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10.2 Handlungserfordernisse S

Ausblick sowie Handlungserfordernisse und -optionen

Den Mehreinnahmen stehen jedoch auch Mehrausgaben gegenüber. So zieht die hohe Inflation auch höhere Gehälter der öffentlich Bediensteten nach sich. Auch die Sachausgaben – allen voran die Energiepreise – führen zu einem raschen Anstieg der laufenden Ausgaben. Hinzu kommen auch Mehrausgaben im Sozialbereich, wodurch auch mit einem Anstieg der Umlagen – wenn auch meist zeitverzögert – zu rechnen ist. Eine insgesamt dennoch positive Entwicklung für die Gemeindehaushalte ist zu erwarten, wenn sich die inflationsbedingten Mehreinnahmen schneller entwickeln als die Mehrausgaben.

Investitionen stehen vor mehreren Herausforderungen

Gemeinden sind ein wichtiger öffentlicher Investor. Die Herausforderungen der Gemeinden in den nächsten Jahren sind dabei vielfältig und reichen vom weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen bis hin zu verstärkten Anpassungsmaßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise. Letzteres betrifft etwa Präventionsmaßnahmen gegen Umweltkatastrophen, wie etwa den Hochwasserschutz. Hinzu kommen diverse Anpassungsmaßnahmen, um Hitzeinseln zu vermeiden, wie etwa Fassadenbegrünungen, Entsiegelungen oder Baumpflanzungen in Ortszentren. Auch das Thema Energie stellt die Gemeinden zunehmend vor durchaus kostenintensive Herausforderungen, wie etwa die Umstellung der Heizsysteme, Gebäudesanierungen oder die Schaffung alternativer Energieträger. Diesen Investitionsnotwendigkeiten stehen nun mehrere Hindernisse gegenüber. Die Bauwirtschaft wird durch Materialmangel und Lieferengpässe gebremst. Dadurch ergeben sich deutliche Verzögerungen und starke Preisanstiege, etwa für Stahl. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage weiterhin ungebrochen, nicht nur in Bezug auf die öffentliche Infrastruktur, sondern auch im privaten Sektor. Das Ergebnis ist, dass sich auf Ausschreibungen der Gemeinden keine Bewerber melden oder die angebotenen Preise das geplante Budget deutlich übersteigen.

10.2 Handlungserfordernisse Stärkung der Resilienz im Finanzausgleich

Der Finanzausgleich hat bei der Pandemiebekämpfung eine wichtige Rolle gespielt und die Finanzierung der Aufgaben von Bund, Ländern und Gemeinden grundsätzlich gewähr„ leistet. Gleichzeitig wurden jedoch strukturelle Probleme sichtbar, wie etwa die hohe Abhängigkeit vieler Gemeinden von den Transfers der Länder. Nun wäre es Zeit, die Pandemiebewältigung im Fi-

Die Zeit bis zu den nanzausgleich zu evaluieren nächsten Finanzaus- und einen Reformprozess in Richtung eines gleichsverhandlungen stärker resilienten Finanzausgleiches aufzusetsollte genutzt zen. werden. Die Verlängerung des Finanzausgleichsgesetzes

“sollte dabei genutzt werden, um Reformen im Finanzausgleich bis Ende 2023 vorzubereiten. Um zukünftige Krisen besser bewältigen zu können, wird eine strukturierte Evaluierung des Finanzausgleiches empfohlen, vor allem betreffend Wirksamkeit der Vorsorge- sowie der eingesetzten Kriseninstrumente. Dabei sollte der Fokus nicht nur auf das Finanzausgleichsgesetz, sondern auch auf weitere Finanzierungsverflechtungen zwischen den Gebietskörperschaften gelegt werden. Die Notwendigkeit einer Evaluierung der eingesetzten Unterstützungsleistungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie streicht auch der Fiskalrat in seinen jüngsten Empfehlungen hervor.

