So macht die Hexe nicht mehr mit Petra Wimmer
„So macht die Hexe nicht mehr mit“ „SO macht die Hexe nicht mehr mit“ ist ein Kinderbuch ab fünf Jahren, welches sich Rollenbildern, Klischees und Stereotypen widmet und diese gründlich durcheinander bringt. Die Hexe will ihre vorgesehene Rolle nicht mehr spielen und gibt dies mitten in einer Vorführung des Kasperletheaters zu verstehen. „Nein, ich will nicht mehr die Böse spielen“, erklärt die Hexe den anderen Figuren, die daraufhin vor der Herausforderung stehen die Geschichte ohne „gut versus böse“ weiterzuspielen. Den Figuren gelingt es ihr Bühnenstück trotzdem zu einem tollen Ende zu bringen und ihr Publikum zu begeistern.
Geschrieben und Illustriert von Petra Wimmer www.petractive.at
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„SO-Geschichte“ – Allgemeine Erklärung: „SO-Geschichten“ befassen sich auf humorvolle Art mit Themen wie Vielfalt, Ausgrenzung, Zivilcourage und Vorurteile. Die Geschichte spielen in einem Kasperletheaters, denn wo sonst sind die Rollenbilder verfestigter und klischeehafter, als auf der Bühne des Kasperltheaters. In den „SOGeschichten“ werden diese Rollenbilder gründlich durcheinander gebracht und regen Kinder an diese zu überdenken und zu hinterfragen.
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s passierte mitten in der Aufführung des Kaspertheaters. Der Kasperl erzählte den Kindern gerade, dass er einen Korb voller Erdbeeren gepflückt hatte, um für die Prinzessin einen Kuchen zu backen. Die Prinzessin hatte nämlich Geburtstag – nicht wirklich, nur in der Aufführung! Da erschien die Hexe! Zuerst war alles so wie immer. Sobald die Kinder die Hexe auf der Bühne sahen schrien sie so laut sie konnten: „Kasperl pass auf, die Hexe!“ und die Kinder schrien auch: „Vorsicht, die Hexe“ oder die Kinder schrien einfach: „Uahhhh, die Hexe!“ Und dann passierte es:
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Die Hexe LÄCHELTE und sagte mit FREUNDLICHER Stimme: „Kasperl, soll ich dir helfen den Kuchen zu backen?“ Kasperl wäre vor Schreck fast der Korb mit den Erdbeeren aus der Hand gefallen, er starrte die Hexe mit offenem Mund an. Also fragte die Hexe nochmals: „Brauchst du Hilfe beim Kuchen backen?“ „Aber…, du willst doch die Erdbeeren in grausliche, schwarze Spinnen verhexen…“, stammelte der Kasperl verwirrt. „Wieso sollte ich das tun?“, fragte die Hexe freundlich. Und weil Kasperl immer noch kein Wort herausbrachte, redete die Hexe fröhlich weiter: „Ich habe ein Rezept von einem leckeren Erdbeerkuchen. Ein ganz einfaches Rezept, das habe ich erst letzte Woche ausprobiert. Und obwohl ich Spinnen nicht im Geringsten grauslich finde, verstehe ich nicht warum ich die Erdbeeren in Spinnern verhexen soll. Mit Spinnen kann ich doch keinen Kuchen backen!“ Krokodil, Prinzessin, Räuber und Polizist warteten während dessen hinter der Bühne auf ihren Auftritt.Alle vier starrten zur Bühne hinauf und konnten es nicht fassen. Sie waren fast so verwirrt, wie die Kinder und Erwachsenen, die vor der Bühne saßen.Die Hexe hatte einfach ihren Text verändert! Das Krokodil, die älteste Figur, schrieb die Geschichten für die Vorstellungen und wusste genau, dass die Hexe eigentlich etwas ganz anders sagen sollte.
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Sie waren fast so verwirrt, wie die Kinder und Erwachsenen, die vor der Bühne saßen.Die Hexe hatte einfach ihren Text verändert! Das Krokodil, die älteste Figur, schrieb die Geschichten für die Vorstellungen und wusste genau, dass die Hexe eigentlich etwas ganz anders sagen sollte.
