Leseprobe: Kunst in Hamburg - 12 Spaziergänge

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Kunst in Hamburg 12 thematische Spazierg채nge



Inhalt

4 Vorwort 6 Architektur  Claas Gefroi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Bauschmuck  Stefanie Reimers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Denkmal und Skulptur Stefanie Reimers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

110 Design  Maren Plentz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Galerien  Stefanie Reimers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Kirchen  Jörn Tietgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Malerei  Carola Hoffmeister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Museen  Karin Kuppig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Off-Kunst  Stefanie Schreck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Parks und Gärten  Jörn Tietgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Plätze  Claas Gefroi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 349 351 352

Adressen Literaturtipps Autoren Bildnachweis

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Vorwort

Hamburg und die Kunst, das sind nicht gerade Synonyme. Mag man bei diesem Thema auch spontan an die bemerkenswerte Kulturpolitik der Stadt in den letzten Jahren denken, so hatten es die Kunst und die Künstler in Hamburg seit jeher nicht leicht. Der wichtigste Grund dafür ist häufig benannt worden: Verglichen mit den großen Residenzstädten und ihren zentralen Sammlungen bot Hamburg nie den Nährboden für eine üppige Kunstproduktion. Zwar hat sich die Stadt in wirtschaftlichen Blütezeiten zu einem bedeutenden Umschlagplatz der europäischen Malerei entwickelt, aber die Kunst war in Hamburg doch häufig eine bürgerliche Privatangelegenheit und ist es von den großen Museumsgründungen des 19. Jahrhunderts, dem Museum für Kunst und Gewerbe und der Kunsthalle, bis zur Initiative für die späte Gründung eines Museums für Gegenwartskunst geblieben. Mit der frühen Gründung eines Kunstvereins, dem Lichtwark’schen Projekt „Bilder für Hamburg“, dem Programm „Kunst im öffentlichen Raum“ sowie der Galerie der Gegenwart, den Deichtorhallen und der Sammlung Falckenberg hat Hamburg allerdings immer wieder Maßstäbe gesetzt und verfügt heute über eine lebendige junge Szene, auch wenn der traditionell schwache politische Rückhalt der Stadt im Umgang mit ihren etablierten und jüngeren Kunstinstitutionen spürbar bleibt. Die an ein allgemeines kunstinteressiertes Publikum gerichtete Literatur zum Thema „Kunst in Hamburg“ ist übersichtlich, die Standardwerke sind seit einiger Zeit vergriffen. Der vorliegende Kunstführer will diese Darstellungen nicht ersetzen, sondern stellt ihnen einen kompakten und unterhaltsamen Überblick mit praktischem Nutzen an die Seite, der das thematische Spektrum um die Bereiche der Gegenwartskunst, des Handels mit Kunstwerken und des Designs erweitert. Dabei beschränkt sich das Buch auf die bil-

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denden Künste, gibt aber ihren anwendungsbezogenen und handwerklichen Spielarten breiteren Raum. Die Form der Spaziergänge wurde gewählt, weil sie eine lebendige Anschauung der Werke und Kunstorte in der Stadt ermöglicht. Zwar stellt sich zuweilen das praktische Problem, das jeweilige Thema auf einer Wegstrecke von etwa zwei Stunden einigermaßen vollständig zu erschließen, aber der Verzicht auf Vollständigkeit zugunsten einer um Übersichtskarten am Kapitelende ergänzten exemplarischen Darstellung erschien Verlag und Autoren als beste Lösung. Dabei bieten die Spaziergänge fundiertes Wissen von Fachleuten aus der Kunstvermittlung und entsprechen im Gegensatz zu bebilderten Routenplänen eher geführten Rundgängen. Jedem Spaziergang sind Informationen zur Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln vorangestellt, die Adresssammlung am Ende des Buchs hat keinen enzyklopädischen Anspruch, sondern soll Lust auf eigene Entdeckungen machen und die Wochenendplanung bzw. den Hamburg-Besuch anregen. Wir wünschen viel Spaß mit diesem Buch und freuen uns über alle konstruktiven Rückmeldungen! Die Autoren und der Verlag

