nr. 43 februar / märz 2012 chf 6,00 (schweiz) eur 4,00 (deutschland) eur 4,50 (österreich) eur 8,00 (nederland)
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auftakt big city life: eine urbane ausgabe über städte
Lieber Leser. ‹Urban›. Wenn du das schon hörst. Alles ist doch gerade irgendwie ‹urban›: Lebensentwürfe, Gestaltung, Kunst, Outfits und so weiter und so fort. Als ob Städte nicht schon immer die schönere Pampa waren. Ist klar, weil: In den wichtigsten städtischen Zentren leben natürlich fast ausschliesslich ganz wahnsinnig ‹urbane› Landeier. Oder hast du schon mal einen echten Zürcher kennengelernt? OK, einen vielleicht. Die Stadt ist und bleibt eben immer noch der Magnet des kulturellen und politischen Lebens jeder Nation. Ganz extrem beispielsweise in Frankreich. Dort gibt es eigentlich nur Paris, sonst nichts. Oder Deutschland: Wenn man nicht einmal so richtig in Berlin gescheitert ist, zählt man nichts. ‹Die Zukunft der Menschheit wird in den Städten entschieden›, sagt man. So hoch würden wir es in der kinki Redaktion nicht gerade aufhängen wollen. Trotzdem bemerkt man schnell, wie schlecht man ohne Städte auskommt. Oder wo sollte man sonst mit easyJet hinfliegen? Und wo würde man sonst schicke Klamotten und Platten kaufen, wenn nicht ... äh, im Internet. Es gibt aber auch andere gute Gründe für das Leben in Ballungszentren: Nachhaltigkeitsthemen. Die Transportwege sind kürzer, damit weniger CO₂intensiv. Gärten auf Dächern, in Wohnungen, auf stillgelegten Tram-Linien. Super! Dann kann man ja gleich wieder aufs Land ziehen. ‹Urban.› Wenn du das schon hörst ... Deine stadtnahe kinki Redaktion 3
www.rulesbymary.com
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inhalt
standard
Auftakt 03 Inhalt 10 Neuzeit 12 kinkimag.ch 18 Klagemauer 20 Kopfkino 68 Blattmacher 70 Maske 94 Int. Beziehungen 96 Abo / Impressum 112 Ghettofaust 114
report
Lost Angeles 30 Wortlaut: Martena Duss 34 Slumming – sehen, wie ... 36 Querschläger: Jack Stoiker 66 Der Wärmer kalter Betten 98
musik
Interview: Strotter 78 Verhör 80 Von Techno und Trachten 82 Vorspiel: Liz Green 84 Interview: Balthazar 86
56 St. Louis & Louise
Christian Knörr & Helvetia Leal
mode
‹Just around the corner, next to me› von Andrew Kuykendall 22 Interview: Augustine Teboul 42 ‹Mauerblümchen› von Haniball Saliba 44 Partnerlook 52 Welcome to the jungle 54 ‹St. Louis & Louise› von Christian Knörr & Helvetia Leal 56 Back on top 62 ‹Uptown Istanbul› von Maximilian vom Hofe 88
kunst
kinki inhalt
88 Jessica Backhaus
62
‹Face it› von Mark Jenkins 72 Schauplatz: Brand New Gallery 102 ‹I wanted to see the world› Back on top von Jessica Backhaus 104 Caps und Mützen sind auch dieses Jahr ein Thekooabaisiert [ Ergänzungsmaterial auf kooaba.com ]
I wanted to see the world
ma! Die Bloggerin Susan Zimmermann inszenierte einige davon mit ihren Freunden und dem Fotografen Yves Suter vor urbaner Kulisse. 10
Uptown Istanbul
Maximilian vom Hofe
36 Slumming – sehen, wie ...
In einem Slum leben möchte niemand. Einen besuchen dafür umso mehr: zahlreiche Unternehmen bieten sogenannte ‹Slum Tours› an. Doch woher rührt unsere Faszination für die Armut? Unsere Autorin Corina Bosshard suchte nach einer Erklärung für dieses uralte Phänomen.
78 Interview: Strotter
Er experimentiert mit zerkratzten Platten und anderen Gerätschaften und verkauft Klangfetzen in Bierdosen – Martina Messerli unterhielt sich mit dem Berner Soundkünstler Strotter Inst..
zugabe
Alex Kern
Alina Günter
Was kann man über jemanden sagen, der einfach mal so den politischen Selbstzerstörungsdrang einer ganzen Nation in Bildern einzufangen trachtet? Vieles. Am besten in Prosaform und als Loblied geschrieben. Fotograf Alex Kern hat mit seinen 29 Jahren die Gretchenfrage von analog und digital bereits geklärt und für kinki die Negative seiner L.A.Serie erfolgreich zu Bild-Gold verarbeitet. In einer Stadt, in der sekündlich Seifenblasen platzen während Stars und Sternchen GlitzerSmog inhalieren, fand der Absolvent der Stuttgarter Kunstakademie die Illusion des Reichtums und Patriotismus’ eines frühen Amerikas wieder: Lost Angeles. Alex Kern lebt und arbeitet derzeit in Stuttgart. – S. 30
Seien es CD-, Vinyl- und Postergestaltung für Sophie Hunger oder eine Vision der Welt in tausend Jahren für die WOZ, Alina Günter does it all. Und sie weiss, was sie da macht! Deswegen liessen wir die diplomierte Kommunikationsgestalterin auf ein bittersüsses Thema los. Alina bebilderte für kinki die Reportage zu den kalten Stadt-Betten reicher Pendler mit messerscharfen Illustrationen und brachte das heikle Sujet gestalterisch auf den Punkt. Seit ihrem Abschluss an der Hochschule der Künste in Bern arbeitet Alina Günter als selbständige Grafikerin und Illustratorin in Zürich. – S. 98
Christian Knörr Melanie und Helvetia Leal Biedermann
Die Zusammenarbeit zwischen Christian und Helve ist eigentlich nichts Neues, ‹nur haben sich die Vorzeichen verändert›, meint Christian. Während früher Make-up Artistin Helve in den Pinsel schwang und Christian den Knipser bediente, standen für die Fotostrecke ‹St. Louis & Louise› beide zusammen hinter der Linse. Die Zürcherin mit argentinischen Wurzeln betätigt sich nämlich seit einiger Zeit selbst als Fotografin. Christian Knörr arbeitet nach seiner Zeit in Paris heute hauptsächlich in der Schweiz und beschäftigt sich am liebsten mit Modeund Porträtfotografie. Wir bedanken uns bei Christian und Helve für die wunderschöne Strecke und finden: never change a winning team! – S. 56
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Nachdem Melanie ein dreimonatiges Praktikum in unserer Redaktion absolviert hatte, wurde uns schnell klar, dass wir ohne sie nicht mehr auskommen. Denn Melanie schreibt fantastische Reportagen, verfügt über ein feines Gespür für Mode und führt (trotz ihres teilweise schwer verständlichen Liechtensteiner Dialekts) sehr interessante Interviews. Von letzterem könnt ihr euch in diesem Heft überzeugen: Melanie traf sich in Winterthur mit der belgischen Band Balthazar, um sich mit ihnen über einen alten, perversen Einsiedler, verpisste Strassen und Venedig ohne Türme zu unterhalten. – S. 86
neuzeit
ready, set, sekt
agenda
02 20.02. first aid kit Mascotte, Zürich
24.02. nada surf & waters Komplex 457, Zürich 24.02. firefox ak Papiersaal, Zürich Perfekt sortiert und mindestens ebenso aufgeräumt: SET& SEKT in Basel
Puristisch ist sicher das richtige Wort, um den Concept Store SET& SEKT der Modedesignerin Corinne Grüter zu beschreiben. Am Basler Rümelinsplatz wird man vom schmalen, schlauchartigen Eingangsbereich des Ladens ins weisse Innere dieser Schatztruhe entführt. Im Store finden sich Meister der Konzept-Mode wie Maison Martin Margiela, Helmut Lang oder das schwedische Wunderhaus Acne. Dazu gibt’s grazilen Häkelschmuck von Arielle de Pinto oder adrette
Taschen und Portemonnaies von Isaac Reina. Die Auswahl an Produkten ist letztlich wie der Store selbst: schöngeistig und anmutig wie ein Gang durchs Museum. Deswegen freut man sich umso mehr, wenn man am Ende eines der traumhaften Teile mit nach Hause nimmt. Und damit sich’s dort angekommen auch ganz nach dem Konzept von Corinne weiterschwelgen lässt: SET&SEKT! Gefeiert wird übrigens auch hin und wieder vor Ort. (mb) setandsekt.com
1001 künstlerware Society6 ist eine der aktivsten Gemeinschaften der Welt, die Künstler dazu befähigt, ihre Werke jederzeit zum Verkauf anzubieten, ohne dabei die Kontrolle über ihre Rechte zu verlieren. Und so kommt es, dass auf der Website von Society6 unterschiedliche Produkte mit unzähligen Designs angeboten werden, darunter Art Prints mit oder ohne Rahmen, T-Shirts, Hoodies, iPhone Cases sowie Laptop- und iPhoneSkins. Der Zusammenschluss von Tausenden von Künstlern, Illustratoren und Fotografen auf Society6 hat auch einen nachhaltigen Aspekt: Alle Produkte werden erst dann pro-
duziert, wenn sie bestellt werden, so dass Materialverschwendung vermieden wird. Durch die schier endlose Auswahl ist die Bestellung zudem individuell und recht exklusiv, fast wie bei einem kleinen Kunstwerk, und auch die Qualität der Produkte ist erstklassig. Und so funktioniert es: Auf der Society6Website stöbern, Item auswählen, bestellen und schon verschickt uns Society6 im Namen des Künstlers weltweit das gewünschte Produkt, das nur auf unseren Wunsch hergestellt wurde. (sk) society6.com
25.02. digital maag – electronic live music festival feat. justice, modestep, totally enormous extinct dinosaurs, das pferd uvm. Maag Halle, Zürich
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01.03. sallie ford & the sound outside Rote Fabrik, Zürich 02.03. lafayette Kraftfeld, Winterthur 09.03. – 10.03. jubiläumswochenende - 2 jahre hinterhof feat. ost & kjex, alle farben, kate wax + a very special guest Hinterhof, Basel 09.03. – 20.05. collect the wwworld. the artist as an archivist in the internet age. Haus der elektronischen Künste, Basel 13.03. ödland Cafe Henrici, Zürich 15.03. soap & skin Rote Fabrik, Zürich 17.03. graduate show des instituts modedesign Kaserne, Basel 18.03. m83 / porcelain Les Docks, Lausannne 22.03. – 24.03. m4music - festival, conference & demontape clinic feat. modeselektor, brandt bauer frick ensemble, wolf gang, buraka som sistema, boy, boots electric uvm. Le Romandie und D!, Lausanne & Exil, Schiffbau und Moods, Zürich 24.03. - 01.04. fumetto - internationales comixfestival luzern Luzern
kinki neuzeit
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dining with the stars Schlichtes und schönes Design aus dem Hause Rashid.
Karim Rashid ist für die Welt des Industriedesigns wohl in etwa das, was Lady Gaga für die Popwelt ist – omnipräsent und weltweit gefeiert. Das hat sich nun auch der dänische Conceptstore BoConcept zu Nutze gemacht und eine Zusammenarbeit mit dem Popstar des Designs eingefädelt. Das Ganze nennt sich ‹Collection› und zollt
der Studienzeit Rashids in Ottawa Tribut. Doch auch an den Grundsätzen des dänischen Conceptstores, wie urbanes Flair, hochwertiges Design und angemessene Preise wurde festgehalten und so entstand eine funktionale Kollektion, die gleichzeitig minimalistisch und sinnlich ist. Wie das DiningSet, das aus einem Tisch, Stüh-
len, einem Sideboard, Cabinet und diversen Accessoires besteht, und dem Kunden die Möglichkeit bietet, es frei zu kombinieren und sich so eine individuelle Ess-Oase zu schaffen. Die Ottawa Kollektion ist ab März 2012 weltweit in allen BoConcept Stores erhältlich. (ad) boconcept.de
das jahr der grafik
aus dem nichts Stille als Inspiration, Einsamkeit und Schweigen als Basis einer modischen Neuinterpretation – Vivienne Appelius wagte diese Reise in die ruhigen Gefilde. Die junge Modedesignerin stellte sich dem ungewissen Selbstexperiment und verreiste ohne jegliche technischen Geräte an einen Ort, an dem sie sich sieben Tage lang aufhielt – ohne Einflüsse von Aussen. Die bewegende Reise in den Moment der Stille verarbeitete Vivienne in ihrer praktischen Bachelorarbeit an der Universität der Künste Berlin. Ihre psychische Entwicklung in der Abgeschiedenheit widerspiegelt die anregende Kollektion ‹still›. Die Fragilität der Stille ist darin unmittelbar mit der Schwere und Bedrohung der Einsamkeit verbunden. Diese Spannung greift die Berlinerin auf faszinierende Weise auf. Das Pure und Reine wird in ‹Nichtfarben› wiederspiegelt, das Schwarz assoziiert Leere und Dunkelheit. Karg und schlicht in Form und Farbe verleiht schliesslich das Material der Kollektion vibrierende Lebendigkeit und Sinnlichkeit. Die spezielle Art, auf welche Vivienne sich mit spannenden Themen auseinandersetzt, lässt auf weitere berauschende Kollektionen hoffen. Wir behalten sie jedenfalls im Auge ... (sw) vivienneappelius.com
dernen Arbeiten findet sich dort ein breiter und interessanter Überblick über das Schweizer Grafikschaffen der vergangenen 100 Jahre. Noch mehr Augenmerk auf die Gegenwart legt hingegen die ‹Grafik 12›: Vom 2. bis 4. März erwartet die Besucher in der Maag Event Hall junge Kunst und Graphic Art made in Switzerland. Mit von der Partie ist übrigens auch ein alter Bekannter des kinki magazins namens Marcus Kraft. Als ehemaliger Mitarbeiter der Grafikbude Raffinerie trug er wesentlich zum grafischen Konzept und Erscheinungsbild unseres Hefts bei. Seit einiger Zeit arbeitet Marcus nun als freier Grafikdesigner und Artdirektor und wird an der ‹Grafik 12› eine Auswahl seiner jüngsten Arbeiten präsentieren. Ein Besuch der ‹Grafik 12› und ‹100 Jahre Schweizer Grafik› lohnt sich definitiv!
Plakate fürs Zürcher Kino Xenix, gestaltet von Marcus Kraft.
Die Schweiz ist weltweit fast ebenso berühmt für ihre qualitativ hochstehende und präzise Grafik wie für ihre ebensolchen Uhrwerke. Aus diesem Grund befassen sich dieses Jahr gleich zwei wichtige Veranstaltungen mit dem Thema Schweizer
Grafik. Zum einen lädt seit dem 10. Februar bis Anfang Juni das Museum für Gestaltung in Zürich die Besucher zu einem Überblick über ‹100 Jahre Schweizer Grafik› ein. Vom legendären ABM-Plastiksäckli über das Swissair-Logo bis zu mo-
(rb) grafik-schweiz.ch marcuskraft.net museum-gestaltung.ch
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Vivienne Appelius macht ganz, gaanz ruhige Mode. Da werden selbst die Models schläfrig.
gewusst wie wo! neu kaufen oder Barbapapa, MiuMiu-Täschli und Pfennigabsätze entdeckt. ‹Nicht Neu› präsentiert die aktuelle Ausgabe des beliebten Nachschlagewerks für Brockis und Second-Hand-Läden in Zürich. 39 Second-Hand-Läden und 41 Zürcher Brockenhäuser werden porträtiert, Hintergründe werden erläutert und Meinungen kundgetan. Die 2012-Ausgabe trumpft ausserdem mit einer Premiere auf: ‹Nicht Neu› wagt den Weg in den Osten unseres Landes. Appenzell ist erster Gastkanton. Auf der Suche nach neuen GebrauchtwarenPerlen entdeckte man spannende lokale Raritäten. Jedes Büchlein ist übrigens ein Unikat. Bestellungen mit Namen, Adresse und dem gewünschten Artikel werden deshalb gerne von hello@nichtneu.ch entgegengenommen.
Wir brauchen mehr Gebrauchtes – der Zürcher Brocki-Führer ist da.
Twinset von Marni gefällig? Hippes Geschirrservice aus den 80ern? Schön-nostalgischer Edelkrimskrams? Spielzeug oder Designklas-
siker? Der aktuelle Brocki- und Second-Hand-Führer lässt dich nicht im Stich. Er zeigt dir das Beste von gestern, wo man Gebrauchtes
london legs
(sw) nichtneu.ch Patternity machen gewöhnlichen Strümpfen Beine.
kinki presents dillon
kinki präsentiert Dillons Schweiz-Tournee!
sphärisch Mit Maskerade haben die vier Jungs von Monophon herzlich wenig am Hut. Trotzdem heisst ihr Erstlingswerk ‹Makeup and Beauty› – und diese Beauty lässt Discos erstrahlen und Glitzer regnen. So folgten auf die letzte Festivalsaison, in der die Ostschweizer unter anderem kinki neuzeit
Dominique Dillon de Byington – der Name schreit förmlich nach Poesie. Und als die gebürtige Brasilianerin vor einigen Jahren im heimischen Kölner Wohnzimmer erste Tracks videografisch festhielt, wurden auch schon die ersten feinsensorischen Lauscher gespitzt. Wirklich entdeckt wurde Dominique alias Dillon aber erst in Berlin. Anfangs noch mit Mini-Keyboard und Megaphon unterwegs, entwickelte sie sich vom Electro-Punk zum Fräuleinwunder digital unterlegter ChansonPop-Soundgebilde. Mittlerweile ist Dillon beim Technolabel Bpitch Control unter Vertrag und begeisterte das Publikum unter anderem
am Melt!Festival und als Support für Tocotronic. Ende 2011 folgte der erste Besuch in der Schweiz, um ihr im November erschienenes Debut ‹This Silence Kills› zu promoten. Weil wir aber nicht genug von der authentisch gebrochenen Tragik der kühnen Wahl-Berlinerin bekommen können, beehrt uns das Mädchen mir der betörenden Stimme Ende März gleich nochmal für einige Gigs. kinki präsentiert Dillons Schweiz-Visite exklusiv und deswegen spendieren wir euch auf kinkimag.ch Tickets für die drei Konzerte in Zürich, Basel und Neuchâtel! (mb)
das zwielichtige Treiben im St. Galler Sittertobel eröffneten, mediale Loblieder. In der Zwischenzeit lieferte ‹die Schweizer Antwort auf MGMT› Openings für Acts wie etwa Friendly Fires oder Mika. Nach ihrer ReleaseParty im Zürcher Mascotte Anfang Januar verwandeln die Jungs mit ihrem Album nun auch euer Wohnzimmer in ein sphärisch-glitzerndes Klangmeer. Seit dem 20. Januar
gibt es das Debut ‹Makeup and Beauty› der St. Galler Synthie-Barden beim Plattenhändler eures Vertrauens. Oder aber bei uns – schickt uns eine Mail mit dem Betreff ‹Monophon› und euerer Adresse an wettbewerb@kinkimag.ch und gewinnt eines von zwei Alben und noch ein Band-Shirt obendrauf!
dillon-music.com
(mb) monophon.ch
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Wie jeder, der im Winter mal in London war, wissen dürfte, lassen sich englische Frauen selbst bei Minustemperaturen nur schwer zu Strumpfhosen hinreissen. Es sei denn, es handelt sich dabei um besonders ausgefallene Modelle wie jene des Londoner Strumpfhosen-Labels Patternity. Dieses bietet der Selbstdarstellungssucht eine weitere Darstellungsfläche: die Beine. Nicht einfach Strümpfe, sondern tragbare Kunstwerke sind es, die den Betrachter ins Staunen versetzen. Inspirationen angelt sich Patternity übrigens im täglichen Leben: Alltagsmuster dominieren die Designs des Labels. Zu haben gibt’s die kleinen Wunderwerke in der Schweiz leider noch nicht. Dafür aber online auf patternity.co.uk. (sw)
Gewinne ein Monophon-Päckli!
expect more pay less Die First Ladies der Nationen unterstehen einer besonders intensiven Beobachtung qualifizierter und wenig qualifizierter Modepolizisten. So auch Michelle Obama, die ihren Sinn für Mode jedoch spätestens mit dem Kauf von vier Jason Wu Kreationen auf einmal bewiesen hat. Für all diejenigen, die dem in Amerika sesshaften Taiwaner schon lange verfallen sind: eure Gebete wurden erhört. Und zwar vom US-amerikanischen Grosskonzern Target! Nach der im September 2011 erschienenen Kapselkollektion von Missoni für Target gibt sich nun auch Jason Wu die Ehre und entwirft für Target einige Teile. ‹The clothes reflect the
same feminine aesthetic of my ready-to-wear. You’ll be seeing silhouettes that are nipped at the waist to accentuate a woman’s form›, erklärt der Designer. Inspiriert von französischen New-Wave Filmen schneiderte Wu Stücke, von denen keines mehr als 60 Dollar kosten soll – frei nach dem Mantra des zweitgrössten amerikanischen Einzelhändlers ‹expect more pay less›. Ob sich auch Frau Obama die Ehre gibt und mit Ellbogen um die heissbegehrten Stücke kämpft? We’ll see … Für die Pazifisten und Nicht-Amerikaner gibt’s die Kollektion seit dem 5. Februar auch im Onlineshop. (ad) target.com
Natürlich – einmal anders!
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Lippenbalsam Body Oil CHF 5.50 CHF 20.50 100 % natürlich
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Liebevoll und einzigartig: Schmuck von The Vamoose.
Weshalb das englische Schmucklabel The Vamoose (zu deutsch: Abhauen) heisst, bleibt uns ein Rätsel. Denn nach Abhauen ist uns bei den schmucken Stücken überhaupt nicht zumute. Alle Schmuckstücke des Labels The Vamoose, das von Kathryn Blackmore ins Leben gerufen wurde, sind liebevoll von Hand gefertigt. Von Ohrringen über Arm- und Halsketten bis hin zu Pompons ist alles dabei, was das Frauenherz begehrt. Die Inspiration für ihr Design holt sich Blackmore in ihrer wachsenden Samm-
NEU – in Schweizer Apotheken erhältlich
lung von Vintage-Fundstücken, in der Naturgeschichte und indem sie das traditionelle Schmuck-Handwerk erforscht und mit modernen Einflüssen paart. Hergestellt wird der Schmuck in Grossbritannien, die Vintage-Komponenten werden weltweit bezogen. Da alle Teile handgefertigt sind, kann man sichergehen, dass es sich um Einzelstücke handelt, die nur uns schmücken. Überzeugt? Dann ab auf die Website von The Vamoose, durchstöbern und kaufen! (sk)
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Official and exclusive distributor
swatch in love
kinki presents phantogram Aus einer High-School-Freundschaft entsteht bisweilen mehr – wie bei Phantogram. Nach einigen Jahren Abstand fanden sich Sarah Barthel und Josh Carter wieder und gründeten eine Band. Mit ihrem ‹street beat and psych pop› ist das amerikanische Duo bald bei unserem nördlichen Nachbarn unterwegs. Diesen Monat reisen die beiden nämlich quer durch die Bundesrepublik und machen in Mün-
Wir holen Phantogram raus aus dem Wald und rauf auf die Bühne!
chen, Frankfurt, Berlin, Hamburg und Köln Halt. Lasst euch die Show nicht entgehen und besorgt euch noch heute Tickets für einen der Phantogram-Auftritte! (sw) phantogrammusic.virb.com
16.02. Orange House, München 19.02. Yellowstages, Frankfurt 20.02. Comet Club, Berlin 21.02. Prinzenbar, Hamburg 25.02. Get Addicted Party, Köln
ménage à trois
Auch nach Valentinstag noch tragbar: die Love Collection von Swatch.
