nr. 41 nov / dez 2011 chf 6,00 (schweiz) eur 4,00 (deutschland) eur 4,50 (österreich) eur 8,00 (nederland)
DAS NEUE MINI COUPÉ. another day. another adventure.
Sportlich, kompakt und für Verfolger nur von hinten zu sehen: Das neue MINI Coupé ist da. Der markante Zweisitzer bringt mit seiner Ausstattung und dem Kofferraum für grosse Beute Komplizen zum Staunen. Starte einen Ausbruch und teste das neue MINI Coupé bei deinem MINI Partner. MINI.ch
auftakt wer zuletzt lacht – eine (nicht so) humorvolle ausgabe
Lieber Leser. Manchmal bleibt einem das Lachen im Hals stecken. Zum Beispiel beim Genuss der sarkastischen TV-Serie ‹Breaking Bad›, in welcher unter anderem der Frage nachgegangen wird, wie viel Unheil man anrichten darf, um angeblich hehren Zielen zu dienen. Die Antihelden der Serie schlittern von einem Chaos ins nächste – und meinen es nur gut dabei. Verhält es sich mit unserem Humor ähnlich? Wollen wir nur spielen? Nur Spass haben? Und hinterlassen dabei einen Scherbenhaufen in der Grösse eines ganzen, schlecht gelaunten Kontinents? Auf dem Scheiterhaufen der Finanzkrise und beim Zerfall der gewohnten Ordnungssysteme könnte man diesen Eindruck fast bekommen: Den Spass einiger weniger bezahlt die grosse, nicht mehr so amüsierte Masse. Dabei könnte das Leben so lustig sein! Vom Scherzartikel bis zur Funsportart – es gibt noch einiges zu belächeln! Deine lachfaltige kinki Redaktion
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STREET FASHION FOR INTELLECTUAL SLACKERS
2011
We S C W I N T E R 2 0 1 1 SHOT BY ANTON RENBORG w w w. w e s c . c o m
inhalt
standard
Auftakt 03 Inhalt 10 Neuzeit 12 kinkimag.ch 18 Klagemauer 20 Maske 66 Kopfkino 82 Blattmacher 94 Int. Beziehungen 100 Abo / Impressum 112 Ghettofaust 114
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report
Eine Frau furzt 30 Die zwei Leben des ... 36 Wortlaut: Nicholas Felton 40 Querschläger: Christian Hablützel 42 Face it 84
Sirènes en Dessous
kinki zeigt euch die Wäsche-Trends der Saison. Und die Fotografin Vénonique Hoegger setzte sie mit Hilfe der ‹Limmat Nixen› passend in Szene.
musik
Vorspiel: MTGD 44 Everything sucks! 46 Interview: Figurines 52 Verhör 54 Interview: Wombs 56
mode
‹It’s so fucking funny to be ...› von Jonas Lindström 58 Farbenfreude 64 Interview: Jeremy Scott 68 Sirènes en Dessous 70 ‹Players› von Marco Trunz 74
70 96
It’s so fucking funny ...
46 Jonas Lindström
kunst
‹Fooling around› von Andrew Myers 22 Gefällt mir: Ich 32 ‹Israel Death-Metal, Prostitute ...› von Muir Vidler 88 Under construction 96 Potpourri: Humor 102 Schauplatz: Temple Bar Gallery Everything sucks! + Studios 110 Zu allen mit Dreieck gekennzeichneten Artikeln liefert euch kooaba Paperboy zusätzliche Info in Sekundenschnelle auf euer Handy. Einfach die kostenlose kooaba Paperboy App downloaden und die entsprechende Heftseite knipsen.
kinki inhalt
Martina Messerli und Rainer Brenner werfen einen Blick auf die unbeschwerte Ära des Funpunks. Und fragen sich: was genau war das eigentlich?
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Under construction
Der US-amerikanische Künstler Cory Arcangel verwirrt und amüsiert den Betrachter mit seinen ‹getuneten› Videogame-Installationen und Kurzfilmchen. Wir werfen einen kleinen Blick auf Corys bunte Welt, in der alle Spieler Verlierer sind.
32 Gefällt mir: Ich
Die Künstler Rico Scagliola und Michael Meier haben in ihrem Buch ‹Neue Menschen› die Selbstinszenierung der jungen Generation thematisiert. Und sind dabei selbst auf den Geschmack gekommen!
56 Interview: Wombs
Die amerikanische Band Wombs möchte vor allem eines sein: anders. Antonio Haefeli sprach mit Gitarrist Ryan Manning über onanierende Männer, seine Liebe zu ‹Saxxy› und den krampfhaften Drang originell sein zu wollen.
zugabe
Andrew Myers
Björn Stephan
Als Kanadier ist Andrew Myers sicherlich einiges an Witzen seitens des grossen Nachbarlandes gewohnt. Kein Problem, denn Andrew fehlt es bestimmt nicht an Humor. Für kinki hat der Fotograf und Bildkünstler tief versunkene Kindheitserinnerungen nostalgisch-futuristisch aufbereitet. Die Bildstrecke ‹Fooling around› offenbart Herrn Myers Gespür für popkulturelle Motive, gerne absurd, rätselhaft und immer augenzwinkernd. Daher hier gleich zum Einstieg ein erstes kleines Rätsel von Andrew – sein Lieblingswitz: ‹Two nuns in the bath. One says: «Where’s the soap?» The other one replies: «It does, doesn’t it.»› Nicht kapiert? Macht nichts, dann schaut euch einfach Andrews Bilder an. Myers Arbeiten werden international ausgestellt und sind in Publikationen wie WIRED, Nido oder auch Esquire Russia zu sehen. – S. 22
Der 24-jährige Björn hat ein halbes Jahr in Ghana gelebt und dort als Volunteer für die deutsche NGO ‹Kinderparadise› gearbeitet. Die meiste Zeit hat er Kinder in einem Waisenheim in Prampram gehütet. Dort lernte er auch Billy Griffith, den Protagonisten seiner Reportage, kennen. Fast jede Woche sassen die beiden in Billys Lieblingsstrandbar, assen Chicken and Chips oder schauten Fussball. In diesen Situationen hat Billy ihm seine Geschichten aufgetischt. Mittlerweile ist Björn zurück in Berlin, studiert wieder und schreibt nebenbei für verschiedene Zeitungen und Magazine. Mit Billy ist er aber immer noch via Mail in Kontakt. Als er ihn fragte, ob er seine Geschichte aufschreiben dürfe, antwortete Billy ihm: ‹I trust u like a son. God bless. Ure crazy uncle from a different family. lol. Jesus loves u›. Gut, wenn man solche Verwandten hat. – S. 36
Marco Trunz
Das neue Büro
Das deutsche Wunderkind vollzieht derzeit eine recht erfolgreiche Metamorphose. Marco Trunz – Wahlhamburger, geboren in Freiburg – ist ausgebildeter Fachinformatiker, der nebenher eine Karriere als Model startete. Da die Arbeit als mobiler Kleiderdispenser mit viel Wartezeit verbunden ist, entschloss er sich, seine ModelKollegen in Arbeitspausen abzulichten. Mittlerweile ist Marco hauptberuflich der Mann hinter der Kamera. Seit Beginn seiner Fotografenlaufbahn 2010 hat er für Grössen wie Velvet, FHM, Closed oder Comme des Garçons geshootet. Und jetzt eben auch für kinki. Und fast ebenso rührend wie seine Karriere ist übrigens auch Marcos Lieblingswitz: Treffen sich zwei Rühreier, sagt das eine: ‹Mann, bin ich heute durcheinander.› – S. 74
Da es in unseren Redaktionsräumen langsam enger wurde als es das Arbeitsgesetz erlaubt, haben wir unsere gemütliche Wollishofer Residenz gegen ein helles Grossraumbüro im Herzen der heimlichen Hauptstadt eingetauscht! Von hier aus fällt der Blick auf das undefinierbare Grün des Prime Towers, Clubs und Bars liegen in Torkeldistanz und die Limmat kann vom Büro aus beinahe per Köpfler erreicht werden. Und das Beste daran: hier gibt es sogar ein Pissoir! Höchste Zeit, schliesslich arbeiten ganze drei Männer bei kinki. Wer uns also künftig Liebesbriefe schreiben, Geschenke vorbeibringen, Besuche abstatten, das Pissoir benutzen oder Molotow-Cocktails durchs Fenster werfen möchte, der findet uns an der Breitensteinstrasse 88 in 8037 Zürich.
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neuzeit
traute waldraud Rund um den Zürcher Limmatplatz herrscht ein reges Treiben, und seit September glänzt in diesem Getümmel ein wahrer Diamant: Der Concept Store Waldraud an der Josefstrasse 142. Gegründet wurde er von den drei Freunden Ann, Daniel und Lorenz, die sich mit Waldraud einen lang gehegten Wunsch erfüllt haben. Ann kommt ursprünglich aus Schweden, Daniel aus Deutschland und Lorenz aus der Schweiz. So international wie die Besitzer sind auch die zum Kauf angebotenen Labels bei Waldraud, die entweder der Sparte Mode oder Einrichtung zuzuordnen sind: Da gibt es zum Beispiel Kleider der dänischen Designerin Stine Goya, Porzellan von Pols Potten
aus Holland, die Reference-Taschen der helvetischen Freitagbrüder und sogar kleine Beistelltischchen und Schals aus Waldraud-Eigenproduktion. Kurz zusammengefasst sind es ‹Labels, die anders sind und Menschen zum Schmunzeln bringen›, wie es die drei Besitzer formulieren. Ob man ein kleines Geschenk, etwas Schönes zum Anziehen oder ein neues Möbelstück fürs traute Heim braucht: Bei Waldraud ist man bestens aufgehoben. Und ganz traut fühlt man sich bei einem Besuch im Laden sowieso, so schön wie der Store eingerichtet ist und so freundlich wie die Besitzer sind. (rh) waldraud.com
kinki und discotron present bodi bill
agenda
11 09.11. – 04.03. schwarz weiss Galerie, Museum für Gestaltung, Zürich 19.11. premiere: marasa Theater Neumarkt, Zürich 20.11. agnes obel / evening hymns Kaufleuten, Zürich 21.11. the kills x-tra, Zürich 23.11. jenny hval Parterre, Basel 24.11. patrick wolf Salzhaus, Winterthur 29.11. suuns / thank you Südpol, Luzern
12 03.12. nachtmarkt aarau KiFF, Aarau 03.12. the antlers Palace, St.Gallen 08.12. flying lotus Rote Fabrik, Zürich 09.12. fruit bats / gold leaves Mascotte, Zürich
Dezember nämlich durch Deutschland, inklusive einem Stop ‹änet› der Grenze in der St.Galler Grabenhalle. Zusammen mit Discotron3000 präsentiert kinki dieses einzige Schweizer Konzert. Und natürlich haben wir Tickets für euch: Um eine der fünf exklusiven Karten zu bekommen, schreibt einfach schnell eine Mail mit dem Betreff ‹Bodi Bill› an wettbewerb@kinkimag.ch und mit etwas Glück seid ihr am 10. Dezember unsere Gäste!
Die drei liebenswerten Jungs von Bodi Bill haben sich in den vergangenen Jahren nach und nach in unsere und viele andere Herzen gespielt. Mit ihrem Sound zwischen Pop, modernem Folk und Elektro Beats ziehen Fabian, Anton und Alex Musikfans unterschiedlicher Couleur in ihren Bann. Mitunter am besten kommt diese Kombination live im Club zur Geltung – und genau das gibt’s nun endlich wieder: Mit ihrem neuen Album ‹What?› im Gepäck touren die Berliner diesen kinki neuzeit
(ah)
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09.12. kinki edition tour feat. columbus (live), dj sassy j Bonsoir, Bern 10.12. bodi bill Grabenhalle, St. Gallen 15.12. kinki edition tour feat. columbus (live), dj disco d (smash fx), dj monome Plaza ‹Kosmos›, Zürich 26. – 23.12. werkschau: f+f studiengang fotografie Coalmine Fotogalerie, Winterthur
schmucke schneeschuhe in cool stücke für abseits der piste Wer Converse auch in der Schneesaison treu bleiben möchte, hat diesen Winter einige Modelle zur Auswahl. Mit Nylon, Nubuk- oder Wildlederoptik an
Bei der Wortkombination ‹AprèsSki› denkt man eigentlich an eine überhitzte Skihütte, in der sich Snowboarder und Skifahrer nach einem Tag auf der Piste noch ein paar Gläser Rum-Punsch gönnen und im Takt von Schlagermusik mit ihren Hüften wippen. Après Ski ist aber auch ein Schmucklabel aus Barcelona, das Frauen wunderschöne Stücke an Hals und Handgelenk zaubert. Gegründet 2009 von Lucia Vergara, die zunächst Erfahrungen bei zwei verschiedenen Designern sammelte, um schliesslich ihr eigenes Label auf die Beine zu stellen. Dass Lucia Vergara vor allem Flora und Fauna, das Universum und geometrische Formen als Inspirationsquellen dienen, sieht man bei einem Blick in den Après Ski-Webshop ziemlich schnell. Da gibt es zum Beispiel ein Bettelarmband mit kleinen Planeten oder Halsketten mit dreieckigen Glitzer-Anhängern. Viele der hübschen Schmuckstücke stellt Lucia übrigens aus Kunststoff, Perlen oder anderen alten Materialien aus den 40er bis 80er Jahren her, die sie in ganz Europa findet. Alles in allem: Très jolie, Après Ski! rh) apresskishop.com apreski.blogspot.com
Stelle des sommerlichen Canvas' und mit griffiger Profilsohle ausgerüstet, helfen die neuen Schuhe ihrem Träger den eisigen Widrigkeiten zu trotzen. Besonders der Outsider Boot dürfte in der Damenwelt viele Verehrerinnen finden: Er trumpft mit wärmendem Stofffutter, schlanker Silhouette und höherem Absatz auf. Wer jedoch seine Rockstar-Attitüde auch bei Minus-
temperaturen nicht ablegen möchte, gleichzeitig aber Wert auf warme Füsse legt, wird mit dem Classic Boot glücklich durch den Schnee stiefeln. Er ist der Liebling All Star im Winterfell: Rustikale Schuhbändel, Leder und und Sohlen im Bootschuh-Look sorgen für die nötige Wetterfestigkeit. Übrigens sind die Stiefel aus der diesjährigen Winterkollektion keine Debütanten. Zwar latscht heute fast die ganze Weltbevölkerung mit den hippen Turnschuhen herum, ursprünglich produzierte Converse aber Stiefel. (eh) converse.com
Ein Klassiker im Wintermantel: der Classic Boot von Converse
zweite runde! Voller Vorfreude verkünden wir unsere zweite Schweizer kinki edition tour, für die wir das umtriebige Münchner Discopop-Duo Columbus gewinnen konnten. Das kinki Team wird mit den beiden Herren exklusive Live-Shows im Berner Club Bonsoir, in einer geheimen Location in Stuttgart und in Zürich im Kosmos Separee des Plaza Clubs bestreiten. Ausgestattet mit analogen Synthesizers und catchy Club-Beats werden Amos und Bartellow für durchtanzte Nächte sorgen. Unterstützt werden Columbus in Bern von Lokalmatadorin DJ Sassy J und in Zürich von den stadtbekannten Plattendrehern Disco D (Smash FX) und Monome. kinki lädt alle Freunde, Leser, Partner und Fans guter Musik ein, mit uns anzustossen, zu tanzen und zu feiern. Wir freuen uns, euch bals schon zahlreich begrüssen zu dürfen und gemeinsam mit euch drei tolle Feste zu feiern! Folgende Daten der kinki edition tour Nº2 solltet ihr euch in der Agenda also rot anstreichen: Bern: Club Bonsoir, Freitag, 9.12.11 Stuttgart: geheime Location, Samstag, 10.12.11 Zürich: Club Plaza (Kosmos), Donnerstag, 15.12.11 13
vintage love
Kunstvoll eingerichtet: der Salon für Vintage Möbel an der 5. DESIGN + DESIGN
Das Thema Retro scheint mittlerweile zwar recht ausgelutscht, aber wie so oft, birgt auch dieser Sammelbegriff subtile Facetten in sich. Bei der Auswahl an Vintage-Modellen, welche an der DESIGN + DESIGN für gewöhnlich dargeboten wird, handelt es sich um Liebhaberstücke. Liebhaberstücke, die von Liebhabern angepriesen, von Liebhabern ausgestellt, von Liebhabern begutachtet und von Liebhabern begehrt werden. Gekauft wird vermutlich nicht ganz so exzessiv, denn
gutes tun Zugegeben, zu den Fundraisern, die uns im Fiirabig-Stossverkehr umwerben und abfangen wollen, sind wir alles andere als freundlich, dabei liegt uns eigentlich daran, anderen zu helfen. Jedoch ist es immer so eine Sache, sich für ein wohltätiges Projekt zu entscheiden, besonders wenn man weiss, dass zwei Drittel der Spenden für die Kommunikation verwendet werden. Vor Ort zu helfen oder kleinere Hilfsprojekte zu unterstützen, scheint die sinnvollste Lösung zu sein. Das haben sich auch Cristian Reymond und sein Lebens- und Ge-
die Raritätenschau ist zwar belebt, aber das Ganze aus der Galerie in sein Wohnzimmer zu verfrachten, ähnelt eher einem Akt dekandenten Hochmuts (und der dazugehörigen Brieftasche). Nichtsdestotrotz – oder gerade deswegen – ist der ‹Salon für Vintage Möbel› als Teil der 5. DESIGN + DESIGN 11 den Gang ins Kunsthaus Zürich repsektive den Walcheturm durchaus wert. Dort präsentieren und verkaufen am 26. und 27. November 2011 über 30 Möbelhändler aus dem In- und Ausland Designklassiker der 20er bis 80er Jahre. Neben exklusivem Interieur werden auf dem 1 000m2 Areal auch Leuchten, Wohnaccessiores, Textilien, Elektrogeräte und Keramik ausgestellt. Genug, um sein Heim zumindest theoretisch in eine Replika seines Wahljahrzehnts zu verwandeln. Der dazugehörige Lifestyle bleibt Konsumentensache. Parallel zum Salon läuft die Sonderausstellung ‹Jacob Müller – Designpionier› im Architekturforum Zürich. Zwischen dem 18.11. und dem 27.11. kann dort mit ausgewählten Stücken des Desingers und Architekten geliebäugelt werden. A whole lot of vintage love! (mb)
Echte Hilfe: der Gewinn dieser Schmuckstücke kommt zu 100 Prozent dem Real Time Trust zugute!
designunddesign.ch
schäftspartner Rolf Nungesser von der PR-Agentur Real Time Society gedacht und haben die Stiftung Real Time Trust ins Leben gerufen. Auf einer ihrer Reisen durch Indien entdeckten sie das malerische Dorf Shri Rama Chandra Pur im indischen Bundesstaat Orissa, das die Besucher in eine vergangenen Zeit versetzte. Ebenso schnell wurden sie sich jedoch auch des Leides im Dorf gewahr: Verseuchtes Wasser verursacht bei den Menschen aus dieser Region schwere gesundheitliche Probleme und Krankheiten wie Typhus, Cholera, Hepatitis. Seit gut einem Jahr hilft der Real Time Trust deshalb in Zusammenarbeit mit lokalen Verantwortlichen vor Ort der Dorfbevölkerung, baut Toilettenanlagen und Brunnen, legt Wasserkanalisationen, leistet Aufklärungsarbeit im Umgang mit Trinkwasser und baut zurzeit eine permanente Arztpraxis im Dorf auf. Grosse und kleine Spenden sind deshalb herzlich willkommen. Auch über den Erwerb von modischen Schmuckstücken aus Baumwollgarn und Bronze aus der ‹Real Time Collection› kann geholfen werden, der Gewinn geht zu 100 Prozent an den Real Time Trust. (fr) realtimetrust.ch
weit gereist sche für den anspruchsvollen Marco Polo. Aus edlem Barenia-Kalbsleder gefertigt und unverschämt perfekt proportioniert, brennt sich das Bild dieses Taschentraums einem jeden ins Gedächtnis. Eigentlich darf es nicht verwundern, dass Kuoni – gewissermassen als Haute Couturier des Reisens – eine solch clevere Kooperation an Land zieht. Gemeinsam mit Erber, Van Astyns Nitz und colette Paris bildet der Veranstalter das ultimative Gespann zur Erfüllung gehobener Lebensstil-Fantasien. Die Präsentation der ‹Kuoni No.1› setzt aber bloss den Startschuss für eine folgende Kollektion. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Designern sind weitere Produkte – Kleidung, Gepäck, ReiseAccessoires – in Planung. Damit
Eine Ledertasche vom Reisebüro? Unbedingt!
Eine im ersten Moment etwas ungewohnte Kombination entert diesen Herbst den AccessoiresMarkt. Kuoni lanciert zusammen kinki neuzeit
mit Lifestyle-Koryphäe Thomas Erber und dem Schweizer Taschenlabel Van Astyn die ‹Kuoni No.1›, die einzig wahre Reiseta14
kreiert der Reiseveranstalter die lang ersehnte Gesamterfahrung für den entspannten und neugierigen Reisenden, der mit höchsten Ansprüchen an Qualität und Design von Dannen zieht, um die Welt zu erobern. Die Luxus-Tasche wird vorerst in einer Auflage von 20 Stück (!) ausschliesslich über colette in Paris sowie Kuoni Concierge in Zürich verkauft. Erhältlich ist sie ab Mitte Oktober 2011 für den stolzen Preis von 1 890 Euro. In endlosen Traumwelten schwelgen lässt sich bei dem Anblick allemal, eintauchen wird etwas schwieriger. (mb) kuoni.com
seidene riesen Julie Egli scheint wahrlich von der Muse geküsst worden zu sein! Denn die Schweizer Künstlerin wirbelt nur so durch die hiesige Fashion- und Kulturlandschaft: Die Mitglieder der Schweizer Band Schnitzer verdanken Julie die rustikalen Outfit-Statements auf den Pressefotos und das Label Japan Proxy in Szene gesetztes Schuhwerk. Doch die Schwester von Tourjours toi-Gründerin Nina Egli hat sich auch dem Fashionund Textildesign verschrieben und verschönert mit ihren Illustrationen verschiedene Zeitschriften. Selbstredend hat sie auch schon Stoffdesigns für das ‹Familienlabel› Family Affairs kreiert, das Mutter und Schwester führen. Doch ihre hübschen Muster zieren nicht nur die Werke ihrer Verwandten, sondern auch ihre eigene Schal-Kollektion. Diese ist für die stilsichere wie kauffreudige Leserin wohl das Interessanteste, denn Julie Eglis XXLSchals bewahren fröstelnde Frauen vor dem Kälteschock. Die quadratischen Riesen sind aus feinster Seide und in verschieden Designs erhältlich. Feine Zeichnungen, wuchtige Streifen in Schwarz-Weiss oder bunte Dreiecke auf schwarzem Hintergrund zieren die Seidenquadrate. Auf ihrer Website gibt es ausserdem eine Anleitung, wie die Schals getragen werden können. Die Tücher sind nämlich genau so vielseitig wie ihre Schöpferin. (eh) julieegli.com
Nur eines ihrer vielen Talente: Julie Eglis Seidenschals.
zeigt logo! Unter der mexikanischen Sonne sind die ersten Funken geflogen, Hamburg ist die Heimat und das Internet die Boutique: Inferno Ragazzi sucht rund um den Erdball Abnehmer und Träger. Glücklicherweise ist nicht nur Absicht und Entstehung, sondern auch die Philosophie ziemlich international. IR sieht sich nämlich nicht als Label, sondern als Lifestyle, der irgendwo zwischen fröhlichem Partymachen und Alltagsliebe angesiedelt ist. Die vier Sprösslinge der ersten Kollektion ‹animals gone wild› präsentieren sich in zarten Bonbon-Farben und fettem Neon-Logo auf der Brust. Da die Stückzahl limitiert ist, erfüllen die Kleidungsstücke nicht nur die heutigen Trend-Voraussetzungen, sondern sind erst noch exklusiv. Zu erbeuten gibt es die stylischen Teile im Onlineshop. (eh)
Gross angeschrieben – die erste Kollektion von Inferno Ragazzi.
infernoragazzi.com
nina im seefeld
das leben ist ein ponyhof Es waren einmal zwei Mädchen, die hatten eine Vorliebe für alte Kleidungsstücke, Brockenhäuser und Flohmärkte. Diese Leidenschaft wollten sie mit anderen teilen und aus diesem Grund gründeten sie vor über einem Jahr Ponyhof Vintage. Seither beglücken die 18-jährige Anna-Thea Jäger und 19-jährige Nora Dähler die Frauen ihrer Heimatstadt St.Gallen im Halbjahrestakt mit einem Samstagnachmittag im Zeichen des Vintage-Shoppings, an welchem sie auserwählte Kleider und Accessoires zum Kauf anbieten. Und das mit viel Liebe fürs Detail: Alle Stücke sind durchnummeriert, mit einer Ponyhof-Etikette versehen und sogar umgenäht. Einen fixen Standort hat der Ponyhof nicht, sondern zieht wie ein kleiner
Erfahrungsreichtum macht sich bezahlt. Mit ‹By Malene Birger› hatten sich die Inhaberinnen des neu eröffneten Concept Stores ‹Modestrom #110› nämlich gleich zu Beginn einen Erfolgsgaranten ins Haus geholt. Bereits vor vier Jahren starteten Bibiana Stoecklin-Bruderer und Gabrielle Mazurczak mit ihrer Agentur ‹Modestrom›, mittlerweile unterhalten sie neben dem erfolgreichen Vermittlungsbüro einen Showroom, den Store ‹Modestrom #53› und seit Neuestem eben ihre zweite Verkaufsfläche ‹Modestrom #110›. Zwischen dem definitiven Mittelpunkt – der Mode – finden sich im Shop auch ausgewählte Interior-Perlen, Accessoires von Hochkarätern wie Mühlbauer und dank ‹Edition Poshette› auch etwas Poesie. Ein weiteres Kronjuwel: das Traditionslabel Nina Ricci hält für die Zürcher Kundschaft exklusiv bei ‹Modestrom #110› Audienz. Aber auch alle anderen in Shops und Showroom vertretenen Brands sind sorgfältig ausgewählt und bilden ein stimmiges Gesamtbild. Feminin und modern, ohne dabei je die Eleganz abzulegen. Und das alles präsentiert in unbezahlbar schöner Umgebung. Sowohl die Laden-Architektur als auch die Lage mitten im Seefeldquartier lassen keine Wünsche offen. (mb)
Ponyhof Vintage macht neu aus alt. Und das bald auch online!
modestrom.com
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Wanderzirkus von Ort zu Ort. Und schon bald macht er wieder Halt: Am Samstag, 26. November 2011 findet der Ponyhof N°3 von 13 bis 17 Uhr im Café Stickerei in St.Gallen statt. Wer seine Wintergarderobe auf preiswerte Art bereichern möchte und Unikate der Massenware vorzieht, dem können wir einen Besuch wärmstens empfehlen. Früh kommen lohnt sich, dann ist die Ponyhof-Schatzkammer nämlich noch reichlich gefüllt –erfahrungsgemäss leert sich die nach Startschuss ziemlich schnell! Und hier noch eine Info für Vintage-Liebhaber, die nicht im Osten wohnen: Für kommenden Sommer ist ein Ponyhof Online-Shop geplant! (rh) ponyhofvintage.ch
invasion Das eigene Hobby zum Beruf zu machen, davon träumen wohl viele. Die beiden Berliner DJs vom Duo The Sexinvaders haben das geschafft. Und haben von diesem Aspekt her gesehen eine Gemeinsamkeit mit den hiesigen Round Table Knights – dies aber nur als Notiz am Rande. Dieses Jahr konnten die Sexinvaders bereits ein beachtliches Jubiläum feiern: Seit fünf Jahren üben die beiden DJs ihre Liebe zu House, Elektro und Techno professionell aus. Aus diesem Grund waren sie die letzten Monate auf einer grossen Jubiläumstournee quer durch Europa, bei der sie auch fünf Stopps in der Schweiz einlegten und die Massen zum Kochen brachten. Gespielt wurde jeweils auch der kürzlich produzierte Song ‹Silent Heart›. Du hast die Jubliäumstour verpasst? Schade – aber nur halb so schlimm. Die Sexinvaders kommen nämlich rechtzeitig zum Jahresende nochmals zurück. Also streicht euch die Daten rot in eurer Agenda an! (rh) thesexinvaders.de
Viva Americana! Die neuen Kollektionen von Hilfiger Denim orientieren sich an der amerikanischen Modetradition.
american wildlife teuer beginnen? Wir wissen es: Diesen Herbst möchten wir einmal tief in das neue Lookbook von Hilfiger Denim tauchen, ein wenig
Garderobe aussortiert und Platz für Neues geschaffen, dem Wintereinkauf steht nichts mehr im Weg. Doch wo soll das Shopping-Aben-
dude, where’s my car?