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Architektur Claas Gefroi

Die Keimzelle der Stadt, die karolingische Hammaburg, war nicht mehr als ein zwischen 810 und 822 errichteter, durch Palisaden verstärkter Erdwall mit gerade einmal 120 Metern Durchmesser zum Schutz einer Missionskirche. Sie wird in der Nähe der heutigen Hauptkirche St. Petri vermutet, konnte bei Grabungen am Domplatz bisher aber nicht gefunden werden. Diese bischöfliche Siedlung erhielt mit der unter Graf Adolf III. von Schauenburg und Holstein im 12. Jahrhundert auf dem Gelände der „Neuen Burg“ (noch heute trägt eine Straße dort diesen Namen) am Nikolaifleet gegründeten Kaufmannssiedlung eine erfolgreiche Konkurrentin. Der Zusammenschluss der beiden Siedlungen 1216 markiert den Beginn der Stadtwerdung Hamburgs. Im 13. Jahrhundert wurde das umliegende Marschgelände eingedeicht, urbar gemacht und gleichmäßig in lange, schmale Grundstücke unterteilt. Das althamburgische Bürgerhaus, eine Variation des Dielenhauses, war in dieser Zeit die dominierende Bauform und hielt sich bis ins 18. Jahrhundert. Diese giebelständigen schmalen, aber tiefen Komplexe vereinigten das Geschäft (Verkaufshalle) und das Kontor im Erdgeschoss mit Speicherböden und Wohngeschossen – eine kleinteilige Nutzungsmischung, die man heute wieder nachzuahmen versucht. Von den originalen Bürgerhäusern haben indes nur einige Exemplare aus dem 17. und 18. Jahrhundert an der Deichstraße die Zeiten überdauert. Eine weitere wichtige Wegmarke in der Entwicklung Hamburgs war um 1235 die Aufstauung des Alsterflusses am heutigen Jungfernstieg für eine Mühle, wodurch der Alstersee entstand. Die mittelalterliche Stadtmauer wurde durch eine von 1615 bis 1626 errichtete barocke Festungsanlage ersetzt, die das Siedlungsgebiet vor allem um die westlich gelegene Neustadt erweiterte und die Stadt vor den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs schützte. Sie ist

Chilehaus von Fritz Höger

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Kontorhausviertel

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noch heute im Stadtbild als bogenförmiger Freiraum erkennbar, der sich von den Deichtorhallen im Osten über den Hauptbahnhof, die Alsterbrücken, die Wallanlagen bis zum Millerntor im Westen erstreckt. Später wurde der Wall zu einem Hemmnis der Stadtentwicklung, das erst mit der Aufhebung der Torsperre 1860 / 61 beseitigt wurde. In barocker Zeit wurde auch der Binnenhafen zum heutigen Niederhafen erweitert. Die großen Schiffe machten fortan an Duckdalben in der Elbe fest. Kleine Schuten transportierten die Güter von und zu den Speichergebäuden in der Stadt. Eine Zäsur war der Große Brand von 1842, dem ein Großteil der kleinteiligen und engen mittelalterlichen Stadt zum Opfer fiel. Hamburg nutzte die Chance, sich umfassend zu modernisieren: großzügige, geradlinige Straßen, öffentliche Kanalisation und Wasserversorgung, zweckmäßige Bürgerhäuser fürs Geschäft und zum Wohnen. Mit der rasanten Erweiterung der Stadt nach 1861 beschleunigte sich die Entmischung von Funktionen und sozialen Schichten. Innerhalb des Wallrings kam es zur „Citybildung“, also zur Verdrängung des Wohnens zugunsten des Geschäfts. Sie führte auch zur Entwicklung des neuen Bautyps Kontorhaus. Diese hochmodernen Geschäftshäuser (das erste war der Dovenhof von Martin Haller, 1885 / 86, Abb. S. 18, nicht erhalten) besaßen Paternoster, zentrale Sanitäranlagen, Zentralheizung und Rohrpost. Tragende Außenwände und Eisenpfeiler im Inneren erlaubten große Fensteröffnungen und variable Grundrisse. Ihren architektonischen und auch städtebaulichen Höhepunkt erreichte diese Entwicklung mit dem Boulevard Mönckebergstraße (1908–1913) sowie dem Bau des Kontorhausviertels mit den expressionistischen Backstein-Wunderwerken Chilehaus, Meßberghof und Sprinkenhof von Fritz Höger (1877–1949) und den Gebrüdern Gerson (Hans 1881–1931, Oskar 1886–1966) in den 1920er Jahren. Für diese räumliche Neuordnung


