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Das Amtsgericht

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THEMA: Kommt das Grundeinkommen?

Aus dem Amtsgericht Theorieprüfung

Nein, Deutscher!“, fällt Mehmet Öztürk (Name v. d. Red. geändert) der Richterin fast ins Wort, als sie ganz zu Beginn des Verfahrens seine Personalien abgleicht und feststellt, er sei türkischer Staatsbürger. Wegen Urkundenfälschung und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis steht der Endvierziger in Blankenese vor Gericht. Anfang des Jahres hatte eine Polizeistreife ihn erwischt – unterwegs auf einem Roller nach Rissen.

Öztürk erzählt, dass er seinerseits betrogen worden sei. Tausend Euro habe er 2019 investiert, um in Warschau seinen Führerschein zu machen, nachdem er in Deutschland drei Mal durch die Theorie gefallen sei. Ein Mann mit weißem Haar und einem schwarzen Anzug, der sich Mustafa nannte, habe ihn am Bahnhof abgeholt. Drei Stunden pro Tag habe er auf einem Golf IV Fahren geübt und einen Führerschein erhalten, der sich jedoch als gefälscht herausstellte.

Bereits 2020 war Öztürk bei einer Kontrolle damit aufgefallen. Er habe gewusst, dass er etwas vorzeige, was hier nicht akzeptiert wird, wirft die Richterin ihm vor. Das dürfe auf keinen Fall wieder vorkom- men, sonst müsse man über eine Freiheitsstrafe nachdenken.

Im Gegensatz zur Staatsanwältin, die jegliche Beweise in Form von E-Mails oder Zahlungsbelegen vermisst, glaubt die Richterin dem Angeklagten seine Geschichte mit dem Betrug in Warschau. Sie konzentriert sich darauf, wie es denn sonst so im Leben des Angeklagten aussieht.

16 Jahre Schule, dann Hauptschulabschluss („Ich will nicht lügen, Frau Richterin, ich war faul.“), bei REWE gearbeitet. Seine Frau habe sich von ihm getrennt, einer der Söhne arbeitet bei LIDL. Über die Zeitarbeit habe er jetzt eine neue Stelle als Vorarbeiter in Wilhelmsburg in der Müllverbrennungsanlage gefunden, die er bald antritt. Öztürk zeigt eine Monatskarte mit Wertmarken von März bis Mai vor. Das soll aber nur eine temporäre Lösung sein – den Führerschein will er in einer Fahrschule in Wedel auf jeden Fall noch einmal versuchen und „danach noch den LKW-Führerschein“.

Weil er jetzt nur mit einem Roller und nicht mit einem Auto gefahren war und damit das Gefährdungspotential geringer, verurteilte die Richterin ihn glimpflich zu einer Geldzahlung von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro und der Übernahme der Prozesskosten.

Harriet Schwerin

Auch in diesem Monat geht es um die Veränderung der Arbeitswelt, ausgelöst durch die technischen Neuerungen der künstlichen Intelligenz. Einen Bericht zum derzeitigen Arbeitsmarkt finden Sie ab Seite 16 dieser Ausgabe. Ein Aspekt war mir aber zu spekulativ. Stichwort Grundeinkommen. Die Idee zirkuliert seit Jahrzehnten und gewinnt an Dynamik. Ein bedingungsloses Grundeinkommen, bei dem jeder Bürger den gleichen Betrag erhält, widerspricht aber der zentralen Doktrin unseres Wirtschaftssystems. Wer es einführen will, scheitert unweigerlich an ideologisch motiviertem Widerstand. Wie solch ein Scheitern aussieht, kann man in den USA beobachten. Dort wird noch der leiseste Versuch, die desolate Situation der Krankenversicherung zu lösen, als „communism“ diffamiert und ist damit so tot wie Karl Marx persönlich.

nischen Pferds auftauchen. Bereits heute gibt es einen ganzen Strauß an sogenannten Transferleistungen, bei denen also Staatshilfe ohne Gegenleistung erbracht wird, in Form von Zahlungen, Sachleistungen, Vergünstigungen etc. Dazu gehört die Sozialhilfe ebenso wie das Kindergeld und auch das BAföG (nicht aber beitragspflichtige Leistungen wie die Rente). Die Gesamthöhe all dieser Transfers ist gewaltig und beträgt nach Berechnung der Bundesregierung über 1,1 Billionen Euro pro Jahr. Misst man die gesamte Wirtschaftskraft des Landes am Bruttoinlandsprodukt (3,87 Billionen), dann wird die Dimension klar. Es ist übrigens ein Mythos, dass nur die armen Schichten von Transferleistungen profitieren. Wer hat, dem wird gegeben – das gilt auch hier, wie die Süddeutsche Zeitung bereits 2020 ausrechnete. Ein Modellsingle mit einem Jahresbruttoeinkommen von 50.000 Euro erhielt demnach rund 9.100 Euro vom Staat. Hier machen die Transfers also bereits fast 20 Prozent des Einkommens aus.

„Wer hat, dem wird gegeben –das gilt auch hier.“

Die Vorstellung nun, dass wir in 20 Jahren ein anderes Wirtschaftssystem haben, das nicht mehr der kapitalistischen Logik gehorcht, erscheint mir utopisch. Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte daher nur in Gestalt eines Troja-

Meine These ist nun, dass die Summe dieser Transfers zunächst weiter zunimmt und die Anzahl einzelner Leistungen ebenso. Denken wir an Heizkostenzuschüsse der Bundesregierung, also an Zuschüsse als Antwort auf aktuelle Krisen. Was, wenn sich so eine Krise verfestigt? Dann könnten auch die entsprechenden Zuschüsse dauerhaft werden. Bereits heute können all diese Transfers im Einzelfall ein Niveau erreichen, das die Bezeichnung Grundeinkommen rechtfertigen würde. Ich könnte mir also gut vorstellen, dass sich das ideologisch so vehement bekämpfte Schreckgespenst als Transfer getarnt einschleicht. Ob das Gespenst dann seinen richtigen Namen erhält, wird in der Folge keine große Rolle mehr spielen.

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