J’N’C News – Brancheninformationen, 22. Jahrgang, Ausgabe 02-2014, Mittwoch, 5. März 2014
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NEWS
MACHER FRITZ UNÜTZER
„MIR IST WICHTIG, DASS DAS ZEUG PASST“ Er fertigt seit 25 Jahren als einziger Deutscher Schuhe in Italien. Was Qualität und Passform betrifft, kennt Fritz Unützer keine Kompromisse. Für neue Formen und Ideen zeigt er sich aufgeschlossen. Wir haben den Querdenker in Fossò zum Interview getroffen
S. 10
SCHAUFENSTER
ONE STEP BEYOND METALLICS, BOOTS UND SCHNALLEN SIND IM HERBST/WINTER 2014/15 GROSS IM KOMMEN
S. 20
MACHER
VATER DER SOHLEN
MACHER
HALLO ZUKUNFT
S. 16
S. 6
Bernd Hummel hat mit Kangaroos und Flip-Flop ein Imperium aufgebaut, das er zusammen mit seinen Töchtern leitet
Zum letzten Mal sieht die GDS so aus, wie wir sie kennen. Was dann kommt, verrät Director GDS, Kirstin Deutelmoser
FAIR PLAY
EUROSHOPPING
Fair produzierte Sneakers? Sébastien Kopp von Veja erklärt, wie’s geht S. 4
Was alles um das Produkt herum passiert: ein Besuch auf der Euroshop 2014 S. 28
MIT ERHÖHTER SCHLAGZAHL
SOLEMATE
Trends am laufenden Band ist das Erfolgsrezept von S.Oliver Shoes S. 24
EIN ARGENTINIER IN ITALIEN Wenn es um ihre Schuhe geht, setzt La Martina auf italienisches Handwerk S. 26
NEWS
Rudy J. Haslbeck, Head of Design bei Birkenstock, erklärt, was Ökosandalen schick macht S. 14
MISTER LEDER Fünf Fragen an den neuen Chef der ILM Offenbach, Arnd Hinrich Kappe S. 4
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J’N’C News – Brancheninformationen, 22. Jahrgang, Ausgabe 02-2014, Mittwoch, 5. März 2014
EDITORIAL Anzeige
Ein gestandener Mann, der einer attraktiven blonden Redakteurin zunächst auf die Füße und dann erst in die Augen schaut – da kann man schon mal stutzig werden. Doch bloß keine falschen Schlüsse ziehen! Fritz Unützer, den J’N’C-News-Redakteurin Marie-Sophie Müller in Fossò bei Venedig besuchen durfte, hat schon allein von Berufs wegen eine sehr ausgeprägte Leidenschaft für Füße und ihre Bekleidung. Und Müller trägt nun mal Musterschuhgröße 38, so etwas sieht der Fachmann natürlich sofort. Daher avancierte sie auch für einen Tag zur Unützer-Probiermamsell. Wobei sich der 1947 in München geborene Schuhproduzent als vollendeter Gentleman entpuppte. Nicht nur, dass er Müller und der Berliner Fotografin Debora Mittelstaedt volle neun Stunden seiner kostbaren Zeit widmete: Er führte sie zum Essen aus, lud sie zum Aperol Spritz ein und ließ es sich nicht nehmen, die Damen am späten Abend in seinem jagdgrünen 1989er Mercedes ins 30 km entfernte Venedig zu kutschieren. Auch in Sachen Pressebetreuung also ein Perfektionist. Seit 25 Jahren ist Unützer nun schon mit der Produktion von hochwertigen Schuhen beschäftigt – seine Präzision und seine weltoffene Bodenständigkeit brachten sein Unternehmen auf internationalen Erfolgskurs. Wie er von der Schuhproduktion zum Einzelhandel kam – und wieder zurück in die Schuhproduktion –, wie familiär es in seinem Fertigungsbetrieb zugeht und warum es keinen Zweck hat, an den falschen Ecken zu sparen, verrät er im Interview ab Seite 10. Ein ähnliches Maß an Engagement und Schaffenskraft kann Franziska Klün ihrem Gesprächspartner Bernd Hummel attestieren, den sie in Pirmasens traf. Auch Hummel zählt zu den Altgedienten der Schuhbranche und auch er wirkte im Interview, ab Seite 16, so energetisch, als sei er eben einem Jungbrunnen entstiegen. Frisch zeigen sich auch die neuen Schuhmodelle, die im Herbst 2014 auf den Markt kommen und die der Berliner Fotograf Christian Hagemann jetzt schon für uns vor geometrischem Hintergrund in knackigen Farben in Szene gesetzt hat. Apropos Inszenierung: Befinden Sie sich in dem Glauben, dass Schaufensterpuppen alle gleich aussehen? Weit gefehlt! Wenn Karl Lagerfeld Mannequins für Chanel beim Spezialisten IDW in Auftrag gibt, definiert er sie bis hin zur Wölbung der Fingernägel – verrät uns Jörg Döring anlässlich unseres Besuchs auf der Euroshop. Wer sich sonst noch auf der im Drei-Jahres-Rhythmus stattfindenden weltgrößten Verkaufsschau für Ladenbau und Merchandising tummelte, lesen Sie ab Seite 28. Und schon steht den Düsseldorfern die nächste Messe ins Haus: Die GDS, in dieser Saison letztmalig zum späten Termin, hat sich für ihre Auflage im Sommer 2014 so einiges vorgenommen. Welche Neuerungen Messechefin Kirstin Deutelmoser gemeinsam mit ihrem Team an den Start bringen wird, erfahren Sie im Interview ab Seite 6. Aber zuvor wird auf der GDS noch einmal nach den alten Regeln gespielt. Was nicht heißt, dass es nicht auch jede Menge Neues zu entdecken gibt. Wir sehen uns vor Ort! Ilona Marx und das J’N’C-News-Team
K RO N E
est.1984
IMPRESSUM HERAUSGEBER B+B MEDIA COMPANY GmbH Hildebrandtstraße 24 D, 40215 Düsseldorf Postfach 101701, 40008 Düsseldorf Telefon +49 (0)211 8303-0 Telefax +49 (0)211 8303-200 info@jnc-net.de www.jnc-net.de www.bb-mediacompany.com GESCHÄFTSFÜHRER André Weijde VERLAGSLEITUNG Kathrin Wimber, Rainer Schlatmann CHEFREDAKTION Ilona Marx ASSOCIATE PUBLISHER Pierre D’Aveta REDAKTION Co-Chefredaktion: Franziska Klün (fk) Freie Mitarbeit: Sébastien Kopp, Anne Lever, Marie-Sophie Müller (mm), Sofia Penn FOTOGRAFIE A boy called 7 daysisaweekend / Rainer Rudolf-Benoit, Christian Hagemann, Debora Mittelstaedt LEKTORAT UND SCHLUSSKORREKTUR Fabian Schamoni LEITER PRODUKTION & VERWALTUNG Leiter Herstellung: Stefan Mugrauer ANZEIGEN Pierre D’Aveta, p.daveta@bb-mediacompany.com Telefon +49 (0)211 8303-151 ANZEIGEN-DISPOSITION Nikola Köster VERTRIEB B+B Media Company, Düsseldorf PRODUKTION B+B Media Company GmbH GRAFIKDESIGN Martin Steinigen, chewing the sun GmbH, chewingthesun.com DRUCK Kössinger AG, Schierling ERSCHEINUNGSWEISE 8 Ausgaben jährlich (inkl. J’N’C Magazine) VERSAND DP AG, Pressepost BEZUGSPREIS Jahresvorzugspreis bei Vorauszahlung 95,00 Euro inkl. Vertriebsgebühren & MwSt., Ausland (Europa): 110,00 Euro inkl. Tax & Vertriebsgebühren. Anzeigenpreisliste: Nr. 10 vom 01.10.2013 BANKVERBINDUNG BTV-Bank Tirol und Vorarlberg AG BLZ: 720 123 00 Konto-Nr. Anzeigen: 772 898 000 DATENSCHUTZHINWEIS Falls unter der angegebenen Anschrift eine Zustellung nicht möglich ist, ist die Deutsche Post berechtigt, die richtige Anschrift an den Verlag weiterzugeben. Der Abonnent kann gegen diese Regelung Widerspruch einlegen. Für unverlangte Manuskripte, Fotos etc. wird keine Haftung übernommen. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist in jedem Fall Düsseldorf.
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MITTEILUNGEN
GDS IM SCHNELLCHECK Die 117. Große Deutsche Schuh musterschau in Düsseldorf findet vom 12. bis 14. März ein letztes Mal in alter Form statt. Was sich alles ändern wird, können Sie auf S. 6 erfahren. Dieses Mal ist nicht zu verpassen: Guido Maria Kretschmer, der seine Kollektion für Högl präsentiert (13.3.), die Designattack dieses Mal in zünft’gem Gewand mit Hütt’n-Atmosphäre und die Verleihung der Branchenpreise durch die HDS/L am 12.3. www.gds-online.com
Christoph Stelzer ist einer der Geschäftsführer der Visual-Marketing-Agentur Dfrost. Er war dieses Mal nicht als Aussteller auf der Retailmesse Euroshop präsent, sondern als Besucher. Wir haben ihn am letzten Messetag getroffen. Zeit für ein Fazit.
Veja
WARUM TUN SIE DAS, HERR KOPP? Sébastien Kopp und Francois Ghillain Morillion sind die Macher hinter der französisch-brasilianischen Sneakermarke Veja. Sie zeigen, wie erfolgreich, fair und modisch Turnschuhe heute sein können. von Sébastien Kopp Veja ist für meinen Partner und mich wie eine Reise. Wir haben beide bei Morgan Stanley in New York gearbeitet – eine sogenannte „vielversprechende“ Karriere stand uns dort bevor. Ob sie wirklich so vielversprechend gewesen wäre, werden wir nie erfahren. Wir wollten so nicht werden, wie wir dort werden sollten. Wir wollten zeigen, dass man die Regeln ändern kann, dass unsere Wirtschaft erkrankt ist und mit der realen Welt nichts mehr zu tun hat. Wir gründeten Veja, eine Sneakermarke, die die Dinge seit der ersten Stunde anders angeht. Wir haben erst ein Produkt entworfen und reisten dann nach Brasilien, um die richtigen Materialien zu finden. Gefertigt werden die Schuhe im Süden Brasiliens, wo die Rechte der Arbeiter nicht vergleichbar sind mit denen in Bangladesch; die Situation gleicht eher Frankreich. 80 Prozent der Arbeiter sind dort in Gewerkschaften!
Wir lieben Turnschuhe, schon seit Kindertagen. Doch für uns sind sie auch Symbol einer erkrankten Industrie, die vor allem über viel Werbung, niedrige Produktionskosten und auf Kosten der Arbeiter und der Ökologie funktioniert. Veja ist eine Antwort auf diese Entwicklung. Der Name „Veja“ kommt aus dem Portugiesischen und heißt: „Schau hin!“. Als wir mit unserer Idee nach Brasilien reisten, waren wir Mitte 20 und man nannte uns nur „os franceses locos“, die verrückten Franzosen, weil wir den Bauern drei Mal mehr für ihre organische Baumwolle boten verglichen mit dem Weltmarktpreis. Wir erklärten ihnen, dass dies aber der wahre Wert sei. Mittlerweile arbeiten wir schon seit neun Jahren mit ihnen zusammen.
