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Stuttgarter Zeitung Neue Fraktion fürs Kirchenparlament STUTTGART. Kurz vor der Wahl des Landesbischofs hat sich in Württemberg eine neue evangelische "Kirchenpartei'' gegründet. Sie verlangt, dass Lebensweltgemeinden entstehen, Führungsämter befristet werden und der Bischof künftig direkt gewählt wird. Von Michael Trauthig Das Debakel der vergangenen beiden Bischofswahlen hat die Initiatoren der Gruppe auf den Plan gerufen. Jeweils waren die zunächst im Kirchenparlament angetretenen Kandidaten für das Amt des württembergischen Oberhirten gescheitert. Später wurde ein "Konsensbewerber'' ausgeguckt und gekürt. Das soll jetzt auch am Mittwoch geschehen. "Das ist die dritte Bischofswahl, die schief läuft'', sagt Friedemann Stöffler von der neuen Initiative "Kirche für morgen''. Das Drama einer erst geplatzten und dann ausgekungelten Wahl sei ein Symbol für die verkrusteten Strukturen der Landeskirche. Diese alten Fronten will die Initiative aufbrechen. Sie ist am Wochenende gegründet worden und tritt im November bei den Wahlen zur Landessynode an. Das Programm der Initiative bedeutet "eine kleine Revolution'', sagt der Vorsitzende Reinhold Krebs. Völlig neu sei etwa die Forderung nach "Lebensweltgemeinden''. Diese sollen sich am Alltag bestimmter Zielgruppen wie etwa Jugendlicher oder Arbeiter orientieren und entsprechende Gottesdienste anbieten. Daneben verlangt die Gruppe, Hierarchien abzubauen. Leitungsämter sollen auf sieben Jahre befristet werden. Die Position der Laien sei zu stärken. Sie könnten klassische Aufgaben des Pfarrers wie Predigt und Geschäftsführung übernehmen. Basisdemokratische Elemente sollen eingeführt werden. Künftig könnten Gemeindeversammlungen Entscheidungen in einer Pfarrei treffen. Überdies soll das Wahlalter für Synodal- und Gemeinderatswahlen gesenkt werden. "Wir hoffen, einen Aufbruch zu starten'', sagt Stöffler. Allerdings stecke man sich ein bescheidenes Wahlziel: Fünf der rund 100 Mandate im Kirchenparlament sollen erobert werden.


Stuttgarter Nachrichten "Nicht links, nicht rechts, sondern vorn'' Die neu gegründete Initiative "Kirche für Morgen'' will Bewegung in die Landeskirche bringen Stuttgart - Nicht rechts oder links, sondern vorn, so lautet die Devise, mit der eine neue kirchliche Initiative bei den evangelischen Kirchenwahlen im Herbst antreten will. VON MARIA WETZEL Der Treffpunkt ist nicht zufällig gewählt - und auch nicht der Zeitpunkt: "Mit dem Flughafen verbinden wir Aufbruch, hier pulsiert das Leben. Und hier haben wir den Himmel im Blick'', sagt Annedore Beck, eine von neun, die am Montag zum Stuttgarter Airport gekommen sind, um die "Kirche für Morgen'' vorzustellen. Am Wochenende haben 30 Männer und Frauen viele engagiert in der kirchlichen Jugendarbeit, vor allem im Christlichen Verein Junger Menschen und im Evangelischen Jugendwerk (EJW) - in Herrenberg die Initiative gegründet, die mehr Bewegung in die württembergische Landeskirche bringen soll. Dass sie sich drei Tage vor der Wahl des Landesbischofs der Öffentlichkeit vorstellen, unterstreicht ihr Anliegen: "An dieser Wahl zeigt sich, wie schwer sich die drei Gesprächskreise in der Landeskirche tun, ihre Kräfte zu bündeln'', sagt EJW-Landesreferent Friedemann Stöffler. Im November war die Wahl gescheitert, weil keiner der drei Bewerber die nötige Zweidrittelmehrheit des Wahlgremiums erhalten habe. Ginge es nach der neuen Initiative, würde der Bischof ohnehin vom Kirchenvolk gewählt, sagt Reinhold Krebs, ebenfalls Landesreferent im EJW und Vorsitzender von Kirche für morgen. Alle Leitungsaufgaben vom Dekan bis zum Bischof würden auf sieben Jahre beschränkt. Die Ehrenamtlichen erhielten mehr Befugnisse, und neben den herkömmlichen Gemeinden könnten sich auch so genannte Lebensweltgemeinden bilden, die jeweils "einen Ausschnitt der Gesellschaft'' erreichen. Das seien aber "keine frommen Nischen wie die Richtungsgemeinden, sondern offene Angebote'', so Krebs. Die Gruppe sei unabhängig von Gesprächskreisen und charismatischen Bewegungen. Als Zielgruppe sieht die Initiative vor allem Nicht- und Erstwähler, insbesondere also die junge Generation. Interesse gebe es aber auch bei Mitgliedern aus allen drei Gesprächskreisen in der Landeskirche, die die Alternativen politisch oder missionarisch, bekenntnistreu oder modern für überholt hielten. Wie die Grünen das Thema Umwelt vorangebracht hätten, so wolle ihre Initiative die Öffnung der Kirche fördern, so Beck. Bisher wollen zehn Mitglieder für die Synode kandidieren. Die Initiative rechnet bis November aber mit weiteren Bewerbern.