Architektur

wurde ein weiteres der großen „Gängeviertel“ genannten innerstädtischen Wohn- und Arbeitsquartiere der unteren Schichten abgerissen, ihre Bewohner wurden in die Neustadt verdrängt. Die Beseitigung menschenunwürdiger Lebens- und Arbeitsbedingungen (1892 forderte eine Choleraepidemie vor allem in den Gängevierteln viele Opfer) war ein vorgeschobener Grund: Die Geschäftswelt brauchte Platz, ihre Pracht sollte nicht durch angrenzende Arme-Leute-Viertel getrübt werden. Die Trennung der Stadt nach Funktionen und sozialem Stand wurde auch von Fritz Schumacher (1869–1947), seit 1909 Leiter des öffentlichen Hochbauwesens und ab 1923 Baudirektor, weiter vo­ rangetrieben. Die architektonisch und städtebaulich wegweisenden Wohnsiedlungen als Antwort auf die „Massenwohnungsfrage“ entstanden weit jenseits des Wallrings. Das „Dritte Reich“ hat sich, von einer traditionalistischen Wohnsiedlung am Rademachergang abgesehen, kaum baulich auf die Innenstadt ausgewirkt. Die großen Umbaupläne speziell für das Elbufer blieben zum Glück Papier. Von den Luftangriffen im Sommer 1943 wurden auch Alt- und Neustadt nicht verschont. Nach Kriegsende nutzten die Planer des Wiederaufbaus die Zerstörungen, um das Leitbild der „gegliederten und aufgelockerten Stadt“ mit einer niedrigen Dichte und hohem Grünflächenanteil in die Realität umzusetzen – zur „Gesundung des Stadtbildes“, wie Hamburgs damaliger Oberbaudirektor Otto Meyer-Ottens formulierte. Ein Beispiel ist der Durchbruch der Ost-West-Straße (heute Willy-Brandt-Straße / Ludwig-Erhard-Straße) durch die Innenstadt. Für sie wurden Fleete zugeschüttet, Altbauten abgerissen, Plätze planiert, die Innenstadt zerschnitten. Die Bebauung der angrenzenden Grundstücke zog sich jedoch über Jahrzehnte hin und war wechselnden Leitbildern unterworfen. Aus der „Auflösung

Fritz Schumacher (1869–1947)

Ost-West-Straße 1960

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der Baumasse Stadt in eine Abfolge von Räumen“ mit Solitärbauten wurde in den 1960er und 1970er Jahren ein hochverdichteter Straßenraum. Oberbaudirektor Egbert Kossak trieb in den 1980er Jahren die Bildung eines geschlossenen Straßenraums voran, indem letzte Freiräume der „aufgelockerten Stadt“ zu Baulücken uminterpretiert wurden. Exemplarisch ist hier der Wandel weg vom modernen Städtebau hin zu historischen Stadtstrukturen zu beobachten, die auch unter Kossaks Nachfolger Jörn Walter die Innenstadt prägen. Diese Rückkehr kann man durchaus kritisch sehen: So blieb die Monofunktionalität. Erst in jüngster Zeit werden auch wieder Wohnungen (zumeist für solvente Käufer und Mieter) in der Innenstadt errichtet. Und es werden, wie schon früher, Altbauten (nun zumeist der Nachkriegsmoderne) abgerissen, letzte Lücken und Freiflächen bebaut, historische (auch denkmalgeschützte) Gebäude entkernt und aufgestockt. Gegen diese investorengesteuerte Stadtentwicklung mit der Abrissbirne formiert sich in jüngster Zeit Widerstand, der vom linksautonomen Spektrum bis ins bürgerlich-konservative Lager reicht. So musste die Stadt auf Druck einer Künstlerinitiative den Verkauf eines letzten historisch bedeutsamen Rests des Gängeviertels an einen Investor, der es größtenteils für Büros und Luxuswohnungen abreißen wollte, stornieren. Ein weiteres Problem: Es wird heute enger und höher gebaut als in früheren Zeiten. Was in den 1950er Jahren noch als Hochhaus galt, entspricht heute der durchschnittlichen Höhe eines Bürogebäudes. Wenn sich die City flächendeckend um einige Etagen erhöht, werden wohlproportionierte Straßenräume zu Schluchten, und das prägnante Stadtbild ist gefährdet. Bereits Oberbaudirektor Egbert Kossak forcierte den Maßstabssprung mit neuen „Kontorhäusern“, deren Klinkerfassaden und großzügige Eingangshallen

