprimierend. Und dann sagt das Gehirn: „Ha, hab ich doch gleich gesagt“, und wertet diese Aussage als Erfolg. Mit diesem ‚Erfolg‘ kann ich vor den Menschen treten, der mich negativ bewertet hat: „Ich bin eine Pfeife!“, sagen wir nun selbst. In diesem Moment springt das Belohnungssystem an. Das Gehirn deutet die negative Nachricht in eine positive um. So frisst sich die negative Selbstüberzeugung über das Belohnungssystem fest in das Gehirn ein. Dann sind wir nicht mehr erreichbar für positive Botschaften.
Mehr möchte ich heute nicht schreiben, genug Stoff zum Nachdenken.
PS: Ein Satz in dem Vortrag hat mich ganz besonders gefreut: „Wirkliches Lernen findet nur mit Begeisterung statt.“
Maria Stoecker arbeitet als Coach und motiviert so zu begeistertem Denken. Ab und an bloggt sie auch, ansonsten kann man hier einfach mal sein Gehirn aufladen: www.begeistertdenken.info
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Musenstubenmärchen von Peter Kate
Es war einmal eine Muse, die lebte in einem kleinen Haus mitten im Wald. Nun ja, mehr oder weniger mitten im Wald, denn eigentlich lebte sie in Neukölln, aber für ein ordent-liches Märchen muss es im Wald sein. Und hey – immerhin steht ein Baum vor dem Haus. Also, da lebte sie nun so vor sich hin und arbeitete vor sich hin, ihr wisst ja alle, wie das ist. Und weil ihr das alle wisst, will ich auch auf den langweiligen Alltag, den sie jeden Tag hatte, nicht weiter eingehen. Auf jeden Fall ging die Muse eines Tages zu ihrem Arbeits-platz, als ein junger Ritter ihr den Weg versperrte. Ob das nun ein echter Ritter war, da bin ich mir nicht sicher, aber er saß zumindest auf einem Pferd und hatte eine Polizeiuniform an, was ja einem Ritter zumindest nahe kommt. Und es soll ja schließlich auch ein Märchen sein. „Holde Frau, Ihr dürft hier nicht durch, denn eine Böse Hexe treibt in dieser Gasse ihr Unwesen!“ „Eine Böse Hexe?“, fragte die Muse daraufhin den jungen Ritter. „Jawohl, eine Böse Hexe! Und sie heißt Rohrbruch und blockiert die ganze Straße.“ „Oh mein Gott, die Böse Hexe Rohrbruch“, entfuhr es da der Muse. „Aber die anderen Ritter bewachen sie mit Argusaugen. Also macht Euch keine Sorgen, Holde Frau.“ „Aber meine Kleine! Wie soll ich mich denn um meine kleine Prinzessin kümmern, wenn hier die Böse Hexe ihr Unwesen treibt?“ Eine Prinzessin in Neukölln?
Wo soll die denn herkommen, könntet ihr natürlich fragen. Aber das ist etwas, das ganz einfach zu erklären ist, denn in der Burg Musenstube – das ist die Burg, in der die Muse arbeitete – war zu dem Zeitpunkt eine Wand mit der Überschrift „Wann bist du die Prinzessin?“, und für die zeichnete die Muse diese Woche ein Bild. Nun gut, bevor ich das Bild jetzt ausgiebig beschreibe, sollte ich wohl lieber weiter von der Prinzessin und dem Ritter erzählen. „Holde Frau, vielleicht kann ich Euch zu Eurer Prinzessin geleiten, damit Ihr den Einflussbereich der Bösen Hexe passieren könnt.“ - „Das würde mich freuen.“ Und so geleitete der Ritter unsere Muse in ihre Burg zu ihrer Prinzessin. Den ganzen Tag über arbeitete die Muse, während vor der Tür die Böse Hexe weiter ihr Unwesen trieb und die Straße in einen für eine Burg standesgemäßen Burggraben verwandelte. Als die Muse jedoch des Abends nach Hause gehen wollte, musste sie feststellen, dass die Böse Hexe das Burgtor versperrte. Und so musste die Muse – zum ersten Mal in ihrem Leben – den späten Abend und die ganze Nacht hindurch in der Burg Musenstube verweilen. Das war sehr gruselig, so alleine in den alten Gemäuern, umringt von geheimnisvollen Schränken und nicht minder geheimnisvollen Sitzmöbeln. Zu später Stunde begann es dann in dem alten Gemäuer zu knarzen und zu knacken und überhaupt immer seltsamer zu werden. Während die Böse Hexe an die Stufe vor der Tür plätscherte, begannen die Sessel und Stühle plötzlich, sich wie von alleine zu bewegen. Ein wildes Durcheinander war das, und unsere Muse suchte unter dem unbeweglich in seiner Ecke stehenden Flügel Schutz. Vor dem Fenster rasselten plötzlich Ketten, und die Muse kroch noch weiter unter den Flügel. Als die Möbel begannen, sie zu umzingeln und den Flügel zu umstellen, hatte sie jedoch genug, packte den elektrischen Kerzenständer und ging drohend auf die Möbel zu. Und gleichzeitig erstrahlte auf ihrem Schreibtisch ein helles Licht und eine durchscheinende Gestalt – die Prinzessin, an der sie den Tag über gezeichnet hatte – erhob sich vom Papier. Endlich Hilfe, dachte die Muse und griff mit neuer Kraft die Möbel an, während die durchscheinende Prinzessin ihr beistand. Als sie alle Möbel wieder an ihre Plätze zurückgetrieben und auch die Hexe Rohrbruch mit vielen Lumpen und Klebeband gebändigt hatten, zogen sich die Muse und die Prinzessin an den Schreibtisch, der ja für beide ein Stück Zuhause war, zurück und verbrachten die Nacht gemeinsam in angenehmer Gesellschaft. Als es hell wurde, zeichnete die Muse noch schnell ein Bett für die Prinzessin an die Wand. Und wenn sie nicht gestorben ist, dann schläft sie da noch heute.