AUF SCHRITT UND TRITT
ist es wichtig, Orientierung zu vermitteln und die Lederwaren auch im Kontext zu zeigen. Das geschieht einerseits über die Modenschau, die wir überarbeitet haben, und zum anderen an den sogenannten Deco-Points, an denen Fashion-Themen aufwendig dargestellt werden. Auch das Lookbook wird nicht wiederzuerkennen sein! Was sind Ihre Ziele für die ILM? Zum einen ist es mir wichtig, dass wir auch für Besucher aus Asien und Russland attraktiv werden – und die Besucherzahlen aus diesen Ländern zeigen, dass wir da auf dem richtigen Weg sind. Doch egal woher er kommt, generell ist es mir ein Anliegen, dem Fachbesucher eine gute Orientierungsbasis zu bieten. Wenn ich ihn begeistern kann, habe ich mein Ziel erreicht. Ihr persönliches Highlight im März? Tolle neue und jüngere Marken – es wird abwechslungsreicher. Auch auf das neue Lookbook freue ich mich. Das wird eines sein, das man sich gern mit nach Hause nimmt, so die Kommunikation mit dem Fachbesucher fortführt – und darum geht es ja schließlich. /mm
So lautet das ursprüngliche Konzept von Fußbekleidung: Tragen, bis er durchgelaufen ist, und dann neu besohlen lassen. Doch welcher Schuh ist obenherum so solide gebaut, dass er den „Reifenwechsel“ überhaupt noch mitmacht? Nur ein erstklassiger – und als solche kann man die Stiefel von Primeboots durchaus bezeichnen. Hergestellt werden sie in der kleinen Ortschaft Valverde del Camino in der spanischen Provinz Huelva in Andalusien, wo man schon seit Generationen Kleidung für Minenarbeiter herstellt. Und die müssen etwas aushalten, ob oben auf den Bergen oder in den dunklen Tiefen der Minen. Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte man dort die Goodyear-Rahmenkonstruktion, eine robuste Verarbeitung von Schuhen, welche die Stiefel des 1989 gegründeten Labels noch heute prägt. Die groben Bikerboots, mit denen sich Primeboots einen Namen gemacht hat, sind aus kräftigen Ledern gefertigt und taugen für den Großstadtdschungel genauso wie für die wilde Natur. Sie werden in Stockholm designt und in Valverde del Calzado von den fachkundigen und erfahrenen Händen der Schuhmacher hergestellt. Über die Jahre sind sie zu echten Klassikern geworden. Und wer darf sich als solcher bezeichnen? Ein Schuh, der zweierlei kann: Sein Design muss auch nach Jahrzehnten noch funktionieren und seine Materialien und die Verarbeitung von solcher Qualität sein, dass er die ewige Liebe auch dann mitmacht, wenn er jeden Tag, in guten und in schlechten Zeiten, getragen wird. Dass die Sohle irgendwann schlapp macht, lässt sich nicht vermeiden – doch Primeboots sorgt dafür, dass die handgemachten Stiefel immer wieder neu besohlt werden können. Die Lederinnensohle passt sich individuell an die Fußbeschaffenheit ihres Trägers an. Wer will da noch fremdgehen? /mm
www.messe-offenbach.de
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ARND HINRICH KAPPE Chef der ILM Offenbach
Als Spross einer Goldschmiedefamilie haben Sie ein Faible für hochwertige Materialien. Was begeistert Sie an Leder? Das stimmt. Schon mein Großvater war Goldschmiedemeister. Das Entscheidende ist, dass die Goldschmiedekunst ein Handwerk rund um ein Luxusprodukt ist, und genau das ist die Parallele zu den Lederwaren. Leder ist ein Naturprodukt , das aufwendig von Hand verarbeitet wird, und eine tolle Handtasche ist ein echtes Luxusprodukt. Dies ist erst Ihre zweite ILM als Messechef. Wie geht es Ihnen in der Rolle des Veranstalters? Sehr gut! Da ich selbst aus dem Einzelhandel komme, kann ich die Messe mit dem Blick des Fachbesuchers beurteilen, das hilft mir sehr bei meiner neuen Aufgabe. Wir haben gute Zahlen geschrieben und konnten für die kommende ILM interessante neue Aussteller gewinnen. Was sind die entscheidenden Neuerungen, die Sie eingebracht haben? Es sind Nuancen, die Wirkung zeigen. Die ILM ist eine Arbeits- und Ordermesse und das soll sie auch bleiben. Hier werden Aufträge zu Papier gebracht, hier wird gearbeitet. Dennoch
Primeboots
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FÜNF FRAGEN AN
SO WAR DIE EUROSHOP
Herr Stelzer, heute ist der letzte Tag der Euroshop. Was haben Sie gelernt? Nun ja, es ist auffällig, dass sich der Lebensmittelbereich glücklicherweise einer großen Aufmerksamkeit seitens unserer Branche erfreut. Lebensmittelgeschäfte dürfen nicht austauschbar und anonym sein. Sie müssen als Händler des Vertrauens verstanden werden. Das hat der Handel inzwischen in weiten Teilen verinnerlicht. Und was war in der Mode los? Das ganze Online-Thema und dessen sinnfällige Verlinkung in den stationären Handel scheint noch komplett in den Kinderschuhen zu stecken – zumindest waren konkrete Anwendungen hier auf der Messe kaum präsent. Das ist wirklich erstaunlich, vor allem wenn man bedenkt, welchen massiven Einfluss Online auf den Retail in Zukunft haben wird. Der große Trend im Bereich Visual Merchandising? Ich habe offen gesagt die spannenden, trendgebenden Impulse vermisst. Niemand scheint sich ambitioniert den Herausforderungen der Zukunft anzunehmen. Nun gilt es richtungsweisende Ideen zu entwickeln, vor allem was digitales Visual Merchandising und dessen Verlinkung zum stationären Handel betrifft. Ihr Messehighlight? Das war definitiv der Messestand von Schweitzer. Der hat gezeigt, wie schön und emotional Shopping sein kann. Dort wurden alle Sinne angesprochen und an jeder Ecke gab es Inspiration. Ein Konzept mit sehr viel Liebe zum Detail. Welche guten Gründe gibt es heute noch, nicht online einzukaufen? Für mich gibt es nur gute Gründe! Man hat eine größere Nähe zum Produkt, der Einkauf erfolgt mit einer anderen Verbindlichkeit. Inspiration und Austausch erfolgen schließlich unter anderem durch den Kontakt mit Verkäufern, das Visual Merchandising und nicht zuletzt den direkten Kontakt zum Produkt. Materialien fühlen und berühren zu können, das vermag Emotionen zu wecken. Ihre Vision für die Euroshop 2017? Da werden wir als Aussteller auf jeden Fall dabei sein. Bis dahin wird sich die Branche nochmals stärker verändert haben. Digitales wird dann hoffentlich benutzerfreundlicher verlinkt sein, die Branche wird viel von dem aufgeholt haben, was dieses Mal verpasst wurde. Nur ein kleines Beispiel: Bei dem vietnamesischen Restaurant neben meinem Büro kann ich heute schon mit meinem iPhone bezahlen – im stationären Modehandel hat sich dieser Trend noch nicht durchgehend etabliert. Warum eigentlich nicht? /fk Mehr über die Euroshop finden Sie auf S. 28 www.euroshop.de www.dfrost.de
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MACHER KIRSTIN DEUTELMOSER / GDS Die ersten Jahre der Großen Deutschen Schuhmusterschau standen ganz im Zeichen des Pfennigabsatzes (und der Autos). Was sollte es auch für einen schöneren Ort als die Motorhaube eines Automobils für die Präsentation der neuesten Kreationen geben? Später dann auf dem Catwalk, mit Keilabsatz und einstudierter Choreografie. Im UZS: 1957, 1961, 1996, 1961.
GDS
OUT OF THE BOX Was war, was ist, was wird: Mit der 117. Veranstaltung verabschiedet sich die Große Deutsche Schuhmusterschau von ihrem alten Konzept. Im Gespräch mit der Leiterin der GDS, Kirstin Deutelmoser, blicken wir in Richtung Zukunft. Und reisen in den Bildern noch mal ganz weit zurück. Interview: Franziska Klün
Frau Deutelmoser, was darf niemand auf dieser Messe im März verpassen? Unsere Glamour-Events, ganz klar. Am ersten Messetag wird die GDS traditionell durch die Upper Style Show eröffnet, dieses Mal wird Svenja Holtmann als Model dabei sein. Die Modenschau gibt immer eine sehr schöne Einstimmung auf die anstehenden Messetage, was man dort so finden wird und auf die folgende Saison. Die Design Attack wartet mit ihrem großen Jubiläum auf: Sie feiert unter dem Motto „Alpen Rocker Stadl“ ihre 20. Ausgabe! Außerdem freuen wir uns, dass die Firma Högl Guido Maria Kretschmer mitbringt. Er wird am zweiten Tag die Ergebnisse seiner Kooperation mit der österreichischen Schuhmarke präsentieren. Der HDS/L wird neben dem Award für Industrie und Nachwuchs auch wieder den Schuhträger des Jahres küren. Das bringt Spannung mit sich! Ja, und ansonsten: 800 Aussteller, viele tolle Marken, es gibt einiges zu entdecken. An welchem Trend kommt nächsten Winter keiner vorbei? Was das Farbthema betrifft, ist eine gewisse Beruhigung zu erkennen. Doch was Sohlen und
Absätze anbelangt, ist das Gegenteil zu beobachten: Dort wird es sehr besonders! Und welche Schuhe sollte man schnell noch auf Ebay versteigern? Der totale Used-Look hat ausgedient. Die Farbe Schwarz ist auch im kommenden Winter wieder allbestimmend und die lebt bekanntlich von Materialität und Strukturen. Aber Schuhe, die vor allem abgewetzt anmuten, kann man etwas pausieren lassen. Diese Messe markiert auch einen Abschied, ab kommenden Sommer wird auf der GDS alles anders. Gibt es da Anflüge von Nostalgie? Ich stecke schon so sehr in der neuen Messeausrichtung drin, da ist für Nostalgie gar kein Raum. Aber ich bin mir sicher: Wenn ich während der Messe noch mal meine Runden drehe, wird auch ein Gefühl von Abschied hochkommen, dass diese Messe auch das Ende eines Abschnitts markiert. Was werden Sie vermissen? Viele Dinge, die sich bewährt haben, nehmen
wir auch in die Zukunft mit, aber es wird zum Beispiel keine eigens von der GDS organisierte Modenschau mehr geben, sondern verschiedene Catwalks in den Hallen. Das ist wichtig und wird sicherlich toll, weil die Aussteller da noch mal ihre Kollektionen inszenieren können. Es wird einfach ganz anders als bislang, wenn auch sicherlich schöner! „SOLANGE ES BEI DEN STÄNDEN KOMPROMISSE GIBT, IST DIE PLATZIERUNG EIN ECHTES PUZZLESPIEL.“ Wir haben es im Sommer schon einmal versucht, geben aber nicht auf: Verraten Sie uns, was im Sommer anders sein wird? Ein bisschen etwas verraten wir mittlerweile, klar! Wir werden mit High Street, Pop-up und Studio drei große Welten kreieren: High Street eher für den kommerziellen Teil, Studio für die Premium-Welt und Pop-up für das Urbane. Nicht nur von der Markenauswahl, sondern auch in der Standanordnung und auch atmo-
sphärisch werden sich diese Welten deutlich voneinander abheben. Eine Highlight-Route wird durch alle Hallen führen, sie wird der Messe einen Flaniercharakter verleihen und damit auch die Optik sehr bestimmen. In deren Mittelpunkt spielen sich verschiedene Events ab und so wird es sehr viel abwechslungsreicher durch die Hallen zu schlendern als bislang. Das Thema ist derzeit auch unsere größte Herausforderung. Inwiefern? Wie wir es gerne hätten, ist das eine. Das andere sind die Diskussionen, die wir teilweise mit Ausstellern führen, wo sie gerne wären. Einige Aussteller haben erst jüngst neue Stände gebaut, die nicht mehr ganz in das neue Konzept passen, sie fordern nun eine gewisse Übergangszeit ein. Wir wollen mit der Zeit aber auch mehr Regeln herausgeben, denn Ziel ist, es dem Einzelhandel so einfach wie möglich zu machen, alles zu erkennen und zu entdecken. Solange es Kompromisse gibt, was die Stände anbelangt, ist die Platzierung ein echtes Puzzlespiel.
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MACHER KIRSTIN DEUTELMOSER / GDS
Noch mehr 1996: Wie wir sehen, es waren wilde Zeiten. Rechts daneben, etwas weniger wild, aber dennoch revolutionär: die neue Lust am Muster (1966). Unten rechts: 1973, der Messestand von K Shoes of England, heute Clarks und immer noch in Düsseldorf dabei.
KIRSTIN DEUTELMOSER leitet seit September 2005 die Düsseldorfer Schuhmesse GDS. Zuvor arbeitete sie bei der Messe Leipzig, wo sie fünf Jahre lang für die Leipziger Wäschemesse Body Look verantwortlich war.
