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II Stabilitätspakt und Auswirkungen auf die Gemeindehaushalte

1 Österreichischer Stabilitätspakt 2012

Aufgrund der EU-Steuerungsarchitektur (Sixpack, Twopack und Fiskalpakt) erfolgte eine Anpassung des Österreichischen Stabilitätspaktes (ÖStP 2012), wobei dieser rückwirkend mit 01.01.2012 in Kraft getreten ist.

Struktureller Haushaltssaldo

Der Österreichische Stabilitätspakt verpflichtet die Gemeinden bis zum Jahr 2016 jährlich zu einem landesweise ausgeglichenen Haushalt. Dies gilt de facto auch künftig für das strukturelle Defizit ab dem Jahr 2017, in dem konjunkturelle Einflüsse bzw. Einmaleffekte herausgerechnet werden. Insgesamt wird der Richtwert für den strukturellen Saldo von -0,45 Prozent des BIP vereinbart. Die Verteilung auf Bund und Länder plus Gemeinden erfolgt im Verhältnis von -0,35 Prozent des BIP zu -0,1 Prozent des BIP. Für die Berechnung des strukturellen Haushaltssaldos sind neben den öffentlichen Haushalten auch jene Rechtsträger einzubeziehen, die dem Staat gemäß Europäischem System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) zuzurechnen sind. Ab dem Jahr 2017 werden Kontrollkonten zum strukturellen Saldo geführt. Ziel ist es, dass Österreich einen über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen gesamtstaatlichen Haushalt aufweist. Bis zum Jahr 2016, d.h. solange der Maastricht-Saldo die wesentliche Größe ist, sind keine Kontrollkonten vorgesehen. Für die Gemeinden erfolgt die Führung des Kontrollkontos durch das jeweilige Bundesland. Am Kontrollkonto werden alle Abweichungen der jeweiligen Gebietskörperschaft zum vereinbarten Anteil am strukturellen Haushaltssaldo als Belastung oder als Gutschrift verbucht und über die Jahre saldiert.

Ausgabenbremse

Die Ausgabenbremse beschränkt das zulässige Wachstum der Ausgaben. Demnach darf das jährliche Primärausgabenwachstum 3 nicht höher sein als die mittelfristige Potenzialwachstumsrate des BIP. Ausnahmen sind unter anderem dann möglich, wenn das mittelfristige Haushaltsziel (MTO) mehr als erreicht wurde oder die übersteigenden Ausgaben durch diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen kompensiert werden. Die Regelung gilt dabei für Bund, Länder und Gemeinden landesweise (jeweils einschließlich ausgegliederter Einheiten des Sektors Staat nach ESVG 2010). Zusätzlich zu den Regelungen des Österreichischen Stabilitätspaktes ist eine Richtlinie zur Ausgabenbremse in Arbeit bzw. in Verhandlung, ähnlich der bereits beschlossenen Richtlinie zum strukturellen Defizit. In der Richtlinie sollen einerseits die Berechnung der Ausgabenbremse genauer definiert und andererseits die damit verbundenen Sanktionen bei Nichteinhaltung erläutert werden. Für die Ermittlung des höchstzulässigen Wachstums der Ausgaben ist das mittelfristige Haushaltsziel (MTO) eine wesentliche Größe. Solange Österreich das mittelfristige Haushaltsziel – ein strukturelles Defizit von 0,45 Prozent des BIP – nicht erreicht hat, darf das jährliche

3 Die Primärausgaben beinhalten keine Zinszahlungen, keine Ausgaben für Unionsprogramme und keine nicht-diskretionären Änderungen der

Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung.

