Der lila Guga Petra Wimmer
Am Horizont geht eine Tßre auf und der Lila Guga kommt heraus. HORIZONT – Das ist das Band zwischen Himmel und dem Land, dort wo die Luft auf den Boden greift, dort wo der Himmel die Erde streift.
Der Guga spaziert den Weg entlang, die Sonne scheint ihm auf den Bauch und auf seine Ohren auch.
SchÜn ist`s in der Menschenwelt! In dieser Welt, die ihm so gut gefällt, spaziert er in aller Ruh, spaziert auf wen Besond`ren zu.
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Türme, Tiere, Torten, Kuchen füllt die Pia mit dem
„Lila Guga heiße ich, hast du Zeit für dich und
Sand und setzt diese an den Rand. In der Sandkiste
mich?“, fragt sie der Irgendwer und kommt ein
spielt Pia gerne, da hört sie Schritte aus der Ferne.
Stückchen näher her.Pia schaut ihn lange an, weil sie
Diese Schritte kommen näher her, kommen von
es nicht glauben kann, schließlich sagt sie dann:
einem großen, lila Irgendwer.
„Lila, das gefällt mir sehr ich back` dir einen Kuchen, bitte sehr.“ Pia füllt die Kuchenform mit Sand und kippt sie in die große Gugahand. Guga sperrt den Mund weit auf, mhhh, er freut sich schon darauf. Pia ruft: „Stopp, du sollt doch nur so tun als ob!“ Doch schon schluckt der lila Guga munter, den ganzen Sandkuchen hinunter. Gleich verzieht er das Gesicht, er schüttelt sich und spricht: „Nein, der Kuchen schmeckt mir nicht!“ „Oh“, ruft Pia und sie lacht, „so war das aber nicht gedacht.“
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„Lieber Guga“, sagt die Pia macht verlegen einen Schritt, „Es ist Zeit ins Haus zu gehen, weißt du was – ich nehm` dich mit!“ Pia und Guga gehen ins Haus,
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Pia zieht sich die Schuhe aus. Guga schaut sich seine Füße an, nein da sind keine Schuhe dran. Mama kommt und sie versteht es nicht, mit wem Pia in der Garderobe spricht.
„Mama, ich habe meinen Freund, den Lila Guga mitgebracht, der bleibt bei mir heut über Nacht.“ Der Lila Guga, denkt Mama und lacht, da hat sich Pia wieder was ausgedacht! Ja, die Großen, die können die Guga nicht sehen. Ja die Großen, die können nicht einmal verstehen, dass sie den Guga nicht sehen.
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Nach dem Spielen so wie immer geht Pia in das Badezimmer. Wie sie mit dem lila Guga so beim Waschbecken steht, erklärt sie, dass mit Wasser und Seife der Schmutz runtergeht. Für Guga macht das keinen Sinn:
„Der Schmutz, wo geht der hin?“
Doch bevor Pia etwas sagen kann, fängt er schon zu überlegen an.„Die roten Wuckerl, die gelben Patzerl, die grünen Fleckerl und die braunen Dreckerl die schlüpfen durch die kleinen Löcher da, aller klar? Dann rutschen sie munter das Wasserrohr hinunter. Das kleine Rohr führt in ein Großes rein und dort sammeln so Boote – es sind sicher rote – den Schmutz wieder ein. Richtige Haltestellen gibt es auf der Fahrt durchs Wasserrohr, wie bei einem Bus oder einem Zug stellt sich Guga das vor. Die Wuckerl, die Patzerl, die Fleckerl und Dreckerl, die steigen dann irgendwo aus. „Ja“, ruft Pia begeistert, „und ich trag` sie dann wieder nach Haus!“ 13
An diesem Abend macht Pia alles allein, putzt sich die Zähne und schlüpft in ihr Nachthemd hinein. Richtet für den Guga ein Bett am Boden her und borgt ihm zum Schlafen ihren Teddybär. Gibt ihren Eltern einen schnellen Kuss und sagt, dass sie jetzt schlafen muss. Kaum ist sie mit dem Guga allein, fällt ihr schon wieder etwas ein: „Schau doch, sind die Sterne heute nicht schön, die schauen uns zu beim Schlafen geh`n.“ „Ja“, sagt Guga und er legt sich nieder, „die Weißen Zwerge und die Roten Riesen, mir gefällt das immer wieder.“ Pia ruft: „WO!“ und sie ruft: „WER! Guga, komm zum Fenster her!“ Guga steht auf, sieht zum Himmel hinauf und eine Geschichte nimmt ihren Lauf. „Milchstraße nennt man die Straße dort oben, weit im Himmel droben. Die glitzert und glänzt“, sagt der Guga und lacht, „denn die ist aus Sternenstaub nicht aus Milch gemacht. Die Roten Riesen, die sind
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groß und schwer und wandern auf der Straße umher.
