Zitronenfalter 1-2011

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1.2011

www.kirchefuermorgen.de

10 Jahre Kirche für morgen

Ausblick - Jürgen Moltmann über die Kirche der Zukunft

Blick zurück nach vorn

www.kirchefuermorgen.de

Weitblick

Ausblick

Rückblick

Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft gratulieren kfm zum 10. Geburtstag

Jürgen Moltmann über die Kirche der Zukunft

Die Geburt der Zitrone – wie kfm entstanden ist


10 Jahre kfm

Liebe Leserinnen und Leser,

Editorial/Impressum

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Ein Traum von Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3 vor zwölf Jahren haben sich zwei kreative Köpfe mit ihren Ideen gegenseitig befruchtet. Auch wenn es etwas mehr als neun Monate dauerte – aus der Befruchtung wurde eine Schwangerschaft und im Februar 2001 wurde sie „geboren“: Kirche für morgen – die neue kirchenpolitische Kraft in Württemberg. Nicht weniger als eine „Initiative zur Reform der Evangelischen Kirche in Württemberg“ sollte sie werden. (Mehr „Märchenhaftes“ über diese Geburt finden Sie auf der letzten Seite dieser Ausgabe). Und wie das halt so ist mit dem neugeborenen Nachwuchs: Er meldet sich, wenn ihm etwas nicht passt – und Kirche für morgen hat oft lautstark das Wort ergriffen. Wie das aussah? Lesen Sie selbst: Auf S. 14-15 erzählen die beiden „kreativen Köpfe“ einiges zur Entstehungsgeschichte von kfm. Frisch, fromm, fröhlich, frei – so sieht Kirche für morgen auch nach 10 Jahren noch aus. Aber anstatt mit verklärtem Blick in der Vergangenheit zu verharren, wollen wir es machen wie ein Diskuswerfer: Die Wendung nach hinten dient dazu, den notwendigen Schwung für den Wurf nach vorne zu bekommen. Deshalb richten wir mit dieser Jubiläumsausgabe des Zitronenfalters einen Blick zurück nach vorn. Einen Blick zurück können Sie auf S. 10-13 werfen: 10 Jahre „Zitronenpresse“, liebevoll und spritzig aufbereitet. Den Blick nach vorn wagen wir gleich mehrfach: Wie sieht eine „Kirche 2030“ aus, die zentrale Anliegen von Kirche für morgen umgesetzt hat? Über diesen Traum von Kirche erzählt unser Vorsitzender Friedemann Stöffler auf S. 3-4. Dass dieser Blick in die Zukunft keine Schaumschlägerei ist, sondern seinen theologischen Grund hat, darüber schreibt Prof. Dr. Jürgen Moltmann. Er fragt nach der „wahren Zukunft“ der Gemeinde, konkret: „Wie wird aus einem Kirchenbezirk oder einer Seelsorgeeinheit eine selbständige Gemeinde, die ihre eigenen Dinge selbst in die Hand nimmt? Wie wird aus der Kirche ‚für das Volk’ eine Kirche ‚des Volkes’?“ Seine Antworten – und was das alles mit dem Verhältnis von sogenannten „Laien“ und „Pfarrern“ zu tun, lesen Sie auf S. 8-9. Eine erfrischende Lektüre wünscht Ihnen Ihr

Markus Haag, 2. Vorsitzender von Kirche für morgen

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kfm-Positionslicht

Blick zurück nach vorn –

kfm-Positionslicht

Ein Traum von Kirche Friedemann Stöffler, Vorsitzender von Kirche für morgen, träumt davon, wie sich die württembergische Landeskirche im Jahr 2030 darstellen könnte.

10 Jahre kfm Für eine Erneuerung der Kirche

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Persönlichkeiten über kfm

Zitronen über Zitronen

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Was Mitglieder zu kfm sagen

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Kirche für morgen Die Kirche und ihre Zukunft . . . . . . . . . . . Seite 8 Ein Statement von Jürgen Moltmann

Blick zurück nach vorn 10 Jahre Zitronenpresse . . . . . . . . . . . . . Seite 10 Aktionen und Reaktionen

Die Geburt der Zitrone . . . . . . . . . . . . . . . Seite 14 Die Entstehungsgeschichte von kfm

Bausteine Sich regen bringt Segen . . . . . . . . . . . . . Seite 16 Zitronengelbe Gemeindearbeit

Blick hinter die Kulissen Wer steckt hinter kfm? . . . . . . . . . . . . . . . Seite 18 Der Leitungskreis und das Zitronenfalter-Redaktionsteam

Blick in die Synode Zitronenfrische in der Landessynode . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 20 Die sieben Synodalen von kfm

Blick nach vorn Und was sollte kfm noch anpacken? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 22 Gedanken von „außen“

Zu guter Letzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 24 Impressum Der Zitronenfalter wird herausgegeben von Kirche für morgen e.V., Am Auchtberg 1, 72202 Nagold Fon: 0700-36693669 Fax: 07071 959 356 info@kirchefuermorgen.de, www.kirchefuermorgen.de Erscheinungsweise 3 x jährlich. Bestellung (auch weitere Exemplare) bei der Geschäftsstelle. Die Zusendung ist kostenlos. Bankverbindung EKK Stuttgart, BLZ 520 604 10, Konto 419 435 Wir danken allen, die durch ihre Spende die kostenlose Weitergabe des Zitronenfalters ermöglichen. Redaktionsteam Marc Stippich, Steinenbronn; (ViSdP) Claudia Bieneck, Malmsheim; Pina Gräber-Haag, Gronau; Markus Haag, Gronau; Tabea Hieber, Markgröningen; Dr. Heiko Hörnicke, Stuttgart; Thomas Hofmann-Dieterich, Haigerloch; Cornelia Kohler, Ostfildern; Werner Lindner, Winnenden; Gerhard Müller, Sigmaringen; Johannes Stahl, Eschenbach; Karlfriedrich Schaller, Tübingen. Layout: AlberDESIGN, Filderstadt Druck: Druck + Medien Zipperlen GmbH, Dornstadt Versand: Tobias und Magdalene Zipperlen, Weissach Redaktionsadresse: redaktion@kirchefuermorgen.de und über die Geschäftsstelle Anzeigenpreise: lindner-service@gmx.de, FAX: 07195-979759 Anzeigenenschluss für die nächste Nummer: 11. 02. 2011 Bildnachweis Titel: IKO©Fotolia.com

Durch klare Schritte der Reformation hat sich die Kirche in Württemberg gewandelt: Während 2010 die meisten Menschen mit dem Begriff „Kirche“ vor allem Pfarrer und Kirchengebäude assoziiert haben, rückt nun Kirche als Bewegung von mündigen, dynamischen Gemeinden und Gemeinschaften als Leib Christi in den Blick. Während 2010 die Kirche sich fast ausschließlich über Kirchensteuer finanzierte, ist nun eine gleich starke zweite Säule mit freiwilligen Gaben entstanden, die durch Kirchensteuermittel verdoppelt wird. Während 2010 Kirche sich meist als „Hauptamtlichenkirche“ darstellte und es vor allem darum ging, wie Ehrenamtliche die Hauptamtlichen, insbesondere Pfarrer in ihrem Dienst unterstützen können, hat sich nun ein vollkommener Mentalitätswandel vollzogen: Hauptamtliche sehen ihre Hauptaufgabe darin, Ehrenamtliche zu befähigen, selbst Kirche und Gemeinde zu gestalten. Die Gemeinden wählen ihre Pfarrer frei und direkt.

Der Oberkirchenrat ermutigt Hausgruppen und Kreise, sich am urgemeindlichen Beispiel zu orientieren und das Abendmahl in den Häusern zu feiern. Es gibt eine Vielfalt von Gottesdienstzeiten sowie Gottesdienstformen mit unterschiedlichen Zielgruppen, Schwerpunkten und Musikstilen. Dass NichtTheologen die Predigt in einem Gottesdienst übernehmen – begleitet und unterstützt von Pfarrerinnen und Pfarrern – ist selbstverständlich geworden. Kantorinnen und Kantoren unterstützen Bands, Gospelchöre und Lobpreisgruppen genauso wie klassische Orgelmusik und Kantoreien. Kirche ist für alle spirituell und religiös suchenden Menschen – auch jene ohne kirchliche Sozialisation – ein wichtiger Gesprächspartner und Anstoßgeber zum Wagnis des Glaubens geworden. Gottesdienste werden immer mehr von solchen Menschen aufgesucht. Die Zahl der Neu-Eintritte ist größer als die Zahl derer, die in die Kirche hineingeboren werden.

Kirche als Bewegung von mündigen, dynamischen Gemeinden und Gemeinschaften.

Die Gemeinden wählen ihre Pfarrer frei und direkt.

Der Oberkirchenrat fühlt sich nicht mehr als „Kirchenleitung“, sondern vernetzt und unterstützt, berät und ermutigt die Gemeinden vor Ort. Eine neue demokratische Mitwirkungskultur hat sich herausgebildet. Während 2010 noch darüber diskutiert wurde, wie und ob Tauferinnerung mit Untertauchen geschehen darf, hat sich der Schwerpunkt hin zur Erwachsenentaufe verlagert. Es gibt inzwischen ganz selbstverständlich vielfältige Formen der Taufe und Tauferinnerung mit und ohne Untertauchen.

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Editorial & Inhaltsverzeichnis


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„Wir fallen d en Schönre dnern ins W machen wo ort, die uns llen, dass a weisll es ist. Wir wen den uns abe so bleiben kann, wie e s r auch gege das keinen n das Jamm Willen zur V ern, eränderung erkennen lä sst.“ (Aus dem ersten kf

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Selbstverständlich wählt jeder frei seine Gemeinde. Lebensweltgemeinden werden von bestehenden „Parochiegemeinden“ nicht bekämpft, sondern unterstützt und finanziert. So sind Gemeinden mit unterschiedlichem Profil auf vielfältige Weise miteinander vernetzt. Wenn man erzählt, dass man sich 2011 zwar umgemeinden lassen konnte, aber weiterhin alle finanziellen Mittel an die alte Gemeinde flossen, kann man das fast nicht glauben.

Kirche mehr von unten gestalten als von oben verwalten.