en im Schreib n at sich be h lle e te u a kt K a r Pete n der senstube vo lassen. in der Mu n g inspiriere zu sehen: Ausstellun 2.12.2011 m u z is b Noch
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Text: Peter Kate / Autorenclub quertext | www.quertext-berlin.de
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Illustrationen: Mike Klar | www.herrklar.de
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Verbrechen in der Musenstube von Dieter Becker
Als die Obermuse Annette am Montagmorgen gegen halb Neun das Gemeinschaftsatelier in der Tellstr. 2 betrat, wunderte sie sich über den kühlen Luftzug, der durch die Räume strich. Statt dem Geruch der alten, aber gemütlichen Möbelstücke oder einer Mischung aus Bier- und Weindunst aus leeren Flaschen, die noch vom Autorenclubtreffen am Abend zuvor stammten, kam ihr eine frische Brise entgegen, wie man sie manchmal morgens am Meer spüren kann. Da stimmt etwas nicht, durchzuckte sie ein Gedanke und Annette stürmte durchden Verkaufsraum in die Küche. Doch hier war alles in Ordnung. Das übliche Chaos wirkte wie ein übergroßes, perfektes Stilleben. Aber beim Blick in die Toilette erkannte sie des Rätsels Lösung: das schmale aber hohe Fenster, das der Belüftung dienen sollte, stand offen. Hatte vielleicht einer der Schreiberlinge vergessen es zu schließen, nachdem er sein Geschäft erledigt hatte? Sie stellte erst einmal ihre Taschen ab, knipste im Atelierbereich den Kronenleuchter an und zog die Jalousie vom Straßenfenster hoch. Und da sah sie die Bescherung! In der aktuellen Ausstellung an der langen Wandseite zum Nachbarhaus fehlten drei der acht Exponate - Bilder aus dem Leben des Katers ADAGIO von Maki. Statt der „Fahrt mit der U-Bahn“, dem „Ausblick vom Dach in der Sonnenallee“ und der „Brücke über den Landwehrkanal“ nur weiße Wand und drei kupferfarbene Nägel. Aus ihrer Tasche angelte Annette ihr Handy und wählte die Nummer von Maki. Doch die ging nicht ran. Danach wählte sie den Notruf der Polizei und meldete einer jungen Beamtin den Einbruch und Diebstahl.
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„Ich schicke ihnen sofort jemanden vorbei!“, versprach die Polizistin am Telefon, aber es dauerte dann doch 90 Minuten, bis drei Zivilfahrzeuge in zweiter Spur vor dem Haus parkten und ihnen fünf Männer entstiegen, von denen einer einen weißen Kittel trug. Er stellte sich als Chef der Spurensicherung vor und bat erst einmal alle Anwesenden sich möglichst nur in einer Ecke der Musenstube zu bewegen, damit er seine Arbeit machen könne. Mit Pinsel und Puderquaste machte er sich erst einmal am Toilettenfenster zu schaffen und pfiff ein paar Mal bedeutungsvoll vor sich hin, um anschließend noch einen Blick auf die Lücken in der Ausstellung zu werfen. Dann wandte er sich seinen wartenden Kollegen von der Kripo zu und meinte: „Bei dem Einbrecher kann es sich nur um ein Kind gehandelt haben, sehr schlank, vielleicht 10 Jahre alt. Darauf deuten jedenfalls die hinterlassenen Fingerabdrücke und Fußspuren hin“.
Er hat diese Zeichnungen am Wochenende die ganze Zeit durch die Schaufensterscheibe bewundert und als dann am Sonntagabend die komischen Leute endlich fortgingen, hat er sich in den Hinterhof geschlichen, mit einem Draht das Fenster aufgemacht und sich dann durch die Öffnung gezwängt. Es tut mir so leid, aber sie müssen wissen, dass er unbedingt Comiczeichner werden will und diese Katze hat ihm einfach keine Ruhe gelassen. Die findet er sogar cooler als Snoopy“.