Der Grund des Vergessens, wo man sein Fahrzeug zuletzt geparkt hat, mag sehr unterschiedlich sein. Die Lösung dieses diffizilen Problems hängt aber bereits in den ersten Wohnungsfluren und Büros. Die Magnet Map – ‹Dein persönlicher Parkplatz-Wiederfinder›. Und tatsächlich, die Schöpfung der in Berlin-Kreuzberg lebenden Stefakinki neuzeit
der Tafel platzieren – und mit den ebenso haftenden Schlüsselhaken haben nun auch die Autoschlüssel endlich ihren festen Platz. Ein Blick auf den neuen Parkplatz-Plan lässt uns Grossstädter somit gern im Glauben, die verfrühte Demenz habe noch nicht eingesetzt. Unternehmensgründerin Borgert betont zudem gerne die Qualitäten der Gedächtnisstütze in Car-Sharing Momenten. Stellt euch vor, ihr müsstet eurem Schatzi oder den Kollegen nicht mehr jedes Mal fünf Stockwerke hinterher jagen, um herauszufinden, wo Monsieur oder Madame den Gemeinschaftswagen hinterlassen hat. Konfliktpotential ade! Und die grauen Zellen können sich endlich wieder anderen Problemen widmen. Ab 37.90 Euro gibt’s das persönliche Orientierungsboard online bei Magnet Map, für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Eignet sich übrigens auch prima als Weihnachtsgeschenk. In diesem Sinne: Dude, check your Magnet Map! (mb)
nie Borgert funktioniert! Ein individuell angefertigter Umgebungsplan, den der Kunde einfach zuvor online auswählt, setzt die eigene Parkreichweite auf einen metallenen Untergrund. Ausgestattet mit einem oder mehreren magnetischen Mini-Autos lässt sich so der Standort des geliebten fahrbaren Untersatzes immer wieder passend an
magnet-map.de
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amerikanische Camping- und College-Luft schnuppern und unseren ‹american-preppy-cool› Moment haben. Mit nach Hause bringen wir nicht nur einen mit Marshmellows vollgeschlagenen Bauch und klebrige Harzflecken, sondern alles, was unser Kleiderschrank entbehrte. Die Hilfiger Denim Kollektionen ‹Lakeside›, ‹In The Woods› und ‹Blue Collection› decken Mann und Frau gleichermassen mit gebürsteten Flanellstücken, Jeanshemden, Collegejacken, lockeren Jeans mit Patches, markanten Sweatern oder warmen Strickjacken ein. Parkas, Wollmäntel und gesteppte Daunenjacken schützen vor dem Kälteeinbruch, dazu gesellen sich viele Lederabschlüsse, Stickereien und Wildlife-Motive. VintageStyles, Chinos, Angora-, Seide- und Flanell-Texturen für die Damen lassen wiederum die klassische Hilfiger-Linie durchscheinen. Ein Muss für beide Geschlechter sind auch hohe Schnürschuhe sowie derbe Boots. Besonders cool können diese von den Damen mit einem langen, schwarzen Plissé-Rock kombiniert werden. (fr) hilfigerdenim.com
schmink!
Du träumst von einer Karriere als Make-up Artist? Vom 9. Januar bis 17. Februar 2012 veranstaltet die renommierte Styling- und Make-up Agentur Style Council einen ersten Workshop, in dem die Profis Nicola Fischer, Stephanie Kunz, Diana Galante, Andrea Kipfer und Monika Spisak ihre Erfahrung weitergeben. Die talentiertesten Teilnehmer werden ausserdem als New Talents in der Agentur aufgenommen! Weitere Info zur Anmeldung findet ihr unter style-council.ch/workshops. (rb)
Ihr wollt den Make-upProfis über die Schulter schauen? Dann meldet euch an zum Workshop der Agentur Style Council.
Photographer: Thierry Mugler
Feel extraordinary
www.mugler.com
kinkimag.ch
enter shikari Enter Shikari sind im Spektrum der musikalischen Möglichkeiten nur schwer einzuordnen. Harte PostHardcore Gitarrenriffs verschmelzen mit ebenso harten Drum’n’BassBeats, live erzeugen die vier Engländer solch eine mitreissende Energie, dass nicht nur das Equipment, sondern auch die Stimmbänder der wortgewaltigen Sänger leiden. Vor ihrem Konzert in Zürich sprachen der – neben der Bühne überraschend zurückhaltende – Sänger Rou Reynolds und Gitarrist Rory Clewlow mit uns über ernsthafte Themen. Zum Beispiel darüber, wie aus Frustration Energie entsteht, über die Jugendunruhen in England und wie man nicht nur als Musiker, sondern auch als Designer nachhaltiger und fairer seine Mode und Message an Mann und Frau bringt.
schwiizer rap
So kann es nicht ewig weitergehen. Die Rap-Generation in der Schweiz wird älter und es fragt sich, was mit all dem geschieht, was hinter ihr liegt. Im Film ‹Off Beat› von Regiesseur Jan Gassmann stolpert Rapper Lukas durch das Leben. Durch ständig neue Konfrontationen mit seinem kleinen Bruder Sami und seinem Produzenten und
geheimen Liebhaber Mischa stellt er sich immer wieder dieselben Fragen: Wo hat alles angefangen? Wo habe ich mich verlaufen? Wir haben mit Jan Gassmann über seinen ersten Spielfilm, die Dunkelheit des Zürcher Winters und die Generation Rap gesprochen. Das Interview gibt es auf kinkimag.ch/magazines.
philipp jelenska Vom Model zur Schauspielerin zur Sängerin – und umgekehrt. In unserer Schrägstrich-Generation lassen sich viele Talente verwirklichen, besonders wenn sie nahe beieinander liegen. So auch bei Philipp Jelenska, der mit frischen 15 Lenzen als Model durch die Welt jettete, um ein Jahr später nach einem Fotografiestudium die Fronten zu wechseln. Hinter der Kamera
steht er nun seit über drei Jahren und zählt Mode- und Beautyfotografie zu seinem Fachgebiet. Gelegentlich steht er aber noch vor der Linse – manchmal sogar beides gleichzeitig! Doch keine Bange, das Model, das sich so schön auf unserer Strecke auf kinkimag.ch/ magazines räkelt, ist nicht Philipp, sondern Sabrina von Flair Modelmanagement.
macht ihr witze? Musikvideos auf. Unterhalten uns mit dem Kingston UniversityAbsolventen Genevieve Devroey über Männermode und zeigen Kunst von Jiri Geller, Petra Cotright und vielen anderen. Ausserdem
Natürlich war’s das nicht! Auf unserer Website geht das kunterbunte Treiben auch diesen Monat weiter. Wir spüren mit Motëm, John Lajoie und Lonely Island die abgedrehtesten und trashigsten kinki kinkimag.ch
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präsentieren wir in der Rubrik ‹fotobuch› auf unserem Blog den ganz normalen, verrückten Alltag der Gewinner des Nikon-Wettbewerbs. Vergesst nicht, eure Stimme abzugeben.
klagemauer Ist dein neuer Kashmir-Pulli eingegangen? Der Joghurt im Kühlschrank zu neuem Leben erwacht? Setzen sich die Psychopathen im Bus immer neben dich? Egal was dich gerade stresst oder nervt: Auf kinkimag.ch unter ‹Klagemauer› kannst du Dampf ablassen. Die besten Einträge werden hier veröffentlicht.
@jim: ich will weder einen aufgespritzten pudel noch einen millionär. und heiraten werde ich nächstes jahr wohl kaum. vielleicht begegnen wir uns ja einmal. hope for the hopeless | Liebe Berner und andere Schweizer: Nicht alle Zürcher sind snobby, arrogant und eingebildet. ganz liebe Zürcherin | zeitweise wäre ein 48h tag nicht schlecht. ich schlaf immer zu wenig und der wecker ist mein morgentliches hassobjekt. mein kühlschrank ist auch schon schlanker geworden, kein wunder in ihm wohnt momentan auch nur eine alte halbe zitrone ... als ob es morgens nicht schon schwer genug wäre, muss ich meinen kaffee jetzt auch milchlos und meinen magen ungefüllt das haus verlassen ... wann fang ich endlich an einzukaufen?! cedrei | WOAR; ich werde morgen 20 und bin heute mit einem FETTEN ROTEN PICKEL im Gesicht aufgewacht, wozu wird man denn bitte alt wenn man trotzdem noch die Haut eines Teenagers hat? wütende 19-jährige | Liebste Motivation, wo bist du? Hab gerade echt keine Zeit mit dir Verstecken zu spielen. scheissarbeit | Wieso hab ich erst am Tag nach den Ferien mit Lernen begonnen? Gopf. jetzt wirds stressig | ich hätte es vor dem rummachen schon wissen müssen, dass er wirklich was von mir will. ich war betrunken | happy birthday wütende 19 jährige:) kjhffs | so gopfertami. ich hau meine Gefühle jetzt alle in ne Kiste und die schenk ich dem Mann im Mond, dass er sie mit voller Wucht auf die Erde pfeffert und ich sie nie nie mehr wiederhaben muss. lomo | dumm gelaufen, was ... verhängerIn | wieso hat alles ein ablaufdatum..? :/ virgkopf | i hate losing people because of not loving them back coco | warum trifft es immer die falschen? und warum kann heute schon alles anders sein, als gestern? warum nur? kotzkacke echt wahr!!! cedrei | die frauen die ich in letzter zeit kennen lerne. mein gott. auf welchem planeten lebt ihr? die weltvorstellung von denen ist echt ... einige von denen haben nicht mal eine. bitte geht modeln, krallt euch einen millionären oder lasst euren puddel das fell aufspritzen, aber bitte quatscht mir nicht ständig so ne gequirlte s***** ins ohr! jim | zu viel freizeit. oh mein gott wie erbärmlich ... virgkopf | I Blame Coco. For not loving people back. Still I get your point | es ist besser wenn wir nur gute freunde bleiben.. fuck off Anonymous | nur noch 2.5 monate arbeiten. noch 10 wochen, noch 50 arbeitstage. und dann geh ich nach amerika und zwar für 180 tage - das ist keine klage, ich will nur dass es alle wissen. so was von verdient hab ichs mir | stirb, maturarbeit, STIRB ... coco | wenn etwas zu ende geht, wird es zeit meine haare wieder zu verfärben. Anonymous | kinki klagemauer
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Andrew Myers
fooling around
‹Good Wholesome Fun› kinki kunst
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‚Bernoulli's Principle›
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‹Mushroom Kingdom›
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andrewbmyers.com
‹Fast Times at Ridgemont High›
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‹Optimal Viewing›
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‹Carnal Desires› 29
Eine Frau furzt
Humor ist Geschmacksache und manchmal schwer zu verstehen. Alfred Messerli, Professor am Institut für Populäre Kulturen an der Universität Zürich, erforscht Witze und hält Vorlesungen über die Lachkultur. Wir haben uns mit ihm über Scherze mit Todesfolge, die Kunst der Pointe und Gags im Internet unterhalten. Ganz ernsthaft. Interview: Sven Jensen, Fotos: Yves Suter kinki report
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Interview kinki magazin: Herr Messerli, kann man überhaupt noch über Witze lachen, wenn man sie erforscht? Alfred Messerli: Aber klar. Natürlich lache ich über gute Witze. Das ist ja auch das Schöne, wenn einem das Thema, das man untersucht, Spass macht. Die andere Seite ist, es gibt viel zu viele schlechte Witze und Kalauer. Was ist das Erfolgsrezept eines guten Witzes? Das ist jetzt eine sehr allgemeine Frage. Jeder findet natürlich etwas Anderes lustig. Das ist abhängig vom Milieu, vom Geschlecht, vom Alter, von der Kultur. Was etwa jemand in Japan witzig findet, darüber wird man hier nicht unbedingt lachen. Jeder Witz hat sein eigenes Habitat, in dem er funktioniert. Er muss vor allem gut erzählt werden. Und natürlich ist eine gute, überraschende Pointe etwas Entscheidendes. Und wie erforscht man dann Witze? Das ist ganz unterschiedlich. Man betreibt beispielsweise gezielt Feldforschung. Es gibt etwa eine tolle Arbeit über das Witzerzählen von Kindern in Berlin von Marion Bönsch-Kauke aus dem Jahr 2003. Sie hat über Monate Kinder in einem Schulhaus beobachtet und sie befragt. Sie hat untersucht, wer der Witzbold der Klasse ist, bei welcher Gelegenheit die Gags erzählt werden. Man kann auch Personen und Personengruppen gezielt nach Witzen befragen, oder ob sie einen bestimmten Witz lustig finden oder nicht. Man wertet weitere Quellen aus, zum Beispiel Bildwitze aus der Presse und Witzbücher, oder entsprechende Seiten im Internet. Dann kann man weiter Witze sortieren nach Genres – Blondinenwitze zum Beispiel oder Tomatenwitze...
daran beispielsweise ein Merkmal: Der Witz bricht mit gängigen Verhaltensregeln und rebelliert gegen das, was man Anstand und Schamgefühl nennt. Haben Sie nicht das Gefühl, der erzählte Witz stirbt aus? Heute verschickt man eher via Internet ein Video, in dem es jemanden auf die Nase haut und man macht sich darüber lustig. Oder wann haben Sie zum letzten Mal einen Satz wie ‹Habt ihr den schon gehört› aufgeschnappt? Bei mir muss das Jahre her sein. Nein, bei mir war das erst neulich. Dass der Witz auf dem Rückzug ist, würde ich nicht sagen. Natürlich bringt das Internet eine andere Art der Kommunikation, aber daneben bleiben die mündlichen Verbreitungsformen. Das Internet
‹Es gibt viel zu viele schlechte Witze und Kalauer.›
Was ist denn der älteste überlieferte Witz, den Sie kennen? Man hat einen Witz aus der sumerischen Kultur entdeckt, der in Keilschrift festgehalten wurde. Der ist fast viertausend Jahre alt und geht so: ‹Was ist seit Urzeiten noch nie geschehen? Eine Frau furzt in den Schoss ihres Mannes.› Aha. Und? Das war der Witz. Kurz und knapp… Jetzt ist die Frage: Was ist daran lustig? Auch wenn es schwierig ist, den Witz nachzuvollziehen nach so langer Zeit. Aber man erkennt
Und der Erzähler begibt sich in Gefahr. Wir kennen ein Beispiel, 1942 oder 1943 wurde eine Arbeiterin im Nationalsozialismus hingerichtet, weil sie einen Witz erzählt hat. Der ging so: Hitler und Göring stehen auf dem Berliner Funkturm. Hitler sagt, er möchte den Berlinern eine Freude bereiten. Darauf Göring: ‹Dann spring doch vom Turm herunter!› Ich muss gestehen, ich vergeige jede Pointe, haben Sie einen Tipp, wie man einen Witz erzählt? Ganz schlecht ist, wenn man schon beim Erzählen lachen muss. Das tötet natürlich die Pointe. Man sollte ernst bleiben und dann die Überraschung Schritt für Schritt aufbauen.
‹In Witzen werden aber auch Herrschaftsverhältnisse infrage gestellt.›
...Tomatenwitze? Die sind eher der Kategorie Kinderwitz zuzuordnen und stammen zum Grossteil aus den 1970er Jahren. Erzählen Sie einen. Einer geht etwa so: Zwei Tomaten gehen über die Strasse. Da überfährt ein Auto die eine. Sagt die andere: ‹Ketchup›. Von der Sorte gibt es Hunderte.
im Alltag. Das hat mit den anthropologischen Grundbedingungen des Menschen zu tun. Wie meinen Sie das? Es existieren viele theoretische Ansätze, weshalb wir uns Witze erzählen. Eine wichtige Funktion ist: Sie sind ein Ventil. Man kann Wut und Frustration des Alltags herauslassen. Das wirkt befreiend. Aber da ist auch das rebellische Moment. Oft ist es auch nur Schadenfreude über die Dummen und Ungeschickten. In Witzen werden aber auch Herrschaftsverhältnisse infrage gestellt. Auch wenn die Quellenlage meistens recht dünn ist, scheint sicher: Gerade in autoritären Regimen sind Witze gegen die Obrigkeit weit verbreitet.
ist eher eine Ergänzung. Es gibt Hunderte von Webseiten oder Blogs über Witze. Dort werden die mündlich gehörten weiterverbreitet oder man munitioniert sich mit Witzen. Es findet eine Interaktion statt. Und vor allem: Von Angesicht zu Angesicht sind Witze doch viel lustiger, als wenn sie irgendwo allein im Internet gelesen werden. Sie glauben nicht, dass diese Form der Erzählkultur ausstirbt? Erzählkultur ist vielleicht ein wenig hoch gegriffen. Aber nein, der erzählte Witz lebt. Bei Märchen oder Sagen ist das etwas Anderes. Die werden nur noch von speziellen ‹Märchenfrauen›, die es in eigentlichen Kursen wieder erlernen müssen, beherrscht und erzählt. Aber Witze: Es gibt genügend Stoff für Gelächter 31
Und was halten Sie davon, wenn jemand nach dem Witz über sich selbst lacht? Nichts. Der Witz soll ja für sich wirken ohne so eine Art der Selbstreklame. Was ist denn Ihr persönlicher Lieblingswitz? An einen aus meiner Kindheit oder Jugend kann ich mich noch gut erinnern. Ich habe ihn im Reader‘s Digest gelesen als ich vielleicht zwölf Jahre alt war. Die Zeitschrift war damals im Kalten Krieg ein Organ des Anti-Kommunismus. Der Witz ging in etwa so: Chruschtschow und Kennedy traten in einem Autorennen gegeneinander an. Im sowjetischen Propaganda-Blatt, der Prawda, hiess es am nächsten Tag: ‹Während unser grosser Vorsitzender den ehrenwerten zweiten Platz erreicht hat, ist Kennedy als vorletzter durchs Ziel gefahren.›
Gefällt mir: Ich Digital Natives, Generation Internet oder Jugend 2.0 – für sie ist nicht nur der Umgang mit der modernen Technik, sondern auch der mit dem eigenen Bild zur Selbstverständlichkeit geworden. Die Schweizer Fotografen Michael Meier und Rico Scagliola haben diese ‹Neuen Menschen› porträtiert und sind auf den Geschmack gekommen: den Geschmack der Selbstdarstellung. Text und Interview: Dinah Brunner, Fotos: Michael Meier, Rico Scagliola
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ie kommen aus verschiedenen Welten: Michael Meier, 29, aus Graubünden war passionierter Skifahrer und hatte an Fotografie lange kein Interesse, obwohl bereits seine Grossmutter Fotografin war. Rico Scagliola, 26, aus Zürich hingegen träumte schon früh von einem künstlerischen Leben, am liebsten als Filmemacher. Gefunden haben sie sich dann an der Zürcher Hochschule der Künste, wo beide im Vorkurs ihr Interesse an der Fotografie entdeckt haben. Nach drei Jahren Studium der Fotografie und zahlreichen eigenständigen Projekten haben sie mit dem Fotoband ‹Neue Menschen› ihr erstes gemeinsames Werk veröffentlicht und damit den Nerv der Zeit getroffen.