Das sehnsüchtige Warten hat ein Ende: Swatch bedient sich Amors Pfeilen und trifft mit der neuen Love Collection wieder einmal mitten ins Herz aller Liebenden und Geliebten. Rot und Rosa dominieren die neue ‹Liebeskollektion› 2012. Zwei Original Gents verzaubern selbst Liebeszweifler und bringen Feuer und Wollust in düstere Gemüter. Die bezaubernde ‹Catch my Heart› umschliesst das Handgelenk in Rubinrot und ein kleines, weisses Wesen erklimmt das Zifferblatt aus einer roten Rose. Das reizende Modell ‹Lovely Mine› in Rosa verkündet die liebliche Botschaft ‹I love you!› Und von Liebe hat man bekanntlich nie genug. Deshalb hat Swatch zur Love Collection das SchmuckEnsemble ‹Glamorous Love› aus Edelstahl mit funkelnd roten Kristallen kreiert. Seit dem 3. Januar versprüht Swatch Liebe. Wer sich also nun schon in eines der Modelle verliebt hat, der mache sich rassig auf zur nächsten Swatch Verkaufsstelle. (sw) swatch.com
kinki neuzeit
Einmal mehr finden die Vault-Kollektion des Schuhherstellers Vans und der Künstler Taka Hayashi zusammen. Und für diese neue Kollektion vereint sich Taka Hayashi zudem noch mit dem amerikanischen Label Billykirk, eine Kollaboration, die sich offenbar für alle lohnt. Die Kollektion zeugt nämlich von einem weiteren Schritt der Marke in die Modewelt der Erwachsenen, denn der Kooperation zwischen dem japanischen Designer Taka Hayashi und Billykirk entsprang ein sportlichelegantes Trio: Der ‹Derby TH LX› ist von einem Anzugschuh inspiriert, die Neuinterpretation des legendären ‹Sk8-Hi›, der ‹Sk8-Hi TH LX›, hat einen lässig-luxuriösen Touch und der exzellent passende, gepolsterte ‹Billykirk No. 207 Flight Laptop Bag› vervollständigt den schicken Look.
Dreifach hält besser? Vans, Hayashi und Billykirk machen gemeinsame Sache.
‹Vault by Vans› vereint so in der Frühlingskollektion neueste Trends mit qualitativ hochstehendem und traditionellem Handwerk. Die wun-
derbaren Teile sind ab sofort bei allen ‹Vault by Vans›-Händlern und diversen Onlineshops erhältlich. (sw) vault.vans.com
5preview, 4 lines Die Schweden wissen, wie man’s macht. Ob Musik, Möbel oder Mode: Die coolsten Designs kommen verdächtig oft aus dem nordischen Königreich – noch immer. Und so strotzt die Frühling- / Sommerkollektion vom schwedischen Label 5Preview nur so vor düsterer Coolness und unartigem LolitaCharme. Das Label, das als absoluter Insidertipp gehandelt wird, machte erstmals mit selbstbedruckten T-Shirts, die auf MySpace vertickt wurden, auf sich aufmerksam. In Anlehnung an grosse Modehäuser wie Chanel oder Yves Saint Laurent entwarf das junge Label Motive, die dann in mühseliger Handarbeit auf die Shirts gedruckt
wurden. Diese Zeiten sind vorbei, und das Sortiment wurde erweitert. Die Kollektion ‹Shoreline› wurde in vier Linien unterteilt, die da wären: ‹Black Shell›, die in klassicher Manier zeitlose Stücke präsentiert, ‹Bathysphere›, in der mädchenhafte Ballerinakleider mit mutigen Rückenausschnitten zu finden sind, ‹Sea Breeze›, die Sommerlinie und natürlich ‹Basic›, die auf den Anfangspfaden von 5Preview wandelt und dem düsteren, satirischen Chic treu bleibt. Auf der Website des Labels kann man die Stücke übrigens nicht nur bestauenen, sondern auch gleich käuflich erwerben. (ad) 5preview.se
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Schon wieder Schweden, schon wieder schlicht, schon wieder schön!
my sunglasses are like my guitar
wir wollen papier!
Nicht sehr praktisch aber sooo süss: der Little Printer
‹Little Printer› verspricht uns Ordnung und Überblick im InternetKonsum. Der kleine Drucker des englischen Designstudios BERG kommt 2012 auf den Markt. Gesteuert durch ein Smartphone-App druckt Little Printer mehrmals täglich individuell zusammengestellte Inhalte auf schmale Thermo-
ABER BITTE
Papierstreifen aus, die Quittungen oder Bankauszügen ähneln. Laut BERG ist Little Printer mehr ein ‹Familienmitglied oder Arbeitskollege› als ein Werkzeug: Der niedliche Minidrucker versorgt uns häppchenweise mit Nachrichten, Rätseln, Updates aus sozialen Netzwerken und, nicht zu vergessen, mit Tratsch und Klatsch. Digitalen Inhalt auf physischem Papier zu nutzen scheint auf den ersten Blick etwas ungewohnt, schliesslich ist elektronischer Konsum zeitgemässer. Doch für Matt Webb, CEO von BERG, ist Papier das perfekte Medium und er vergleicht es mit ‹einem Bildschirm, der niemals ausgeht›. BERGs LaunchPartner Arup, foursquare, Google, the Guardian und Nike sind jedenfalls überzeugt: Little Printer wird gross rauskommen.
Die gelenkigste Brille der Welt: die ‹FAME von Götti›
Ja, Patti Smith ist sich der Signifikanz der Sonnenbrille bewusst. Was sonst schützt deine Augen vor fiesen Sonnenstrahlen und lässt dich trotz Hangover strahlend frisch aussehen? Eben. Ausser vielleicht ein Angestellter, der ständig vor dir hertappelt und die Hände schützend über deine Augen legt. Doch wer kann sich so einen Sichtversperrer schon leisten? Deshalb bleiben wir lieber bei den Sonnenbrillen. Am besten kauft man sich natürlich welche vom Zürcher Brillengeschäft Götti Switzerland. Mit dem neusten Modell FAME löste Götti gleich noch ein anderes Problem: Wohin mit
(ad) bergcloud.com/littleprinter
der Brille, wenn sie gerade nicht gebraucht wird? In der Handtasche hat sich das Nasenfahrrad schnell in ein Duell mit Kopfhörerkabeln verstrickt, und in der Brusttasche der Barbourjacke macht sich die Brille auch nicht so gut. Glück gehabt, Götti Switzerland hat das FAME Modell nämlich mit sogenannten Spin- und Stow-Bügeln ausgestattet, die sich um 360° drehen lassen und so eine komplett flache Aufbewahrung ermöglichen. Also nie wieder unschöne Beulen in der Jackentasche, keine gekrümmten Bügel und nie wieder zusammengekniffene, tränende Augen. (ad) gotti.ch
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Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu. Fumer nuit gravement à votre santé et à celle de votre entourage. Il fumo danneggia gravemente te e chi ti sta intorno. 70135_Bat_Par_Cenovis_Follow_UP_Kinki_Magazine_203x129_D.indd 1
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kinkimag.ch
urban animals die im New Yorker Untergrund ihr Unwesen treiben, ist nur eine davon. Hierzulande haben wir es mit weitaus weniger furchteinflössenden Tieren zu tun. Wenn nicht gerade ein Wolf die Gegend unsicher macht, sieht man sich nicht gezwungen, die Schrotflinte zu zücken.
Sie durchstöbern unsere Mülltonnen, durchkämmen unsere Strassen und wühlen in unseren Gärten: Wilde Tiere beeinflussen das Stadtleben seit geraumer Zeit. Es gibt zahlreiche Geschichten, die ihre Anwesenheit bestätigen. Die Legende der Riesenalligatoren,
Doch wie gefährlich ist das Zusammenleben mit den urbanisierten Tieren wirklich? Welche Massnahmen müssen getroffen werden, um ein Leben in Eintracht zu gewährleisten? Und Hand aufs Herz: Sind nicht wir Menschen die wahren Eindringlinge?
stadt land fluss Schreiber dehnte das Spiel beschwingt auf ein Modeshooting aus und erhielt die Letter K. Über Stock und Stein ging’s nach Kapellen am Niederreihn, wo sie mit ihrem Team das Model Kassem Salim in Stadt-, Land- und Flussnähe ablichtete. Das Model trägt eine schicke Mischung aus angesagten Labels und Vintage-Klamotten, ‹Stadt, Land, Fluss› mal anders gibt’s auf kinkimag.ch/magazines zu entdecken.
Wer kennt es nicht, das Unterhaltungsspiel, bei dem geografisches Wissen zu beliebig gezogenen Buchstaben in möglichst kurzer Zeit abgefragt wird? Für GeografieNerds eine schöne Gelegenheit mit Städtenamen wie Balqasch und Flüssen wie Ogowe anzugeben. daktisch wertvolle Spiel allen weniger Geografie-bewanderten, wenn man es auf beliebige andere Fachgebiete wie Filmsternchen, Models oder Fluchwörter ausweitet. Die deutsche Fotografin Charlotte
we are enfant terrible Im Urlaub verzichten sie gerne auf den Computer und das Telefon, doch wenn es um Musik geht, nehmen sie sogar Videospiele zur Hand: We Are Enfant Terrible sind die schlimmen Kinder der 8 BitElektro-Pop-Welt. Obwohl sie üblicherweise auf Englisch singen, veröffentlichte das französische Trio am 12. Dezember 2011 erstmals eine EP mit Liedern in ihrer Muttersprache. Sascha Komenda unterhielt sich mit Clo, Thomas und Cyril und merkte schon bald, dass die Franzosen das Motto ‹La vie est belle› in vollen Zügen ausleben.
hoch hinaus Wie der Prime Tower in Zürich wollen auch wir in unseren virtuellen Gefilden hoch hinaus schiessen. Was wir da oben wollen? Die beste Unterhaltung bieten und euch neue Perspektiven aufzeigen, wie kinki kinkimag.ch
im Heft auch. Deshalb gibt es Tag für Tag neuen urbanen, modischen oder künstlerischen Content. Zum Beispiel die Landkarten-MalereiCollagen von Matthew Cusick oder einen Artikel über Musiklables wie 18
Wolf & Lamb oder Smallville. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, klickt mal in unserer Neighbourhood vorbei. Oder sucht euch doch am besten gleich ein Plätzchen in der Gegend, damit man sich öfter sieht!
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klagemauer Ist dein neuer Kashmir-Pulli eingegangen? Der Joghurt im Kühlschrank zu neuem Leben erwacht? Setzen sich die Psychopathen im Bus immer neben dich? Egal was dich gerade stresst oder nervt: Auf kinkimag.ch unter ‹Klagemauer› kannst du Dampf ablassen. Die besten Einträge werden hier veröffentlicht.
ich wollte noch nie jemanden wirklich wirklich!! DAS nervt merle | ich weiss nicht, es fehlt was coco | Träumen. Vor allem am Tag. Das ist doch nicht gesund! tagträumerinhoch98235 | ich will jemanden wie schon seit langen nicht mehr. das nervt gopfristutz willwillwillwill | Mein Lieblingsjoghurt schimmelt. Wirklich. Zephyr | ich dachte, das wissen, dass ich ihn im märz (also nach 10 monaten) wiedersehe, würde meine sehnsucht nach ihm etwas verringern. das gegenteil ist der fall. ich vermisse ihn. wannistmärz | was ist nur los mit mir? ehh | spar dir deinen bescheuerten blick und investiere die energie in einen allfälligen netten kommentar zur abwechslung. ich meine freunde sind nicht dazu da einem schlechte laune zu bescheren, oder? aron | 8 stunden unterwegs, davon 3 stunden gearbeitet. knapp 60 franken verdient. WOLLT IHR MICH VERARSCHEN! bin erledigt | traumwohnung doch gekriegt, nichts zu klagen :) lexy | Willst du - trotz meinem fiesen Pickel, verstrubbelten Haaren und verschmierter Wimperntusche - mit mir den Abend verbringen? Nein? Resignation | ich würd dich ja schon gern lieben. ist doch so | und wer liebt mich? eifersucht | liebe chefs, macht uns die Kündigung doch nicht noch schwerer in dem ihr uns einen Tag zuvor Geschenke macht!!! :( Nickname | in einer anderen sprache weder lustig noch schlagfertig sein können! meh | shit den arschteuren kaschmirpulli in die maschine gesteckt RRRHAA kakomat | Das ‹Somebody that I used to know› bestimmt 100 mal von verschiedenen Leuten auf Facebook gepostet wurde... danke Leute, es ist ein geiles Lied, aber langsam nervt's! MeUnder100 | ich riech in 2 tagen noch nach fumoar. übrigens heisst das fumoir | Schimmel in der wohnung, schlechte laune und kein bock auf besuch. Kotz! sprayingberry | ich hatte so einen genialen satz im kopf und jetzt ist er einfach weg. lost | schöne filme sehen, wo die typen so toll sind und dann traurig sein weil meiner nicht so ist. will widermal frisch verliebt sein | Die Phase der Kosenamen hat eingesetzt. Ska | wie soll man im zeitdruck eine kreative arbeit machen?! schafft die doofe zeit ab vedammt! künstlerblockade | Suche Mann mit Pferdeschwanz, Frisur egal. SoBoring | Heut ist ein seltsamer Tag. Ich mag weder essen noch schlafen. Ist Vollmond oder fall ich ins Januar-Loch? Miraculin | auf die fresse fallen. und ne nich wegem eis. wegen meinem offenen schnürsenkel. lexy | sozialer kreis wo bist du, haha same here! unbegründets komisches gfühl | arschkalt....dann erwart ich aber gefälligst auch schnee!! und zwar in massen. bitte! jetzt! sofort! mascha | kinder mit zahnlücke haben iPhones?! verkehrte welt | kinki klagemauer
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just around the corner, next to me
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Dress: Helmut Lang Scarf: Missoni Tights: Falke Boots: Miista
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Top: Stylein Tights: Diana Orving Boots: LD Tuttle
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Glasses: Linda Farrow Vintage T-Shirt: T by Alexander Wang Dress: Stylein
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Top: Nina Jarebrink Trousers: Monki Shoes: Underground Photography Andrew Kuykendall @ LVAplus.com Styling Emely Catherina @ EmelyCatherina.co.uk Hair Peter Beckett @ FrankAgency.co.uk Make-up Therese Dombek @ ThereseDomek.com Model Hirschy @ Select, London/ Supreme, NY Videographer Jean Pierre Caner @ JeanPierreCaner.com
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Lost Angeles
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Nirgendwo liegen Hoffnung und Scheitern so nahe beisammen wie in Los Angeles. Überall aus den USA und der ganzen Welt strömen Menschen hierher, um vom Tellerwäscher zum Millionär aufzusteigen oder als Star gross rauszukommen. Doch der Aufprall auf die Realität kann hart sein. Sehr hart. Text: Agi Habryka, Fotos: Alex Kern
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ie der Pfad zur Hölle sieht sie aus und ungefähr so riecht sie auch: die Skid Row, zuweilen als ‹The Nickel› bekannt, im Ost-Zentrum von Los Angeles. Fast jede Megametropole in den USA besitzt ein solches ‹Pennerviertel›, wie das Wörterbuch den Begriff Skid Row übersetzt. Angefangen hat es in L.A. in den frühen 70er-Jahren, als die Politik davon ausging, Ghettoisierung sei die ultimative Lösung, um Kriminalität, Armut und Drogenhandel zu kontrollieren. Eingegrenzt und in einem bestimmten Gebiet zentralisiert, seien die Probleme überschaubar
‹Glück, Glücklichsein, Geld, Schönheit und Gesundheit.›
an Hoffnung. Nur so kriegt man hier Kleingeld.› Wie um das Gesagte zu untermauern, grinst er mich ironisch an. Oder vielleicht auch einfach nur aus Reflex. ‹Eigentlich sollten die bei der Ankunft hier Aufkleber verteilen, auf denen geschrieben steht: Welcome to L.A. – Stay fuckin’ happy!› Jeff muss bei diesem Gedanken lachen. Wie man angesichts all der Probleme hier, denn überhaupt noch grinsen könne, frage ich ihn. ‹Was für Probleme?› entgegnet Jeff. ‹Probleme gibt es hier nicht. Zumindest will sie keiner sehen.› Jeff hatte ein normales Leben. Mit Frau, Job, Auto, Hund und allem, was so dazu gehört, um am unteren Rand der Mittelschicht zu kratzen. Ein paar Jahre lief es ganz gut. Dann habe sie ihn verlassen, sei mit seinen Ersparnissen, seinem Hund, dem Auto und seinem Chef durchgebrannt.
und leichter lösbar – dachte man. So sammelten sich mit der Zeit die kriminellsten, gewalttätigsten und unsozialsten Mitbürger in diesem Ballungsraum an. Fünfzig Blocks umfasst die Skid Row in der Stadt der Engel. Fünfzig Blocks, in denen über 10 000 Menschen auf Müllhalden, Exkrementen, Pappkartons, in alten Zelten oder schlichtweg auf dem nackten Boden schlafen und leben. Seit Jahren gebührt ihr der wenig ruhmreiche Titel, die grösste Dichte an Obdachlosen in den USA aufzuweisen. Bei Nacht verwandelt sich die Gegend in eine Zeltstadt voller Gezanke, Geschrei und Musik. Wenn es doch mal still ist, hört man das Stöhnen von Prostituierten, die ihrem Erwerb nachgehen. Hier ist sich jeder selbst der Nächste. Es ist die Endstation. Für viele ist es die Hölle auf Erden.
Stay fuckin’ happy
‹A dollar would do it. God bless you›, steht in krakeligen Buchstaben auf dem völlig verdreckten Pappschild von Jeff geschrieben. Breit und zahnlos grinst er die Passanten an. Mit Jogginghose und einem Lakers T-Shirt bekleidet, hält er das Schild an der Walt Disney Concert Hall in die Höhe. Er müsse immer grinsen, erklärt er. Wenn er deprimiert glotzen würde, würden die Leute angewidert wegschauen. Traurigkeit würde hier keiner sehen wollen. ‹Hier hat jeder verfickt noch mal glücklich zu sein. Darum geht es in unserer Gesellschaft: Glück, Glücklichsein, Geld, Schönheit und Gesundheit.› Jeff gerät richtig in Fahrt. ‹Und darum grins ich. Um so zu tun, als mangele es mir zwar an Geld, nicht aber 31
Linke Seite: Und irgendwo ganz fern lockt Hollywood ... Diese Seite: Stars, Stripes, Strips and Struggles – welcome to L.A.!
in Ruf- und Sichtweite und das Leben genau so kontrolliert, wie man es sich wünscht. Die mexikanischen Gärtner pflanzen stetig und im Akkord importierte Rosenzwiebeln, mähen den Rasen und reinigen den Pool. Auch den Haushalt schmeisst das Dienstpersonal. Es ist das Leben auf der Sonnenseite, auf der anderen Seite des Zauns. Statistisch gesehen bilden die Superreichen die kleinste Bevölkerungsschicht in Los Angeles. Und dennoch: Sie haben mit ihrem Luxus, ihren Villen, ihrer Dekadenz und ihrer Unnahbarkeit das Bild dieser Stadt stärker geprägt als jede andere Schicht. Wegen der Stars werden jährlich Millionen von Dollar, Euro und Franken in die Yellow- und Boulevardpresse gepumpt. Was tragen sie drüber, was drunter? Was essen und trinken sie? Wo wird geshoppt, falsch geparkt? Wo und mit wem heimlich geknutscht? Dieser Fragenkatalog wird Woche für Woche von einschlägigen Gazetten beantwortet. Geld macht gläsern. Da machen die haushohen Zäune Sinn.
Made in Hollywood
‹Jeder träumt davon, es irgendwann einmal zu schaffen.›
Und weg war es, das normale Leben. Innerhalb weniger Wochen war er obdachlos, innerhalb weniger Tage verzweifelt und aus der Gesellschaft verstossen. Jeff zählt die Ausbeute des Tages. 32 Dollar und 73 Cent. Nicht viel, aber genug für ein Sandwich und ein Dach über dem Kopf in einer der Sammelunterkünfte in der Third Street.
Bunker Hill
Absurd, dass man mitten in der Skid Row in der Third Street geradewegs in Boutiquen stolpern kann, in denen Jutebeutel von namhaften Designern zu kaufen sind, die mehr kosten als Jeff in einem Monat erbettelt. Nirgendwo werden die Extreme der amerikanischen Gesellschaft deutlicher als hier. Bunker Hill, einen Atemzug von The Nickel entfernt, ist streng genommen das einzige Gebiet in Los Angeles, das einer Innenstadt gleicht. Zwischen den beiden Stadtteilen herrscht ein Unterschied wie zwischen Himmel und Hölle: Gläserne Wolkenkratzer, teure Restaurants, schicke Cafés. In Bunker Hill findet man alles, was man braucht. Vorausgesetzt man kann es sich leisten. Manger, Banker und junge Erfolgreiche flanieren hier die Strasse entlang, Jeff zieht es weniger nach Bunker Hill.