Die Kirche hat in der Gesellschaft eine wichtige Stimme – von allen gehört und von vielen ernst genommen. Sie engagiert sich für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung im Sinne der Bergpredigt. Das Kennzeichen der Kirche ist, dass Gemeinschaften in unserer Kirche dies selbst in vielfältiger Weise als „Stadt auf dem Berge“ vorleben und umsetzen. Es ist selbstverständlich geworden, dass Menschen in prekären Situationen zur Kirche gehören, sich dort einbringen können und ihnen geholfen wird. Kirchliche Jugendarbeit gestaltet flächendeckend Ganztagesschulen mit. Der Religionsunterricht wird selbstverständlich konfessionell-kooperativ gegeben und ist gefragt. Es gibt mehr evangelische Schulen, die wegen ihres Profils, ihrer Wertevermittlung und ihrer Atmosphäre äußerst gefragt sind. Kirche ist selbst so vielfältig geworden, dass Charismatiker, Pietisten, Hochkirchliche und politisch Engagierte gerne und mit Überzeugung zur Kirche gehören, ja sich gegenseitig wertschätzen und als Bereicherung erleben. Die Vernetzung mit der katholischen Kirche und einer Vielzahl an Freikirchen ist zur Selbstverständlichkeit geworden.

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10 Jahre kfm Kirche für morgen setzt sich dafür ein, dass dies Realität werden kann: dass Kirche mehr von unten gestaltet als von oben verwaltet wird. dass Kirche von einer „Kirche für das Volk“ zu einer „Kirche des Volkes“ wird (Jürgen Moltmann, S. 8), von einer Betreuungskirche zu einer Beteiligungskirche. dass wir vom Jammern um das ImmerWeniger wegkommen und hoffnungsvoll und mutig im Heute Schritte gehen zu einer „Kirche für morgen“. dass wir aus alten Denkschemata zwischen rechts und links, fundamentalistisch und liberal, fromm und politisch ausbrechen und mutig miteinander eine Kirche gestalten, die in versöhnter Vielfalt Raum zur Erfahrung und Gestaltung des Glaubens und Lebens eröffnet. dass wir getrost sagen können – nicht weil wir auf uns vertrauen, sondern auf den Herrn der Kirche, Jesus Christus: Kirche? – Das Beste kommt noch!

Für eine Erneuerung der Kirche Wir haben Verantwortliche in Kirche und Gesellschaft gefragt, was sie an Kirche für morgen schätzen und was sie in Zukunft von ihr erwarten. Neun Statements zu 10 Jahren kfm.

Dr. h.c. Frank Otfried July, Landesbischof

Kirche für morgen hat Fragen zum Leben und zur Gestaltung der Kirche neu aus eigenen Perspektiven gestellt und teilweise erfrischende Antworten vorgelegt. Scheinbar unverrückbare Trennlinien, die in unserer Landeskirche viele Jahre das Aufeinanderhören schwer gemacht haben, sind in den letzten Jahren aufgelöst worden. Wir dürfen dabei in der Kirche nicht den Blick und dann den Weg in die Gesellschaft vergessen. Die Kirche für morgen wird die Kirche von heute nicht vergessen und deshalb das Evangelium von Jesus Christus mit anderen Tag für Tag durchbuchstabieren. Dafür wünsche ich einen langen Atem und Gottes Geleit.

Prof. Dr. Jörg Knoblauch, Unternehmer, Giengen

Was mich an Kirche für morgen von der ersten Minute an fasziniert hat, ist der Ideenreichtum für eine Erneuerung der Kirche. Dabei geht es sowohl um die Hoffnung für Menschen in unserer Gesellschaft, die bisher noch nichts mit Kirche zu tun haben, als auch um die Hoffnung für unsere württembergische Landeskirche. Kirche für morgen hat sich hier als Bindeglied und Anstifter für wichtige Diskussionen erwiesen. Ein konstruktiver Mahner, der nicht Ruhe gibt und Veränderungen immer wieder einfordert. Ich wünsche mir, dass noch mehr von dem umgesetzt wird und dass die zitronenfrischen Ideen für Kirche für morgen immer weiter um sich greifen.

Deshalb … f lattert unser Zitronenfalter in viele Häuser. … wurden wir initiativ, um das Pfarrerwahlgesetz zu verändern. … wollen wir Jugenddelegierte in der Synode. … fordern wir eigene Jugendgemeinden und andere an der Lebenswelt orientierte Gemeinden (wie jetzt schon die Studierendengemeinden). … möchten wir die Unterstützung von Fördervereinen und die Verdoppelung von Spenden durch Kirchensteuermittel. … haben wir Aktionen zum Reformationstag gestartet wie Churchnight, alternative Gottesdienstzählung und Thesenanschlag. … setzen wir uns für neue Formen der Taufe und Tauferinnerung ein. … fordern wir die Abendmahlserlaubnis auch für Hausgruppen und Kreise. … engagieren wir uns in und außerhalb der Synode für unsere Landeskirche.

Friedemann Stöffler, Pädagoge und Theologe aus Tübingen, ist einer der Geburtshelfer von Kirche für morgen und heute immer noch ganz vorne mit dabei.

Wolfgang Drexler, MdL, erster stellvertretender Landtagspräsident

In der Kirche ist es wie in der Politik: Überkommene Strukturen und Entscheidungen über die Köpfe der Menschen hinweg sorgen für Verdrossenheit. Offenheit für Neues und direkte Beteiligungsformen lauten stattdessen die Zauberworte. Beide hat sich Kirche für morgen zum Programm gemacht. Das ist es, was ich an ihr schätze – und um was ich sie beneide. Weil die Politik hier lernen kann. Kirche für morgen will keine außerparlamentarische Opposition sein. Als Parlamentarier mit Leib und Seele begrüße ich das und wünsche mir, dass sie den langen Atem hat, der für Veränderungen aus den Gremien heraus nötig ist. Und dass sie trotzdem nie den Mut verliert, neue Herausforderungen anzugehen.

Prof. Dr. Martin Plümicke, Reutlingen, für die „Offene Kirche“

Kirche für morgen ist vor 10 Jahren entstanden, weil es Menschen gab und gibt, die diese Landeskirche verändern wollen. Das macht sie uns von der „Offenen Kirche“ sehr sympathisch. Auch wir sind als Reformbewegung in den 70ern entstanden. Kfm hat steile Vorlagen gegeben, z.B. mit den Forderungen nach der Urwahl des Landesbischofs oder nach der Einführung von Lebensweltgemeinden. Das ist für uns eine neue Herausforderung, die wir gerne annehmen. Wir wünschen uns von kfm bei allem Reformeifer, bei dem wir durchaus auch große Gemeinsamkeiten sehen, dass sie den Blick für Dinge nicht verliert, die auch heute in der Kirche schon oder noch gut sind.

rerepudam as es ad quamet acerio experio rehendae eos quatet doluptat autationet elenis et illatqui comnihi lluptia

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t: berkirchenra O m e d s u a nur bit ten. Zitat rkirchenrat e b O n e d rf chene da der Oberkir n n „Die Synod a w d n u n ja wie e Sache.“ Ob und wen t allein sein is t, e rt o tw n rat darauf a ne Anfrage


10 Jahre kfm Steffen Kern, Pfarrer und Journalist, Vorsitzender der Apis, Sprecher der „Lebendigen Gemeinde“

Der Gesprächskreis „Evangelium und Kirche“ gratuliert herzlich zum Jubiläum! Die Synodalen von kfm bereichern die Landessynode. Nach einer längeren Phase des Staunens bei den ersten kfm-Synodalen arbeiten sie heute ruhig und verantwortlich mit. Orientiert an Sachthemen bringen sie sich kooperativ ein. Wir von „Evangelium und Kirche“ freuen uns auf weitere gemeinsame Schritte. Wünschenswert wäre eine größere Offenheit für normale württembergische Kirchengemeinden, die über die Fokussierung auf Jugendgemeinden oder freie Pfarrerwahl hinausgeht. Wünschenswert wäre ebenfalls ein weiteres Herz, das über die Interessen von Diakonen und Jugendreferenten alle kirchlichen Berufe im Blick behält.

An kfm schätze ich die frischen Impulse, die sie in die Synode einbringen. Ich freue mich darüber, dass wir gut zusammen arbeiten und oft an einem Strang ziehen. Da ist viel Vertrauen unter uns gewachsen. Uns verbindet das Anliegen, Menschen aus verschiedenen Lebenswelten in unserer Kirche zu beheimaten, Gemeinden in verschiedener Form zu stärken und die Jugendarbeit zu fördern. Als „Lebendige Gemeinde“ freuen wir uns über viele Ideen der „Zitronen“ und alle Unterstützung. Ich wünsche mir, dass wir uns in theologischen Fragen weiter verständigen. Manches müssen wir noch klären, dazu bleiben wir im Gespräch. Kfm wünsche ich weiter einen festen Platz in der Synode und Gottes Segen.

Siegfried Zimmer, Professor für evangelische Theologie und Religionspädagogik an der PH Ludwigsburg

Christoph Zehendner, Journalist und Liedermacher (www.christoph-zehendner.de)

Für mich ist Kirche für morgen eine sehr erfreuliche und erfrischende Erscheinung, die schon manches in Bewegung gesetzt hat. Ihr Engagement basiert auf der wichtigen Erkenntnis: Es muss in der Kirche nicht weitergehen wie bisher. Es kann wesentlich besser werden. Ich wünsche mir von Kirche für morgen, dass sie arm bleibt an Selbstzufriedenheit und reich an Wagemut, der aus dem Glauben kommt. Dass sie auf andere Landeskirchen ausstrahlt und intensiv mit anderen christlichen Erneuerungsbestrebungen zusammenarbeitet und sich entschlossen einsetzt für ein besseres Kennen- und Verstehenlernen von Christen und Muslimen.

Herrlich, diese Vielfalt in der württembergischen Kirche! Ich freue mich, Mitglied einer Kirche zu sein, die in ihrer Synode solche verschiedene Richtungen in sich vereint. Ist das nicht ein Anspruch für alle Christinnen und Christen: „Lebendige Gemeinde“ zu sein und gleichzeitig eine „Offene Kirche“ zu pflegen, „Evangelium und Kirche“ im Blick zu haben und daraus immer neu eine „Kirche für morgen“ zu entwickeln? Wenn Kirche für morgen weiterhin ihrem eigenen im Namen festgelegten Anspruch gerecht wird und gleichzeitig offen bleibt für Kooperationen und Projekte gemeinsam mit den anderen Gruppen, dann wünsche ich ihr eine lange, erfolgreiche und von Gott gesegnete Zukunft!

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Manfred Bittighofer, Pfarrer i.R., Weissach im Tal

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Das schätze ich an Kirche für morgen: Den Mut und die Freiheit, einfach Neues anzupacken, „aufzumischen“ und Strukturen zu hinterfragen. Die Anregungen zum Nachdenken fordern heraus – auch wenn man anderer Auffassung ist und bleibt. Das wünsche ich mir von Kirche für morgen: Weiterhin ein konsequentes Eintreten für die Stärkung der Gemeinde vor Ort. Förderung vielfältiger Formen gottesdienstlichen Lebens in den Gemeinden – und keine Geringschätzung des „traditionellen“ Gottesdienstes bis hin zur Form der Messe. Ermutigung der Gemeinden zu ihrem missionarischen Auftrag – unbeschadet von „messbaren Erfolgen“.