Nie genug von mir
Facebook, Twitter, Blogs – durch solche SocialMedia-Plattformen hat die Selbstdarstellung der Jugend von heute eine völlig neue Dimension erreicht. Gefühlszustände, Mittagsmenüs und Youtube-Videos werden im Akkord mit Freunden und Freundesfreunden geteilt, auf der gleichzeitigen Suche nach Abgrenzung und Zugehörigkeit. Mit wechselnden Profilfotos will sich jeder von seiner besten Seite zeigen, ohne zu wissen, welche das genau ist. Es entsteht ein Spiel mit dem eigenen Bild. Wer bin ich? Wer will ich sein? Wie will ich gesehen werden? ‹Die Jungen haben ein ganz lockeres Verhältnis zur Fotografie und zu sich selbst, sie können sich ganz einfach fallen und dabei fotografieren lassen. Um die Kids zu verstehen, wollten wir diese Selbstinszenierung auch an uns ausprobieren›, erklären Michael und Rico. Bei diesem Ausprobieren haben sie Gefallen an der eigenen Selbstdarstellung gefunden und fokussieren sich nun privat als auch im künstlerischen Schaffen stark darauf. ‹Wir haben jetzt diesen Wunsch, uns selbst auf eine andere Art und Weise zu sehen. Die Möglichkeiten, wie man im Bild aussehen kann, sind ja grenzenlos. Und wenn die Liebe zum Bild so gross ist wie bei uns, ist man auch bereit loszulassen und sich, wie die Kids, ohne Hemmungen fotografieren zu lassen.›
Schamlose Inszenierung
Durch dieses neu gewonnene Vertrauen in das Bild und in sich selbst kommt es, dass sich Rico und Michael gerne auch mal ohne Kleidung gegenseitig ablichten. ‹Es ist immer noch verpönt, wenn sich ein Mann auf feminine Art zeigt und sexy wirkt. Sehr selten sieht man männliche Attraktivität, die nicht unbedingt etwas mit Homoerotik zu tun hat. Dieses Nude-Thema finden wir spannend. Und es gibt halt einfach Orte, an denen man nackt besser aussieht als angezogen.› Mit dieser wortwörtlich nackten Darstellung ihrer selbst haben die beiden Jungfotografen das höchste Mass an virtuellem Exhibitionismus erreicht. Privatsphäre gibt es nicht mehr. Obwohl sie alles von sich preisgeben, sind sie am Ende kaum mehr durchschaubar – für andere, aber auch für sich selbst. ‹Als wir angefangen haben uns selbst zu inszenieren, da war diese Unsicherheit in unserem Umfeld. Viele wussten 35
nicht, was wollen die jetzt genau? Diese düsteren Bilder, so viel Haut, so viel Nacktheit … Wie ist das gemeint? Warum haben die es nötig, sich so zu zeigen? Für uns ist es einfach eine Bildwelt, eine Inszenierung. Wir wollen coole Bilder machen, die etwas auslösen beim Betrachter. Bilder, die peinlich berühren oder schockieren.›
Ich meine es ernst
Dabei werden sie vom Individuum zur Kunstfigur. Im Gegensatz zur Jugend, die bedenkenlos in verschiedene Rollen schlüpft, machen sich Michael und Rico aber auch tiefere Gedanken, wie es sich für Künstler gehört. ‹Wir sind heute völlig überflutet und überreizt mit schockierenden Bildern aus den Medien. Da fragt man sich schon, was braucht es eigentlich noch, damit man hinsieht? Aber eigentlich braucht es gar nicht so viel. Ein Bild kann auch weniger krass und explizit sein und auf einer emotionalen Ebene schockieren.› Was also, wenn der Mainstream schon so ausgefallen ist? Wie weit muss man gehen? Und wie weit darf man gehen? ‹Es gibt in der Kunst ja keine Grenzen. Und was die Moral angeht, da haben wir auch keine Bedenken. Wenn unsere Arbeit etwas erfordert, dann machen wir es auch. Das Bild muss einfach immer im Kontext des Schaffens stehen. Wenn ein Kriegsfotograf seine Bilder High End in einem renommierten Museum ausstellt, obwohl die fünf Jahre zuvor ihre Funktion in der Zeitung erfüllt haben, ist das verlogen und auch ein bisschen widerlich.› Auf den ein oder anderen mögen auch die Bilder von Michael und Rico etwas widerlich wirken, auf viele sehr düster. Doch die meisten fragen sich wohl einfach: Was soll das? Meinen die das ernst? ‹Wir meinen alles ernst. Wenn man aber alles mit einem gewissen Ernst durchzieht, ohne verbissen zu sein, dann entsteht automatisch auch Humor.› Leute einfach nur mit
‹Was die Moral angeht haben wir keine Bedenken.› einem Bild zum Lachen zu bringen sei aber allgemein sehr schwierig, sind sich Michael und Rico einig. ‹Wir mögen es nicht, wenn die Kunst extrem ins Ironische gezogen wird. Meistens sind sogenannte lustige Fotos ja einfach ein fotografierter Witz, der in der Realität genau so doof ist wie auf dem Bild. Das humoristische Potenzial der Fotografie liegt vielmehr darin, dass sie einen Moment des Lebens einfriert. Solche eingefrorenen Situationen und Bewegungen sind oft unglaublich lustig.› Das Schaffen der beiden Fotografen steht jedoch alles andere als still. Wir dürfen also gespannt sein, welche ihrer Seiten sie als nächstes enthüllen. Weitere Info zu Rico und Michael findest du unter ricoandmichael.com.
Die zwei Leben des Billy Griffith Manche Lebensgeschichten klingen fast zu seltsam, um wahr zu sein. Zum Beispiel jene vom schottischen Gangster, der in Afrika zum Pastor wurde. Text und Fotos: Björn Stephan
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anchmal ist Pastor Billy Griffith sehr froh darüber, dass er in seinem ersten Leben ein Gangster war. Zum Beispiel dann, wenn er eine seiner Ganoven-Geschichten erzählen kann. Ist er in Plauderlaune, fragt er etwa: ‹Habe ich schon erzählt, wie ich meine eigene Mutter überfallen habe?› Und dann erzählt Billy, wie er und sein Kumpel Frank am helllichten Tag in ein Postamt spazierten, in der Hand eine Knarre, über dem Kopf eine Damenstrumpfhose. Während Billy die Beamten am Schalter aufforderte, ihm das Geld zu geben, starrte eine ältere Frau ihm unentwegt auf seine tätowierten Unterarme. Frank brüllte sie an: ‹Kopf runter, du Schlampe! Oder ich knall dich ab!› Die Frau war Billys Mutter. Ansonsten sei aber alles glatt gelaufen, sagt Billy. Nach dem Überfall flüchteten Frank und er in einen Pub um die Ecke. Das Diebesgut verstauten sie in einem Hohlraum unter dem Barhocker. Als zwei Polizisten den Pub betraten und fragten, ob sie etwas Auffälliges gesehen hätten, sagten sie nur: ‹Draussen sind zwei Typen lang gelaufen und in einen weissen Van gestiegen.› Noch am selben Abend besuchte Billy seine Eltern, er wollte alles wieder gutmachen – mit einer Flasche Glenfiddich und tausend Pfund. Doch so einfach man die Polizei täuschen kann, so schwer ist es, die eigene Mutter zu belügen. Seine Mutter schimpfte: ‹Ich will dein dreckiges Geld nicht.› Sein Vater fragte: ‹Billy, warst du’s wirklich?› Billy antwortete: ‹Ja…› ‹Oh, Billy!›
Leben wie im Film
So fantastisch wie diese klingen viele von Billys Geschichten. Und wenn er sie erzählt, wirkt er immer so wie ein Veteran, der seine Kriegsnarben vorzeigt: stolz und ein wenig wehmütig. Billys Leben scheint mit Anekdoten gepflastert zu sein, manche von ihnen hören sich an wie aus einem schlechten Film. Aber obwohl er zur Übertreibung neigt, nimmt man ihm das meiste ab. Es ist nicht alles geflunkert. Und wenn schon. In unserer Erinnerung verschwimmt die Grenze kinki report
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Oben: Posieren fürs Mannschafsfoto: Fast alle der 12- bis 18-jährigen Jungs haben einmal auf der Strasse gelebt, die meisten sind Waisen. Mitte: Beim Gottesdienst wird eine halbe Stunde lang ausgelassen getanzt. Danach sind die ganz Kleinen schon zu erschöpft, um Billys Predigt zu lauschen. Unten: Elfmeterschiessen beim Spiel gegen die Schule aus Dedewa. Eric (im Trikot des VfB Stuttgart) fliegt durch die Luft– vergebens.
Linke Seite, oben: ‹Das Einzige was ich zum Leben brauche ist Coca Cola und jede Saison ein neues ManUnited-Trikot›: – Billy Griffith neben Social-Worker Amedeus. Links Seite, unten: Billy leitet ein Waisenheim in Prampram, rund 70 Kinder leben dort. Es gehört zur NGO Kinderparadise, die eine Deutsche aus Ostfriesland vor mehr als 15 Jahren gegründet hat.
zwischen Realität und Einbildung ohnehin. Je öfter wir eine Geschichte erzählen, desto mehr wird sie zu unserer eigenen Wahrheit. Geboren wurde James Williams Griffith am 18. Dezember 1959 in Glasgow, als jüngstes von vier Kindern. Die Eltern waren Alkoholiker, deshalb passten meistens Sammy und Herbert, seine grossen Brüder, auf Billy auf. Mit neun fing Billy zu boxen an. Er war ein guter Boxer, sogar so gut, dass er einmal einen Polizisten zusammenschlug. Dafür wanderte er ins Kittchen. Da war Billy 14. Als er wieder auf freiem Fuss war, fing er an, Kreditkarten zu stehlen, er überfiel Tankstellen, brach in Wohnhäuser ein und dealte mit Gras, Koks, Heroin. Ab und an erwischte ihn die Polizei und steckte ihn ins Gefängnis. Insgesamt verbrachte Billy dreizehn Jahre hinter Gittern, davon acht am Stück wegen bewaffneten Raubüberfalls
und Drogenhehlerei. 21 Jahre ging das so, bis Billy mit 35 einen Schlussstrich zog und sich lossagte − von seinem ersten Leben.
Vom Knast auf die Kanzel
In seinem zweiten Leben ist Billy Pastor und steht wie jeden Sonntag auf der Kanzel. Rund 70 Kinder haben vor ihm Platz genommen in dem grossen Speisesaal, den sie mit ein paar Handgriffen in eine Kirche verwandelt haben. Fast alle der Kinder lebten einmal auf der Strasse, die meisten sind Waisen, andere wurden von ihren Eltern misshandelt. Hier in dem Heim, in der Nähe von Prampram, einem kleinen Fischerdorf an der Küste Ghanas, leben sie in Sicherheit, bekommen regelmässige Mahlzeiten und können zur Schule gehen. Das haben sie auch Billy zu verdanken, er leitet das Waisenheim. In seiner Pastorenkluft sieht Billy ein wenig verkleidet aus. Sein Manchester United Trikot hat er gegen ein weisses Leinenhemd und eine graue Hose mit Bügelfalte getauscht. Die rechte Hand steckt lässig in der Hosentasche, die andere rudert durch die Luft. ‹Praise God!›, ruft er. ‹Halleluja!›, antworten die Kinder. Auf dem 37
Höhepunkt der Predigt, seine Brille hat er inzwischen auf die Stirn geschoben, brüllt Billy: ‹Ich schäme mich nicht für meine Sünden. Gott kennt sie alle. Seit 17 Jahren bin ich in Afrika. Ich hätte mir auch etwas Schöneres vorstellen können. Aber, dass ich den Armen, den Waisen, den Witwen und den Unterdrückten helfen soll − das war Gottes Wille.› Theatralik und göttliche Fügungen gehören zu Billys Repertoire. Darunter macht er’s nicht. Weder als Pastor noch als Geschichtenerzähler.
Oh, Billy …
Zu Beginn seines ersten Lebens goss Billy Fundamente, wenn er nicht gerade ein Ding drehte oder im Knast sass. Er war Bauarbeiter in Luton, einer dieser typischen trostlosen, englischen Arbeiterstädte, nördlich von London gelegen. Zu Billys Zeiten gab es dort ein paar Maschinenbauunternehmen, die Vauxhall Autowerke und einen Flughafen, von dem Billig-Airlines abhoben. Wer im Luton der 60er- und 70er-Jahre aufwuchs, dessen Zukunft versprach genauso grau zu werden wie der Rauch, der aus den Schloten der Fabriken aufstieg. Billy träumte von mehr. Er wollte Abenteuer. Er wollte Geld. Mit 18 fuhr Billy seinen ersten BMW. Mit 28 besass er fünf Häuser. Das Kokain und Heroin kaufte er in Schottland und vertickte es in London. Anfangs
Billy träumte von mehr. Er wollte Abenteuer. Er wollte Geld. noch selbst, später besorgten das seine Jungs für ihn. 15 000 Pfund verdiente die Gang pro Woche, ein Drittel davon gaben sie für den Stoff aus, den sie selbst rauchten, schnieften oder spritzten. Wenn Billy Geschichten aus dieser Zeit erzählt, dann hört es sich an, als sei sein Leben eine einzige Achterbahnfahrt gewesen − durch Pubs, Nightclubs und Bordelle. ‹Ich habe es wirklich genossen›, sagt Billy. Doch wann kam der Wandel vom Gangster zum Pastor? Etwa im Gefängnis? ‹Nein›, schüttelt Billy den Kopf. Als er das letzte Mal aus dem Knast entlassen wurde, sei er sofort in den Zug nach London gestiegen und habe dann die ganze Nacht mit seinen Jungs in einem Puff verbracht. Erst am nächsten Tag fuhr er nach Hause, zu seiner Frau und seinen Kindern. ‹Schatz, wo bist du gewesen?›, fragte seine Frau. ‹Ich wollte dich doch gestern aus dem Gefängnis abholen.› ‹Die wollten mich nicht gehen lassen›, stammelte Billy. ‹Ich musste einen Tag länger bleiben − wirklich.› Oh, Billy!
ManUnited und Malaria
In seinem zweiten Leben hat Billy alle Hände voll zu tun. Die meiste Zeit sitzt er am Steuer seines Jeeps. Erst rast er in die Hauptstadt, nach Accra, um die Laborergebnisse aus dem Militärkrankenhaus abzuholen − drei seiner Kinder haben Malaria. Dann fährt er zum Markt, um Reis, Fisch und Wasser einzukaufen, bevor es zurück nach Prampram geht. Aber ganz egal, wo Billy ist, er steht immer im Mittelpunkt. Auch weil
rauchte, ging ihm das, was der RHEMA-Pastor über Gott, die Bibel und die Vergebung aller Sünden erzählt hatte, noch einmal durch den Kopf. So schlecht habe sich das alles gar nicht angehört, dachte Billy. Für ihn gab es nur einen Haken an der Sache: ‹Wie kann ich an Gott glauben, wenn ich nicht weiss, ob er auch tatsächlich existiert?› Er brauchte einen Beweis. Am nächsten Tag wurde Billy untersucht und der Befund war überraschend: Das Blutgerinnsel war verschwunden. Das behauptet zumindest Billy. Die Ärzte konnten sich seine Genesung nicht erklären. Billy schon.
Neustart
Oben: Strenger Schotte: Beim Fussballspielen versteht Billy keinen Spass. Auch nicht, wenn es nur um die Schulmeisterschaft geht. Unten: Zu dem Waisenheim gehören ein Kindergarten und eine Schule, auf die auch Kinder aus den umliegenden Dörfern gehen. Die Uniform ist dort Pflicht, schon bei den 5-Jährigen.
er mit jedem ein Schwätzchen hält, Witze reisst und Schultern klopft. ‹Ich könnte Präsident von Prampram werden. Jeder kennt mich hier›, sagt Billy und seine listigen Äuglein glänzen wie die Knopfaugen eines Teddybärs. Manchmal hat man den Eindruck, Billy sei ghanaischer als die Ghanaer selbst. Seit anderthalb Jahren arbeitet Billy für das Kinder- und Waisenheim nahe Prampram. Die 15 Jahre davor tingelte er quer durch Afrika und missionierte. Seine erste
‹Ich könnte Präsident von Prampram werden. Jeder kennt mich hier.› Station war Ghana, dann ging’s an die Elfenbeinküste, nach Burkina Faso, Namibia, Südafrika, Swasiland, Mozambique, Benin. Überall gründete er Pfarrämter und errichte Waisenheime für RHEMA, eine rasant wachsende Freikirche aus Spanien, von der Kritiker sagen, sie sei eine Sekte. RHEMA unterstützte Billy beim Entzug. Dann wurde er getauft, auf ein Bible College geschickt und zum Pastor ausgebildet. Pastor sein, hiess für Billy aber nicht nur Bibelstunde, sondern er arbeitete als Fahrer, baute Häuser, sammelte Spenden und verkaufte den RHEMAChemiereiniger. Der Lohn war eine warme Mahlzeit und ein Dach über dem Kopf. Geld gab es keines. Seit siebzehn Jahren hat der einstige kinki report
Drogenbaron von Luton keinen einzigen Cent verdient. ‹Das Einzige was ich zum Leben brauche ist Coca Cola und jede Saison ein neues Manchester United Trikot›, sagt Billy.
Billys Bekehrung
In seinem ersten Leben war Billy reich. Zum Schluss verprasste er sein ganzes Geld für Speedballs, Koks gemischt mit Heroin. Die Geschäfte gingen den Bach hinunter. Billy vergass Termine, wurde unzuverlässig und paranoid. Seine Freunde verdächtigte er, ihm Stoff zu stehlen, seine Feinde, ihn hinterrücks zu erschiessen. ‹Ich ging nur noch mit zwei von meinen Jungs auf die Strasse, der eine schaute was hinten, der andere was vorne passierte. Ich hatte eine Scheissangst›, sagt Billy. Der schlimmste Moment war aber der, als er eines Tages nach Hause kam und seinen besten Kumpel und seine Frau in flagranti ertappte: ‹Wenn ich eine Waffe dabei gehabt hätte, ich hätte ihn getötet.› Doch bekehrt war der Gangster noch immer nicht. Der Wendepunkt kam im März 1992. Billy lag im Krankenhaus von Luton. In seinem rechten Arm wucherte ein faustgrosses Blutgerinnsel. Die Ärzte sagten Billy, es gäbe zwei Möglichkeiten: Entweder das Blutgerinnsel wandere in sein Herz und er bekomme einen Infarkt, oder es wandere in den Kopf und er bekomme einen Schlaganfall. Am Abend schaute Pastor Pedro in seinem Krankenzimmer vorbei. Nach einer Viertelstunde schmiss Billy ihn wieder raus. Als er jedoch seine Gute-Nacht-Zigarette 38
Das Einzige was heute noch an Billys erstes Leben erinnert, sind seine Tattoos. Auf dem Arm hat er einen Tiger, der zum Sprung ansetzt, und eine Rose mit Dolch. Auf jedem Finger prangt ein schiefer Buchstabe, selbstgestochene Knastmale. Ganz klein in der Armbeuge steht ‹Emma›, es ist der Name seiner ersten Tochter. Billy ist stolz auf sie. Denn sie ist das einzige seiner Kinder, das nicht in die Fussstapfen des Vaters getreten ist. Sein Sohn starb mit 19 an einer Überdosis Heroin. Seine zweite Tochter dealt noch immer mit Drogen. ‹Die meisten meiner Tattoos bereue ich›, bekennt Billy. Aber nur eines hat er sich überstechen lassen. ‹Angelina›, so hiess die erste seiner drei Ex-Frauen. In seinem zweiten Leben ist Billy wieder verheiratet – mit Augustina, einer kleinen, untersetzten Ghanaerin, die ihren dicken Wanst vor sich herträgt, als wäre es ein Bauchladen, aus dem sie Getränke und Brezeln verkauft. Kennengelernt hat er sie in der Kirche. Billy sagt: ‹Gott hat mir Augustina geschickt. Aber als ich sie das erste Mal sah, fragte ich Gott: Warum? Ich stehe doch auf schlanke Frauen.› Auch wenn die beiden sich ständig streiten – ohne Augustina kann Billy nicht. Sie gibt ihm Halt. Als RHEMA Billy allein an die Elfenbeinküste senden wollte, schmiss er hin. Ein halbes Jahr lang war er arbeitslos und das Geld wurde knapp. ‹Es war eine schwierige Zeit›, sagt Augustina. Denn Billy spielte ernsthaft mit dem Gedanken, sein zweites Leben aufzugeben. Er wollte zurück nach England, Drogen verkaufen, Geld verdienen. Dann bekam er den Job im Waisenhaus in Prampram und Billy kehrte dorthin zurück, wo seine Reise durch Afrika begonnen hatte - nach Ghana.
Verblasst
Heute scheinen Billys Zweifel verflogen zu sein. Zumindest lässt er sie sich nicht anmerken. Gern redet er davon, dass er ein Haus für sich und Augustina bauen und für immer in Ghana bleiben wolle. In solchen Momenten wirkt Billy sehr zufrieden damit, dass er sein altes Leben hinter sich gelassen hat: Seine Delikte sind verjährt, seine Sünden vergeben − daran glaubt er felsenfest. Und auch die Tattoos verblassen langsam unter der Sonne Afrikas. Bald will er sich aber ein neues stechen lassen. ‹Einen riesigen Jesuskopf›, sagt Billy und grinst sein Raubtiergrinsen, während seine Hand einen grossen Kreis auf seiner Brust beschreibt. Den schottischen Gangster in sich wird Pastor Billy wohl nie ablegen können. Aber das will er auch gar nicht. Dafür erzählt er seine Geschichte viel zu gerne.
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wortlaut das 10 minuten interview
Nicholas Felton: ‹Nichts Interessantes im Schlaf – ich hab’s versucht.› Interview kinki magazin: Mr. Felton, was veranlasst jemanden dazu, sein persönliches Leben in eine Ansammlung von Datensätzen zu verwandeln und daraus eine Publikation zu machen? Nicholas Felton: Ich habe nach Daten gesucht, die ich für meine Arbeit als Grafiker nutzen kann. Da ich nie besonders gut im kreativen Schreiben war, fiel es mir leichter, Sachen auf andere Weise abzubilden. Ich fing an alles festzuhalten, während ich unterwegs war. Das hat sich als ziemlich ergiebig herausgestellt. Ich behandle mein Leben eben als permanenten Reisebericht.
T
he Personal Annual Report – wo anders als in New York könnte jemand auf den Gedanken kommen, sein eigenes Lebens als Geschäftsbericht abzufassen? Sei es das Versagen eines Multimilliarden-Konzerns oder Bill Kaulitz’ Jahresbedarf an Haargel: Beide lassen sich vorzüglich in Zahlen ausdrücken oder wahlweise auch als Kuchendiagramm festhalten. Übergibt man diese Aufgabe in Nicholas Feltons Hände, wird daraus etwas sehr Ansehnliches. So ansehnlich, dass seine Arbeit zurzeit im MoMA in New York gezeigt wird. Feltons Erfolg kam recht unverhofft. Aus einem Experiment ent-
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Wie haben die Leute reagiert, als Sie zum ersten Mal mit Ihrem ‹Personal Annual Report› konfrontiert wurden? Ich ging davon aus, dass der ‹Annunal Report› nur für diejenigen interessant ist, die mich kennen. Eine Freundin fragte mich, ob sie es ihrem Bruder weiterleiten könne und ich dachte bloss: ‹Es wird ihn zwar langweilen, aber klar.› Er fand’s grosssartig, warum auch immer. Nach und nach habe ich mitbekommen, dass auch Blogs anfingen das Dokument zu verlinken und plötzlich erhielt ich von Unbekannten Komplimente dafür. Daraufhin entschloss ich mich, das Experiment weiterzuziehen und 2006 eine Print-Ausgabe herauszugeben.
stand 2005 der erste ‹Personal Annual Report›. Mittlerweile ist der Mann gestandener Grafik-Designer mit Office am New Yorker Broadway und nebenbei Mitglied des Produktdesign-Teams bei Facebook. Ja, Facebook… Trockenen Humor beweist Nicholas aber trotz aller statistischer Strenge. Mit jungenhaft-nerdigem Charme gibt er Vorträge und klärt die Welt über die Vorteile seiner visuellen Abrechnung mit einem Lebensjahr als Ottonormalverbraucher auf. Wir haben nachgehakt. Und die eine oder andere Erklärung für diese eindrucksvolle Schandtat von Nicholas Felton selbst erhalten.
Sie haben 2007 insgesamt 968 alkoholische Getränke und 83 565 mg Koffein konsumiert. Beunruhigen Sie diese Zahlen irgendwie? Da ich keine Vergleichsbasis für meinen normalen Konsum hatte, nein, ich kann nicht sagen, dass es mich beunruhigte. Eigentlich war’s eine Erleichterung. Diese Selbsterkenntnis hat mir den Referenzpunkt für mein zukünftiges Verhalten geliefert. Warum glauben Sie, dass die Leute das Bedürfnis verspüren, Ihnen nachzueifern? Warum wollen Men40
schen ihr Leben in Diagrammen und Tabellen abgebildet sehen? Nachdem ich mich selbst eine gewisse Zeit mit meiner Arbeit beschäftigte, glaube ich, dass ein Beobachter anfängt, sich über das Ausmass seines eigenen Tuns Gedanken zu machen. Die Arbeit zeigt, dass es eben tatsächlich möglich ist, zu wissen, wieviele Kaffees man in einem Jahr konsumiert oder wieviele Kilometer man zurückgelegt hat. Ich schätze, es ist die Neugier, die Leute dazu verleitet, ihr eigenes Verhalten aufzuzeichnen. Würden Sie sagen, dass der ‹Personal Annual Report› voyeuristische Bedürfnisse bedient, Narzissmus füttert oder womöglich Existenzängsten entgegenwirkt? Ich glaube, dass er die Angst vor dem Älterwerden schürt und einem die eigene Sterblichkeit sehr klar vor Augen hält. Es hilft zwar Erfahrungen festzuhalten, macht das Voranschreiten der Zeit aber umso deutlicher. Wie schaffen Sie es, an all den Daten dranzubleiben? Schlafen Sie von Zeit zu Zeit auch mal? Ich schlafe sehr gut und während ich schlafe gibt es nicht viel aufzunehmen – ich hab’s versucht. Ich halte fast alles über iCal oder meinem iPhone fest. Ausserdem arbeite ich viel mit meiner Website daytum.com, welche eine Art Lager für jegliche Art redundanter Daten zur Verfügung stellt. Das hilft mir dabei die Entwicklungen allfälliger Tendenzen im Jahresverlauf nachzuvollziehen. Falls Sie die Chance hätten, das Zeitrad zurückzudrehen, würden Sie alles wieder so tun oder irgendetwas anders machen? Ich bin begeistert wie es sich entwickelt hat und wüsste nicht, was ich anders hätte machen sollen.