The Princes of Bel Air
Diejenigen, denen ein überwachter und unüberwindbarer Gartenzaun wichtiger ist als das Grossstadtflair, zieht es nach Bel Air, Beverly Hills oder Malibu. Dort ist der Nachbar nicht kinki report
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‹Jeder träumt davon, es irgendwann einmal zu schaffen›, sagt Will und schnippt seinen Hut aus der Stirn. Vor zwei Jahren kam er aus Texas hierher, um Schauspieler zu werden. Zunächst kellnerte er in Restaurants. Seit knapp einem Jahr arbeitet er jetzt auf der Strasse. Tagein, tagaus tritt er mit seiner Skelettmarionette Mr. Bonetangles in der Thirdstreet Promenade in Santa Monica auf. Die Einkaufsbummler und Flaneure halten unweigerlich an, wenn sie Will und Bonetangles sehen. Bonetangles singt, swingt, steppt, schluchzt und rockt zu weltbekannten Songs. Er performt auf einer kleinen, aus einem Koffer gebauten Bühne mit rotem Samtvorhang und Miniglühbirnenbeleuchtung. ‹Meine Puppenidee ist geklaut›, gibt Will lächelnd zu. ‹Ich habe mal einen Typen in Barcelona gesehen, der Skelett-Marionetten auf der Strasse tanzen liess. Der hat mich umgehauen. Ich hoffe, dass ich ihm einmal für diesen Einfall danken kann. Vielleicht könnten wir sogar ein SkelettMarionetten-Duell austragen.› Will muss lachen. ‹Ich liebe das, was ich tue›, fährt er fort. ‹Ich liebe es, auf der Strasse zu spielen. Die Strasse ist ehrlich. Die Leute bleiben stehen oder auch nicht. So einfach ist das. Immerhin kann ich von
diesem Job meine Miete in West L.A. bezahlen. Das wichtigste ist doch das eigene Glück. Ich will glücklich sein.› Ich muss unwillkürlich an Jeff denken und wie er bei diesen Worten wohl voller Hohn grinsen würde. Die Dynamik von Los Angeles hat eine magnetisierende Wirkung. Überall aus den USA und der ganzen Welt locken die angeblich unbegrenzten Möglichkeiten Menschen hierher: Individualisten, Selbstverwirklicher, Freaks, Träumer, Sehnsuchtsgetriebene. Sie kommen, weil sie voller Hoffnung sind. Sie bleiben, weil sie die Hoffnung nicht aufgeben. Es ist die Hoffnung auf
‹Dass die lokalen Surfer in Neoprenanzügen auf den Wellen reiten, hat nichts mit der Wassertemperatur zu tun.› ein leichtes Leben, auf Geld, Glück, Gesundheit, Ruhm, Ehre – auf ein Stück vom Kuchen. L.A. hat einen gigantischen Magneten im Hintern, der jeden anzieht, der das Träumen noch nicht verlernt hat. Aber wie das mit den Träumen manchmal so ist: Der Aufprall auf die Realität kann hart sein.
zehn Jahren in L.A. L.A. erschafft Leben, L.A. zerstört es aber auch mit einem Wimpernschlag. Der Kern des Problems sei das USamerikanische Gesundheitssystem, meint Susan Maddela, Sprecherin eines Obdachlosenheims in Los Angeles. Wer krank sei, könne sehr schnell entlassen werden. Und da viele Menschen keine oder keine ausreichende Krankenversicherung hätten, landeten sie auf der Strasse, wenn das Gesparte aufgebraucht ist. Das soziale Netz ist voller Löcher, durch die man schneller hindurchfällt, als man denkt. Wie das eigentlich sei, tagtäglich Menschen zu sehen, die für ihre Handtasche mehr Geld ausgeben als man jemals in Händen hält, frage ich Jeff. ‹Das ist zum Kotzen›, antwortet er. Dann setzt er sein höhnisches Grinsen auf und ergänzt: ‹Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, irgendwann mal selber eine zu besitzen. Wir sind hier schliesslich in L.A. und hier hat man verfickt noch mal glücklich zu sein.›
Linke Seite, oben: Immer neblig und schwer zu greifen: Los Angeles von oben. Linke Seite, unten: Die Freiheit im Vorgarten? Nichts ist unmöglich! Diese Seite: Everybody, keep the faith!
South Central
Die harte Realität schildert das Los Angeles Police Department auf seiner Internetseite: 23 000 gewalttätige Gangdelikte, davon 784 Morde, 12 000 Kapitalverbrechen, 10 000 Überfälle und 500 Vergewaltigungen. Das ist die traurige Bilanz der letzten fünf Jahre. 250 aktive Gangs gibt es in L.A., zu denen schätzungsweise 56 000 Mitglieder zählen. Auch dies ist eine Facette von L.A. Während einige wenige makrobiotische Luxushäppchen in Hollywood geniessen, versuchen viele andere schlichtweg zu überleben. Diese Co-Existenz funktioniert. Noch. Los Angeles hat Probleme. Es erstickt an seinem eigenen Müll, der durch grosse Rohre gepumpt im wunderschönen Pazifik landet. Dass die lokalen Surfer in Neoprenanzügen auf den Wellen reiten, hat nicht nur etwas mit der Wassertemperatur zu tun. In L.A. gibt es mehr Autos als Menschen. Als General Motors die U-Bahn kaufte, um sie und ihren Ausbau stillzulegen, ahnte man noch nicht das Ausmass der Umweltverschmutzung, das über 20 Millionen Autos anrichten würden. Aber auch hier findet man einmal mehr Jeffs These bestätigt: Es gibt keine Probleme, man muss glücklich sein. Schliesslich darf man sich in L.A. über 333 Sonnentage im Jahr freuen. Dass diese glänzende Fassade eine dunkle Kehrseite hat, beweist eine andere Statistik: Zu keinem Zeitpunkt der Weltgeschichte wurden so viele Menschen in psychiatrischen Anstalten und Therapiezentren behandelt wie in den letzten 33
wortlaut das 10 minuten interview
Martena Duss: ‹Die Franzosen stricken komplett anders als wir Schweizer.› Interview kinki magazin: Was ist das Motto des Sweat Shops, Martena? Martena Duss: Wir haben viele, aber ‹Stop the shopping, start the making› oder ‹Less buying more trying› sind unsere Favoriten. Lebst du diese Grundsätze auch selber? Ja, klar! Wenn man etwas selber macht, ist man dem Produkt näher, man hat es automatisch gerne. Ich liebe zwar H&M, aber ich mag auch Individuelles. Mein Kleiderschrank ist eine Mischung aus ‹Fast Fashion› wie H&M, teuren Designern, Selbstgemachtem und umgenähten Sachen.
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or sechs Jahren ging die Schweizerin Martena Duss mit Make-up-Pinseln, einer Nähmaschine und einem Koffer nach Paris. Ihr Traum: Make-up Artist werden und mit den grossen Stars der Branche arbeiten. Dieses Ziel hat sie erreicht und weit mehr: Sie ist Besitzerin des Café Couture Sweat Shop in der Nähe des hippen Viertels am Kanal St. Martin. Doch der Weg dorthin war nicht einfach. Anfangs lebte sie in einem schimmligen Dachzimmer, arbeitete in einem Glacé-Laden, schminkte unglamouröse Produktionen und gönnte sich jahrelang keinen Luxus. Was muss man sich unter einem ‹Café Couture› vorstellen? Der Sweat kinki wortlaut
Eigentlich versetzt du die Leute in eine Situation wie vor 100 Jahren. Ist das nicht absurd? Der Unterschied ist, dass wir heute die Freiheit haben zu wählen. Der momentane Vintage-Trend bezieht sich nicht nur auf Klamotten und alte Platten, das ist ein Lebensstil. Wir sind eine sehr kopflastige Generation. Die meisten von uns sitzen 50 Stunden pro Woche vor einem Computer aber es kommt dabei selten ein greifbares Produkt heraus. Uns fehlt Tastbares, Fassbares, Materielles. Es ist doch ein natürliches Bedürfnis, etwas mit den Händen machen zu wollen. Es ist ein unbewusstes Ablehnen der Cybergesellschaft.
Shop ist die Fashion-Version des Internet-Cafés: anstelle von Computern werden Nähmaschinen vermietet. Wer beim Nähen Hilfe braucht, kann einen Kurs belegen. Egal, ob man noch nie eine Nähmaschine berührt hat oder Modedesign studiert – die Kurse sind auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten. Entwerfen, stricken, ‹customizen›, fast alles ist möglich, solange man es selber macht. Denn der Sweat Shop ist keine Schneiderei sondern folgt Montessoris Grundsatz: Hilf mir, es selbst zu tun. Und warum nennt sich der Sweat Shop ‹Café Couture›? Weil man auch einfach nur einen Kaffee trinken kann, wenn man keine Lust auf Handarbeit hat.
Gibt es in Sachen Handarbeit denn kulturelle Unterschiede zwischen den Schweizern und Franzosen? Die Franzosen stricken komplett anders als wir Schweizer. Sie klemmen sich die Stricknadel unter den Arm und wickeln dann die Wolle um die Nadel. Grundsätzlich ist das ganze Schulsystem anders, die Franzosen kennen Handarbeits- oder Werkunterricht nicht. In Paris weiss man nicht, wie man einen Knopf annäht. Wir Schweizer gehen viel natürlicher an die Sache ran und haben keine Angst vor einer 34
Nähmaschine. Und dann ist es auch ein gesellschaftlicher Unterschied. Die Pariser sind viel zu ‹bourgeois›, um etwas selber zu machen oder sie haben mindestens einen gigantischen Respekt davor. Sie sind nunmal verwöhnt, wenn es um die Mode geht, weil sie ihr ganzes Leben von Haute Couture umgeben sind. Wessen Hilfe braucht man, um so ein Projekt zu realisieren? Den ganzen Freundeskreis! Früher ist mir nie aufgefallen, wie vielfältig mein Umfeld ist. Der Freund meiner Schwester ist Grafiker, der Bruder von meinem Freund ist Innendekorateur, unsere Kursleiter sind alles Freunde und ganz viele Leute haben uns mit der Administration geholfen. In dem Moment habe ich gemerkt, dass wir erwachsen geworden sind. Gemeinsam konnten wir etwas erreichen, weil jeder eine Fähigkeit hat, die nützlich ist. Alle fanden es wahnsinnig witzig und ich bekam sehr viel positives Feedback und zum Glück auch psychologische Unterstützung. Welche Kreationen sind dir besonders in Erinnerung geblieben? Ein Pariser It-Girl hat für eine Club-Eröffnung einen hautengen, roten Latex-Dress genäht. Oder das Dinosaurier-Kostüm von einem 7-jährigen Bub. Normalerweise nähen wir mit Kindern ein simples Täschchen, auf jeden Fall sicher nicht ein ganzes Kostüm. Und dann gab es noch die Frau, die StoffVaginas genäht hat, richtig mit kleiner Klitoris, Stoff-Schamlippen und Pelz-Besatz. Weitere Info zum Café Couture Sweat Shop findest du unter sweatshopparis.com Text und Interview: Madeleine Wohlfahrt Foto: Franco P Tettamanti
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9 | 10 | 11 MÄRZ 2012 STUTTgART LIEDERhALLE www.blickfang.com
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Slumming – sehen, wie die andere Hälfte lebt
In den Metropolen des Südens blüht der ‹Slumtourismus›: Statt sich am Strand zu sonnen, bahnen sich immer mehr Touristen in ihren Ferien lieber den Weg durch die überfüllten Gassen eines indischen Armenviertels, steigen über tote Ratten in Rio de Janeiros grösster Favela La Rocinha oder lassen sich in Autos mit schusssicheren Scheiben in eine Township in Soweto karren. Ein umstrittenes Phänomen, doch neu ist es nicht: Die Erkundung städtischer Armutsgebiete als Freizeitbeschäftigung hat Tradition: Brave, gut betuchte Bürger unternehmen bereits seit mehr als 150 Jahren organisierte Ausflüge in die heruntergekommenen Viertel ihrer Stadt. Das Wort ‹slumming› entstand fast zeitgleich mit dem Wort ‹slum›. Was in aller Welt suchen wir im Unterholz der Grossstadt? Text: Corina Bosshard, Fotos: Daniel Tischler kinki report
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er Esel ist tot. ‹Was erzählst du da?› ‹Der Esel ist tot›, wiederholte ich. Meine Freundin am anderen Ende der Leitung schwieg irritiert. Wir hatten uns während unseres Ethnologiestudiums in Zürich angefreundet und machten gerade gleichzeitig unsere Feldforschung im Ausland, welche später den Stoff für unsere Masterarbeit liefern würde - sie in Kapstadt, ich in einem Müllviertel in Kairo. ‹Der hat Abfall gefressen›, erklärte ich ihr. ‹Die haben ihm den Bauch aufgeschnitten und einen ganzen Berg Plastik rausgefischt. Gestorben ist er dann aber trotzdem. Jetzt muss die Familie den ganzen Abfall auf dem Rücken zum Händler schleppen. Einen neuen Esel können sie nicht kaufen, das ist momentan einfach nicht drin.› Es folgte betroffenes Schweigen ‹Krass, was du da erlebst›, kam dann die Antwort aus Kapstadt. ‹Aber irgendwie total aufregend.›
‹Warum wollen wir das sehen? Woher rührt diese Anziehungskraft, die die Slums und Armenviertel der Welt auf uns ausüben?›
Faszinierender Slum
Wie kommen wir bloss darauf, ein Müllviertel für ‹aufregend›, für interessant zu halten? Die Abfallberge, die sich in den engen Strassen türmen und die Frauen, die die Abfallberge von Hand sortieren und die Kinder, die im Abfall spielen, der säuerliche Gestank, der den ganzen Tag über dem Viertel liegt und sich in den Haaren und Kleidern festsetzt, die riesigen Ratten, die einem nachts um die Beine huschen oder von den mit Abfall beladenen Pickups plattgewalzt in den Strassen herumliegen … Warum wollen wir das sehen? Woher rührt diese eigenartige Anziehungskraft, die die Slums und Armenviertel der Welt auf uns ausüben? Die so stark ist, dass heute sogar immer mehr Touristen in ihren Ferien lieber überfüllte Slums statt einsame Strände aufsuchen? Ich begann, mich etwas umzusehen und in der Zeit etwas zurück und stellte bald fest: Die Faszination, die der Slum auf uns ausübt, ist nicht neu, sondern sie ist so alt wie der Slum selbst. Städtische Armutsgebiete werden bereits besichtig und bestaunt, seit es sie gibt: Sobald es Slums gab, gab es auch die Neugier.
Elegantes Elend
Der Slum der Neuzeit, Kind der Urbanisierung und Industrialisierung, wurde in Grossbritannien geboren. Das Wort Slum wurde um das Jahr 1820 in London bekannt. Es war der SlangAusdruck für die armseligen Unterkünfte der Fabrikarbeiter, die in übervölkerten Siedlungen mit schlechter Versorgung lebten, dann aber bald die Bezeichnung für Stadtviertel mit schmutzigen Hintergassen. Dem englischen Bürgertum galt der Slum als Herd von Krankheit, Aufruhr und Revolte. Obwohl die Elendsquartiere von der Bourgeoisie in erster Linie als Bedrohung wahrgenommen wurden, so weckte die Unterseite der prosperierenden Metropolen, der Hauch des Gefährlichen, Liederlichen und Verbotenen, der von den dunklen, stinkenden Gassen ausging, doch auch gleichzeitig das Interesse und die Neugier der bürgerlichen Öffentlichkeit. ‹Slumming› nannte sich jenes Phänomen im viktorianischen England, das um 1880 seinen Höhepunkt erreichte: Männer und 37
Frauen der Upper- und Middle-Class fuhren in ihrer Freizeit in die Slums, um die Armenviertel zu erkunden und zu studieren – im Namen (oder unter dem Deckmäntelchen) der Betroffenheit, der Bürgerpflicht und der christlichen Nächstenliebe. Armeen von Armenbesuchern und Kartografen fielen in bester zivilisatorischer Absicht über die Arbeiter- und Elendsbezirke der Metropolen her. Doch nicht nur missionarisch und sozial-reformerisch eingestellte Personenkreise brachen bald in die Slums von London, Paris, Amsterdam, Berlin oder Kopenhagen auf, sondern auch Journalisten, Literaten, Zeichner und Fotografen. Inkognito, in ‹Elendskleidung›, mischten sie sich unter die Armen, um ‹hautnah› von den tragischen Lebensbedingungen der Unterklasse zu berichten (und sich
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dabei gern als altruistische Abenteurer, die sich todesmutig in die tiefen Abgründe des gesellschaftlichen Sumpfes vorwagen, darzustellen). Slumreportagen, journalistische Sensationsberichterstattung und später auch Lichtbildvorträge und Fotobände über die ‹kaum vorstellbaren› Verhältnisse in den Armenvierteln, über die ‹Wilden, die in unserer Mitte leben›, bedienten die Neugier der Menschen an den dunklen, verborgenen Zonen der Grossstädte und fanden reissenden Absatz. In den 1890ern waren in den Stadtführern von London nicht nur Denkmäler, Kirchen oder Theater, sondern auch ‹philanthropische Einrichtungen› in den Slum-Districts von Whitechapel und Shoreditch aufgelistet. Londons Elendsviertel, die durch literarische Werke wie Charles Dickens’ ‹Oliver Twist› Berühmtheit erlangt hatten, mauserten sich zu touristischen Sehenswürdigkeiten. Kaum als legitime Freizeitbeschäftigung konturiert, schwappte die neue Mode auch schon über den grossen Teich in die USA. ‹Slumming› sei ‹der letzte Schrei› in London, verkündete ein Journalist in der New York Times im Jahr 1884. In Manhattan, Chicago und San Francisco entstanden bald die ersten Tourunternehmen, die sich auf geführte Slumbesichtigungen spezialisierten. Für Weisse war es schick, an Führungen durch Little Italy, Chinatown, das Russian Quarter oder die schwarzen Ghettos teilzunehmen. Die für die US-Metropolen typischen Einwandererkolonien waren oft durch extrem schlechte Wohnverhältnisse und Armut gekennzeichnet, für den Tourismus hingegen wurden diese Viertel zu exotischen, pittoresken, bunten Attraktionen.
Walks on the wild side – Der Slum als Forschungsobjekt
Etwa zur gleichen Zeit begann sich auch die Soziologie für das Phänomen Stadt zu interessieren. Um 1915 begründete Robert Ezra Park in Chicago die wissenschaftliche Ethnografie der Grossstadt. Parks besonderes Interesse galt der
Beobachtung, dass soziale Desintegration und ‹abweichendes Verhalten› wie etwa Jugendbanden, Obdachlosigkeit, Drogenkonsum oder Prostitution in bestimmten städtischen Subkulturen oder Milieus häufiger auftraten als in anderen. Diese Gegenden, in denen solch abweichendes Handeln besonders leicht zu ‹gedeihen› schien, wurden als ‹natural areas› bezeichnet. Markenzeichen der ‹Chicago School› war das ‹verstehende Eintauchen› des Forschers in diese klar vom Rest der Stadt abgrenzbaren ‹natural areas›, sprich die Einwandererviertel und Ghettos. Genau wie Ethnologen, die mit geduldigen Beobachtungsmethoden ‹primitive› Kulturen untersuchen, tauchten nun auch die Grossstadtsoziologen oft für mehrere Jahre in die Milieus von Stadtstreichern, Kleinkriminellen und Jugendbanden ein, besuchten Migrantenviertel, schwarze Ghettos und Rotlichtbezirke und näherten sich dem ‹Anderen› in der eigenen Stadt wie einen fremden Kontinent. ‹Cornerville lag direkt vor mir und gleichzeitig war es so weit weg›, schreibt William Foote Whyte im Jahr 1943 in seiner Ethnografie über die sozialen Zusammenhänge von Strassengangs im italienischen Einwandererviertel in Boston. ‹Ich konnte mich frei in den Strassen bewegen und wurde sogar in einige Wohnungen eingelassen, aber ich war hier ein Fremder in einer mir völlig unbekannten Welt.›
Bis an die Grenze gehen
Die Geschichte der Slum- und Ghettoforschung ist oft auch eine Geschichte der Obsessionen und Leidenschaften der Forscher: Alexandre Parent-Duchâtelet durchwanderte Anfang der 1930er Jahre sämtliche Kloaken von Paris. Der Soziologe Loïc Wacquant verschrieb sich radikal der teilnehmenden Beobachtung und tauchte während seines Promotionsstudiums 39
‹Cornerville lag direkt vor mir und gleichzeitig war es so weit weg.›
Unser Slumplanet UN-HABITAT definiert den Slum als ‹Siedlung, in der mehr als die Hälfte der Einwohner in unzumutbaren Unterkünften ohne grundlegende Versorgungseinrichtungen leben›. Slumbewohner leben demnach ‹ohne Eigentumsrechte, Zugang zu sauberem Wasser, Zugang zu sanitären Einrichtungen und ohne ausreichenden Wohnraum›. Es gibt möglicherweise mehr als eine viertel Million Slums auf der Erde. Weltweit leben mehr als eine Milliarde Menschen in Slums. Das entspricht jedem dritten Stadtbewohner der Erde und jedem sechsten Mensch. Die UNO schätzt, dass die Zahl der Slumbewohner bis 2020 auf 1.39 Milliarden steigen wird. Ungute Zukunftsperspektiven malt auch der amerikanische Soziologe Mike Davis in seinem Buch ‹Planet of Slums›: ‹Die Städte der Zukunft werden nicht aus Glas- und Stahlkonstruktionen bestehen, sondern eher aus grobem Backstein, Stroh, recycel tem Plastik, Zementblöcken und Abfallholz.›
‹Slums sind Projektionsflächen für unsere wildesten Fantasien und Vorstellungen.›
vier Jahre in die Szene eines Chicagoer Boxing Gym im schwarzen Ghetto der South Side, die noch in den neunziger Jahren die höchste Mordopferrate der USA aufwies, ein, wo er bis zur Turnierreife das Boxen trainierte. Und der Ethnologe Philippe Bourgeois verbrachte dreieinhalb Jahre seines Lebens mit Drogensüchtigen, Kleinkriminellen und Crackdealern im puertoricanischen East Harlem Viertel in New York City, um Einblicke in den Alltag von Crack-Dealern zu bekommen. Dies alles im Namen der Wissenschaft ... oder nicht doch auch auf der Suche nach Abenteuer und Nervenkitzel? ‹Ich musste hinter meinem Freund in das Innere des abgefackelten Gebäudes kraxeln, wobei ich so tat, als ob alles absolut in Ordnung sei›, erinnert sich Bourgeois in seiner Ethnografie ‹Selling Crack in El-Barrio›. ‹Wir stoppten an einer Sperrholzplatte, die eine aufgebrochene Ziegelwand versperrte und er klopfte: «Ich bin’s, Mickey – der weisse Mickey mit einem Freund. Er ist auch weiss, aber keine Angst, er ist okay.» Am ganzen Körper zitternd, nass vom Nieselregen einer New Yorker Dezembernacht, warteten wir darauf, in die shooting gallery eingelassen zu werden. Ich stellte fest, dass mein Mund nach Metall schmeckte und fragte mich, ob ich diesmal als Ethnologe nicht zu weit gegangen war.›
Safari ins Elend
Im Laufe des 20. Jahrhunderts trat der Slum seinen Siegeszug auch in kaum industrialisierten Ländern an. Mit dem Slum hat sich auch das ‹slumming›, eine lange Zeit auf die Metropolen des Nordens beschränkte Tourismuspraxis globalisiert und im Rahmen des weltumspannenden Ferntourismus in Entwickkinki report
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lungs- und Schwellenländer ausgedehnt. Vor allem seit Kino-Knüllern wie ‹City of God› oder ‹Slumdog Millionaire› liegt Slumtourismus total im Trend. Eine Townshiptour gehört mittlerweile zum Standardprogramm eines Kapstadt- oder Johannesburg-Besuchs. In Rio de Janeiro machen jährlich 50 000 Touristen einen geführten Ausflug in die Favelas. Der Anbieter ‹Reality Tours and Travel›, der Touren durch den grössten Slum Indiens, den Dharavi Slum in Mumbai, anbietet, verbuchte im letzten Jahr gar ein Teilnehmer-Plus von 25 Prozent. Auch Manila, Jakarta, Nairobi, Bangkok springen auf den Zug auf und kommerzialisie-
ren ihre Armenviertel als offizielle Attraktion. Angeboten werden Slumtouren kombiniert mit Sightseeing, Slumtouren auf dem Fahrrad, Slumtouren ‹by night› ...