Story & Haikus von Dieter Becker
Inspiration Inspiration durch den Musenkuss geweckt ein kostbares Gut. Musenstube Die Musenstube ein Ort reger Fantasie außen unscheinbar.
„Na ja“, ließ sich da die Stimme von Maki aus dem Hintergrund vernehmen, „es ist ja noch mal gutgegangen und nichts Schlimmes passiert. Und wenn du willst, kleiner Künstler, kann ich dir ja noch ein paar Tipps geben und wir können mal zusammen etwas zeichnen“. „Au ja, das wäre echt toll, Frau Maki!“
Künstler Des Künstlers Seele ist fragil wie ein Glastier gib ihr Halt und Schutz. Comics Rahmen und Blasen das Leben von Figuren fasziniert jeden.
Nachdem noch einige Formalitäten, wie Protokolle und Ähnliches erledigt worden waren, entschied sich ein Teil der Beamten ins Präsidium am Platz der Luftbrücke zurückfahren, während zwei der nahe gelegenen Rütli-Schule einen Besuch abstatten wollten. In diesem Augenblick stürmte eine Frau mittleren Alters wild gestikulierend aus Richtung Sonnenallee heran, die in ihrem Schlepptau einen Fünftklässler hinter sich herzog. Gleichzeitig kam aus Richtung Weserstraße die nichts ahnende Maki angeradelt, die sich über den Menschenauflauf vor der Musenstube wunderte. Die aufgeregte Dame fragte den ihr am nächsten stehenden Beamten: „Wer ist denn hier zuständig? Ich habe heute morgen bei meinem Sohn unter dem Bett diese Bilder gefunden und als ich ihn fragte, wo er sie her hat, erzählte er mir irgendwann zähneknirschend von diesem Laden und gestand, sie hier gestohlen zu haben.
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Muse Kuss einer Muse inspiriert und beflügelt nie wörtlich gemeint.
Neukölln Zu unrecht geschmäht von der Kunst wiederentdeckt blick’ vorwärts Neukölln! Kreuzkölln Neuer Kunstbegriff Liebe auf den zweiten Blick ewige Nachbarn. Sonnenallee Endlose Länge einst geteilt durch den Beton filmreife Gegend. Hermannplatz Marktplatz im Schatten Multikultiklientel Ort ohne Lobby. Illustrationen von Maki Shimizu
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vermisster traum und jeden tag verhungert sie ein bisschen mehr die stadt ein sommerloch zwischen altem teppich und kaugummi ein gedanke seltsam die tinte auf papier noch immer lesbar wenn die zeit die worte schon widerrufen hat und vor dem fenster spielen kinder als müsste die welt nicht stehen bleiben zumindest für eine minute 2002
ein baum ist ein baum seit du gegangen bist und ein schiff ein schiff das an den klippen zerschellt nicht wegen des gesangs der sirenen der kapitän ist eingeschlafen so einfach ist das der mond kreist als himmelskörper um die erde statt sich als freund der einsamen zu zeigen und wirft immer noch einen schatten vor meine tür doch hoffe ich nicht mehr es wärst du es sei denn ich bin betrunken das wasser auf meinem gesicht ist regen das glühen auf meiner haut der sommer mein schlagendes herz ein muskel was dachtest denn du
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Wärmste Empfehlung für 2012
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Gedichte von Caroll Meier-Liehl
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Die Bastelexistenz von Elke Brüns
„Ist das noch Boheme oder schon Unterschicht?“, fragte Christiane Rösinger, die bekannte Frontfrau der Band „Britta“. Antwort: Entscheidend ist nicht selten das symbolische Kapital. Zum Beispiel beim Selberwerkeln. Denn um das ökonomische Kapital ist es in beiden Fällen zumeist schlecht bestellt. Da kommt folgendes Angebot gerade recht: Ein Sessel für 24 Euro! Das geht? Ja, wenn man ihn selber baut. Die Bauanleitung bekommt man von HartzIV Möbel kostenlos zugeschickt. Dann heißt es selber werkeln.
HartzIV, häufig als Synonym für Unterschicht gebraucht, trifft hier auf „Marke Eigenbau“ (Holm Friebe/Thomas Rampe) und damit auf eine Strategie, die man eher mit dem Kreativprekariat verbindet. Der Unterschied liegt darin, dass die Eigenbauer eher das unternehmerische Selbst befördern, während die Unterschichtler hier noch auf den traditionellen Heimwerker setzen. So oder so: Die eigene Biographie wird in neoliberalen Zeiten zunehmend – und für viele unfreiwillig – zur Bastel-Existenz. Nur: Gute Baupläne fürs Leben werden noch nicht mitgeliefert.
