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Kirche für morgen e.V. Presse‐ & Öffentlichkeitsarbeit Michael Josupeit Tel. +0049 (0)160 21 26 428 Mail presse(at)kirchefuermorgen.de www.kirchefuermorgen.de 22.11.2010 Seite 1/3 Pressemitteilung Antwort auf den Bischofsbericht zur Herbstsynode 2010 Synodaler Markus Brenner (Kirche für morgen) Sehr geehrter Herr Landesbischof, Sehr geehrte Präsidentin, Hohe Synode »Auf den Weg geschickt« überschreiben Sie Ihren Bericht; Ihren Beitrag. Und Sie nehmen das Jahr 2030 in den Blick. Es gibt fast kein Thema, das in diesem Beitrag nicht angeschnitten wird. Von A wie Aufgaben der Landeskirche bis Z wie Zukunft der kirchlichen Strukturen, Finanzen und Immobilien. Respekt – über fast 20 Seiten: Altes bewahren, Gegensätzliches aufheben und Neues wagen. Aber – es gibt nichts Altes, was wirklich in Frage gestellt wird, es gibt aber lei‐ der auch wenig Neues, was wirklich angeregt oder gar gefordert wird. Ich will es mal wagen, offen anzusprechen: Uns erscheint Ihr Bericht sehr ge‐ ehrter Herr Landesbischof, etwas zu ausgewogen – wenn man Anstöße geben will, muss man auch anstößig sein. Sonst schmeckt es ein wenig wie Pflaumen‐ kuchen ohne Pflaumen... Wenn wir Christen »auf den Weg geschickt« sind, dann geht es darum, zu‐ nächst mal wahrzunehmen, wie die Welt im Jahr 2030 aussehen wird. Und da reicht eine binnenkirchliche Perspektive auf die unterschiedlichen Berufsgrup‐ pen und von den Haupt und Ehrenamtlichen in der Kirche her nicht mehr aus. Und Apropos, Ihre Gedanken zu den »Menschen die zur Kirche gehören«: Wir würden gerne mal über die Menschen lesen, die nicht mehr in der Kirche sind. Warum verlassen gute Mitarbeiter, engagierte Christen, ganze Familien das landeskirchliche Gemeindeschiff und treiben alleine im Ozean des Lebens oder heuern an einer freikirchlichen Barkasse an?


Schreiben vom 22.11.2010

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Halten unsere Kapitäne vielleicht zu oft die Hebel: »Volle Kraft voraus« und »Maschinen halt« gleichzeitig gedrückt? Wie Sie selber sagen, haben wir gewiss noch gewaltige Hausaufgaben vor und. Wenn wir von »Kirche für morgen« an die Kirche 2030 denken, dann muss – und das ist unse‐ re erste Perspektive ein Ziel dabei klar sein – der Weg von einer Versorgungs‐ zu einer Beteili‐ gungskirche auf allen Ebenen muss auch in der kirchlichen Gesetzgebung, auch in den kirchli‐ chen Ämtern, auch in den Finanzen gegangen werden. Das ist für uns die eine Zielrichtung, die in den Blick kommen muss. Die Debatte um Stuttgart21 zeigt dies sehr deutlich. Die mündigen Bürger, auch die mündigen Kirchenmitglieder wünschen mehr Mitsprache, Mitgestaltung und Mitverantwortung. Das ha‐ ben Sie in Ihrem Beitrag auch deutlich gesagt. In meinen Alpträumen klettern schon aufgebrachte, mitdenkende Kirchensteuerzahler über den Bauzaun von Birkach21 und fordern einen verantwortungsvolleren Umgang mit den Fi‐ nanzen... Das protestantische Priestertum aller Gläubigen weist hier den Weg zu einer Kirche, in der nicht nur davon gesprochen wird, dass zwischen Pfarrer und Ehrenamtlichen »keine Hierar‐ chie« (B1.I) bestünde und behauptet wird, »Wir teilen Verantwortung«(B1.IV) sondern dies dann auch in den Strukturen so umgesetzt wird ‐vom Pfarrstellenbesetzungsgesetz bis zur Frage der Gottesdienstverantwortung (B2.I.1) und die Delegation des Verkündigungsauftrages (B2.I.). So freuen wir uns auf die Gesetzentwürfe, die Aufgrund Ihres Berichtes in die Landes‐ synode eingebracht werden, um der Dienstgemeinschaft den rechtlichen Rahmen, um ihr eine Struktur zu geben. »Die evangelische Landeskirche ist Volkskirche« (B2.I) sagen Sie und wir »Zitronen« unterstüt‐ zen das sehr. In diesem Zusammenhang begrüßen wir auch die Anstrengungen der Landeskir‐ che im Bereich des Freiwilligenmanagement und hoffen, dass hier die Mittel und Stellen für die 2. Erprobungsphase zeitnah bewilligt werden. In einer Beteiligungskirche können auch alternative Finanzierungen wachsen. So würde genau das, was Sie lobend erwähnen, unterstützt und letztlich dazu führen, dass in Zukunft eher mehr als weniger Stellen finanziert werden können. Und solange wir immer noch an der Geißel der Kirchensteuer hängen, werden wir immer öfter und immer schmerzhafter unzählige Sparrunden hinter uns bringen müssen. Ganz nach dem Motto: Achtung – das Licht am Ende des Tunnels... wird aus wirtschaftlichen Gründen abge‐ schaltet. Die Kirche von Morgen, die wir doch alle gerne sein wollen, muss nicht nur Nachdenken, son‐ dern auch mal Vordenken, auch mal Querdenken. »Alles Gute kommt von unten, weil Wachs‐ tum immer von unten kommt«, und wir müssen und sollen solche Basisbewegungen fördern und unterstützen. Und eine zweite Perspektive ist wichtig, wenn wir das Jahr 2030 in den Blick nehmen. Es geht nun aber wörtlich darum, was Ihre Überschrift »Auf den Weg geschickt…« beinhaltet. Wir ha‐ ben gesucht – und sind dankbar, was Sie im Abschnitt »Kirche am anderen Ort« sagen – wie darin ein Auftrag an die Kirche neu formuliert wird: Nämlich hinzugehen in die Lebenswelten, in die Lebenswirklichkeiten der Menschen in unserer Gesellschaft. Leider haben wir da nur