Die Jagd nach der Wirklichkeit Kritische Stimmen bezeichnen Slumtourismus als puren Voyeurismus oder gar als ‹Armutsporno›. Wenn reiche Ausländer in die Intimsphäre der Slumbewohner drängen, argumentieren sie, so müssen sich diese vorkommen wie Zootiere. Würde man Slums und Armenviertel bei Stadtführungen auslassen, argumentieren wiederum die Befürworter, so würde man deren Existenz nahezu leugnen. Slumtouren mache man, um über den Tellerrand des 5-Sterne-Ressorts hinauszublicken, um eine Insidersicht zu bekommen, Land und Leute kennenzulernen, sich der Armut, die in vielen Ländern eine traurige Realität ist, bewusst zu werden, indem man sichdirekt damit konfrontiert. ‹Eine Favela-Tour
zeigt den Touristen ein anderes Rio innerhalb des Rios, das sie kennen›, sagt beispielsweise der Brasilianer Marcelo Armstrong, Gründer des Unternehmens ‹Favela Tours› und ein Pionier des Slumtourismus. ‹Sie sehen ein Rio jenseits der Strände, welches aber heute für 20 Prozent der Einwohner bittere Realität ist.› ‹Die Suche nach Authentizität ist ein Hauptmotiv von Touristen, die zunehmend die Befürchtung haben, dass das, was sie im Urlaub zu sehen bekommen, nur für die Urlauber inszeniert ist›, erklärt Malte Steinbrink, der am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Uni Osnabrück unterrichtet und das Phänomen des Slumtourismus’ seit Jahren untersucht. ‹Die Armut im Slum garantiert gewissermassen die Echtheit. Überspitzt gesagt: Ein hawaiianisches Hula-Mädchen mit Blümchen im Haar könnte ja Show auf der touristischen Bühne sein. Aber die Pestbeule eines indischen Slum-Bewohners, die ist echt indisch.›
Soziales Bungee-Jumping
Steinbrink trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er Slumtourismus als ‹soziales Bungee-Jumping› bezeichnet: ‹Touristen können die soziale Fallhöhe am eigenen Leib erleben – ohne Gefahr zu laufen, tatsächlich hart zu landen.› Eine Slumtour ist also vergleichbar mit einem Sprung in den Abgrund am Sicherungsseil. Was uns antreibt, ist die Lust an der Angst und am Abenteuer; bis an die Grenzen zu gehen und darüber hinaus. Slums und Armenviertel sind No-GoAreas, und gerade das ist der Grund ist, weshalb man dort unbedingt mal hingegangen sein muss und diese Welt einmal gesehen haben muss. Der Slum – ob nun ein Arbeiterviertel in London, ein schwarzes Ghetto in Chicago oder eine Favela in Rio – wurde und wird stets als Raum konstruiert, der das unbekannte Andere enthält. Beim ‹slumming› ging und geht es entsprechend immer um das Erlebnis und das Erfahren des Anderen, denn Slumtouren bieten eine geschützte Möglichkeit, diese Lebenswelt kennenzulernen. Früher war der Slum das unheimliche, exotische und faszinierende Andere im vertrauten Stadtbild, ein Ausland im eigenen Land. Im Unterschied zu seinen historischen Vorläufern geht es beim heutigen ‹slumming› im globalen Süden, dem Slumtourismus, augenscheinlich nicht nur um die ‹andere Seite der Stadt›, sondern um die ‹andere Seite der Welt›.
Einmal am Abgrund stehen
Manchmal wirkten meine Freunde fast etwas enttäuscht, wenn ich ihnen erzählte, dass auch die Häuser in dem ägyptischen Müllviertel, in dem ich meine Feldforschung gemacht hatte, nicht aus Wellblech sondern Beton waren, dass die ägyptischen Müllsammler eigentlich recht gut organisiert sind, dass sie ihren recycelten Plastik bis nach China verkaufen, dass sie darauf achten, dass ihre Kinder sich vor dem Essen immer die Hände waschen und dass einige Familien gar nicht so schlecht verdienen, Fernseher und fliessendes Wasser und manche sogar einen Computer zu Hause haben … Gerade, weil sie so verboten und unerreichbar sind, waren Slums auch schon immer eine Projektionsfläche für unsere wildesten Fantasien und Vorstellungen über ‹die anderen›. Der moderne Slum wie auch sein Vorfahre im Norden gilt und galt den Menschen als Ort der Hoffnungslosigkeit und des Elends, ein Abgrund am Rand der Weltgesellschaft. ‹Slumming› heisst, sich einmal an diesem Tellerrand vorzuwagen, hinabzublicken, vielleicht auch noch ein Foto zu machen, weil man wissen möchte, wie es dort unten tatsächlich aussieht. Für die Bilder zu diesem Artikel begab sich der Fotograf Daniel Tischler in die Slums des Schweizer Kleinbürgertums – in die Schrebergärten.
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Prunk küsst Punk
London im kommenden Jahr? Berlin in den 20ern? Wenn die elfenartigen Models in schwarzen Gewändern zur Melodie von ‹Dreams are my Reality› über den Laufsteg schweben, sind weder Ort noch Jahrzehnt gewiss. Doch es ist Zürich und Augustin Teboul hat gerade die neue Frühlings- und Sommerkollektion präsentiert. Und damit die Schweizer Fashionfreunde bezirzt. Text und Interview: Eva Hediger, Fotos: Ilja Stahl
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ugustin Teboul klingt nach einem Pariser Modezar, ist aber ein deutschfranzösisches Designerinnen-Duo. ‹Augustin Teboul setzt sich zwar aus unseren Nachnamen zusammen, könnte aber genauso gut der Name eines Mannes sein. Das gefällt uns›, meint Odély Teboul, die eine Hälfte von Augustin Teboul. Sie ist Pariserin und hat an der Esmod in ihrer Heimatstadt studiert, ebenso wie ihre deutsche Labelkollegin Annelie Augustin. Vor sechs Jahren haben die beiden Modestudentinnen die Schule abgeschlossen, beide mit Auszeichnung. Eine von vielen, denn spätestens seit Augustin Teboul lösen die zwei Frauen Begeisterungsstürme aus und räumen Auszeichnungen ab. Doch zwischen der gemeinsamen Schulzeit und der Augustin-Teboul-Ära lag eine Weile, welche die beiden Künstlerinnen getrennt voneinander verbrachten. Die Französin wurde bei Jean Paul Gaultier angeheuert, die Deutsche arbeitete für Yohji Yamamoto bei Adidas. ‹Es war interessant, seine eigene Kreativität der eines anderen Designers anzupassen›, fasst Annelie diese Erfahrung zusammen. Irgendwann war es mit der Anpassung vorbei – zum Glück für die Modewelt. ‹Ich lebte und studierte in London, als mich Odély 2009 besuchte und wir beschlossen, gemeinsam ein Projekt zu starten›, so Annelie über die Geburtsstunde von Augustin Teboul.
Attitüde. ‹Es sind einfach Träume, unsere Träume›, meint Odély Teboul dazu und dass es trotz der Düsterheit weder gute noch böse Träume seien. Trotzdem: Die Träume der zwei Damen scheinen ohne sommerliches Weiss, Blumenmuster oder Farbrausch auszukommen. ‹Bereits unsere erste Kollektion war ganz in Schwarz. Wir wollten uns auf eine Farbe beschränken, um uns auf Details konzentrieren zu können›, so Odély. Diese schwarzen Kleider sind Meisterwerke aus Spitze und Leder, deren Pracht in den überraschenden und zarten Einzelheiten liegt. ‹Wir zeichnen nur, wenn wir damit die Kommunikation untereinander vereinfachen können. Wir arbeiten meistens direkt an einem Modell›, so Annelie Augustin.
Zwischen Kunst und Kleid
Mehr Details, mehr Drama, mehr Aufmerksamkeit, aber vor allem mehr Zeit – diese Kleider brauchen mehr als die üblichen zwei Minuten Ruhm auf dem Catwalk. In Berlin präsentierte Augustin Teboul deshalb ihre Kollektion mit einer fesselnden Show zwischen Theater und Laufsteg. Diese Präsentation auf der Bühne schenkte den Zuschauern genügend Zeit für das Bewundern der Mode. Zeit, in der die zwei Modeschöpferinnen die Menschen in ihre Welt locken können, wie Annelie erklärt. In eine Welt voller avantgardistischer Spielereien, Prunk und Eleganz. Eine düstere und morbide Faszination strahlt die Kollektion ‹Dreams are my Reality› aus. Diese scheint mit einem leichten Hang zum Märchenhaften und zur schwarzen Magie nicht unbedingt für den Alltag geeignet zu sein. ‹Nein, das ist nur eine Frage des Stylings›, winkt Odély ab. ‹Es gibt bezaubernde Abendkleider, und die Lederjacken können auch mit Jeans kombiniert werden. Das Interessante an der Mode ist die tragbare Mitte zwischen Kommerz und Extrem›, meint Annelie. Augustin Teboul ist vielleicht kein Modezar, ganz sicher aber ein Königinnen-Duo zwischen Kunst und Kleid.
Alles und alles in Schwarz
Spätestens seit diesem Zeitpunkt mussten ihre Ideen nicht mehr in fremde Formen gegossen werden. Beide waren sich einig, dass das Leben die grösste Inspiration sei. Annelie fügt an, dass auch Erziehung, Freundschaft und die verschiedensten Lebenserfahrungen das kreative Schaffen beeinflussen, was eher nach der Realität des Alltags als nach Träumen klingt. Letztere waren jedoch für die Frühlings- und Sommerkollektion die grösste Inspirationsquelle. Für die Kollektion ‹Dreams are my Reality› schrieben die beiden Designerinnen ihre Träume auf und liessen diese in ihre Entwürfe mit einfliessen. Entstanden sind schwarze Kleider zwischen dem Chic der 20er-Jahre und einer derben Rockkinki mode
Die Bilder stammen aus der aktuellen Frühjahrskollektion von Augustin Teboul. Weitere Infos findest du auf augustin-teboul.com
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‹Bereits unsere erste Kollektion war ganz in Schwarz. Wir wollten uns auf eine Farbe beschränken, um uns auf Details konzentrieren zu können.›
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Tobias Wirth
Mauerbl端mchen
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Dress: Firma Gloves: Roeckl Foulard: Herr von Eden
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Jacket: Drykorn Shirt: Herr von Eden
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Jacket: Drykorn Blouse & Skirt: Vero Moda Stockings: Falke
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Cardigan: Fred Perry Shirt: Ben Sherman
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Trench: Markus Lupfer Foulard: Roeckl
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Dress: Supertrash Stocking: Falke
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Shirt: Ben Sherman Vest: Herr von Eden Trousers: Prada Socks: Falke Shoes: Sperry Topsiders Belt: Louis Vuitton Concept, Styling & Production Haniball Saliba Photography Tobias Wirth Photographer’s Assistant Aaron Schmiedel Hair & Make-up Wiebke Olschewski, basics-berlin Model Gesine W. @ izaio models, David B. @ eq models
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WW.SOUND-D W~~~~~~ASE SOMMER UEV EXPEDI-GPE TIONEN /TL ~~~~~~ 2O ~BERLIN0P ~LONDON1M ~ZURICH2E €APPLY~~~N €NOW!~~~~T COM.CITYInfos und Anmeldung unter www.sound-development-city.com
Partnerlook The Kooples werben mit Verliebten für ihre Kollektionen. Liebe auf den ersten Blick bewirkt auch die Mode des französischen Labels: Elegante Kleidung für sie und ihn. Was es bisher nur im Ausland gab, ist endlich in der Schweiz angekommen: Die Möglichkeit, The Kooples-Kleider in einem Shop zu kaufen. Text: Eva Hediger, Fotos: Promo
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ode für gestern, heute und morgen: The Kooples ist die Symbiose aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Trendige Elemente stossen auf klassische Teile, nüchterner Pariser Chic flirtet mit englischem Dandytum, Rock trifft Romantik und feminines verschmilzt mit maskulinem. Aus diesem Mix entstehen Kleider für die Ewigkeit, deren zeitlose Eleganz dem Stil dreier Franzosen entspricht: Kooples klingt zwar wie ‹Couples›, gegründet wurde die Modemarke aber vom Brüder-Trio Alexander, Laurent und Raphael Elicha. Vereint durch die Liebe zur Mode, umgehen die Geschwister nach eigenen Angaben Trends oder gar Jahreszeiten. Sie würden Kleider kreieren, die dem üblichen Verfallsdatum von Mode trotzen, versprechen die jungen Männer.
Pärchengroove à la Parisienne
Nur zwei der unzähligen unverschlämt gut aussehenden Paare, die für Kooples von der Plakatwand schmollen.
Und tatsächlich: Altbackenes wie Débardeurs, totgetragenes wie Parkas oder das kleine Schwarze kriegen bei The Kooples neuen Glanz verpasst. Selbst den Partnerlook macht das Label aus der Stadt der Liebe wieder schick. Kaum zu glauben, dass die hübschen Pärchen auf den Werbeplakaten von The Kooples nicht gecastet wurden. Auf den Anzeigen strahlen die Verliebten gut gekleidet, auf der Website oder im Magazin des Modelabels erzählen sie von ihrer Liebe. Spätestens jetzt wird klar, dass nur Amor und ein guter Stylist die Hände im Spiel hatten. Spätestens jetzt klopft aber auch das Herz in der eigenen Brust. Denn während Corinna und Johnny oder irgendein anderes fast unverschämt gut aussehendes Liebespaar von ihrem amourösen Glück plaudert, verknallt sich der Zuschauer in die bordeauxroten Blazer, die braunen Lederschuhe oder in das kurze Faltenröckchen. Die modeverwöhnten Pariser haben in fast jedem Arrondissement einen Kooples-Laden. In der Schweiz gibt es ab Januar im Globus in Zürich und Genf endlich auch die Möglichkeit, die schmucken Teile zu erstehen. Weitere Info findest du auf thekooples.com
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TO UR
NUITS SONORES
10 YEARS
NUITS SONORES
INDIE & ELECTRONIC FRENCH FESTIVAL
ACID WASHED REWORKS SAM TYBA & MYD
03 03 2012 ZURICH @ BLOK
SAMSTAG, 3. MÄRZ 2012 - AB 23 UHR
BLOK
SCHIFFBAUSTRASSSE 3, 8005 ZÜRICH
WWW.NUITS-SONORES.COM WWW.BLOK-CLUB.CH
NS BY DAY
FROM TO
16 20 MAY 2012 LYON FRANCE
NEW ORDER PACHANGA BOYS SASCHA FUNKE DJ KOZE MATIAS AGUAYO JOY ORBISON HUDSON MOHAWKE MUDHONEY MAYA JANE COLES MOUSE ON MARS HUNX AND HIS PUNX FELIX KUBIN THE BLACK JASPERS SIRIUSMO JULIO BASHMORE TRASH KIT RE : ECM / RICARDO VILLALOBOS & MAX LODERBAUER BEN KLOCK VS MARCEL DETTMANN MODESELEKTOR DJ TEAM ROCKET FROM THE TOMBS … NS BY NIGHT COMING SOON
Arty Farty Licences 2-1024000 3-1024001 / Traces éventuelles de gluten / Ne pas jeter sur la voie publique / Design graphique : Superscript²
ERTU & PUSHKIN
Welcome to the jungle Tagtäglich kämpfen wir uns durch einen chaotischen Grossstadtdschungel, denn der Alltag ist voller Fallgruben, Stolpersteine und Herausforderungen. Damit ihr das urbane Dickicht überlebt und modisch meistert, liefern wir Tipps fernab von Machete und Moskitospray. 1
1 affektiert Jeremy Scott did it again, und designte eine Kollektion für Adidas Originals. Statt der Teddy- und Pandabären schmücken dieses Mal Gorillaplüschtiere die Adidas Sneakers, da wäre Tarzan vor Neid erblasst. Der JS Gorilla ist ab März für CHF 240.– erhältlich. adidas.com
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2 gezähmt Grosstadt-Amazonen werden sich mit diesem Tigerring bestens durch den Alltag schlagen, gerade weil er vielleicht ein klein wenig dem Cartier-Ring von Rachel Zoe ähnelt. Erhältlich für CHF 49.– bei Lux Plus. luxplus.ch
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3 geblickt Den besten und elegantesten Durchblick im städtischen Wirrwarr verschafft euch die ‹Leonard 2 In Safari›-Sonnenbrille mit Leopardenrahmen von Illesteva. Erhältlich für ca. CHF 244.– über Need Supply. needsupply.com
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4 befreit An manchen Tagen wünscht man sich im Grossstadt-Dschungel unsichtbar zu sein. Schutz vor manchen Blicken und ein Fledermaus-ähnliches Freiheitsgefühl bietet das Gunvar Cape von Samsøe Samsøe. Erhältlich in Schwarz und Beige für CHF 219.– bei The Gloss in Zürich. samsoe.com, thegloss.ch
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5 beschuht Das deutsche Label flip flop bietet nicht nur die bekannten, strandtauglichen Flipflops, sondern auch ledernes Schuhwerk wie das Modell Lenni Suede in Blau, Beige und Braun, das sich jede Grossstadt-Indianerin beherzt zu Fusse nehmen wird. Erhältlich für ca. CHF 144.– flip-flop.de
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6 wattiert Nur weil Harrison Ford als Indiana Jones ein zerfleddertes, khakifarbenes Gilet trug, müssen wir es ihm nicht gleich tun. Das italienische Label CBY bietet für urbane Abenteuer die wärmende Kiss-Weste, die ausserdem praktisch faltbar und ultraleicht ist. Erhältlich für ca. CHF 349.– c-by.it
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Der Rucksack hat es von der obligaten Outdoor-Ausrüstung endlich wieder an den Rücken der modischen Grossstädter geschafft. Mit hübschem Retro-Design wandert der Carhartt Tramp Backpack mit euch durchs Leben. Erhältlich in Schwarz und Beige für CHF 110.– über frontlineshop. carhartt.com, frontlineshop.com
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8 geraupt Das Modell Roarke Lo von Cat ist von den wilden 60ern inspiriert. Die Metallösen-Schnürung verleiht den Sneakers im RetroDesign zudem Wanderschuhcharakter. Eignen sich für Stadt, Dschungel und Parkett und sind für ca. CHF 110.– erhältlich. cat.com
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9 ausgemuffelt Anlässlich der Weltuntergangs-Prophezeiung der Maya kreierte der Dufthersteller Axe die ‹Axe 2012 Final Edition›. Weil jeder Tag der letzte sein könnte, gibt es viel zu erleben. Nicht ins Schwitzen kommt Mann dank Deodorant und Duschgel. Der Endzeit-Duft riecht übrigens nach Zitrus, grünem Apfel, Wasserminze, Thaibasilikum, Zimtakzenten, Bernstein und sinnlichen Holztönen, das Bodyspray ist für CHF 6.90 und das Shower Gel für CHF 4.45 im Handel erhältlich. axe.ch 10
10 vergoldet
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Die niederländischen Designerinnen Susan Bijl und Maria Jobse entwerfen gemeinsam natürlich schöne und fürs Überleben des Stadtmenschen wichtige Accessoires. Das Portemonnaie mit vergoldetem Krokomuster gibt es für CHF 75.– bei Waldraud. susanbijl.nl, waldraud.com
11 gebrüllt Wer dieses animalische Shirt von The Kooples trägt, dem werden einige ehrfürchtig aus dem Weg gehen und andere freudig einen Affentanz vollführen. Erhältlich für CHF 115.– thekooples.com 12
12 verjüngt Während der Abenteurer seine Haut höchstens mit Sonnencreme pflegt, wappnet sich der gestresste Städter mit ganz anderer Kosmetika, beispielsweise dem ‹Body Youther› von Dr. Kitzinger. Dank der Anti-Aging-Pflege mit Açai-Beeren färbt der Trubel der Grossstadt nicht auf unsere Haut ab. Erhältlich für CHF 79.90. drkitzinger.com
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‹Handsome› sind Raubkatzen im ‹Wildlife› nicht unbedingt, auf den Badekleidern des australischen Labels We Are Handsome werden sie jedoch zu kuscheligen Blickfängern – anfassen ist trotzdem nicht erlaubt. Das Bustierbadekleid mit Schneeleopard gibt es für ca. CHF 305.wearehandsome.com, net-a-porter.com
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14 geschützt Während im Dschungel nur ein Prozent des Sonnenlichts bis zum Boden durchdringt, sind wir der Sonne in der Stadt – trotz Wolkenkratzern – stärker ausgesetzt. Das Cap von Obey schützt vor Sonnenstrahlen und Grosstadt-Zecken. Erhältlich für CHF 46.– bei frontlineshop. obeyclothing.com, frontlineshop.com 15
15 verführt Die Schlange von Kathy Rose für Roseark ist weder Gift- noch Würgeschlange und wird sich höchstens um euer Handgelenk winden – natürlich erst nachdem sie euch zum Kaufe verführt hat. Erhältlich ab CHF 461.– roseark.com
16 bedruckt Die Flora direkt auf sein Stoffdesign übertragen hat der Schweizer Designer Julian Zigerli. Nicht Lianen oder Palmen, sondern Flechten zieren seine ansehnliche Frühlings-/ Sommerkollektion. Das Hemd gibt es für CHF 317.– julianzigerli.com
17 gefuchst 17
Der flinkeste Stadtfuchs ist nach einem nächtlichen Streifzug ebenso müde, wie wir nach einer durchfeierten Nacht. Erholen können wir uns auf dem Kissen von Donna Wilson mit Fuchsmotiv. Erhältlich für CHF 119.– bei Noelie et Lulu in Zürich. donnawilson.com, noelieetloulou.ch
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Christian Knörr & Helvetia Leal
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oy links B Jeansjacke: Diesel Hemd: Greyhound von Opia Mütze: Diesel Boy rechts Mantel: Knecht Phuengkit von Opia Pullover: Hien Le von Opia
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Rechts Boy 1 Jacke: Playhound von Opia Hemd, Mütze, Hosen und Schnürstiefel: H&M Boy 2 Pullover: American Apparel Hose: Knecht Phuengkit von Opia Creepers: Vintage Girl Pullover: H&M Plisseejupe, Hut und Plateauschuhe: Vintage Socken: H&M Boy 3 Anzug: Calvin Klein Vintage Rollkragenpullover und Schuhe: H&M
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Links Girl Blazer und Plisseehosen: American Apparel Shirt, Socken und Lackcreepers: H&M Boy 1 Pullover und Hemd: American Apparel Hosen: Vintage Socken und Schuhe: H&M Boy 2 Pullover: Lacoste Hosen: Vintage Schnürstiefel: Diesel Socken: H&M Boy 3 Pullover: American Apparel Hose, Hosenträger, Schuhe: Vintage Socken: H&M Fotografie Christian Knörr & Helvetia Leal Styling Yvonne Reichmuth, style council Make-up Linda Sigg, style council Haare Lena Fleischer, style council Models Jessica Tognetti @ Option, Joachim Hoffmann @ Option, Hans und Raphael Hatt @ Option
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back on top
Der Winter fordert warme Mützen und die Mode verlangt nach Caps auf den Laufstegen und natürlich auch auf der Strasse. Deshalb liess kinki Caps und Beanies von der Bloggerin Susan inszenieren – an ihren Freunden im urbanen Umfeld. Fotos: Yves Suter, Styling und Konzept: Susan Zimmermann, Text: Florence Ritter
Jeff
Alter: 24 Lieblingsstadt: Accra, Ghana ‹Weil man am einen Tag am Strand chillen und den nächsten in der pulsierenden Stadt verbringen kann. Aufgrund der politischen Stabilität kann man Afrika in einem sicheren Umfeld erfahren.› Jeff trägt ein Cap von Crooks and Castels, erhältlich über urbanpeople.com
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C
aps und Beanies sind ‹back on top› auf den Köpfen der Hipster und Modebewussten. Dafür sorgen nicht nur die winterlichen Temperaturen, sondern auch eine gewisse Sportlichkeit, die seit den Frühlings-/ Sommerkollektionen auf den Laufstegen, in der Blogosphäre und unter den modischen Stadtmenschen Einzug hält. Caps wurden unter anderem bei Givenchy, Miu Miu und Acne gesichtet und auch die Vorreiter der weiblichen Blogger-Riege versuchten sich bereits erfolgreich in Cap-Oufit-Kombinationen. Den Ghetto- und Baseball-Look, der den Schirmmützen lange anhaftete, legten sie dabei ganz einfach beiseite wie ein aus der Mode gekommenes Paar Schuhe. Auch auf dem Blog considerthis.ch der Zürcher Geschwister Michael und Susan Zimmermann entdeckten wir Bilder von nonchalant getragenen Mützen und Caps. Der Blog kommt ohne thematischen Schwerpunkt aus, gepostet wird einfach was inspiriert und gefällt. Und er beweist vor allem eines: viel Geschmack und Integrität. Deshalb baten wir Susan für kinki Caps und Mützen an ihren Freunden in Szene zu setzen und sie zu ihren Lieblingsstädten zu befragen. Inspiriert von gekleisterten Postern, wie sie jedes städtische Umfeld charakterisieren, begab sie sich mit dem Fotografen Yves Suter auf abenteuerliche, nächtliche Ausflüge durch die Limmatstadt.