Text und Interview: Melanie Biedermann Foto: Ellen Warfield
SONNTAGS um 19:00
E D I U G AL V I V R . SU N R R U A O Y LE D N A H C T A W
MTV.CH/AWKWARD
querschläger alles, ausser angepasst
Lachen ist gesund! Deshalb arbeitet Christian Hablützel als Lachtrainer. Er selbst lacht jeden Morgen mindestens fünf Minuten lang. Aber nicht über alles. Text: Rainer Brenner, Foto: Daniel Tischler
E
s ist ein nebliger Montagnachmittag, an dem wir Christian besuchen. Doch zu Hause in seinem grosszügigen Loft herrscht rege Farbenpracht, überall stehen bunte Kinderutensilien, Skulpturen und Bilder. Zu seinen vielen verschiedenen Berufen kam Christian auf Umwegen. Nach einem Ausflug in die Werbebranche wurde dem gelernten Dekorationsgestalter bewusst, dass er ‹vermehrt mit Menschen arbeiten möchte›. Es folgten Jobs im sozialen Bereich und danach verschiedenste therapeutische Ausbildungen wie Hypnosetherapeut oder Atemtherapeut. Dabei ging allerdings seine Kreativität verloren, erklärt er. Und immer mehr auch sein Lachen. Bis Christian schliesslich einen neuen Weg einschlug und sich ganz dem Lachen verschrieb. Als Lachtrainer bietet Christian Lachseminare für Firmen und Privatpersonen an, zeigt ihnen anhand von Lachyoga und als Gesundheitsclown, wie sie durch das Lachen zu ihren Gefühlen finden. ‹Wir lachen miteinander, nicht gegeneinander›. Ausserdem veranstaltet Christian am ersten Maisonntag, dem Weltlachtag, die Zürcher Lachparade, diverse Lachparties und fertigt ‹heitere Kunst›, die auch überall in seiner Wohnung steht und hängt. Natürlich kann Christian super mit Gefühlen umgehen, ‹mit den positiven und den negativen›, im Kino kriege er schnell auch mal das Augenwasser. Seit einiger Zeit treibt Christian ausserdem mit seiner Kunstfigur Fredy Chnorz sein Unwesen. In zu kleinen bunten Kleidern, mit doofer Perücke und in schlechtem Englisch fordert dieser das Publikum im ‹MegaGiga-Giggle-Song› zum kollektiven Lachen auf und bewirbt sich für einen Platz am Eurovision Songcontest. Während unseres Gesprächs kritzelt Christian die Worte ‹Motorik›, ‹Denken› und ‹Gefühle› auf einen karierten Block und verbindet sie mit dicken Pfeilen. Er kann nicht verstekinki querschläger
hen, warum ich das alles so wahnsinnig traurig finde. Manchmal kriegen wir uns in die Haare, manchmal steht Christian auf, wenn er etwas Wichtiges sagt. Wirklich lustig wird es nicht. Lachen kann Christian aber trotzdem. Er hat es schliesslich gelernt.
sondern die Figur ist eher aus Zufall entstanden. Fredy ist ein schräger Vogel, mit dem man sich eigentlich nicht identifizieren möchte, obwohl er einem in manchen Angelegenheiten den Spiegel vorhält. Die Idee mit der Eurovision-Teilnahme ist es, etwas Spass in all diesen Ernst zu bringen.
Interview
Fredy ist zu positiv, deshalb ist er einfach nicht lustig. Das mag für manche so sein. Aber um das geht’s mir nicht, ich bin kein Comedian. Gerade dieser unperfekte, kindliche Aspekt, der in unser rationalen Gesellschaft verloren geht, ist es, was ich einbringen möchte. Seine Emotionalität gemischt mit einer Art Bauernschläue ermöglicht es mir Dinge, die mir wichtig sind, mit Humor und ohne Zeigefinger anzusprechen.
kinki magazin: Lachen als Therapie – ist das nicht einfach eine Selbstlüge? Christian Hablützel: Es ist eine bewusste Beeinflussung seiner selbst, man konditioniert den Körper neu, überlistet sein Hirn, um schneller zu guten Gefühlen zu kommen. Somit kannst du das schon als Lüge sehen, stimmt. Aber es kommt sehr darauf an, wie man es anwendet. Für mich ist es eine Methode zur Entspannung, die Spass macht und mir ermöglicht, auch in schwierigen Situationen wieder zu guten Gefühlen zu kommen.
Wir leben in einer sarkastischen Zeit. Siehst du das als Armutszeugnis? Oder gilt: Hauptsache man lacht? Nein, es ist nicht die Hauptsache, dass man lacht. Lachen ist für mich erstmal natürliche Lebensfreude, oder man lacht bewusst, als ‹Wellnessmethode› beispielsweise.
Wäre es nicht gescheiter, sein Leben einfach so zu verändern, dass es wieder mehr zu lachen gibt? Das ist das Wichtigste und schliesst sich ja nicht aus. Viele Leute fürchten sich, mit ihren Tiefs umzugehen, sie fürchten sich sozusagen vor dem untersten Punkt, vertrauen nicht darauf, dass es wieder aufwärts geht. Diese Angst ist immens und verhindert meist eine positive Veränderung! Wenn man aber lernt, auch schnell wieder zu guten Gefühlen zu kommen, dann gewinnt man Vertrauen und lässt auch die schlechteren Gefühlen zu.
Aber wenn es jemanden auf die Fresse haut, ist das schon lustig, oder? Ja, aber das ist wirklich ein Armutszeugnis, wenn man über den anderen lacht und sagt einiges über den eigenen Charakter aus. Durch meine Arbeit hat sich mein Lachen aber wirklich verändert, ich lache über solche Dinge nicht mehr. Früher war das anders, ich lache heute über andere Dinge, sehe anders in die Welt. Humor ist für mich eine Lebenseinstellung, die sich dem Positiven widmet.
Deine Kunstfigur Fredy Chnorz ist ja sozusagen die Gallionsfigur deiner positiven Einstellung, oder? Humor, der niemandem weh tut. Aber so richtig lustig ist der ja nicht, er wirkt eher kindlich, fast ein wenig behindert. Ich habe keine Figur gesucht,
Das klingt schon recht spirituell. Wie viele der Angebote auf deiner Website: Biodisco, Lach-Party mit indischem Buffet und Lach-Yoga … Klingt bisschen 42
nach Brainwash. Naja, das mit dem Brainwash ist ja eigentlich eh schwierig: man wird ständig von irgendwas beeinflusst. Das ist auch okay, solange man selbst bestimmt, inwieweit man sich beeinflussen lassen möchte. Klar, das ist ein esoterischer Gedanke, aber das stört mich nicht (lacht). Ich halte nichts von irgendwelchen Pendelfritzen und würde mich selbst nicht als Esoteriker betrachten, aber das kann man schon so sehen. Könntest du jetzt gleich hier loslachen? So richtig, Vollgas? Klar, das könnte ich schon. Mach doch mal. (Lacht) Wieso sind Frauen eigentlich selten so lustig wie Männer? Ich finde nicht, dass man das generell so sagen kann. Aber Frauen haben meiner Meinung nach oft einen besseren Zugang zu ihrer Emotionalität. Bei Männern ist es häufig genau das, was lustig erscheint – wenn sie ihre Gefühle übersteigert nach aussen tragen. Weil man das nicht so kennt. Auch heutzutage noch versuchen Männer oft, etwas cooler aufzutreten. Hast du dir vor Lachen schon mal in die Hose gemacht? Ein Tröpfchen sicherlich schon mal (lacht).
Christian Hablützel, 43, lebt mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter im Kanton Zürich. Die nächste Bio-Disco mit Lachyoga und toller Musik aus allen Epochen (no House or Techno!) findet am 14. Dezember im Zeughaushof in Zürich statt.
‚Wir lachen miteinander, nicht gegeneinander.›
43
vorspiel das album des monats
Make The Girl Dance: Everything Is Gonna Be Ok In The End 01 ‹Hair Addiction›
Pierre spielte die Melodie mit einer Ukulele und bat mich so Klavier zu spielen, dass es wie mittelschnelle Popmusik klingt. Den verrückten, einprägsamen Refrain lieferte uns Lisa Li Lund.
02 ‹Breezy›
Den Song mit diesem melancholischen Geigenpart und Pop-Rock-Beat schrieben wir vor fast drei Jahren. Ein wichtiger Song für uns.
03 ‹The Sand/The Shivers›
Einer meiner Lieblingssongs! Ich schrieb den Keyboard-Part und Pierre fragte Marie Flore für den Gesang an. Zwei Wochen später schickte sie mir eine Mail. Ich fügte den Song zusammen und war verliebt.
04 ‹South›
Die Drei-Noten-Melodie entstand während einer Jam-Session. Ein Jahr später fügte ein südkoreanischer Freund den gesprochenen Teil hinzu und Little Barrie die Gitarre.
05 ‹Sleeping Daisy› Pierre schrieb die Melodie für die Ukulele, ich fügte nur diese alten Synth-Arpeggios hinzu und das Zwischenstück für seine Tochter war fertig. Es leitet den Pop-Teil ein.
V
or drei Jahren wackelten nackte Models durch die Pariser Gassen und verhalfen einem Videoclip zu einer Click-Flut und einem Franzosen-Duo zum Ruhm: ‹Baby Baby Baby› hiess der Track, Make The Girl Dance die Macher. Seither sorgen die beiden Pariser Greg Kozo und Pierre Mathieu in hippen Clubs rund um den Erdball bei beiderlei Geschlecht für einen eleganten Hüftschwung. Die Pariser schmückten unzählige und unvergessliche Partys mit ihren hochkarätigen Hits, die im trüben Clublicht funkelten. Diese Hits wollen sich jetzt im Tageslicht sonnen. Deshalb erscheint endlich ein erstes Album auf der Tanzfläche: ‹Everything Is Gonna Be Ok In The End› heisst das ersehnte Teil. Der Erstling ist jedoch nicht nur
kinki vorspiel
06 ‹Broken Toy Boy›
eine rosige Zukunftsprognose, sondern viel mehr ein Partyrausch in drei Akten. Die ersten fünf Songs tragen den Übertitel ‹Make The Girl Dance Soft›, die Tracks 6 bis 10 teilen sich die Bezeichnung ‹Make The Girl Dance Pop› und die ‹Make The Girl Dance Hard›-Stücke sorgen für das gute Ende. ‹If it’s not Ok, it’s Not the End› steht klein gedruckt auf der Albumrückseite. Vielleicht endet das Debüt deshalb mit einem Song, in dem die schräg-schöne Frontsängerin von Solange La Frange mitmischt. Sicher ist jedoch, dass dieses Album weder Anfang noch Schluss von Make The Girl Dance ist. Dafür sind die zwei Franzosen zu sehr in ihr Resultat verliebt. Fast jeden Song bezeichnet Greg im Interview als sein Lieblingsstück. Verständlich, bei dieser Hitparade.
Gitarren- und Synth-Part schrieb ich im Sommer 2010 auf einer Tournee. Den fantastischen Refrain schrieb Lisa Li Lund.
07 ‹Kill Me› Ein ‹OhOhOh›-Song: Du kannst ihn beim Feiern mitsingen. Ein Freund spielte die elektrische Bass-Einleitung, ich die Haupt-melodie, Pierre den Chorus und seine Freundin sang. Live ist dies unser grösster Song.
08 ‹Better Under Water›
Auch ein ‹OhOhOh›-Song: Dieses Lied nahmen wir mit Krause in Paris auf. Es wird hoffentlich unsere fünfte Single.
09 ‹Baby Baby Baby› Mit diesem Song startete alles. Ich schrieb ein langes Bass-Riff, von dem Pierre nur die
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zwei ersten Takte behielt. Er schrieb den ‹Baby Baby Baby›-Refrain, ein Freund von uns den Text und meine Frau sang. Das Video veränderte alles.
10 ‹Sparkling Clarence›
Das ist ein Lied über meinen Sohn: Einfache Keyboardmelodie, Bassmelodie und Takt. Es ist das zweite Zwischenstück und leitet den Hard-Part ein.
11 ‹Glocken›
Wir schrieben eine Synth-Melodie, die wie eine Gitarre klingt und baten unseren Freund Jan, Gitarrist bei Brigitte, seine Gitarre wie einen Synth klingen zu lassen.
12 ‹Encore›
Das letzte Stück, das wir für das Album geschrieben haben. Ich habe es auf einer Heimreise komponiert. Ich schickte es Pierre, wir fügten einen Beat hinzu und ein Freund nahm den gesprochenen Part auf. Wir lieben es!
13 ‹Rocker 33›
Dieser hart klingende Track verdankt seinen Namen einer fantastischen Party, die wir im Rocker33 in Stuttgart gefeiert haben. Wir können es kaum erwarten, dort wieder zu spielen.
14 ‹Wall Of Death›
Wir wollten unbedingt mit Julie Hugo von Solange La Frange zusammenarbeiten. Wir lieben ihre Verrücktheit, ihre Punk-Attitüde und ihr grosses Talent.
15 ‹Tchiki Tchiki Tchiki›
Wir versuchten einen Rockabilly-Drum-Beat zu fälschen. Little Barrie spielte zwei Stunden lang fantastisch!! Wir bearbeiteten es und schnitten es in Stücke und machten daraus ein Lied.
Das Album ‹Everything Is Gonna Be Ok In The End› (Musikvertrieb) ist bereits erschienen. Text: Eva Hediger Foto: Promo Zu allen mit Dreieck gekennzeichneten Artikeln liefert euch kooaba Paperboy zusätzliche Info in Sekundenschnelle auf euer Handy. Einfach die kostenlose kooaba Paperboy App downloaden und die entsprechende Heftseite knipsen.
BA S EL I KO P EN HAG EN I ST U T TG ART I W I E N I ZÜ R I C H
25 | 26 | 27 NOV 2011 KONGRESSHAUS ZÜRICH EU N S E L AL g. co m lickf www.b
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Fertig lustig – Martina Messerli und Rainer Brenner blicken zurück auf die sorglose Ära des Funpunks. Oder wie auch immer man es nennen will …
! s k c u s g n i h t y r Eve
Bilder: mfs
P
unkrock sucks! Dieses Statement prangte in fetten weissen Lettern auf einem schwarzen Sticker, der an der Deconstruction Tour, die 1999 erstmals in der Schweiz Halt machte, unters Volk gebracht wurde. Zwei Worte, die die Entwicklung der Szene in den 90er-Jahren besser beschreiben als jede theoretische Abhandlung. Auf der Affiche des Events standen mit NOFX und Lagwagon die beiden damals bekanntesten Melodic Punk Bands aus den USA, die nebst ernsten und gesellschaftskritischen Themen wie Politik, Rassismus, Sexismus und Homophobie auch hemmungslos den Spass zelebrierten – auf der Bühne und daneben. Andere Bands hatten sich sogar ganz den komödiantischen Episoden des Alltags und tragikomischen Mädchenromanzen verschrieben. Skateboarding, Alkohol- und Drogenexzesse und Frauengeschichten, dies die grossen Themen eines Musikgenres, das erst im Nachhinein − so scheint es zumindest − einen Namen erhalten hat: Funpunk.
Revolution
Ein Blick zurück: Der englische Punkrock der 70er-Jahre stand für Revolution. Es war eine Revolution gegen die weichgespülte Musiklandschaft einerseits, die seit Jahren nichts anderes mehr als bombastische Arrangements, die vor Kitsch und Sentimentalität nur so trieften, hervorbrachte. Andererseits aber auch gegen eine festgefahrene Gesellschaftsordnung, gegen das Establishment, sämtliche Institutionen und Klassensysteme. Die Abgrenzung vom bürgerlichen Leben zeigte sich nicht nur im radikalen Äusseren der Punks, sondern auch in der Dekonstruktion des gängigen Songwritings. Die Musik gab das vorherrschende soziale Klima kompromisslos wieder. Sie war roh, brutal und hart, geprägt von Aggressivität. Musikalisches Talent war keine Bedingung, viel mehr ging es um das Gefühl. Die No-Future-Haltung und der Non-Konformismus wurden durch gezielte Provokation und Konfrontation mit gesellschaftlichen Tabus regelrecht zelebriert, Missstände lautstark angeprangert und bekämpft.
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Bereits Mitte der 1980er Jahre wurde der Begriff ‹Fun Punk› oder ‹Fun Core› zunehmend von amerikanischen Fanzines benutzt, die damit vornehmlich Bands von der US-Westküste umschrieben, die poppigeren, melodiöseren Punkrock spielten und sich somit ein Stück weit dem kommerziellen Erfolg öffneten. Der Begriff ‹Fun Punk› tauchte im deutschen Sprachraum erstmals 1983 im Musikexpress in einem Artikel über die Band Toy Dolls auf. Anfangs der 90er dann wurde gemeinsam mit den populärer werdenden Sportarten Skateund Snowboarding eine neue Punk-Welle nach Europa gespült. Musikalisch orientierte sich der Fun Punk am altbewährten Vier-AkkordeSchema der sorglosen Beach Boys und auch inhaltlich kümmerte man sich hauptsächlich um Sonne, Strand und Frauengeschichten. In der Blüte der Fun Punks musste der Nihilismus der frühen Tage des Punkrocks, also der Verneinung jeglicher Seins-, Erkenntnis-, Wert- und Gesellschaftsordnung, erbarmungslos dem Hedonismus Platz machen. In Sachen Tempo und Lautstärke stand der Fun Punk dem Punk der 70er Jahre aber in nichts nach, ebenso wenig in seiner rotzigen Attitüde. Doch wurde die Revolution verschoben und stattdessen gefeiert. Desillusion und Schulterzucken. Was nicht gefällt, wird nicht bekämpft, sondern ‹suckt› einfach.
kratie und Ökonomie erlebten einen weltweiten Aufschwung. 1992 gewählt, konnte sich Clinton innenpolitischen Fragen widmen und betrieb eine eher zurückhaltende Aussenpolitik. Er machte sich für eine allgemeine Krankenversicherung stark, trug zur Beseitigung der Probleme im Gesundheitssystem bei und bekämpfte Drogenmissbrauch, Waffengewalt und Armut in den USA. Auch im Nahostkonflikt versuchte Clinton zu vermitteln. Zudem bemühte er sich um die Aussöhnung der USA mit China, die Demokratisierung Russlands und die Beseitigung der politischen Folgen des Kalten Krieges. So ging Clinton dann nach dem Ende seiner achtjährigen Amtszeit im Jahr 2000 mit einem wenig rühmlichen, dennoch nicht weiter tragischen Image in die Geschichtsbücher ein: Die Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky überschattet bis heute seine politischen Errungenschaften. In dieser politisch und wirtschaftlich stabilen Zeit jedoch blühte der Fun Punk. Es gab wenig worüber man sich aufregen konnte, wenig, wofür es sich lohnte auf die Strasse zu gehen und Lärm zu machen, respektive auf einer Bühne zu stehen, den Verstärker aufzudrehen und wortgewaltig die Frustration gegenüber der Regierung herauszuschreien. Nicht nur im Bereich der Rockmusik wurde eine gewisse Unbeschwertheit zelebriert, auch andere Musikrichtungen, die gemeinhin mit Party und guter Laune verbunden werden, wie Techno und Rave oder der grosse Boygroup-Hype, entstanden in dieser scheinbar sorgenfreien Zeit.
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Cali Calls
‹My girlfriend’s daddy took my skateboard away … I gonna kill my girlfriend’s dad!›, sangen die Satanic Surfers 1994 auf ihrer EP ‹Skate to Hell›. Zur gleichen Zeit nahm der deutsche Duden das Wort ‹Funsports› in seinen Seiten auf und erklärte diese als ‹unkonventionelle Sportarten, bei denen das Vergnügen im Vordergrund steht›. Keine Mannschaftsregeln, keine lästigen Schiedsrichter, keine Competition, dafür grenzenloser Individualismus − das waren zumindest die Ideen der Skate- und Snowboardszene, die sich zu jener Zeit eines regelrechten Booms erfreute. In Baggypants und offenen Schuhen rollte man Mitte der 90er zum Skateshop des Vertrauens um sich mit hängendem Unterkiefer und amerikanischen Süssgetränken in der Hand flimmernde VHSBänder der grossen kalifornischen Vorbilder anzusehen. Und auf diesen sonnenge-
Die goldenen 90er
Doch wie kam es dazu, dass Punk plötzlich unpolitisch wurde, die Message in den Hintergrund trat? Seinen Höhepunkt erlebte der Fun Punk in den 90er Jahren. Amerika wurde von Präsident Clinton regiert. Dessen Präsidentschaft fiel mitten in die Zeit der ‹Golden Nineties›, die Jahre zwischen dem Fall der Mauer und dem 11. September 2001. Frieden, Demo47
Pornomogul Larry Flint und nahm das Heft ab 1997 in seine Obhut. Und die exzentrische Redaktion gab sich im Gegenzug alle Mühe, ihre ‹So what?›-Botschaft auf verschiedensten Kanälen in die Welt herauszutragen. Videos wie ‹Shit›, ‹boob› (spiegelverkehrt: ‹poop›) oder ‹Crap› feierten Selbstzerstörung, Fäkalspiele und Sauforgien. Die eigentlichen Skateparts spielten eher eine Nebenrolle. SlapstickComedy traf hier auf Brachialhumor, Skateboarden mischte sich mit lebensmüden Stunteinlagen. Und die eifrigen Zuschauer taten es ihnen gleich: stockbesoffen im Einkaufswagen die Strasse runterbrettern, Ohrfeigen an die Kollegen verteilen, Arsch zeigen … das alles gehörte bald schon nicht nur auf Videos und bei Punk-Shows zum ständigen Repertoire, sondern auch an langweiligen Nachmittagen in der Vorstadt. Und ganz im Gegensatz zu Kickflips und Nosegrinds brauchte es dazu nicht allzu viel Talent. Könnte man zumindest meinen. Doch die Stars der Big Brother Videos wie Johnny Knoxville und der Filmer Jeff Tremaine hatten dieses Verhalten mittlerweile zur Kunstform erhoben. Und als Big Brother 2004 unerwartet seine Tore schloss, hatte es bei MTVs Format ‹Jackass› schon lange ein neues Zuhause gefunden. Und auch die Skateboardszene ist ‹erwachsen› geworden: Pros erscheinen nur mehr selten besoffen auf Contests, weil’s oft um einen Haufen Geld geht, das Establishment − oder zumindest dessen kräftige Finanzspritzen − wurde fortan mehr und mehr akzeptiert. Doch die Verbindung zur Gitarrenmusik ist geblieben, und auch die Musiker sind dem Skaten treu geblieben: ‹Klar skate ich immer noch, allerdings eher runter zur Tanke um mir ein Bier zu holen, als in den Park›, lacht Mathias Färm. ‹Ich brauche meine Hände halt zum Gitarrespielen›. So denken Erwachsene.
‹Uns ging Musik, we es Anfangs eher um niger um d ie Messagdie e.›
! s k c su
tränkten Videotapes bildeten klappernde Doublebass-Rhythmen den Soundtrack. Wer wen beeinflusste, liess sich nicht mehr ausmachen. Mathias Färm, seit 20 Jahren Gitarrist der Band Millencolin, erinnert sich gerne an diese Zeit: ‹Wir waren alle Skateboarder! Skateboarden war mein Leben. Und jeder Skater spielte in irgendeiner Band mit. Wir hörten die Musik, die uns auf Skatevideos gefiel, aber man konnte sich diese Platten nirgendwo in Schweden kaufen. Also stellte ich meinen Taperecorder neben den Fernseher und nahm die Songs auf.› ‹Skatepunk› – Brüder im Geiste hatten sich gefunden und frönten gemeinsam der Freude an der Pubertät. Wie ihre musikalischen Vorbilder posierten auch Skate- und Snowboardprofis mit Pommes im Mund vor der Kamera, in den Videos mischten sich Kotzorgien mit Bubenstreichen, spektakuläre Stürze wurden mit ebenso grossem Interesse verfolgt wie geglückte Tricks.
Skate and destroy
Steve Rocco − bereits früh zum Enfant Terrible der Skateszene erkoren − hatte den Trend schon Ende der 80er-Jahre erkannt und dem schlechten Verhalten ein eigenes Magazin gewidmet. ‹Big Brother› provozierte, wo es nur konnte: nackte Titten gehörten ebenso zum Standard wie beleidigende Features über etablierte Pros und laut gefeierter Hedonismus. Gekonnt in Szene gesetzter schlechter Geschmack machte das Magazin zu mehr als nur einer Lektüre für Skater. Dieses Potential erkannte auch der kinki musik
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Punk rock Brennende Herzen
Schon nach kurzer Zeit schwappte die kalifornische Gute-Laune-Welle auch in die europäischen Übungsräume. Die Gitarren hingen tief, die Drumpedals wurden beidfüssig bearbeitet, das Mikrofon knapp unter der Decke montiert und dreistimmige Gesangslinien sassen besser als in manch beflissenem Knabenchor. Gelegenheit, sich die grossen amerikanischen Vorbilder live anzusehen gab es genug: fast wöchentlich fuhren die Minivans vor den alternativen Clubs vor. Die meisten der Namen kannte man zwar noch nicht, doch die Landesabkürzungen (US) und (SWE) galten schon bald als Gütesiegel. Denn nicht nur die USA,
sondern auch der hohe Norden Europas hatte sich mittlerweile zur Hochburg des melodischen Punkrocks entwickelt. ‹Schweden hat nicht nur in Sachen Punkrock eine grosse Rolle in Europa gespielt›, meint Mathias Färm. ‹Wir sind hier ziemlich beeinflusst von der amerikanischen Kultur, wir sprechen ziemlich gut englisch und haben vielleicht deshalb auch die Möglichkeit, ein grösseres Publikum zu erreichen. Zum anderen hat Schweden eine lange Musiktradition.› Vor allem Mathias’ Heimatstadt Örebro wurde zum Punkrock-Mekka, als das Label ‹Burning Heart› 1993 dort seine Tore eröffnete: ‹Das war schon eine ziemlich grosse Sache. Andererseits gab es aber in
«blöd m o v elten ädchen.› d n a h dM ngs n o u S n e e i f ‹D Sau m o v , tue»
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Örebro schon immer sehr viele Bands. Und das ist immer noch so.› Randy, No Fun at All, Satanic Surfers oder Kid Down waren nur einige der Bands, die bei ‹Burning Heart› ein Zuhause gefunden hatten.