Was wird noch passieren? Am ersten Tag wird es einen offiziellen Press Day geben, daran orientiert sich auch die Highlight-Route. Am Anfang der Saison muss es in der Schuh- und Accessoirebranche darum gehen, die Neuheiten wirklich zu zeigen. Jeder Aussteller ist also angehalten, sich Gedanken zu machen, wofür die Marke in der neuen Saison steht und wie genau das auch ersichtlich wird. Es sollen nicht nur Unmengen von Schuhen überall zu sehen sein. Während des Press Walks durch die Hallen am ersten Tag werden Slots an die Aussteller verteilt, die wirklich etwas Besonderes zu präsentieren haben. Außerdem gibt es das Thema Stadt. Wir haben lange darüber diskutiert, wie man in Zukunft den Kontakt zum Konsumenten definiert. Die ganz großen Marken, die auch selbst Werbung machen, haben ihren Status ja nicht zuletzt dadurch, dass sie den Konsumenten direkt ansprechen. Es gibt eine sehr große Grauzone an Marken, die das Bedürfnis haben, mehr an den Konsumenten heranzutreten. Da wir glauben, dass es für unsere Aussteller aber zu kompliziert wäre, B2B und B2C an einer Plattform zu vermischen, haben wir gesagt, wir spielen das Thema Konsument in der Stadt. Was heißt das? In Düsseldorf soll am letzten Messetag begin-
nend am Nachmittag ein großes Schuhfestival stattfinden, das unseren Ausstellern als eine erweiterte Kommunikationsplattform dienen soll. Der Name der Veranstaltung ist „Out of the Box“, womit wir natürlich darauf anspielen, Dinge einmal anders zu denken und die Schuhkartonassoziation spielt da auch mit rein. Alle Marken der GDS sind eingeladen, sich mit Partnern oder alleine zu überlegen, was sie in ihren Shops oder auf öffentlichen Plätzen anstellen können. Auch sind wir mit Kinos, Galerien und Kneipen im Gespräch. Überall soll etwas rund ums Thema Schuhe und Accessoires vermittelt werden, sodass die neue Saison eingeleitet und das Thema Schuhe als auch Accessoires ganz anders in Bewusstsein gerückt wird. „EINIGE AUSSTELLER MÜSSEN WIR AN DIE HAND NEHMEN, DENN SONST WACHEN SIE EINES TAGES AUF UND HABEN DIE WELT EINFACH VERSCHLAFEN.“ Wer wird da kommen? Erfahrungsgemäß ziehen solche größeren Veranstaltungen nicht nur die Menschen aus Düsseldorf und NRW an, sondern auch die Niederländer und Belgier.
Warum ist die Zeit reif für Veränderungen? Wann die Zeit reif für Veränderungen ist, weiß man ja nie so genau. Wie sehr sich der Markt verändert, hat sich aber in den vergangenen Jahren klar abgezeichnet. Es war dringend notwendig, dass auch wir etwas erneuern. Der Online-Handel verschiebt vieles extrem, das ist einfach so, dadurch muss sich der traditionelle Fachhandel viel stärker konzentrieren, welche Aussage er im Handel braucht, und um diese zu erreichen, benötigt er ein anderes Informationsangebot. Dann gibt es auch eine große Veränderung in der Industrie, immer mehr Modelabels kommen auch mit Schuhen auf den Markt, die mit völlig anderen Ansprüchen in den Markt eintreten. Für die traditionelle Schuhindustrie bedeutet das, dass sie sich diesem Wandel stellen muss, und wir als Messe müssen diesen Strömungen gerecht werden, schließlich gehören diese Modemarken ja auch zum Markt. Wir glauben, in all dieser Unruhe ist es essenziell, für sich selbst zu definieren, wofür man eigentlich steht: Stehen wir als Nische für Komfort oder sind wir ein Lifestylelabel? Und wenn ja, was sind unsere Besonderheiten, unsere Geschichten? Wie wollen wir die erzählen und wie gelingt es uns, die Marken emotional aufzuladen? Vielleicht wäre auch ein Jahr früher der richtige Zeitpunkt gewesen. Aber wir spüren auch jetzt: Viele sind noch nicht so
weit, einige müssen wir einfach ein Stück mitnehmen, denn sonst wachen sie eines Tages auf und haben die Welt einfach verschlafen. Der Markt wandelt sich so rasant, kann man da überhaupt noch nach einem FünfJahres-Plan fragen? Wir müssen jetzt erst einmal umsetzen, was wir uns da vorgenommen haben – und das wird mit Sicherheit etwas dauern. Ein Fünf-Jahres-Plan ist in dieser Zeit tatsächlich ziemlich schwierig, denn man braucht zwar eine Idee, aber man muss auch jederzeit bereit sein, diese zu hinterfragen, und darf sich Veränderungen gegenüber nicht verschließen. Das Wichtigste, das Sie in den vergangenen neun Jahren über Schuhe gelernt haben? Dass die Schuhbranche doch anders funktioniert als die Modebranche. Die Schuhbranche ist deutlich handwerklicher geprägt. Das ist zum einen toll, denn es steckt sehr viel Liebe zum Detail dahinter, heißt aber auch, dass viele Anbieter eher produkt- und weniger marketingorientiert agieren. www.gds-online.com
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MACHER FRITZ UNÜTZER / UNÜTZER
MIT HÄNDEN FÜR DIE FÜSSE Obwohl in der Unützer-Manufaktur fast jeder mehrere Sprachen spricht, erklärt der Chef gern anschaulich. Die Hände sind und bleiben in Fossò das wichtigste Werkzeug, um filigrane, bequeme und haltbare Kunstwerke für die Füße zu fertigen.
Unützer ist vor allem für Ballerinas, Chelsea Boots, Jodhpur-Stiefel und Golfschuhe bekannt, aber Design chefin Mariela Schwarz Montiel sorgt dafür, dass auch immer mehr HighHeels in der Kollektion Platz finden. Auf der eleganten Marmortreppe, die sich von den Büroräumen im Obergeschoss in den Showroom hinuterschlägelt, baut sie schon einmal auf, was man wenige Tage später in Paris zeigen will. Wer etwas im Büro zu besprechen hat, muss ganz schön tänzeln!
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MACHER FRITZ UNÜTZER / UNÜTZER
FRITZ UNÜTZER
„MIR IST WICHTIG, DASS DAS ZEUG PASST“ Vor 25 Jahren begann Fritz Unützer, in der Nähe von Venedig hochwertige Damenschuhe zu fertigen. Dass es dazu kam, könnte man als gelenkten Zufall bezeichnen. Unützers Perfektionismus und seine weltoffene Bodenständigkeit brachten das Unternehmen auf internationalen Erfolgskurs. Ein Manufakturbesuch in Fossò. Text: Marie-Sophie Müller / Fotos: Debora Mittelstaedt
Wenn man es genau nimmt, liegt das kleine Örtchen Fossò näher an Padua als an Venedig, auch wenn das Schuhlabel die Lagunenstadt im Namen trägt. Hier in Fossò, wo auch Louis Vuitton und Armani ihre Schuhe fertigen, befindet sich hinter einem feingliedrigen, schwarzen Zaun in einem weißen Flachdachgebäude die Manufaktur der Schuhmarke Unützer. Als wir ankommen, erwarten uns Fritz Unützer und die Designchefin Mariela Schwarz Montiel schon in der geöffneten Tür. „Erst einmal essen wir etwas. Haben Sie Hunger?“, fragt der gebürtige Münchner zur Begrüßung. Eine rhetorische Frage. Wir sind in Italien, da ist die Mittagspause heilig. Auch wenn die beiden in vier verschiedenen Sprachen miteinander sprechen – Spanisch, wenn sie unter sich sind, Italienisch in der Fabrik, Englisch, wann immer es passt, und Deutsch, wenn wir dabei sind –, verständigen sie sich eigentlich wortlos. Fritz Unützer berät uns bei der Bestellung, seine Designchefin braucht er gar nicht erst nach ihrer Wahl zu fragen. Das Essen kommt, Unützer schiebt eine Hälfte auf Schwarz Montiels Teller, die andere bleibt auf dem seinen. Auch der Salat wird in der Mitte des Tellers geteilt und von seinem Prosecco nippt die gebürtige Paraguyanerin, als wir anstoßen: „Ich habe Indianerblut und wir vertragen keinen Alkohol“, sagt sie entschuldigend und lacht. Hier in Rony’s Bar, einem schlichten Café, sind sie Stammkunden. Wann immer beide gleichzeitig in der Manufaktur sind (Schwarz Montiel pendelt zwischen Paris, Limoges und Fossò, Unützer zwischen England, München und Italien), kehren sie mittags hier ein. In einem gepflegten, jagdgrünen Mercedes, der schon seit 1989 zwischen München und Fossò hin- und herfährt, geht es zurück in die Fabrik. Im Foyer windet sich eine elegante Wendeltreppe aus weißem Marmor vom oberen Stockwerk in den Showroom im Erdgeschoss. „Die stand einmal in einem Amt in Padua“, erzählt Unützer. „Eines Nachts rief mich ein Bekannter an, der mit dem Abriss des Gebäudes etwas zu tun hatte, und sagte, Fritz, komm und hol sie dir, bevor sie sie in tausend Stücke schlagen!‘. Also fuhr ich los, von München nach Padua, ich kam um drei Uhr nachts an. In dem Gebäude gab es kein Licht mehr, also habe ich mit dem beleuchteten Display meines Handys die Treppe begut-
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achtet und beschlossen: Die will ich. Das war ein irrer Akt, jede einzelne Stufe wiegt 800 Kilo!“ Von der Geschichte mit der Treppe erfahren wir am Anfang unseres Besuchs, Stunden später wird klar, wie beispielhaft sie für Unützers Lebensweg ist. Der 66-Jährige ist offen für alles, was passiert, und mit dem rechten Optimismus ausgestattet, im entscheidenden Moment in der Lage zu sein, spontane Entscheidungen zu treffen. Schon mit 22 Jahren konnte er sich auf sein unternehmerisches Bauchgefühl verlassen: „Ich habe bei Church’s das Schuhmachen gelernt und für Burberry gearbeitet. Am Ende der Lehrzeit, ich war 22, fragte Burberry mich, ob ich nicht ein Geschäft in der Münchener Maximilianstraße leiten wolle. Kurz vor der Eröffnung sagten sie ab und so habe ich den Laden kurzerhand selbst übernommen und zusammen mit meinem Bruder das English House eröffnet. Es war die Zeit von Mary Quand und Twiggy, England war da ganz vorne dran! Als wir aufgemacht haben, war alles sehr modern, weiß, etwas damals Ungesehenes, später in den 80ern gab es das überall. Aber Ende der 60er gab es in Deutschland nur zwei Läden, die Kaschmirpullover verkauften. Und wir hatten Pullover, Hosen und das alles in rund 30 Farbtönen, das war neu, das war noch, bevor Benetton damit begonnen hat. Wir hatten auch eine große Schuhabteilung, Alden, John Lobb und natürlich auch Church-Schuhe, die ich zum Teil selbst entwickelt hatte. War das nicht etwas gewagt, als 22-Jähriger ein solches Geschäft in bester Lage zu führen? Das war es sicher, aber das Geschäft mit der Mode wurde mir in die Wiege gelegt. Mein Vater eröffnete nach dem Krieg eines der ersten Modegeschäfte in München. Und wie fanden Sie dann zu den Schuhen? Eines Tages kam ein Italiener, der mich fragte, ob ich mit ihm zusammen eine Schuhkollektion entwickeln wolle – klassische Herrenschuhe. Ich habe mir die Fabrik angesehen, die er im Auge hatte, und ihm gesagt: Hier können Sie das nicht machen, da müssen Sie sich etwas anderes suchen – eine Fabrik, die viel handwerklicher aufgestellt ist. Und
dann haben wir diese hier zufälligerweise gefunden. Der damalige Besitzer war pleite und suchte händeringend nach jemandem, der sie ihm abkaufte und seine Leute beschäftigte. Ich habe die beiden zusammengebracht, aber schnell war klar, dass sie nichts miteinander anfangen konnten. Der Italiener erschien nicht zum Notartermin. Also rief ich ihn an und sagte: Wenn Sie das nicht machen, kaufe ich den Laden! Innerhalb von sechs Wochen haben wir von einer Herren- auf eine Damenfirma umgestellt, denn ich wollte ihm keine Konkurrenz machen. Das war 1989. Kurz zuvor hatten wir in Deutschland Ralph Lauren eingeführt. Und auf Sylt habe ich ein Geschäft betrieben, für das ich gerne Schuhe herstellen wollte. Das heißt, Sie haben das alles gleichzeitig gemacht? Na klar, ich mache immer mehrere Dinge gleichzeitig, auch heute noch. Das Ralph- Lauren-Geschäft habe ich 17 Jahre lang betreut und es dann verkauft. Das English House gab es bis 1985, dann ist der Mietvertrag ausgelaufen und die neue Miete sollte sich verdoppeln. In den 80ern war die Idee des English House aber nichts Neues mehr, mittlerweile sahen alle Läden so aus. Seit wann fertigen Sie Taschen? Immer schon. Da wollen wir auch schauen, dass wir größer werden, brauchen dafür aber andere Strukturen. Wir wollen in Italien produzieren und das ist bei Taschen wirklich schwierig, die Preise sind sehr hoch. Wenn man die Gehälter von Deutschland und Italien miteinander vergleicht, haben die Italiener fast höhere Gehälter, denn was hier so teuer ist, sind die Lohnnebenkosten. Wie viele Menschen arbeiten in Ihrer Fabrik? 34 Leute in der Schuhfabrik und acht Leute in der Näherei, aber die arbeiten meist von zu Hause aus. Das ist hier so üblich. Die kommen nur mal rein, wenn es Probleme gibt, die besprochen werden müssen, oder wenn sie eine Maschine brauchen, die sie nicht zu Hause haben. Das sind alles Mütter mit Kindern. Dann kommt der Großvater oder irgendjemand und holt die Sachen ab und bringt das, was sie am Vortag gemacht haben.