Zitronen über Zitronen Vier kfm-Mitglieder geben Einblick, warum sie bei Kirche für morgen sind und was sie sich davon erhoffen:

Andreas Arnold, Pfarrer z. A. in den Kirchengemeinden Tieringen und Oberdigisheim

Ich schätze es sehr, bei kfm auf eine Ansammlung kreativer Querköpfe zu treffen, die sich trauen, ausgetretene Pfade zu verlassen. Die Anregungen und Ideen nicht deshalb von vornherein besonders gut oder besonders verwerflich finden, weil sie ins eigene dezidiert lebendige oder offene Schema passen – oder auch nicht. Und die sich auch nicht zu schade dafür sind, Zukunftsthemen immer wieder in die Diskussionslandschaft einzubringen, auch wenn sie es riskieren, dafür von den Etablierten nur ein mitleidiges Lächeln zu ernten. Ich wünsche mir, dass kfm der Stachel im Fleisch unserer Landeskirche ist und bleibt, der immer wieder daran erinnert, die Zukunft mit Phantasie und Geist zu gestalten. Und der ein Bewusstsein dafür schafft, dass der Wandel in unserer Kirche kein notwendiges Übel ist, sondern große Chancen in sich trägt, das Evangelium auch in Zukunft glaubwürdig in Wort und Tat zu bezeugen.

Markus Haag, Pfarrer in den Kirchengemeinden Gronau und Prevorst

An kfm schätze ich, dass sich hier Menschen aufgemacht haben, die Normativität des Faktischen nicht zu akzeptieren. Es gilt, das Vorhandene immer wieder zu überprüfen und zu fragen, ob es dem Ursprünglichen noch dient. Sind z.B. unsere kirchlichen Strukturen noch in der Lage, den Auftrag Jesu zu erfüllen, alle Menschen in allen Milieus zu seinen Nachfolgern zu machen? Kfm ist hier bereit, konsequent neue Wege zu gehen. Von kfm wünsche ich mir, dass sie sich auch weiterhin für eine Kirche stark macht, die aus mündigen Christen in mündigen Gemeinden besteht. Kirche soll nicht in erster Linie Organisation oder Veranstaltung sein, sondern gemeinsam gelebtes Leben in der Gemeinschaft derer, die miteinander auf dem Weg des Glaubens sind.

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Winfried Dalferth, Dekan, Crailsheim, für „Evangelium und Kirche“

Prof. Dr. Heiko Hörnicke, Stuttgart

Seitdem ich Kirche für morgen näher kennengelernt habe, schöpfe ich wieder Hoffnung, dass notwendige Reformen auch in der Landeskirche erreicht werden können. Daran möchte ich mitarbeiten.

Els Dieterich, Pfarrerin in Haigerloch

„Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende.“ (Oskar Wilde) Ich schätze an kfm das Gespür dafür, dass noch nicht alles gut ist und damit Raum geschaffen wird für Veränderungen. Auf dem Weg von der „Betreuungskirche“ zur „Beteiligungsgemeinde“ ist kfm eine beflügelnde Wegbegleitung! Ich wünsche kfm für die Zukunft weiterhin Mut, auf neue und ungewöhnliche Ausdrucksformen des Glaubens hinzuweisen und Möglichkeiten zu schaffen, diese auch umzusetzen. Eine Vernetzung mit ähnlich innovativen Gruppierungen in anderen Landeskirchen wäre sicher ein lohnendes Projekt. Dabei sollte dann die Methode der „best practice“ angewandt werden: voneinander lernen und miteinander Neues initiieren und durchsetzen.

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Kirche für morgen

Das Verhältnis von „Pfarrern“ und „Laien“ gehört zu den ersten Themen von kfm. Karlfriedrich Schaller bat Prof. Dr. Jürgen Moltmann um ein zukunftsweisendes Statement und wurde nicht enttäuscht. Sein Artikel ist kritisch und hoffnungsvoll – typisch Moltmann!

Wie wird aus der Kirche „für das Volk“ eine Kirche „des Volkes“?

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Wie wird Kirche von den meisten Menschen wahrgenommen? Als wir nach Tübingen kamen, wohnten wir in der Hausserstraße und „gehörten“ darum zur Martinskirche. Als wir in die Biesingerstraße umzogen, „gehörten“ wir zur Stiftskirche. Das ist das alte System der Amtskirche und der Kirchenbezirke. Als „Kirche“ werden die Veranstaltungen der Pfarrer und Priester für das Volk erlebt. Zu Weihnachten funktioniert das auch sehr gut. Gehen wir „zur Kirche“, dann werden wir als Gottesdienst“besucher“ gezählt, so als wären wir da nicht zuhause, sondern nur zu Besuch. Gehen wir zum Abendmahl, werden wir als Abendmahls“gäste“ gezählt, so als gehörten wir nicht zur Familie Jesu. Für die Beteiligung der Menschen an der Kirche werden „ehrenamtliche“ Mitarbeiter gesucht, die den „hauptamtlichen“ Pfarrern helfen sollen. Das ist die alte Kirche von oben, die religiöse Betreuungskirche für das Volk, die Kirche im religiösen und kulturellen Angebot für ihre „Kunden“. Sind aber die Gemeinden nur die Bezirke der Amtskirche? Sind die Ortsgemeinden nur die Ortsvereine der Landeskirchen? Das kann es doch wohl im Sinne Jesu nicht gewesen sein!

Die selbständige und widerständige Gemeinde ist die reale Kritik an dieser Form der Kirche. Sie ist für mich die wahre Zukunft. Die heute spannende Frage ist: Wie wird aus einem Kirchenbezirk oder einer Seelsorgeeinheit eine selbständige Gemeinde, die ihre eigenen Dinge selbst in die Hand nimmt? Wie wird aus der Kirche „für das Volk“ eine Kirche „des Volkes“? Wie wird aus einer passiven Betreuungskirche eine aktive Beteiligungsgemeinde? Was muss entstehen, wenn wir wirklich sagen können: „Wir sind die Kirche“? Ein erstes evangelisches Vorbild für diese Umgestaltung der Kirche zur Gemeinde war in Deutschland die Entstehung der „Bekennenden Kirche“ im Nazideutschland der „Deutschen Christen“ 1934-1945. Aus den Bekenntnissynoden von Barmen und Dahlem (1934) entstanden die bekennenden Gemeinden, die freiwillig und aus gutem Grund zusammenkamen, oft im Widerstand nicht nur gegen den Nazistaat, sondern auch gegen die gleichgeschaltete Kirchenleitung. Mitglieder erhielten die „rote Karte“. Die Bekennenden organisierten sich selbst sehr

In dem heute notwendigen Übergang von der Kirche zur Gemeinde werden wir das Erbe und die Verheißung der Bekennenden Kirche. Dafür brauchen wir auch eine neue Sprache:

1. Wer ist ein Laie? Hier ist umgangssprachlich ein totales Missverständnis eingetreten, durch die katholische Kirche veranlasst. Wenn wir sagen, einer sei ein „blutiger Laie“, dann meinen wir: Er ist kein Profi, er versteht nichts, ist ungelernt und ungebildet. Im katholischen „Laizismus“ sind die Laien als die Nichtpriester gegen den „Klerikalismus“ versammelt. In Wahrheit jedoch sind „Laien“ Glieder des Volkes Gottes, im Griechischen „laos“ genannt. Jeder, der zum „Volk Gottes“ gehört, ist ein Laie, also sind auch Bischöfe und der Papst „Laien“ wie wir. „Laien“ sind keine „ehrenamtlichen“ Mitarbeiter der Pfarrer und Priester, sondern Pfarrer, Pfarrerinnen und Priester im „allgemeinen Priestertum aller Gläubigen“. Laien sind darum „mündige Christen“, die den Mut haben, sich ihres eigenen Verstandes selbst zu bedienen und ihres eigenen Glaubens gewiss zu werden, ohne „Leitung durch einen anderen“, wie Immanuel Kant treffend sagte.

2. Wer ist Pfarrer(in) oder Priester? Nach dem Neuen Testament ist das Volk Gottes selbst schon ein „priesterliches Volk“. In der Gemeinde Jesu gilt das „allgemeine Priestertum aller Gläubigen“. Jede Frau und jeder Mann, ob alt oder jung, kann das Evangelium verkündigen, den Glauben bezeugen, Sünden vergeben und Kranke heilen. Alle Glaubenden haben das Recht zu taufen und das Abendmahl auszuteilen. Wie oft stehen wir im Kreis zusammen und reichen einander Brot und Wein mit den Einsetzungsworten: „für dich gegeben“, „für dich vergossen“? Auch Paulus sah die Gemeinde so: „Wenn ihr zusammenkommt, hat jeder (jede) einen Psalm, eine Lehre, eine Offenbarung, Zungenreden und Auslegung. Lasst alles geschehen zum Aufbau der Gemeinde“ (1. Kor 14, 26). Was ist dann aber das spezielle Amt? Nach meiner Auffassung ist es eine Funktion der Gemeinde. Sie werden speziell ausgebildet, sie kommen aus der Gemeinde und treten vor die Gemeinde, um das Evangelium zu verkündigen, aber es ist kein besonderer Stand der Kleriker. Ich war 5 Jahre lang Gemeindepfarrer, jetzt bin ich es nicht mehr, ich bin „Laie“, der gelegentlich predigt. Die gelebte Gemeinde besteht aus Gemeinschaften, nicht aus Einzelnen, die gelegentlich zur Kirche gehen. Sie besteht aus Hauskreisen oder – wie es in China heißt – aus Familienkirchen. Diese Gemeinschaften in der Gemeinde gestalten gemeinsame Gottesdienste und die Gemeindediakonie. Solch eine Gemeinde kann auch einmal ohne einen „Geistlichen“ leben, denn sie ist in jedem Mann und jeder Frau geisterfüllt. Wir müssen den Reichtum nur entdecken. Er ist da!

Wie wird aus einer passiven Betreuungskirche eine aktive Beteiligungsgemeinde?

Die gelebte Gemeinde besteht aus Gemeinschaften.

Professor Dr. Jürgen Moltmann ist einer der bekanntesten evangelischen Theologen weltweit. Er lehrte bis 1994 an der Uni Tübingen systematische Theologie.

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Die Gemeinde ist die Kritik der Kirche und ihre Zukunft

basisdemokratisch durch „Bruderräte“ gegen das Führerprinzip der Nazis und der „Deutschen Christen“. Es war ein schwerer Fehler der Evangelischen Kirchen in Deutschland, nach 1945 zu den Verhältnissen vor 1933 zurückzukehren und die Gemeindeerfahrungen der Bekennenden Kirche als Ausnahme- oder Notsituation der Kirche zu verdrängen.