Loit
Alter: 27 Lieblingsstadt: Paris ‹So viele verschiedene Menschen, so viele Möglichkeiten, so viel los.› Loit trägt ein Cap von OBEY, erhältlich über urbanpeople.com
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Jonas
Alter: 32 Lieblingsstadt: Maputo ‹Liebe auf den ersten Blick. Sea, beach and girls!› Jonas trägt ein Cap von Nike, erhältlich über nike.com
Omar
Alter: 23 Lieblingsstadt: Damaskus ‹Was mich am meisten an dieser alten Stadt fasziniert, ist die Lebensart und Offenheit der Damaszener, die Zeit scheint keinen Einfluss auf die Menschen und ihre Umwelt zu haben.› Omar trägt eine Beanie von Carhartt, erhältlich über doodah.ch
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Susan
Alter: 26 Lieblingsstadt: Kathmandu ‹Ich mag die Nepalesen und ihre Kultur.› Susan trägt ein Cap von Nike, erhältlich über nike.com
Michael
Alter: 24 Lieblingsstadt: London ‹Es ist die gesamte Atmosphäre der City of Gold, welche sich beruhigend auf mein Gemüt auswirkt. Sei es die Architektur der Gebäude oder die alternativen Menschen, um nur zwei gute Gründe zu nennen. Lieblingsort ist definitiv der Camden Lock jeden Samstag.› Michael trägt eine Beanie von Clast, erhältlich über doodah.ch
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querschläger alles, ausser angepasst
Jack Stoikers Songs handeln von unglücklicher Liebe und anderem Frust. Und natürlich auch von Sankt Gallen! Wir besuchten den ‹Meister› im Fribourger Exil und sprachen mit ihm über Gewalt, Alkohol und andere Männerthemen. Text: Rainer Brenner, Foto: Daniel Tischler
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eine erste Begegnung mit Jack Stoikers Musik fand auf einem Parkplatz statt. Irgendwo in den Bergen standen wir ordentlich verkatert um ein Auto herum und hörten uns ‹Tätowierti Spiesser› an. Der Text schien einfach aus diesem Mann mit dem schlecht sitzenden Anzug und den verstrubbelten Haaren herauszuquellen. In breitem Sankt Galler Dialekt und begleitet von seiner schrabbeligen E-Gitarre singt Jack über Männerthemen wie Liebesfrust oder Wichsflecken auf dem Leintuch, wettert gegen Politiker und andere ‹blödi Sieche›. Jack mal zu besuchen, das wär was, dachte ich mir. Knapp 4 Jahre später stehen wir vor Jack Stoikers alias Daniel Mittags Haustür im Zentrum von Fribourg. In der Hand hält er einen Kinderteller voll Pasta. Seit 19 Jahren schon lebt er mit seiner Frau in der Romandie, inzwischen sind zwei Kinder dazugekommen, die kichernd durchs Wohnzimmer flitzen. Der 39-Jährige studierte hier ‹mässig erfolgreich› Biochemie, nebenher trat er als Jack Stoiker auf, produzierte eine CD. ‹Länger als drei Monate habe ich aber nie von der Musik gelebt›, meint Dani, der sich nun als Wirtschaftsinformatiker seine Brötchen verdient, ‹so richtig todseriös und sterbenslangweilig›. Trotzdem wirkt er zufrieden. Die aktive Phase sei zwar vorbei, erklärt Dani und öffnet eine Dose Bier, ‹aber ich spiele immer noch, wenn jemand fragt. Ich habe eigentlich nie damit aufgehört, die Prioritäten haben sich halt einfach verschoben.› Während ‹der Meister› für uns vorsichtig seine teure Espressomaschine bedient, unterhalten wir uns über Augenoperationen und die psychologische Rolltreppenführung im Einkaufszentrum Schönbühl. Und manchmal auch ein bisschen über die Schweiz: ‹Das Schöne an der Schweiz ist, dass sie praktisch nur aus Grenzregionen besteht›. Dani regt sich nicht mehr oft auf, kinki querschläger
nicht mal mehr die SVP macht ihn richtig zornig: ‹Ich wuchs in einer Welt mit klaren Links-Rechts-Positionen auf. Aber das braucht’s nicht mehr. Ich habe eine linke Jugend in der Genossenschaftsbeiz durchlebt, erst hier in Fribourg habe ich gelernt, dass ein Picknick auch ohne Mülltrennen Spass machen kann.› Mag schon sein, dass Dani etwas milder geworden ist. Dafür aber vielleicht auch ein bisschen zufriedener. Applaus und Standing-Ovations verdient der ‹Meister› trotzdem. Mehr denn je.
warum ich dort nicht mehr lebe. Andererseits mag ich die Ostschweizer eigentlich gerne. Sie sind nicht so kompliziert, essen wirklich ihre Bratwurst ohne Senf auf dem Bahnhofplatz… Und es ist schön dort. Ich persönlich passe aber besser nach Fribourg. A propos schlagen statt küssen: Erinnerst du dich noch an deine erste Begegnung mit Dani, unserem Fotografen? Ich habe ein katastrophales Gesichtergedächtnis. Ausserdem war ich nach den Auftritten ja meistens auch ziemlich besoffen.
Interview
Ihr habt in Luzern ‹Eis i’d Rundi gäh› gespielt: man steht nebeneinander im Kreis und haut jeweils der Person, die rechts von einem steht, eine rein. Von der Person, die links steht, steckt man ein. Nichts verkörpert den Lauf der Welt besser als dieses wunderbare Spiel! Ja, wirklich ein intelligentes Spiel.
kinki magazin: Dani, was ist dein Lieblingsthema? Jeder hat doch so ein Thema, auf welches er das Gespräch zu lenken versucht, wenn man beisammen sitzt, oder? Ich bin in letzter Zeit einfach zu selten betrunken, um das zu tun. Aber wenn, dann rede ich gerne über den politischen Islam. Über unser verzerrtes Bild des Islams, das zu dieser Islamophobie führt. Wir blicken auf ihre Kultur und regen uns auf, statt unsere eigene kritisch zu betrachten. Ich kenne mich ehrlich gesagt nicht wahnsinnig gut damit aus, aber das Thema interessiert mich. Über die Minarettinitiative habe ich mich damals unglaublich aufgeregt! Über den Iran rede ich auch gerne.
Hast du es öfter gespielt? Nein, ich kann mich ja nicht mal daran erinnern, es je gespielt zu haben (lacht). Mit wem würdest das denn am liebsten mal spielen? Und wer sollte dabei links und wer rechts von dir stehen? Da kommen mir spontan Bodenmann und Ogi in den Sinn. Obwohl: Ogi ist ziemlich stark und hauen kann man den ja auch nicht, der ist zu nett … (überlegt lange). Es gibt viele Menschen, die ich persönlich kenne, die ich pausenlos schlagen könnte. Aber deren Namen möchte ich hier natürlich nicht nennen… (überlegt)
Wie würdest du als St. Galler Urgestein deine Heimatstadt beschreiben? Eigentlich handelt jeder JackStoiker-Song von St. Gallen. In St. Gallen herrscht eine etwas unangenehme Grundstimmung: Man muss sich immer beweisen, dass es eine etwas ruppige Männerwelt ist – so war das zumindest zu meiner Zeit. Man klopft sich auf die Schultern, anstatt sich Küsschen zu geben. Ich denke, das ist mein SanktGallen-Trauma und der Grund,
Wir kommen später noch mal darauf zurück. Würdest du dich als Pazifisten bezeichnen? Schon lange nicht mehr. Natürlich ist Krieg nichts Tolles, aber seien wir realistisch: Man kann nicht alles ausdiskutieren. 66
Es heisst ja immer, Gewalt löse keine Probleme. Eine Floskel? Gewalt ist immer eine Lösung (lacht)! Nein, natürlich nicht. Aber ich denke, Gewalt ist fester Bestandteil unserer Geschichte. Zu behaupten, Gewalt sei keine Lösung, ist vielleicht ein bisschen zu bequem. Ich bewundere alle Nationen, die ohne auskommen, aber ‹wenn’s chlöpft, dänn chlöpft’s halt›. Warst du im Militär? Nein, ich wäre dort nicht gut aufgehoben gewesen. Aber viele junge Männer finden in der RS zu deiner Musik, oder? Ja, das ist wohl so. Ich würde diese Songs auch eher im Militär anhören als beim Candle Light Dinner. Das ist Musik für Männer. Männer, Bier, Frust – Jack Stoiker! Mittlerweile habe ich aber bemerkenswert viele weibliche Fans. Kommen wir nochmals auf die vorherige Frage zurück: hast du dir inzwischen deine Traumkandidaten fürs ‹Eis i’d Rundi geh› überlegt? Man sollte ja Frauen eigentlich nicht schlagen, aber Jasmin Hutter … die könnte rechts sitzen. Das Problem wäre dann, dass Toni Brunner in dem Fall links sitzen müsste. Das tut sicher weh, ich glaube der langt zu. Ja. Aber das muss es einem wert sein (lacht). Am 3. Mai spielt Jack Stoiker im Zürcher Abart im Rahmen einer Geburtstagsparty des Piratenradios. Jack hat übrigens ein lustiges Guetzlirezept: Die Guetzli nennen sich ‹Tante Mittags Rumvögel›. Ihre Basis besteht aus Mailänderli-Teig und einem ordentlichen Schuss Rum. Danach werden vogelförmige Guetzli ausgestochen, gebacken, glasiert und liebevoll ins Gläsli verpackt. Das Lustige daran: Man kann seine Gäste zu einer Runde Rumvögeln einladen!
‚Man kann nicht alles ausdiskutieren.›
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kopfkino vom umschlag bis zum abspann
Eigentlich ist das Leben ja stinklangweilig. Aber sobald es mal richtig spannend wird, kriegen wir’s ja leider mit der Angst zu tun und sehnen uns zurück nach unserem langweiligen Leben. Nur gut, dass andere für uns diese Abenteuer bewältigen – während wir uns entspannt zurücklehnen, die Seiten umblättern oder die Play-Taste drücken … Buch
vernetzt
Roberto Bolaño – Das Dritte Reich Der 2003 verstorbene Roberto Bolaño zählt seit der Lektüre von ‹Die wilden Detektive› zu meinen absoluten Lieblingsautoren. Mit ‹Das Dritte Reich› veröffentlicht der Hanser Verlag nun ein Frühwerk des Chilenen in deutscher Sprache und verpasst ihm im edlen Leineneinband auch ein ansprechendes Äusseres. Udo Berger, die Hauptfigur des Romans, beschreibt in Tagebuchform seine Erlebnisse in den Sommerferien. Udo und seine Freundin Ingeborg verbringen ihren ersten gemeinsamen Urlaub in einem Hotel an der Costa Brava. Dabei wird einem mit der Zeit immer klarer, dass Udo nur wenig mit dem Stereotypen des deutschen Badetouristen gemein hat. Udo ist Deutscher Landesmeister im Strategiespiel ‹Das Dritte Reich› und verbringt seine Zeit am liebsten im Hotelzimmer mit eben diesem Brettspiel. Im Verlauf des Aufenthalts macht Udo Bekanntschaft mit dem mysteriösen Tretbootvermieter ‹der Verbrannte›. Dieser scheint nicht uninteressiert am Kriegsspiel mit den Alliierten und möchte Udo und dem kinki kopfkino
Dritten Reich die Stirn bieten. Ingeborg ihrerseits verbringt ihre Zeit bevorzugt am Strand. Bei einem Discobesuch lernen Udo und Ingeborg ihre Landsleute Hanna und Charly kennen und später die Einheimischen El Lobo und El Cordero. Fortan verbringen sie in unterschiedlichen Konstellationen gemeinsame Stunden. Eine zentrale Rolle nimmt die Hotelbesitzerin Frau Else ein, an die Udo sich aus Familienferientagen bestens zu erinnern vermag und zu der er sich hingezogen fühlt. Der Autor schafft es, im Buch eine stetige Spannung zu erzeugen und über allem und jedem scheint ein Damoklesschwert zu hängen. Im Vergleich zu späteren Werken Bolaños ist sein Schreibstil hier jedoch noch wenig entwickelt und wirkt stellenweise holprig.
beiten (2009 – 2011) noch einmal selbst übertroffen. Dabei ziehen die beiden alle Register und toben sich an Haus- und Leinwänden, in animierten Kurzfilmen, in analogen Fotografien und mit dreidimensionalen Skulpturen aus. Die beiden Künstler erschaffen in ihren Bildern eine perfekte Symbiose aus ihren jeweiligen Stilen. Akut, dessen Bilder so realistisch aussehen, als seien es Fotografien, trifft auf die rohen, skizzenartigen Zeichnungen Heras. Wer sich für zeitgenössische Kunst interessiert und nicht vor surrealen, stellenweise düsteren Bildern zurückschreckt, sollte unbedingt einen Blick in dieses Buch riskieren.
ge Welt, die traumhaft und irgendwie vergangen scheint – vielleicht weil Rogers nur analog arbeitet und ihre verführerische und charakteristische Technik in der Dunkelkammer entwickelt hat. Selfpublished, erhältlich unter: store.ellenrogers.co.uk, ca. CHF 66.–
vereint
Erschienen bei Gingko Press, ca. CHF 38.–
verbunden
Erschienen beim Hanser Verlag, ca. CHF 29.90
verworren
Ellen Rogers – Aberrant Necropolis Heiterkeit verspricht der Titel ‹Aberrant Necropolis› der ersten Publikation von Ellen Rogers nicht, vermutlich soll er eher die okkulte Seite in Rogers’ Fotografie betonen. Nicht ganz zufällig zierte ein Bild der englischen Fotografin ja auch die kinki Esoterikausgabe. Rogers Modefotografie ist durchtränkt von Romantik, Mystik und Naturverbundenheit, jungen Nymphen mit Blumenkränzen und rosaroten Einfärbungen. Die Bilder entführen in eine jenseiti-
Herakut – After the Laughter ‹After the Laughter› ist das zweite Buch des Duos Hera und Akut, die seit 2004 mit ihren Werken die Kunstszene bereichern. Während bereits ihr 2009 veröffentlichter Bildband ‹The Perfect Merge› mit Werken aus den Jahren 2004 – 2008 zu begeistern vermochte, haben sie sich mit ihren neuesten Ar68
Precursor – The Creativity Watchlist Inhalt, Cover und Untertitel dieses Sammelbandes passen wie die Faust aufs Auge des Verlagshauses Gestalten: Mit ‹Precursor› zeigt der deutsche Verlag nämlich einmal mehr, dass er zu den besten Adressen gehört, wenn es darum geht, junge, kreative Talente aufzuspüren und in einem Buch zu vereinen. Als gemeinsamer Nenner der ausgewählten Kreativschaffenden beschränkt sich dieses Buch nicht auf eine bestimmte Materialität oder Gestaltungsart, wie artverwandte Sammelbände, sondern setzt auf die Interdisziplinarität der künstlerischen Ausdrucksformen. Es ist die fachübergreifende Herangehensweise von Künstlern aus aller Welt, die keine Trennung zwischen Computer, Handwerk und Technik kennen und sich oft in mehreren Disziplinen gleichzeitig austoben oder diese gar vereinen – immer mit dem
Ziel der Innovation vor Augen. Mal wird die digitale Ästhetik von Hand simuliert, der visuelle Ressourcenreichtum des Internets genutzt oder die Schnittstelle von Grafik, Textildesign und dreidimensionaler Inszenierung zelebriert.
me› ist die Geschichte eines solchen Lebens: Walter Tobias Wyss kommt aus der Schweiz und wandert 1939 nach einem Autounfall in die USA aus. Entwickelt ein Hybridauto, das nie in die Produktion gehen wird. Dann hat er eine Affäre mit einer afroamerikanischen Tänzerin. Er wandert nach Tokio aus, lernt japanisch. Die letzten 30 Jahre lebt er auf Hawaii. Einsam. Denn jedes Abenteuer hat seinen Preis. ‹Flying Home› ist ehrlich und mehr als ein billiger Abklatsch alter ‹Weltenbummler-Heldengeschichten›. Denn Walter vergisst nie seine Heimat und überwindet nie sein Schuldgefühl, diese verlassen zu haben. Tobias Wyss – Walters Neffe – schafft ein vielschichtiges Portrait: Ein Anti-Held mit ganz viel Mut zur Verwirklichung seiner Träume bleibt Walter trotzdem. Und seine Lebensgeschichte ist eine Bereicherung für jeden, der schon mal daran gedacht hat, die Koffer endgültig zu packen.
Kino
eintauchen
Erschienen bei Gestalten, ca. CHF 54.–
verstrickt
MasterMind – Art Direction, Fashion Styling And Visionary Photography Das liebevoll gestaltete Buch ‹MasterMind› wirft einen Blick auf die kreativen Stimmungen und Bildsprachen der Modewelt. Lookbooks und Editorials unterstützen heutzutage nicht nur die Visionen eines Modedesigners, sondern sind beinahe so wichtig wie die Mode selbst. In ‹MasterMind› werden 30 der innovativsten Art Direktoren, Stylisten und Fotografen porträtiert, zu ihren Intentionen befragt und ihre Arbeiten gezeigt. Es sind aufstrebende Talente, deren Gemeinsamkeit darin besteht, Geschichten zu erzählen, Landschaften zu kreieren und Mode durch kunstvolle, fantastische Inszenierungen in einem anderen Licht zu zeigen. Einige davon – wie Daniel Bolliger, Madame Peripetie, Elene Usdin, Federico Cabrera und Anoush Abrar & Aimée Hoving – bereicherten übrigens auch schon die Bildwelt des kinki magazins.
Gustavo Taretto – Sidewalls / Medianeras Buenos Aires – das argentinische Paris. Zumindest in Gustavo Tarettos ‹Medianeras›. Das Leben und Lieben von Grossstädtern wird in dieser Komödie ebenso versinnbildlicht wie bereits in ‹Amélie› oder ‹Paris, je t’aime›. Nur, dass es sich hier zur Abwechslung um das Portrait einer südamerikanischen Hauptstadt handelt. 2005 war ‹Medianeras› noch ein Kurzfilm, dann entschied sich der Regisseur jedoch, den Streifen zu verlängern. Mit Erfolg. Weil sich jede Portraitaufnahme und jeder Schwenk über die Strassen der turbulenten Stadt lohnt. Und weil die beiden Hauptcharaktere, Martin, als Elektro-fanatisches Schattenkind, das Computerspiele entwirft, und Mariana, die zu Hause ihren Traummann aus einer Fensterpuppe zusammenbaut, einem so schnell ans Herz wachsen. Und weil der Film mit Kameraführung, Schnitt und Ambiente mit Genrepaten wie ‹Vicky, Christina, Barcelona› und den französischen Verwandten locker mithalten kann. Und er dank seiner melancholischen Kritik an der Anonymität der modernen Grossstädte diesen sogar einen ordentlichen Schritt voraus ist.
Seit 12. Januar im Kino.
DVD
platz nehmen
Anh Hung Tran – Norwegian Wood / Noruwei no mori Japan in den Sechzigern. Auf dem Roman von niemand geringerem als dem momentan führenden asiatischen Geschichtenmäzen Harukami beruhend, hat Anh Hung Tran einen Liebesfilm geschaffen, der sich mit dem wesentlichsten aller Zustände befasst: dem Sein. Als Toru Watanabe (Ken’ichi Matsuyama) ‹Norwegian Wood› der Beatles auflegt, erinnert er sich an seine Jugend zurück. Damals brachte sich sein bester Freund Kizuki um und so kam er der Freundin seines verstorbenen Freundes, Naoko (Rinko Kikuchi), näher. Doch dann kommt Midori, ein anderes Mädchen … Grösstes Lob geht an Trans Filmtechnik. Die Aufnahmen sind zum Teil ästhetisch so bearbeitet, dass man die Bilder als eine Symbiose aus Manga und Spielfilm bezeichnen könnte. Gerade diese Aufnahmen unterstreichen die zarte Liebesgeschichte. Diese wirkt womöglich
Bereits im Kino.
Erschienen bei Victionary, Vertrieb Gingko Press, ca. CHF 38.–
Unsere Rezensenten William S. Blake und Florence Ritter streiten seit Jahren darüber, ob Luzern oder Zürich die schönere Stadt ist. Den Kampf um die besseren Bücher treten sie gar nicht erst an, die Geschmäcker sind diesbezüglich nämlich so unterschiedlich, dass sich jeder lieber den seinigen widmet.
abhauen
Tobias Wyss – Flying Home Manche Leben sind so gewaltig, spannend und überragend, dass man als Otto-Normal-Verbraucher im Hamster-Rädchen-Alltag seine geringe Lebenserwartung schon mal überdenken kann. ‹Flying Ho69
durch die etwas zu liebliche Musik von Johnny Greenwood für manche Geschmäcker ein wenig überladen. Aber jeder, der japanische Filme schätzt, wird diese süssliche Musik kennen und entschuldigen. Gehört halt einfach dazu … Bereits auf DVD erschienen.
treiben lassen
Taylor Steele – Castles in the Sky ‹Die Welt ist ein offenes Buch. Du kannst nicht die ganze Geschichte kennen, wenn du nur eine Seite liest›. Mit diesem Zitat leitete Taylor Steele bereits ein anderes seiner Werke ein und knüpft mit seinem neuen Film ‹Castles in the Sky› wieder an diese Idee an. Alle rastlosen Reisenden, jene, die in den Flieger steigen, auf der Suche nach Schönheit, Zerstreuung, Wahrheit und Erkenntnis, werden in Taylor Steele einen Seelenverwandten finden. Ja, es ist ein Surffilm und nein, er entspricht nicht im geringsten dessen klassischen Vorstellungen und Clichés. Persönlich getestet an wasserscheuen Hipstern, abgebrühten Backpackern und National-Geographic-Sammlern erntete der Film absolute Zustimmung und begeisterte Überraschung. Bereits auf DVD erschienen.