Können Sie sich noch an den allerersten Schuh erinnern? Unützer holt einen klassischen Mokassin. Das war der erste Schuh, einfach weil die Fabrik damals solche Schuhe gemacht hat, aber eben für Herren. Das ist noch der Originalleisten von damals. Den haben wir heute noch! Und das zweite Paar war eines mit einem Sieben-Zentimeter-Absatz, weil die Frau des Betriebsleiters unbedingt solch einen wollte. Und dann kam der Ballerina. Das Unützer-Aushängeschild. Ich fand damals, dass Ballerinas nicht gut gemacht waren und dass man sie mehr als Schuh konstruieren müsse. Unützer holt einen Ballerina, um das Prinzip zu veranschaulichen. Sehen Sie, der ist nicht so schlapperig, der hat mehr Stabilität. So funktioniert er auch für Menschen, die nicht mehr ganz so jung sind, die einfach ein bisschen mehr Schuh brauchen. Sie führen Halbgrößen, aber Sie bieten die Schuhe nicht in verschiedenen Weiten an. Wir haben bei den Ballerinas ein Prinzip, und ich glaube, da sind wir die Einzigen auf der Welt, die das noch machen: Man kann über das durchlaufende Bändchen, das vorn in der Schleife zusammenläuft, den Schuh bis zu einer halben Nummer verkleinern. Diese typische Kappe vorne, ist das nicht von Chanel? Die Kappengeschichte war vor Chanel auch schon da. Das kommt von den echten Tanzschuhen her, die eine leicht eckige, verstärkte Spitze brauchen, damit man darauf stehen kann. Aber natürlich war der ChanelBallerina ein Stück weit Vorbild. Wobei ich sagen muss, in der Zeit hat in Deutschland ja niemand solche Schuhe getragen. Und jetzt gibt es Tausende. Ist der Ballerina nach wie vor Ihr erfolgreichster Schuh? Der geht immer gut, aber es ist im Moment nicht so die Zeit für Ballerinas. Die Schuhe, die heute wirklich gefragt sind, sind eher Stiefel und Stiefeletten. Wir machen zum Beispiel sehr viele dieser Jodhpur-Stiefel oder auch Langschaftstiefel.
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MACHER FRITZ UNÜTZER / UNÜTZER Montiel erzählt uns von ihrem Projekt, maßgeschneiderte Schuhe für Hollywoodstars zu fertigen. Zu jedem Entwurf gibt es einen Mood-Film, in dem die Schuhe durch eine papiergeschnittene Kulisse spazieren. Die hat die Designerin zusammen mit ihrer fünfjährigen Tochter gebastelt und abgefilmt. Einige der Entwürfe finden später auch Platz in der Kollektion. Ein Zugeständnis des vernünftigen Unützer an die überbordende Kreativität seiner Designchefin. Beide wissen, was sie aneinander haben. Sind Sie sehr in den Designprozess eingebunden? Natürlich, ich habe das ja lange Zeit ganz alleine gemacht. Mir ist wichtig, dass das Zeug passt. Man muss junge Leute um sich herum haben – aber das Material, das wir verwenden, und die Passform müssen gut sein. Es ist einfach nicht einzusehen, dass ein Schuh, der so viel Geld kostet, nicht passt. Kann man zusammenfassend sagen: Unützer perfektioniert Klassiker? Wir sind sehr ernsthaft hier. Wenn Sie sich so etwas anschauen, einen Schuh in dieser Qualität: Das kann man nicht vergleichen mit einem Schuh von Tod’s heutzutage. So etwas kriegen Sie nicht mehr von den großen Häusern. Vielleicht noch bei Hermès, aber in großen Konfektionen ist so etwas nicht mehr machbar, bei denen lohnt es sich schon, wenn sie an kleinen Ecken sparen. Das rechnet sich bei der großen Auflage. Für uns, in unserer Größe spielt das keine Rolle, daher will ich auch von allem nur das Beste. Damenschuhe werden heute produziert für Wochen oder Monate, die haben nicht mehr diese Idee, dass das halten muss. Vielleicht auch weil unser Atelier ursprünglich Herrenschuhe hergestellt hat, hat man hier einen ganz anderen Ansatz. Ein Leisten muss hier so sein, dass er ein paar Moden, ein paar Monate oder eher Jahre übersteht. Und so auch die Farben und die Materialien. Das muss halten. Und dazu ist auch ein anderer Stil notwendig, der nicht zu modisch ist. Alt aussehen darf es natürlich auch nicht.
Sie sind kaum zu erkennen, doch unter ihrer Robe trägt Hollywood star Amy Adams maßgefertigte Schuhe von Unützer. Das Foto von der Oscarnacht klebt am Eingang zur Manufaktur, dahinter wird emsig gearbeitet.
Als wir abends gehen, brennt an einem Arbeitsplatz noch Licht. Der Schuhmacher erklärt, er könne sich besser konzentrieren, wenn Ruhe herrsche, und ist froh, als auch wir endlich nicht mehr über seine Schulter gucken.
Fritz Unützer bringt einen Wildlederstiefel mit schlankem Schaft. Der Schaft ist ja dehnbar. Ist das Leder? Das ist ein weiches Handschuhleder, das elastisch ist. Das hier ist Ziegenleder. Da wird das Leder gezogen und dann wird auf das gezogene Leder auf der Innenseite ein elastisches Textil angebraucht. Das ist äußerst aufwendig. Es soll ja in keinem Zustand gezogen aussehen. Damit man die Falten nicht sieht, muss das Leder sehr fein sein. Haben Sie nie überlegt, auch Herrenschuhe zu machen? Machen wir doch, da liegen überall welche rum. Aber das sind doch Herrenschuhe für Damen. Ich meine Schuhe für Männer! Ich sag Ihnen was: Der Markt ist voll. Wenn man da etwas machen möchte, dann muss es einen Sinn ergeben. Ich trage gerade ein Paar, sozusagen zur Recherche, schon durchgehend seit 180 Tagen. Ich will nur so viel verraten: Wir sind da an etwas dran. Denn wenn wir einen Herrenschuh machen, möchte ich zu 100 Prozent sicher sein, dass wir etwas machen, das anders ist. Was ist wichtig für einen guten Schuh? Es kommt beim Leisten auf ein paar orthopädische Wahrheiten an. Ein Hemd, das nicht perfekt passt, kann man ändern. Einen Schuh kann man nicht ändern. Deshalb muss ein Schuh einfach an bestimmten Punkten groß genug sein, sonst passt er nicht. Da kann der Schuh noch so schön sein, wenn Sie darin
nicht laufen können, kriegen Sie Probleme. Das sind Regeln, die man einhalten muss. Sie können ja auch keine Sahnesauce machen, in der keine Sahne ist. Dann ist es eben keine Sahnesauce mehr. Und beim Schuh ist das auch so. Viele Leute, die heute Schuhe machen, verstehen nichts davon. Denen geht’s nur um die Optik. Das hat natürlich auch seine Berechtigung, wenn der Kunde darauf einsteigt und es ihm genügt. Aber mir genügt das nicht. Unsere Schuhe sind für mindestens drei Jahre gemacht. Wenn ich das richtig beobachtet habe, versucht Ihre Designchefin, auch avantgardistischere Modelle in der Kollektion unterzubringen. Wie kommen Sie beide da zusammen? Na, sie will ja immer alles, was schön ist, und ich sag immer: Du, wenn sie nicht passen, dann kannste das nicht machen! Aber offenbar treffen Sie beide sich ja durchaus, das lässt sich auf den ersten Blick erkennen. Vom Maronibrater bis zum filigranen High Heel haben Sie ein breites Portfolio. Was ist ein gutes Beispiel für einen Kompromiss? Die ganzen Schuhe, die sie da für die Hollywoodmädchen macht. Das hat sie Ihnen ja sicher erzählt. Die sind natürlich auch supergewagt. Nach dem Mittagessen, als der Firmenchef noch ein paar Telefonate führen muss, führt uns Schwarz Montiel durch die Manufaktur. Direkt am Eingang klebt ein Foto von Amy Adams in einer prächtigen Robe. Schwarz
Schuhtechniker Costantino Conte kommt und unterbricht unser Gespräch – er muss mit Unützer absprechen, ob eine neue Sandale so ist, wie sie sein soll. Da ich Größe 38 trage, werde ich kurzerhand gebeten, als Fußmodell herzuhalten, und während ich mit dem rechten Fuß in die filigrane Sandale schlüpfe und der noch lose Absatz unter meine Ferse gestellt wird, beobachten die Herren genau, wie sich der Fuß verhält, wenn ich ihn aufrecht stehend belaste. „Sehr gut“, befindet Unützer. Dann hilft er mir die Schnalle wieder zu lösen. „Sie können jetzt sagen, zwei Männer haben in Italien Ihren Fuß gehalten!“, lacht er. „Va bene, no? Also, Sie kommen wieder!“ Dann macht er Conte ein Kompliment und der verschwindet eilig in die Fabrikräume. Es gibt noch viel zu tun. „Er ist ein absoluter Perfektionist. Der einzige Italiener, den ich bisher getroffen habe, der, wenn es sein muss, bis Mitternacht arbeitet – und dann steht er manchmal um halb sieben wieder hier. Wie der das mit seiner Frau macht, weiß
ich nicht“, lacht der 66-Jährige. Es ist, als würde sich Fritz Unützer gerade selbst beschreiben. Ist Ihre Frau auch in der Firma engagiert? Nein, das wäre ein bisschen schwierig bei unserem Zigeunerleben. Einer muss schon bei den Kindern sein. Ihr Zuhause ist in England, Sie arbeiten zwischen München und Fossò. Ginge das nicht auch einfacher? Oder müssen Sie immer zwischen den Welten leben? Das ist mir wichtig. Für mich, für uns, für die Familie und vor allem für die Erziehung meiner fünf Kinder. Ich finde, dass sie anders geworden sind als Kinder, die nur in Deutschland aufwachsen. Nicht besser oder schlechter, aber anders – offener für die Welt. Meine Vorstellung vom Menschen in der heutigen Zeit ist, dass er für Europa erzogen wird. Nicht für München oder für Bayern, sondern für ein Land, das sehr viel größer ist als Deutschland. Und das erfährt man, indem man auch einmal woanders lebt, indem man sich damit auseinandersetzt. Das ist nicht immer bequem, dafür ist auch Einsatz nötig. Ich finde, man sollte früh im Leben lernen, was es bedeutet, Ausländer zu sein. Wie man Menschen im Ausland behandelt, wie man selbst behandelt wird. Damit man ein verantwortlicher Mensch wird. Gehört auch dazu, dass man möglichst viele Sprachen lernt? Ich bin der festen Meinung, dass man am Leben nicht teilnehmen kann, wenn man keine Sprachen spricht. Wenn man sehr viele Sprachen lernt, das sehe ich bei meinen kleinen Kindern – der Kleinste ist jetzt 13 Jahre. Mit vier Jahren war der in Uruguay, da hat der in nur vier Monaten akzentfreies Spanisch gelernt. Kinder lernen das so schnell! Da ist das alles offen, wie ein Trichter, in den alles reingeht und irgendwo abgespeichert wird. Der wechselt ohne Probleme zwischen Deutsch, Spanisch und Englisch, und das ohne jeden Akzent. Das hat nichts mit Genialität zu tun, das ist einfach möglich. Wir fangen meines Erachtens mit Sprachen einfach viel zu spät an. Viel zu spät! Konkret heißt das aber auf Ihr Alltagsleben bezogen, dass sie wöchentlich zwischen England, Deutschland und Italien pendeln. Wie lange wollen sie das noch so machen? Wissen Sie, England ist für mich kein großes Problem, denn ich setze mich hier ins Flugzeug, in eineinhalb Stunden bin ich da, dann setze ich mich dort in den Zug und bin in 40 Minuten zu Hause. Wenn ich mit dem Auto nach München fahren muss, dauert das länger! Trotzdem klingt es ein bisschen kompliziert. Ja, natürlich. Als ich damals die Ralph-Lauren-Lizenz hatte, haben wir auch in New York gelebt, die letzten drei sind in den USA geboren. Das ist so passiert, das war nicht geplant. Allerdings sind Sie auch offen dafür, nur so kann es überhaupt passieren. Ich bin Zwilling, vielleicht ist es das. „Aszendent Moneymaker“, ruft Schwarz Montiel, die hinter uns die Kollektion auf der Wendeltreppe so aufbaut, wie sie zwei Wochen später in Paris gezeigt werden könnte. Wenn die Mitarbeiter aus den Büros kommen, müssen sie auf Zehenspitzen darum herumtänzeln. Unützer beobachtet das amüsiert: „Da kann man einmal sehen, wie elegant u nsere Mitarbeiter sind!“, lacht er. Die Frage, wann er sich zur Ruhe setzen will, erübrigt sich, sobald man mit dem agilen und zugleich gelassenen Mann die ersten paar Worte gewechselt hat. Es gibt so viel zu tun – sei das, Schuhe und Taschen zu perfektionieren, den Herrenschuh zu revolutionieren oder die Menschen um ihn herum von den Vorzügen der Infrarotheizung zu überzeugen, die er für einen Freund vertreibt. Mittags, als wir gerade mit dem Essen fertig sind, taucht der örtliche Apotheker in Rony’s Bar auf. Unützer begrüßt ihn mit den Worten: „Ist die Pille fürs unendliche Leben schon da?“ Der Apotheker lacht und antwortet routiniert: „Ich warte täglich darauf, Fritz, sie muss noch mit der Post unterwegs sein.“ www.unuetzer.com