Shorts for Switzerland
Und auch hierzulande hatte der kalifornische Sound eingeschlagen, bis hoch in die Berge. Im Bündnerland formierten sich Mitte der 90er Pascal, Domenico, Curdin und Gian aus der Region Lenzerheide zur Band mfs − Middle Finger Salute. ‹Uns ging es Anfangs eher um die Musik, nicht wirklich um die Message. Zuerst spielten wir Songs unserer kalifornischen Vorbilder nach, erst mit der Zeit begannen wir eigene Songs zu schreiben. Ich glaube beim Funpunk ging es sowieso eher um die Musik als um den Inhalt. Die ersten eigenen Songs handelten vom ‹‹blöd tue››, vom Saufen und Mädchen›, lacht Pascal. Grösste Konkurrenz für mfs waren, weniger andere Punkrockbands, sondern ‹dia huara Bläser›: Ska- und Skapunk-Bands, die die gute Laune ebenfalls für sich entdeckt hatten und in riesigen Formationen durch die Kantone zogen. Aber auch im Unterland waren kurz vor der Jahrtausendwende dutzende Bands in die Fussstapfen ihrer kalifornischen Vorbilder getreten: The Masked Animals, Blind oder Fuzzy Index, Snotty Cheekbones oder A.F. waren nur einige der vielen Bands, die in der Deutschschweiz Ende der 90er wie Pilze aus dem Boden schossen. ‹Als Funpunk bezeichneten wir unsere Musik damals aber nicht. Eher als Melodic Punk›, meint Sven, seines Zeichens seit 15 Jahren Frontmann der Zürcher Band Snitch. Politisch seien die Texte nie gewesen und auch heute
‹Für mich ist Punkrock etwas Positives.› h c a f ein es t l a h etzig st s a ein j p k i us o in m M se ehr s e i D ‹ ht m nic en.› Punkern, die mit Hund und Leb Kamm dort vor dem Bahnhof
noch nicht − zumindest nicht gewollt. ‹Nicht weil uns das nicht interessierte, sondern vielleicht einfach, weil es uns hier in der Schweiz immer zu gut ging. Da fällt es schwer, eine richtige Wut zu entwickeln.› Eine optimistische Zeit sei das gewesen, meint Sven. Skateboard fahren, Nasenpiercings stechen lassen, jeden Tag kurze Hosen. Diese verkörperten nicht nur den Hang zu kalifornischen Temperaturen, sondern eigneten sich auch hervorragend, um all die Ketten, EightBalls und Kellnerportemonnaies zur Schau zu stellen, welche man sich an den Konzerten in der Wiler Remise, im Zürcher Dynamokeller oder in der Berner Reithalle geleistet hatte. Die ganz Mutigen trugen sogar stolz ihre tätowierten Waden zur Schau. So auch Andrea Codiga aus Bellinzona. Seine Haut liest sich wie das Who is Who des melodischen 90er-Punks: Lagwagon, NOFX, AFI, The Descendents und viele weitere haben zwischen Kopf und Füssen ihren Ehrenplatz gefunden. ‹Weisst du, ich bin stolz, immer noch Teil dieser Szene zu sein. Andere Kollegen von früher schämen sich dafür, die hören jetzt Dancemusic oder was weiss ich. Mir gefällt dieser Sound immer noch!› Als Funpunker würde er sich selbst aber auch nicht bezeichnen, ‹eher Punkrocker›. Am Wochenende fuhr Andy mit seinen Freunden gerne nach Mailand, um sich Konzerte anzusehen. Mit den kinki musik
rumgammelten, wurde er allerdings nie warm: ‹Die waren halt immer gegen alles, immer nur negativ. Das war nicht meine Welt, für mich ist Punkrock eine positive Sache›. Mittlerweile hat der 31-Jährige viele seiner einstigen Vorbilder persönlich kennengelernt, begleitete NOFX und Pennywise als ‹Mädchen für alles› auf Tour. Den Funpunk als Genre oder Lebensgefühl zu beschreiben fällt aber auch ihm schwer. ‹Das war halt dieses Comedy-Ding. Manche Bands widmeten diesem Style einfach ein, zwei Songs, manche spielten nur solchen Sound. Von denen gibt’s aber nicht mehr viele.› Auch die meisten Schweizer Funpunker von einst widmen sich heute anderen musikalischen Genres. ‹Ich höre mir die ganzen Sachen von damals nur noch selten an›, meint Pascal, der sich mittlerweile als Solokünstler und Gitarrist der Band Dear Antarktika eher den ruhigeren Tönen gewidmet hat. ‹Es passt halt einfach nicht mehr so in mein jetziges Leben.› Und auch Snitch liessen das Doublebass-Pedal immer öfter im Köfferchen: ‹Ich würde schon gerne wieder schnellere Songs spielen, aber bei unserem Drummer beisse ich mit dieser Idee auf Granit›, lacht Sven. Und auch die ‹alten Schweden› von Millencolin haben sich in ihrer 20-jährigen Geschichte im50
Fun pun
mer mehr vom Fun- und Skatepunk entfernt: ‹Als Musiker muss man sich weiterentwickeln. Otherwise it’s no fun!›
Rocking again(st)
Nicht wenige der Bands, die in den 90ern an vorderster Front Spass verbreiteten, durchliefen in den 2000er-Jahren eine Entwicklung, die am Beispiel von Green Day aufgezeigt werden kann. Waren die ersten Alben der kalifornischen Punkrocker um Billie Joe Armstrong noch vorwiegend von den Themen ‹Sex & Drugs› geprägt, so schlugen Green Day nach längerer Abstinenz im Jahr 2004 mit ‹American Idiot› unmissverständlich politischere Töne an. Der Titelsong des Konzeptalbums kritisiert offen die US-amerikanische Politik unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush sowie den Einfluss der Medien und legte damit den Grundstein für die stark politische und ebenso kritische Ausrichtung des Albums und der Repolitisierung eines ganzen Genres. Noch deutlichere Worte fanden im Jahr 2004 Fat Wreck Chords mit dem Projekt ‹Rock Against Bush›. Gemeinsam mit der Plattform punkvoter.com riefen namhafte Bands die jungen Amerikaner dazu auf, wählen zu gehen und so die zweite Amtszeit des umstrittenen Präsidenten zu verhindern. ‹This Die be compilation is not about making a prosten 10 Funpu fit: It’s about making a difference›, so nk-So ngs all der Slogan. Der Labelgründer selbst The V er Zeit a n d S a en c l r veröffentlichte bereits 2003 mit seis – Liv eechi e n g f a Weas st, Dia ner Hausband NOFX das Album Blink e r 182 – l – I wanna rhea ‹The War on Errorism›. Die BushF b a e nake N m O ily F No Fu d Fratze auf dem Cover sowie Songs n At A X – Liza and Reunion ll – Ca L o mit Titeln wie ‹Idiots are taking u ise tch m Snuff over› machten unmissverständ– Nick e running M i aroun l N len o Satan d lich klar, was die mittlerweile nicht ic Sur colin – Mist rthern fers – er Cle mehr ganz so jugendlichen PunkK a il n L lM ag MxPx rocker von ihrer Regierung hiel– Ever wagon – B y Girlfriend’s y t Dad h in ten. Nicht auf dem ‹Rock Against Videos g suck lack Eyes und w s (whe eitere Bush›-Sampler vertreten waren n you’r Funpu e gone nk Son übrigens die Funpunk-Urge) gs find e steine The Vandals, die etwa gleichzeitig mit t ihr au f kinkim rendes, die dessen Erscheinung im Jahr 2004 in den Irak ag.ch. Mundart-Blödel-Comreisten, um dort für amerikanische Truppen zu bo QL hat sich den Domainnamen spielen und sich aufgrund ihres Engagements funpunk.ch gesichert, viele andere haben die heftiger Kritik aus dem Punk-Lager aussetzten. Musik dem seriösen Berufsleben geopfert, wahrscheinlich auch eine Frage des Alters. ‹Die besWie immer man die hier beschriebe Musik te Zeit ist jetzt!› meint Mathias Färm, ‹1994 war bezeichnen mag, eines ist ohnehin klar: Mit das Ganze natürlich auch lustig. Damals ging es der Unbeschwertheit der 90er–Jahre ist es in uns allerdings auf Tour weniger um die Shows, musikalischen Belangen vorbei, eine gewissondern eher darum, uns zu besaufen und die se Ernsthaftigkeit hielt Einzug in die MusikinStädte kennenzulernen − am liebsten nachts. dustrie, nicht zuletzt auch aus wirtschaftlichen Heute geht es uns wirklich mehr um die Musik, Gründen. So ging Burning Heart an sinkenuns sind die Shows wichtig.› So sprechen Erden Verkaufszahlen zugrunde und wur- wachsene ... de, wie so manch anderer, von Epitaph geschluckt. Fat Die Bilder zu diesem Artikel stammen aus dem Fundus der Graubündner Funpunk Band mfs. Wir danken Pascal, Gian, Wreck gibt es zwar noch, Domenico und Curdin herzlich für das viele Material! Rest aber auch das kalifornische in Peace, mfs ! Label findet Einbussen die durch illegales Downloaden Auf kinkimag.ch findet ihr übrigends die Möglichkeit, die beiden Alben der lustigen Bündner gratis zu ergattern! entstehen, nicht ganz so lustig. Und in der Schweiz? Wer sich Zu allen mit Dreieck gekennzeichneten Artikeln liefert euch kooaba Paperboy zusätzliche Info in Sekundenschnelle auf die Spuren des Funpunks beauf euer Handy. Einfach die kostenlose kooaba Paperboy App downloaden und die entsprechende Heftseite knipsen. gibt, stösst erstmals auf Schockie-
Einzug der Ernsthaftigkeit
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Verrückte Figürchen Wir plauderten mit den Figurines über ihre vierjährige Absenz aus dem Musikbusiness , was im Musikgeschäft so richtig nervig sein kann und wie es um die Beziehung der dänischen Band zur Polizei steht ... Text und Interview: Viviane Lichtenberger, Foto: Promo
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änemark hat es musikalisch ziemlich in sich: In der kleinen Nation spriesst fast tagtäglich eine neue Band empor. Bedenkt man dies, sind die Herren von ‹Figurines› beinahe schon alte Hasen auf dem dänischen Markt. Mitte der 90er gegründet, wurden nach ihrem zweiten Album ‹Skeleton› auch internationale Ohren auf sie aufmerksam. Mit gerade mal Anfang Zwanzig tourten die Jungs durch ganz Europa und einige Male mit Grössen wie Tapes’ n Tapes, Cold War Kids und Kaiser Chiefs durch Nordamerika. Die Dänen galten als vielversprechende IndieNeulinge. Nach dieser intensiven Zeit wurde es still um die Gruppe – in der Bandgeschichte gab es mehrere Umbrüche und Wechsel, schliesslich verliessen zwei Mitglieder die Band und übrig blieben Christian, Claus und Jens. Doch von der Musik hatten die drei nicht genug: Nach vier Jahren meldeten sie sich 2010 mit ihrem vierten Album ‹Figurines› zurück. Was die Musik und ihre Erfahrungen anbelangt, ist die Band einiges reifer geworden, der spassige und gutgelaunte Geist, der sie umgibt, bleibt ihnen aber bis heute erhalten. Wir sprachen mit Sänger Christian und Gitarrist/Schlagzeuger Claus, die schon seit Beginn bei den Figurines dabei sind, vor ihrem Konzert im Stall 6 in Zürich. kinki musik
Interview kinki: Claus und Christian, ihr habt euch nach eurem letzten Album eine ziemlich lange Auszeit genommen. Was hat sich in dieser Zeit so alles abgespielt? Christian: Da gab es eine ganze Menge Dinge, die passiert sind. Zuerst einmal tourten wir die ganze Zeit mit dem damaligen Album. Ich weiss nicht, ob es damals am Touren lag, aber etwas in der Band veränderte sich. Nach gewisser Zeit wusste niemand mehr, ob es wirklich das war. Das passiert halt, wenn es hart auf hart kommt mit so vielen Dingen, wie auch auf der Business-Seite des Musikgeschäftes. Zwei von uns haben die Band dann verlassen. Es war eine kollektive Vereinbarung, so war es am besten. Claus: Ich denke, es ist etwas ganz Natürliches, wenn man älter wird und damals haben wir schon einige Jahre Musik zusammen gespielt. Wir haben darüber nachgedacht, dass es noch andere Wege gibt, sein Leben zu leben. Dann hat man vielleicht noch eine Freundin und solche Sachen. Auch ich hab andere Dinge angefangen und meine Ausbildung abgeschlossen. Da ich das glücklicherweise in Kopenhagen machen konnte, blieb ich Teil der Band. Nach einer Weile haben wir wieder angefangen Musik zu machen. Im Grunde 52
ging es darum, die Freude am Spielen wieder zu finden, die Freude daran, in einem Proberaum zu sein und so weiter. Also die Basics. In einer Band zu spielen und nicht das ganze Business-Zeugs, das für uns extrem nervig ist und etwas, für das wir früher extrem viel Energie aufgebracht haben, was wir heute nicht mehr wollen. Wir haben die Freude an der Musik wiederentdeckt.
‹Wir haben darüber nachgedacht, dass es noch andere Wege gibt, sein Leben zu leben.› Christian: Vorher war ab einem gewissen Punkt der Fokus auf der falschen Seite. Geld, Ruhm und das Ganze. Irgendwie haben wir das Interesse, on the Road zu sein, verloren. Und das mussten wir zurück bekommen. Seid ihr nach all den Jahren an jenem Punkt angekommen, wo ihr als Band stehen wolltet? Claus: Man probiert immer als Band vorwärts zu kommen. Aber so sozial wie es bei uns funktioniert, will ich es nicht ändern, egal
Drei lustige Männchen aus Dänemark: Claus, Christian und Jens alias The Figurines.
was um die Band herum geschieht. Falls wir mal in grossen Stadien oder Arenen spielen würden, hoffe ich, dass es immer noch gleich bleibt wie jetzt. Man wird sich immer neue Ziele setzen wollen, aber ich würde nie die Art, wie es in der Band jetzt abläuft, austauschen wollen. Genug der ernsten Themen. Ihr werdet ja schliesslich oft als lustige Band bezeichnet … Beide: (Beide lachen) Ja, wir sind ein Witz! Claus: Ich denke, das stimmt. Auch da geht es um den guten Vibe, den wir haben und der so wichtig ist. Sobald man an das Geld denkt oder die Last, die man mit sich trägt, macht es keinen Spass mehr. Du musst mit Leuten zusammenarbeiten, die im Grunde deine Freunde sind. Dafür haben wir uns entschieden. Christian: Aber ja, ich denke das stimmt, wir sind eine lustige Band und haben gerne Spass. Wir sagen eine Menge verrückter Sachen, die Aussenstehende nicht unbedingt verstehen, weil wir so viel Zeit zusammen verbringen. Erzählt mir doch ein paar witzige Geschichten, die ihr miteinander auf Tour erlebt habt. Claus: Oh, da gibt es viele. Es passieren so viele schräge Dinge auf Tour, ein Aussenstehender würde denken, wir seien verrückt. Wir albern gerne herum und spielen Streiche, so wie das in einer festen Gruppe halt passiert. Es gibt eigentlich wirklich viele lustige Sachen, aber
mir fällt gerade nichts ein, was herausstechen könnte … Christian: Die Frage wird uns oft gestellt. Vor ein paar Jahren wurden wir von der Polizei in den Staaten auseinander genommen, weil sie dachten, wir hätten Waffen bei uns. Gestern wurden wir in Deutschland von der Polizei angehalten, weil sie dachten, wir hätten Drogen bei uns. Wir waren an einer Tankstelle, die Polizisten kamen auf uns zu und riefen: ‹Polizei!›, es waren ein paar Undercover-Polizisten. Ja, es passieren echt eine Menge komischer Dinge auf Tour. Ihr wart wieder in den Staaten, wo ihr auch schon früher oft auch mit grossen Bands getourt habt. Wie war es, nach so vielen Jahren wieder zurückzugehen? Christian: Es fühlte sich einfach grossartig an, wieder zurück zu sein. Es war eine kleine Tour, verglichen mit dem, was wir früher gemacht haben. Früher tourten wir einen Monat durch die Staaten, jetzt waren wir nur eine Woche unterwegs. Aber auch wenn man so weit weg ist von Zuhause, am anderen Ende des atlantischen Ozeans, ist das Touren an und für sich genau das gleiche wie hier.
Weitere Info findest du unter figurines.dk.
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‹Du musst mit Leuten zusammenarbeiten, die im Grunde deine Freunde sind. Dafür haben wir uns entschieden.›
verhör essentielle alben für jede lebenslage
Musik orientiert sich am Herzschlag und hält somit für jeden Gemütszustand den passenden Soundtrack bereit. Deshalb präsentiert unser ‹Reviewnator› mit seiner Auswahl auch diesen Monat ein wahres Wechselbad der Gefühle – von tieftraurigen Klängen bis hin zu Partyhymnen. Bleibt nur die Frage, ob dunkle oder fröhliche Klänge uns besser über Krisen hinweghelfen. Aber wir sind schliesslich keine Psychologen. in 14 liedern um die welt
Aérea Negrot – Arabxilla Die Platte ‹Arabxilla› der Sängerin Aérea Negrot aus Venezuela ist weniger ein konventionelles Musikalbum, als vielmehr ein bunt schimmerndes Audio-Happening. Eine vielschichtige Performance zwischen Dadaismus und elektronischer Musik. Unbändige Kreativität atmen die innovativen Tracks der Künstlerin, die vor diesem Debüt als Sängerin bei Hercules & Love Affair unterwegs war. Gleich einem vertonten Tagebuch singt Aérea Negrot über ihre verschlungenen Pfade, die sie von Südamerika nach Portugal, London und nun vorerst an die letzte Station der Reise nach Berlin gebracht haben. Kein Wunder, dass es auch sprachlich wüst durcheinander geht, wenn sich Spanisch, Deutsch und Englisch nahtlos abwechseln. Die Songs entstanden alle am heimischen Computer der Sängerin und sind deutlich als weiterentwickelte Improvisationen erkennbar. Dadurch besitzen sie eine impulsive und gefühlvolle Stimmung. Der Mix aus Elektroklängen, Techno und House wird durch die markante Stimme immer wieder aufgebrochen. Was die Platte bekinki verhör
sonders auszeichnet, ist dass die klar als Kunst-Pop-Songs erkennbaren Tracks nicht verkopft wirken. Trotz aller Extrovertiertheit und mitunter überladener Struktur stecken sie voller Gefühle, die Aérea Negrot mal operettenhaft und dann wieder minimalistisch in der SpokenWord-Tradition mit den Keywords der Popkultur beschreibt. Klassische Songstrukturen sind ebenfalls Geschichte. Die Lieder entwickeln sich vielmehr wie Theaterstücke in einzelnen Akten. Also jede Menge Drama, das man aber trotzdem nur wärmstens empfehlen kann!
le Platte von ihm auch ein grosses Fragezeichen geworden. Auf ‹Playing in the shadows› stellt Example nebenbei all die Fragen, die viele andere Endzwanziger auch beschäftigen. Familie gründen, ja oder nein? Zu viele Partys, uncool oder okay? Man spürt in den Tracks an, dass hier ein leidenschaftlicher Mensch etwas Angst bekommen hat vor all dem letztendlich oberflächlichen Erfolg. Example hat schnell gemerkt, dass dieser als Antwort im Leben eben nicht ausreicht. Vielleicht der Erfolg seine Kreativität sogar bedroht, durch all die Partys, auf denen man sich als Superstar plötzlich rumtreibt. Durch all die Schulterklopfer, die sich um ihn scharen. So gesehen ist die Platte, versteckt hinter all der glitzernden Rave-Attitüde, ein ehrliches Werk geworden. Nervig ist aber der zu einheitliche Ausdruck in den Vocals des Musikers. Mehr Variationen der Stimme würden den insgesamt 13 Songs gut stehen. Zu beiläufig werden die Texte von Example oftmals runtergesungen und dadurch etwas verschenkt. Schade, genügend Potential hätten die Lyrics. So gesehen will man schliesslich auch nicht ganz in die überschwänglichen Lobgesänge der britischen Presse mit einstimmen. Wer aber bereits von den beiden Singles ‹Kickstarts› und ‹Changed the way you kiss me› begeistert war, kann bei der Scheibe trotzdem beherzt zugreifen. Mit Stücken wie beispielsweise ‹Under the influence›, einer kantigen Zusammenarbeit mit Skream oder dem ruhigen Pianostück ‹Microphone› mit Hip-Hop-Attitüde, ist noch einiges mehr an Hitmaterial auf der Platte zu entdecken.
wrong in the head?
Example – Playing in the shadows Wer als Headliner auf der begehrten John Peel Stage des Glastonbury Festivals spielt, hat es wohl geschafft. Wer vor zwei Jahren noch als unbekannter Supporter durch die Lande zog und nun eigene ausverkaufte Tourneen absolviert, der hat es ganz sicher geschafft. Gedanken, die sich der derzeitige Newcomer der Insel, der Musiker Elliot Gleave a.k.a. Example wohl auch macht. Doch trotz des ganzen Hypes und des musikalischen Erfolgs seines bisweilen etwas zu gefälligen Mix' aus Elektro, Rap und Pop ist die aktuel54
channeling the love
Patrick Bishop – Birds of Lima Schon wenn die ersten Klaviertöne und Sekunden später die Stimme des Berner Songwriters im Opener ‹Roses› erklingen, ist man angefixt. Von der Klarheit der einfachen Melodie und von der unglaublich präsenten Stimme des Schweizers. Die Lieder auf ‹Birds of Lima› sind sparsam instrumentiert. Neben dem Klavier, perfekt beherrscht von Lukas Iselin, steuert Peter Zemp eine unaufgeregte Gitarre bei. Die Intensität der bewegenden Stücke ist aber umso faszinierender. Bishop singt von all den verpassten Chancen im Leben, von Liebe und Selbstzweifeln. Dabei preist er seine Traurigkeit passgenau in die Lieder ein. Erinnerungen an Menschen und Gefühle werden unprätentiös in kleine Elegien aus Pop und Folk verpackt. Selbst wenn das Klavier dramatischer einsetzt, Angst vor hysterischer Dramatisierung der eigenen Gefühlswelt muss niemand haben. Stattdessen weiss Bishop die Nähe und Intimität seiner Songs genau zu dosieren. Ehrliche Lieder, sagt man an solchen Stellen gern. Kann man hier auch problemlos sagen, aber noch in eine andere Richtung gemünzt. Bishop schafft es
über Gefühle so zu singen, dass sie all ihre möglichen Facetten offenbaren. Schmerz ist bei Bishop nicht eindimensional negativ sondern beinhaltet eben auch spürbare Hoffnung. Subjektive Betroffenheit wird so gleichzeitig zu einer Art universeller Weisheit. Bishop beschreibt mit treffenden Worten und mit einer Stimme, die nicht nur transportiert sondern verstärkt, bis die Tiefe und Energie der Gefühle für jedermann spürbar werden. Ein Talent, das ihn hoffentlich bald schon in Sachen Erfolg in eine Riege mit Musikern wie Damien Rice rückt!
take care, it’s fragile!
Dillon – This silence kills Unperfekt, dafür aber wahrhaftig. So klingt der zerbrechliche Gesang
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unruhige Genre-Heimat. Ständig auf der rastlosen Suche, diese Grenzen schnell wieder zu überwinden, zu einem neuen Einverständnis zwischen den Stilen durchzubrechen. Speziell in den Songs ‹Thirteen Thirtyfive› oder ‹Gumache› scheinen Billie Holiday oder Jeff Buckley in der stimmigen Mischung aus Tragik und Hoffnung wieder aufzuerstehen. Die Schwere in den Texten und in der Musik nimmt Dillon aber immer wieder gekonnt heraus, wenn sie die Songs lakonisch oder manchmal auch beschwingt abdriften lässt. Zuviel Pathos wird so geschickt entsorgt. Trotzdem bleibt stets diese grosse Leidenschaft spürbar, die immer wieder aufs Neue fesselt und beim Zuhören sofort innehalten lässt. Dillon katapultiert sich mit ‹This silence kills› in die erste Reihe der derzeitigen Indie-Pop-Szene!
von Dominique Dillon des Byington alias Dillon. Leise Lieder hat die Musikerin in den vergangenen Jahren geschrieben. Songs, bei denen man aber nur zu gern die Lautstärke umso lauter dreht. Schon nach dem zweiten Durchlauf der CD hat man die Stimme vertraut irgendwo im engeren Bekanntenkreis abgespeichert. Die gebürtige Brasilianerin produziert Lieder, die immer etwas roh und nicht ganz ausgearbeitet erscheinen. Musik, die fast so klingt, als wäre sie mal eben mit der Mikrofonfunktion am heimischen Laptop aufgezeichnet. Doch genau dies triggert die Fantasie des Hörers. Frei von einer zu dominanten Ausrichtung entfalten sich die Lieder bei jedem Mal überraschend neu und anders. Begleitet oft von einem Klavier, mäandern die Melodien um die ätherische Stimme der Sängerin. Durch die hohe Emotionalität, die Dillon erzeugt, erscheinen die Songs unmittelbar. Nichts scheint konstruiert, stattdessen werden die Gefühle ungeschminkt herausgesungen. Irgendwo zwischen Chanson und Pop, zwischen kühlen Beats und analogen Instrumenten findet Dillon eine
risch heraus: ‹Chinese Democracy von Guns ‚n’ Roses!› Okay, nicht schlecht, für unsere Humorausgabe aber eindeutig zu wenig. Deshalb macht der die Büchse der Pandora noch einen Spalt weiter auf und gibt nach diesem Roundhouse-Kick an Witz seine Nummer zwei zum Besten: Wie heisst die Weltmeisterschaft der Exhibitionisten jedes Jahr in Paris? Die ‹Trench Open!› Wer jetzt schon wieder atmen kann vor Lachen und noch nicht genug von Kalauern hat, sollte sich schleunigst über die aktuellen Reviews hermachen! Zu allen mit Dreieck gekennzeichneten Artikeln liefert euch kooaba Paperboy zusätzliche Info in Sekundenschnelle auf euer Handy. Einfach die kostenlose kooaba Paperboy App downloaden und die entsprechende Heftseite knipsen.