Alle Wege führen nach Rom. Deswegen verschrottete unsere Rezensentin Franziska von Stieglitz schweren Herzens ihren geliebten Rambo und fühlt sich nun mit Metrokarte wie ein Landei in der Großstadt.
blattmacher die weite welt des prints
Printmacher sind auch Printliebhaber, deshalb erkunden wir monatlich die Welt der Druckmedien und entdecken Magazine. Zum Beispiel das Œ Magazine aus Berlin, das der deutschen Mode einen glanzvollen Auftritt ermöglicht. Interview kinki magazin: Wofür steht ‹Œ›? Arne und Rainer: Œ ist eine Anlehnung an Æ, das für Arne Eberle steht. Œ ist ein sehr prägnanter Name, der Fragen aufwirft. Inhaltlich steht das Œ Magazine für einen breit gestreuten Blick auf die deutsche – und speziell die Berliner – Modeszene aus unterschiedlichsten Perspektiven.
Name: Œ Herausgeber / Ort: Arne Eberle Press + Sales / Berlin Fashion Director: Rainer Metz Fashion Director: Maven / Lisa Borges + Lucie Schibel Erscheinen: halbjährlich Gründungsjahr: 2010 Thema: Mode Vertrieb: über oe-magazine.de
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ie alteingesessenen, europäischen Modemetropolen Paris und Mailand kriegten vor einiger Zeit einen kecken und hippen Zuwachs mit Namen Berlin. Die deutsche Hauptstadt entwickelte sich im letzten Jahrzehnt zur angesagten Trendbleibe für Modemacher und wurde Lieblingsort kreativer Kleiderkünstler. Den Bürgern dieser deutschen Designwelt widmet sich das Œ mit viel Herz und Leidenschaft. Œ zeigt Seite für Seite die schönste Eigenschaft Berlins: Das erst zwei Ausgaben junge Magazin fängt die ‹raison d’être› dieser Menschen ein, ihr Faible für Kleider, Kunst und Kreativität. Fotostrecken, verschiedene edle Papiersorten und kaum Worte machen aus der Fashion-Fibel ein Sammlerstück. Publisher Arne Eberle und Fashion Director Rainer Metz stecken nicht nur Leben und Liebe in ihr Projekt, sondern beantworteten die neugierigen Fragen des kinki magazins.
kinki blattmacher
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Viele schnöden über Berlin, die dortige Kunstszene und Kreuzberg. Ihr zelebriert die Stadt aber als Design- und Modehochburg. Woher kommen diese unterschiedlichen Auffassungen? Wir leben alle seit weit über zehn Jahren in Berlin und sehen zu jeder Zeit das Schöne der Stadt. Es gibt immer Leute, die alles niederreden. Dies entspricht aber nicht unserer Auffassung. Wir sehen viel mehr Sinn darin, eine positive Strömung aufzugreifen und zu unterstützen, als Angst vor Veränderung zu haben. Das Magazin ist hochwertig, Werbung gibt es fast keine im Œ. Wie finanziert ihr euch? Das Magazin ist ein Herzensprojekt von einer kleinen Gruppe von Freunden, die alle unentgeltlich arbeiten. Um die aufwendige Produktion zu finanzieren, sind wir auf Anzeigen angewiesen. Hier achten wir auch darauf, sympathische Partner zu finden, die zum Profil des Magazins passen. Im Heft gibt es nur Bilder, aber keine Texte. Wieso verzichtet ihr auf Worte? Der Verzicht auf Text ist eine konsequente Entscheidung. Bilder sind zeitlos, verlieren nicht so schnell an Aktualität und man sieht sie sich gerne öfter an. Texte hingegen liest man eher selten mehrmals. Wir hoffen, dass Œ auch dadurch als ein Magazin mit bleibendem Wert wahrgenommen wird. Œ soll auch ein Sammelstück sein. Was sammelt ihr selbst? Sexualpartner, Schulden, Pfandflaschen.
Weitere Info findet ihr auf oe-magazine.de Text und Interview: Eva Hediger
GRAPHIC DESIGN BY FELIX PFÄFFLI
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Mark Jenkins
face it
‚My inspiration? Some people like Richard James, Hans Bellmer, Juan Munoz, Camus and many other good artists inspired me to take this path to explore the world by making things. Things to look at and things to share.›
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‚The sculptures are made from making casts of objects using plastic wrap and packing tape. The hyperrealistic figures are created by filling the sculptures with foam, newspaper or cement to make them more durable and then they are dressed like mannequins.›
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‹I don’t have a goal really. I make these characters and let them interact with the city. It’s a sort of story that writes itself. That said, I do enjoy the social impact the work has on society and think it’s a good thing to get people to question this manufactured urban reality.› 75
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Der Künstler Jenkins arbeitet und lebt in Washington DC. Diesen Monat ist Mark Jenkins’ erste Monographie ‹The Urban Theater› im Gestalten Verlag erschienen. Weitere Information findet ihr auf xmarkjenkinsx.com und gestalten.com
‹I think the best reaction to my work was when some bomb squads came out to destroy some installations I did with Greenpeace. We’d made these fake homeless people with teddy polar bear heads roaming around DC. The series was titled «Plight of the Polar Bears» so the destruction of these bears was ironic and poetic.›
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Ein Bauer im Anzug Strotter Inst. verarbeitet die vergessenen Überbleibsel des Kulturbetriebes zu Installationen und spannenden Klangwelten; dabei wird teilweise auf brachiale Art aus Altem Neues geschaffen. Text: Martina Messerli, Fotos: Promo
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ls ‹Strotter› wurde im Wien des 19. Jahrhunderts eine Person bezeichnet, die in Unrat herumstöberte, um darin Verwertbares zu finden. Im Abfall gestochert hat Christoph Hess alias Strotter Inst. wohl nie – es sein denn, man bezieht seine vielschichtigen Tätigkeiten auf den Abfall der modernen Unterhaltungsindustrie. Denn angefangen hatte Anfang der 90er-Jahre ursprünglich alles mit schlechtem Pop. Als leidenschaftlicher Vinyl-Sammler war Hess schon früh begeistert vom schwarz-glänzenden Material, dem Knistern und Rauschen, das die Nadel auf ihrem Weg durch die unzähligen feinen Rillen zieht – nicht aber vom Sound, der die Hitparaden damals beherrschte. Da das Geld für spezielle Pressungen, die das Sammlerherz höher schlagen liessen, nicht reichte, wurden eben andere, schlechte Scheiben eingekauft, die Rillen ausgekratzt, teilweise brachial mit dem Bunsenbrenner bearbeitet und dabei eher zufälligerweise entdeckt, dass durch die Zerstörung des fragilen Klangträgers und dem erneuten Abspielen auf einem Plattenspieler neue Klangwelten aus den Boxen dröhnten. Die Faszination zu sehen, wie durch das regelmässige Drehen des manipulierten Plattentellers ein Beat entsteht, liess den Berner Klangkünstler nicht mehr los. So fand sich der Musiker und Performer, dessen musikalischer Hintergrund sich, wie er selbst sagt, ‹auf ein halbes Jahr Blockflöten-Unterricht beschränkt›, kurzerhand mit seinen manipulierten Platten und dem Kopf voller Ideen, wie der damals dem Schweizer Publikum noch weitgehend unbekannte Industrial Noise klingen sollte, auf der Bühne des alternativen Solothurner Hotels und Restaurants Kreuz wieder. Bis heute entlockt Strotter Inst. alten manipulierten Lenco Plattenspielern aus Schweizer Produktion faszinierende Klangwelten, die von harschem Industrial bis hin zu geschickt arrangierten polyrhythmisch pulsierenden Beats reichen. kinki musik
Musik oder Performance
Als aktives oder ehemaliges Mitglied der Gruppen Veitstanz, Herpes Ö Deluxe, Sum Of R und mit dem seit 1998 bestehenden Soloprojekt Strotter Inst. ist Christoph Hess fester Bestandteil der elektro-akustischen Musikszene der Schweiz. Er selbst bezeichnet sich als ‹Bauer im Anzug›, begibt sich als solcher nur ungern ins Scheinwerferlicht und meidet die konventionelle Bühne lieber. ‹Auf der Bühne sollen meine Instrumente und Installationen im Vordergrund stehen. Der Anzug dient als Maskerade. Ich weiss, dass er mir nicht steht, daher nenne ich mich «Bauer im Anzug», der eine Art Gegenpol zum industriellen Sound und zu meinen hoch technischen Arbeitsgeräten bildet.›
Musik oder Performance, die Grenzen sind fliessend. So kann der Namenszusatz ‹Inst.› ebenso für ‹Instrument›, wie auch für ‹Installation› stehen. Mit seinen performativen Installationen steht Strotter nicht nur auf Konzertbühnen, sondern gestaltet auch Objekte. Immer im Zentrum stehen alte Plattenspieler der Firma Lenco. Die Traditionsmarke aus dem oberaargauischen Langenthal stand früher in jedem zweiten Schweizer Wohnzimmer, dementsprechend einfach sei es, die alten Geräte und ihr Zubehör in Brockenhäusern aufzuspüren, obwohl sie auch dort immer mehr zum Sammlerstück avancierten. Ein weiterer Pluspunkt der Geräte ist ihre Robustheit sowie der technische Aspekt, dass sie allesamt über den selben Anschluss des Tonabnehmers verfügen. So ist Hess’ wichtigstes Arbeitsinstrument eine ganze Sammlung manipulierter Tonabnehmer, die je nach beabsichtigtem Klangmuster zum Einsatz kommen. Da ersetzt auch schon mal eine profane Nähnadel oder ein Nagel die filigrane Diamantnadel. Als Tonträger kommen manipu-
‹Auf der Bühne sollen meine Instrumente und Installationen im Vordergrund stehen.›
Strotter Inst. arbeitet mit den vergessen Überbleibseln des Kulturbetriebs.
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lierte, also zerschnittene, beklebte, abgeschabte oder anderweitig ergänzte Schallplatten zum Einsatz. Damit schliesst sich auch der Kreis zum ‹strotten›, dem Müllsammeln, denn Strotter Inst. sagt, er arbeite vorwiegend mit ‹weggeworfenen oder vergessenen Überbleibseln des regulären Kulturbetriebes.› Auf denen springt, rutscht, hüpft und schleift die Nadel, macht also alles, was wir als Kinder gerne mit dem Plattenspieler getan hätten, weshalb uns die Eltern – zurecht – dessen Gebrauch untersagt hatten.
Die Installation besticht auf optischer Ebene, mit zunehmender Entwicklung aber lenken die Töne die Aufmerksamkeit auf sich, so erhebt sich über die Installation hinaus die zweite, auditive Ebene.
Die Installation folgt bei Strotter Inst. den Gegebenheiten des Raumes und verbindet Licht, Ton und Videosequenzen.
Die Kunst der Verpackung
Seine Alben hingegen – mittlerweile sechs an der Zahl – entstehen geplanter, sie hören sich verwobener und etwas weniger abstrakt an, auf harte Brüche, die live durchaus Sinn machen, da das Publikum sieht, wodurch sie entstehen, wird verzichtet. Betrachtet man die Releases, die allesamt im eigenen Wohnzimmer aufgenommen wurden, erkennt man eine weitere Dimension Strotters Schaffens, die der kreativen Verpackung: Oben erwähnter Flo Kaufmann schneidet für Strotter Inst. die wildesten Pressmatrizen – also die Formen, mit denen schliesslich Vinylplatten gepresst werden. Mit unglaublicher Raffinesse werden zum Beispiel Bilder in Platten gepresst, die wiederum beim Abspielen ihren ureigenen Beat entfalten. Der Hörer wird nicht nur mit einer Vermischung der einzelnen Tonträgermedien, sondern auch mit Endlosrillen, rückwärts laufenden Tracks oder simpler Stille herausgefordert. Ein Blick ins private Plattenregal des Künstlers verrät die Affinität zu Vinyl und andern
Strotter ist ebenso in Clubs wie in Museen, Galerien und im öffentlichen Raum zuhause.
Der Klangarchitekt
Nebst seiner Tätigkeit als Kunstschaffender ist Christoph Hess als Architekt tätig. Ob er als Klangarchitekt auch einen Bezug zur Stadt sehe, ist die Frage? ‹Neue Musik – gerade auch elektronische Musik – entsteht eher nicht auf der Alp, sondern eben in der Stadt, wo der Lärm und die Geräusche fester Bestandteil des Lebens sind›. Trotzdem zieht es den Performer immer wieder in rurale Gebiete, etwa in einen alten Heuschober, der als Kulisse für eine seiner Installationen diente. Die unkonventionelle Bühne, der bisher unbespielte Raum – gerne auch inmitten des Publikums – ist Strotters liebstes Territorium. So sieht man als Konzertbesucher den Künstler auch mal im Rosenbusch stehen, aus dem die harschen Töne im prägnanten Gegensatz zur Natur erklingen. Die Installation der Plattenspieler folgt immer den Gegebenheiten des Raumes, Strotter arbeitet mit Bewegung, Licht, Videosequenzen, oft auch mit Pflanzen. Dies macht jeden
Auftritt von Strotter Inst. zu einem akustischen Original. Gemeinsam mit dem ‹Universal-Bastler› Flo Kaufmann bespielte er kürzlich den Botanischen Garten der Stadt Bern. Kurzerhand wurden die langen Stacheln eines exotischen Kaktus’ anstelle der feinen Saphirnadel zur Klangabnahme umfunktioniert. Da Musik und Performance verschmelzen, ist Strotter ebenso in Clubs wie in Museen und Galerien und im öffentlichen Raum Zuhause. Daran schätzt er das unterschiedliche Publikum. ‹Spiele ich in einer Galerie, erreiche ich dort ein Publikum, das wohl nicht in einen Club gehen würde, andererseits ist das Club-Publikum eher selten in Museen anzutreffen.› Das erlaube ihm, je nach Umgebung, ein sehr diverses Publikum anzusprechen. Live ertönen denn auch Klang- und Rhythmusstrukturen von einzigartiger Dichte. Das Spektrum der Musik von Strotter Inst. reicht von flächigen Geräuschlandschaften bis zu polyrhythmisch verdichteten Eruptionen. 79
anachronistischen Tonträgern; ein Ziel des Künstlers ist es denn auch, Releases auf allen möglichen Medien herzustellen. So gibt es die Klangeruptionen Strotters selbstverständlich auf Vinyl und CD, aber auch auf VHS und wohl bald auch auf Kassette – eine Vielfalt an Kleinstauflagen mit Sammlerwert, die das Downloaden und Abspeichern schnöder MP3s plötzlich noch viel seelenloser erscheinen lässt. Bestechend ist auch die Idee, Live-Sequenzen während des Konzerts in Billig-Bierbüchsen zu schneiden, die der Konzertbesucher als einmaliges Andenken an das Konzert erwerben kann. In den Genuss einer Strotter Inst. LivePerformance wird im Frühling diesen Jahres das japanische Publikum kommen, auch wenn er noch nicht so genau wisse, wie er mitsamt seinem nicht eben leichten und unhandlichen Equipment nach Japan komme, weil ‹sich die Fluggesellschaften ja immer schwieriger anstellen würden›, was das Gepäck angelangt. Bis für dieses Problem eine Lösung gefunden wird, arbeitet Strotter Inst. in seiner kleinen Zweizimmerwohnung in der Berner Altstadt an Remixes verschiedenster Künstler, die ihn auf seinem bisherigen Weg begleiteten, während im trüben Fenster zum Hinterhof bereits der Efeu für eine neue Installation spriesst. Weitere Info zu Strotter Inst. findest du auf strotter.org
verhör essentielle alben für jede lebenslage
Wer dem städtischen Geräuschpegel entkommen will, der tut das am besten, indem er sich seine Kopfhörer aufsetzt und einfach so laut aufdreht bis Bagger, Autos, Kindergeschrei und Co. immer leiser werden. Mit welchen Platten das diesen Monaten am angenehmsten funktioniert, verrät euch unser ‹Reviewnator›.
catch me tomorrow
Terranova – Hotel Amour Erfolg für den Preis der Wiederholung? Nicht mit Fetisch. Den Status des Pioniers gibt so einer nicht auf. Stattdessen träumt er wieder von der Zukunft, so wie damals in den 80ern, als er auf den Dancefloors zum gerade entstehenden Techno abfeierte. Oder später, als er als einer der ersten Hip-Hop im deutschsprachigen Raum machte. Fetisch war irgendwie immer im Auge des Zeitgeiststurms. Mittendrin. Selbst ein Wirbelwind, den es zusehends aber in die elektronische Ecke verschlug. Hip-Hop-Beats und Elektro waren dann auch die beiden Grundpfeiler bei der Entstehung der Band Terranova, die er in den frühen 90er Jahren aus der Taufe hob. Vor allem in englischen Clubs feierte die Band schnell grosse Erfolge. Die späteren Alben folgen dem Bandnamen, mit jeder neuen Scheibe wurde bisher unbekanntes Land in grossen Schritten betreten. Den Hip-HopAnfängen folgten beispielsweise Elektro-Tracks, die plötzlich zudem noch voller Punk-Energie steckten. Auf der nun erscheinenden Scheibe ‹Hotel Amour› ist natürlich auch wieder Zukunft für alle in Hülle und Fülle vorhanden. Entstanden sind treibende und präzise Housekinki verhör
Tracks, die Fetisch hauptsächlich im Nachtzug zwischen Paris und Berlin, seinen beiden Wohnorten, geschrieben hat. In den Stücken wird das Genre gleich mit zahlreichen Anbauten erweitert. Ein Grund ist sicher auch die illustre Schar an Gastmusikern auf dem Album. Allein nur die schillernsten Namen umfassen Leute wie WhoMadeWho, Khan oder Snax. Speziell letztgenannter verleiht dem Song ‹Ain’t No Thing› einen kraftvollen Soul-Anstrich. Neben den vielen Musikern mischt zudem der ein oder andere Schauspieler mit, so beispielsweise Udo Kier und Nicolette Krebitz auf ‹Prayer›, einer dunklen ElektroBallade. Fetisch beweist mit der Scheibe, dass seine Gier nach Utopie auch 2012 noch lange nicht gestillt ist.
nien fündig wird und taiwanesische Folksongs für einzelne Loops ausgräbt. Die schönste Geschichte zum jetzt erscheinenden Album ‹Making Mirrors› ist aber, dass er ein Sample aus den Klängen von riesigen Metalldrähten eines Zauns im Outback seiner australischen Heimat fertigte. So zupfte er die Drahtseile in einer stürmischen Nacht mit der Hand, nahm sie flugs mit dem Kassettenrekorder auf und fertig war die einzigartige Bassline für ‹Eyes Wide Open›, eines der besten Stücke der Platte. Ein Popsong, der dadurch aber auch die ganze Weite Australiens atmet. Zweieinhalb Jahre schrieb Gotye an der Platte und zog dafür von Melbourne auf ein abgelegenes Grundstück um. Hier fand er die Ruhe und den Raum, um seine komplexe Musik entstehen zu lassen. Alles was er sieht, alles was er fühlt, transformiert er in Musik. Den Begriff Weltmusik, definiert er konkret und unmittelbar, wenn er die Geräusche seiner eigenen Welt aufnimmt und weiterverarbeitet. Die klingt für diesen allumfassenden Ansatz angenehm unaufgeregt. Elektroakustische Songs, die aber auch vor Motown-Soul, Indie oder Dub nicht halten machen. Wie im Leben, so ist auch auf der Platte jeder Ton wichtig, jeder Klang genau gesetzt. Nie zuviel, doch als Hörer muss man schon gehörig aufpassen, um wirklich alles an Klangvielfalt wahrzunehmen. Vielleicht aber auch gar nicht nötig, vielmehr reicht es schon sich der entspannten Atmosphäre hinzugeben. Gotye ist in Australien schon lange Zeit eine grosse Nummer. Mit ‹Making Mirrors› sollte dies auch in Europa nur noch eine Frage der Zeit sein.
sample the world
Gotye – Making Mirrors Auf dem Highway der Liebe zur Musik überholt der Musiker Gotye momentan alle anderen Musiker. Wie anders ist zu erklären, dass er alte analoge Instrumente wie eine Harfenzither, Ton für Ton digitalisiert, um sie so auf eine neue Art und Weise zu spielen. Oder die ständige Suche nach vergessenen Songs, die dann dazu führt, dass er in Werbespots aus den 70ern von Flugli80
singing in colours
Beth Jeans Houghton & The Hooves Of Destiny – Yours Truly, Cellophane Nose Wenn man über Beth Jeans Houghton schreibt, sie sehe ihre Musik als Abfolge von unterschiedlichen Farben, dann stimmt es in diesem Fall auf eine ganz besondere Art. Die 21-jährige Britin leidet seit ihrer Geburt an Synästhesie. Eine seltene Erkrankung, in deren Folge man Buchstaben, Worte oder eben auch Musik als unterschiedliche Farben wahrnimmt. Ohne den Ernst der Krankheit zu vergessen, für eine bereits sehr kreative Person ist diese spezielle Wahrnehmung oftmals noch ein zusätzlicher künstlerischer Vorteil und die Britin scheint unbedingt zu dieser Sorte zu gehören. So bewegt sich Beth Jeans Houghton in ihrer Musik, unterstützt von der Begleitband The Hooves Of Destiny, auf der Debütscheibe elegant zwischen den Stilen und begeistert noch dazu durch eine einzigartige Stimme. Ihr Weirdo-Pop auf ‹Yours Truly, Cellophane Nose›, der zudem folkig aus den Boxen kommt, ist dabei in weiten Teilen unruhig und psychedelisch. Produziert wurde der Erstling, der beim Labeldiamant Mute erscheint, von Ben Hillier, der schon Blur oder Elbow unter
seinen Reglern hatte. Eine coole Wahl, klingt doch der Art-Pop der Musikerin sicherlich auch wegen der Produzentenwahl oftmals wie früher die ausladenden Kompositionen eines Damon Albarns. Dass sie es auch rockiger angehen kann, glaubt man eigentlich nicht, doch für solche Überraschungen ist ja der fast schon vergessene Kunstkniff des Hidden Tracks am Ende der Scheibe da ...
beat of two hearts
mal läuft es auch noch anders ab. Die Britin Alice Costelloe, neben ihrem amerikanischen Mitstreiter Kacey Underwood weiblicher Teil des Duos Big Deal, entwickelt ihre Lied-Ideen nämlich lieber auf einer kleinen Kindergitarre. Die hat sie als Sechsjährige von ihrer Grossmutter geschenkt bekommen. Thanks Grandma! Du hättest richtiger nicht liegen können. Denn Big Deal erschaffen nun auf ihrem Debüt ‹Lights out› eine Ansammlung von gleich einem Dutzend starker Songs. Das verschrobene Songwriting und die Reduzierung auf zwei Gitarren verleihen den Tracks einen unwiderstehlichen Charme. Die Songs enthalten bedacht gezuckerte Pop-Melodien, die immer wieder beherzte Ausflüge ins Psychedelische oder in den Folk unternehmen. Die klassische Girl / BoyKonstellation erfährt zudem bei Big Deal eine neue Sternstunde. Selten hat die Mischung aus kristallklarer Mädchenstimme zum etwas heiseren männlichen Timbre so faszinierend funktioniert. Ein Grund auch, weshalb die beiden jede Menge an erotischem Subtext rüberbringen. Man weiss es zwar nicht, aber
irgendwie wünscht man es sich förmlich, dass sich hier immer auch zwei Liebende die Textzeilen zusingen. So niedliche Sätze, wie ‹I’m a mess / I’m a wreck / But you wouldn’t know ’cause I’m at my best when with you.› in dem flirrenden Stück ‹Locked Up›. Deal! Skip. Skip. Ja, das Leben des gemeinen Musikjournalisten ist schon hart. Doch als pflichtbewusster Protokollant der aktuellen Musikszene kennt unser ‹Reviewnator› Mathias Bartsch keinen Schmerz. Was rund ist und silbern blitzt, kommt in die mit Blattgold ausgeschmückte Anlage zum monatlichen Verhör. Basta! Wer von den vielen Verdächtigen des laufenden Monats dabei etwas zu erzählen hatte, lest Ihr besser gleich einmal nach!