Blick zurück nach vorn

10 Jahre „Zitronenpresse“ Ein kleiner Rückblick auf Aktionen und Reaktionen.

„ Es müsste ein Ruck durch unsre Kirche gehen...“ „Sind Sie auch der Meinung: ... die drei bestehenden Gesprächskreise in der Synode bräuchten dringend eine „vierte Kraft“? ... es bedarf in unserer Evangelischen Landeskirche in Württemberg dringend neuer Impulse, die nach vorne weisen?“ So beginnt eine Einladung zu den ersten Veranstaltungen von Kirche für morgen, im Januar 2001. Mal ehrlich, hätten wir am Anfang gewusst, was diese „vierte Kraft“ in den folgenden Jahren so alles zum „Ruckeln“ bringen würde, ob wir uns dann auch getraut hätten… Ein paar dieser „Ruckeleien“ sollen hier noch einmal ans Licht geholt werden… und es werden bestimmt nicht die Letzten sein! Kirche für morgen ist von Anfang an eine Bewegung in der Kirche gewesen, aber mit der Zielsetzung, sowohl in der Synode, als auch auf der Straße präsent zu sein, um auf bestimmte Problemlagen unserer Landeskirche öffentlich aufmerksam zu machen. Dieses Programm hat damals bis in die Presse hinein Wellen geschlagen.

2001:

Noch richtig „feucht hinter den Ohren“, machte sich Kirche für morgen im fahlen Mondlicht einer Oktobernacht auf, um auf die Kirchen in unserer Landeskirche einen Anschlag zu verüben – genauer gesagt, einen Thesenanschlag auf die Kirchentüren. Und zwar in der Nacht zum Reformationsfest. Mit der Unterstützung von rund 300 engagierten Jugendlichen wurden 1000 Plakate an eben jenen Türen angebracht. Unter der Überschrift: „Jetzt aber! Ein feste Burg ist unser Trott?“ prangten am nächsten Morgen jeweils fünf neue Thesen zum Reformationsfest – natürlich auf zitronengelbem Hintergrund! – vor den Augen so mancher Pfarrer, Mesner und Kirchenbesucher. Die Reaktionen? – Nun ja, mancherorts liefen die pfarramtlichen Telefonleitungen heiß, bis in den Oberkirchenrat: „Was man sich da erlaube… und wer hätte das überhaupt erlaubt… Sachbeschädigung… wir wurden nicht informiert…“ Also die übliche Biedermeier- und Brandstifter-Routine. Dabei hatten wir nicht einen einzigen Nagel benutzt, aber das Augenmerk so manches Betrachters ruhte anscheinend eher auf diesem nicht vorhandenen Detail, als auf dem Inhalt – auch etwas, auf das man gerade in kirchlichen Kreisen immer wieder stößt. Aber es gab auch positive Reaktionen bei Pfarrern, Mitarbeitern und Gemeindegliedern – endlich hatte sich mal wer etwas getraut, nach fast 500 Jahren Reformstau! Auch in vielen Zeitungen wurde berichtet und in Herrenberg war sogar das (Regional-)Fernsehen da. „Ob durch eine bisher kleine Schar nun aus der Theorie tatsächlich Wirklichkeit wird, bleibt skeptisch abzu-

Reformationstag 2001 Thesenanschlag

2001:

Noch ein „Ruckler“ im gleichen Jahr. Die Synodalwahl stand an – und plötzlich gab es Unruhe im trauten Trio der bis dahin unter sich gebliebenen Gesprächskreise. „Wir brauchen keine vierte Gruppierung!“ hieß es nicht nur einmal. Und man traute uns auch nichts zu, was den Wahlkampf, die Kandidatenaufstellung und das Programm betraf. Aber die Werbetrommel wurde kräftig gerührt! Während die anderen Gesprächskreise schon die Büfettabfolge am Wahlabend besprachen, suchten wir noch nach Kandidaten – und hatten schließlich welche für die Hälfte der Wahlkreise! Und natürlich auch ein Wahlprogramm, das mit den Worten begann: „Kirche für morgen ist nah an den Menschen!“ – und ab November 2001 waren wir dann nah an den Synodalen, wenn zunächst auch nur zu zweit. Manche betrachteten uns als „Wurmfortsatz“ und konstatierten: „Rechnet man die beiden Abgeordneten von Kirche für morgen zur „Lebendigen Gemeinde“ in der Vermutung, dass sie meist miteinander stimmen werden…“ (Newsletter der Offenen Kirche, 1/2002). Aber unsere beiden Synodalen haben in den kommenden sieben Jahren bewiesen, dass sie mit allen können und wollen, wenn auch nicht bei allem!

2003:

Mit einer alternativen Zählaktion der Gottesdienstbesucher haben wir anlässlich des Reformationstages 2003 auf die Tatsache aufmerksam ge-

macht, dass in unseren Hauptgottesdiensten Jugendliche, Familien und Männer schlichtweg fehlen. Was beim sonntäglichen Kirchgang augenfällig ist, sollte durch Zahlen, mehr oder weniger repräsentativ, belegt werden. In 47 von 51 Kirchenbezirken der Württembergischen Landeskirche wurden am 12. und 19. Oktober 2003 von rund 200 freiwilligen Mitarbeitern 123 zufällig ausgewählte Gottesdienste besucht und die jeweiligen Kirchgänger gezählt. Nach fünf Altersgruppen aufgeschlüsselt kamen wir zu dem Ergebnis, dass wir es mit einer „Seniorenkirche“ zu tun haben. Die Gruppe der 40 bis über 60-Jährigen ist mit über 75%, die unter 20-Jährigen und die 20 bis 40-Jährigen (ohne Konfirmanden) aber nur mit insgesamt etwas über 23% im sonntäglichen Hauptgottesdienst vertreten. Eine Riesenlücke klaffte zwischen Anspruch und Wirklichkeit des Hauptgottesdienstes. „Übers Ziel hinaus geschossen“, „Schwarzweißmalerei“, „zu einfach“ – so lauteten einige der Reaktionen (vornehmlich aus der Pfarrerschaft) auf die Zählung. (Quelle: meinekirche.de [Ludwigsburg], vom 9.11.2003)

2005:

Wieder einmal zum Reformationsfest ging Kirche für morgen an die Öffentlichkeit – dieses Mal zum Thema Pfarrerwahl. Zu diesem Zeitpunkt gab es für die Gemeinden in unserem Land keine Möglichkeit, ihre Pfarrer und Pfarrerinnen wirklich frei zu wählen. Zumindest beim „echten“ Wahlverfahren, so unser Anliegen, sollten sich Pfarrer direkt und ohne Vor-

November 2001

Reformationstag 2003

Reformationstag 2005

Kirchenwahl

Alternative Zählaktion

Appell zur Pfarrerwahl

Barbara Hering (geb. Gehrig) und Markus Munzinger Auf Anhieb schaffen zwei „Zitronen“ den Sprung in die Landessynode.

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warten“ schrieb ein Kommentator und fuhr fort: „Zu wünschen wäre es – der Initiative und vor allem der Kirche.“ (Heilbronner Stimme)


Plakate zur Synodalwahl 2007

auswahl bei den Gemeinden bewerben können. Unser Anliegen wurde belächelt, kritisiert und im Verlauf der Zeit – erst im Jahr 2010 beschloss die Synode eine Änderung des Pfarrerwahlgesetzes, bei dem unsere Forderungen zum Teil mit einflossen – immer wieder als realitätsfremd hingestellt: „Die Gemeinden sind noch nicht soweit.“ „Viele wissen nicht um die konkrete Arbeit und das Berufsverständnis der Pfarrerschaft und meinen dann, undifferenziert und populistisch idealistische Ziele verfolgen zu können.“ (Quelle: Pfarrverein Württemberg, Bericht des Vorsitzenden 2008) Schön, dass wir in unseren Reihen mittlerweile über 20 Pfarrerinnen und Pfarrer haben, die dieses Anliegen teilen. Eine weitere Aktion, die bis heute andauert, ist unser Anliegen, das Abendmahl in Hauskreisen feiern zu dürfen, auch wenn kein Pfarrer anwesend ist. Die Reaktionen auf entsprechende Anfragen in der Synode, hier vor allem von Seiten des Oberkirchenrates, sprechen für sich: „Das Amt für die öffentliche Wortverkündigung und die Sakramentsverwaltung in unserer Kirche ist das Pfarr-

amt.“ Man solle dieses Amt nicht weiterhin filetieren und die „Filetstücke auf alle möglichen Mitarbeiter in der Kirche verteilen“, so der damalige theologische Dezernent im Oberkirchenrat, Heiner Küenzlen. Man sei auf diesem Weg wohl schon „eher zu weit gegangen“. Andere sprachen von einer „Zersplitterung der Landeskirche“ (Offene Kirche).

2007:

„Aktion Gelbsucht“ – so lautete der „Deckname“ einer Kampagne zur Synodalwahl 2007. Geplant war, dass in allen Bezirken, in denen es Kandidaten von Kirche für morgen gab, Plakate zur Kirchenwahl aufgehängt werden sollten. Geziert mit markanten Fotos und Texten, sollten sie die Wahl auch jenseits des kirchlichen Zaunes bekannt und auch die Presse aufmerksam machen. Immerhin zeigten sich die anderen Gesprächskreise zum Teil mehr als überrascht von dieser Aktion, die sich ganz bewusst jenseits des gewohnten kirchlichen Dunstkreises bewegte. Wir sind gespannt, welchen Schilderwald die nächste Synodalwahl mit sich bringt!

Oktober 2007 „Aktion Gelbsucht“

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Immerhin sind es seit dieser Wahl sieben „Zitronen“, die in der Landessynode sitzen! „Die kleinste Gruppierung“, so der Evangelische Pressedienst, „[war] der größte Gewinner der Kirchenwahl“. Ähnlich lautete auch die Meldung im SWR.