Elke Brüns arbeitet als Couch, äh Coach, meinte ich. Sie forscht und bloggt zum Thema Armut auf: www.Gespenst-der-Armut.org
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Text von Elke Brüns | Illustration von Annette Köhn
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Illustration von Karin Baetz | www.karindrawings.com
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Ein Plädoyer für (Frei)Räume von Tanja Ries
Der Druck erhöht sich. Täglich. Gerade in der Kreativwirtschaft. „Sei kreativ! Schnell! Die Konkurrenz schläft nicht!“Jede erbrachte Leistung soll noch kreativer sein, herausragend, eine Innovation darstellen. Davon leben wir. Damit leben wir. Darunter leiden wir. Wir brennen aus. Wir wissen mittlerweile wie Kreativität funktioniert. Wir verfügen über kreative Methoden zur Steigerung unseres kreativen Outputs. Ja, auch Manager und Führungskräfte begeben sich mittlerweile regelmäßig in Kreativ-Trainings. Wir brauchen neue Lösungen, neue Ideen. Im Marketing. Für Produkte. Gesellschaftlich. Wir brauchen Erneuerung. Ständig. Druck – zumindest ab einem gewissen Level – ist der Tod jeglicher Kreativität. Jeglicher Erneuerung. Sie braucht Zeit, Muße. Sie braucht Frei(Raum). In den meisten Theorien die den kreativen Prozess abbilden haben wir, bevor dann das durchschlagende „Aha-Erlebnis“ uns ereilt, der sogenannte „Funke überspringt“ eine mehr oder we-niger lange Inkubations- oder Reifungsphase. Sie folgt der Phase der Vorbereitung. Die Zeit, in der wir uns bewusst oder unbewusst mit einem Problem, einer Herausforderung beschäftigen, weil unser Interesse oder unsere Neugier geweckt ist, oder weil eine zu lösende Fragestellung an uns heran getragen wird. In dieser Phase sieht jeder, dass wir arbeiten, dass wir tätig sind. Ebenso in den Phasen der Bewertung und der Ausarbeitung die dem „Aha-Erlebnis“ folgen. Wir wuseln durch die Gegend, schwingen den Stift oder Pinsel, lassen die Tasten und Saiten erklingen, sind in Kommunikation, kurz: in Bewegung. In sichtbarer Bewegung. Doch was passiert eigentlich in der Inkubations- oder Reifungsphase? Offensichtlich: Nichts. „Die Kreativen wieder“, höre ich es schon rufen ... von der Nachbarin, die, die ganz gut in mein Arbeitszimmer schauen kann, und die mich fast vorwurfsvoll anzublicken scheint wenn ich kurz zum Schreibtisch gehe um die Blumen dort zu gießen. Meine einzige Begegnung mit dem Schreibtisch heute. Die Müllmänner grinsen verächtlich wenn ich ihnen im Morgengrauen begegne. Sie, auf Arbeit, ich komme gerade von einem nächtlichen Spaziergang nach hause. Das mache ich eben manchmal. Ich ziehe die Vorhänge zu um ungestört Löcher in die Wand gucken zu können. Tagelang. Das fällt ja auch wieder auf. Am Besten ich fahre weg. Irgendwohin, wo alles ganz anders ist. Das Essen, die Gerüche und die Farben am Himmel. Der Klang. Wo ich niemanden kenne. „Klar, nix machen aber dauernd in Urlaub fahren können während unsereins sich hier einen abrackert.“
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Illustration “Kreativwirtschaft 1” von Parastu Kirimi | parastuillustration.blogspot.com
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„Ich bin tätig. Ich gebe meinem Unbewussten den Raum den es braucht um die angesammelten Informationen zu sortieren. Meine Gedanken bewegen sich frei und ziellos in meinem Kopf und haben so die Möglichkeit neue und unerwartete Verknüpfungen zu bilden. Es mag so scheinen als stände ich still. Doch gerade das ist meine größte momentane Herausforderung. Meiner inneren Bewegung, die zugegebenermaßen ab und an unsichtbar scheint, ihren notwendigen (damit die Not sich wenden kann) Freiraum zu gewähren. Damit ich sie nicht störe, oder sie sich gar beobachtet oder unter Druck gesetzt fühlt tue ich, also oberflächlich betrachtet, was ganz anderes. In ihren Augen vielleicht nichts. Kennen Sie Wicki? Zu Beginn jeder Folge stehen die Wikinger immer vor einem Problem mit dem sie sich beschäftigen. Eine Stadt will erobert werden, Gefangene müssen befreit werden oder das Wikingerschiff ist einer Gefahr ausgesetzt. Dann zieht Wicki sich zurück. Er geht spielen, oder spazieren oder er hilft seiner Mutter bei einer Tätigkeit im Haus. Meist ist er in dieser Phase ein wenig zurück gezogen oder komplett mit „Anderem“ beschäftigt. Dann kommt sein berühmtes „Ich hab’s“ - und die Idee für eine Lösung ist geboren. Würden Sie auf die Idee kommen Wicki auf einen Stuhl zu setzten und zu sagen: So, nu denk dir mal eine deiner tollen Ideen aus? Würden Sie ihn vom spielen abhalten? Nein? Also. Irgendwie bin ich eben wie Wicki.“