BIG DEAL – LIGHTS OUT Songs entstehen heutzutage oft ja leider ziemlich seelenlos. In der Regel ein ausgeklügelter technischer Prozess auf High-EndComputern mit Prozessoren, die mit ihrer Leistung auch mal eben zum Mond fliegen könnten. Doch manch-
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Von Techno und Trachten Städter bevölkern ländliche Wanderwege, kehren in urchige Wirtshäuser ein, tragen Barbour-Jacken und feiern in den Bergen zu elektronischer Musik: Landeier sind wieder en vogue. Wir haben auf der Jägermeister Wirtshaus Tour eine Nacht lang mit den dänischen Elektrorockern von WhoMadeWho in den Bayrischen Alpen gefeiert. Text und Interview: Antonio Haefeli, Fotos: Mario Pavlik
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n den vergangenen Jahren sind vermehrt urbane Individuen in ruralen Gebieten gesichtet worden. Hippe Städter wandern auf sneaken Sohlen über Stock und Stein, treffen sich zum deftigen Essen in warmen Wirtshausstuben und tänzeln zu elektronischen Beats über taufeuchte Wiesen. Und auch in der Stadt lassen Urban Farming, Weisswurst, Barbour-Jacke und Cowboyhemd ländliche Stimmung aufkommen. Diesem Trend zum interkulturellen Austausch folgt auch die fast selbst schon zur Tradition geübter Partypeople gewordene ‹Jägermeister Wirtshaus Tour›. Zum Jahresabschluss luden die Meister des Kräuterschnapses auf die Zugspitze in ein hölzernes Wirtshaus, um auf Augenhöhe zusammen mit den dänischen Elektrorockern von WhoMadeWho zu feiern.
Die beiden Köpfe von WhoMadeWho, Tomas und Jeppe, draussen vor der Hütte.
kinki musik
Natürlich war auch kinki unter den 300 Feierwütigen. Doch bevor Jeppe Kjellberg, Tomas Hoffding und Tomas Barfod die kleine Bühne in der Stube stürmten, wurde deftig geschlemmt, Bierkrüge geschoben, Nägel in bayrische Holzbretter genagelt, getratscht und das eine oder andere Mädl ‹obandlt›. Bei dieser Gelegenheit wollten wir dann doch auch noch von den WhoMadeWho Jungs wissen, was sie denn für eine Beziehung zu ländlichen Gebieten haben: ‹Da wir alle in kleineren Orten aufgewachsen sind, sind wir sehr stark mit dem Land verbunden›, sagt Jeppe. ‹Wir kleiden uns ja auch heute noch gerne wie Männer, die auf einem Landsitz wohnen, jagen und mit ihren Hunden über Felder spazieren. Wir mögen diesen Stil einfach›, fügt er lachend hinzu und lässt seine Hosenträger gegen die Brust klatschen.
Im Bauch der hölzernen Hütte tobt eine wilde Party.
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Jeppe taucht ab in den Rausch der analogen Synthese.
Pulsierende Metropolen
Auch die dazugehörigen Traditionen sind den mittlerweile in Kopenhagen lebenden Dänen nicht fremd: ‹Eine Art Bandtradition gibt es, seit wir das erste Mal in Moskau gespielt haben: Immer wenn wir da sind, genehmigen wir uns den teuersten regionalen Drink, den wir finden können. Das ist dann so eine Art Ritual, dem wir gerne viel Bedeutung einräumen›, verraten uns die drei. Tomas wird aber ernster und fügt hinzu: ‹Natürlich ist das nicht vergleichbar mit
‹Es ist wahnsinnig wichtig, dass neue Generationen die Geschichten und Bräuche von früher kennen.› richtig alten Traditionen. Davor haben wir viel Respekt und finden, dass solche Dinge bewahrt werden müssen. Es ist wahnsinnig wichtig, dass neue Generationen die Geschichten und Bräuche von früher kennen – auch wenn man in einer grossen Metropole lebt.› Und in die Stadt wollten auch die drei ehemaligen Landeier mit dem Landlordstyle: ‹Irgendwann wurde es einfach zu langweilig in dem Ort, in dem wir aufgewachsen sind. Gerade wenn man Musik machen will, muss man einfach in die Stadt gehen, denn da knüpft man Kontakte, da kann man sich austauschen und neue Trends entdecken›, meint Jeppe. Auf der Zugspitze war die Party inzwischen im Gang und die Jungs mit den Hosenträgern lieferten eine energiegeladene Show, die in einer fast 15-minütigen
Version von Benny Benassis ‹Satisfaction› ihren Höhepunkt fand. Und spätestens als Jeppe die Tanzfläche enterte, bebte die Stube der Berghütte Drehmöser 9 regelrecht im Takt von Tomas’ Bassgitarre. Irgendwann werden aber auch Städter müde, vor allem in so ungewohnt frischer Bergluft. So pilgerten wir frühmorgens den Berg hinunter ins Tal, um am nächsten Tag in idyllischer Berglandschaft aufzuwachen. Was blieb, war die Erinnerung an eine wilde, bayrische Nacht. Und vor allem auch die Vorfreude auf die ‹Jägermeister Wirtshaus Tour 2012›, die weitere urchige Locations rocken wird! Diesmal mit Tek-One, Eskimo Callboy und Dumme Jungs. In den Sinne ‹auf boid, ihr Stoderer›!
Bassplayer Tomas sorgt für zuckende Körper.
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Kommende Daten der Jägermeister Wirtshaus Tour: 29.03. Hamburg 30.03. Berlin 31.03. Dresden Weitere Info zur Jägermeister Wirtshaustour findest du unter das-wirtshaus.de
vorspiel das album des monats
Liz Green: O, Devotion! 01 ‹Hey Joe›
Ich mag die Wiederholungen in den Strukturen von Bluessongs: Nimm einen Satz und wiederhole ihn, nimm eine andere, dritte Linie dazu und wiederhole das ganze dreimal. Et voilà, du hast einen Song. So entstand auch ‹Hey Joe›. Es ist ein Song über einen Mann, der sich von einer Frau, die ihm eigentlich nicht gut tut, einfach nicht trennen kann. Viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
02 ‹Midnight Blues›
Dies war der erste Song, den ich schrieb. Sofern man das Werwolf-inspirierte ‹Call Of The Wild› weglässt, das ich geschrieben habe als ich 13 war und nur dann sang, wenn keiner da war. Für mich jedenfalls ist ‹Midnight Blues› mein erster Song.
03 ‹Displacement Song›
Das ist ein Song für alle, die etwas aufgeben und weitergehen müssen. Ein Song über Unbeständigkeit. Ein Zuhause ist nicht zwingend für immer. Und ebenso unbeständig ist der Friede.
04 ‹Luis›
Luis ist ein Stück, das ich sehr bewusst geschrieben habe. Es ist inspiriert von einer Fahrt mit der Metro am frühen Morgen auf dem Weg zur Arbeit. Der Song erfasst meine zugegebenermassen leicht morbide Fantasie.
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iz Green erzählt Geschichten. Geschichten über Menschen, die Liebe, das Leben. Anstelle eines gängigen Support-Acts eröffnet Liz Green ihre Konzerte lieber zusammen mit Schattenpuppen und der Nacherzählung ihrer Lieblingsgeschichte ‹Fenist the Falcon›. Und die tragikomisch anmutende Künstlerin scheint tatsächlich in dieser Märchenwelt zu leben, die sie in ihrer Musik zu beschreiben versucht. Nach ihrer ersten Single ‹Bad Medicine›, welche von den Kritikern verehrt wurde, liess sie sich ganze vier Jahre Zeit und tourte rund um den Globus. Ihr Debüt ‹O, Devotion!› zeigt nun, dass die Engländerin ihre Angst vor dem Aufnahmestudio überwunden hat. Ob ihr dabei das angebliche Aufmalen von Gesichtern auf kinki vorspiel
05 ‹Bad Medicine›
die Studiowand – um den Eindruck eines Publikums zu vermitteln – wirklich geholfen hat, wissen wir nicht. Doch wir sind uns einig, dass mit ‹O, Devotion!› eine wirklich fantastische Platte entstanden ist. Und woher stammt der Albumtitel, der auf Deutsch ‹Hingabe› bedeutet? Dieser stammt aus einem Traum, in welchem ein Mann für die schlafende Liz sang. Die einzigen Worte, an die sie sich beim Aufwachen erinnern konnte, waren ‹O, Devotion!› Was sonst noch für Dinge und Figuren hinter den zehn Songs ihres neuen Albums stecken – zum Beispiel Werwölfe, Paul Simon und Vogelfedern – verriet uns Liz Green in einem aufschlussreichen Interview.
Das ist vermutlich mein Lieblingssong. Die Leute fragten mich, warum ich ihn mit auf das Album nahm, da er doch schon so alt ist. Aber es kam für mich nie in Frage, ihn nicht auf die Platte zu nehmen. Ich fühlte einfach, dass der Song mit mir mitgewachsen ist in all den Jahren und somit seinen Platz auf der Platte verdient.
06 ‹Rag&Bone›
Ein Rock’n’Roll Song. Na ja, ich habe es zumindest versucht. Ich wundere mich manchmal wirklich, was für Musik ich mache. Alles was ich eigentlich sein wollte, ist ein cooler Bassist in einer Punkband. So wie Paul Simon.
07 ‹French Singer›
Ich ging durch die Hölle mit diesem Song. Ich hasste ihn sehr lange. Es war derjenige, den alle meine Freunde als ihren Lieblingssong bezeichneten. Ich spielte ihn bestimmt ein Jahr lang nicht, bis ich ihn einmal auf dem Piano einspielte.
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08 ‹The Quiet›
Der Tod als Perspektive – wirst du am Ende zufrieden sein mit der Farbe, die du trugst oder mit der Richtung, an die du dich gehalten hast? Damit, was du erreicht hast und mit der Art wie du dein Leben gelebt hast? Das ist der wesentliche Punkt, wenn man über den Tod nachdenkt. Das sind Momente hoffnungsloser Klarheit.
09 ‹Ostrich Song›
Das war der einzige Song von meinem unvollständigen Konzeptalbum ‹Book Of Birds›, der überlebt hat. Er handelt von einem Vater, der verschiedene Vogelfedern für seine Tochter in einem Notizbuch sammelt und zu jedem Vogel eine Geschichte schreibt.
10 ‹Gallows›
An das Schreiben dieses Songs kann ich mich sehr gut erinnern. Ich beschäftigte mich damals mit den Reimen in Kinderliedern und den Geschichten dahinter: Es geht immer darum, eine Geschichte von einer Generation in die nächste zu tragen. All diese Gedanken haben mich sehr inspiriert. Liz Green: ‹O, Devotion!› (Musikvertrieb) ist bereits erschienen. Weitere Info zur Künstlerin findest du unter lizgreenmusic.co.uk. Liz Green live: 03.03.2012 at Royal, Baden 04.03.2012 at Cordes Avide, Genf 05.03.2012 at La Cappella, Bern Text: Sascha Komenda Übersetzung: Antonio Haefeli Foto: Promo Zu allen mit Dreieck gekennzeichneten Artikeln liefert euch kooaba Paperboy zusätzliche Info in Sekundenschnelle auf euer Handy. Einfach die kostenlose kooaba Paperboy App downloaden und die entsprechende Heftseite knipsen.
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Stadt, Land, Wald Die belgische Band Balthazar träumt von einem Venedig ohne Türme, in dem es nach Pisse riecht. Zumindest an manchen Orten. Wir sprachen mit ihnen ausserdem über Grossstädte, Zukunftsträume und Balthazar – den richtigen Balthazar. Text und Interview: Melanie Biedermann, Foto: Promo
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althazar – die Newcomer, die eigentlich keine sind. Bereits 2004 hatte sich das belgische Quintett um die Frontmänner Maarten Devoldere und Jinte Deprez formiert. Ihr erstes Album ‹Applause› erblickte jedoch erst 2010 das Licht der Öffentlichkeit. Der belgischen Öffentlichkeit, um genau zu sein. Doch der Wind hat sich gedreht. Das Label PIAS wurde auf das Talent der Belgier aufmerksam und nahm Maarten, Jinte, Simon, Patricia und Christophe unter seine Fittiche. Seither ist es auch ausserhalb von BeNeLux Musikliebhabern vergönnt, dem Präzisions-Pop von Balthazar zu lauschen. ‹Applause› wurde im Oktober 2011 europaweit lanciert und die dazugehörige Tour befindet sich gerade in vollem Gange. Bei ihrem Zwischenstopp in Winterthur trafen wir Maarten und Jinte zum Pausen-Klatsch im Gaswerk und hielten Gedankenaustausch.
Interview kinki: Woher habt ihr euren Namen? Wieso ‹Balthazar›? Marteen: Balthazar ist ein alter, unflätiger Mann, der in den Bergen lebt. Balthazar existiert also? Maarten: Ja, er ist eine reale Person. Er lebt, umgeben von vielen Tieren, zurückgezogen in seiner Hütte. Jinte: Ach, wir kennen ihn schon eine Weile. Wir mussten unsere Gruppe nach jemandem benennen und er schien perfekt dafür. Maarten: Ausserdem ist er sehr ‹Zen› mit seinem Leben. Er inspirierte uns. Jinte: Auf seine Weise ist er mysteriös, sehr ruhig und er erklärt niemals irgendwas. Maarten: Und sehr weise. Er ging nie zur Schule, ist aber trotzdem so was wie ein ‹Professor des Lebens›. Ausserdem ein kleiner Perverser, aber das werden wir hier nicht vertiefen. kinki musik
Aber ihr könnt euch mit ihm identifizieren? Maarten: Ja. Es ging aber vor allem darum, einen Namen zu finden. Wir waren damals etwas besessen von ihm. Mittlerweile haben wir das hinter uns gelassen und sehen ihn noch hin und wieder zu Weihnachten – aber das ist’s dann auch. Jinte: Er ist sehr glücklich darüber, dass wir in der Schweiz spielen. Es macht ihn stolz, dass sein Name hier überall auf Postern zu sehen ist. Ja, aber nicht nur in der Schweiz. Ihr seid in letzter Zeit ja gut herum gekommen und habt bestimmt einiges an Big-City-Life mitbekommen. Glaubt ihr, Städte sind wichtig für Künstler? Maarten: Ja, ich glaube es tut gut in einer Stadt zu sein. Man lernt eine Menge Leute kennen. Ich mag die Kombination von richtig grossen Städten und dem Land mal zwischendurch. Jinte: Wir waren in vielen grossen Städten, aber eben nur für kurze Zeit. Da bekommt man nur die guten Sachen zu sehen. Es hat ja was sehr romantisches, durch eine Grossstadt zu schlendern. Gleichzeitig ist es auch schön, nach einer Weile wieder nach Belgien zu kommen und auf dem Land zu sein. Belgien hat ja auch kaum wirkliche Grossstädte. Ihr müsstet euch in der Schweiz ja fast ein bisschen heimisch fühlen. Jinte: Vielleicht, ja. Aber das Feeling ist ein ganz anderes. Ihr habt hier Berge und Natur. Davon haben wir kaum was. Belgien ist einfach nur flach. Maarten: Ja, die Luft hier ist definitiv besser. Jinte: Ja. Und ihr könnt jederzeit Skifahren, was bei uns unmöglich ist. Es ist anders. In Städten herrscht oft auch grosse Konkurrenz. Glaubt ihr, Wettbewerb beflügelt die Kreativität? Jinte: Darüber hab ich letztens nachgedacht. Und vielleicht ist es wirklich so, dass eine Band aus New York extremer ist – vielleicht auch sein 86
muss – um von den Leuten wahrgenommen zu werden. Wir sind ziemlich subtil mit unserer Musik. Vielleicht, weil die Leute sowieso hinhören. Also können wir es uns erlauben, subtil zu sein. Wir müssen nicht extra etwas Aufsehenerregendes machen, um den Autolärm und den Geräuschpegel der Stadt zu übertönen. Unsere Musik kann es sich erlauben, ruhig und subtil sein. Aber ich weiss nicht, ob das stimmt, was ich hier erzähle. Es ist bloss ein Gedanke. Maarten: Ich glaube, Wettbewerb ist wichtig. Es ist gut, dass es die richtig grossen Acts gibt – nicht um sich mit ihnen zu messen, aber weil
‹Balthazar ist ein alter, unflätiger Mann, der in den Bergen lebt.› es wichtig ist, sich hohe Ziele zu stecken. Man sollte aber immer mit Bescheidenheit die Alben ‹grosser Leute› anhören. Das macht dich letztlich zu einem besseren Musiker. Jinte: Und das ist nicht Wettbewerb. Das ist … Maarten: …am Boden bleiben. Ihr macht ja schon länger Musik und habt eine ziemlich weite Reise hinter euch. Vor allem auch hinsichtlich eures Stils. Ihr habt mit Elec-tro-Sachen angefangen, dann war da die Sache mit dem Hip-Hop … Maarten: Ja, wir haben vieles ausprobiert. Auch wenn wir nicht auf alles stolz sind. Wobei ich schon glaube, dass es gut war, viele verschiedene Dinge zu versuchen. Jinte: Es ist Teil des Projekts. Wir haben nachetwas gesucht, das wir wirklich mögen und haben einfach alles ausprobiert. Unglücklicherweise bleibt dank dem Internet heute alles irgendwo hängen. Was nicht wirklich zu unserem Vorteil ist. Aber ich schätze, es war Teil unseres Reifeprozesses.
Wie würdet ihr eure Musik denn heute beschreiben? Jinte: Popmusik. Popmusik? Maarten: Warum nicht? Wir achten sehr auf Melodien, den richtigen Groove und die Lyrics. Es schliesst alles mit ein. Jinte: Wir halten Pop auch nicht für ein Schimpfwort. Es ist eh schwierig mit all den Genres. Die sind nie wirklich korrekt, also nennen wir’s Popmusik. Das ist klar und simpel.
Maarten: Einfach Roxette-Pop. Passt doch. Eine kleine Aufgabe für euch: Stellt euch mal vor, ihr hättet alle Macht der Welt und könntet eure eigene Stadt errichten. Wie würde die aussehen? Maarten: Nun, es sollte auf jeden Fall an manchen Stellen nach Pisse riechen. Und woanders sollte ein Wald sein. Jinte: Ein Blumengarten. Maarten: Ja, für unsere weibliche Seite. Und sehr viel Gelb. Etwas Blau. Jinte: Es wäre sehr extrem. Wir hätten eine düstere Gegend und sehr schöne, helle Orte.
Maarten (ganz links) und Jinte (2.v.r.) von Balthazar träumen von einer Stadt in der es nach Pisse riecht, alle Leute Boot fahren und in Bungalows wohnen. Ein Paradies!
Damit man immer Bescheid weiss, wo man gerade ist. Und es gäbe nur einen einzigen grossen Turm am Marktplatz. Weil all die Hochhäuser – das ist bloss irritierend. Es sollte nur eines davon geben. Und alle wohnen in Bungalows. Jinte: Haben wir Wasser?
‹Unsere Wiedervereinigung und das Comeback werden wir hier in Winterthur feiern.› Maarten: Jede Menge Wasser! Viel Gelb, viel Wasser, düster und hell – das würde ich gern sehen. Jinte: Es hört sich etwas südländisch an. Massig Sonnenschein und man bewegt sich per Boot vorwärts. Ja, sehr viel Bootsverkehr. Ich hatte mal diese Stadt in Age of Empires – mit einer Menge Wasser. Es erinnert mich etwas daran. Maarten: Venedig. Jinte: Ja, eigentlich wollen wir nur Venedig. Wenn all die Türme abgeschnitten wurden. Hört sich nach einer guten Lösung an. Eine letzte Frage: Was können wir in Zukunft von Balthazar erwarten? Jinte: In der Zukunft? Wir arbeiten am zweiten Album und werden schon sehr bald damit zurück sein. Vermutlich schon nächstes Jahr. Und dann werden wir einfach älter werden. Irgendwann ein paar Kinder in die Welt setzen. Vielleicht auch ein paar Kämpfe austragen, über die dann im Lokalblatt unserer Stadt berichtet wird. Aber es wird alles gut enden. Und unsere Wiedervereinigung und das Comeback werden wir hier in Winterthur feiern. Mit unserem 13. Album.
