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Waldmeisters Naturkolumne 1: Einhörn

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WALDMEISTERS NATURKOLUMNE 1 Einhörnchen, Rotkälbchen und der Frosch mit dem glatten Fell Text: Michael Zobel

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Ein Plädoyer für Wald und Natur, für Kinder und Erwachsene, wann immer es möglich ist

Mitte Mai 2021, diesmal hat es lange gedauert mit dem Frühling nach einem gefühlt sehr langen Winter. Hochsaison für Naturerlebnisse. Jetzt bin ich nun wieder fast täglich im Wald, mit Kindergarten- und Schulkindern, mit Familien, mit Erwachsenen.

Anders als viele der Kinder glauben, war ich nicht im Winterschlaf, sondern habe die Zeit vielfältig genutzt. Ein wenig Erholung nach einer langen Saison, Urlaub, Ruhe. Aber auch Zeit für die Planung der Waldsaison des neuen Jahres. Jetzt ist die Jahreszeit, wo mein Telefon nicht stillsteht. Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrerinnen und Lehrer merken, dass der Frühling nicht aufzuhalten ist, und zum Glück haben viele von ihnen die Idee, mit der Kindergartengruppe oder der Schulklasse und mit mir in den nahen Wald zu gehen. Naturführer und Waldpädagoge, das ist meine offizielle Berufsbezeichnung. Etwas sperrig, vor allem für Kinder. „Das ist aber ein netter Waldpathologe“, das sagte ein Kind am Ende einer Dämmerungswanderung zu seinem Vater. „Bist du der Waldmeister?“, diese Frage höre ich oft am Treffpunkt oder unterwegs. Und mit diesem Titel kann ich gut leben. Waldmeisters Berufsalltag: Kindern und Jugendlichen soll Freude an der Natur vermittelt werden. Wir sind still, toben, beobachten, bauen und basteln, klettern und entdecken, fühlen und staunen. Für mich ganz wichtig: Wir sind im Wald, auf der Wiese, am Bach nur Gäste, hier wohnen die Bäume, die Pflanzen und die Tiere. Wir sind willkommen, wenn wir achtsam und vorsichtig mit unserer natürlichen Umgebung und den Mitlebewesen umgehen. Bei meiner Arbeit im Wald, speziell mit jüngeren Kindern in Kindergarten und Grundschule, geht es weniger um reine Wissensvermittlung als um Erfahrungen, die woanders in vergleichbarer Form und Vielfalt kaum gemacht werden können. Fantasie und Kreativität, Körperwahrnehmung und motorische Fähigkeiten stehen im Vordergrund. Die Sinne sensibilisieren, Neugier und Gefühle wecken, so schaffen wir eine Beziehung zur Natur, die Grundlage für einen späteren verantwortungsvollen und bewussten Umgang mit ihr sein kann.

Die natürliche Umgebung regt besonders an. Es geht nicht darum, zuerst den Intellekt anzusprechen, viel wichtiger sind Sinneserfahrungen wie Hören, Fühlen, Riechen, Staunen. Korrekte Namen und Erklärungen, darauf kommt es nicht an, ich lege Wert darauf, die Kinder zuerst selbst beobachten und benennen zu lassen. So kommt es zu den wunderbaren Namen und Kinderzitaten, zu den Nüsse versteckenden „Einhörnchen“ und dem Vogel des Jahres 2021, dem „Rotkälbchen“.

Frühling – die Kröten sind los … oder sind es vielleicht doch Frösche?

Ende März, Anfang April, die beste Zeit, die alljährliche Krötenwanderung zu beobachten, eines der faszinierendsten Naturschauspiele vor unsere Haustür. Nicht alle Kinder (und Erwachsenen) kennen die Unterschiede zwischen Kröten und Fröschen. Wer kennt welche? Die entscheidenden Unterschiede sind die Haut (glatt bei Fröschen, „hubbelig“/warzig bei Kröten) und vor allem die Fortbewegung. Der Frosch springt, die Kröte krabbelt und hüpft nur selten kurze Stücke. Das lässt sich sehr unterhaltsam mit den Kindern nachspielen. Einmal sind alle Kinder Frösche und müssen zu einem gedachten Teich kommen, d. h., sie springen in großen Sprüngen. Und danach geht es zum nächsten Fantasie-Tümpel als Kröten, gebückt, langsamer, wenn es trocken ist, auf allen vieren. Springfrosch-Weitspringen. Habt ihr schon gewusst, dass der Springfrosch bis zu zwei Meter weit springen kann? Unglaublich, oder? Ich habe im Frühling immer einen Zollstock im Rucksack. Packt ihn mal aus, legt ihn auf den Boden und macht einen FamilienFroschweitsprung-Wettbewerb. Schafft ihr die zwei Meter? Wer stellt heute den FroschRekord auf? Meine Lieblings-Kinderantwort auf die Frage nach den Unterschieden zwischen Kröten und Fröschen: „Die Frösche haben ein glatteres Fell.“

Seit 20 Jahren bin ich nun im Wald unterwegs, ich liebe meinen Beruf, freue mich auf jeden neuen Waldtag, auf fast jedes Wetter, auf viele Erlebnisse und Begegnungen in der Natur. Das Waldkonzert aus Bienensummen, Vogelgesang, Spechthämmern und dem Rauschen der Blätter hilft mir, abzuschalten und positive Gedanken anzuregen.

Mein Tipp: Raus in die Natur, wann immer es möglich ist. Alleine oder mit Kind und Kegel. Wald tut gut. Gerade in diesen seltsamen Zeiten.

Michael Zobel ist Naturführer und Waldpädagoge naturfuehrung.com

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