Um Mathias Bartsch aufzuheitern, braucht es nur die Frage nach seinem Lieblingswitz. Mit Tränen in den Augen presst er dann immer leicht hyste-
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Musik durch die Nabelschnur The Wombs aus Ohio möchten vor allem eines sein: originell. Und dafür geben sie sowohl beim Musikmachen als auch in ihren Interviews alles! Text und Interview: Antonio Haefeli, Bilder: Promo
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rgendwie schrullig sind sie, Sänger Ryan Manning, Jason Gerycz (der auch bei Cloud Nothing für Trommelwirbel sorgt) und Bassist Chris Brown. Und alle drei haben eine ziemlich unkonventionelle Vorstellung davon, wie Musik funktionieren soll. Das Resultat ist eine wilde Mischung irgendwo zwischen Clap Your Hands, Animal Collective und den Battles. Aber eigentlich ist es genau das, was das Trio vermeiden will: Musik zu machen, die vergleichbar ist. ‹Es ergibt schlichtweg keinen Sinn, Musik zu machen, die sich wie etwas anhört, das man schon mal gehört hat›, sagt Manning. Zumindest sehr nah an diesem Ziel sind die Wombs mit ihrem letztjährigen Debut ‹Unitopians›, das mit viel Eleganz, Dynamik und Noise alles andere als konventionell kling. Wir haben mit Ryan Manning gesprochen, der uns interessante Dinge über das Leben an der Nabelschnur, die Zukunft der Musik und seine Beziehung zu ‹Saxxy› verraten hat.
Interview kinki magazin: Wenn eure Band eine Person wäre, wie würdest du diese beschreiben? Ryan Manning: Wenn die Band eine Person wäre, dann wäre das ein Typ, der alleine zu Hause sitzt, masturbiert und zu viel Kaffee trinkt. Er will verzweifelt jemand anderes sein, hat aber Angst davor, zu versagen, Angst davor mehr zu tun, als sich Fantasien darüber zu machen, jemand anderes zu sein. Also masturbiert er lieber noch ein paar Mal. Hat der Name ‹Wombs› eigentlich eine tiefere Bedeutung? Ja. Man kann den Namen mit vielen Dingen in Verbindung bringen. Viele von uns Menschen aus der Ersten Welt sind sehr bequem, bequemer als so mancher König aus der Vergangenheit. Ich denke da wieder an den masturbierenden Typen von vorhin. Die Welt in der er lebt, gleicht einer Gebärmutter, in der er komplett isoliert und unbehelligt von dem ist, was im Rest der Welt passiert. Er hat wohl alles was er braucht, und
Alles andere als konventionell und noch viel lustiger als sie aussehen: The Wombs aus den USA.
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Leuten, die nicht konventionelle Musik machen wollen – oder teilweise gar nicht wissen wie das geht. Jayson’s Verständnis von Musik ist ein absolut einzigartiges und unverständlich für jeden ausser ihn. Er ist ein Meister seines Fachs. Er kann keinen normalen Song machen. Und Chris ist eine Maschine mit seinen Multitools und Effektpedalen, wenn es um einzigartige Sounds und Melodien geht. Tristan hat an der Musikschule Kontrabass studiert und ist so etwas wie ein Virtuose, der aber konsequent Rezepte und Formeln ablehnt. Als er einmal ein Seminar in Musiktheorie besuchen sollte, sagte er seinem Professor am ersten Tag, dass er die Geheimnisse der Musik nicht erfahren wolle und er von nun an nicht mehr in der Vorlesung
das was er nicht hat – ein soziales Leben oder menschliche Interaktion – kommt zu ihm, vorgekaut aus einer Röhre, quasi durch die Nabelschnur. Dieses Bild ist gar nicht so abstrakt, denn es ist nicht weit weg davon, wie einige von uns leben. Ich weiss nicht, ob das vermessen klingt, denn das ist das erste Mal, dass ich diese Gedanken in Worte fasse ... Eure Songs sind manchmal ruhig und leise, manchmal laut und lärmig. Wie wichtig sind für euch Dynamiken? In der High School, bevor Jayson und ich anfingen unsere eigenen Songs zu schreiben, spielten wir nur Coversongs. Einige unserer Lieblingsbands waren Radiohead, die Smashing Pumpkins und Weezer – Bands mit viel Dynamik. Dynamik ist in unseren Herzen, wir verstehen und lieben sie. Ihr benutzt viele verschiedene Instrumente. Was bedeuten sie dir? Ich hasse Gitarren, aber es ist das einzige Instrument, das ich wirklich spielen kann. Wenn ich damit aber eine Note spiele oder eine Sequenz, die ich nicht hasse, dann wird daraus meistens ein Song. All die Instrumente die wir benutzen, benutzen wir, weil wir sie haben und Leute kennen, die sie spielen können. Ich habe zu keinem der Instrumente eine Beziehung, ausser zu meinem Spielzeugsaxophon ‹Saxxy›. Es ist eine Art Synthesizer. Man kann einfach hinein singen und es verwandelt die Stimme in elektronische Klänge, die man dann hoch- und runterpitchen kann. Auf dem Album kann man Saxxy bei ‹Topiary Living› oder beim ‹Purple People Bridge› Solo hören. Es ist ein sehr menschlicher und gleichzeitig mechanischer Sound. Ich liebe meine Saxxy!
‹Es ist ein natürlicher Reflex von mir, zu versuchen, originell zu sein – das ist eine Art Neurose.› erscheinen werde. Sein Professor gab ihm die schlechtmöglichste Note. Das ist die Band. Immer wenn ich mit ihnen arbeite, dann fühlt sich das an, als würde ich mit einer dieser SuperBands spielen, die aus den besten Mitgliedern verschiedener Bands bestehen. Es ist mir eine Ehre. Wir haben gerade ein paar eher konventionelle Songs für eine EP aufgenommen. Es war extrem schwer diese zu schreiben und wie eine normale Band zu spielen. Jayson hasste es. In einem Interview habe ich gelesen, dass du Kunst mit Wissenschaft gleichsetzt. Kannst du das nochmals erklären? Klar. Es ist ein natürlicher Reflex von mir, zu versuchen, originell zu sein – das ist eine Art Neurose. Aber ich kann das auch rational anhand der Kunsttheorie von Ayn Rand erklären. Ich zitiere: ‹Die Aufgabe von Kunst ist es, Abstraktion zu konkretisieren. Das geschieht auf dieselbe
Ihr hegt den Anspruch, originelle Musik zu produzieren. Ist das eine grosse Herausforderung? Die Chance, dass ein Song ähnlich klingt wie ein anderer ist doch ziemlich gross ... Ich glaube, wenn die Band aus einer anderen Gruppe Individuen bestehen würde, dann wäre es echt schwer. Aber ich bin umgeben von 57
Weise, wie eine Grafik benutzt wird, um abstrakte ökonomische Vorgänge zu erklären. Kunst konkretisiert die Sicht eines Individuums auf die Welt.› Abgesehen davon, dass Ayn Rand weiter erklärt, die Romantik sei die einzig wichtige und relevante Kunst, stimme ich all ihren Gedanken zu. Wenn du einfach mal deine Fantasie spielen lässt: Wie wird wohl Musik in fünfzig oder hundert Jahren klingen? Ich glaube in fünfzig Jahren wird es keine Musik mehr geben. Wenigstens nicht Musik, die man hört oder die live gespielt wird. Ich mag es, über technologische Singularität, theoretisiert von Ray Kurzwei nachzudenken. Und falls er Recht hat, sind fünfzig Jahre von jetzt an, zehn Jahre nach der Singularität, nach dem Zeitpunkt, an dem Maschinen mit künstlicher Intelligenz sich selber weiter entwickeln können. Dann können wir Menschen froh sein, wenn die super intelligenten Maschinen uns am Leben lassen. Die einzigen Menschen die übrig bleiben, werden mittels Technologie intellektuell gestützt sein. Die Musik die wir dann hören werden, wird darin bestehen, eine einzige Note auf einem Piano zu spielen und dies dann einen Song zu nennen. Songs werden so lächerlich komplex sein, dass keiner sie hören will. Sie werden wahrscheinlich in unser Bewusstsein geladen und wir bauen automatisch die Erinnerung, sie gehört zu haben, künstlich auf. Oder wir werden zu einem sicheren Ort gehen und ein Programm in unserem Hirn aktivieren, das es uns ermöglicht, auf Musik zurückzugreifen, die vor der Komplexität der vorherrschenden Welt gehört wurde. Vielleicht gibt es dann menschliche Stämme, die sich weigern, Upgrades in ihre Hirne pflanzen zu lassen. Diese werden dann wahrscheinlich nur alte Musik hören und darüber sprechen, wie gut alles war und sein könnte. Weitere Info findest du unter myspace.com/thewombsmusic Zu allen mit Dreieck gekennzeichneten Artikeln liefert euch kooaba Paperboy zusätzliche Info in Sekundenschnelle auf euer Handy. Einfach die kostenlose kooaba Paperboy App downloaden und die entsprechende Heftseite knipsen.
Jonas LindstrĂśm
It’s so fucking funny to be a Promodel
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Shirt: Vladimir Karaleev
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Sweater: Monki Shorts: Stylist’s Own
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Dress : Vladimir Karaleev Plastic Harness: Evelyn Sitter
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Jacket: Stylist’s Own Jeans: Cheap Monday
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Dress: Michael Sontag Plastic Harness: Evelyn Sitter
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Sweater: Weekday Pants: Boris Bidjan Saberi Plastic Harness: Evelyn Sitter
Photography Jonas Lindström, jlindstroem.com Styling Philipp Humm Hair & Make-up Catrin Kreyss @ Perfectprops using Chanel Model Larissa @ the Special, Felix @ Tomorrow is another day kinki mode
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Farbenfreude
Draussen wird’s wieder dunkel und alle verstecken ihre bleichen Körper unter schwarzen Wintermänteln. Zeit für ein bisschen Farbe! Denn ein Farbtupfer bringt Freude ins langweilige Grau des Herbstes. Wir haben für euch die schönsten bunten Weggefährten gesammelt.
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1 scheibenwechsel Wir können den Schnee ja schon fast rieseln hören. Für beste Sicht auf der Piste bei jedem Wetter sorgt die ‹Shaun White Signature Airbrake› mit revolutionärem Wechselscheibensystem. CHF 399.− oakley.com
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Endlich ist das süsse Hello Kitty Kätzchen auch in der farbenfrohen Jelly Belly Ranch dabei – in fünf verschiedenen Geschmacksrichtungen in der hübschen 120g-Geschenkpackung ab CHF 9.90 erhältlich. jelly-belly.ch
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3 goldregen Ein goldiges Präsent für unter den Weihnachtsbaum oder eine vorweihnachtliche Bescherung hat sich der Dufthersteller Axe ausgedacht: Das güldene Set mit Axe XMas Hi-Fi Kopfhörern und Axe Dark Temptation Bodyspray und Showergel gibt’s ab CHF 27.90 axe.ch
4 deckmantel Offensichtlicher kann man dem kalten Winter doch die ‹farbige› Schulter zeigen. Mit dem Cape der Designerin MAXJENNY ist man in jedem Wintersturm und Nebelloch zu sehen. Erhältlich für CHF 650.– in der Boutique Waldraud in Zürich. waldraud.com
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5 gut tragbar ‹Carry-All Pouches› und Portemonnaies in allen möglichen Farbnuancen hält American Apparel seit Jahren bereit. Bei all der Farbenpracht und Materialvielfalt wird einem nie langweilig, beispielsweise mit der Medium Metallic Leather Carry-All Pouch für CHF 70.– store.americanapparel.ch
6 einer für alle Wer erinnert sich nicht an die farbigen Crocs, welche im vergangenen Sommer wie Pilze aus dem Boden schossen? Im Winter geht’s dezenter und wärmer, aber ebenso bequem zu. Der ‹Crocs Cobbler Ankle Boot› ist unisex und eignet sich bestens für Berg, Wald und Stadt. Erhältlich im Onlineshop oder im Fachhandel. CHF 159.90 crocs.eu
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7 schädeldeckel Das Label Skulls Barcelona von Ivan Jimenez produziert farbenprächtig und amüsant bemusterte Caps mit Wassermelonen, Unterwasserwelten oder Rosen. Preis CHF 26.− skullsbarcelona.com
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8 blue times Die knalligen Casio-Uhren mit Retro-Design sind pro Farbe auf 100 Stück limitiert – ein besonders exklusives Weihnachtsgeschenk. Die Liebhaberstücke sind in ausgewählten Shops und über Fortima erhältlich. Zudem gibt es diesen Monat drei Stück auf kinkimag.ch/blog zu ergattern. Ab CHF 39.− fortima.ch
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9 bunt beringt Der Schmuck aus dem Hause Dallas and Carlos geht im silbernen und goldigen Einheitsbrei der Schmuckschatulle bestimmt nicht unter. Knallige rosarote und grüne, weisse oder schwarze Totenköpfe und Mini-Ratten zieren Ringe, Armreifen und Halsketten. Den ‹Django Rat Ring› gibt es für ca. CHF 90.– dallasandcarlos.com
10 kurviges brett Für grosses Aufsehen in der Mode- und Skateboard-Szene sorgten bereits die Models Lara Stone und Abbey Lee Kershaw im Adamsgewand auf den Skateboarddecks des Schweizer Shops Doodah. Nun folgen die nächsten Supermodels der Stunde Freja Beha Erichsen und Arizona Muse, festgehalten von Claudia Knöpfel und Stefan Indlekofer. Erhältlich für CHF 99.– doodah.ch
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11 optische reize Superkompakt und kunterbunt kommen die neuen Canon IXUS Digitalkameras daher. Sie sind aber nicht nur chic, sondern verfügen über ein 28-Millimeter-Weitwinkelobjektiv mit 8fach optischem Zoom. Erhältlich in sechs Farbausführungen für CHF 288.– canon.ch
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Der angesagteste Schuh aus dem Hause Nike ist zurzeit der Lunar Spider LT +2 aus der Running Performance Kollektion Undercover von Jun Takahashi. Erhältlich in Orange und Grau-Blau in der Schweiz exklusiv bei Grand für CHF 180.– . nike.com
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13 farbknall Das Berliner Modelabel Starstyling brilliert mit glänzenden und spiegelnden Farbelementen. Den Sweater ‹Richter› gibt’s für CHF 121.– starstyling.net
14 kopfsache Wie der Name verrät, gibt es den ‹cp ebrolito pop›-Helm in poppigen Farben. Je nach Lust können obere Helmschale und Frontspoiler durch ein andersfarbiges Stück individuell ersetzt werden. Schliesslich steckt ja in jedem ein kleiner Dickkopf. CHF 199.− cp-fashionatsports.com
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15 italy goes sweden An kunterbunte oder kitschige Kleider trauen wir uns gewöhnlich nicht ran und Versace können wir uns normalerweise nicht leisten. Dank der Gastkollaboration von Versace und H&M wird’s diesen Winter aber extravagant und farbig zugleich. Beispielsweise mit den Miami-Palmen-Printleggins für CHF 49.90. Der Startschuss fällt am 17. November! hm.com
16 kniffelbox Den faszinierenden, lustigen und nervenaufreibenden ‹Rubik’s Cube›-Zauberwürfel kennen wir nur zu gut aus unserer Kindheit. Da wir es noch heute nicht auf sechs einfarbige Flächen schaffen, hören wir lieber entspannende Musik mit dem bunten ‹Rubik’s Speaker› für ca. CHF 28.− spinninghat.com
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maske art must be beautiful
‚Distorted Hair I›, 2011, Mixed Media (Schwarzkopf Color Gloss & Blonde Toning)
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Jeden Monat setzen an dieser Stelle Schweizer Künstler Beauty-Produkte in Szene. Der Illustrator Patric Sandri zauberte Meteoritenstaub aus den herbstlichen Farben der Uslu Airlines Nagellacke. ‹UVF› St. Lucia Hewanorra, St. Lucia Bordeauxed Red Das Berliner Label Uslu Airlines wurde 2003 von Feride Uslu und Jan Mihm gegründet und produziert seitdem Kosmetikartikel in allen Farbnuancen. Jeder Artikel verfügt über einen Airport Code und ist somit einer Stadt zugeordnet. Das Bordeauxrot aus der Hauptlinie gehört zum Flughafen von St. Lucia – und diesen Herbst in jede gut assortierte Garderobe. CHF 23.−
‹LEIB› Ibiza, Spain Rusted Terracotta Uslu Airlines ist nicht nur für eine tolle Farbpalette, sondern auch für seine zahlreichen Kollaborationen mit Designern, Labels oder Shops bekannt. Mit dem Modedesigner Tillmann Lauterbach kreierten sie den Nagellack LEIB. Der rostfarbene Lack zaubert elegant die Farben des Herbstes auf die Nägel. CHF 23.−
‹GNB› Grenoble – Isere, France Dark Blue Aus der Zusammenarbeit mit dem Designer Bernhard Willhelm ist mittlerweile eine Linie mit 20 Lacken gewachsen, einer davon ist der GNB Dark Blue, der diesen Winter ein absolutes Muss ist. ‹Blau ist das neue Rot auf den Nägeln› wurde diese Saison auf den internationalen Laufstegen verkündet, bei Uslu Airlines gehören Blautöne seit Anbeginn zum Sortiment. CHF 26.− Eine Auswahl des Uslu Airlines-Sortiments ist in der Schweiz in allen Doodah-Filialen, in Le Grand Magasin, Dings, The Gloss und Big erhältlich. Weitere Info findet ihr auf usluairlines.com Patric Sandri Dem Schweizer Künstler Patric Sandri waren die Luzerner und Zürcher Kunstschule nicht genug, deshalb studierte er noch am Royal College of Arts in London und übte sich in anderen künstlerischen Ausdrucksformen als der Illustration. Von seiner Vielseitigkeit sind auch seine illustrativen Bilder geprägt, denen er sich nachts widmet, um sich in London seine Bagels zu verdienen. Als Synästhetiker, der Farben in Zahlen sieht, kann er mit den neuesten Trendfarben von Nagellacken wenig anfangen. Seiner Wahrnehmung nach gehören die Farben 67, ein rosiges Pink, und 87, ein helles Grasgrün, zu seinen Lieblingslacken.
‹Distorted Hair II›, 2011, Mixed Media (Schwarzkopf Color Gloss & Blonde Toning)
Text: Florence Ritter Realisation: Nicola Fischer
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No No-gos
Jeremy Scotts Kreationen sind wirklich aus dem Stoff aus dem die Tr채ume sind. Mit seinen abgedrehten Ideen und farbigen Kreationen bringt er n채mlich ordentlich Farbe und eine grosse Portion Humor in die ansonsten eher ernsthafte Modewelt. Text und Interview: Florence Ritter, Fotos: Promo kinki mode
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‹Alles passt. Solange du selbst denkst, es sieht gut aus, siehst du auch gut aus.›
ie Designs des amerikanischen Modedesigners Jeremy Scott gehören nicht zur Sorte Kleider, die jedem schmeicheln und jeden vorteilhaft erscheinen lassen. Im Gegenteil, der Jeremy Scott-Träger trägt immer seinen Teil dazu bei, dass die Stücke die richtige Wirkung entfalten: Er bringt einen Schuss eigene Persönlichkeit mit. Selbstvertrauen, einen eigenen Stil, eine Prise Humor und viel Spass an Kleidung. Dass viele Sternchen, die bereits im Rampenlicht stehen, der ausgefallenen Mode verfallen sind, überrascht wenig. Jeremy Scott ist sozusagen das Softeis verschlingende Kind der Flintstones, Andy Warhols und Keith Harrings. Er ist Pop, New Rave, so amerikanisch wie McDonald’s, witzig, kitschig und gleichbedeutend mit kreativen, unkonventionellen Kreationen. Und wenn selbst Karl Lagerfeld den Humor des Amerikaners versteht, dann muss Genie drin sein, wo ‹Fun› drauf steht. In der breiten Öffentlichkeit scheint sein ausgeflippter Style besonders durch die zahlreichen Kollaborationen angekommen zu sein. Seine Linie ‹Jeremy Scott for Adidas Originals by Originals› sowie seine Arbeit für Swatch oder gar für das Taschenlabel Longchamp servierten eine gemässigte Version seiner Designs und halfen, die Flügel als sein Wiedererkennungsmerkmal zu festigen. Zeit, dem Designer ein paar Fragen zu stellen – und festzustellen, dass es auch bei Jeremy Scott manchmal nüchtern zu und her geht.
Und wer ist zurzeit deine Muse? Ich habe viele Musen, zu jedem Zeitpunkt. Kannst du dir dich als alter Mann vorstellen? Nein. Gibt es ein modisches No-go für dich? Nein, ich denke alles passt. Solange du selbst denkst, du siehst gut aus, siehst du auch gut aus. Was für Modetrends sagst du für den Winter voraus? Mehr Farbe, um die Düsterkeit zu bekämpfen. Du hast bereits zum zweiten Mal mit Swatch kollaboriert. Was ist der Unterschied, wenn du Uhren statt Kleider designst? Da gibt’s keinen wirklichen Unterschied, um ehrlich zu sein. Mein Ziel, wenn ich einen Schuh, ein Auto, einen Sweater oder eine Swatch Uhr designe, ist immer: Würde ich es haben wollen? Ist es witzig? Kann ich es cooler, persönlicher oder einzigartiger aussehen lassen? Was für Kollaborationen stehen in nächster Zeit an? Es geht weiter mit Swatch, Adidas sowie mit Longchamp. Also freut euch auf einige grosse Sachen.
Interview kinki magazin: Wie amüsant ist die Modewelt wirklich? Jeremy Scott: Dass wir alles alle sechs Monate ändern, ist eher total krank! Und was macht Spass an der Modewelt? Ich liebe es, Shows zu gestalten und meine Vision auf diese Weise der Welt zu präsentieren. Ich mag es, mit meinem Team zu arbeiten, Hairstyles zu kreieren und Make-up-Looks, welche die Kollektion komplementieren, das macht Spass.
Bilder: Oben: Jeremy Scott SS 11 Mitte: Jeremy Scott FW 11 Unten: Jeremy Scott SS 12 Mehr Info zu Jeremy Scott und seinen Kollaborationen findet ihr unter jeremyscott.com, swatch.com und adidas.com.
Viele deiner Kleider sind ziemlich aussergewöhnlich, ist das auch deine Message? Ja, habt Spass, seid einzigartig. Und seid immer ihr selbst. Was hat es mit den Flügeln auf sich? Ich finde Flügel sind ein erhebendes und positives Symbol. Und wer hat nicht schon mal davon geträumt, fliegen zu können? Was ist denn deine Lieblingstrickfilmfigur? Welche Serien und Filme haben dich am stärksten beeinflusst? Oh, ich liebe so viele. Es gibt viele grossartige Figuren, aber Micky Maus ist wohl der König aller Cartoons, ausserdem ist er auch der bekannteste. Was bringt dich am meisten zum Lachen? Lustige Witze.
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Sirènes en Dessous Ob Slip, Büstenhalter, Body oder Unterhemd – die Wäsche unter der Kleidung ist fast so etwas wie eine zweite Haut. Selbst wenn sie beinahe durchsichtig ist … Text: Rosita Holenstein, Fotos: Véronique Hoegger, Styling: Kathrin Eckhardt
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ie Zeiten, in denen Frauen einschnürende Korsetts oder schwere Unterröcke tragen mussten, sind heute zum guten Glück vorbei. Nach diesem Befreiungsschlag hat man heutzutage dafür schon fast die Qual der Wahl, wenn es um die passenden Stücke für darunter geht. Die Auswahl an Lingerie-Labels erweist sich als gross und auch bei Schnitt und Stoff gibt es unzählige Variationen. Damit ihr euch im Dessous-Dschungel nicht verirrt und aus Versehen an kratzige Billigunterwäsche geratet, präsentieren wir euch an dieser Stelle eine Handvoll bewährter Unterwäschelabels.
den Bademode-Olymp. Erst 1998 wurde das Bademodenangebot um eine Lingerie-Linie erweitert. Und diese hinkt dem Schwimmbedarf in keiner Weise hinterher. Die Dessous aus der aktuellen Herbst/Winter-Kollektion sind eine Beschwörung der Natur und ihrer Gewalten wie Gewitter, Stürme und Regenschauer. In den sieben Unterlinien dazu gibt es jede Menge wunderbare Stücke: Zum Beispiel einen bügellosen Triangel-BH aus saftig grünem Jersey, oder ein Taillenslip aus weisser Spitze. Ob beim Baden oder für jeden Tag darunter − wer es gerne luxuriöser mag und viel Wert auf gute Schnitte und Stoffe legt, der ist bei Eres richtig.