Wachstum der Ausgaben die mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums abzüglich einer Konvergenzmarge nicht übersteigen. Für Österreich beträgt die Konvergenzmarge derzeit einen Prozentpunkt. Hat Österreich das mittelfristige Haushaltsziel erreicht, dürfen die Ausgaben jährlich maximal um die mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums steigen, d.h. die Konvergenzmarge wird nicht mehr abgezogen. Das höchstzulässige Ausgabenwachstum darf jedoch dann überschritten werden, wenn die Gemeinde diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen setzt. Dies würde bedeuten, dass die höheren Ausgaben durch gesteigerte Einnahmen (aufgrund beschlossener Abgabenerhöhungen) ausgeglichen werden. Die Bestimmungen zur Ausgabenbremse sollen ab dem Jahr 2014, mit dem Vergleichsjahr 2013, in Kraft treten. Für die Ausgabenbremse sind keine Kontrollkonten vorgesehen, d.h. theoretisch könnte bereits bei der Verfehlung der Vorgaben in einem einzelnen Jahr ein Sanktionsverfahren eingeleitet werden.

Schuldenquotenanpassung

Die Schuldenquotenanpassung erfordert von den Gemeinden ihre öffentlichen Schulden in den nächsten Jahren jährlich zu reduzieren (von der Entwicklung/von den Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts abhängig), bis Österreich die 60 Prozent-Grenze erreicht hat. Die Rückführung von gesamtstaatlichen Schulden wird dabei dann als ausreichend betrachtet, wenn sich die Differenz zwischen 60 Prozent und der tatsächlichen Schuldenquote über die vergangenen drei Jahre durchschnittlich um 1/20 pro Jahr verringert. Für die Schuldenquotenanpassung sind keine Kontrollkonten vorgesehen. Der Pfad der Schuldenquotenanpassung ist fix vorgegeben, was zur Folge hat, dass bei einer Abweichung nach unten, d.h. die tatsächliche Schuldenquotenanpassung ist geringer als die Vorgabe, die Abweichung im Folgejahr zusätzlich zur ohnehin geplanten Anpassung berücksichtigt werden muss. Bei einer Abweichung nach oben, d.h. die tatsächliche Schuldenquotenanpassung ist höher als die Vorgabe, kann im darauffolgenden Jahr die Anpassung geringer ausfallen, da der Anpassungspfad bereits fixiert ist. Ein Inkrafttreten der Regelungen der Schuldenquotenanpassung ist erstmals für die Jahre 2014 bis 2016 geplant. Das Jahr 2014 stellt das erste Übergangsjahr dar, das Jahr 2016 das dritte. Die erste sanktionsrelevante Feststellung über die Schuldenquotenanpassung erfolgt mit der Beurteilung der Schuldenstände zum 31.12.2016 im Jahr 2017.

2 Wie weit werden die Vorgaben des Stabilitätspaktes erfüllt?

Maastricht-Saldo

Der Bundesektor konnte in den Jahren 2012 und 2013 die Vorgaben des Österreichischen Stabilitätspaktes mit -2,17 und -1,37 Prozent des BIP übererfüllen. Im Jahr 2014 war dies aufgrund der Belastung durch die Hypo Alpe Adria bzw. HETA nicht mehr möglich. In diesem Jahr wurde der Soll-Wert mit einem Defizit von -2,52 Prozent des BIP um 1,23 Prozentpunkte überschritten. Der Gesamteffekt der HETA-Gründung im Oktober 2014 auf den Bundessektor ist mit 4,5 Mrd. Euro bzw. 1,4 Prozent des BIP anzusetzen, d.h. ohne HETA hätte der Bundessektor auch im Jahr 2014 die Vorgabe erreicht.

Die Bundesländerebene (inkl. Wien) konnte zwischen 2012 und 2014 mit einem Defizit von -0,24 bis -0,02 Prozent des BIP die Soll-Werte von -0,54 bis -0,29 Prozent des BIP mehr als erfüllen. Ebenso war es der Gemeindeebene (ohne Wien) möglich, die Vorgabe eines ausgeglichenen Haushaltssaldos einzuhalten. Für die Jahre 2012 bis 2014 ist für die Gemeindeebene ein jährlicher Überschuss von 0,05 bis 0,06 Prozent des BIP zu verzeichnen.