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Der Aktionsforscher Otto Scharmer1 hat mit der U-Theorie „Presencing (= anwesend sein) – Von der Zukunft her Führen“ eine anschauliche Prozessdarstellung von Veränderungsprozessen entwickelt, welche die Aufmerksamkeit, im Gegensatz zu anderen Modellen (im Change Management), auf eben diesen Freiraum legt. [...] Diese drei Bewegungen beschreiben im Kern den gesamten U-Prozess: (1) anschauen, anschauen, anschauen, (2) gehe zu einem Ort der Stille und lass das innere Wissen entstehen, (3) handele unmittelbar aus dem AnwesendWerdenden. Der Prozess ist nicht neu. Wenn Sie mit Künstlern oder kreativ Tätigen sprechen, werden sie diesen „U“ oder Presencing-Prozess in verschiedenen Varianten finden.Ihn jedoch bewusst zu initiieren und nicht nur als Individuum, sondern auch als Team oder auf der Institution- und Systemebene anzuwenden, ist meines Erachtens die spannende Herausforderung. [...]2
Dieser Prozess lässt sich im gesamten Bereich künstlerischen, kreativen Schaffens erkennen und ist gleichzeitig übertragbar auf den Veränderungs – und Erweiterungsprozess des Einzelnen, wie auch auf Systeme und Institutionen. Diesen zweiten Punkt des U nennt Otto Scharmer FreiRaum oder Aufwachort. Aufwachort – gerade auch betrachtet in Hinblick auf die gesellschaftlich neuen Lösungen die unsere gemeinschaftliches Zusammenleben auf dieser Erde in der kommenden Zeit dringend bedarf. (Frei)Raum, das ist der Raum des Experimentierens und kann der Raum der Aktion sein, das ist der Raum des (vermeintlichen) Stillstandes, das ist der Raum, der sich auftut nachdem Fragen gestellt wurden, der Raum am Ende eines Reflektionsprozesses, der Raum der Ruhe und der Rückbindung, der Raum in dem Erkenntnis sich, ganz still und leise, setzt. Das ist der Raum, aus dem heraus wir neue Wege beschreiten können, das ist der Raum, der noch kein konkretes Ziel hat, der Raum, in dem Wünsche entstehen, der Grundlage und gleichzeitig Teil der „Inneren Sicherheit“ bildet. Nun, vertraut mit dieser Phase des kreativen Prozesses können wird diese Zeit bewusst gestalten in dem wir z.B. nach der Zeit des Sammelns in den Urlaub fahren, oder ein Thema bewusst eine zeitlang „links liegen lassen“ und uns einer gänzlich anderen Beschäftigung zuwenden, Löcher in die Wand starren, spazieren gehen oder boxen. Einfach, wie Wicki eben.
Tanja Ries ist freisc haffenden Künstlerin, Coach und Trainerin für Künstler und Le benskünstler. Sie bloggt regelmäß ig unter: fischerintanjaries.w ordpress.com 1 2
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www.ottoscharmer.com/ Ausschnitte aus Interview: http://www.youtube.com/watch?v=J61juVBqmvw
Text von Tanja Ries | Klickklick-Illu von Annette Köhn
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Illustration “Kreativwirtschaft 2” von Parastu Kirimi | parastuillustration.blogspot.com
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am anfang war der beton dann kamen die musen coworking – urban catalyst – upvaluation? jaja ist jetzt schöner hier comodification – housing bubbles – gentrification? nee, lass mal lieber
Text von Malte Bergmann
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- - - - - - - - - Illustration - - - -von- Marie - - Geißler - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
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Verlagsgedanken Ja! Und nochmal ja! Doppelt hält besser! Der Jaja Verlag möchte beides verbinden, also den guten Inhalt mit der guten Form, das gute Bild mit dem guten Text oder auch das Positive mit dem Unerschrockenen. Mit richtig guten AutorInnen und ZeichnerInnen aus dem Dunstkreis Berlin bringt der Jaja Verlag seit Herbst 2011 kleine feine illustrierte Machwerke heraus. Die Bücher und Hefte sind genial gezeichnet, wohlfein gesetzt, angenehm gedruckt, mit Hand und Fuß gefertigt und erscheinen in limitierter Auflage.
Publikationen: (Stand Ende November 2011)
ADAGIO N°I Alltag in Berlin von Maki Shimizu U-BAHN PUPSE von Annette Köhn DAS BUCH HEMPEL von Till Laßmann ZWEITES BUCH HEMPEL von Till Laßmann DRITTES BUCH HEMPEL von Till Laßmann KATZ & HAUS von Anja Vogel
WIMMEL THE HIMMEL Wimmelbildkalender 2012 von vielen KALENDRIO 2012 von Till Laßmann
MUSE GOES ZINE Erstes Musen-Fanzine
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Comic von Till Laßmann aus DRITTES BUCH HEMPEL | www.till-lassmann.de
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Rezension Mit „Adagio“ tauchen wir ein in die Welt der Musenstube. Da wird gearbeitet, gezeichnet, Banana gespielt, von morgen geträumt, gekocht und vor allem immer wieder Kaffee getrunken. Maki Shimizu erzählt mit ihren zauberhaften Illustrationen kleine, feine, sensible Alltagsgeschichten. Fragmentarisch setzt sich so das Leben des Kater Adagio, der MakiMaus und aller anderen Bewohner des Musenkosmos zusammen.