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eresparis.com
1 Langarmbody ‹Casino Royal Allover› von Zimmerli 2 Body ‹Ondée Tourmente› von Eres 3 Triangel-BH und Slip ‹envy› von Calvin Klein 4 Body ‹Ondée Tourmente› von Eres, Rüschenhose ‹Zaza›, Spitzentop und BH ‹Amelie› von Lyn Lingerie, Langarmbody ‹Casino Royal Allover› von Zimmerli 5 Triangel-BH und Slip ‹envy› von Calvin Klein, Rüschenhose ‹Zaza›, Spitzentop und BH ‹Amelie› von Lyn Lingerie, Lace Set von Cheap Monday 6 Langarmbody ‹Casino Royal Allover› von Zimmerli
Zimmerli-Unterwäsche ist ein echter Klassiker und darf sich selbstbewusst in die Reihe von Schweizer Traditionsprodukten wie VictorinoxSackmesser oder Schokolade von Lindt und Sprüngli gesellen. Das Unternehmen Zimmerli wurde im Jahre 1871 von Pauline Zimmerli, Bäurlin im aargauischen Aarburg, gegründet − und wird auch heute noch in der Schweiz produziert. Das Sortiment umfasst hauptsächlich schlichte Basics für Frauen und Männer, diese sind dafür bekannt, bequem und von bester Qualität zu sein. Solche Werte zahlen sich aus, was man bestens am Beispiel der weissen Männerunterhemden sieht, die es bis nach Hollywood gebracht haben: Sylvester Stallone beispielsweise bringt seine Muskeln darin im Film ‹Rocky› zur Geltung, Joaquin Phoenix trägt eines in ‹Walk the Line›.
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zimmerli.com
Cheap Monday
Bekannt geworden ist das schwedische Label Mitte der Nullerjahre mit seinen ultraschmalen Skinnyjeans, die auf der Must-Have-Liste jedes Indiefans standen. Mittlerweile ist Cheap Monday weit mehr als nur eine Jeansmarke: Das Angebot wurde während der letzten Jahre laufend erweitert, unter anderem mit jährlich drei Saisonkollektionen und einer Accessoires-Linie. Diesen Herbst vergrössert Cheap Monday sein Sortiment erneut und bringt erstmals eine Wäschekollektion auf den Markt. Für Männer wie Frauen gibt es je drei Linien, die vom Design her schlicht sind, aber raffinierte Details bieten. Ein Highlight ist in der Damenabteilung zu finden: BHs und High-Waist-Slips aus Spitze in den Farben Olive, Rosa oder Schwarz. Getreu des Labelnamens ‹Cheap Monday› sind die hübschen Stücke übrigens auch schön günstig und somit auch für kleine Budgets erschwinglich. Übrigens: Auf kinkimag.ch verlosen wir diesen Monat fünf Unterwäsche-Sets von Cheap Monday!
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cheapmonday.com
Eres
Vor über 40 Jahren war das damals frisch gegründete französische Label Eres eines der ersten Unternehmen, das der Damenwelt auch während der Winterzeit Badekleider zum Kauf anbot. Dank der cleveren Schnitte und neu entwickelten Stoffen aus bester Qualität schaffte es das Label schlussendlich bis auf kinki mode
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Calvin Klein Underwear
Wer kennt ihn nicht – den berühmten Gummibund mit Calvin-Klein-Aufschrift, der in den 90erJahren aus dem Hosenbund aller coolen Jungs schaute. Die Unterwäsche von Calvin Klein war der Renner, nachdem Mark Wahlberg und Kate Moss durch eine gross angelegte Werbekampagne sich halb nackt auf unzähligen Plakaten räkelten. Ein gutes Gespür für die passenden Models hat Calvin Klein Underwear noch heute: Diesen Herbst ist Lara Stone das Aushängeschild und zeigt dabei neben ihrer süssen Zahnlücke auch noch einiges mehr. Auch wenn die Dessous von Calvin Klein Underwear zwanzig Jahre nach Kate design-technisch der heutigen Zeit angepasst sind, ist das Markenzeichen nicht ganz verschwunden: Bei einigen Slips, sowohl bei der Männer- wie der Frauenkollektion, prangt noch immer ein Calvin-KleinSchriftzug auf dem Gummibund! Da die 90er Jahre zur Zeit sowieso ein Revival erleben, ist auch Calvin Klein Underwear wieder (oder immer noch) top.
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calvinklein.com/underwear
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Die Dessous aus der aktuellen Kollektion sind eine Beschwörung der Natur und ihrer Gewalten. Lyn Lingerie
Oh la la! Lyn Lingerie versteht es bestens, französische Koketterie und Verspieltheit in moderner Unterwäsche zu widerspiegeln. Und das, obwohl die hübschen Dessous aus Tüll, Satin oder Seide made in Switzerland sind. Hinter Lyn Lingerie stecken nämlich die beiden Zürcher Designerinnen Evelyn Huber und Ramona Keller, die alle Stücke von Lyn Lingerie selber von Hand anfertigen. Verziert werden die Strumpfhalter, Slips und Bustiers mit lieblichen Details wie Schleifen, Rüschen und Spitze. Die Assoziation zu Sofia Coppolas Film ‹Marie Antoinette› kommt einem unweigerlich in den Sinn beim Betrachten der hübschen Stücke und die aufkommende Lust auf den Genuss von Champagner und Macarons ebenfalls. Übrigens: Evelyn Huber und Ramona Keller bieten auch Workshops an, bei denen man sich seine eigenen Wunsch-Dessous nähen kann.
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lynmay.ch
Inszeniert wurden die Unterwäschemodelle im Hallenbad Oerlikon von der Stylistin Kathrin Eckhart und der Fotografin Véronique Hoegger. Ihr Können als Synchronschimmerinnen und Models haben die Limmat-Nixen vorgeführt. Herzlichen Dank für die Unterstützung, insbesondere an Maxi, Marina, Sereina, Desirée und Audrey. Foto: Véronique Hoegger, ver.ch Styling: Kathrin Eckhardt, kathrineckhardt.ch Bildbearbeitung: AschmannKlauser, aschmannklauser.ch Models: limmat-nixen.ch
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Niclas: Sakko: Herr von Eden T-Shirt: Puma Hose: American Apparel Rucksack: Weekday
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Rory: Sakko: Herr von Eden Hose: Puma Pulli: American Apparel Schuhe: Adidas Niclas: Jacke: Hien Lee Unterhemd: American Apparel Hose: Carhartt Socken: Closed
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Niclas: Jacke: Carhartt Hose & Weste: Herr von Eden T-Shirt: American Apparel Socken & Schuhe: Puma
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Rory (links): Jacke: Herr von Eden Hose: Puma T-Shirt: Carhartt Cap: Carhartt Socken: Closed Brille: MYKITA Schuhe: Puma Rory (rechts): Pulli: Puma Hose: Adidas Originals Schuhe: Adidas Niclas (rechts): Jacke: Herr von Eden Pulli: American Apparel Krawatte: Closed Hose: Closed Schuhe: Puma Brille: MYKITA kinki mode
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Niclas (links): Mantel: Closed Shirt: Closed Hose: Puma Socken: Closed Schuhe: Adidas Niclas (rechts): Jacke: Hien Lee Unterhemd: American Apparel
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Rory Mantel: Adidas Hemd: Adidas Shorts: Weekday Brille: MYKITA Schuhe: Puma Niclas: Sakko: Herr von Eden T-Shirt: Puma Hose: American Apparel Rucksack: Weekday
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Niclas: Pulli: Wood Wood T-Shirt: American Apparel Hose: Closed Cap: American Apparel Brille: MYKITA
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Rory: Mantel: Closed Hose: Herr von Eden Hemd: Closed Schuhe: Nike Vintage Niclas: Jacke: Herr von Eden T-Shirt: Carhartt Krawatte: Closed Hose: Cheap Monday
Fotograf Marco Trunz Assistent Hannah Godde Styling Nadja Mara Brvar Make-up Anne Henrichsen Models Rory Torrens, Niclas Huentelmann
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kopfkino vom umschlag bis zum abspann
Da wir nicht mit dem Humor der Engländer gesegnet sind und uns kein helvetischer Comedian je zum Lachen bringen wird, geben wir uns mit Sauber- und Pünktlichkeit zufrieden und suchen ernsthafte und gute Unterhaltung in dieser Selektion von Büchern und Filmen – ohne Witz.
Buch
ausmalen
Drogen und Kunst). Ein kurzweiliges, zu empfehlendes Lesevergnügen, insbesondere für Freunde der Beat-Kultur.
Perlen zu besticken – neben einer Portion Inspiration wird immer auch eine Prise Modegeschichte geliefert. Didaktische Modeförderung für Kinder, könnte man es auch nennen. Die Illustrationen an sich sind keine ausgefeilten Kunstwerke, sondern simpel gestaltet, nichtsdestotrotz mag das Skizzenbuch mit Charme kleine und grosse FashionVictims beglücken.
Erschienen beim Milena Verlag, CHF 35.40
wundern
Erschienen bei Laurence King Publishing, ca. CHF 20.–
verwahl auszeichnet. Und so steht in Dummy-Manier auf dem Buchcover: ‹Achtung: Es wird gleich schön und anstrengend. Politisch und traurig. Forsch, rechtlich fragwürdig, poetisch und eklig. PS: Es geht auch um Sex›. Darin werden die besten und schlimmsten Geschichten in Wort und Bild noch mal gebündelt der Welt vorgelegt, und damit auch der Kampf und Sieg über die ‹Imperative des Magazinmachens› besiegelt. Erschienen bei Kein & Aber, CHF 35.90
Nina Chakrabarti: My Even More Wonderful World of Fashion Kommt euch dieses herzerwärmendkitschige Cover mit geprägtem und güldenem Titel auf grauem Karton bekannt vor? Dann gehört ihr erstens zur richtigen Zielgruppe für dieses Mädchenträume beschwörende Buch und liegt zweitens ganz richtig. Der Vorgänger ‹My Wonderful World of Fashion› erschien vor einem Jahr. Zu gut erinnere ich mich daran, wie eine Arbeitskollegin meinte, sie habe es ihrem ‹Göttikind› geschenkt. Nachdem ich auch den zweiten Band der Illustratorin und offenkundigen Modeliebhaberin Nina Chakrabarti durchgeblättert habe, verstehe ich weshalb. Zu gut bieten sich die 700 Illustrationen von Marie Antoinettes Frisur oder der Hermès Kelly Bag und Schmuckstücken des Maasai-Stamms aus Afrika den Buntstiften an. Ganz nach dem Untertitel ‹Another Book for Drawing, Creating and Dreaming› wird die Leserin buchstäblich zum Ausmalen oder zu DIY-Projekten aufgefordert, ob es darum geht, Sonnebrillenrahmen zu bemustern, Hutdesigns zu kreieren oder Handschuhe mit kinki kopfkino
vorstellen
staunen Das Grosse Dummy-Buch / Das Beste und Schlimmste aus 30 Mal Magazinmachen Wie ihr unserer Arbeit sowie unserer neuen Rubrik ‹blattmacher› entnehmen könnt, beschnüffeln, durchblättern, bestaunen und lesen auch wir wie besessen Magazine aus der ganzen Welt. Zu unserer Lieblingslektüre aus dem deutsprachigen Raum gehört zweifelsohne das Dummy Magazin, das spannende, anregende und gesellschaftskritische Artikel und Fotoreportagen vereint. Seit 30 Ausgaben und über acht Jahren erscheint das Dummy dem Namen entsprechend ‹jedes Mal neu und jedes Mal anders›, jedes Heft steht unter einem bestimmten Thema und wird von einer anderen Art-Direction gelayoutet. Bestand hat somit vor allem der Wechsel und die Andersartigkeit des Magazins, das sich erfolgreich gegen alle Mechanismen und Regeln des Verlagswesens durchsetzt, aber sich auch durch die Qualität der Inhalte sowie eine durchwegs gewagte bis provokative Themen- und Co-
Carl Weissner – Die Abenteuer von Trashman Carl Weissner, bekannt als Übersetzer englischsprachiger Bücher, veröffentlicht mit über 60 Jahren sein zweites Buch auf Deutsch. Dabei gewährt er mit diesem Tagebuch einen persönlichen Einblick ins New York im Umbruchjahr 1968. Der Autor und Protagonist bewegt sich stets im Dunstkreis der Künstlerszene. Weissner mischt Realität mit Fiktion und seine obszöne Bildersprache und abrupten Szenewechsel erinnern nicht selten an William S. Burroughs. Ebendieser Burroughs taucht neben anderen Berühmtheiten wie Charles Bukowski, Janis Joplin oder Allen Ginsberg auch im Buch selber auf. Thematisch geht es um alles und nichts (Gewalt, Politik, Sex, 82
Terry Richardson: Mom & Dad Für einmal sind es nicht nackige Models oder erigierte Penisse, denen sich der einflussreiche und kontroverse Modefotograf Terry Richardson hingibt: Seine neueste Publikation ist eine Huldigung an seine Genitoren, die seit seinem fünften Lebensjahr getrennt und vom Leben gezeichnet sind. In zwei Büchern im Schuber, für jedes Elternteil eines, erscheint sein bisher persönlichstes Werk in limitierter Edition. Ein typisches Familienalbum sieht anders aus. Mit schonungsloser Ehrlichkeit begleitet er seinen Vater Bob, der selbst Modefotograf war, bis zu seinem Tod. Und porträtiert seine schillernde und zerbrechliche Mom Norma, einst Stylistin
und Tänzerin, die nach einem Autounfall mit irreparablen Hirnschäden aus dem Koma erwachte, als Terry elf Jahre alt war. Die Einblicke in die Privatsphäre seiner zerrütteten Familie gleichen einem eindrücklichen Seelenstriptease, den vermutlich nicht jedermann sehen möchte.
muss, um noch soviel Freiheit und Selbstverwirklichung zu geniessen, wie es eben geht, kurz bevor man sich die Ketten der Verantwortung anlegt. So ergeht es auch Sophie und Jason. Nach dem wundervoll originellen Film ‹Me and You and Everyone We Know› filmt und spielt Miranda July wieder ihre eigene Hauptrolle. Der Humor ist subtil, fein, ganz im Stile der neuen amerikanischen Kunstgeneration – aber eben ganz eigen. Auch in diesem Film scheint Miranda July sich mit ihrem Kurzfilmwahn ein wenig selbst darzustellen, während sie als Sophie täglich YouTube-Videos von sich hochlädt, rettet Jason (Hamish Linklater) Bäume. Jedem das seine. Eigentlich ist das Thema ja recht ernst, stellen hier doch kleine Samtpfoten die gesamte Beziehung in Frage, doch die hinreissende Miranda July hat ein Händchen für Beziehungsgeplänkel und bei allem Ernst der Situation ist dieses eben doch irgendwie zum Lachen.
Kino
kämpfchen
Erschienen Mörel Books, ca. CHF 70.-
erinnern
Hunter S. Thompson – Kingdom of Gonzo. Interviews mit Hunter S. Thompson ‹Einer der Vorteile, wenn man tot ist, besteht vermutlich darin, dass ein anderer das alles herausgeben kann›, sagte Thompson 2000 im Rahmen eines Interviews. Die Edition Tiamat des Klaus Bittermann Verlags übernimmt diese Rolle im deutschsprachigen Raum und veröffentlicht mit ‹Kingdom of Gonzo› postum bereits das dritte Buch von und mit dem amerikanischen Kultautoren. Es ist eine Sammlung von 18 Interviews, die mit dem Übervater des Gonzo-Journalismus zwischen 1967 und 2005 geführt wurden. Bill Dunn bringt die Grundstimmung einer Vielzahl der Interviews mit Dr. Thompson auf den Punkt: ‹Je länger die Nacht sich hinzieht, desto klarer wird es, dass der Doktor keine konventionellen Interviews geben mag; er muss jemanden erst kennenlernen – mit ihm trinken, seine Gewohnheiten studieren.› Der exzentrische Autor von ‹Hells Angels› und ‹Fear and Loathing in Las Vegas› lässt keinen Zweifel daran, dass er selbst im munteren Frage- und Antwortspielchen mit seinen Worten bestens zu unterhalten weiss. Erschienen bei Edition Tiamat, Verlag Klaus Bittermann, ca. CHF 22.–
Unser Rezensent William S. Blake lacht wie ein Kobold, Florence Ritter hingegen wie ein aufgeschrecktes Huhn, dem manchmal Grunzlaute entfahren. Glücklicherweise sind beim Lesen beide relativ schweigsam.
Roman Polanski: Carnage Wenn Roman Polanski einen Film mit Kate Winslet macht, ist das schon interessant. Wenn die Geschichte auf einem Theaterstück der Meisterin des zwischenmenschlichen Humors, Yazmina Reza, beruht, wird das Ganze noch mal umso besser. Ganz wie im Original der Französin reicht hier eine Wohnung als Schauplatz des Theaters: Zwei Elternpaare – Kate Winslet und Christoph Waltz nebst Jodie Foster und John C. Reilly – treffen sich, um einen Vorfall zwischen ihren Söhnen zu diskutieren. Aufgrund einer Rauferei der zwei Bengel auf dem Spielplatz, bei der zwei Zähne ausfielen, wollen die Eltern ganz manierlich die Sache klären. Doch nach ‹Art› von Reza entgleitet den Protagonisten schnell der erwachsene Anstand, Blumenvasen fliegen und jeder geht jedem an die Gurgel. Es menschelt an allen Ecken und Enden und jeder, der über die Macken von Eltern und Paaren lachen kann – und somit meist folglich über sich selbst – wird dieses Stück geniessen.
Ab 15. Dezember im Kino.
komplexchen
Vicco von Bülow: Loriots Ödipussi 1988 kam Loriots Komödie im Spielfilmformat über einen Sohn mit Ödipus-Komplex heraus. Neben seinen Kurzfilmclips über harte Eier, familiäre Weihnachtsfeiern, den Dank an die Mutter für ein Klavier und ‹Papa Ante Portas›, ein Drama über den Ruhestand, gilt ‹Ödipussi› als eines der erfolgreichsten Stücke von Loriot. Aufgrund seines allseits betrauerten Todes am 22. August dieses Jahres kommt nun dieser Klassiker neu auf DVD heraus. Paul Winkelmann, gute vierzig Jahre alt, ist nach wie vor abhängig von seiner Mutter wie ein kleiner Junge. Da lernt er Margarethe Tietze – Psychologin mit eigenen Familienproblemen – kennen. Die aufkeimende Liebe verursacht natürlich eine Katastrophe nach der anderen, nicht zuletzt im ersten gemeinsamen Urlaub und als sich die Eltern der ‹Kinder› kennenlernen. Natürlich spielt Evelyn Hamann, die leider ebenfalls bereits verstorben ist, Loriots weiblichen Gegenpart der
Ab 1. Dezember im Kino.
DVD
kätzchen
Miranda July: The Future Eine Adoption ist ein grosser Schritt für ein junges Paar. Da reicht auch schon ein Kätzchen aus, das man in einem Monat gemeinsam bekommen soll, um grenzenlose Torschlusspanik zu bekommen. Und es kommt schon mal so weit, dass dann das Paar erstmal seine Jobs kündigt, den Kopf in den Sand steckt und jeder der beiden auf die eigenartigste Weise sich selber suchen 83
Tragikomödie. Für jeden, der ‹Ödipussi› noch nicht gesehen hat, ein absolutes Muss; für jeden der ihn kennt: immer wieder eine Freude. Seit 4. November auf DVD.
kollisiönchen
Mike Mills: Beginners Humor zu haben heisst, das Leben leicht zu nehmen. In jedem Falle leichter, als es uns manchmal mitspielt. Deswegen kann man getrost sagen, dass ‹Beginners› zwar kein Schenkelklopfer-Film ist, uns aber trotzdem immer wieder zum Lachen bringt und den Humor im wahren Alltag aufdeckt. Die tragische Situation: Olivers (Ewan McGregor) Vater Hal (Christopher Plummer) ist gestorben. Daher erbt Oliver den Hundseines Vaters, Arthur. Und mit ihm zusammen denkt er über die Vergangenheit nach. Dass sein Vater nach zig Jahren Ehe und nach dem Tod seiner Mutter gestand, schwul zu sein, Elektronik-Musik entdeckte und verliebt mit seinem neuen Geliebten durch die Wohnung tanzte. Dass er seine Mutter trotzdem liebte, ehrlich, nur eben anders. Dass er Oliver beibrachte, selber richtig zu lieben. Und dass es diese tragische Familiengeschichte brauchte, um Vater und Sohn erst zusammen zu führen. Der Film erinnert in seiner Erscheinung an Werke wie ‹I Heart Huckabees› – eine Aneinanderreihung liebevoller Momente, mit ordentlich viel Lebensweisheiten angereichert. ‹Beginners› ist traurig, rührend und lustig zugleich. Ab 30. November auf DVD.
Um ganz ehrlich zu sein: wenn sie alleine in eine Videothek geht, leiht sich unsere Rezensentin Franziska von Stieglitz am liebsten humorvolle Filme aus. Da können Drama, Liebesfilm und Sozialkritik nicht mithalten. Weil es nicht die Frage ist, mit was uns das Leben überrascht, sondern wie wir es hinnehmen. Am besten mit viel Humor, findet Franzi.
Face it
kinki report
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Die Emoticons haben unsere Kommunikation erobert. Zumindest fast: Melanie Biedermann warf einen Blick hinter das lächelnde Antlitz der gelben Sprachhelfer. Und stiess dabei auf Fundamentalisten, Rebellen und Zeichen-Junkies. Illustration: Nadja Abanin
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ie Gründung der ‹Smiley-Sekte› hat einen offiziellen Geburtstermin. Am 19. September 1982 entzündete sich der Funke des Lauffeuers ‹Emoticon›. Und wo sonst als an einer Universität kann so etwas passieren? Wer anderes als eine Horde noch unterbeschäftigter Informatikstudenten ist schliesslich besser dafür geeignet, eine kleine Revolte anzuzetteln? Sie hatten ihre selbstkreierten Gadgets bereits etwas zu lieb gewonnen, als die Studenten der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, Pennsylvania zur hitzigen Online-Debatte über Humor ansetzten. Im Spätsommer der beginnenden 80er-Trash-Dekade löste dort eine ernst zu nehmende Anzahl an fehlinterpretierten ironischen Kommentaren des öfteren panische Sicherheitswarnungen verunsicherter Mitkommilitonen aus. Zu diesem
Das Gesicht einer Generation – die Emoticons haben unsere digitale Welt erobert. Damit sorgen sie allerdings nicht bei allen für gute Laune.
Wer anderes als eine Horde noch unbeschäftigter Informatikstudenten ist besser dafür geeignet, eine kleine Revolte anzuzetteln? Anlass wurde das fakultätsinterne BulletinBoard − gewissermassen das Online-Diskussionsforum der ersten Generation − zum ‹Kennzeichen-des-Witzes-Wettbewerb› umfunktioniert. Vom Ehrgeiz getrieben wurden Entwürfe vorgebracht, diskutiert und am Ende hatte sich jemand durchgesetzt. Der vom damaligen CMU-Studenten Scott E. Fahlman vorgeschlagene Scherz-Marker ‹DoppelpunktBindestrich-Klammer› hat mittlerweile den Weg aus dem Informatik-Studenten-Forum ins World Wide Web und letztlich in die Kinderzimmer jedes gutbürgerlichen Haushalts gefunden.
Die lachende Religion
Und hier sind wir nun. ‹Emoticons› all over, hinterlegt mit vielfältigen fast schon biblisch anmutenden Abhandlungen zum artgerechten Gebrauch innerhalb der Internetgemeinde. Auch in diesem Fall existiert so etwas wie eine alte und eine neue Schrift. Während die frühere Fassung noch den Umgang mit ASCII-Codes (dem internationalen Zeichensatz zur Übermittlung von Daten) anpreist, wird die Anhängerschaft im Sequel von einer stärker bildlich orien85
tierten ‹Emoticon›-Nutzung überzeugt. Wie überall gibt es auch hier Fundamentalisten: Jene, die auf der Tiefenstruktur beharren und jede Abweichung vom ursprünglichen Gedanken kritisieren. Die Vermutung liegt nahe: Es herrscht Krieg. Und es gibt Opfer zu beklagen.
