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Auf der Suche nach dem Duett

Auf der Suche nach dem Duett

Komm, scheinen sie zu flüstern. Wasser umspült meine nackten Füße in sanften Wellen. Komm, lass dich ein auf eine Reise, säuselt es mir entgegen. In meinen Ohren rauscht es hypnotisierend, mein Herzschlag trommelt, während meine Wangen glühen und mich benommen machen. Mir kommt es so vor, als würden unsichtbare Hände nach mir greifen, kribbelnde Spuren auf meinem Körper hinterlassen. Es ist das erste Mal, dass ich allein ans Meer gefahren bin und mich nun in die Wogen sinken lasse.

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Ich weiß, dass ich irgendwann gelernt habe zu schwimmen, aber heute muss ich mich nur den Wellen überlassen, Teil des aufgeregten Treibens werden. Als ich fragen möchte, was mit mir passiert, dringt kein Ton aus meinem Mund; stattdessen werden meine Lippen von feinen Wasserperlen benetzt. Mit einer Hand taste ich über meine Haut, öfne und schließe meinen Mund; ich habe das Gefühl, nicht mehr über Wasser atmen zu können.

Der Himmel beginnt sich zu verdunkeln, weiche Stille trennt mich vom Ufer, das inzwischen weit entfernt ist. Meine Sinne sind geschärft und ich treibe die Wellen vor mir her, genauso wie sie mich fordernd umspülen und necken. Es ist ein sinnliches Spiel, dem wir uns hingeben; ein Erforschen und sich Erfinden. Doch nirgendwo ein Halt, nirgendwo die Liebe, nach der ich mich plötzlich sehne. Ein Frösteln überkommt mich, meine Hände zittern ein wenig, als ich suchend im Wasser umhergreife.

Nicht weit von mir entdecke ich die Umrisse eines zweiten Körpers, der mit den dunklen Wogen in einen intimen Tanz verwickelt ist. Komm, komm dazu, höre ich erneut das Flüstern. Aber ich will nicht, ich fürchte mich davor, mich in der weiten See zu verlieren. Mir wird klar, dass ich das Meer nicht wirklich kenne und dass ich nicht bereit bin, dieses Erlebnis mit anderen zu teilen. Das Mädchen, das unweit von mir auf den Wellen treibt, hat die Augen geschlossen und lächelt.

Erste Tropfen fallen vom Himmel, und für einen Moment schließe ich meine Augen. Dann beginne ich, in Richtung Ufer zu schwimmen. Komm, sage ich zum Wasser, komm mit mir. Aber die Wellen antworten mir nicht, das Rauschen übertönt meine Stimme. Ich begehre das Wasser, aber ich will auch einen Anker.

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