Ausgabenbremse

Für die Berechnung der Ausgabenbremse ist zu berücksichtigen, dass sich die Daten nur auf die Gebarungsdaten der Gemeinden beziehen, d.h. Zahlen zu den reklassifizierten Einheiten sind darin aufgrund der aktuellen Datenlage nicht enthalten. Ebenso konnten keine diskretionären Maßnahmen berücksichtigt werden, da diese zum Zeitpunkt der Berechnung nicht vorgelegen sind.

Das nominelle Wachstum der Ausgaben beträgt für die Jahre 2012 und 2013 2,55 bzw. 2,27 Prozent des BIP. Unter Berücksichtigung der Inflation in Form des BIP-Deflator kann das reale jährliche Ausgabenwachstum errechnet werden. Das reale Ausgabenwachstum beträgt 0,35 Prozent des BIP für das Jahr 2012 und 0,66 Prozent des BIP für das Jahr 2013. Dieser Wert muss mit dem zulässigen jährlichen Ausgabenwachstum verglichen werden, um festzustellen ob die Ausgabenbremse eingehalten wurde oder nicht. Das zulässige jährliche Ausgabenwachstum ist davon abhängig, ob das mittelfristige Haushaltsziel (MTO) von derzeit -0,45 Prozent des BIP erreicht wird, d.h. liegt der tatsächliche strukturelle Haushaltssaldo unter oder über -0,45 Prozent des BIP. Wird das Haushaltsziel nicht erreicht – wie in den Jahren 2012 und 2013 – dürfen die Ausgaben nur um eine reduzierte Referenzrate steigen. Die Referenzrate – das potenzielle BIP-Wachstum – wird dabei um eine Konvergenzmarge von 1,0 Prozentpunkte reduziert. Daraus ergibt sich eine geringere Referenzrate von 0,1 Prozent. D.h. die Ausgaben hätten in den Jahren 2012 und 2013 real um nur 0,1 Prozent wachsen dürfen. Die österreichischen Gemeinden konnten dies in beiden Jahren nicht erfüllen. Im Jahr 2012 betrug das reale Wachstum 0,35 Prozent und die Abweichung 29,6 Mio. Euro bzw. 0,01 Prozent des BIP. Im Jahr 2013 beträgt das reale Ausgabenwachstum 0,66 Prozent und die Abweichung 68,7 Mio. Euro bzw. 0,02 Prozent des BIP.

Schuldenquotenanpassung

Der Bundessektor konnte sowohl 2013 als auch 2014 den Anpassungspfad nicht einhalten. 2013 lag die Abweichung bei 22 Mio. Euro und 2014 vor allem aufgrund der Hypo Alpe Adria bzw. HETA bei 15,5 Mrd. Euro. Die Auswirkungen der HETA auf den Schuldenstand betragen im Jahr 2014 13,4 Mrd. Euro bzw. 4,1 Prozent des BIP. Die Bundesländer (ohne Wien) und die Gemeindeebene (inkl. Wien) konnten in beiden Jahren dem Anpassungspfad folgen bzw. diesen überschreiten, während die Sozialversicherungsträger 2012 noch unter der Vorgabe waren und 2013 die Vorgabe übererfüllt haben. Für den Gesamtstaat ergibt sich mit einer Gesamtverschuldung von 80,9 Prozent des BIP im Jahr 2012 eine Übererfüllung des Anpassungspfads von einer Mrd. Euro. Im Jahr 2013 stieg die Verschuldung, zum größten Teil zurückzuführen auf die HETA, auf 84,5 Prozent des BIP. Der Anpassungspfad konnte dadurch nicht eingehalten werden und wurde mit rund 14,4 Mrd. Euro nicht erfüllt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Österreichische Stabilitätspakt investitionshemmend und haushaltskonsolidierend wirkt.

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