„Eine gute Frage wirklich war, nur die Antwort die ist ziemlich
Ihre großen Füße stampfen schwarze Löcher in die
sonderbar. Tja, wir Guga`s leben hinterm Horizont, im Gugaland und
Glitzerstraße rein, doch zum Glück sind sie dort oben
kommen durch eine Türe an der Himmelswand. Am Horizont kannst du
nicht allein. Die Weißen Zwerge, die sind auch noch da!
die Türe sehen, wollen wir heute dorthin gehen? “
Die kommen eins, zwei, drei mit ihren Schubkarren herbei und schaufeln in aller Ruh` die schwarzen Löcher wieder zu. Und stell` dir vor, die Zwerge, die schimpfen sie Riesen gar nicht, denn was kann denn der Riese für sein Riesengewicht! Die Riesen sagen dann:
„Danke, ich habe dich gern“, und pflücken den Zwergen vom Himmel einen Glitzerstern. Bald in der Früh wird Pia munter und beugt sich vom Bett hinunter. Sie kann es kaum erwarten mit dem Guga in den Tag zu starten. Doch der schläft noch, liegt ganz still, obwohl sie ihm doch eine Frage stellen will. Da hört sie Gugas freundliche Stimme auch schon sagen: „Verschiebe niemals deine Fragen. Die Fragen sind zum Fragen da, das ist doch sonnenklar!“Erfreut sieht ihn die Pia an und sagt sodann: „Guga, wo genau kommst du denn her, das interessiert mich wirklich sehr?“
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Ein Ausflug mit dem Guga, alles klar, natürlich sagt die Pia „Ja“. Nach dem Frühstück wandern die zwei los, machen Schritte klein und groß, lachen reden, freu`n sich bloß. Doch dann bleibt die Pia stehen: „Guga, kannst du das nicht sehen! Der Horizont, der kommt nicht näher her, ich bin müde, ich kann nicht mehr!“ Pia setzt sich nieder auf die Steine und reibt sich ihre müden Beine. Guga hockt sich gleich daneben und versucht ihr Mut zu geben.
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„Schau das kleine Schneckentier, das braucht viel länger noch als wir.“
Pia brummt: „Die Schnecke kommt sowieso nie an, weil sie den Horizont gar nicht sehen kann.“ Der Guga hüpft auf und schreit, „Pia, du bist so gescheit, für die Schnecke ist es nicht so weit!“ Doch die Pia, die hört gar nicht hin, für sie macht das keinen Sinn. „Bitte“, ruft Guga, „bitte sehr, leg dich zu mir her! Leg dich auf den Bauch so wie die Schnecke auch.“
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„Das dauert noch viele Jahre lang, bis ich durch diese Türe gehen kann.“ Vielleicht sollte ich das erklär ‘n, das mache ich gern: Du wirst älter und größer und wächst jedes Jahr. Ich höre dich schon sagen: „Das ist doch klar!“
Ja? Auch der Guga wird älter genauso wie du, nur das Wachsen gehört bei ihm nicht dazu. Er wird kleiner, immer kleiner, ganz klein, ich höre dich schon sagen: „Das kann doch nicht sein!“
Nein?
Wie so liegen die zwei, kommt wie durch Zauberei der Horizont näher herbei. So nah, sie können ihn fast greifen, diesen Erde-Himmel Zauberstreifen. „Pia, kannst du die Türe sehen, durch diese Türe werde ich wieder gehen“, erklärt der Guga. Pia schaut den Guga an und hält ihn fest: „Guga, ich will nicht, dass du mich verlässt. Außerdem ist die Türe viel zu klein, da passt du sowieso nicht rein.“ Guga legt die Hand auf Pias Kopf, er streichelt ihren blonden Schopf: 22