Schreiben vom 22.11.2010

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sehr wenig gefunden. Eine Kirche, die fast nur noch die Menschen zum Kommen auffordert, eine Kirche, die fast nur noch eine Veranstaltungskirche ist, ist eben nicht »auf dem Weg«. WIE sind wir als Kirche im Jahr 2030 bei den Menschen präsent und damit für die Welt so von Bedeutung, dass in ihr etwas vom Reich Gottes spürbar und erlebbar wird, das ist die ent‐ scheidende Frage. Und deshalb ist z.B. unsere Präsenz in den Schulen so wichtig. Und da macht es sich nicht gut, wenn gerade bei den Religionspädagogen gespart wird, wenn Schulseelsorge ein großes Schlagwort, aber mit kleinem Budget ist. Wir müssen dem Volk aufs Maul schauen, d.h. wahrnehmen, wie die Menschen reden, was sie beschäftigt, aber auch welche Musik für sie beheimatend ist. Wir von Kirche für morgen un‐ terstützen ausdrücklich ihren Wunsch »dass sich alle … musikalische Richtungen … in unserer Kirche beheimaten«. Aber dann müssen wir auch sagen, dass wir hier rigoros umsteuern müs‐ sen – in der Ausbildung der Kantoren und der Zuweisung der Gelder – weder Posaunen‐ noch Gospelchöre und schon gar nicht Lobpreisbands werden auch annähernd so durch Ausbildung und Finanzen gefördert, wie dies der klassischen Orgelmusik zugutekommt. Und, liebe Synodale, wir können doch nicht ernsthaft nächstes Jahr über die Musik debattie‐ ren und dort unseren Schwerpunkt setzen und dies ohne eine ganze Personengruppe die bei uns gar nicht vorhanden ist! Deshalb ein großes Dankeschön, dass Viele unseren Antrag auf Zuwahl von Jugendsynodalen unterstützen. Wir müssen neu zu einer hingehenden Kirche werden, die den Menschen aufs Maul schaut, die die Nöte und den Gestaltungswillen der Menschen ernst nimmt, die, weil sie wachsen will, auch Altes sterben lassen kann. Die solche Gottesdienste feiert, dass sie Menschen in unter‐ schiedlichen Lebenswelten erreicht, und die die weltweite Kirche nicht nur als eine solche wahrnimmt, der wir etwas zu geben haben, sondern auch, was wir von Kirchen in anderen Ländern, anderer Konfessionen lernen können. Wir würden uns freuen, wenn Sie die Einal‐ dung nach England annehmen. Nur so entsteht Partnerschaft – und die wünschen wir uns als Kirche für morgen. Auch wünschen wir uns: Eine wirklich gelebte, gewollte und gestaltete Partnerschaft zwischen Haupt‐und Ehrenamtlichen, eine kommunikationsliebende Kirchenleitung, eine milieuüber‐ greifende Vernetzung von Gemeinden und Sonderdiensten, ein Gottesdienst für jedes Ge‐ meindeglied in »erreichbarer« Nähe ( Bravo... ), eine dringende Weiterführung des Priorisie‐ rungprozesses unserer Klausurtagung bei der Frühjahrsynode – quasi kein Punkt nach Ihrer Rede heute, sondern ein Doppelpunkt! Eine auf Gottes Visionen hörende Kirche, ein hoff‐ nungsvolles EntgegeTRETEN des Ressourcen‐Rückgangs‐Gejammers, ein Suchen nach dem ei‐ nen verloren Schaf... Das ist unsere Aufgabe als Synode, aber auch des Oberkirchenrats – hierfür die finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen zu schaffen … auf diesen Weg sind wir geschickt! Kirche hat nicht den Auftrag die Welt zu verändern, wo die Kirche aber ihren Auftrag, ihre Herausforderung erfüllt, da verändert sich die Welt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


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