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Kinderärztlicher Notdienst in der Region
Kinderärztlicher Notdienst in der Region Aachen neu aufgestellt
Krankheiten halten sich nicht an vorgegebene Zeiten. Wer Kinder hat, hat es meist schon erlebt: Ausgerechnet am Mittwochnachmittag oder am Wochenende fiebert der Nachwuchs, verletzt sich oder hat einen Ausschlag. Was tun? Abwarten oder lieber abklären? Viele Eltern entscheiden sich für den Besuch beim kinderärztlichen Notdienst oder fahren direkt ins Krankenhaus. In NRW wird das altbewährte System bis 2022 allerorts von der Kassenärztlichen Vereinigung verändert. Statt die Ärztinnen und Ärzte im Notdienst in der eigenen Praxis aufzusuchen, müssen Betroffene nun in „Portalpraxen“ fahren. Bei uns liegen diese im Aachener Klinikum und im Bethlehem Gesundheitszentrum Stolberg, Düren hat am Wochenende eine Praxis im Krankenhaus Düren. KingKalli hat bei der am 1. April 2021 eröffneten Praxis im Aachener Klinikum vorbeigeschaut und mit dem gerade diensthabenden Arzt Dr. Claus Pfannenstiel gesprochen. Dr. Frank Friedrichs, der Vorstandsvorsitzende des Praxisnetzwerks für Kinder- und Jugendmedizin in der StädteRegion Aachen e. V., hat zudem die Hintergründe erläutert.
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Text & Fotos: Birgit Franchy
Sonntagvormittag, der 11. April 2021: Anfang des Monats hat der kinderärztliche Notdienst seinen Betrieb verändert. Er sitzt jetzt in den Räumlichkeiten der Uniklinik RWTH Aachen (Aachener Klinikum). In Elterngruppen auf Facebook gab es in der Woche einige Diskussionen. Wie läuft das Prozedere genau ab? Wo ist die Praxis? Stimmt es, dass man sich nicht anmelden soll und auch nicht anmelden kann? Finde ich die Praxis im weitläufigen Klinikum überhaupt? Sitze ich dort inmitten der Coronapandemie zwischen zig kranken Menschen und stecke mich erst recht mit dem Virus an?
Um 10 Uhr öffnet der kinderärztliche Notdienst an diesem Sonntag seine Pforten, und ich entscheide mich für einen Besuch – ohne Voranmeldung natürlich, denn die Praxis hat in der Tat keine eigene Telefonnummer und auch die Kassenärztliche Vereinigung, die vorher darüber Auskunft gegeben hat, welcher Kinder- und Jugendarzt im Dienst ist, vermittelt unter der 116117 keine Termine in Portalpraxen. Ich fahre mit dem Rad – ein Fortbewegungsmittel, das Familien mit kranken Kindern wohl eher nicht nutzen, also schaue ich mich auch auf dem Parkplatz um. Gegen Mittag gibt es am heutigen Sonntag jede Menge freie Parkplätze. An der Tür des Haupteingangs werde ich von einem Securitymitarbeiter gefragt, ob ich jemanden besuchen wolle, dann müsste ich mich anmelden. Ich verneine und erkläre, dass ich den kinderärztlichen Notdienst suche. Ohne Anmeldeformalitäten oder negatives Testergebnis darf ich das Gebäude sofort betreten. Schilder, die mir den Weg zur Portalpraxis weisen, kann ich keine ausmachen, also wende ich mich an den Empfang. Ganz einfach, ich solle direkt rechts neben dem Eingang in den Gang gehen und den Aufzug A zur 5. Etage nehmen. Gesagt, getan. Auf der 5. Etage trete ich in den Flur und finde auf dem regulären Schild unter „Kinder-NotfallBehandlung“ einen kleinen blauen Aufkleber „Kinderärztliche Notdienstpraxis Aachen“. Ich folge dem roten Pfeil und sichte bald an einer gelben Türe ein weiteres