Heilbronner Stimme Eine moderne Kirche für das dritte Jahrtausend Von Gernot Stegert Neue Initiative in der Evangelischen Landeskirche Württemberg will radikale Reformen - "Kirche für morgen" als Verein gegründet Eine Kirche mitten im Alltagsleben der Menschen, eine Kirche für junge Leute, eine Kirche ohne Hierarchie - das und mehr will die "Kirche für morgen". Die neue Gruppierung in der Evangelischen Landeskirche Württemberg möchte nicht weniger als eine radikale Reform. 27 Gründungsmitglieder haben in Herrenberg die "Kirche für morgen" aus der Taufe gehoben. Der eingetragene Verein tritt zunächst einmal als Initiative zur Kirchenwahl im Herbst an, bisher in zehn von 26 Wahlbezirken. Weitere sollen folgen, sobald geeignete Kandidaten zur Verfügung stehen. Am Montag nun präsentierte die Initiative sich am Stuttgarter Flughafen erstmals der Öffentlichkeit. Der Ort war symbolträchtig gewählt. "Er steht für Aufbruch zu Neuem genauso wie für Abschied von Altem", erläuterte Annedore Beck aus dem Leitungskreis. Und der Ort stehe dafür, dass man zu den Menschen in den Alltag gehen wolle. Doch wie soll die "Kirche für morgen" aussehen? Das Wahlprogramm zum Namen enthält sechs Punkte, die auf Papier in Lachsrosa freundlich formuliert sind, es aber in sich haben. Würden sie verwirklicht, wäre die evangelische Landeskirche eine andere. 1. "Kirche für morgen ist nah an den Menschen": Gemeinden in einer Stadt sollen als so genannte Lebenswelt-Gemeinden auf Menschen zugehen, heraus aus ihrem "kulturellen Getto", so der Vorsitzende Reinhold Krebs. Und sie sollen jeweils ein eigenes Profil bilden. Die Menschen sollen sich aussuchen können, wo sie zugehören wollen. Mitgliedschaft geschieht also nicht mehr automatisch nach Wohnort und Hausnummer. Damit würde die "heilige Kuh " der Parochialgemeinde geschlachtet. 2. " Kirche für morgen macht Ernst mit dem Priestertum aller Gläubigen": Die Ehrenamtlichen sollen nicht Lückenbüßer sein, sondern mehr Aufgaben, Kompetenzen und Gestaltungsfreiheit erhalten. Ziel ist, "vom Ein-Pfarrer-System zur gabenorientierten Teamstruktur" zu gelangen, wie es sich im Neuen Testament findet. Auch sollen neue Zellstrukturen (etwa in Hauskreisen) Kirche erlebbar machen. 3. "Kirche für morgen baut eine Kirche von unten auf": Wie in freikirchlichen Gemeinden soll eine Gemeindeversammlung basisdemokratisch über wichtige Dinge vor Ort entscheiden. "Die überörtliche Kirchenleitung soll dienend und nicht bestimmend geschehen", heißt es im Programm. Und der Bischof soll direkt gewählt werden. 4. "Kirche für morgen schafft Raum für die nächste Generation ": Einige Mitglieder der Initiative kommen aus der Jugendarbeit, was erkennbare Spuren im Programm hinterlassen hat. So sollen sich vor allem Gottesdienste für die Jugendkultur öffnen. Auch fordert die "Kirche für morgen" mehr Geld für die Jugendarbeit und ein Wahlrecht für alle Konfirmierten, also nicht erst ab 16 Jahren. 5. " Kirche für morgen plant einen profiliert christlichen Lebensstil": Politisch wolle man sein, aber nicht durch Verlautbarungen, sondern durch Vorbild. Diakonie müsse von verselbstständigten Einrichtungen wieder mehr an die Gemeinden angebunden werden. 6. "Kirche für morgen will den Aufbruch nach vorne": An die Stelle von Kirchen-Jubiläen sollen Zukunftswerkstätten treten. Diese sollen vor keiner Frage halt machen. Auch über die Kirchensteuer und alternative Modelle der Finanzierung müsse diskutiert werden. Mitglied Friedemann Stöffler spricht gar von der " babylonischen Gefangenschaft der Kirche durch den Kirchensteuereinzug", weil dieser Veränderungen bremse.