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MACHER RUDY J. HASLBECK/ BIRKENSTOCK
BIRKENSTOCK
THE ’STOCK STORY Man liebt oder hasst sie – doch spätestens wenn man einmal seine Füße hineingesteckt hat, schwächelt auch der Feind und trägt sie zumindest heimlich zu Hause. Seitdem Céline, Miu Miu und Marni die „ugly sandal“ für sich entdeckt haben, besinnen sich die Fashionistas auf das Original und bescheren Birkenstock ein gewaltiges Comeback. Chefdesigner Rudy J. Haslbeck erklärt den Reiz der bequemen Sohle. Text: Marie-Sophie Müller
Ein Foto, das besser ist als jede langwierig erdachte Reklame: die junge Kate Moss, mit bauchfreiem Top, einer weißen, hochgekrempelten Jeans, Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger und weißen Birkenstock „Arizona“ an den nackten, gebräunten Füßen. Das waren die 1990er, und da diese momentan wieder schwer im Kommen sind, klebt das Foto von Corinne Day in den Redaktionsbüros der Vogue und auf den Moodboards der Designer. Birkenstock is back, das ist nicht nur daran zu erkennen, dass die Models bequem über den Catwalk schluppen, sondern auch die Fashion Victims auf den Straßen von Paris, New York und Mailand längst die Sandale mit Korksohle tragen. Wie kann es sein, dass der deutsche Ökoschuh im Ausland so lässig wirkt, während die Deutschen ihn lieber im Garten, in der Werkstatt oder als Hausschuh tragen, aber kaum als modisches Accessoire? Rudy J. Haslbeck, der seit Mai 2013 Chefdesigner bei Birkenstock ist, wundert das nicht: „In Deutschland ist das Bild der Birkenstocksandale viel heterogener als anderswo. In Mailand sieht man Frauen, die den „Gizeh“ in Lackleder ganz selbstverständlich zum Prada-Dress tragen – hier passiert so etwas nicht.“ Sagt’s und schaut an seinen Beinen herunter, die in einer schicken Anzughose stecken, darunter: Birkenstock-Sandalen! Haslbeck lacht: „Ich trage Birkenstocks zum Sakko, ganz klar! Ich muss mich doch mit meiner Marke identifizieren können, das ist
ganz wichtig. Wenn ich einen der üblichen Business-Flüge nehme, staunen die Anzugherren nicht schlecht, wenn sie meine Fußbekleidung bemerken, aber ich finde, es ist absolut tragbar. Man muss nur darauf achten, dass man regelmäßig zur Pediküre geht!“ Am liebsten trägt Haslbeck so wie Moss das Modell „Arizona“, ganz klassisch, offenes Fußbett und zwei Riemen mit Schnalle – aber im Büro kann es auch einmal etwas anderes sein: „Jedes Modell, das wir entwickeln, möchte ich Probe tragen, um zu sehen, ob es funktioniert. Dazu lasse ich mir jeweils eines in meiner Größe anfertigen, das ich dann ausprobiere.“ „KOMFORT UND SCHÖNHEIT ZUSAMMENZUBRINGEN – DAS IST EINE GROSSE HERAUSFORDERUNG“ „Ein sichtbares Fußbett mit einem oder mehreren Lederriemen immer wieder neu zu erfinden – das ist eine echte Herausforderung.“ Der Mann mit der markanten, modischen Brille hat nicht lange gezögert, als Birkenstock ihm den Posten des Designchefs anbot: „Mich reizt die Aufgabe, einen Schuh mit einem so klaren Profil – sichtbares Fußbett und ein oder mehrere Lederriemen – immer wieder neu zu erfinden und ihm zugleich treu zu bleiben. Komfort und Schönheit zusammenzubringen – das ist eine große Herausforderung. Außerdem befinden wir uns hier gerade in einem Prozess der Umstrukturierung,
aus 38 Einzelfirmen wird eine große Holding – auch das ist sehr spannend.“ Seit Haslbeck das Ruder übernommen hat, sorgt er für spannende Kollaborationen mit namhaften Designern wie Yohij Yamamoto. Oder er legt ein neues Augenmerk zum Beispiel auf das Detail der Schnalle, die er zusammen mit dem in München lebenden Schmuckdesigner Patrik Muff für eine Special Collection in 18-karätigem Gelbgold für Damen und Sterlingsilber für Herren in ein echtes Schmuckstück verwandelt hat. „Die Idee war, den teuersten Birkenstock aller Zeiten zu entwickeln. Es ist ein Form- und Materialexperiment! Die Damenvariante ist eine Sandale mit Rindsleder im Krokodillook. Die goldene Schnalle greift die Krokodil-Assoziation in Form einer Kralle auf. Die mit der goldenen Schnalle kostet 4.000 Euro, die silberne Herrenvariante immerhin 1.500.“ Passt denn das zu Birkenstock? „Natürlich dachten hier einige: Der Typ hat einen an der Klatsche“, sagt Haslbeck lachend, „aber es ist einfach ein guter und wirksamer Weg, sich intensiv mit Material, Form und Detail auseinanderzusetzen. Außerdem gibt es Menschen, die finden das toll, und die kaufen das, egal was es kostet!“ ÖLKLECKSE FÜR LIEBLINGSSTÜCKE Während die Yamamoto-Kollektion ab März 2014 exklusiv über die Yohij-YamamotoBoutiquen vertrieben wird, wartet Birken-
stock bei der GDS schon mit der nächsten Überraschung für die kommende Herbst/ Winter-Saison auf: eine Sonderkollektion, die den Lieblingsstücken huldigt. Birkenstocks, so wie sie getragen und genutzt werden. „Ich persönlich finde ganz neue Schuhe immer unsexy“, verrät Haslbeck. „Sie sehen erst richtig gut aus, wenn sie zum Teil des Trägers geworden sind. Einer unserer CEOs schraubt gern an alten Motorrädern herum und trägt dabei das Modell ,Boston‘, das inzwischen schon über und über mit Öl und Farbe bespritzt ist. Das brachte uns auf eine Idee!“ Mit Kerzenwachs, Batikfarben und anderen Hilfsmitteln wurde an individuellen Designs für die Premium-Kollektion gearbeitet, die auf dem Stand des Traditionsunternehmens aus Vettelschoß sicherlich eines der Highlights bei der Düsseldorfer Schuhmesse GDS sein wird. „Außerdem haben wir zum Beispiel Metallics, Lammfellfütterung und bunte Außensohlen für die GDS im Gepäck.“ Doch was auch immer Birkenstock Neues zeigen wird, die Prognosen für ein erfolgreiches Jahr sind schon jetzt gut. Solange Naomi Watts, Alexa Chung oder Ashley Olsen weiterhin der komfortablen Eleganz frönen, braucht man sich bei Birkenstock keine Sorgen zu machen. Die Chancen stehen gut, dass Rudy J. Haslbeck diesen Sommer nicht mehr der einzige Businessmann am Flughafen sein wird, der Sakko und Sandalen kombiniert. www.birkenstock.com
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MACHER BERND HUMMEL / KANGAROOS, FLIP-FLOP
KANGAROOS / FLIP-FLOP
DER SELFMADE MAN 1981 holte er die Sportschuhmarke Kangaroos nach Deutschland, 2003 übernahm er Flip-Flop: Bernd Hummel ist seit 43 Jahren im Schuhgeschäft und hat viele Pläne – nur nicht den, aufzuhören. Interview: Franziska Klün / Fotos: Rainer Rudolf-Benoit
Wir sind hier im Neuffer am Park, ihrem beeindruckenden Firmengelände, das 12.000 Quadratmeter Fläche umfasst und das Sie 1990 gekauft haben. Ihre Holding hat hier seitdem ihren Geschäftssitz. Wie stolz macht es Sie, jeden Morgen durch das Eingangstor hineinzutreten? Ich laufe ja nicht hinein, ich fahre hinein! Mein Parkplatz ist im Innenhof. Und wissen Sie, da entdeckt man immer irgendetwas, oben am Haus geht ein Licht nicht, im Hof liegt etwas herum, das dort nicht hingehört, ich treffe einen meiner Mieter, mit dem ich erst einmal plaudern muss. Da kommen Sie gar nicht dazu, stolz zu sein? Zum Thema Stolz habe ich keinen Zugang. Ich freue mich jeden Tag herzukommen, alles in Ordnung zu sehen, zufriedene Mieter zu treffen. Wir hatten hier noch nie einen Sprayer, eigentlich merkwürdig – aber dafür ist die Stimmung wohl zu positiv. Woran liegt das? Vielleicht an der Geschichte des Gebäudes. Als ich das Haus 1990 kaufte, nannte man es in Pirmasens „den Neuffer“ ... ... benannt nach Emil Neuffer, einem der größten deutschen Schuhfabrikanten des 20. Jahrhunderts ... Er hatte das Gebäude von 1894 übernommen und daran weitergebaut. Mir war klar: So muss das bleiben. Einige fragten mich: Schreibst du jetzt Hummel vorne an den Eingang? Da antwortete ich: Ich glaube, du spinnst! Alles bleibt, wie es ist! Meine Adresse lautete: Bernd Hummel GmbH, Neuffer, Pirmasens. Bis mir das ein Enkel des Herrn Neuffer untersagte. Er hatte die Sorge, man könne das alles mit ihm verwechseln. Ich habe mir daraufhin „Neuffer am Park“ eintragen lassen, da das Gelände an den Stadt-
park grenzt. Das ist jetzt die Adresse. In der Kantine hängt ein Bild vom Herrn Neuffer. Ich habe ihn malen lassen, denn was der damals geleistet hat – Volksschule, Ausbildung, Lehre in der Lederbranche, irgendwann hat er als selbstständiger Schuhfabrikant dieses Gebäude gebaut –, da sage ich: Chapeau! Das war ein Macher, ein Selfmademan. Heute hat er von der Kantine aus alles im Blick. Emil Neuffer sagte: „Man kann alles, was man will“. Ist das auch Ihr Leitsatz? Ich relativere das ein wenig und sage: Man kann fast alles. Die Frage ist doch: Was nehme ich mir vor? Ist das umsetzbar? Steckt man mit Vernunft und Augenmaß seine Ziele, kann man sie erreichen. Aber sie müssen nachvollziehbar sein. Utopischer Kram, das bin ich nicht. Elon Musk, der Mann hinter der Automarke Tesla, will auf den Mars, der ist jetzt 43 Jahre alt und will in zehn Jahren dort hinfliegen. Er will dort sogar sterben, nicht beim Aufprall, sondern weil er dort leben will! Ihnen ist gelungen, was sich viele Unternehmer wünschen: Sie haben Ihre Firma in ein Familienunternehmen verwandelt. Ihre beiden Töchter sind Geschäftsführerinnen und leiten die beiden zur Holding gehörenden Schuhmarken Flip-Flop und Kangaroos. Lange wollten die zwei nur weg aus Pirmasens. Wie haben Sie es geschafft, sie doch zu überzeugen? Indem ich nie gesagt habe, ihr müsst. Mein Ziel lautete immer: Ich möchte, dass meine Kinder glücklich werden. Und das hat absolut nichts damit zu tun, ob die Mädchen die Firma übernehmen. Es hat bei uns nie Druck gegeben, auch kein Hinschieben, das wäre doch was. Die Möglichkeit war immer da. Nach dem Abitur haben wir uns einmal hingesetzt und über die Zukunft geredet. Da habe ich gesagt, sie sollen jetzt erst einmal losziehen