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Jetzt erholte sich das Krokodil am schnellsten von diesem Schreck, es holte geschwind das PAUSEN-Schild und flitzte damit zur Bühne. „Liebe Kinder, jetzt gibt es eine Pause!“, rief das Krokodil den staunenden Kindern zu. Dem verwirrten Kasperl und der lächelnden Hexe flüsterte das Krokodil zu: „Besprechung hinter der Bühne, zack, zack!“ Hinter der Bühne fand der
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Kasperl seine Worte wieder und jammerte los: „Was soll das Hexe? Wieso hast du die Erdbeeren nicht verhext? Was sollen die Kinder jetzt denken? Bist du total verrückt? ...“ Die Hexe saß auf der großen Kiste und sagte kein Wort. „Jammern bringt jetzt nichts“, meinte das Krokodil,
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„Die Vorstellung muss weiter gehen! Wir müssen STRATEGISCH denken!“„Wie soll ich denken? STRAGISCH? Ich weiß gar nicht was das ist?“, murmelte der Polizist.
„STRATEGISCH“, besserte der Räuber den Polizisten aus und erklärte ihm was das bedeutet. Währenddessen hatte Krokodil schon eine Idee wie es
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weitergehen könnte: „Wir spielen so weiter, dass die Hexe den Kasperl hilft den Kuchen zu backen und dann verhext sie den Erdbeerkuchen in einen schleimigen Giftkuchen, nein besser in einen matschigen Schlammkuchen oder... „NEIN“, unterbrach die Hexe, „ich will nicht mehr die Böse spielen!“
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„Was!“, rief die Prinzessin, „Hexen und Räuber sind immer Bösen, das war schon immer so! Das kannst du doch nicht einfach ändern! „Genau“, stimmte der Polizist zu, „stell dir doch mal vor die PRINZESSIN würde was Böses tun oder der RÄUBER würde mich einsperren, weil ich was angestellt habe! Das wäre ja wie,…wie blaue Bananen!“ Der Räuber grinste, ihm gefiel der Gedanke den Polizisten ins Gefängnis zu stecken und blaue Bananen wären sicher interessant. „Nein, nein, nein das geht wirklich nicht!“, jammerte der Kasperl schon wieder. „Na gut“, meinte das Krokodil, „dann hilft die Hexe dem Kasperl den Kuchen zu backen und der Räuber stiehlt dann den Kuchen.
„NEIN“, rief der Räuber „ich will auch nicht mehr den Bösen spielen!“
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„Ujujuju“, jammerte Kasper, „was machen wir denn jetzt?“„Am besten du hörst jetzt mal zu Jammern auf, Kasperl!“, beschwerte sich die Prinzessin „NEIN!“ rief das Krokodil, „Ich weiß was! Der Kasperl hört NICHT zu Jammern auf, denn er hat schreckliche Bauchmerzen! Ja, er hat die ganzen Erdbeeren
aufgegessen und jetzt hat er Bauchschmerzen …und er leidet …und er jammert. Das kann er ja so gut. Und er braucht eine ganz besondere Medizin, um wieder gesund zu werden. Ja genau, er braucht, ...er braucht...