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Architektur

als Reminiszenzen an die Vorbilder der 1920er Jahre aufgefasst werden sollten. Seit Mitte der 1990er Jahre vermehrten sich Bürokolosse mit Stahl-Glas-Fassaden und begrünten Innenhöfen, die bis heute dominieren. Bleibende Verdienste Egbert Kossaks sind die Wiederbelebung des Einzelhandelsstandorts City durch den Bau zahlreicher Einkaufspassagen und eine erste Hinwendung der Innenstadt zur Elbe mit der sogenannten Perlenkette am nördlichen Elbufer (seine Vision einer Hafencity im Freihafen konnte er damals gegen Widerstände aus Politik und Wirtschaft nicht verwirklichen). Sein Nachfolger Jörn Walter konnte darauf aufbauen und hat maßgeblichen Anteil an der Realisierung des neuen Stadtteils Hafencity auf dem nordöstlich gelegenen ehemaligen Freihafengelände – eines der größten europäischen Stadtentwicklungsprojekte. Zudem soll mit dem „Sprung über die Elbe“ eine Entwicklungsachse von der Hafencity auf die Elbinsel und weiter bis Harburg entstehen. Teil davon ist die Internationale Bauausstellung 2013 in Wilhelmsburg und auf der Veddel, die vor allem mit Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Soziales, Kultur und Infrastruktur einen strukturellen Wandel des innenstadtnahen, aber benachteiligten Stadtteils einleiten soll. Inwieweit die ökonomisch unsicheren Zeiten die Realisierung all dieser Stadtentwicklungsprojekte zulassen, bleibt abzuwarten. Die Hamburger Architektur in einem zweistündigen Spaziergang erfassen zu wollen ist ein Ding der Unmöglichkeit. So können die auf dem nun folgenden Rundgang vorgestellten Gebäude nur exemplarisch herausgegriffen und erläutert werden. Um dem Stadtspaziergänger Blasen an den Füßen zu ersparen, beschränkt sich der Rundgang auch geografisch auf das Zentrum mit der Altund Neustadt.

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Architektur-Spaziergang

Startpunkt: U-Bahn-Station Rathaus (U 3) Endpunkt: Nähe U- / S-Bahn-Station Landungsbrücken (S 1, S 2, S 3 / U 3) Dauer: ca. 2 bis 2,5 Stunden

„Haus im Haus“ in der Handelskammer Wir beginnen den Rundgang in einem der wichtigsten Gebäude der Stadt. Das Rathaus, sollte man vermuten. Knapp daneben: Wir starten in der Handelskammer, der ehemaligen Börse. 1841 von Carl Ludwig Wimmel (1786–1845) und Franz Gustav Forsmann (1795–1879) als klassizistischer Putzbau errichtet, war der mehrfach erweiterte und später mit einer Neorenaissance-Sandsteinfassade verkleidete Riesenbau mit den drei parallel angeordneten Innenhallen lange das wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentrum der Stadt. Als im Großen Brand von 1842 auch noch die kleinteilige Umgebung den Flammen zum Opfer fiel, stand die Börse weithin sichtbar und mächtig im Stadtraum. Dies änderte sich erst 1897, als nach einem jahrzehntelangen Planungs- und Bauprozess das heutige Hamburger Rathaus auf der Rückseite der Börse fertiggestellt wurde (die Stadt orientierte sich bis dahin nicht nach Norden zur Alster, sondern südwärts Richtung Elbe). Dass Börse und Rathaus so nah beieinander stehen und sich einen Ehrenhof teilen, ist durchaus kein Zufall: Die enge Verquickung von Wirtschaft und Politik in der Kaufmannsstadt findet darin ihren Ausdruck. Es waren ja

