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Transparenter Staat: Offene Verwaltungsdaten

Offene Verwaltungsdaten

Fünf Jahre Open Government Data – eine kritische Würdigung

von Bernhard Krabina

Die erste Open-Government-Data-Konferenz (OGD) in Österreich – im Juni 2011 in Wien – kann als Startschuss des Themas offene Verwaltungsdaten in Österreich ge sehen werden. Nur ein Jahr nach der Veröffentlichung der ersten 30 Datensätze durch die Stadt Wien stand mit data.gv.at eine Infrastruktur für Daten aus dem behördlichen Umfeld zur Verfügung. Kurz darauf ging mit offenerhaushalt.at das erste Portal für Finanzdaten in Österreich an den Start. 2013 entsteht mit opendataportal.at ein Zwillingsportal von data.gv.at für Daten von Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Es ist also Zeit für eine intensive Betrachtung.

Die Diskussion über das Thema von offenen, zur freien Nutzung und ohne jegliche Einschränkung verfügbaren Daten ist von ganz unterschiedlichen Argumenten geprägt.

Technisch: CSV statt PDF

Ohne sich viel um die Frage zu kümmern, welche Daten verfügbar sein sollen stellt sich die Frage des wie. Bereits veröffentlichte Daten sollten nicht in PDF-Dokumenten „eingesperrt“ sein, sondern zusätzlich in einem einfach weiterverwendbaren Format wie CSV, JSON oder RDF zur Verfügung stehen. Durch das Einrichten von Datenportalen und GDV'H¿QLHUHQYRQ0HWDGDWHQ 'DWHQEHU die Datensätze) sind Daten wesentlich einIDFKHUDXI]X¿QGHQDOVZHQQVLHDXI:HE seiten gesucht werden müssen. Auch das Anbringen einer möglichst offenen Lizenz ist ein wesentlicher Faktor für eine bessere Wieder verwendbarkeit.

Hier ist durch die mittlerweile vier Datenportale in Österreich viel erreicht worden. Die sehr rasche Einigung auf einen österreichischen Metadatenstandard und ein weiteres Festlegen durch die Cooperation OGD Austria hat einen umfassenden Schatz an offenen Daten aufgebaut: über 2.000 Datensätze auf data.gv.at, über 12.000 auf offenerhaushalt.at und über 350 auf opendataportal.at stehen zur Weiterverwendung zur Verfügung. Allein die Daten von data.gv.at wurden in über 340 Anwendungen genutzt.

Allerdings sind nach wie vor unzählige Daten in Dokumenten „eingesperrt“. Zum Beispiel die Förderberichte, die in PDF-Dokumenten veröffentlicht wurden, ohne dass die Daten EHJOHLWHQGDXIGDWDJYDW]X¿QGHQZlUHQ$P Open Data Day 2016 wurde von der School of Data versucht, diese Daten zu „befreien“. 1 Das Projekt „Gute Taten für gute Daten“ 2 von Open Knowledge Österreich hat sich ebenso zum Ziel gesetzt bereits veröffentliche Daten zu befreien. Das KDZ hat für die Stadt Salzburg den Subventions-Checker 3 umgesetzt, bei dessen interaktiver Darstellung schnell deutlich wird, wie spröde sich die Linearität von gedruckten Dokumenten anfühlt.

„Auf offenerhaushalt.at wurden über 12.000 Datensätze freiwillig von den Gemeinden veröffentlicht.“

Wirtschaftlich: Start-Ups

Vor allem aus der EU kommt die wirtschaftliche Argumentation. In Europa geht viel Wertschöpfung verloren, weil der Zugang zu Daten aus dem öffentlichen Sektor wesentlich komplexer ist als etwa in den USA. >

1 datahub.io/organization/soda 2 okfn.at/gutedaten/  ZZZRIIHQHUKDXVKDOWDWJHPHLQGHVDO]EXUJ¿QDQ]GDWHQ subventionen

Daraus entstanden ist die PSI-Richtlinie, die in überarbeiteter Version in Kraft ist und in Österreich zur Verabschiedung von Informationsweiterverwendungsgesetzen geführt hat. 4 Zahlreiche Initiativen haben das Thema aber in den letzten Jahren aufgegriffen und in ihre Förderschienen bzw. Preiskategorien aufgenommen, um die OGD-Community zu unterstützen. 5

„Freie Daten fördern Transparenz, Partizipation und BürgerInnenbeteiligung.“

Über die tatsächlichen wirtschaftlichen Effekte gibt es wenig brauchbare Zahlen. Es gilt auch zu hinterfragen, ob es in kleinen Gemeinden überhaupt eine ausreichende Community gibt, die lokale Daten für Innovation und für neue Geschäftsmodelle nutzen können, um Beschäftigung zu generieren. Mit Blick auf die USA oder Großbritannien wird allerdings auch klar, dass die Verfügbarkeit an offenen Daten rein mengenmäßig hierzulande noch sehr am Anfang steht. Nach fünf Jahren OGD wäre es längst überfällig entsprechende Maßnahmen zu setzen. Diverse Einrichtungen, wie die nachgeordneten Dienststellen im Bund, (z. B. Statistik Austria, BEV und andere) und auch die großen E-Government-Register in Österreich (Grundbuch, Firmenbuch etc.), konnten sich DXIJUXQGLKUHU¿QDQ]LHOOHQXQGUHFKWOLFKHQ Situation noch nicht zu umfangreichen offenen Daten durchringen.