Synopsis Wie ist das eigentlich, als freischaffende Künstlerin, Illustratorin und gefühlte Comiczeichnerin in Berlin zu leben und zu arbeiten?
Was hier passiert, erzählt ADAGIO N°I authentisch und locker in kurzweiligen Episoden, beseelt mit charmanten Charakteren. Geführt wird der Leser von zwei Protagonisten, die die Autorin gebührend vertreten: Dem coolen und manchmal etwas langsamen Kater Adagio, sowie der kecken und ziemlich chaotischen Maki-Maus. Beide zusammen sind in all ihrer Niedlichkeit und Genialität ideal dafür geschaffen, vom ganz normalen kreativen Wahnsinn in Berlin zu erzählen und davon, wie es ist, wenn man alles nicht so ganz eindeutig versteht.
Autorin: Maki Shimizu Comicbuch, DinA5, S/W, 80 Seiten mit Siebdruckumschlag Auflage: 300 Exemplare
logspot.com
jajaverlag.b
Die aus Japan stammende Maki Shimizu gibt in ihrem fast vollständig wahren autobiographischen Comic-Debut einen Einblick in den Alltag einer kreativen Hauptstadt-Vagabundin. Da ist zum einen die Ateliergemeinschaft Musenstube in Neukölln, in der Maki arbeitet und zum anderen ihr Privatleben und WG-Alltag.
Jaja Verlag ISBN 978-3-943417-00-5 14.- Euro
Wenn Maki-Maus an sich zweifelt, Adagio Milch im Weltall holt und Annette Kouboi den Kaffee kocht, wenn 88% Schokolade den 14. Februar versüßt, sich der Chor am Mittwochabend trifft, wenn Ukele per youtube gelernt wird oder die Dächer von Berlin erobert werden, dann möchte man auch Muse sei und samt Schreibtisch und Laptop die Tellstraße bewohnen. Mit ihrem Comic ist Maki Shimizu eine Hommage an Berlin und vor allem die Musenstube gelungen. Elisabeth Wirth Freie Autorin (und wäre gern Muse)
Beispielseite (Mitmuse Katrin)
www.elly-schreibt.de blogs.taz.de/m29
Mit diesem 80-seitigen Comicbuch ist Maki Shimizu ein Meisterstück gelungen!
ISBN 978-3-943417-00-5
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Verbrechen in der Musenstube von Jeanne Schulz
Das Klavier bemerkte es als erste. Immerhin gehörte er praktisch zu ihr. „Wo ist mein Klavierschemel?“, fragte sie die anderen Möbel. Die Autoren hatten gerade abgeschlossen, das Licht war aus und langsam erwachten die Gegenstände in der Musenstube zum Leben. „Was ist denn los?“, gähnte das Sofa. „Ich fühle mich so platt. Immer sitzen drei Menschen auf mir drauf und die Stühle werden nie alle benutzt. Aber jedes Mal ich.“ „Ach, sei doch still!“, entgegnete die Tür. „Ihr seid doch wenigstens alle im Warmen. Bei mir ist immer eine Seite kalt.“ „Na, na, das stimmt auch nicht. Hier drinnen ist es nur selten wirklich warm. Im Sommer ist es hier drinnen meist sogar kälter als draußen“, erwiderte der grüne Sessel. „Genau!“, quakte sein Zwilling hinterher. „Ach nun seid doch still und helft mir lieber beim Suchen. Schemel, wo bist du?“, rief das Klavier. „Hier in der Küche ist er jedenfalls nicht“, antwortete der Korbsessel. „Hier stehen nur Tresenhocker und ich.“ „Dann frage doch mal weiter.“ Doch auch im Zwischenraum und im Toilettenzimmer konnte niemand den Schemel entdecken. Das Klavier, das Sofa und die Schränke waren zu schwerfällig, aber die anderen Möbel, insbesondere die Stühle, bewegten sich leichtfüßig durch die Räume und suchten den Klavierschemel. Kein Erfolg. Zunächst wurden die Autoren, die als letzte Menschen vor Ort gewesen waren, verdächtigt. Allerdings fiel nach einiger Zeit dem alten Holzstuhl mit den drei breiten Querstreben als Lehne auf, dass in dem einzelnen Fenster zur Tellstraße hin ein kleines Loch war. Gerade so groß, dass eine menschliche Hand hindurch passen würde. „Was ist denn das?“, fragte er das Fenster. „Ist das normal?“ „Nein“, flüsterte das Fenster, „es tut auch ganz schön weh. Letzte Nacht war es noch nicht da. Ich habe es vorhin, als ich aufwachte, bemerkt.“ Daraufhin versammelten sich die Möbel vor dem Fenster, sogar das Klavier und das Sofa bewegten sich, um das Loch in Augenschein zu nehmen. „Damit sind die Autoren als Verdächtige ausgeschieden“, entschied das Klavier. „Wozu bräuchten sie denn ein Loch im Fenster? Sie haben doch einen Schlüssel.“ Dem Sofa gefiel das nicht, da es immer am meisten unter den Autoren zu leiden hatte, aber dieser Argumentation musste es zustimmen. „Damit sind wir leider wieder am Anfang. Denn Schemel ist nicht mehr hier drinnen, also muss er draußen sein“, sagte der Drei-Streben-Stuhl. „Scharf kombiniert Watson. Wir kommen hier aber nicht raus. Es passen nur wenige von uns alleine durch die Tür. Außerdem: Wo sollen wir anfangen zu suchen?