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1 „Haus im Haus“ in der Handelskammer

zumeist ein und dieselben Personen, die tags die Geschicke ihrer Unternehmen lenkten und abends die der Stadt. Doch die Zeiten änderten sich: Die Hamburger Börse verlor an Bedeutung, und in das Gebäude zog die Handelskammer. Die Börsensäle werden heute, wo der Rohstoff- und Wertpapierhandel sich ins Virtuelle der Computernetze verflüchtigt hat, für ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr gebraucht. Da die Handelskammer zugleich mehr Platz benötigte, verfiel man auf die Idee einer Erweiterung nach innen: ein Haus im Haus für ein „Gründerzentrum“ (eine zentrale Anlaufstelle für Gewerbegründer) sowie für Ausstellungs- und Gas­ tronomieräume. Eine gewagte Idee war das, denn das denkmalgeschützte Gebäude hätte leicht entstellt werden können. Doch die Wettbewerbssieger Behnisch Architekten wussten um die Sensibilität der Aufgabe: Um die schönen Innenfassaden des westlichen Saals möglichst wenig zu verstellen, bauten sie das „Haus“ auf kleiner Fläche, dafür aber bis knapp unter die Decke. Und auch wenn der Neubau aus Stahl und Glas ganz der Ästhetik der Gegenwart verpflichtet ist, nimmt er sich doch zurück, ja, geht einen Dialog mit dem historischen Gebäude ein. Die Fassaden und Innenwände

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Architektur-Spaziergang

sind größtenteils in Glas aufgelöst, ebenso ein Großteil der Böden. So wird das Volumen optisch verkleinert, Ein- und Durchblicke werden ermöglicht. Die Beleuchtung verteilt sich auf über 150.000 energiesparende LEDs, die in 372 neuartige hauchdünne Lichtdecken integriert wurden. Sie streuen das Licht und verringern die Deckenhöhen, weil auf abgehängte Decken verzichtet werden konnte. Die schönste, poetische Wirkung stellt sich an den Fassaden ein: Vertikal und horizontal angeordnete Spiegellamellen aus verchromten, stranggepressten Aluminiumprofilen, teilweise über die Gebäudekanten hinausgeführt, verwischen die Grenze zwischen Neu- und Altbau: Bewegt man sich in der Halle oder im Gebäude, entfaltet sich so ein wunderbares, immer wieder neues Spiel von Reflektion und Transparenz. Selten sind Altes und Neues auf so kluge Weise miteinander verwoben worden (Abb. 1 + 2). Das „Haus im Haus“ ist, wie die Handelskammer selbst, kein öffentliches Gebäude, aber während der Geschäftszeiten normalerweise zugänglich. Es liegt, vom Eingangsbereich aus gesehen, im linken Saal. Besucher sollten sich am Empfang anmelden, im Saal ihre Stimme dämpfen, ohne Blitzlicht fotografieren und einen Diskretionsabstand zu den gläsernen Arbeits- und Besprechungsräumen halten (Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, Öffnungszeiten: Mo-Do 8-17 Uhr, Fr 10-16 Uhr). Nach Verlassen des Gebäudes wenden wir uns nach links, queren die Große Johannisstraße und gehen die Große Bäckerstraße und den Dornbusch bis zum Sträßchen Rolandsbrücke entlang. Bürohäuser Rolandsbrücke und Domkaskaden Die Nachteile des rasanten Umbaus der Innenstadt wurden bereits geschildert. Im Einzelfall entstehen jedoch trotz hohen wirtschaftlichen Drucks reizvolle Gebäude. Das Bürohaus Rolandsbrücke (Abb. 3) von Carsten Roth (2005) füllt ein nur dreihundert Qua­ dratmeter großes Grundstück im alten Börsenviertel aus. Nicht nur in der Fläche, auch in der Höhe musste das Grundstück restlos ausgenutzt werden: Die zehn Geschosse recken sich 36 Meter in die Höhe und überragen die Nachbarn um viele Meter. So blieben dem Architekten nur bei der Gestaltung der Fassaden echte Spielräume, die er konsequent nutzte. Mit leichten Verschwenkungen und Kni-

2 „Haus im Haus“: Verbindung zum Altbau

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Architektur-Spaziergang Bauplastik-Spaziergang Denkmal-Spaziergang Design-Spaziergang Galerie-Spaziergang Kirchen-Spaziergang Malerei-Spaziergang Museumsspaziergang Off-Kunst-Spaziergang Park-Spazierg채nge Pl채tze-Spaziergang Skulpturen-Spaziergang

ISBN 978-3-88506-460-2


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