2011:

Zehn Jahre Kirche für morgen. Für uns Grund, auf die vergangene Zeit zurückzublicken – und dabei im Auge zu halten, was eine Kirche von heute für morgen fit macht. Unsere „Geburtstagsfeier“ war Ausdruck dieser begründeten Sehnsucht, „Back to the future“ war sie überschrieben. Die Reaktionen auf die Veranstaltung und auf unsere Arbeit waren wohlwollend (Gesprächskreise) bis positiv (Presse). So bezeichnete uns die Zeitschrift Chrismon als „Entkalker“ und eine Zeitung in ihrem halbseitigen Artikel als „Querdenker“. Pressearbeit, zumal im kirchlichen Bereich, ist manchmal ein undankbares Geschäft. Kirche und das tägliche Kleinklein sind nicht gerade ein „Renner“ im normalen Pressealltag. Nur selten wird eine kirchliche „Sau“ durchs mediale Dorf getrieben –

Kirchenwahl 2007 Sieben auf einen Streich

sieht man von Hypes wie den Themen Missbrauch und in jüngster Zeit die Debatte um homosexuelle Partnerschaften im Pfarrhaus einmal ab. Aber es kann nicht darum gehen, dass man – gefragt oder ungefragt – erst einmal was „zum Besten“ gibt und dann darüber nachdenkt, ob und was man zu diesem Thema zu sagen hat. Vielmehr gilt: „Zuverlässig da sein, wo es brennt. Schnell sein, improvisieren können – und dabei saubere Arbeit abliefern.“ Die Themen werden uns nicht ausgehen, das hat sich in den letzten zehn Jahren immer wieder gezeig – und die Zukunft ist in Bewegung. Die Wiedergabe aller Artikel von uns und über uns zu den oben angesprochenen Kampagnen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Für alle Interessierten gibt es das Material auf unserer Homepage unter der Rubrik „10 Jahre kfm“ (www.kirchefuermorgen.de).

Michael Josupeit ist Verantwortlicher für Presseund Öffentlichkeitsarbeit bei kfm.

Januar 2011 Back to the future – 10 Jahre kfm

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Blick zurück nach vorn

Die Geburt der Zitrone Wie begann Kirche für morgen? Friedemann Stöffler und Reinhold Krebs beschreiben Hintergründe, den Zauber und die Mühen des Anfangs, eben die Geburtsumstände der Zitrone.

Innerer Kompass war das englische „love it, change it,

Wozu ein Blick zurück bei einer Initiative, die doch Kirche für morgen heißt? Vielleicht macht es das Bild deutlich, das Prof. Dr. Peter Wick bei der Jahrestagung 2011 von Kirche für morgen beschrieb: Das Hinhören auf Vergangenes gleiche dem Diskuswerfer, der sich nach hinten dreht, und gerade durch die Bewegung in die Gegenrichtung Schwung holt für den weiten Wurf nach vorne. Wenn hier also auf die Anfänge zurückgeblickt wird, dann soll dies Ermutigung sein für einen Wurf nach vorne.

or leave it.“ Diskussion in der Besenwirtschaft

Im Februar 1999 am Rande einer Klausur des Ev. Jugendwerks in Württemberg (ejw) saßen wir abends in einer Besenwirtschaft. War es die heitere Stimmung, war es das volksnahe Ambiente, jedenfalls diskutierten wir dort zum ersten Mal ernsthaft die Gründung eines neuen Gesprächskreises. Jammern und klagen ist zu billig, sagten wir uns, wo man doch, wenn man sich einmischt, was verändern könnte. Schließlich ist „Mutter Kirche“ demokratisch strukturiert in Württemberg.

Innerer Kompass war das englische „love it, change it or leave it“. Das Letztere kam für uns nie in Frage, beim Ersten hatten wir Probleme. Wir vermissten eine Beteiligungskultur in unserer Kirche, ehrenamtliche Freiräume, spirituelles Feuer, schlicht: die Bereitschaft zur Reform in der Kirche der Reformation. Deshalb: „change it“. Könnte man das „trinitarische System der württembergischen Gesprächskreise“ ein wenig zum Tanzen bringen? Das alte „Lagerdenken“ aufbrechen? „Rechts, links und die Mitte sind besetzt – aber vorne hat es noch Platz“, formulierten wir frech. Und selbst eine kleine Gruppierung, das zeigten die Grünen, kann Agenda-Setting betreiben, Themen ins Spiel bringen, Etablierte in eine neue Richtung ziehen.

Schwanger werden ist nicht schwer, schwanger sein dagegen sehr. Die Idee fanden viele klasse. Aber niemand litt unter Langeweile. So dümpelte das vor sich hin nach dem Motto „Andere sollten hier initiativ werden, ich hab leider keine Zeit...“ In einer Einladung ein Jahr später stand deshalb der Satz: „Für uns ist die Gründung eines Gesprächskreises so wichtig, dass es mich etwas kosten darf: Wöchentlich zwei Stunden Zeit und ein Prozent meines Einkommens.“ Damals setzten wir uns das Ziel, dass 15 Personen zu diesem Engagement bereit sein müssten, wenn die Sache starten sollte. Es waren aber weniger als ein Dutzend. „Synodalgesprächskreis beerdigt. Das gibt wieder Luft“, schrieb Reinhold Krebs am 22.3.2000 in sein Tagebuch, durchaus erleichtert.

Irochka©Fotolia.com

Allerdings hatte uns auf April die Leitung der „Lebendigen Gemeinde“ eingeladen. Dieses Gespräch wollten wir zum Abschluss noch wahrnehmen. Natürlich versuchte man die neue Initiative an die mütterlich-pietistische Brust zu nehmen, was für uns nicht in Frage kam. Nachdenklich aber machte der Satz: „Es ist so mühsam, Menschen für die Kirchenpolitik zu

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gewinnen. Wenn jetzt einige angesteckt sind, darf man das nicht einfach versanden lassen.“ Gegen unseren Plan drehten wir noch eine Runde auf Tübinger Feldwegen, kippten unseren Beschluss. „Doch, wir probieren es noch einmal“, sagten wir uns. Wider Willen war die Leitung der „Lebendigen Gemeinde“ zum Geburtshelfer von Kirche für morgen geworden. Auch die Reutlinger ejw-Kollegen, Gerd Voss und Karin Schlenker-Gutbrod, hatten unsere Absage einfach nicht akzeptiert. Und Jens Plinke, verantwortlicher Pfarrer für die Hauskreisarbeit, brachte sich ein. Im Sommer 2000 stand der Rohtext zu „Was will Kirche für morgen“.

Vom Red Baron zum Zitronenfalter Bei den folgenden Infoabenden waren Neugierige aus anderen Gruppierungen zum Teil irritiert, dass diese mit gemeinsamem Beten schlossen. Aber allen „Zitronen“ war klar: Mit so wenig Ressourcen ist der Anspruch, eine „Initiative zur Reform der Evangelischen Landeskirche“ zu sein, menschlich gesehen lächerlich, wenn nicht Beistand von oben kommt. Der „Oasentag“, der bis heute am Ende der Sommerferien zur Einkehr einlädt, hat hier seinen Ursprung. Gebetstreffen fanden parallel zu aller organisatorischen Arbeit statt. Am 13.2.2001 versammelten sich 27 Gründungsmitglieder in Herrenberg. Der Verein erblickte das Licht der Welt. Als Vorstand wurden Reinhold Krebs, Karin Schlenker-Gutbrod und Alexander Dappen gewählt, in den Leitungskreis Friedemann und Matthias Stöffler, Eva Buck, Gerd Voss, Jens Plinke, Annedore Beck und Ralf Dörr. Die Pressekonferenz dazu fand im „Red Baron“, dem Restaurant auf dem Stuttgarter Flughafen statt, um durch die Wahl der Lokalität zu verdeutlichen, dass wir eine Kirche mitten im Leben wollten. Damals ging auch der erste Zitronenfalter-Newsletter ins Land. Heute ist daraus ein wegweisendes Magazin von Kirche für morgen geworden.

Dreifacher Paukenschlag Gleich drei große Aktionen standen im Herbst 2001 ins Haus. Am 15.9. fand mit über 200 Besuchern das erste Forum von Kirche für morgen in Reutlingen statt. Unser Referent, Prof Dr. Darrell Guder (Princeton, USA), fiel kurzfristig aus – der 11.9.2001 war nur wenige Tage davor und alle Flüge waren gestrichen. Trotzdem war

dieses Forum eine intensive Plattform der Begegnung und wegweisend für weitere danach. Am 31.10.2001 fand eine Churchnight von Kirche für morgen in Esslingen-Weil statt. Eine ganze Nacht lang, von acht bis acht, gab es Konzerte und Gottesdienste mit rund 1300 jugendlichen Besuchern. Was Kirche für morgen wollte, wurde so für junge Menschen erlebbar. Quasi parallel lief die Aktion unter dem Decknamen „Martin Luther“. In der Nacht vom 30. auf 31.10.2001 wurden landesweit an 1200 Kirchentüren gelbe Plakate mit fünf Thesen angeschlagen, was ein großes Presse-Echo auslöste. Über 300 Aktive waren im Einsatz. Von Anfang an hatten wir die Formel „Synode und Straße“ gewählt. Wir wollten neben dem „langen Marsch durch die synodalen Institutionen“ auch mit basisnahen Aktionen ein wenig Greenpeace-Flair ins betuliche Kirchenmilieu bringen.

Alles hat klein begonnen... „Das Zitronenvolk verläuft sich nach der Wahl von selber“, dachten manche. Andere bei Kirche für morgen träumten von einem synodalen Sturmlauf. Die neue Gruppierung holte am 11.11. 2001 auf Anhieb in den Wahlkreisen, in denen sie antrat, 13,5 bis 25% der Stimmen. Bei einer politischen Wahl wäre das als riesiger Überraschungserfolg gewertet worden. In zwei Wahlkreisen gelang tatsächlich die Überraschung: Markus Munzinger und Barbara Gehrig wurden als junge Synodale ins Kirchenparlament gewählt und schlugen sich in den folgenden sechs Jahren tapfer, sammelten Erfahrungen, erwarben sich Respekt. Heute sind die sieben Synodalen von Kirche für morgen in allen wichtigen Ausschüssen vertreten. Zum Schluss soll noch ein gut gehütetes Geheimnis gelüftet werden. Welch geniale Überlegungen standen hinter der Entscheidung, ausgerechnet eine Zitrone als Logo einer synodalen Gruppierung zu nehmen? Die Wahrheit ist: Was soll einem schon einfallen, wenn man unter massivem Zeitdruck ist, bei der Grafikerin vor ihrem PC sitzt und ständig auf einen angebissenen Apfel als Logo starrt?

Der „Oasentag“, der bis heute am Ende der Sommerferien zur Einkehr einlädt, hat hier seinen Ursprung.

Heute sind die sieben Synodalen von Kirche für morgen in allen wichtigen Ausschüssen vertreten.

Friedemann Stöffler und Reinhold Krebs, aktueller und ehemaliger Vorsitzender von Kirche für morgen

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Bausteine

Sich regen bringt Segen Diesen Segen erleben viele Gemeinden, die veraltete Strukturen aufbrechen: Weg vom „One-Man-Pfarrer-Event“ hin zum „Many-People-Together-Erlebnis“. Zwei kfm-Pfarrer berichten von konkreten Veränderungen in ihren Gemeinden. Es funktioniert – mit der neuen Beteiligungsstruktur! Aus der Martinskirche in Gechingen: Herzenssache Seit September Konfirmandenarbeit

2010 praktizieren wir diese Form und sind immer noch begeistert davon.