Weitere Info findest du unter balthazarband.be
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Maximilian vom Hofe
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Kleid: Henrik Vibskov
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Bluse: Tiger of Sweden Kurze Hose: Wood Wood Lange Hose: Weekday Armreif: Sabrina Dehoff Schuhe: Weekday
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Kleid: Cheap Monday Mantel: Kilian Kerner Schuhe: Buffalo for TK Maxx
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Kleid: Cos Rock: Cos Schuhe: Weekday Kette: Sabrina Dehoff Socken: Henrik Vibskov
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Mantel: Markus Lupfer Top: Weekday Kette: Vibe Harsløf Hose: Cheap Monday Schuhe: Just Cavalli for TK Maxx Photography Maximilian vom Hofe Photo-Assistant Ingo Polster Styling Nadja Mara Brvar Hair & Make-up Janina Zais Model Agnes Sokolowska @ Modelwerk Postproduktion Piquee
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maske art must be beautiful
‚Distorted Hair I›, 2011, Mixed Media (Schwarzkopf Color Gloss & Blonde Toning)
kinki maske
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Jeden Monat setzen an dieser Stelle Schweizer Künstler Beauty-Produkte in Szene. Der Origami-Falter Sipho Mabona visualisierte aus Lush-Produkten eine weiche und zugleich dynamische Skulptur, die wie ein Bad beruhigend und vitalisierend wirkt. Big Blue Badekomet Seit sich das britische Kosmetikunternehmen in der Schweiz niedergelassen hat, kommt man an keinem Geschäft vorbei, ohne es olfaktorisch wahrzunehmen. Die Sinne betören auch die berühmten Badekometen, der Big Blue Badekomet sorgt mit besänftigendem Lavendel, erfrischender Zitrone und türkisem Wasser für Urlaubsgefühle. CHF 7.– Snowglobe Seife Schön anzusehen sind die Produkte von Lush, alles ‹fresh handmade cosmetics›, die wie beim Gemüsehändler in Kisten und mit Schiefertafeln angepriesen werden. Die Snowglobe Seife mit integriertem Schneeball ist dennoch eine besondere Augenweide, die es jeweils zur Weihnachtszeit in den Shops gibt. Mit Zitronenmyrteund Grapefruitaroma vertreibt sie den Winter aus den Knochen. CHF 6.80 für 100g Whoosh Shower Jelly Die Whoosh Shower Jelly ist der Konsistenz des Jelly-Wackelpuddings nachempfunden und lässt sich mit einem Schwamm wunderbar aufschäumen oder erfrischt – im wahrsten Sinne des Wortes – in gefrorenem Zustand. Die Whoosh Shower Jelly enthält Zitrusfrüchte, belebenden Rosmarin und ausgleichende Geranien. Ab CHF 8.– Alle Produkte von Lush werden aus Bio-Früchten und -Gemüsen, natürlichen Ölen und sicheren synthetischen Zutaten produziert, sie sind vegetarisch und zum Teil vegan. Erhältlich sind die Kosmetika in den Lush Shops sowie online auf lush-shop.ch Sipho Mabona Der Luzerner Künstler Sipho Mabona (Mabona Origami) belebt Papier durch Faltung, er verwandelt es in filigrane und detaillierte Kreaturen oder in abstrakte, geometrische Figuren. Mabona stellte seine Kunstwerke schon in New York, Vancouver und Tokio aus. Für die kinki Maske überwand er die für Origami typischen Ecken und faltete, inspiriert vom wohligen Badefeeling der Lush-Produkte, weiche und doch dynamische Rundungen. mabonaorigami.com Daniel Tischler Der Fotograf Daniel Tischler arbeitet regelmässig für kinki und diverse andere Magazine wie Neon und ZüriTipp, aber auch an freien Projekten. Im Studio setzte er für uns Mabonas Werk passend in Szene. tableme.co.uk
‹Distorted Hair II›, 2011, Mixed Media (Schwarzkopf Color Gloss & Blonde Toning)
Text: Florence Ritter
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internationale beziehungen städter sind netter
Der beste Städtetrip ist nur halb so spannend ohne die wertvollen Tipps der Einheimischen oder Hängengebliebenen. Diesen Monat haben wir die freischaffende Künstlerin Bianca Pedrina in Paris besucht. Fotos: Bianca Pedrina
Albert Kahn, Musée et Jardins
Albert Kahn war ein wohlhabender französischer Bankier und Philanthrop. Um die Jahrhundertwende liess er am Rande der Stadt eine weitläufige Gartenanlage bauen, darunter auch einen japanischen Garten. Gerade im Wechsel der Jahreszeiten ist dieser definitiv einen Besuch wert. Grossartig war aber auch Kahns Pionierleistung in der Farbfotografie und sein Projekt ‹Les Archives de la Planète›, mit dem er versuchte, durch fotografische und filmische Dokumentation des alltäglichen Lebens aus allen Teilen der Erde eine verständnisvollere und somit friedlichere Welt zu schaffen. Die bereits 1904 im Autochromverfahren hergestellten, faszinierenden Fotografien sind im angrenzenden Museum anzusehen. Adresse: 10-14, rue du Port,92100 Boulogne-Billancourt
La Cité de l’Architecture & du Patrimoine
Die Bibliothek ‹Cité de l’Architecture et du Patrimoine› hat einen Grossteil der Kunst- und Architekturmagazine aus aller Welt abonniert und archiviert diese bis zu zwanzig Jahre lang. Der Zugang ist frei! Zudem stehen einem hier über 1 000 audiovisuelle Dokumente zur Verfügung. Ein wahrlich wunderbar ruhiger und konzentrierter Ort, mitten an einem der meistbesuchten Plätze der Welt.
L’Escale
Im Zentrum der Stadt sind gute Cafés gar nicht mal so einfach zu finden. Sofern man etwas sucht, das abseits des uniformen Lounge-Stils und der allgegenwärtigen Touristenfallen steht. Vielleicht gerade weil die ‹Maîtresse de maison› etwas unwirsch und das Ambiente währschaft ist, mag ich das kleine Bistro am Ende des ‹Pont de la Tournelle›, in nächster Nähe zu meiner Bleibe. Kommt man zum Sonnenuntergang dorthin, eröffnet sich einem ein prächtiges Schauspiel am Himmel, vor dem sich majestätisch Paul Landowskis heilige Geneviève erhebt. Adresse: 1, rue des Deux Ponts, 75004 Paris
kinki internationale beziehungen
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Adresse: 1, place du Trocadéro, 75116 Paris Dank eines Stipendiums der Stadt Basel darf die 26-jährige Künstlerin Bianca Pedrina ein halbes Jahr lang in einem Wohnatelier im Pariser Stadtteil Marais arbeiten und leben. ‹Mein Bett steht mitten in meinem Atelier, was das Ganze ziemlich intensiv macht›, sagt Bianca. Aber sowieso, Paris sei für sie ein städtebaulicher Orgasmus, wo jeder Spaziergang zum Bildungsweg werde. Schlimm findet die junge Künstlerin aber die extreme Kluft zwischen Arm und Reich in der französischen Metropole. ‹Du fragst dich echt jeden Tag, wie es der Durchschnittsmensch mit den neun Euro pro Stunde schafft, hier zu leben und bist gleichzeitig erschlagen von den vielen Superreichen. Eine extreme Stadt in jeglicher Hinsicht.›
Der W채rmer kalter Betten
Zwischennutzung oder Hausfriedensbruch? Scheissegal, Hauptsache hell und ger채umig.
kinki report
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‹Kalte Betten› nennen sich die Zweitwohnungen reicher Geschäftsleute. Denn die meiste Zeit des Jahres stehen sie leer. Das müsste eigentlich nicht so sein, dachte sich unsere Autorin und suchte kurzerhand nach einer passenden Lösung: Ein fiktives Gespräch mit einem, der sich der verlassenen Räume annimmt. Text: Natalie Gyöngyösi, Illustration: Alina Günter
Interview kinki magazin: Hallo Urban, stell dich doch bitte kurz vor. Urban S.: Ich bin 24, Schweizer, studiere an der Uni Zürich. Keine Wirtschaft. Höchstens Immobilienwirtschaft, aber das nicht unbedingt an der Uni. Ich wohne in einer alternativ geführten Wohngemeinschaft. Alternative Wohngemeinschaft in welchem Sinne? Alternativ im Sinne, dass in erster Linie ich sie führe. Mein Mitbewohner weiss nicht, dass ich da bin. Er weiss noch nicht mal von meiner Existenz. Du bist also eine Art Geist? Ein Hausgeist aus Fleisch und Blut? Ein temporär transparenter Hausgeist aus Fleisch und Blut und mit Hausschlüssel, ja. Ich wohne momentan in der Wohnung von jemand anderem. Also, wenn der nicht da ist, bin ich einfach für ihn da. Ein unbemerkter und darum fairer Deal. Woher hast du den Schlüssel zu dieser Wohnung? Von der Verwaltung nachmachen lassen. Quatsch. Erst mit dem Draht und so rein und dann was Eleganteres gebastelt. Das klingt illegal. Und anstrengend. Kannst du das erläutern? Das mit dem Schlüssel? Klingt vielleicht abgedroschen, aber: Wohnigsmärt in Tsüri – kännsch? Ich kann mir keine Wohnung leisten, mein Studium ist zu intensiv, als dass ich da nebenbei gross arbeiten könnte. Stipendien krieg ich keine, weil meine Eltern haben zwar schon Stutz, aber sagen wir mal andere Prioritäten. Ich will aber studieren. Die Preise für eine Hütte in Zürich sind pervers teuer, um nicht zu sagen Wucher. Darum: Definiere mal illegal. Also hast du gedacht, du besetzt die Wohnung von jemand anderem und der bezahlt dann deine Miete … Es ist aus der allgemeinen moralischen Sichtweise vielleicht nicht ganz korrekt was ich mache, das mag sein. Aber: Es tut ihm ja nicht weh.
Denn wie gesagt, mein Host hat zwar keinen blassen Schimmer, dass ich da bin, dafür jede Menge Kohle. Da haben ich und meine Moral einen Kompromiss gemacht: Ich zwinge ihn dazu, dass er freiwillig mit mir teilt. Und ich gebe ihm meinen imaginären Mietanteil, beziehungsweise seine unbewusste Leihgabe, dann quasi nach meinem Studium im Rahmen meines Beitrags am Bruttosozialprodukt zurück. Die Kohle fliesst ja dann, sobald ich auf dem Arbeitsmarkt tätig bin, volkswirtschaftlich gesehen wieder zurück in den Geldkreislauf, an dem er ja im grossen Stil auch teilhat. Wieso okkupierst du nicht wie jeder andere vernünftige Besetzer einfach irgendein verlassenes Fabrikareal oder ein Haus, das abgerissen werden soll? Ich bin kein Squatter. Ich will nicht nutzlos in einer heruntergewirtschafteten, kalten Bude herumhängen, den ganzen Tag gegen die Welt sein und Joints rauchen. Das ist Hippiekacke. Was ich will, ist ein schönes, warmes und ruhiges Plätzchen zum Lernen und zum Schlafen. Ein gemässigter Anarchist. Ich verstehe mich nicht als Anarchist. Mehr als ein leiser Widerstandskämpfer. Oder nenne mich von mir aus feige Sau. Jedenfalls finde ich, die Politik versagt in der Frage der sozialen Gerechtigkeit allgemein und im Falle des bezahlbaren Wohnraums im Speziellen. Ich habe mich bei etwa zehn Wohngenossenschaften angemeldet und stehe überall stand-by auf einer endlosen Warteliste. Studentenwohnheime habe ich abgeklappert, aber ich habe nichts Entsprechendes gefunden oder ich entspreche ihren Vorgaben nicht. Ineffizientes Lärmmachen hingegen ist auch nicht mein Stil, was den Wohnungsprotest angeht, aber auch alle anderen öffentlichen Geschichten zur Zeit. Ich meine, schau dir mal die Occupy-Paradeplatz-Habasche an. Gitarrespielend sich den Arsch abfrieren und vom Paradeplatz auf den Lindenplatz in die Kirche am Stauffacher – und wieder nachhause. Da kommt jede Hilfe zu spät. Damit kann ich mich nicht identifizieren. Aktive Kapitulation aus dem Abseits? Politische Aktionen sind heute nicht mehr so einfach umsetzbar, frag einen Soziologen wieso. Früher machte man vor dem Opernhaus 99
Krawall und bekam die Rote Fabrik, in den 90erJahren gab es die Wohlgroth, wo man plötzlich Kunst statt Waffen produzierte. Gut, in den letzten Jahren gab es noch die Kalki, das Haus beim Tramdepot, dort wurde gewohnt und gefeiert, das funktionierte eigentlich super. Fast zur gleichen Zeit besetzten etwa vierzig Köpfe die Binz-Fabrik. Das Areal hätte nach drei Jahren geräumt und abgerissen werden sollen, aber die gingen da trotzdem nicht gleich raus. 2009 führten sie dann − völlig korrekt − den verlangten Transfer der 20 000 Franken Kaution an den Kanton Zürich für Aufräum- und Entsorgungs-
‹Ich will nicht nutzlos in einer heruntergewirtschafteten, kalten Bude herumhängen, den ganzen Tag gegen die Welt sein und Joints rauchen. Das ist Hippiekacke.› kosten nach der Räumung aus. Und zwar eierten sie mit Schubkarren voller FünfrappenStücken zur Bank. 400 000 goldige 5-Räppler für die Bankfrau am Schalter. Das war ein gefundenes Fressen für die Medien und dazu noch ganz lustig. Gut fand ich auch noch die Brotäktschn: Ein Wochenende lang besetzte dieses Volksfest als Gegenveranstaltung zur Euro 08 das lahmgelegte Hardturm-Stadion. Es gab einiges vorzubereiten und diese Arbeiten konnten in aller Ruhe ausgeführt werden, weil man das Stadion als Baustelle getarnt hatte und so nicht auffiel, was hinter den Kulissen passierte. Die Polizei wurde überrascht, aber sah nach Rücksprache mit der Credit Suisse, Eigentümerin des Stadions, freundlicherweise von einer Räumung ab. So feierten wir halt das Wochenende auf dem Fussballfeld durch. Aber mittlerweile habe ich mich von diesen GruppenAktionen ein bisschen abgewendet. Also, vor allem von den Gruppen-Aktionen kombiniert mit Wohnen. Ich sah mich mittelfristig gezwungen, nach einer möglichst sicheren, unauffäl-
ligen Alternative für mich als Einzelner umzusehen. Sagt dir der Ausdruck ‹Kalte Betten› etwas? Ich wärme ein kaltes Bett. Das ist es, was ich tue. Nicht mehr und nicht weniger. Eigentlich begehst du vor allem Hausfriedensbruch und verstösst vermutlich noch gegen eine ganze Reihe anderer Gesetze. Bist du dir bewusst, was dein Tun für rechtliche Konsequenzen haben könnte? Logisch. Aber ich bin ja nicht nur ein stiller und entgegenkommender, sondern auch ein nicht komplett auf den Kopf gefallener Besetzer. Sobald mein Host kommt, haue ich ab. Normalerweise weiss ich, wann er kommt, das heisst, ich kann planen und bin gar nicht erst präsent, wenn die Luft nicht rein ist. Meistens habe ich die Wohnung aber eh für mich, denn er kommt im Durchschnitt nur einmal im Monat vorbei. Wenn überhaupt. Ich informiere mich später bei einem Anwalt, wie er Urbans Fall einschätzt, nachdem ich ihm grob umreisse, was ich erfahren habe. Dieser muss erst lachen, als er meine Geschichte über Urban hört. Das sei ja mal was ganz anderes. Er möchte in dieser Sache lieber nicht namentlich erwähnt werden, gibt aber unter dieser Bedingung gerne Auskunft: ‹Hausbesetzungen oder in diesem Fall, eine Wohnungsbesetzung gegen den Willen des Eigentümers laufen strafrechtlich unter Hausfriedensbruch und werden im Strafgesetzbuch unter Artikel 186 abgehandelt. Es geht hier um ein Antragsdelikt, das heisst, der Staat muss nicht von alleine aktiv werden, sondern der Eigentümer müsste den Besetzer anzeigen.› Urban müsse im Fall einer Anzeige mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe rechnen. ‹Zerstört oder beschädigt der junge Herr etwas an der Einrichtung oder an der Bausubstanz, könnte zusätzlich Sachbeschädigung vorliegen. Der Eigentümer kann überdies Anspruch auf Schadenersatz geltend machen und natürlich darauf bestehen, dass der Besetzer die Wohnung räumt.›
Und wie machst du es, dass du nicht erwischt wirst? Woher kennst du seinen, wie du sagst, ‹Stundenplan›? Ich habe seine E-Mail-Zugangsdaten. Die privaten und die geschäftlichen. Somit kann ich auch auf die mit diesen Konten verbundenen Kalender zugreifen. Mehr brauche ich nicht. Er ist sehr penibel, was das Führen seiner Termine angeht, das macht ihn ziemlich berechenbar. Er nutzt die Wohnung ja ohnehin lediglich als Zweitresidenz, sozusagen anstatt eines Hotel-
‹Es ist nicht mein Fehler, dass ich mir keine Wohnung leisten kann.› zimmers. Er wohnt ausserhalb der Stadt, aber er arbeitet hier. Unter der Woche geht er meistens nach Hause zu seiner Familie. Wenn er vorbei kommt, ist es nach ausgedehnten Geschäftsessen, nach einem Besuch im Schauspielhaus oder in der Oper, im Kino oder nach ähnlichen Anlässen. Meist kommt er mit seiner Frau. Manchmal auch mit einer anderen Dame. Letzteres macht ihn für dich erpressbar ... Das geht mich nichts an. Wie ist das möglich, dass dein ‹Host› nie etwas von dir mitkriegt? Alles eine Frage der Koordination. Ich bin ein Organisationstalent. Ich habe eine Affinität für Technik, wie gesagt, ich kann mich darauf vorbereiten, ich kann planen, wann die Luft rein ist und wann ich mich vom Acker machen muss. Für Notfälle, also wenn er unplanmässig auftaucht, bin ich auch vorbereitet, auch wenn das erst einmal passiert ist. Und ich hinterlasse keine Spuren. Als ich dem Anwalt die Details über Urbans Wohnform mit der Einsicht in die E-Mails und den Kalender durch Hacking erzähle, kommt
es zu einer abrupten Stimmungswende. Sein freundliches Lächeln erstarrt. Er hatte bisher eher belustigt zugehört und ich hatte gemeint, sogar eine gewisse Sympathie für Urban als rebellischen Studenten herauszuspüren. Jetzt wirkt er plötzlich ernst. Er liest Art. 143, 1 zur Unbefugten Datenbeschaffung aus dem Strafgesetzbuch vor: ‹Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, sich oder einem andern elektronisch oder in vergleichbarer Weise gespeicherte oder übermittelte Daten beschafft, die nicht für ihn bestimmt und gegen seinen unbefugten Zugriff besonders gesichert sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.› Du benutzt die Wohnung, also gehst duschen, kochst und heizt, ganz normal? Ja, klar. Ich kann ja schlecht einen Gebrauchsleihevertrag oder so abschliessen. Klar, ich bin ein Parasit und ein Voyeur. Aber er macht sich ja nicht mal die Mühe, wenn er geht und Wochen lang nicht wiederkommt, im Winter die Heizung runterzudrehen. Er zahlt einfach die Stromrechnung. Es ist ihm egal. Weil ich ja jetzt auch ein bisschen da wohne, habe ich eine Art Ego-Pentagramm in die Türschwelle eingeritzt. Es ist ein N-förmiger Pfeil mit einem Herz drumherum. Ein bisschen schwul, ich weiss, aber mein Zeichen, das für die unsichtbare Harmonie zwischen meinem Host und mir stehen und mich beschützen soll. Urban, hast du kein schlechtes Gewissen? Nein. Wieso nicht? Hast du keinen Respekt vor dem Eigentum und der Privatsphäre anderer Leute, vor allem Fremder? Sieh mal. Ich finde nicht, dass es mein Fehler ist, dass ich mir keine eigene Wohnung leisten kann. Ich könnte einen Scheissjob machen und mit meinem Scheisslohn eine Scheisswohnung unterhalten. Will ich aber nicht. Ich will mein Studium abschliessen. Ich krieg weder Unterstützung von meinen Eltern, noch vom Staat, Pestalozzi ist tot. Also helfe ich mir selbst. Und ich schade dabei ja niemandem. Ich nehme niemandem etwas weg, ich verwüste nichts, ich hinterlasse Ordnung, behandle meine Gaststätte mit Anstand und Respekt. Ich bin kein Psycho, wobei nun ja, das kann wohl niemand objektiv über sich selbst sagen. Sicher, ich ziehe hier meine Ego-Schiene durch. Aber wenn niemand was erfährt, bin ich in einigen Monaten weg und niemand hat was gemerkt. Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss.
Dieses Interview ist frei erfunden.
Schlaf gut im fremden Bettchen. Und träum recht schön ...
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Freunde der älteren Kunst pilgern im Modemekka Mailand ins Leonardo da Vinci Museum. Doch wer die neuesten Kapitel der Kunstgeschichte lesen will, sollte in Mailand die Brand New Gallery besuchen. Text: Franziska von Stieglitz
B
ei manchen Galerien überkommt einen das Gefühl, dass die Auswahl der Künstler nur mit Schlüsselworten wie ‹hip› oder ‹zeitgeistig› legitimiert wird. Andere Galerien versetzten einen bei jeder Vernissage ins Staunen – oder Stottern – indem sie dem Publikum unberechenbare Asse zuspielen. Und dann gibt es noch jene, die öffnen sich einem wie ein Buch: nie um ein neues Kapitel verlegen, die Geschichte spinnt sich fort und der Leser bleibt am Ball. So zum Beispiel die Brand New Gallery. Die Galerie liegt im Quartiere Isola Garibaldi, das derzeit als jüngstes, kreativstes und herzlichstes Viertel Mailands gehandelt wird. Die zwei Kunsthistoriker Chiara Badinelli und Fabrizio Affronti (sie: Zeitgenösische Kunst, er: ursprünglich Alte Kunst) taten sich zusammen und eröffneten hier im November 2010 die Brand New Gallery. Ihren beruflichen Hintergrund erahnt man schnell bei der Auflistung der ausgestellten Künstler: Hier finden sich keine ‹Kassenschlagernamen›, sondern eine feine Auswahl an Arbeiten, die die Ausstellungen wie Paradebeispiele moderner Bewegungen aus einem Kunstgeschichtsbuch lesen lassen. Dabei ist der Name der Galerie Programm – es sind junge Künstler aus aller Welt, die hier ausgestellt werden.
Surface and Sacrifice
Ziel von Badinelli und Affronti ist es, aktuelle internationale Künstler nach Italien zu locken und dem Mutterland der europäischen Kunst zu zeigen, was gerade in der Welt an neuer Kultur geschaffen wird. Dabei recherchieren die beiden Galeristen selber, bei Atelierbesuchen und in anderen Galerien. In der kurzen Historiografie ihrer jungen Galerie stellten sie so bereits ein breites Spektrum an verschiedenen Künstlern zusammen. Besonders empfehlenswert ist die Ausstellung ‹Consciousness and
the Portraits of Sacrifice› von Anthony James bis zum 23. Februar. Der Künstler versteckt hinter dem dramatischen Ausstellungstitel beleuchtete Holzinstallationen, die an postminimalistische Arbeiten anknüpfen und mit der Wahrnehmung der Betrachter spielen. Ebenfalls bis zum 23. Februar wird die Gruppenausstellung ‹Into the Surface› gezeigt, in der 18 Künstler, wie Heather Cook und Nazafari Lotfi, sich mit verschiedenen Materialien und Ausdrucksmitteln auseinandersetzen. Ab März zeigt Ori Gersht in ‹Still and Forever› wie ästhetisch Momentaufnahmen explodierender Blumenbouquets sein können und dokumentiert so den nächsten Schritt des einstigen Stillebens. Gleichzeitig zeigt der Däne Alexander Tovborg seine farbenfrohen Gemälde. Im April folgt Alessandro Roma mit Fotocollagen und im Juni stellt Christina Lei Rodriquez aus Miami ihre bizarren ‹hübsch-hässlichen› Skulpturen aus organischem und plastischem Material aus. Links: Ori Gersht Evaders ‹Far off Mountains and Rivers›, 2009
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Ganz oben: ‹Consciousness and Portraits of Sacrifice› von Antony James Mitte: Alexander Tovborg ‹Tourist (on the Chinese bridge)›, 2011 Unten: ‹Blow Up; untitled 4›, 2007 Brand New Gallery Via Farini 32 20159 Milano Dienstag bis Freitag, 11 — 13 , 14.30 — 19 Uhr brandnew-gallery.com
Jessica Backhaus
I wanted to see the world kinki kunst
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Städte lassen sich aus verschiedensten Blickwinkeln betrachten. Eine sehr spezielle Perspektive wählte die Fotografin Jessica Backhaus für ihr Projekt ‹I wanted to see the world›.
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