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3 huduma (Fürsorge

#3 huduma (Fürsorge)

Als wir fuhren, rief ich gegen den Wind und das Geknatter der knallroten, zerkratzten Motos an: Schau mal, wie wunderschön das ist. Links und rechts der Straße erstreckte sich eine unbewohnte Ebene aus ausgedörrtem Gras und kalkhaltigen Böden, sodass sich weiße Flecken bildeten, ungewohnt leer und zart, als habe nie ein Mensch dieses raue Land durchquert. Was genau jetzt, fragte Emmanuel, und ich dachte, wie kann man beim Anblick dieser Landschaft mit den Schultern zucken wie du? Aber plötzlich lachte das Mädchen, Saida hieß sie, das überraschte mich, denn ich hatte sie noch nie lachen gesehen oder anders als stumm und ernst und ausdruckslos erlebt. Und im selben Moment wurde mir bewusst, dass ich sie nicht kannte, nicht wusste, wer sie wirklich war, wer sie sein wollte und ich schämte mich für meine Ungeduld.

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Emmanuel hatte mich beiseite gezogen, ein paar Tage zuvor, als die anderen vom Team schon gegangen waren, und gesagt, der Stiefvater habe versucht, sie zu vergewaltigen. Deshalb sei sie umgezogen und erneut eingeschult worden, zum fünften Mal in Folge. Warum hat man ihn nicht angezeigt, hatte ich erstaunt gefragt, aber Emmanuel hatte nur leise gelacht und geantwortet, Bambi, aber ihre Mutter ist doch arbeitslos. Da wusste ich, sie hatte keine Wahl gehabt. Ein Kind zu verstoßen kann wirtschaftlich sinnvoll sein.

Und ihre Mutter empfing uns herzlich. Sie setzte Teewasser auf und deutete auf die kleine Kamera in meiner Hand, ob wir ein Foto machen könnten. Später, sagte das Mädchen, die Tochter, die keine mehr war. Als der Stiefvater eintrat, wollte ich nach ihrer Hand greifen, ich weiß nicht, weshalb, zum Trost vielleicht, oder wie um zu sagen, dass ich da war. Aber Saida war schon aufgestanden, sie stand sehr aufrecht, und ging über den ausgetretenen Teppich auf ihn zu und schüttelte höflich seine Hand. Die Mutter lächelte. Emmanuel blickte tief in seinen Tee. Und ich besah mir die Runde, vier Kinder, von denen eines schielte, die Mutter, deren Mann aus den Berggruben nicht wieder heimgekehrt war und von dem man sagte, er habe das Weite gesucht und die Freiheit und die Liebe aufs Neue dazu, und eben dieses Mädchen. Da nickte der Fremde, er kam zu uns und schenkte sich Tee ein und trank ihn in einem Zug aus, dann sah er mich und hob die Hand, aber ich erwiderte nichts, und da schob er den dünnen Vorhang beiseite und ging langsam davon. Und als wir schließlich aufbrachen, war auch die Landschaft kaum noch schön.

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