Konfirmandenunterricht als Ein-Mann-Veranstaltung ist für uns nicht mehr denkbar.

Mittwoch, 15.00 Uhr: Wir vier Mitarbeitende sind seit einer halben Stunde im Gemeindehaus. Die ersten zehn Konfirmanden treffen ein, stellen Bistro-Tische auf, richten Chips und Getränke her und stellen einen großen Stuhlkreis. Drei Konfirmandinnen bringen ihre Gitarren mit, einer sein Cajon. Peter Kögler, unser Diakon, leitet sie dabei an. 15.30 Uhr: Alle 40 Konfirmanden sind da. Sie stehen rum und knabbern, tauschen die neuesten Klingeltöne fürs Handy aus. Ein paar sind beim Kicker im Jugendbereich. Andere suchen den Kontakt mit dem Pfarrer wegen ihres Gemeindepraktikums oder der Fahrt zur Vesperkirche. 15.45 Uhr: Es geht los. Wir sitzen im Kreis, es gibt ein paar Ansagen, wir singen Lieder und drei Sprecher beten unsere kleine Anfangsliturgie mit uns. Es folgt eine 10 bis 15- minütige Einführung in das Thema des Nachmittags. Heute geht es um die Reich-Gottes-Gleichnisse. Auf der Leinwand erscheinen in schneller Folge Bilder von einem Schatz, von Perlen, Schafen, Senfkörnern, Münzen, einem Kind usw. Ein Spiel wird daraus: Wer kann sich alles merken? Beim anschließenden ruhigen Betrachten der einzelnen Bilder nähern wir uns den Gleichnissen an.

Herzenssache pur ...

In vier 10-er Gruppen verteilen wir uns dann im Haus, vertiefen das Thema und kommen miteinander ins Gespräch. Pfarrer, Diakon und zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen leiten die Gruppen. Aufhören tut jede Gruppe dann, wenn sie fertig ist. Eine Gruppe bleibt noch zum Aufräumen. 17 Uhr: Wir Mitarbeiter halten noch eine kurze Nachbesprechung, freuen uns über das, was gelungen ist und ärgern uns über Schiefgegangenes. Seit September 2010 praktizieren wir diese Form und sind immer noch begeistert davon!

Und darüber hinaus… … treffen sich jeweils fünf Konfirmanden mit einem Bibelpartner (meist ehemalige Konfi-Eltern) mindestens zehn Mal zwischen Juni 2010 und der Konfirmation im Mai 2011. Nach Pizzabacken, Sportschau gucken oder Eis essen im Wohnzimmer der insgesamt acht Bibelpartner lesen die Konfirmanden in der Bibel und profitieren von den Erfahrungen ihres Begleiters. Hier wird jeder der Konfirmanden persönlich wahrgenommen. Außer ein paar wenigen, die ab und zu versuchen sich zu drücken, schätzt die ganz Mehrheit der Konfirmanden und der Bibelpartner diese Treffen sehr und alle freuen sich darauf. Manche können gar nicht aufhören und machen nach der Konfirmation noch ein paar Mal weiter. Zum Kanuwochenende auf dem Neckar nach den Sommerferien gehen die Bibelpartner sowie weitere Ehrenamtliche natürlich mit – und auch das abschließende Wochenende in Tieringen, das vier Wochen vor der Konfirmation stattfindet, lassen sie sich nicht entgehen. Ein gutes Dutzend ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind so jedes Jahr im Team dabei. Konfirmandenunterricht als Ein-Mann-Veranstaltung ist für

Michael Beck ist seit 23 Jahren Pfarrer in Gechingen.

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... da gibt’s kein drinnen und draußen

uns nicht mehr denkbar. Wir sind froh! Die Eltern der Konfirmanden laden wir jedes Jahr zu einem Glaubenskurs ein. Das Interesse schwankt. Zwischen acht und 25 Teilnehmer treffen sich dann sechs Mal zum „Emmaus-Kurs“, der uns zu offenen und oft auch sehr persönlichen und bewegenden Gesprächen führt. Jedes Jahr finden so Menschen in die Gemeinde und manches Mal auch zum Glauben.

Aus der Jakobusgemeinde in Tübingen: Da gibt’s kein drinnen und draußen „Wenn der Schaller geht, ist der ganze Spuk vorüber!“ Das war die Hoffnung so mancher Kolleginnen und Kollegen. Der „Spuk“ bestand aus jahrelang vollen Gottesdiensten, einer Gemeinde, die an den vorgeschriebenen Parochiegrenzen nicht Halt machte und die zunehmend kritischer den kirchlichen Betreuungsbetrieb hinterfragte. Nun ist „der Schaller“ schon vor zwei Jahren gegangen und – sie spuken mit ihrem neuen Pfarrersehepaar weiter. Die Jakobusgemeinde ist erwachsen geworden. Das sichert die „Nachhaltigkeit“ aller Reformen. Die Gemeinden sind „die Kritik der Kirche und ihre Zukunft“ (s. Artikel von Prof. Moltmann). In einem langen, nicht immer konfliktfreien Prozess hat sich die Jakobusgemeinde seit 1991 aufgemacht, durch Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten Menschen Heimat zu bieten. Da gibt es kein drinnen und draußen, keine Kerngemeinde und „Weltkinder“, sondern Menschen, die mit ihrer je

eigenen Begabung zum „Hausbau“ der Gemeinde beitragen (1. Kor 14,26). Zwei Fragen und drei Verben (Tun-Wörter) zeigen das Vertrauen und die Zielrichtung an: 1. Wozu? und 2. Warum eigentlich nicht? Und dann gilt: Zu-hören, Zu-lassen, Zumuten! Immer wieder in dieser Reihenfolge von dem geistlichen Gremium des Kirchengemeinderates bis zu jeder/m Beteiligten. Durch regelmäßige Gemeindeversammlungen (mind. zweimal jährlich) und Abkündigungen, durch Abstimmungen der Basis über sie betreffende Themen (z.B. Gottesdienstreform), durch Anerkennung und Lob der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsteht ein Bewusstsein: Wir gehören zusammen und wissen, weshalb wir und wohin wir unterwegs sind. Die Gefahr bei solch einer „Expedition zum Wir“ ist eben das „Wir-Gefühl“, der verengte Horizont. Aber einerseits gilt das Bonmot von Berthold Brecht: „Wer sich nicht in die Gefahr begibt, kommt darin um“ und andererseits hat der Weg zur Beteiligungsgemeinde gezeigt, dass es genügend Andockmöglichkeiten für „Neuzugänge“ gibt. Dass Gemeinde manchmal ein Durchlauferhitzer ist und dass das „Unter-Uns-Bewusstsein“ immer wieder gesprengt wird. Christus als Gemeinde existierend ist attraktiv für die Mühseligen und Beladenen und ein Abenteuer des dichten Lebens.

Zu-hören, Zu-lassen, Zu-muten!

Attraktiv für die Mühseligen und Beladenen.

Karlfriedrich Schaller war 18 Jahre lang Pfarrer der Jakobusgemeinde Tübingen und ist seit zwei Jahren im Unruhestand.

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Blick hinter die Kulissen

Wer steckt hinter kfm?

Der Leitungskreis

Michael Josupe

Friedemann

Mar tin Mie

Stöffler

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Reinhold Krebs

Tabea Hieber

Stefan Taut

Markus Haag Jens Plinke

Die Aufgabe des Leitungskreises ist es, die Geschäfte des Vereins zu führen, Kirche für morgen weiter zu entwickeln, theologisch zu arbeiten, Projekte zu planen und zu begleiten und eng mit den Synodalen von Kirche für morgen zusammenzuarbeiten. Dreizehn ganz verschiedene Persönlichkeiten gehören dazu und stellen sich vor. Friedemann Stöffler, Studiendirektor i.K., Tübingen Gründungsmitglied und 1. Vorsitzender von Kirche für morgen. Es geht uns nicht um kosmetische Korrekturen an unserer Kirche, sondern um einen Wechsel von einer Betreuungs- zu einer Beteiligungskirche. Ich bin bei kfm, um Schritte in diese Richtung anzumahnen und umzusetzen. Reinhold Krebs, ejw-Landesreferent, Herrenberg Wer Menschen heute neugierig machen möchte auf Christsein und Glauben, braucht Gemeinden, die auch für nichtkirchliche Menschen und ihr Milieu relevant sind. Es braucht deshalb nichts so sehr wie „Gemeinde 2.0“ und neue Formen von Kirche. Dieses Kernanliegen der Zitronen unterstütze ich mit jeder Faser meines Herzens. Deshalb bin ich auch seit Beginn von kfm dort im Vorstand aktiv. Martin Mielke, Steuerberater, Balingen Ich bin bei kfm, weil unsere Kirche kreative Menschen und Querdenker unterstützen soll und einfach mehr Mut haben sollte, Neues auszuprobieren, ohne Angst davor zu haben zu scheitern. Tabea Hieber, Diakonin, Markgröningen Seit sieben Jahren engagiere ich mich im Leitungskreis und als 2. Vorsitzende von kfm, weil es mir wichtig ist, dass die Kirche nahe bei den Menschen ist und bereit ist, neue Wege zu gehen. Markus Haag, Pfarrer, Oberstenfeld-Gronau Die Kirche von morgen wird wie die Kirche vom Anfang sein (müssen!): mündig, lebensnah, einfach und beziehungsorientiert – und dadurch unglaublich dynamisch und flexibel. Dazu braucht es Menschen, die bereit sind umzudenken und gerade auch strukturell neue Wege zu gehen. Die finde ich bei kfm! Deshalb bin ich seit der Gründung als Mitglied dabei und seit Januar 2011 im Vorstand und im Leitungskreis.