Schild „Flur 11 Kinderärztlicher Notdienst“. Aus dem nächsten Gang trete ich in einen sehr großen Wartebereich mit vielen bunten Stühlen und Spielgeräten für Kinder. Hatte ich erwartet, hier auf zahlreiche junge hustende und fiebernde Patientinnen und Patienten zu treffen, so bin ich jetzt überrascht. Nicht eine einzige Familie wartet hier auf die Behandlung. An der Rezeption, an der eine freundliche Mitarbeiterin der Kassenärztlichen Vereinigung sitzt, erfahre ich, dass ich hier durchaus richtig bin und dass ich gerne mit dem diensthabenden Kinderarzt Dr. Claus Pfannenstiel sprechen kann, da gerade nichts los sei. Dr. Pfannenstiel empfängt mich in einem der Behandlungszimmer. Auf meine Verwunderung, dass so wenig los ist, geht der Kinderarzt gerne ein. Es gebe „einen historischen Tiefstand bei den Erkrankungen von Kindern“, attestiert er. Einerseits würden möglicherweise weniger Menschen aufgrund gesteigerter Hygienemaßnahmen krank, andererseits gingen vielleicht weniger Menschen zum Arzt, benennt er zwei Gründe. Dann zeigt er mir die Räumlichkeiten. Normalerweise gehört dieses Behandlungszimmer zur Kinderkardiologie – außerhalb der
regulären Öffnungszeiten ist es nun vom kinderärztlichen Notdienst angemietet. Dr. Pfannenstiel hat Zeit, mir alles ganz genau zu zeigen, nebenan befindet sich ein weiteres Behandlungszimmer, alles ist bunt, wirkt gut ausgestattet und kinderfreundlich, Fenster fehlen, wie überall im Klinikum.
Am heutigen Tag hat es erst einen Besuch gegeben. Ein Kind wurde aus der Notfallambulanz nach oben geschickt, da es sich „um ein Kind“ gehandelt habe und die Kollegen unten dachten, die neue Praxis sei nun zuständig. Dr. Pfannenstiel musste die Familie wieder zurückschicken – gebrochene Gliedmaßen werden immer noch von der Notfallambulanz betreut, geröntgt wird unten, egal ob die verletzte Person ein Kind oder ein Erwachsener ist. „Kleine Anfangsschwierigkeiten“ seien dies, so Dr. Pfannenstiel, es müsse sich noch genau einspielen, wer wo genau behandelt wird. Letztlich biete die Nähe zu allen Fachkliniken aber auch Vorteile, so könnten schwerer erkrankte Kinder oder junge Krebspatienten beispielsweise direkt an die passende Station vermittelt werden.
Ganz glücklich ist Dr. Claus Pfannenstiel über die Neuregelung noch nicht. Er hätte es begrüßt, wenn die Kinderärztinnen und -ärzte in ihren eigenen Praxen hätten bleiben können. Auch der Aspekt, dass Eltern nicht anrufen können, missfällt dem Kinderarzt. So können weder kleine Anliegen telefonisch geklärt noch Termine vergeben werden. „Das war nicht unsere Idee“, gibt er die Verantwortung an die Kassenärztliche Vereinigung ab. Als dann eine Familie den Weg in die Praxisräume findet, verabschiede ich mich.
Wieso Notdienste jetzt nur noch im Krankenhaus? Hintergrund Portalpraxen
Wer denkt, die Idee des Umzugs des kinderärztlichen Notdienstes in die Uniklinik RWTH Aachen stamme von den Kinderärztinnen und Kinderärzten aus Aachen, irrt. Im Gegenteil, laut Dr. Frank Friedrichs, Vorstandsvorsitzender des Praxisnetzwerks für Kinder- und Jugendmedizin, wären die Kinderärzte und -ärztinnen gerne bei der alten Regelung geblieben, bei der Familien über die 116117 der Kassenärztlichen Vereinigung außerhalb der Sprechzeiten die diensthabende Praxis erfragen und dort einen Termin ausmachen konnten.