“, meinte der Korbsessel. „Wir brauchen jemanden, der klein und wendig ist, um auf der Straße nicht aufzufallen. Jemanden, der mutig genug ist, allein nach Schemel zu suchen“, beschloss das Klavier. „Ich würde ja selbst gehen, aber wie Korbsessel schon richtig festgestellt hat, passe ich nicht ohne menschliche Hilfe durch Tür. Also, wer meldet sich freiwillig?“ Fünf Minuten lang war alles in der Musenstube still. Jedes Möbelstück und jeder Gegenstand hatte Angst davor, alleine nach draußen zu gehen. Dort war keiner von ihnen bisher gewesen. Denn als Persönlichkeiten waren sie alle erst in der Musenstube aufgrund der vielen Kreativitätspartikel aufgewacht. Doch dann kam aus der Klavierecke eine zarte Stimme: „Ich mache das.“ „Wer?“ „Na ich“, sagte die kleine Handtrommel. „Ich kann Krach machen, um eventuelle Angreifer zu verwirren und bin nicht sehr groß. Ich sollte also kaum auffallen.“ „Das ist sehr mutig von dir“, dankte das Klavier. „Tür, lass sie durch.“
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Text: Jeanne Schulz / Autorenclub quertext | www.quertext-berlin.de
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Es knackte, das Schloss quietschte leise und die Tür öffnete sich. Die kleine Trommel wagte sich vorsichtig auf die Straße. „Hier an der Wand neben Fenster, direkt auf Höhe des Loches sind Holzsplitter in hellbrauner Farbe. Vielleicht sind diese ja von Schemel?“ „Ganz sicher“, murmelte das Klavier. „Er wird sich gewehrt haben.“ Lauter sprach sie: „Folge der Spur, Trommel. Wenn wir Schemel gefunden haben, können wir ihn wieder zurückholen.“ Die kleine Trommel fand den Klavierschemel am U-Bahnhof Kottbusser Tor. Ein Bein war ihm abgebrochen worden und lag drei Meter weiter in einer Ecke. „Hallo Trommel“, sagte er mühsam. „Hey, was ist denn mit dir passiert?“ „Ein schwarz gekleideter Mann ist durch Fenster gestiegen und hat mich mitgenommen. Das war heute Morgen, als wir alle wieder eingeschlafen sind. Ich habe es nur am Rande mitbekommen, da ich noch nicht ganz eingeschlafen war. Und erst vor kurzem bin ich dann hier in diesem Zustand wieder aufgewacht. Das tut sehr weh.“ „Warte hier. Ich hole jemanden, der dich von hier wegbringen kann.“ „Nein! Bitte bleib. Lass mich nicht allein. Wenn du mein Bein mitnimmst, können wir den Rückweg vielleicht gemeinsam schaffen.“ „Na gut, aber schön vorsichtig.“ Sie kamen sehr langsam, aber stetig voran und zur Morgendämmerung erreichten sie die Musenstube. Dort waren alle voller Sorge um sie beiden. „Da seid ihr ja.“ „Der Muse sei Dank.“ „Endlich!“ „Geht es euch gut?“ Alle Möbel riefen durcheinander. „Was ist denn eigentlich passiert?“, fragte das Klavier aufgeregt ihren Schemel. Dieser erzählte die Geschichte noch einmal. „Was wollte der Mensch denn bloß von dir?“, wunderten sich alle, doch sie kamen nicht darauf. Als sie die ersten Schritte in Richtung Tür hörten, erstarrten die Möbel wieder und warteten ab. Der Schemel stand wieder am Klavier in der Ecke. „Guten Morgen“, sagte Annette. „Na, seid ihr wieder durch die Musenstube gewandert?“ Dann begann sie, sich einen Kaffee zu machen, um danach mit der Arbeit an dem neuen Fanzine über die Musenstube zu beginnen. „Nanu?!“, sagte sie, als ihr Blick im Vorbeigehen auf den Klavierschemel fiel. „Bei dir ist ja ein Bein abgebrochen. Das haben wir gleich wieder.“ Sie holte Holzleim, nahm das Bein und den Schemel und setzte sich an den Malertisch. „Ach, hier in deiner Mittelstrebe ist ja ein Hohlraum. Aber da ist nichts drin. Nur eine kleine abgerissene Ecke von einem Blatt Papier. Schon leicht vergilbt. So, jetzt wollen wir dich mal reparieren.“ Gesagt, getan. Als die Möbel am Abend wieder erwachten, war nicht nur der Schemel wieder hergestellt. Auch die Fensterscheibe war repariert worden. Im Laufe des Tages hatten nämlich ein paar Jungs auf der Tellstraße Fußball gespielt und die Scheibe getroffen. Erfreulicherweise konnte der Glaser das noch am selben Tag beheben. Dadurch war Annette und den anderen Musen nicht einmal aufgefallen, dass in der Musenstube ein Verbrechen stattgefunden hatte. Nur die Möbel und die anderen Gegenstände wussten davon. Doch was für ein Schriftstück sich in Schemels Mittelstrebe befunden hatte und warum der Dieb es gestohlen hatte, das haben sie nicht herausfinden können. Aber seitdem steht die Trommel am Fenster und hält Wache, um die anderen warnen zu können, sollte wieder einmal jemand versuchen, unerlaubt in die Musenstube zu gelangen.