in die Welt, sie können sich noch später überlegen, ob sie das machen wollen. Eigentlich habe ich nichts getan, außer zu sagen: Die Tür ist offen, wenn ihr mögt, kommt. Ihre Töchter waren um die 30 Jahre, als sie Führungspositionen übernahmen. Hatten Sie nie die Befürchtung, sie könnten zu unerfahren sein? Ich war mit 23 Jahren selbstständig! Wenn man miteinander verwandt ist, viele Jahre eng miteinander gelebt hat, überträgt man viele Dinge automatisch. Heute gibt es oft Situationen, die ich genauso handhaben würde. Meine Töchter und ich beschließen etwas, wir trennen uns, etwas Neues ergibt sich, sie entscheiden sich um und handeln anders als besprochen. Da könnte ich sagen: Ey, das haben wir anders festgelegt! Mache ich aber nicht. Sie entscheiden anders aus einem Grund und ich hätte es genauso gemacht. Ein Familienunternehmen, zwei Schwestern an der Spitze – eine Geschichte, die die deutsche Presse liebt. Heute wird oft über Ihre Töchter geschrieben, gar nicht mehr viel über Sie. Neidisch? Nein. Ich freue mich. Aber man muss nicht zu viel Presse haben. Nur das, was richtig und wichtig ist, muss man mal artikulieren. Bei solch einem Übergang, wie er derzeit bei uns stattfindet, wurde in den vergangenen Jahren natürlich viel angefragt. Über mich und mein Leben wurde so viel berichtet, das reicht. Viel wichtiger ist die Frage, ob das, was sie dann leisten, sich so entwickelt, dass man da morgen auch noch drüber berichten möchte. Sie waren 23 Jahre alt, als Sie Ihre Firma gründeten und die ersten Schuhkollektionen entwarfen. Warum Schuhe? Ich bin in Pirmasens aufgewachsen. In dem Park unterhalb dieses Gebäudes standen wir schon als Jugendliche und knutschten mit den
Mädchen. Der Neuffer thronte da wie eine Burg etwas oberhalb von uns. In den 60ern hat in dieser Stadt ja alles vom Schuh gelebt und gesprochen, die Fabriken waren voll. Ich selbst wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, wir waren fünf Kinder. Für jedes Extra musste man auch extra Leistung bringen. Also habe ich immer gearbeitet, um mein Taschengeld aufzubessern und mir zum Beispiel mal ein Fahrrad leisten zu können. So entwickelte ich bereits früh einen guten Bezug zu Geld und Leistung. Nach ersten Stationen auf dem Kartoffelacker und später auf dem Bau bin ich irgendwann in einer Schuhfabrik gelandet. Ich arbeitete im Büro, in der Produktion und erhielt einen kleinen Überblick. Mich hat das interessiert. Ich wollte nicht nur Papierkram abheften, sondern habe mir alles genau angeschaut und jeden Tag nach der Schule in das Schuhgeschäft hineingerochen. Es hat Sie fasziniert? Diese Produktionen, wie das Leder gestanzt und genäht wird, und am Ende der Schuh rauskommt! Eigentlich wollte ich Pilot werden, doch das hatte etwas. Und dann fragte mein Schwiegervater in spe, ob ich Interesse hätte, seine Schuhfabrik zu übernehmen. Er war hoch verschuldet mit 1,6 Millionen Mark, aber es machte mir Spaß, war greifbar, machbar und ich traute es mir zu. Also habe ich nach der Schule eine technische und kaufmännische Lehre gemacht – und die Fabrik übernommen. So bin ich zum Schuh gekommen. Was für Schuhe entwarfen Sie damals? Ich nannte sie die Brummer von Hummel! Das waren sportliche Frauenschuhe. Recht schnell ließen Sie Ihre Kollektionen in Ungarn und Bulgarien produzieren, obwohl Sie hier all das Fachwissen versammelt hatten. Warum?
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MACHER BERND HUMMEL / KANGAROOS, FLIP-FLOP
Die Wand rechts unten erzählt von vergangenen Zeiten: Lange war Pirmasens die Schuhhochburg Deutschlands, in der Fabrik Neuffer am Park wurden täglich bis zu 900 Paar Schuhe produziert. Heute sitzen in dem denkmalgeschützten Gebäude Anwälte, Ärzte – und die Bernd Hummel GmbH.
Ab 1978, ja. Wir haben das hier nicht geschafft. Ich war 25 Jahre alt, hatte 75 Mitarbeiter und die besagten 1,6 Millionen Mark Schulden. Tatsache war, dass es in der Zeit ein einschneidendes Ereignis gab: Willy Brandt kam an die Regierung, es gab eine totale Veränderung des Marktes und der Produktionsgegebenheiten. Denn ein Satz von Brandt war: „Man muss die Belastbarkeit der Wirtschaft prüfen.“ Damals wurde das Lohnfortzahlungsgesetz verabschiedet und einen Monat später hatte ich einen Krankenstand von 25 Prozent. Autsch! Eine Fabrik muss laufen, fehlten zwei Leute an wichtigen Stellen, wusste ich, von unserer eigentlichen Tageskapazität von 700 bis 900 Paar Schuhen machten wir an dem Tag nur die Hälfte. Doch wann macht man die andere? Schnell war klar, dass ich es mit den mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht schaffen würde. Hinzu kam die Hochzinsphase der 70er. Für meine Bankkredite zahlte ich 18 Prozent Zinsen! Es war völlig unmöglich. Also gingen Sie nach Osteuropa. Erst nach Ungarn, dann auch nach Bulgarien. Und es war eine berauschende Zeit! Es gab damals eine Quota von acht Millionen Mark in Ungarn, und wir hatten ein Kontingent von vier Millionen Mark – für das Geld durften wir Schuhe kaufen. Ich hatte mir einen Partner genommen, wir waren beide Ende 20 und in Ungarn schnell die größten Einkäufer der westlichen Welt. Nach uns kamen die Russen. Da waren wir wer! Und das blieb auch so? Nach Ungarn und Bulgarien kam noch Jugoslawien hinzu. Wir machten super Schuhe zu einem super Preis, das war unser Geschäftsmodell und damit waren wir richtig gut im Saft. Bis wir begriffen: Billig kann jeder – und billiger kann auch jeder. Eines Tages kam ein Mitbewerber um die Ecke mit einem dem unseren ähnlichen, aber billigeren Angebot. Und alle großen Aufträge gingen zu ihm. Ein paar Tage später saßen wir abends in Paris, wir waren zum Schaufenstergucken dort, und nach der zweiten Flasche Wein sagten wir, wir müssen das ändern, wir müssen Mode nach vorne machen, nicht nach hinten. Dann hat man andere Kunden, mehr Spaß und man feilscht nicht um Preise. Mit dem Gesagten im
Kopf wurden wir am nächsten Morgen wach, frühstückten auf dem Boulevard St. Germain, als ein Mädchen in enger Jeans und Minnetonka-Mokassins an uns vorbeilief. Ein weißes Paar, mit schwarzen und roten Perlen. Wir dachten: Wow, das ist geil! So etwas müssen wir machen! In der Footwear News hatte ich ein Foto von diesen Schuhen gesehen. Damit war klar: Die Schuhe kamen aus Amerika und ich musste dort hin. Ihre erste Amerikareise? Ja, 1981, damals musste man Telefonate noch anmelden, E-Mail gab es nicht, also bin ich zur Footwear News in die Redaktion auf der Fifth Avenue in New York und fragte, ob sie mir sagen können, wer diese Schuhe macht. No Problem! Eine Stunde später hatte ich mit Marshall Miller, dem Inhaber von Minnetonka, gesprochen. Am nächsten Morgen reiste ich nach Minneapolis und am übernächsten Morgen saß ich bei ihm und wollte jede Menge Schuhe kaufen. Wir waren mutig damals, haben meist Mengen zwischen 30.000 und 100.000 gekauft. Er aber konnte mir nur 1.000 Paar die Woche liefern. So ein Mist, dachte ich! Jetzt sitze ich hier in den USA, und der hat gerade Mal 1.000 Paar die Woche. Also machte ich mich auf die Suche nach ähnlichen Schuhen, bin quer durchs Land und bestellte insgesamt noch 5.000 weitere Mokassins. Die waren sofort weg. Wir beschlossen, sie 50 Prozent teurer zu machen. Wir hatten ja eh nur 1.000 Paar. Und siehe da – das ging! 1981 entdeckten Sie dann die Sportschuhmarke Kangaroos. Auf der Fashion Footwear New York sah ich diesen kleinen Stand: „Introducing the first athletic footwear with pockets“. Wie lustig, dachte ich. In Deutschland gab es ja nur Adidas und Puma. Doch in Deutschland flog ich überall raus: Was soll das, Schuhe mit Täschchen? Ich musste mir strategisch etwas überlegen. Zum einen habe ich mit 129 Mark pro Paar die Schuhe teurer positioniert als die damaligen Adidas-Preise. Zum anderen habe ich mir meine Kunden strategisch als Partner ausgesucht. Der Stiefelkönig in Österreich, das war ein Schuhhändler mit 80 Filialen, war der erste. Mit ein paar Tausend Paar haben wir Kangaroos in Österreich eingeführt, und es funktionierte. Plötzlich riefen auch die
deutschen Geschäfte an. Herr Hummel, was machen Sie denn mit Kangaroos in Deutschland? Nichts, sagte ich – schließlich hatte ich mir dort schon die Hacken abgelaufen und wurde überall ausgelacht –, ich suche Partner, keine Kunden, solche, mit denen man sich an einen Tisch setzt und auf die man sich verlassen kann! Recht schnell hatte ich eine Gruppe von sieben Kunden, darunter Leiser, Schuhhof und Görtz. Denen sagte ich: Ich gebe euch an jedem Ort Exklusivität, aber ich will eine bestimmte Menge, sonst ergibt das keinen Sinn, ihr müsst euch verpflichten, eine bestimmte Werbung zu machen und ich gebe euch gute Konditionen. Das war der Deal, 1983. Und dann ging es ab. 1986 war Kangaroos der heißeste Newcomer. 2003 kauften Sie Flip-Flop von der Triathletin Stefanie Schulze und erweiterten sukzessive das Portfolio der Marke, die bis dahin nur für die Badelatschen berühmt war. Warum blieb es bei zwei Lizenzgeschäften? Hat man nach zwei so erfolgreichen Übernahmen nicht Lust auf mehr? Wenn Sie etwas richtig und intensiv machen wollen, dann geht das nicht. Ich mache gerne, was ich mache, und zwar mit ganzem Herzen. Ich will es spüren, ich will es riechen, ich will es schmecken! Was mich gar nicht reizt, ist hier hinten zu sitzen und nur Zahlen auf den Tisch zu kriegen. Das kotzt mich an. Ich mag Produkte, ich mag Ware. Ich wollte nie die große Riesenholding aufbauen mit zig Firmen darunter. Ich will genießen, was ich mache. Und ich genieße es! Offensichtlich genießen Sie es auch, alte Immobilien neu zu gestalten. Nachdem Sie den Neuffer renoviert hatten, widmeten Sie sich ähnlichen anderen Projekten. Die ehemalige Schuhfabrik Salamander, die in Sichtweite Ihres Büros liegt, verwandelten Sie in ein Loftgebäude, wo Sie heute auch wohnen. Eine Kaserne aus dem 19. Jahrhundert bauen Sie um. Sind Immobilien Ihre wahre Bestimmung? Nein, das ist ein Hobby. Ich baue fürs Gefühl, fürs Herz und so gehe ich an die Projekte auch heran. Damals beim Neuffer bemerkte ich, dass ich ein Händchen für den Umgang mit historischen, oft denkmalgeschützten Immobilien habe. Das Alte mit Respekt behandeln