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Jens Plinke, Pfarrer i.R., Gomaringen Als Gründungsmitglied bin ich seit 10 Jahren gerne im Leitungskreis dabei. Dass eine Abendmahlsfeier auch in kleinen Gruppen möglich sein müsste, war und ist mein besonderes Anliegen. Ich bin auch als „Rentner“ weiterhin dabei, weil ich einfach Christen um mich brauche, die die Kirche noch nicht ganz aufgegeben haben, sondern ihr eine Zukunft zutrauen – und dazu tapfere Schritte „im Sinne der ersten Christen und der mutigen Reformatoren“ finden und auch wagen. Simone Heimann, Jugendreferentin, Schönaich Ich engagiere mich seit vier Jahren im Leitungskreis von kfm, weil ich von einer Kirche träume, die die Gesellschaft von heute in ihrer Breite anspricht und in ihr eine wichtige Rolle spielt. Die befreiende Botschaft unseres Glaubens soll alle Menschen erreichen! Dafür braucht es Formen und Möglichkeiten, die frisch und frech die manchmal verrosteten Türen unserer Kirche öffnen…! Stefan Taut, Pfarrer, Reichenbach Seit 2003 bin ich im Leitungskreis dabei. Für meine Arbeit als Gemeindepfarrer konnte ich dort immer Visionen nach vorne diskutieren und sogar dazu beitragen, dass erste Dinge in der Praxis verwirklicht werden konnten. Der Rückhalt des Leitungskreises z.B. für unsere Tauffeier in Reichenbach in der Fils war und ist mir außerordentlich hilfreich. Manfred Geywitz, Gärtner, Illingen Seit einem Jahr im Leitungskreis von kfm: Ein Gärtner sät immer den Samen für die Blüten von morgen aus. Er denkt nicht rückwärtsgewandt. Deshalb engagiere ich mich für eine Kirche, die heute alle ihre Rosen verschenken kann, weil sie sicher weiß, dass schon morgen tausend Neue erblühen.

Simone Heim

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Matthias Böhler Manf red Geywitz

Matthias Böhler, Orgelbaumeister und Synodaler, Bönnigheim Ich engagiere mich bei Kirche für morgen, weil wir die Kirche heute so verändern müssen, dass sie auch noch morgen Bestand hat! Michael Josupeit, Theologe, Herrenberg Seit Anfang 2005 bin ich im Leitungskreis dabei. Die Mischung macht’s für mich aus: wichtige Anliegen von kfm gemeinsam zu diskutieren, zu formulieren und sich dann auch gemeinsam darüber zu freuen, wenn man sieht, wie die kleinen Pflänzchen heranwachsen. Cornelia Kohler, Systemische Familientherapeutin und Pfarrfrau, Kemnat Ein Jahr Leitungskreis – und noch kein bisschen

Michael B

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müde! Ich will mitdenken, mitgestalten und Verantwortung übernehmen. Was bringt es, wenn ich unsere Kirche nur kritisiere? Ich will mich für meinen Herzenswunsch einsetzen: Dass möglichst viele Gemeindeglieder zu mündigen Christen werden, die Gemeinde „kreativ“ denken und leben! Kfm inspiriert mich dabei, weil dort Leute mutig und scheuklappenfrei nach vorne denken und auch handeln. Michael Beck, Pfarrer, Gechingen Ich bin bei kfm dabei, engagiere mich seit einem Jahr im Leitungskreis und bringe gerne meine Erfahrung als Gemeindepfarrer ein, weil frisch nach vorne gedacht wird und ich mithelfen möchte, wichtige Themen in Kirche und Synode vorwärtszubringen.

Das Redaktionsteam des Zitronenfalters Der Zitronenfalter flattert nun schon fünf Jahre lang dreimal jährlich in die Briefkästen vieler Häuser, Gemeinden und kirchlicher Werke. Wir wollen Themen aufgreifen, die viele Christen bewegen, und sie aus der Zitronenperspektive von kfm beleuchten. Im Team selbst kommen unterschiedliche Interessen und Begabungen zum Tragen. Derzeit dabei sind die beiden Diakoninnen Tabea Hieber und Claudia Bieneck, Cornelia Kohler (systemische Familientherapeutin und Pfarrfrau), Thomas Hofmann-Dieterich (Religionswissenschaftler und Pfarrmann), Werner Lindner (Künstler und Eventmanager), Dr. Heiko Hörnicke (Professor im Ruhestand), Pina GräberHaag (Sozialarbeiterin und Pfarrfrau), Gerhard Müller (Pfarrer im Schuldienst) und die beiden Pfarrer Karlfriedrich Schaller und Marc Stippich. Mit Ruth Alber und Brigitte Keck haben wir sehr engagierte Layouterinnen.

Wer Interesse hat, in unser Team einzusteigen, kann gerne bei einem der Mitarbeitenden nähere Informationen einholen.

Marc Stippich, Redaktionsleiter des Zitronenfalters

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Blick in die Synode

Sieben Synodale – Zitronenfrische in der Landessynode Im 10. Jahr von Kirche für morgen ist der Gesprächskreis mit sieben Synodalen in der Landessynode vertreten. Wer arbeitet in welchem Ausschuss, was sind die aktuellen Themen und welche Perspektiven sehen unsere Synodalen? Auch für die Zitronen in der Landessynode gilt: 10 Jahre und kein bisschen müde!

Verschiedenheit dient der Bereicherung. Diese möchte ich in der Kirche erleben und mich dafür einsetzen.

Eine gemeindenahe Diakonie und eine diakonische Lebenshaltung aller Menschen.

Ich wünsche mir Gottesdienste, in denen manches selbstverständlich wird, von dem wir heute noch träumen. 20

Kerstin Leuz, Ausschuss Mission, Ökumene und Entwicklung, Pressearbeit der Synodalen

Ausschuss Mission, Ökumene und Entwicklung Was bedeutet heute „Mission“? Unter welchen Bedingungen, Schwierigkeiten und Chancen leben Christen in anderen Ländern? Welche Voraussetzungen finden Christen anderer Herkunft in unserer Kirchenlandschaft? Welche Unterstützung benötigen Missionsgesellschaften von der Evangelischen Landeskirche? Welche Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen christlichen Kirchen und Glaubensgemeinschaften ist wichtig? Wo wird hilfreiche „Entwicklungsarbeit“ geleistet? Herkunft, Prägung und Frömmigkeit prägen unser Verständnis vom Missionsauftrag der Kirche und von Ökumene. Die Verschiedenheit dient der Bereicherung. Diese möchte ich in der Kirche erleben und mich dafür einsetzen. Sonderausschuss „arm und reich“ Der Sonderausschuss bereitete die Schwerpunkttagung während der Sommersynode 2010 vor und befasste sich mit der Frage, inwieweit Menschen mit geringerem Lebensunterhalt in unseren Kirchengemeinden wahrgenommen und zu Veranstaltungen eingeladen werden. Dies betrifft die grundsätzliche Frage nach den Milieus in unseren Gemeinden. Wer fühlt sich von den Angeboten angesprochen, wen möchten wir einladen?

Markus Brenner, Ausschuss Kirche, Gesellschaft und Öffentlichkeit, Spezialaufgaben für die Synodalgruppe

Wie können wir Kirche so gestalten, dass sie besser in der Gesellschaft nicht nur wahrgenommen, sondern auch erlebt

wird? Wie können wir in der Öffentlichkeit, in den vielen unterschiedlichen Milieus unsere Werte und unseren Glauben verständlich und greifbar machen? Dafür möchte ich gerne mitdiskutieren und mitarbeiten.

Martin Allmendinger, Diakonieausschuss, Landeskirchenausschuss, Vorsitzender Sonderausschuss Diakonat

Im Landeskirchenausschuss setze ich mich für am Priestertum aller Gläubigen orientierte Personalentscheidungen ein. Der Diakonieausschuss berät allerlei Strukturfragen. Dabei ist mir eine gemeindenahe Diakonie und eine diakonische Lebenshaltung aller Menschen in der Gemeinde besonders wichtig. Im Sonderausschuss Diakonat beraten wir Fragen zur Zukunft des Diakonats. Dabei stehen für mich die vielfältigen Anstellungsformen und die Überprüfung der Zukunftsfähigkeit im Vordergrund.

eine Mehrheit finden. Mit Spannung blicken wir auf das „Jahr des Gottesdienstes“ 2012. Wird es gelingen, einen neuen Gottesdienst-Hype zu entfachen? Ich wünsche mir Gottesdienste, in denen manches selbstverständlich wird, von dem wir heute noch träumen.

Matthias Böhler, Ausschuss Bildung und Jugend, Sonderausschuss Musik in der Kirche

Ausschuss für Bildung und Jugend Im Sommer war der Zwischenbericht des Projekts „Schulseelsorge“ auf der Tagesordnung. Mit diesem Projekt bringt die Landeskirche ihre Kernkompetenzen öffentlich ins Spiel und leistet einen Beitrag zur Mitgestaltung des Lebensraums Schule. Uns ist wichtig, dass diese Arbeit auch über die Projektphase hinaus weitergeführt wird. Wer sich mit der Situation junger Menschen und der Frage, was Kirche für sie tun kann, auseinandersetzt, muss Jugendliche an diesen Prozessen beteiligen. Deshalb setzen wir uns für die Zuwahl von Jugenddelegierten und für ein Wahlrecht ab 14 Jahren ein. Sonderausschuss „Musik“ Vom Schwerpunkttag der Landessynode „Musik in der Kirche“ erhoffe ich mir zukunftsweisende Impulse für die konsequente Weiterentwicklung der Kirchenmusik und die Förderung der Popularmusik. Kirchenmusik kann noch wesentlich mehr Menschen erreichen als bisher, wenn sie mit ihren unterschiedlichen Stilen generations- und milieuübergreifend wirkt.

Reiner Klotz, Finanzausschuss, AG Zukunft

Finanzausschuss In Zeiten nicht mehr prall gefüllter Kirchensteuerkassen ist es wichtig, nüchtern zu diskutieren, was wir tun und was wir lassen (wo man sparen kann) und in welchen Bereichen innovativ investiert werden muss. Die AG Zukunft muss ihren Auftrag ernst nehmen und nicht nur Sparbeschlüsse vorlegen, sondern mit viel Phantasie, Risikobereitschaft und Gottvertrauen Vorschläge für eine zukunftsfähige Kirche machen. Wir dürfen uns nicht tot sparen! Das Reich Gottes will gebaut werden und dazu braucht es neben gut ausgebildeten Ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern solide finanzielle Ressourcen. Markus Munzinger, Rechtsausschuss, Ältestenrat, Geschäftsführender Ausschuss, Sonderausschuss Pfarrplan, Gesprächskreisleitung

Rechtsausschuss Die Landessynode hat das Recht zur Gesetzgebung. Dies bedeutet, sie kann alles, auch die Kirchenverfassung ändern. Darum ist es mein Ziel im Rechtsausschuss, das „ständige Reformieren“ der Kirche (Luther: „ecclesia semper reformanda“) wach zu halten. Der Weg dazu ist oft lang, da viele Gesetzesänderungen eine 2/3-Mehrheit brauchen.

Wer sich mit der Situation junger Menschen auseinandersetzt, muss Jugendliche beteiligen.

Kirchenmusik kann noch wesentlich mehr Menschen erreichen als bisher.