Gefühlszeichen
Aber nochmal zurück zum Anfang. Das ‹Emoticon›: Dabei handelt es sich um eine Verknüpfung der Worte ‹Emotion› und ‹Icon›. Aus praktischen Gründen soll hier das ‹Icon›, im Folgenden als ‹Zeichen› verstanden werden. Naheliegend, dass ein ‹Emoticon› seiner Etymologie zufolge ein Gefühlszeichen oder − anders formuliert − ein Symbol zum Ausdruck der gegenwärtigen Emotionslage darstellt. Im Verständnis fundamentalistischer ZeichenJünger dient der Begriff ‹Emoticon› einzig als Name für die ASCII-Tastenfolge aus Doppelpunkt, Bindestrich und schliessender Klammer : - ) Ein nach links geneigtes Lächeln. Der ursprüngliche Gedanke, ein Gefühl − damals: die Freude über einen Witz − mittels eines Zeichens zur Geltung zu bringen, ist somit also erfüllt.
Historisch lustig?
Entwicklungsgeschichtlich handelt es sich bei den Emoticons allerdings um einen groben Rückschritt, wie Marion Fink, Professorin für Visuelle Kommunikation und Zeichentheorie, bestätigt. Sie kommentiert die gegenwärtig kritische Lage auf gesellschaftlich-sprachlicher Ebene mit klaren Worten: ‹Der grosse Siegeszug des Alphabets basierte im Gegensatz zu Bildsystemen wie beispielsweise den ägyptischen Hieroglyphen auf seiner abstrakten, und damit ökonomischeren Qualität. Mithilfe von zweckentfremdeten diakritischen Zeichen nun wieder ikonische Qualität zu suchen, ist historisch gesehen sehr ironisch.› Will heissen: Worte und Schrift sind um einiges abstrakter als Bilder. Und die Voraussetzungen sie zu verstehen, sind dementsprechend schwieriger zu erfüllen. Ein Teufelskreis. Das Bild sagt wieder mehr als tausend Worte, es verlangt nicht, dass man dieselbe Sprache spricht. Wenn man sich also dazu hinreissen lässt, Bilder statt Worte zur Kommunikation zu nutzen, handelt es sich in gewisser Weise um eine Rückkehr zu rudimentären Mitteln der Verständigung. Ein kleines Exempel? Das linksgeneigte Lächeln steht nun für ‹Witz›. Das bedeutet in seiner Konsequenz, dass alles, was dem ASCIISmiley vorausgeht, komisch sein soll. Man wird nun ohne Umschweife darüber informiert, wann man lachen soll, darf und kann oder eben nicht.
Dazu gibt es nichts weiter zu sagen. Fahlmans Witz-Marker ist aber bloss ein Beispiel des vorhandenen, sehr gegenwärtigen Vokabulars. Die ‹Emoticon-Enzyklopädie› scheint heutzutage schier unerschöpflich und sie bietet dem, der sucht, die Antwort respektive das standardisierte Zeichen für jeden noch so individuellen Gemütszustand.
Es herrscht Krieg!
‹Emoticons› − ein Thema spaltet die Gemüter. Denn auf einen derart massiven Eingriff auf den privaten Flatscreen, der heutzutage nahezu jeden Haushalt ziert, folgt unweigerlich ein Gegenbombardement. Während die ‹Emoticon›Krieger damit beschäftigt waren, eine ganze Generation zu bekehren und dazu zu verleiten, ihr über Jahrhunderte angereichertes Sprachvolumen zu verringern, formierte sich eine entschlossene Opposition. Es handelt sich überwiegend um radikale Facebook-Brüderschaften, die sich gegen die Verwendung von ‹Emoticons› aussprechen. Beklagt wird unter anderem, dass der inflationäre Gebrauch der kleinen gelben Biester zwischenmenschliche Kommunikation auf standardisierten Einheitsbrei reduziere. Ein ‹Ich hasse emoticons›-Kollektiv existiert dementsprechend in nahezu jeder Sprache. Bemerkenswert sind auch die Bestrebungen einiger YouTube-Pioniere. Auf den Punkt gebracht wird das Ganze beispielsweise von User ‹britpoppansy›. ‹Fuck you, you stupid smilies!› in gefühlten 180 Dezibel ist nichts mehr hinzuzufügen. Und was sagt Gründervater Fahlman dazu? Auf seiner Website nimmt er Stellung zur Lage der gesichtsfixierten Nation. Und entzieht sich jeglicher Schuld am Sprachverfall seiner Zöglinge. Er beklagt lediglich die seit einigen Jahren anhaltenden Tendenzen, sein Ursprungs-‹Emoticon› − zur Erinnerung: das seitwärts gelesene Lachgesicht − mit dem noch viel bildhafteren, gelben Smiley zu ersetzen. Es nehme ihm die sympathische Schrulligkeit …
Eine Generation auf Entzug
Tatsächlich zeichnet sich unterdessen latentes Abhängigkeitsverhalten seitens der hauptsächlich pubertierenden Anhängerschaft ab. Glaubt man der Facebook-Gruppendynamik, scheint ein recht grosser Anteil der SmileyJungschar keine Unterhaltung mehr ohne ihre gottgleichen gelb-kolorierten Sprachbuttons führen zu können. ‹I can’t type without using smileys anymore...›, ‹I use the smileys :D, xD, -.-. O.o, :3 religiously and on a daily basis :D› und ‹If smiley’s were a language I would be fluent› sollen wohl Frischfleisch anfixen und an das Gemeinschaftsgefühl appellieren. Gleichzeitig wird ambitioniert nach Ausreden gesucht. Diejenigen, die Zugeständnisse wagen, versuchen in der Regel den Härtegrad ihrer Hörigkeit zu verharmlosen: ‹I use smileys to soften harsh sounding texts.› oder ‹I Use Smileys To Make Sure My Messages Dont Look Rude :-) › lassen auf doch recht bedenkliche Missstände schliessen. Ob es an Feingefühl, Worten oder Intellekt mangelt, entscheidet hier einzig die Perspektive. Allgemein bekannt ist hingegen, dass Betroffene ihr eigenes Verkinki report
halten in der Regel nicht als anders oder ungewöhnlich empfinden. Verleugnung könnte man das nennen. Und die wiederum ist unfehlbares Indiz für Abhängigkeit. Mittlerweile werden innerhalb des Online-User-Service-Centers erste Massnahmen ergriffen, um der Masslosigkeit Einhalt zu gebieten. Die AnleitungsPlattform ‹wikiHow› lancierte beispielsweise das Tutorial ‹Wie man weniger Emoticons benutzt›. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Nur ein Spiel
Eine Generation auf dem Pfad zum kulturellen Freitod? Ganz so dramatisch ist es dann doch nicht. Wie schon vermutet, bestätigt Kultur- und Theaterwissenschaftler Professor Jörg Wiesel ‹mildernde Umstände›. Jede Generation habe ihre eigene Art und Weise, Gefühle mittels Zeichen zu verdeutlichen. Sprich: Was dem 2011er-Spross sein Twitter-Account ist, war dem Flapper-Mädchen ihr Ausdruckstanz. Grosstante Hilde sass 1956 bestimmt auch auf Ihrem Bett und hat dem Liebsten über Stunden in
Wo Körperlichkeit fehlt, wird eine unmittelbare Reaktion eben schwierig. den Telefonhörer geseufzt. Das Zwinkersmiley ersetzt ein Lachen, das tränenreiche gelbe Kreis-Animé den vor Rotz triefenden Schluchzer. Bereits im 18. Jahrhundert studierten Schauspieler und Tänzer Gesten und Bewegungen ein, um ein bestimmtes Gefühl körperlich darzustellen. Die Strategie ist also nie ganz neu, das Medium allerdings fast immer. ‹Es ist ein Spiel›, meint Wiesel. Die Regeln bleiben plusminus dieselben, die Bühne und die Requisiten wechseln. Es handelt sich um ein Lexikon der Gefühle, aus dem sich der Protagonist nach persönlichem Gusto bedienen darf. Und wo Körperlichkeit fehlt, wird eine unmittelbare Reaktion eben schwierig. Man mag dem verzeihen, der zwischendurch mit etwas Bequemlichkeit liebäugelt. Es ist wie mit jeder guten Droge: das Mass machts aus. Wenn also das ‹Emoticon› die Crackpfeife der ‹Zeichen›-Junkies ist, dann kostet ruhig von Zeit zu Zeit davon. Ihr könntet es mögen. Für alle anderen: Die nächste Revolution kommt bestimmt ; )
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Muir Vidler
Israeli Death-Metal Prostitute-Girls and Boys – TranssexualBeach-Party! Yes, I’m lovin’ it!
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‹Hi, my name is Muir. I’m a photographer, originally from Scotland, but now based in London. I’m working on a project called «Everything is True», the idea being to photograph some «cultural contradictions» – the Israeli death metal scene, a beauty pageant in Libya, ageing rebels and mavericks, transsexuals and strippers in Istanbul. And the motivation behind the project is just the basic artistic one: to celebrate the beauty of the world …›
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‹This was taken at this boy’s circumcision party in Male, The Maldives. Its a Muslim custom. It was in a private house but I had walked in there thinking it was a bar. Later I was coerced to dance in front of the crowd.›
‹Outside my in Hoxton Square. The square turns into a massive al fresco toilet on a friday and saturday night.› kinki kunst
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‹Swastika Pete and Surfer Steve, shot in my living room in London.›
‹Miss Net America meeting the head of the Libyan Women’s Military Academy in Tripoli.› 91
‹The Sahra Club in Istanbul. The transsexuals that go there loved being photographed – not so much the guys though›
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‹Chief Joe of the Insect Tribe from Papua New Guinea visiting a family in Wales. This is the first time he’d ever seen snow. He thought it was «like sand, but colder». It was nice hanging around with someone who’s not on Facebook …›
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blattmacher die weite welt des prints
Printmacher sind auch Printliebhaber, deshalb erkunden wir monatlich die Welt der Druckmedien und entdecken Magazine, die spannende oder auch schräge Themen aufgreifen. Zum Beispiel das Promi-Magazin Hate aus England. Interview kinki magazin: ‹The anti-celebrity read›: Woher kommt dieser Unmut, gar Hass, gegen die Stars und Sternchen? Calvin Holbrook: Ursprünglich ist Hate eine Verarschung von Heat und der steigenden Promi-Begeisterung der Bevölkerung. Es ist eine Plattform für Humor, der den meisten Magazinen fehlt, und es kratzt am Ego der Berühmtheiten. Die Gehässigkeit ist aber reine Parodie. Ich habe keinerlei Gefühle – weder positive noch negative – für die meisten Stars. Es geht nur um den Spass und die Lacher der Leser.
Name: Hate Herausgeber / Ort: Calvin Holbrooks, London Auflage: 500 Erscheinen: unterschiedlich Gründungsjahr: 2003 Thema: Anti-Promi-Kultur, Calvin Holbrook’s Kunst, hinterhältiger Klatsch Vertrieb: UK, Berlin, Spanien, USA
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latsch ist zwar längst Kommerz, der Künstler Calvin Holbrook kümmert sich jedoch im eigenen Magazin Hate auf ungewohnte Weise um die neusten Gerüchte. Denn trotz seiner hohen Promi-Dichte ist Hate kein normales ‹Klatschheftli›, das im nächsten Coiffeursalon auf seine Leserschaft wartet. Im unregelmässig erscheinenden Hate trifft Tratsch auf Trash: Calvin Holbrook schnippelt und klebt prominente Gesichter auf unbekannte Geschlechtsteile, schreibt bissige Texte über die Sternchen-Welt und dekoriert das alles mit seiner Kunst. Das anarchische, selbstgemachte und unbekümmerte Design des Magazins soll das Ethos der 90er-Jahre widerspiegeln. Irgendwo zwischen Porno-Collagen und wilder Kritzelei blitzt auch der Grundgedanke des Magazins auf: Hate ist nicht voller Hass, sondern Spass und eine sanfte Rüge an die Prominenten mit ihrem unerträglichen Selbstbewusstsein. An Humor fehlt es Calvin Holbrook übrigens auch nicht, sich selbst würde er als ‹ebenso freundlichen wie pazifistischen Schisshasen› bezeichnen.
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Welches Sternchen wird es nie ins Heft schaffen? Naja, niemand ist sicher! Englische Sternchen wie Victoria Beckham, Kerry Katona und Jordan (Katie Price) sind eine leichte Beute und verführen zu kurzen Verbalattacken. Es ist aber viel spassiger, kurze, satirische Artikel über Leute zu schreiben, die ich aufrichtig mag oder bewundere. Übrigens: PJ Harvey ist eine Künstlerin, die ich sehr respektiere. Sie war noch nie im Hate und ich glaube kaum, dass sie es jemals sein wird. Andererseits ist sie trotz ihres Erfolges in meinen Augen keine Prominente. Wie beeinflusst das Hate deine eigene Beliebtheit? Keine Ahnung. Die meisten Freundschaften, die sich nach dem Start von Hate entwickelten, haben nichts mit dem Fanzine zu tun. Aber ich erhalte liebe Kommentare und ich habe tolle, kreative Leute durch das Hate kennengelernt. Wer sind deine Leser? Die Mehrheit ist aus England, aber es gibt auch Bestellungen aus den USA. Ich habe aber Leser aus ganz Europa und seit kurzem auch aus Japan. Alles Länder, in denen nicht Englisch gesprochen wird. Aber da das Heft sehr grafisch ist, könnte auch meine Kunst darin der Kaufgrund sein. Ich finde es per Mail heraus!
Weitere Info findet ihr auf hatemagazine.co.uk Text und Interview: Eva Hediger
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Wenn man sich einen Computerfreak vorstellt, denkt man unvermeidlich an einen unscheinbaren Typen, der sich nur selten aus seinem stickigen Zimmer traut und sich ausschliesslich von Tiefkühlpizza und Chips ernährt. Ob diese Attribute auf den Künstler Cory Arcangel zutreffen, wissen wir leider nicht. Klar ist aber, dass Arcangel für das Schaffen seiner Werke Hacker-Qualitäten haben muss. Und jede Menge Humor! Text: Rosita Holenstein, Fotos: Courtesy of the artist and Team Gallery, New York
Links: ‹CORY_ARCANGEL_HD›: Installation view of Cory Arcangel ‹Image is Everything› at Galerie Thaddaeus Ropac, Paris, 2010 Mitte: ‹Super Mario Clouds› Rechts: ‹sharper image_9691›: Drei Klavierstücke, op. 11, 2009, projection from a digital source dimensions variable
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or einem blauen Hintergrund ziehen kleine weisse Cumulus-Wölkchen in einer Endlosschleife vorbei. Und das war’s auch schon. Für die Videoinstallation ‹Super Mario Clouds› hat Cory Arcangel alte Nintendo-Spielkonsolen so umprogrammiert, dass von der bunten Gamelandschaft eines Super-Mario-Spiels nur noch die Wolken übrig blieben. Für ein anderes Werk wurden kurze Sequenzschnipsel aus YouTube-Amateurvideos so zusammengefügt, dass am Schluss Bachs ‹Goldberg Variation No 1›, Paganinis ‹Caprice No. 5› oder die ‹3 Klavierstücke› von Arnold Schoenberg erklingen. Und erst kürzlich programmierte Arcangel für eine Ausstellung 14 verschiedene Bowling-Videospiele so, dass die Kugel immer in der Rinne landet. ‹I am a 33 year old computer programmer, web designer, and artist and working in Brooklyn and this is my internet home. Welcome!!!!!!!!!!!!!!›, stellt sich Cory auf seiner Website selbst vor. Aufgewachsen in Buffalo, NY, studierte er klassische Gitarre und elektronische Musik am renommierten Oberlin Konservatorium in Ohio. Schon seit Beginn der Nullerjahre machte er mit verschiedenen künstlerischen Arbeiten auf sich aufmerksam, die er meist digital erschaffen hatte. Am bekanntesten dürften mittlerweile seine ‹getunten› Videospiele sein – doch Cory zeichnet auch, macht Videos, Skulpturen,
‹I am a 33 year old computer programmer, web designer, and artist and working in Brooklyn and this is my internet home. Welcome!!!!! !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!› Fotografien und Performances. Seine stets augenzwinkernden Spielereien mit der Technik kommen so gut an, dass schon mehrere Museen ihm Einzelausstellungen widmeten, unter anderem das Migros Museum in Zürich im Jahr 2005 und der ‹Hamburger Bahnhof› in Berlin im vergangenen Sommer. Selbst in die Sammlung des New Yorker MoMA haben es Corys Werke geschafft. Und um nochmals auf Corys sogenanntes Internet-Zuhause zurück zu kommen, seine Website: Die sieht auf den ersten Blick wirklich recht trist und nerdig aus. Unglaublich hässlich. Sozusagen das Gegenteil von einer durchgestylten Website, wie man sie von einem erfolgreichen Künstlers erwartet. Ein Besuch darauf stellt sich aber als ein wahres Vergnügen heraus. Weitere Info findest du unter coryarcangel.com.
Links: ‹sharper image_9480›: Photoshop CS: 110 by 72 inches, 300 DPI, RGB, square pixels, default gradient ‹Spectrum›, mousedown y=27450 x=6700, mouseup y=4800 x=13400, 2010, unique c-print, 110 x 72 inches
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Oben: ‹Arcangel_Bowling› & ‹Bowling Consoles›: Various Self Playing Bowling Games (aka Beat the Champ), 2011, hacked video game controllers, game consoles, cartridges disks, and video dimensions variable
Unten: ‹Arcangel_Bowling› & ‹Bowling Consoles›: Various Self Playing Bowling Games (aka Beat the Champ), 2011
internationale beziehungen städter sind netter
Der beste Städtetrip ist nur halb so spannend ohne die wertvollen Tipps der Einheimischen oder Hängengebliebenen. Diesen Monat haben wir die aufstrebende israelische Musikerin Liron Meshulam in Tel Aviv besucht. Fotos: Avishai Teicher und Tsvika Frosh
Der Flohmarkt in Jaffa
Ich liebe diesen Flohmarkt! Es ist der Mix aus hunderten Kulturen, der diesen Ort so einzigartig macht. Man findet eigentlich immer alles, was man sucht – wirklich alles. Es gibt auch viele Vintage-Kleider und viele meiner Möbel habe ich da gekauft. Ausserdem verkauft Abu Hasan den besten Hummus in Israel!
Der Strand
Nur zehn Minuten mit dem Fahrrad von meiner Wohnung entfernt liegt der Strand von Tel Aviv. Die Beste Zeit, dorthin zu gehen ist im Sommer, wenn es so heiss ist, dass dein Hirn anfängt zu schmelzen. Das kühle Wasser, der weiche Sand und die warme Brise sind das Einzige, was mich dann entspannen lässt. Und im Winter kann man die farbenfrohen Sonnenuntergänge geniessen.
Adresse: Jaffa, Yefet Street
Die Strassen von Florentine
Die Westküste Israels
Florentine ist eine aussergewöhnlich riechende, unabhängige und lustige Nachbarschaft. Es war der erste Ort, an dem ich mich zu Hause gefühlt habe, nachdem ich aus meinem Elternhaus ausgezogen bin. Es ist voll von wunderschönen Graffiti, alten und neuen Geschäften. Viele junge Leute machen hier Kunst und das Viertel verändert sich ständig. Leider wird hier zu wohnen immer teurer und wir müssen wohl bald umziehen. Adressen: Florentine Street, Frankel Street, Abarbanel Street
kinki internationale beziehungen
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Die 27-jährige Musikerin Liron Meshulam lebt in Tel Aviv und hat soeben unter dem Künstlernamen Flora ihr erstes Album aufgenommen. Sie schreibt auch Musik für Tanztheater und unterrichtet Klavier und Gesang. ‹Ich liebe Tel Aviv! Es ist eine sehr liberale Stadt, mit viel Kunst und Kultur. Es gibt immer etwas Interessantes zu tun und man kann sehr gut essen und ausgehen. Alles was man braucht, ist ein Fahrrad›, sagt die junge Israelin über ihre Stadt. In ihrer Wohnung im Viertel Florentine hat sie ein kleines Studio, in dem sie unterrichtet, Musik aufnimmt oder einfach für sich ist. Und neue Pläne schmiedet, wie man gewisse Dinge in ihrem Land verändern könnte.
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Vor 20 Jahren zog eine Künstlergruppe in eine T-ShirtFabrik ein. Heute sind die Temple Bar Gallery + Studios Dreh- und Angelpunkt der Kunstszene Dublins. Es folgt die Geschichte der grössten unabhängigen Künstlerorganisation Irlands. Und gleichzeitig ein bisschen Stadtgeschichte. Text: Franziska von Stieglitz
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itten im nachtaktiven Künstlerviertel Temple Bar steht die unabhängige Künstlerbastion, die in den letzten 20 Jahren das kulturelle Gesicht Dublins deutlich formte. ‹1983 wurde die Temple Bar Gallery und die dazugehörigen Studios von einer Künstlergruppe gegründet›, erzählt Studio Supporter und Marketing Officer Rayne Booth, ‹in einer umfunktionierten alten TShirt-Fabrik gestalteten sie damals die Räume. So entwickelten sie Studios, Galerien und eine grosse Do-It-Yourself-Bewegung in der damaligen Kunstszene der Stadt›. Für Kreative war damals das Viertel Temple Bar besonders interessant, erstens weil es durch die freien Fabrikflächen viel Platz bot, zweitens waren die Mieten billig. Die ‹Left Bank›, die linken Parteien, florierten zu jener Zeit in Dublin und trugen ihren Teil dazu bei, dass die Temple Bar zum kulkinki schauplatz
teilnahme jedes Jahr auch eine Plattform für Künstler aus aller Welt. Eine Zusage für die jährlich offene Ausschreibung, die immer im Frühling stattfindet, ist aufgrund der beliebten Ausstellungsfläche und des offenen Wettbewerbs inzwischen zu einer beliebten Herausforderung auf dem Kunstmarkt geworden. Nur 10 Künstler stehen quasi auf dem ‹Olymp der Ausstellungsfläche›. ‹Die lebenslangen Mitglieder waren massgeblich an der Gründung der Temple Bar Gallery beteiligt und werden ihr Leben lang dafür Teil von TBG+S sein. Daraus resultiert nebenbei ein vorteilhafter Austausch zwischen den jungen Künstlern und jenen, die seit mehr als 30 Jahren im Geschäft sind› erklärt Rayne Booth. Diesen Herbst zu sehen ist der irische Künstler Martin Healy. Er präsentiert unter dem Ausstellungstitel ‹The Inhabitant› zwei Filme, die er Anfang 2011 drehte. Im Oktober und November wird
turellen Zentrum Dublins ernannt wurde. Heute ist TBG + S (Temple Bar Gallery + Studios) ein Komplex aus 30 Künstlerstudios mit einer grossen Hauptgalerie. Inhaber und Leiter der Organisation sind Künstlermitglieder der Studios, ein unabhängiges Kunstprojekt, das in dieser Form bis heute einmalig ist in Irland.
Demokratische Kunst Heute ist die Temple Bar Gallery ein touristischer Hotspot für Kunstund Kulturinteressierte, mit einer starken Künstlerbewegung, die sich durch neuartige und experimentelle Arbeiten auszeichnet. Als Künstlerorganisation ist sie ein Beispiel demokratischer Galerieführung: Seit 2010 organisiert ein Gremium von vier Kuratoren die Ausstellungen der Galerie, das jedes Jahr neu gewählt wird. Trotz des Kulturimperiums, das die TBG + S über die Jahrzehnte erbaute, ist die Ausstellungs-
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eine Gruppenausstellung mit dem Titel ‹Conquested› ausgestellt, die von Aoife, (einem ehemaligen Gremiumsmitglied) kuratiert wird. Ab Mitte Dezember zeigt Liam O’Callaghan seine neuen Installations- und Fotografiearbeiten und ab Februar wird die Ausstellung ‹Lights, Camera, Action›, von Mary Cremin kuratiert, die Film- und Kinoproduktionen in Installationen thematisiert. Fotos: Temple Bar Gallery + Studios Fotos im Uhrzeigersinn: Innen- und Aussenansicht der TBG + S Gallery Gallerie und Studios mit Werken von Joy Gerrard; ‹Salt› von Aoife Desmond (2011); Still aus ‹Fugue› von Martina Healy (2011) Temple Bar Gallery + Studios 5 – 9 Temple Bar, Dublin 2, Ireland Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 11 – 18 Uhr Weitere Info unter templebargallery.com
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Fotografie Tsvika Frosh, Veronique Hoegger, Jonas Lindström, Michael Meier, MFS, Andrew Myers, Björn Stephan, Rico Scagliola, Yves Suter, Avishai Teicher, Daniel Tischler, Muir Vidler, Ellen Warfield
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Illustration Nadja Abanin, Lisette Berndt, Beni Bischof, Sarah Haug, Patric Sandri, James Turek, Chefredaktion Online florence.ritter@kinkimag.ch
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foto des monats Freigetränke, wie sie beim vergangenen kinki Apéro im Zürcher Club Blok spendiert wurden, entfalten immer wieder diese magischen Kräfte, die bewirken, dass die Kamera am nächsten Morgen mehr lustige Andenken an den Abend besitzt als das eigene Erinnerungsvermögen. Oder auch, dass solch grandiose Momente als Hahn im Korb für immer digital gespeichert und hiermit sogar auf Papier gebannt bleiben. Gell, Antonio?
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