und dem etwas Neues hinzufügen, das mag ich und das kann ich. Also habe ich die Fabrik gekauft und Lofts reingebaut. Als ich dann gefragt wurde, ob die leer stehende, denkmalgeschützte Kaserne in Zweibrücken von 1876 mit über 44.000 Quadratmetern Fläche etwas für mich sei, wusste ich: Daraus etwas zu entwickeln, reizt mich! Heute ist ein Teil bereits gewerblich vermietet. Jetzt sind wir dabei, ein betreutes Wohnen zu planen. Planen Sie das auch für sich? Natürlich! Der Neuffer ist für meinen Bedarf, das Wohnen im Loft ebenfalls und bei dem Projekt jetzt ist es wieder so. Dabei bekomme ich ein gutes Gefühl dafür, was andere auch begeistern könnte. Ich mache all das für mich und freue mich, wenn es anderen gefällt. Herr Hummel, Sie sind nun 65 Jahre, werden dieses Jahr 66. Andere setzen sich da zur Ruhe. Wie sind Ihre Pläne? Viele meiner Schulfreunde sitzen längst zu Hause und fragen immer: Wie lang machst du noch? Da sage ich: Was ist das für eine doofe Frage? Wie lange machst du etwas, was dir gefällt? Der eine spielt Golf, der andere Tennis. Das macht man, bis man es nicht mehr kann. Ich habe keine Pläne, sondern konkrete Projekte, die permanent laufen und aus denen sich die Pläne für morgen und übermorgen speisen. Langfristige Pläne sind Fragen wie: Übernehmen die Kinder eines Tages wirklich die Firma? Die sagen ja, wir sind dabei. Aber wird das klappen? Man kann planen, Achttausender zu besteigen, aber man muss erst einmal herausfinden, ob es das eigene Ding ist. Nichts ist in Stein gemeißelt. Morgen kann einer um die Ecke kommen und mir eine meiner Töchter wegschnappen. Und dann? Da sage ich doch nicht: Du musst! Das habe ich nie gemacht und damit werde ich jetzt auch nicht anfangen. Pläne machen heißt für mich: Sehen, wie es sich entwickelt, und der Weg ist das Ziel. Das war schon immer so. Noch eine kurze Frage zum Schluss: Männer in Flip-Flops, geht das? Ja, klar, ein Mann im Leinenanzug, dazu FlipFlops, klasse. Aber nicht für mich. Ich kann das Ding zwischen den Zehen nicht tragen. www.bernd-hummel.de
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SHOE.COM GMBH & CO. KG MEMBER OF WORTMANN-GROUP phone: +49 (0)5231 605 05 fax: +49 (0)5231 605 350 marketingsh@soliver-shoes.com www.soliver-shoes.com GDS 12. – 14. MÄRZ 2014 GDS, HALLE 3, STAND 3B65
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MODE AUTUMN / WINTER 2014/15
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BIRKENSTOCK
ONE STEP BEYOND Metallics, Boots und Schnallen sind im Herbst/Winter 2014/15 groß im Kommen. Fotos: Christian Hagemann
CAMEL ACTIVE
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LA MARTINA FOOTWEAR
LA BOTTE GARDIANE
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PALLADIUM, K-SWISS
G-STAR FOOTWEAR
LEVI’S FOOTWEAR
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MODE AUTUMN / WINTER 2014/15
FLIP-FLOP
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FRED DE LA BRETONIÈRE
MARC O’POLO (oben), WOLVERINE, VELT, SEBAGO
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DESIGUAL
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MACHER S.OLIVER SHOES
S.OLIVER SHOES
MIT ERHÖHTER SCHLAGZAHL Nicht eine, sondern gleich drei Damen-Kollektionen bringt S.Oliver Shoes pro Saison auf den Markt – bei den Männern und Kindern sind es immerhin zwei. Warum das für das große deutsche Fashionlabel die richtige Strategie ist, verrät Dr. Thomas Nassua, Managing Director von S.Oliver Shoes. Text: Sophia Penn
Der Slogan ist zugleich Firmenphilosophie: „Real Fashion for real People“ – S.Oliver möchte keine Kleidung für den Laufsteg entwerfen, sondern Mode, die funktioniert, die durch den Tag begleitet, und die die Masse anspricht. Und genau so müssen auch die Schuhe funktionieren, mit denen das Label aus Rottendorf seit 1999 den S.Oliver-Look komplettiert. Um den richtigen Partner zu finden, tat man sich damals mit shoe.com, einer Tochterfirma der Wortmann Shoe Holding, zusammen, die sich um Produktion und Vertrieb kümmert und im Schuh-Business auf einen ähnlich großen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann wie S.Oliver in der Textilbranche. Dr. Thomas Nassua, der seit 2005 S.Oliver Shoes für shoe. com leitet, hat die Aufgabe von Anfang an gereizt: „Ich habe eine Marke vorgefunden, die etwas bietet, das dem Handel fehlt, und mit der man etwas entwickeln kann. Unser Ziel ist es, von der Prozesskette her besser auf die Konsumentenbedürfnisse zu reagieren und die Geschäftsmodelle der Branche zu verändern, zu hinterfragen, um einen größeren Mehrwert für die Branche und den Käufer zu schaffen.“ „WIR VERSUCHEN DAS KLASSISCHE SAISONDENKEN ZU ÜBERWINDEN“ Im Klartext bedeutet das: Schuhe werden oft impulsiv gekauft, trend-, anlass- oder wetterabhängig zum Beispiel. Um auf Trends
schnell reagieren zu können oder sie sogar erst zu erzeugen, arbeitet S.Oliver Shoes, was die Kollektionen betrifft, mit erhöhter Schlagzahl. Statt nur einer gibt es im Damenbereich gleich drei Kollektionen pro Saison, bei den Herren und Kindern jeweils zwei. „Wir versuchen das klassische Saisondenken zu überwinden und uns in eine stärker bedarfsorientierte Form der Zusammenarbeit mit den Händlern zu entwickeln“, erklärt Nassua, „das heißt, wir arbeiten daran, die jeweilige Ware zum richtigen Zeitpunkt zu bringen, denn wir sind der Meinung, dass das Geschäft zunehmend intuitiv und impulsiv erfolgt. Das ist etwas, das die Textilunternehmen heute viel besser können: Nachfrage schaffen und Bedürfnisse zu wecken, Konsum zu stimulieren. Da müssen wir hin und da kann eine Marke wie S.Oliver mit ihrem Hintergrund einen besonderen Beitrag leisten.“ Kurzfristige Themen bringen natürlich das Risiko mit sich, auch das ein oder andere Mal falsch zu liegen, darüber macht man sich bei S.Oliver keine Illusionen. Um dem entgegenzuwirken, wirft man auch nicht jedes Mal die komplette Kollektion um, sondern sorgt für einen guten Mix aus Themen, die sich bewährt haben, und neuen Trends. Ganz konkret bedeutet das für die kommende Herbst/Winter-Saison 2014/15, dass es farblich ruhiger wird; diese Tendenz hat sich in der letzten Saison klar abgezeichnet. Um die Stiefelette kommt keiner mehr herum, während sich Halbschuhe im abgelaufenen Winter eher schlecht verkauft haben. „Es
ist sicher notwendig, diesen Bedarf auch in der neuen Kollektion abzubilden, aber wir müssen mehr tun. Daher zeigen wir durchaus auch Farbakzente, wie zum Beispiel Beerentöne, Aubergine, Gelb und Grüntöne zur GDS. Schnallen schließen sich an das Thema Nieten an. Nieten sind gegessen. Wir sehen im Langschaftstiefel ein spannendes Potenzial – der muss neu erfunden werden!“ „DAS THEMA NIETEN IST GEGESSEN“ Dass sich S.Oliver Shoes mit seinen Innovationen auf einigermaßen dickem Eis bewegt, ist dem klaren Bild zu verdanken, das sich der Kunde von der Marke S.Oliver macht. Ein deutlicher Vorteil, das gibt Nassua gerne zu: „Der Endverbraucher hat über die Markenbekanntheit ein gewisses Grundvertrauen. Das macht es uns einfacher, Innovationen unterbringen.“ Doch wie entsteht ein solches Grundvertrauen? Wie schafft sich eine Marke ein Bild, das größer ist als nur die Summe der Produkte, die es anbietet? Image entsteht durch Storytelling, und daher arbeitet man bei S.Oliver intensiv daran, stets mehr zu verkaufen als nur einen Schuh. Emotionen müssen her: „Wir sind kein Funktionsanbieter, wie zum Beispiel Adidas oder Nike für den Sportbereich – wir sind ein LifestyleSpezialist. Wir müssen es schaffen, Schuhe zu entwickeln, die eine Zielgruppe gut findet, die sich nicht von den klassischen Schuhfach-
marken angesprochen fühlt, sondern die etwas anderes sucht!“, so Nassua. „Wir hauchen dem Produkt Leben ein, wir verbinden mit ihm eine Geschichte, die den Verbraucher anspricht und ihn für den Schuh begeistert. Es ist ganz entscheidend, dass uns das gelingt, da in der letzten Zeit eine unglaubliche Vereinheitlichung der Kollektionsaussage zu erkennen ist, der wir uns auch nicht ganz entziehen können. Dennoch arbeiten wir hart daran, unseren Produkten einen Mehrwert zu geben, um dem Händler etwas an die Hand zu geben und sich im Wettbewerb zu differenzieren.“ Für Dr. Thomas Nassua selbst scheint das Konzept aufzugehen. Er ist überzeugter S.Oliver-Träger, nicht nur was die Schuhe anbelangt. Und das, obwohl er mit 49 Jahren nicht unbedingt zur Zielgruppe gehört, die im Kern zwischen 25 und 30 Jahre alt ist. Um ein richtiges Näschen zu haben für das, was kommt und was schon bald passé ist, vertraut Nassua nicht nur auf Messen und Modenshows, sondern auf den eigenen Blick, der meistens gen Boden gerichtet ist: „Das ist die Berufskrankheit“, lacht er. „Auf Frauen kann das mitunter verstörend wirken, wenn da jemand erst einmal auf die Füße guckt, aber das ist nun einmal mein Geschäft. Wenn ich durch die Stadt laufe, gucke ich eigentlich immer nur runter. Vom Fuß geht’s dann manchmal hoch – aber das nur sehr selten.“ www.soliver-shoes.com
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MACHER LA MARTINA
LA MARTINA FOOTWEAR
DIE POLO-FAMILIE Bei der Marke La Martina denken die meisten an Polohemden mit großen Schriftzügen, Patches und bunte Zahlen. Jetzt sind die wie von Hand gemachten Lederschuhe des argentinischen Unternehmens schwer im Kommen. Text: Anne Lever
Selbstverständlich will ein Mann wie Lando Simonetti nur das Beste für seine Spieler. Der Argentinier hat Mitte der 80er-Jahre La Martina gegründet, weil er als begeisterter Polospieler und Pferdeanhänger damit angefangen hatte, Sättel zu fertigen und irgendwann auch die dazu passenden Helme, Stiefel und Polohemden. Er stieß mit seinen Handarbeiten auf so viel Nachfrage, dass daraus ein Unternehmen heranwuchs. Dieses Unternehmen ist heute nicht nur weltweit für seine Polohemden mit Schriftzügen, Patches und Zahlen bekannt, sondern es stattet auch das argentinische Polo-Nationalteam aus sowie die Universitätsteams von Yale, Oxford und Cambridge. Und natürlich haben die Spieler solcher Teams genaue Vorstellungen und immer wieder besondere Wünsche, wenn es um ihr Schuhwerk geht. Da will ein Mann wie Simonetti echte Profis ans Werk lassen, und die wahren Schuhprofis sitzen bekanntlich in Italien. Genau genommen in der Region Marken entlang der Adriaküste, in einem kleinen Städtchen namens Torre San Patrizio. Enrico Paniccià ist solch ein Schuhspezialist – seit acht Jahren arbeitet er nun schon mit Lando Simonetti zusammen. 2002 übernahm Paniccià das von seinem Großvater gegründete Familienunternehmen Giano, er sagt: „Ich wurde in die Welt der Schuhe hineingeboren“. Bereits seit 1947 fertigt Giano Schuhe, in einer Region, wo heute noch 6.000 Schuhfabriken ihren Sitz haben, unter anderem und unweit von Giano entfernt das Traditionsunternehmen Tod’s. „Diese Region riecht nach Schuhen und nach Qualität“, sagt Paniccià.
