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Danebenwort

Danebenwort

Es sind an meiner Person gewisse Qualitäten in gewissen Kreisen wohlbekannt. Mein vielumflüsterter Charakter ist bei Kritikern äußerst beliebt und stets wohl platziert in der Wochenrevue. Ich platziere just meinen hallenden Absatz

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Absatz

geräumig auf diesem Pflasterstein, dessen Immobilienpreis sich schlagartig verdreifacht. Ich arbeite mitternachts in meiner Glasfassaden-Penthouse-Cityview/Innenstadtbeobachtungs-Badewanne. Mein Stil ist atemberaubend und meine Lippen sind stets geheimnisvoll gekräuselt. Mein gut geräucherter Ruf eilt mir voraus wie ein bissiger Bulldozer, und schraubt sich mitsamt kantigem Unterkiefer in die fragilen Egos meiner Groupies. Die warten an jeder blöden Ecke wie blöd auf mich. Mein Leben ist super und mir geht es toll. Im Gegensatz zu Leon, dem Loser.

Leon ist ein Loser. Sein ganzes erbärmliches Leben kratzt er an den falschen Türen und hängt sich an die falschen Röcke. Das fing schon mit Leons Mama an und ging mit seinem Papa weiter. Leon ist nichts. Wenn er etwas wäre, würde er zu allen Leuten gehören, die das auch sind. Aber ihn will keiner. Nicht mal sein Hund. Leons Hund ist der einzige Golden Retriever auf der ganzen Welt, der seinen Besitzer verachtet. Er sabbert leidenschaftlich in Leons Essen.

Es war einmal eine Situation. Da trafen zwei Leute aufeinander, die rannten also quasi tjostmäßig ineinander hinein. Ihre bereiten Drohfinger knickten ein und taten dolle weh, seine Kniespitzen säbelten schwungvoll in meine glibberigen Innereien, während meine Schulter brachialst seine sachte Leber zersülzte. Seine wild wobbelnde Wirbelsäule vollzog eine spontane Bandscheibenentladung in die Gegend. Meine naturblonde Alphamähne tanzte siegessicher. Ich umschraubstockte Leons Kantschädel mit beiden Händen und sang anmutig in seine Fresse: »Leon du Mistloser! Geh weg jetzt!« Ich lachte wie eine Perlenkette. Ein Paparazzo schrieb mit und packte es auf die Titelseite.

Die Zeitung lasen ganz viele Leute, in ihren Wohnzimmern, auf Sofas, hinter Kühlschränken zum Beispiel und überhaupt überall zwischen ihrem Mobiliar verteilt. Okay, wieder Präsens jetzt, das

ist ja zum Kotzen sonst. »AY SCHNEPPLPÖPP!«, exklamiert der Schafner. Sein schlimmer Schnauzer droht mächtig dem ganzen Zitterwagon. Er macht bärige Jazzhands gen Himmel und gegen die respektvoll emporbrandende Wellblech-Wagondecke. Dem Uniformierten zollt man generell Bewunderung.

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