Umlagenentwicklung unklar

Nach wie vor schwierig einzuschätzen ist die weitere Entwicklung der Umlagen. Im Bereich der Krankenanstalten erhielten die Länder im Zuge der Verlängerung des Finanzausgleichsgesetzes Anfang 2022 zusätzliche Finanzzuweisungen zur Abdeckung der Mehrausgaben aufgrund der Corona-Pandemie. Eine Verpflichtung, diese Mittel anteilsmäßig über die Umlagen an die Gemeinden weiterzugeben, besteht jedoch nicht. Es bleibt also abzuwarten, wie die Länder hiermit umgehen. Im Sozialbereich ist nach wie vor eine Pflegereform ausständig, womit weiterhin das Finanzierungsproblem ungelöst und daher von deutlichen Steigerungen auszugehen ist. Darüber hinaus ist mit Mehrausgaben in der Sozialhilfe aufgrund der Flüchtlinge aus der Ukraine zu rechnen. Für beide Bereiche – Gesundheit und Soziales – gilt, dass sich hier auch die Inflation niederschlagen wird, insbesondere auch im Bereich der Gehaltsentwicklungen. Hinzu kommen gerade im Gesundheits- und Pflegebereich zunehmende Personalengpässe, auf welche auch entsprechend reagiert werden muss.

In seinen Empfehlungen verweist der Fiskalrat48 weiters darauf hin, dass insbesondere Reformen bei gebietskörperschaftsübergreifenden Aufgaben – dies wären etwa Pflege, Bildung, Gesundheit, ÖPNRV – durch eine Reform des Finanzausgleiches vorangetrieben werden sollten. So führt er aus, dass Effizienzverlusten und Steuerungsproblemen durch die Erhöhung der Transparenz, durch die Stärkung

48) Fiskalrat: Empfehlungen des Fiskalrates zur Budgetpolitik 2022, Dezember 2021. Auf diese Quelle wird auch in den folgenden Verweisen auf den Fiskalrat Bezug genommen.

der Konnexität (daher die Zusammenführung von Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung) sowie durch Aufgabenentflechtungen begegnet werden kann. Über Finanzausgleichsreformen wäre dies etwa durch eine verstärkte Aufgabenorientierung und durch Transferentflechtungen, aber auch durch die Stärkung der Abgabenautonomie der Länder und Gemeinden möglich. Dabei streicht er die Sicherstellung der kommunalen Investitionstätigkeit sowie der Daseinsvorsorge besonders hervor.

Sicherstellung der Investitionsfähigkeit in klimafreundliche und soziale Infrastruktur

Gemeinden stehen in den nächsten Jahren vor der Herausforderung, verstärkt in Bildungs- und Klimainfrastruktur zu investieren. Im Bildungsbereich steht weiterhin der Ausbau der Kinderbetreuung sowie von Ganztagsschulen auf dem Plan. Hinzu kommen Investitionen in Klimaschutz und -anpassung; von Hochwasserschutzmaßnahmen über öffentlichen Verkehr bis hin zum Energie- und Wärmewandel.

Resiliente Gemeindefinanzen durch Reformen

Hinsichtlich möglicher Instrumente zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen im Finanzausgleich zeigen sich sehr vielfältige Ansätze. Teils handelt es sich bereits um „alte Bekannte“, da der derzeitige Finanzausgleich mehrfach zu wenig flexibel auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagiert und die finanziellen Spielräume der Gemeinden zunehmend eingeengt werden – etwa durch eine sinkende Bedeutung der Abgabenautonomie und steigende Abhängigkeiten vom Transfersystem.