Gesundheitsministerium, Kassenärztliche Vereinigungen, Ärztekammern, Krankenhausgesellschaft sowie die Krankenkassen haben sich jedoch vor rund acht Jahren darauf geeinigt, in Nordrhein-Westfalen Portalpraxen bis 2022 flächendeckend einzuführen. Praxen für Erwachsene haben das System schon umgesetzt, Augenarztpraxen ebenso, Kinder- und Jugendarztpraxen müssen nun nachziehen, wo noch nicht umgesetzt. Für die Ärzte und Ärztinnen bedeutet dies, sie müssen Räumlichkeiten in einem Krankenhaus anmieten, zusätzlich Arzthelferinnen der Kassenärztlichen Vereinigung bezahlen und jeweils rund 68 Stunden im Jahr für den Notdienst in der externen Praxis einplanen. „Wir bleiben aber eine ,box in the box‘, weil wir keinen direkten Zugriff auf die Strukturen (Labor, Röntgen usw.) des Klinikums haben“, sagt Friedrichs. Auf die Idee, alles in den Krankenhäusern zu bündeln, kam man aufgrund der Beobachtung, dass immer mehr Menschen wegen Bagatellfällen sowieso direkt die örtlichen Krankenhäuser ansteuern. Um diese zu entlasten, sollen die allgemeinmedizinischen, kinderärztlichen und fachärztlichen Notdienstpraxen der niedergelassenen Ärzte dort angesiedelt sein. Zunächst war für den Bereich der StädteRegion Aachen in einem Bereich von Heinsberg bis Dahlem in der Eifel sogar angedacht, nur die eine Praxis im Klinikum anzubieten. 80 Kinderärzte sollten sich dort die Arbeit teilen. Das konnte immerhin abgewendet werden. Patientinnen und Patienten aus der Eifel müssen nun Bonn oder Mechernich ansteuern, Heinsberger Eltern fahren nach Mönchengladbach.
Für Aachen und die StädteRegion gibt es die Praxen im Aachener Klinikum und im Bethlehem Gesundheitszentrum Stolberg. Welche Klinik die Eltern aussuchen, können sie frei wählen. Aachens Notdienst ist etwas länger besetzt als der in Stolberg. Außerhalb dieser Zeiten kann man übrigens auch weiterhin ein Krankenhaus anfahren, dann ist wieder die Klinik zuständig und nicht die Portalpraxis. Letztlich sei die Portalpraxis dazu da, die Kolleginnen und Kollegen des Krankenhauses in Kernzeiten zu unterstützen und leichtere Fälle zu übernehmen. „Alle bemühen sich um eine gute Versorgung der Kinder“, so Dr. Frank Friedrichs.
Kinderärztlicher Notdienst Aachen und StädteRegion Aachen Außerhalb der Praxisöffnungszeiten der Kinderärztinnen und -ärzte gibt es für akut erkrankte Kinder und Jugendliche zwei Notdienstpraxen:
Für die Stadt Aachen:
Kinder- und jugendärztliche Notdienstpraxis am Universitätsklinikum Aachen Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen Öffnungszeiten: Mi und Fr 16:30-21:00 Uhr Sa, So, Feiertage 10:00-21:30 Uhr Anmeldung: Aufzug A4 oder B4, 5. Etage, Flur 11
Für die übrige StädteRegion:
Kinder- und jugendärztliche Notdienstpraxis am Bethlehem-Krankenhaus Steinfeldstraße 5, 52222 Stolberg Öffnungszeiten: Mi und Fr 16:00-20:00 Uhr Sa, So, Feiertage 11:00-20:00 Uhr Anmeldung: 4. Etage, Station B4
Außerhalb dieser Zeiten sind bei Notfällen die beiden Kinderkliniken in der StädteRegion Aachen für Familien da. Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Aachen: 0241 800 Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Bethlehem-Krankenhaus Stolberg: 02402 1070 pkj-ac.de/notdienst
Kinderärzte Düren
Sprechstunde am Krankenhaus Düren gem. GmbH Roonstraße 30, 52351 Düren, 02421 300 Sa 10:00-14:00 Uhr Vom 10.07.2021 bis 08.08.2021 bleibt die Zweigpraxis geschlossen. kinderaerzte-dueren.de
Hausbesuche sowie eine telefonische Erreichbarkeit können zum jetzigen Zeitpunkt an keinem der Orte angeboten werden. Außerhalb der Sprechzeiten werden Familien vom ärztlichen Notdienst betreut, Kinderärzte arbeiten dort jedoch nicht. Die zentrale Telefonnummer lautet: 116117