Illustration: Lea Hübner
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Verbrechen in der Musenstube von Peter Kate
Der Titel dieses Textes ist “Verbrechen in der Musenstube”. Das legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um einen Krimi handelt. Ob das stimmt, und es sich wirklich um einen solchen handelt, mag der geneigte Leser selbsttätig entscheiden. Hier werden erst einmal nur die Fakten präsentiert, aus denen dieser Text besteht. “Verbrechen in der Musenstube”, das deutet ja schon an, dass jemand ein Gesetz übertreten hat und nun verurteilt gehört. Doch die Implikationen dieser Überschrift sind vielfältig, so vielfältig, wie die Verbrechen, die jemand begangen haben könnte. Doch welches Verbrechen könnte in der Musenstube begangen worden sein, dass es sich lohnt, darüber einen Text zu schreiben? Nun gut, da sind natürlich die klassischen Verbrechen, die man so aus Film, Funk und Fernsehen kennt. Raub! Mord! Erpressung! Vielleicht ein geistig verwirrter Mensch, der eine Muse erschlagen hat, weil sie ein Bild gemalt hat, auf dem er meinte, sich wiederzuerkennen. Oder der Versuch einer Muse, einen Politiker mit einer Karikatur zu erpressen. Vielleicht ist das Verbrechen aber auch etwas abstrakter, sowas wie Steuerhinterziehung oder Schwarzarbeit. Vielleicht hat der Autorenclub einen Vorleser beschäftigt und bezahlt, seine Anstellung aber dem zuständigen Amt nicht mitgeteilt? Oder jemand hat gegen das Copyright verstoßen, möglicherweise auch nicht ordnungsgemäß Gema-Gebühren bezahlt, als er den anderen seinen neuen HandyKlingelton – ein bekanntes Pop-Lied – vorgespielt hat. Oder muss man vielleicht für Handy-Klingeln in der Öffentlichkeit gar keine Gema bezahlen? Wer weiß das schon? Nun ja, das sind ja alles interessante Spekulationen, aber so wirklich glaubwürdig sind diese Verbrechen alle nicht. Und bei manchen bin ich mir auch nicht sicher, ob es überhaupt Verbrechen sind oder nicht einfach nur Ordnungswidrigkeiten? Diese Überlegung führt uns auf dem schnellsten Wege zu der Frage, was ein Verbrechen eigentlich ist. Das Wort kennen ja die meisten, aber was bedeutet es? Offensichtlich scheint es einen Zusammenhang zu anderen Wörtern mit “Brechen” zu geben. So könnte jemand in die Musenstube einbrechen oder ein Fenster zerbrechen. Vielleicht ist auch jemand aus dem Gefängnis ausgebrochen oder musste beim Anblick eines Diktators erbrechen? Vielleicht hat auch jemand in der Musenstube geplant, den Schienenverkehr zu unterbrechen oder wollte dort ein Fass mit Giftmüll aufbrechen. Es scheint also, dass bei Verbrechen das Brechen einen wichtigen Anteil hat. Und genau dieses Brechen führt in unserem Fall auch zu des Rätsels Lösung, denn in Wirklichkeit ging es um etwas ganz anderes in der Musenstube, nämlich um Schokolade. Und der Titel “Verbrechen in der Musenstube” sollte eigentlich “Fair Brechen in der Musenstube” heißen, denn es ging darum, die zwei Tafeln Schokolade so aufzuteilen, das jeder einen fairen Anteil bekommt.
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Comic von Till Laßmann aus DAS BUCH HEMPEL | www.till-lassmann.de
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Text: Peter Kate / Autorenclub quertext | www.quertext-berlin.de
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Impressum Herausgegeben von: Jaja Verlag Kleine feine illustrierte Machwerke Annette Köhn jajaverlag.blogspot.com © 2011 Musenstube & Fans Erste Auflage ganz kleine Auflage anlässlich des supercoolen ersten Berliner ZINE-FEST! zinefestberlin.com Danke ans Zinefest!
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