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sagen wir ein Kraut, das ganz schwer zu finden ist und das heißt..., das heißt... Rüsselkaut, nein doch nicht es heißt...„STRAGISCH-Kraut!“, rief der Polizist dazwischen. „Gut“, meinte das Krokodil, „Nennen wir es Stragisch-Kraut. Sagen wir, das Stragisch-Kraut wächst nur ganz oben im Baum und nur die Hexe kennt dieses Kraut. Sie findet es und der Räuber holt das Stragisch-Kraut vom Baum herunter und wir heilen damit den Kasperl. Dann feiern wir alle zusammen den Geburtstag der Prinzessin. Na wie klingt das für euch?“ Hexe und Räuber gefiel diese Geschichte ausgezeichnet. Auch der Polizist war zufrieden, immerhin hatte er den Namen für das Kraut bestimmt. Die Prinzessin war einverstanden, sie wünschte sich aber noch, dass alle verkleidet zu ihrer Geburtstagsfeier kamen. Und der Kasperl,… ja der jammerte ein bisschen, aber
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sicher übte er schon für die weitere Vorstellung. Und so ging es nach einer langen, langen Pause weiter. Ganz anders als geplant. Der Kasperl jammerte, als hätte er sein Leben lang dafür geübt. Er spielte diese neue Rolle großartig. Die anderen Figuren machten sich auf die aufregende Suche nach dem Stragisch-Kraut. Der mutige Polizist meint dazu: „Ja, wir werden unseren Kasperl natürlich helfen, immer einsatzbereit – wie man bei der
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Polizei so sagt. Wir werden uns auf den Weg machen, um ein Heilkraut fßr den Kasperl zu finden. Der Weg wird sicher schwierig und gefährlich, aber wir kennen keine
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Angst.“ „Ja genau, weder der wilde, reißende Urwaldfluss noch der steile Kraterberg machen uns Angst!“, sagt die Prinzessin „Was ein Urwaldfluss und ein Kraterberg!“, ruft der Polizist jetzt, „es könnte sein, dass ich doch ein bisschen Angst habe.“ Trotzdem entscheidet sich der Polizist mitzugehen, auch wenn er ein bisschen Angst hat. Die Figuren machen sich also auf den Weg, um das Stragisch-Kraut zu finden und dem Kasperl zu helfen. Die tapferen Figuren überqueren den wilden, reißenden Urwaldfluss. Zum Glück ist das Krokodil ein guter Schwimmer und kann allen anderen sicher über den Fluss bringen. Kurz danach stehen die fünf vor einem hohen, gefährlichen Kraterberg mit den vielen tiefen Schluchten. Der Berg ist so hoch, dass das Krokodil überlegt wieder umzudrehen. „Krokodile sind doch keine Kletteraffen“, meinte es und blickt besorgt zum Gipfel hoch. Doch die anderen Figuren versprechen zu helfen, zu ziehen, zu schieben und anzutauchen und so wagte auch das Krokodil den Anstieg. Gemeinsam können sie den Berg bezwingen. Hinter dem Berg sind die Figuren noch nie gewesen und sie verirren sich im dichten Wald. Es ist schon dunkel geworden und sie entscheiden sich, im Wald zu übernachten. Die mutigen Abenteurer verbringen dicht aneinandergedrängt eine Nacht im Wald. Am nächsten Tag findet die Hexe nach kurzer Suche den Baum mit dem Stragisch-Kraut. Alle sind erleichtert und freuen sich. Der Räuber beginnt sofort auf den Baum zu klettern und schafft es das
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Kraut ganz oben in den Ästen zu pflücken. Sofort machen sich die Figuren wieder auf den Heimweg zum Kasperl, sie klettern über den Berg und überqueren den Fluss so schnell sie können. Dabei mussten Sie einen tiefen Fluss durchqueren, über einen hohen Berg klettern,sie verirrten sich und
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mussten eine Nacht im Wald verbringen, und schlieĂ&#x;lich fanden sie das Stragisch-Kraut. Die Bauchschmerzen vom Kasperl wurden geheilt und alle feierten zufrieden, gesund und verkleidet den Geburtstag der Prinzessin.
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Und die Kinder, die waren begeistert! Nach der Aufführung hörte die Hexe wie sich drei Kinder unterhielten. „Ich bin die Hexe!“, rief ein Kind. Ein anderes Kind sagte: „Ja, und ich bin der Räuber und du bist der Kasper!“ „Ach nein“, sagt das dritte Kind, „ich will auch die Hexe sein!“
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Weitere SO-Geschichten auf www.petractive.at „SO passt der Igel nicht dazu“ Die Crew des Kasperltheaters wird um eine Figur erweitert, einen stacheligen, frechen Igel, der so gar nicht in das Bild der anderen Figuren passt.... „SO hat das der Räuber nicht gemeint“ Zwischen meinen, sagen, verstehen und tun liegen Welten, das müssen die Kasperlfiguren auf witzige Art und Weise erkennen......
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