Angela Schwarz, Theologischer Ausschuss, Unterausschuss Gemeindegründung, Stellvertretung Gesprächskreisleitung

Theologischer Ausschuss Wir haben uns sehr ausführlich mit den Chancen und Grenzen neuer Gemeindeformen befasst. Manche Synodale gilt es noch zu überzeugen. Auch hier heißt es: Dicke Bretter bohren. Aber wir kommen voran. Zum Beispiel bei der rechtlichen Verankerung von Jugendgemeinden und Jugendkirchen. Ziel ist, sie an die Ordnungen und Strukturen der Jugendarbeit anzubinden. Das ejw hat dazu einen guten Vorschlag erarbeitet und ich denke, dass wir dafür

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Blick nach vorne

Darüber haben sich vier Leute Gedanken gemacht, die von „außen“ hoffnungsvoll auf Kirche für morgen schauen: ein Abiturient, ein Student, ein KGR-Vorsitzender und eine freiberufliche Beraterin für Gemeindeentwicklung.

Unsere kirchlichen Gremien mit Reformen durchdringen

Mehr Tanz, Comedy, Hiphop, Salsa... in unserer Kirche

Kfm habe ich erst während der Vakaturzeit in unserer Gemeinde im Herbst 2008 durch ein Bewerbungsgespräch mit unserem neuen Pfarrer kennengelernt. Bei ihm erlebe ich in der täglichen Gemeindearbeit, was Kirche für morgen für die Gesamtkirche auf dem Herzen hat: Partnerschaftlich eine Nähe zu Gott und zu den Menschen im Alltag praktizieren und dadurch einladend für den Glauben an Jesus werben. Das schätze ich sehr und wünsche mir von Herzen, dass es Kirche für morgen in den kommenden zehn Jahren noch mehr gelingt, unsere kirchlichen Gremien auf allen Ebenen mit diesen notwendigen Anliegen und Reformen zu durchdringen.

Mir fallen spontan zwei Bereiche ein, deren Stärkung und Inblicknahme ich mir in einer „Kirche für morgen“ wünsche. 1. Musik: Mit Orgelmusik können meine Freunde und ich nur noch wenig anfangen. Was ist mit Jazz, HipHop, Pop, Salsa in der Kirche, in unseren Liedern? Haben „die Bachs unserer Zeit“ mit ihren Talenten in der Kirche überhaupt Platz? 2. Kreativität bei: Raumgestaltung, Einsatz von Medien, Predigtgestaltung, Internetauftritten, Gottesdienstgestaltung, Abkündigungen, Flyern, Gemeindefesten. Evangeliumsverkündigung geht über Wortverkündigung hinaus. Deshalb bin ich für mehr Tanz, Comedy, Kunst, Pantomime, Theater, Poetik... in unserer Kirche.

William Fraser ist KGR-Vorsitzender der Kirchengemeinde Steinenbronn im nördlichen Schönbuch.

Nikolai Kohler studiert im 10. Semester ev. Theologie in Tübingen und freut sich über Mut zur Reformation.

Noch mehr für die Jugendarbeit Mir gefällt an Kirche für morgen, dass sie eine lebendige Vorstellung von Gemeinde hat. Nur eine solche Gemeinschaft kann es schaffen, wieder neue Menschen von der christlichen Botschaft zu begeistern. Ich denke auch, dass viele Normen, die in der heutigen Kirche selbstverständlich sind, nicht unbedingt zu einem guten Gemeindeleben beitragen. Kirche für morgen liefert da einige wichtige Impulse. Zum Beispiel, dass sie den Gemeinden bei der Wahl ihrer Pfarrer mehr Rechte einräumen will oder dass Menschen ihre eigene Gemeinde wählen können und sie nicht allein durch ihren Wohnort schon festgelegt sind. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Kirche für morgen sich noch mehr für die Jugendarbeit in den Gemeinden einsetzt. Jonas Armbruster ist Abiturient und Leiter der Jungschargruppe an der Kreuzkirche in Sigmaringen.

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Abendmahl: Vielleicht trägt der Zitronenbaum ja auch hier Früchte Danke, kfm, dass Ihr „was schon immer war“ überdenkt und Veränderung anstoßt. Mein Wunsch: Die Erweiterung des Priestertums aller Gläubigen auf das Abendmahl! Steif und förmlich erlebte ich es als Konfirmandin. Mit angespannter Andacht dachte ich vor allem daran, alles richtig zu machen. Was, wenn roter Wein weißen Altarteppich trifft? Als Studentin in einem charismatischen Hauskreis: Dichte geistliche Gemeinschaft. Spontan und unkonventionell feierten wir Abendmahl. Ein heiliger Moment. Leidenschaftlich feiere ich seitdem Abendmahl in Hauskreisen, Mitarbeiterteams. Und leide, dass es in der Landeskirche nur Pfarrer und andere Bevollmächtigte dürfen. Doch wer weiß – vielleicht trägt der Zitronenbaum ja auch hier Früchte der Veränderung! Frauke Junghans, Beraterin für Gemeindeentwicklung, hat mit ihrer Familie in der Tübinger Jakobuskirche Abendmahl auch im Gottesdienst FEIERN gelernt.

Praxis für Therapie und Beratung Cornelia Kohler Systemische Familientherapeutin Heilpraktikerin Evangelische Theologie (Staatsexamen)

Einzelne, Paare, Jugendliche und Familien Lebenskrisen Stress, Angst, Depressionen Schuldgefühl, Trauer anderen Belastungssituationen

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Unbelievable Stories 50 spannende Rätsel aus der Bibel 50 Spielkarten mit 128-seitigem Booklet in Spielebox 14,95 €

Kommen Sie drauf, was dahinter steckt: „Ein Musikkonzert bringt sie fast um, die drei oder vier! Was ist passiert?” Die Unbelievable Stories sind biblische Ratespiele. Kombinieren Sie und finden Sie durch Fragen die richtige Lösung. Kniffliger Ratespaß für Jung und Alt im Stil der beliebten „Black Stories”. Die Lösung für das angegebene Rätsel finden Sie auf Kärtchen 27.

ejw-service gmbh Haeberlinstraße 1–3 70563 Stuttgart-Vaihingen Tel.: 07 11 / 97 81 - 410 Fax: 07 11 / 97 81 - 413 buchhandlung@ejw-buch.de www.ejw-buch.de

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Und was sollte Kirche für morgen noch anpacken?


Zu guter Letzt

Der Schwung der ersten Jahre und das Versprechen zu bleiben 10 Jahre Kirche für morgen „Zurück in die Zukunft“ – unter diesem Motto standen die Mitgliederversammlung, der „Feier-Abend“ und die Jahrestagung am 14. und 15. Januar 2011 in Herrenberg.

Es war einmal...

„Wir werden uns auch zukünftig daran messen lassen, wie und wo wir Impulse setzen zum Umbau unserer Landeskirche“, so Friedemann Stöffler in seinem Jahresbericht, „damit aus einer Betreuungskirche eine Beteiligungskirche, aus einer Kirche für das Volk eine Kirche des Volkes wird“.

… vor langer Zeit, als unser aller Mutter Kirche ein großes Bauchweh bekam! Das war nun nichts sonderlich Neues in ihrem bewegten Leben. Aber diesmal schien es anderer Natur zu sein. Da war diese Bewegung in ihrem Innern, diese tiefe Gefühlswallung. Sollte sie gar schwanger sein? Nein, das schien gänzlich ausgeschlossen! Sie lebte doch keusch und züchtig in ihrem Elfenbeinschloss. Als die Beschwerden und Unpässlichkeiten aber zahlreicher wurden, machte sich auch Mutter Kirche Gedanken, was denn nun da auf sie zukommen könnte. Denn allein die Frage der Vaterschaft war völlig ungeklärt. War es ein Engel, eine Eingebung, ein Ausrutscher? Oder sind da gar viele Väter am Werk gewesen? Was gerade bei ihr ja wiederum nichts Neues wäre, wie man wohl weiß, oder zu wissen glaubt, oder Gerüchten zufolge wissen müsste − oder… Noch war alles reine Spekulation und noch war alles nur in den Köpfen. Bei der Kirche beginnt meist alles in den Köpfen, nicht unten! Und es dauert – ja, alles dauert seine Zeit. Bis da etwas auf die Welt kommt, das Hand und Fuß hat, das dauert erst recht! Und bestimmt mehr als neun Monate. Aber inzwischen war es nicht mehr zu übersehen. Die Kirche war – wieder einmal – gegen alle Erwartungen schwanger geworden…

Beim „Feier-Abend“ standen Kirchenkabarett, Theater und freche Lieder auf dem Programm. Der rote Faden der Veranstaltung war das Märchen „10 Jahre Kirche für morgen“. Vertreter der anderen Gesprächskreise in der Synode äußerten in Interviews ihre Wertschätzung für Kirche für morgen und waren u.a. der Meinung, kfm habe dazu beigetragen, „verkrustete Positionen und Strukturen in der Synode aufzubrechen“. Die Geburtstagsfeier endete nicht ohne das Versprechen, dass kfm auch jenseits des Alters von 10 Jahren trotz beginnenden Flegelalters und der damit zusammenhängenden Abnabelung von den „allmächtigen Eltern“ weiterhin in der Kirche präsent bleiben wird. Der Samstag stand erneut unter dem Thema „Impulse für die Zukunft der Kirche von heute“. Prof. Dr. Peter Wick (Bochum, Foto oben), der den Hauptvortrag hielt, forderte nach seiner Darstellung der „Gottesdienstpraxis der ersten Christen“ dazu auf, heute Freiräume zu nutzen, zum Beispiel in Form eines „Abendmahls“ im ursprünglichen Sinn, das in einem Privathaus angeboten wird – viel Zündstoff für die anschließenden Arbeitsgruppen und die Plenumsdiskussion. Michael Josupeit, kfm-Pressereferent

Geburtstagswünsche

erhardt, Georg Eb t Referen er h ic nl Persö ofs esbisch d n La des

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„ K irch e f ü da z u b ei g etr m o rg en ha t a u ch Positio n en ra g en, ver k rust et d er Sy no d u n d St ru ktu re n in e im m er w ie e a u fz u b re ch en u n d d er g em ei nsa m A nstöß e f ü r ei n es Na chd z u g eb en .“ en ken

Andreas Schäf fe Gespräc r, Pfarrer hskreis , „Lebendi ge Gemei nde“

Dies ist der Beginn des „Märchens“ vom Feier-Abend beim kfm-Jubiläum am 14.1.2011. Der komplette Text findet sich unter www.kirchefuermorgen.de/jahrestagung 2011

„Ich selber will Beiträge bringen, wie eine ›Kirche für morgen‹ aussieht.“ Frank O. July, Landesbischof

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