Um die Handlungsfähigkeit der Gemeinden im Krisenfall sicherzustellen, wären daher die finanziellen Spielräume der Gemeinden mittelfristig abzusichern, etwa durch den Abbau von Finanzierungsverflechtungen, vor allem zwischen Bundesländern und Gemeinden, sowie durch die Stärkung der Abgabenautonomie in Form einer Grundsteuerreform. Darüber hinaus braucht es aber auch einen Fokus auf Krisenpläne und -instrumente, welche auch mit dem Finanzausgleich verknüpft sein sollten. Um die Robustheit und Anpassungsfähigkeit zu steigern, eignen sich etwa gezielte Förderprogramme, um die kritische Infrastruktur und Daseinsvorsorge aufzubauen. Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit der Bewältigung der Klimakrise von hoher Bedeutung. Gleichzeitig sollten sich auch die laufenden Finanzierungsströme im Finanzausgleich an die sich verändernden Rahmenbedingungen anpassen, etwa in Form von stärker aufgabenorientierten (statt ressourcenausgleichenden) Finanzmittelflüssen. Ein wichtiger Aspekt zur Absicherung der finanziellen Spielräume der Gemeinden sind auch Reformen in zentralen Aufgabenbereichen des öffentlichen Sektors, worauf auch der Fiskalrat in seinen Empfehlungen verweist. Dies betrifft etwa die Steigerung der Effizienz sowie die nachhaltige Bewältigung der Kostendynamik sowie die Sicherstellung der nachhaltigen Finanzierung in demografieabhängigen Ausgabenbereichen. Vor allem für die Gemeinden sind hier das Gesundheitswesen sowie der Bereich der Langzeitpflege relevant, wo die Gemeinden eine Kofinanzierungsleistung zu tragen haben.

Auch gilt es, die 2020 unterlassenen Investitionen wieder aufzuholen, da sich eine zeitliche Verzögerung der Investitionstätigkeit negativ auf die Qualität der öffentlichen Leistungserbringung auswirken kann. Ein Investitionsrückstau sollte daher unbedingt vermieden werden. Dass die kommunale Investitionstätigkeit der Gemeinden eine wichtige Bedeutung hat, ist im Zuge der Pandemie wieder mehr in den Vordergrund gerückt. So weist der Fiskalrat auf die Wichtigkeit der kommunalen Investitionen insbesondere bei der Daseinsvorsorge hin. Auch die Arbeiterkammer49 bzw. eine Studie des wiiw50 betonen, dass die Gemeinden auch die Möglichkeiten haben müssen, ihren Investitionsbedarf zu decken.

Reform des Österreichischen Stabilitätspaktes

„Der Fiskalrat plädiert weiterhin dafür, die Steuerungsrelevanz des nationalen Fiskalregelwerkes – daher des Österreichischen Stabilitätspaktes – zu erhöhen. Für die Gemeindeebene sind dabei Es braucht mehr insbesondere zwei Aspekte von besonderer

Fokus auf die Bedeutung. Das aktuelle Regelwerk zeichnet

Absicherung kommunaler sich durch eine hohe Komplexität aus, wodurch für Gemeinden die Anwendbarkeit in der Praxis in vielen Bereichen unmöglich ist. Es wäre nun

Investitionen. wichtig, die Komplexität insgesamt zu redu“ zieren, wodurch auch die Praxisrelevanz für die Gemeinden erhöht werden könnte. Dies bedeutet deutlich vereinfachte und daher in den Gemeinden umsetzbare Regelungen. Der zweite Aspekt betrifft die Sicherung der Investitionsfähigkeit der Gemeinden. Die bestehenden Fiskalregeln schränken die Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand ein, weshalb auf europäischer Ebene verstärkt Ausnahmeregeln diskutiert werden. So könnten im Rahmen einer „goldenen“ Regel Ausnahmen für Investitionen im Zusammenhang mit Klimawandel und -anpassung oder auch für soziale Infrastruktur bestehen und etwa Investitionen in den öffentlichen Verkehr oder in die Bildungsinfrastruktur bei der Ausgabenbremse oder bei der Defizitberechnung ausgenommen werden. 49) Arbeiterkammer Wien: Budget 2022. Working Paper 229, 2021. 50) Heimberger: Österreichs Gemeinden im Kontext der Covid-19-Krise, 2022.

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