Rechtlich: Umweltinformation und Stabilitätspakt

Die ersten Anfragen laut Informationsweiterverwendungsgesetz werden derzeit ausgesessen bzw. in unterschiedlicher Qualität und Intensität beantwortet. Rechtlich gibt es allerdings neben der bereits erwähnten PSIRichtlinie noch eine Reihe weiterer Dis - kus sionspunkte. Die Diskussion über Amtsverschwiegenheit versus Informationsfreiheit (FoI – Freedom of Information) hat Aufschwung durch einen Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetztes 6 erhalten, das allerdings von NGOs in der derzeitigen Form kritisiert wurde 7 . Das Thema Datenschutz spielt ebenso eine Rolle, es wird in der OGD-Diskussion bewusst ausgeblendet, obwohl durchaus auch hier spannende Fragestellungen existieren. Andere rechtliche Bereiche wie Inspire und Umweltinformation fordern ebenfalls offene Daten. Auch im Stabilitätspakt 2012 ist davon inhaltlich die Rede. 8

Gesellschaftlich: Open Knowlege

Bei den gesellschaftlichen Aspekten geht es vorwiegend um journalistische Aufbereitungsformen (Data Stories, Visualisierungen). Die School of Data schnürt hier bereits einige Weiterbildungsangebote und die internationale Initiative „Hacks Hackers“ bemüht sich auch in Österreich darum, das Thema Datenjournalismus weiterzubringen 9 .

Image: Moderne Verwaltung

Vor allem in den Behörden, die bereits OGDInitiativen umgesetzt haben, lassen sich einige interessante Effekte beobachten. Einerseits bietet es der Verwaltung mit einem aktuellen Thema zu zeigen, am Puls der Zeit zu sein. Ganze Abteilungen haben das Gefühl, dass sich nun „endlich“ jemand für die Daten interessiert, die sie bereits seit Jahren erheben, aufbereiten und in PrintPublikationen veröffentlicht haben. Andererseits ist die generelle Aufmerksamkeit durch die Re-User (z. B. App-NutzerInnen) erhöht

4 ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/implementation-psi-directive-austria 5 Zahlreiche Initiativen, wie Förderungen der Wirtschaftsagentur Wien, des FWF, der Internet Privatstiftung netidee.at sowie Preise (Apps4Austria Award, open4data.at) sind hier zu nennen. 6 www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AUA/AUA_00001/index.shtml 7 www.informationsfreiheit.at  ZZZRIIHQHUKDXVKDOWDWYHURHIIHQWOLFKXQJVSÀLFKW 9 www.meetup.com/de-DE/Hacks-Hackers-Vienna

und trägt zu einem positiven Image der Verwaltung bei. Die interne Qualität steigt, da die Daten überarbeitet und erklärt werden müssen.

Politisch: Transparenz

Daten, deren Erhebung bereits mit Steuergeld bezahlt worden sind, sollten der Gesellschaft frei zur Verfügung stehen und nicht in weiteren, aufwendigen Bezahl- und Verrechnungsmodellen nur wenigen zur Verfügung stehen. „Freie Daten“ erhöhen die Transparenz, dienen als Grundlage für Partizipation und Bürgerbeteiligung sowie einer intensiveren Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung mit anderen Interessengruppen. Für diese Eckpunkte von Open Government hat das KDZ mit dem Open-Government-Vorgehensmodell konkrete Handlungsanleitungen erarbeitet. 10

Ein achtbarer Erfolg ist auch, dass sich bereits rund 900 Gemeinden in Österreich an www.offenerhaushalt.at beteiligen, um ihre *HPHLQGH¿QDQ]HQXPIDVVHQGWUDQVSDUHQW darzustellen. Auch das Medienkooperationsund -förderungs-Transparenzgesetz wurde für mehr Medientransparenz verabschiedet. 11 Die durchaus steigende Zahl verfügbarer Datensätze auf Datenportalen sagt noch zu wenig aus. Beispielsweise sind die Finanzdaten der Länder, die bisher auf data.gv.at veröffentlicht worden sind, mangels ausreichender Detailtiefe eher als Feigenblatt zu bezeichnen (Ausnahme sind Wien und Kärnten). Es ist daher an der Zeit, sich auch dem Thema der inhaltlichen Datenqualität zu widmen. Ein prüfender Blick auf data.gv.at zeigt, dass vor allem auf Bundesebene noch viel Luft nach oben ist: von insgesamt 36 Organisationen, haben 20 weniger als 20 Datensätze veröffentlicht und davon sind 14 dem Bundesbereich zuzuordnen. Schlusslichter sind die Ressorts BMF, BMWF, BmeiA, BMVIT und BMI, die jeweils nur einen oder zwei (!) Datensätze veröffentlicht haben. 12

Fazit

Fünf Jahre Open Data in Österreich bedeutet also, stolz auf einige Erfolge sein zu können, aber auch mit ebenso viel Kraft und Energie die Arbeit fortzusetzen. < Kommentar senden

10 www.kdz.eu/de/open-government-vorgehensmodell 11 www.rtr.at/de/m/medientransparenz 12 www.data.gv.at/veroeffentlichende-stellen/

MEILENSTEINE FÜNF JAHRE OPEN GOVERNMENT DATA IN ÖSTERREICH

Mai 2011 Stadt Wien veröffentlicht als erste deutschsprachige Verwaltung 30 Datensätze April 2012 Launch von data.gv.at Juli 2014 Launch von opendataportal.at Februar 2016 Launch von europeandataportal.eu

Juni 2011 Erste OGDKonferenz in Wien Juli 2011 Gründung der Cooperation OGD Austria November 2013 Launch von offenerhaushalt.at

Oktober 2014 Launch von lodpoilot.at

Mai 2016 5. OGD D-A-CH-LI Konferenz am 10. Mai 2016 in Berlin

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