"Kirche für morgen" will bei der Wahl vor allem bisherige Nichtwähler, von der Kirche Enttäuschte und junge Erstwähler ansprechen. Stöffler: "Die Alternativen von rechts und links, bekenntnistreu und modern, missionarisch und politisch sind alt und falsch. Wir wollen die Kräfte bündeln, die Veränderung wollen. " Eine neue Kirche zu gründen, das kam für den Verein nicht in Frage. "Die Volkskirche hat genügend Potenzial", so Stöffler. "Wir wollen nicht in eine fromme Nische."

Dazu der Kommentar der Heilbronner Stimme "Ansprechend“ Eine neue Initiative will eine "Kirche für morgen" Von Gernot Stegert Ein Häuflein alter Menschen sitzt auf kalten und harten Kirchenbänken, lässt langweilige Predigten über sich ergehen, und verkrustete Strukturen verhindern, dass sich daran etwas ändert. Dieses Bild haben viele Menschen von Kirche und Gottesdienst. Das Bild wird der Praxis und der Mühe vieler Engagierter gewiss nicht gerecht. Aber mehr als ein Körnchen Wahrheit enthält es eben doch. Das sehen auch all die so, die jetzt die Initiative "Kirche für morgen " in der Württembergischen Landeskirche gegründet haben. Sie kennen ihre Kirche von innen. Und sie verzweifeln nahezu an ihr. Die Gründungsmitglieder sind keine forschen Revoluzzer, sondern von der Liebe zu den Menschen und auch ihrer Kirche Motivierte. Sie haben in Modellprojekten gesehen, dass Kirche und ihre Botschaft nichts Veraltetes sein muss, sondern die Menschen des dritten Jahrtausend ansprechen kann. Der Versuch, aus einem kulturellen Getto herauszukommen, Menschen in ihrem Alltag zu erreichen, unterschiedliche Gemeindeprofile zuzulassen, basisdemokratische Strukturen zu stärken - all das findet sich in einschlägiger Literatur schon lange als Empfehlung. Ob durch eine bisher kleine Schar nun aus der Theorie tatsächlich Wirklichkeit wird, bleibt skeptisch abzuwarten. Zu wünschen wäre es - der Initiative und vor allem der Kirche.


Evang. Gemeindeblatt für Württemberg "Lebenswelt-Gemeinden" für die Zukunft "Kirche für morgen" stellte ihr Programm für die Wahlen vor Eine dynamische, lebensnahe und aufbruchsorientierte Kirche ist das Ziel der Initiative "Kirche für morgen", die als vierte Gruppierung bei den Synodalwahlen im November antreten will - zumindest dort, wo sie Kandidaten findet. Der gleichnamige Verein wurde am 9. Februar offiziell gegründet und stellte sich am 12. Februar bei einem Pressegespräch auf dem Stuttgarter Flughafen der Öffentlichkeit vor. Der Vorsitzende Reinhold Krebs, Jugendreferent im Evangelischen Jugendwerk Württemberg, wandte sich gegen die "überholten falschen Alternativen: Wir sind nicht rechts und nicht links, wir sind vorne." Zum Programm der Initiative zählt die Gründung so genannter "Lebenswelt-Gemeinden". Es gelte ,,die Lebenswelt und Lebenskultur der Menschen ernstzunehmen." Die Gruppe schlägt außerdem vor: Mehr Kompetenzen für Ehrenamtliche, Mitsprache auch von Nicht-Kirchengemeinderäten in den Gemeinden, die Direktwahl des Bischofs, die Öffnung der Kirchen für die Jugendkultur, einen profiliert christlichen Lebensstil. Eine glaubwürdige Kirche sei auch politisch, allerdings weniger in Verlautbarungen als im glaubwürdigen Handeln. Kirche für morgen, 70567 Stuttgart, Fleischhauerstraße 32, Telefon 0711- 7 18 97 05,


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