Doch trotz ihrer Expertise waren Giano im Markt lange unbekannt, das Unternehmen hatte sich zu wenig auf langfristige Partnerschaften konzentriert. Bis sie 2006 auf Lando Simonetti trafen. Telefoniert man mit Enrico Paniccià und er kommt auf die Anfangszeit der Zusammenarbeit mit La Martina zu sprechen, muss der Italiener erst einmal tief Luft holen. Und dann erzählt er, als würde er von seiner ersten großen Liebe sprechen – oder mindestens vom schönsten Urlaub seines Lebens: „Ich habe mich verliebt“, sind tatsächlich die ersten Worte, die er wählt. Er sei schon lange LaMartina-Kunde gewesen, habe die Oberteile der Marke getragen und auch schon den einen oder anderen Schuh. Doch bis dahin war die Schuhkollektion auf wenige Teile beschränkt und von einer Auswahl, wie Giano sie heute produziert, weit entfernt. „Wissen Sie, diese Marke ist ein Erlebnis, ein Polo-Erlebnis! Und das kann man am besten in Argentinien genießen!“, sagt Paniccià. Bevor es losging mit der Zusammenarbeit, sei er nach Buenos Aires gereist, in die Welt der Polomarke und des Polosports, und dort sei es um ihn geschehen. „Die Geschäfte von La Martina in der argentinischen Hauptstadt, wie die Marke dort wahrgenommen wird, wofür sie steht – die ganze La-Martina-Welt, das ist unglaublich!“ Und da ist sie wieder, die Stimme des verliebten Jugendlichen. Was es denn sei, das so unglaublich ist? „Nun ja, zum einen der Himmel, der ist viel blauer als bei uns in Europa“, sagt er und lacht, „das stimmt wirklich!“ Kombiniert mit den Spielen in der
Polo-Kathedrale, dem Polo-Stadion im Herzen von Buenos Aires, könne man sich dieser einzigartigen Atmosphäre nicht entziehen. Wenn hier das Finale des Abierto de Polo, der Offenen Argentinischen Polomeisterschaft, stattfindet, dann kämen die Polo-Fans aus der ganzen Welt angereist. „Denn wer sich für den Sport interessiert, der weiß: In Europa geht es dabei viel seichter zu. Die richtige Passion, der wahre Polo-Geist ist nur hier zu spüren, in Buenos Aires.“ Es seien aber auch die Pferde in der Ökoregion drum herum, der Pampa, dort fühle man sich einfach frei. „Das mit La Martina ist mehr als eine Zusammenarbeit“, sagt Paniccià, „das fühlt sich an wie eine Familie.“ VIEL WERT WIRD AUF DIE WAHL DES LEDERS GELEGT Um zu dieser Familie zu gehören, braucht man aber auch genau diese Leidenschaft für den Sport, das Land und die Wurzeln der Marke, davon ist Enrico Paniccià überzeugt. Man müsse ja dieselbe Sprache sprechen, einander verstehen und vertrauen können. Dass sie dieselbe Sprache sprechen, ist in Deutschland bei Geschäften wie Lodenfrey, Engelhorn, Eckerle oder Wagener zu sehen. Hier gibt es die Schuhe, deren sehr eigener Vintage-Look vor allem bei den deutschen Kunden so beliebt ist. Von den etwa 50.000 Paar La-Martina-Schuhen, die jährlich in Italien von Giano hergestellt werden, gehen etwa 50 Prozent nach Deutschland. Die für
La Martina Footwear üblichen Abweichungen zwischen den einzelnen Paaren würden hierzulande sehr geschätzt. Durch spezielle manuelle Herstellungsprozesse wird jedes Paar zum Unikat. Viel Wert wird hier in italienischen Marken auf die Wahl des Leders gelegt, jeder Kunde ist angehalten, kleine Fehler als einzigartige Merkmale des exklusiven Produkts zu betrachten, so steht es in der Broschüre, die jedem Paar Schuhe beiliegt. Derzeit sind es vor allem die „Cortos“, die in den Häusern Giano und La Martina viel Aufmerksamkeit erregen: Dabei handelt es sich um eine auf 100 Stück limitierte, handgefertigte Kollektion kurzer Reiterstiefel. „Ich brauche ein Paar Cortos!“ war ein Satz, den Enrico Paniccià und sein Team immer wieder von den Polospielern zu hören bekamen. „Nachdem die Spieler vom Pferd steigen, wollen sie sich ja in ihren Stiefeln auch weiter bewegen können. In ihren festen, steifen Polostiefeln ist das aber oft nur unter großer Anstrengung möglich.“ Also haben sie die typischen Polo-Stiefeldesigns einfach verkürzt, ihr Gewicht reduziert, indem sie die schwere Ledersohle gegen eine aus besonders robustem Kautschuk eingetauscht haben; durch Stretchelemente an den Seiten und die Reißverschlüsse sind sie auch in ihrer Anpassung besonders flexibel. Kommenden Herbst sind die Cortos in ausgewählten Geschäften zu finden. Enrico Paniccià freut sich jetzt schon auf diesen Tag. www.lamartina.com
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DÜSSELDORF 30 JULY – 1 AUGUST 2014 WWW.GDS-ONLINE.COM
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RETAIL SPECIAL EUROSHOP
PUPPEN, HOLZKLÖTZE UND LASTWAGEN: UNSER BEST OF EUROSHOP Mitte Februar versammelte sich in Düsseldorf die Welt des Retails. Wir haben uns umgesehen.
LIGANOVA Sie sind so etwas wie die Newcomer auf der Euroshop. Obwohl das Stuttgarter Unternehmen bereits vor 20 Jahren gegründet wurde, präsentierte es sich nun erstmals auf der Retailmesse in Düsseldorf. Neben seiner neuen VDC-Software (Visual Display Campaign) für eine schnelle Planung und Realisierung von POS-Werbekampagnen waren es auch die herausragenden Projekte des Liganova-Portfolios, die es hier präsentierte. Allen voran der Hugo-Boss-Green-Truck, ein Lastwagen, der zunächst auch wie ein solcher aussieht. Bis er sich an geeigneter Stelle in einen Popup-Store mit Dachterrasse verwandelt. Der ausklappbare Truck dient den Metzingern als mobile Event-Location, gebaut von Formel1-Spezialisten. www.liganova.com
SCHWEITZER Am Stand des 1927 gegründeten Unternehmens wurde man mit den Worten begrüßt: „In Südtirol sind wir etwas anders.“ Stimmt: Der sich über zwei Ebenen verteilende Messestand stimulierte nicht nur die Sinne und führte durch Nachahmungen der jüngsten Projekte des Retail-Spezialisten, sondern hier erfuhr der Besucher auch jede Menge über Trends und Entwicklungen der Branche. Zum Beispiel wurde in Zusammenarbeit mit dem Radiosender des Magazins Monocle einen Tag lang live vom Stand übertragen. Das Radio ist als Medium zwar totgesagt, dennoch war diese Aktion ein großer Erfolg. Die Message für die Händler: Überlegt, was zu euch passt, haltet euch nicht nur blind an die großen Trends, sondern schaut auch in Ecken, in die viele nicht mehr blicken. Oder: Schweitzer hat speziell für die Messe eine Kaschmirlinie eingeführt, die es vor Ort zu kaufen gab. Die Botschaft: Mit Eigenprodukten erregt man eine ganz andere Form der Identifikation. Oder: In einer Ecke waren nur männliche Produkte ausgestellt, ein Men’s Club wurde hier aufgebaut und ein Friseurteam schnitt einen Tag lang den Männern die Haare. Die Aussage: Im Retail ging es lange immer nur um die Damen. Die Herren holen nun auf, seid darauf vorbereitet! www.schweitzerproject.com
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Retail Identity
© Roger Mayne/Museum of London
THe b R a n D CO m pa n i O n S Visual Merchandising | Retail Window Displays | Shop Design and holistic Retail Environments | 3D Brand Installations | POS Events | Brand Communication
D F R O S T G m b H & CO. KG | H au p T S TäT T e R S T R . 5 9 a | 70 1 7 8 S T u T TG a R T | + 4 9 7 1 1 6 6 4 8 1 7 – 0 | i n F O
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RETAIL SPECIAL EUROSHOP
D’ART Als ein hölzernes Raumschiff aus verzahnten gigantischen Planken lässt sich der Messestand von D’Art beschreiben, einem Innenarchitekturbüro aus Neuss, das sich auf Shopdesigns und die Einbindung digitaler Anwendungen spezialisiert hat. Von außen geheimnisvoll-hermetisch, von innen offen und kommunikativ gestaltet, besaß der Stand enorme Anziehungskraft, obwohl – oder gerade weil –sich die Botschaft erst auf den zweiten Blick vermittelte. Das konzeptuelle Überthema „Undo“ wurde in Visuals aufgegriffen, die per iPads über QR-Codes an der Holzwand lesbar waren. Die Mitte des Raumes, ein riesiger Spieltisch, auf dem die Besucher eifrig Holzklötze stapelten, zeigte eindrucksvoll, wie man Menschen neugierig macht, zum Verweilen einlädt und miteinander in Kommunikation bringt. Mission accomplished. www.d-art-design.de
HANS BOODT MANNEQUINS Besucht man den Schaufensterpuppenhersteller aus Rotterdam, erfährt man nicht nur jede Menge über das Handwerk, das hinter den Mannequins steckt, sondern auch über die Schönheitsideale unserer Gesellschaft. Zum Beispiel, dass man Europa in drei Gebiete unterteilen kann: die größten, schlankesten Mannequins gehen nach Skandinavien, Holland, Deutschland und Großbritannien. In Belgien, Frankreich und Spanien sind kurvenreichere, femininere Modelle gefragt. Und in Italien wird es richtig extravagant: Dort will man Posen und glänzende Materialien. Grundsätzlich aber sind heute größere Größen akzeptiert als noch vor einigen Jahren. Ganz neu bei Hans Boodt sind die abnehmbaren und individuell zu gestaltenden Masken, die das Unternehmen für seine Mannequins anbietet. www.hansboodt-schaufensterpuppen.de
IDW Man möchte ihn den Puppet Master nennen, aber leider ist der Begriff „Puppen“ in der Retailwelt nicht salonfähig. Hier spricht man lieber von Dislplaymannequins, wie uns Jörg Döring, Geschäftsführer von IDW Deutschland, bei unserem Besuch in Düsseldorf schmunzelnd korrigiert. IDW, deren Hauptsitz sich in Toronto befindet, fertigen in ihrem Werk in Vilnius täglich 250 Mannequins und 200 Torsi und statten damit weltweit Displays von Chanel, Dior, Tommy Hilfiger, H&M, Falke oder S.Oliver aus. Viele der Modelle sind maßgefertigt; so achtet man bei Chanel zurzeit auf realistische Gesichter, Eleganz in der Körpersprache, überdurchschnittlich lange Beine und definiert selbst die Wölbung der Fingernägel. Marken wie S.Oliver, die für ein junges Casual-Segment stehen, bevorzugen Figuren mit abstrakteren Merkmalen, erklärt uns Döring. Ein wichtiges Thema ist der Firma, die in einem zweiten Werk auch Ladenbauelemente fertigt, die Nachhaltigkeit der Materialien. Die Mannequins sind zu 100 % recycelbar. www.idw-germany.de
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spring/summer 2015
J ulY 8 —1 0 , 2014 STAT IO N -B e rl i n
www.premiumexhibitions.com
B O N D E D PRINT Innovative screen printing techniques fusing new sports processes with traditional footwear production to produce fresh and suprising combinations.
GDS DĂœSSELDORF STAND D08, HALLE 3 MARCH 12 - 14, 2014