klokwerk #1 »Neu«

Page 1

Ausgabe » N 0 4

/

e 2

0

#  1 u  « 1 3


k lok werk #1

2

Die Welt ver채 nder t sic h und wir t un es auc h .


3

N

I n halt Zurück aus der Versenkung: Die Wiederbelebung alter Marken

4 – 5 Google Glass: Hype und Anti-Hype

6 – 7

Emotionales Marketing und was daran wirklich neu ist

10  – 11 Die Ankündigung der Ankündigung

12  – 13 Der neue Krieg der Sterne

Das Neusprech der Unternehmensberater

8 – 9

14  – 15

e

u


k lok werk #1

4

Marken, die sich vor einigen Jahrzehnten nicht mehr am Markt behaupten konnten, können heute wieder tüchtige Zugpferde für das Marketing sein. Sie profitieren dabei sowohl von einer außergewöhnlich lang anhaltenden Retrowelle als auch von der Sehnsucht der heutigen Konsumgeneration nach den Produkten ihrer Kindheit.


5

N

DIe rüCkkehr Der

genügte ein Schnapsgläschen Tri Top und das gesamte

hoseNtAsCheNtorte

Glas war erfüllt von Waldmeister-, Himbeer-Aroma

»Kleine Torte statt vieler Worte« lautete in den 80er

oder anderen Geschmacksrichtungen. Dazu kam die

Jahren ein berühmter Slogan der Fernsehwerbung.

extravagante Form der Glasflaschen, die Lavalampen

Angepriesen wurde den meist begeisterten Zuschauern

zum Verwechseln ähnlich sahen. Tri-Top-Fans verwen-

dabei das berühmte Yes Torty, eine eigentümliche

deten den dickflüssigen Sirup nicht nur zum Anrühren

Mischung aus Schokoriegel und Kuchen in verschiedenen

von Getränken, sondern auch als Soße für Süßspeisen,

Geschmacksrichtungen, die es in diversen Super-

etwa über Eis oder trockenem Kuchen. Dennoch ver-

märkten und bei Discountern zu kaufen gab. In der

schwand das Produkt mangels Nachfrage Ende der

Werbung war Yes vor allem ein Objekt des Trostes.

80er Jahre vom Markt. Nachdem der Markenschutz

Wenn alles schief läuft, wenn Unglück, schlechtes

abgelaufen war, sicherte sich die Firma DS-Produkte

Wetter und harte Schicksalsschläge einem den Geburts-

Dieter Schwarz GmbH den Markennamen und stellte

tag vermiesen, hilft immer noch ein Yes Torty, so die

den Sirup ab 2003 nach neuem Rezept her. Nicht nur

Botschaft. Den ersten Knacks bekam dieses wunderbar

wurden Teile des Zuckers dabei durch Süßstoff ersetzt,

heimelige Image im Jahr 1998 durch Untersuchungen

auch musste die charakteristische Glasflasche einer

des WDR-Fernsehmagazins Servicezeit. Eifrige Journa-

neuen PET-Kunststoffflasche weichen. Trotz anfänglich

listen konnten in einem Yes-Törtchen (Geschmacks-

hohem Zuspruch musste das Unternehmen Mitte Juli

richtung Karamell) 0,25 Gewichtsprozent Alkohol

2009 Insolvenz anmelden. Seit 2010 besitzt die Rosen-

nachweisen. Zwar erklärte Hersteller Nestlé seinerzeit,

heimer Firma DrinkStar GmbH die Rechte an Tri Top.

die geringen Mengen an Alkohol seien mit denen in

Der Sirup wird nach wie vor verkauft, konnte allerdings

anderen Lebensmitteln wie Fruchtsäften oder Kefir

nicht mehr an seine frühen Erfolge anknüpfen – es ist

zu vergleichen und daher ernährungsphysiologisch

bei Marken eben nicht anders als bei Musikern:

zu vernachlässigen, aber das Yes-Image aus der Werbung

Irgendwann leben sie nur noch vom Ruhm vergangener

hatte einen Knacks. Noch weiter zurück ging der Verkauf

Tage.

als Aldi und weitere Supermärkte das Produkt aus dem Sortiment nahmen und es durch No-Name-Klone

AutheNtIzItÄt Al s sChlü s selreIz

ersetzten. 2003 wurde Yes schließlich eingestellt. Bis

Wie Yes Torty und Tri-Top-Sirup zeigen, können

Oktober 2010 war das berühmte Torty dann jeweils für

Wiederbelebungsaktionen bei Marken sehr unter-

kurze Zeit wieder auf dem Markt bevor es den Riegel

schiedlich verlaufen. Über Erfolg oder Misserfolg ent-

ab April 2011 wieder dauerhaft gab. Nestlé übernimmt

scheiden zweifellos mehrere Faktoren. Es kommt im

dabei nur noch die Markenführung – Produktion und

Kern darauf an, dass es der Marke gelingt, ihren alten

Vertrieb liegen nun beim Soester Gebäckunternehmen

Charme auch heute noch zu transportieren. Dabei ist

Kuchenmeister. Der Wiedereintritt des Yes-Törtchens

es hilfreich, alte Designs und Markenauftritte nur

in den Markt ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte,

sehr behutsam und im Detail anzupassen und keine

schließlich erfreuen sich heute wieder alt und jung an

grundlegenden Eigenschaften zu verändern. Tri Top

der »kleinen Torte«. Ein bisschen verträglicher geworden

stammt aus einer Zeit, in der Plastikflaschen und Süß-

ist diese jetzt übrigens auch: Sie wiegt nur noch 32 und

stoffe für die Deutschen Absonderlichkeiten aus den

nicht mehr 38 Gramm. Bislang verzichteten Enthüllungs-

USA waren. Das Produkt ließ sich damit einfach nicht

journalisten auf eine Überprüfung des Alkoholgehalts.

verbinden. Natürlich hatte sich aber auch der Getränkemarkt stark verändert – Limonaden müssen heute

DAs l AvAl AmpeN sIru p

unbedingt auch in einer Light- oder Sport-Version

Auch der Getränkesirup Tri Top weckt bei vielen

erhältlich sein und Jugendlichkeit und Frische aus-

Kindern der 60er, 70er und 80er Jahre Erinnerungen.

strahlen. Dagegen vergeht die wohlige Wärme eines

Zum Anrühren eines Getränks mit Wasser oder Milch

kleinen Karamell-Kuchens offenbar nie.

e

u


k lok werk #1

6

Goog le G l a s s: Hy pe u nd Anti - Hy pe Es klingt zunächst wie schiere Science Fiction: eine computergestützte Erweiterung der Realität – die Anreicherung dessen, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen, mit Informationen aus dem virtuellen Raum. Eine Vorreiterrolle bei der Erforschung von Geräten, die sich die Möglichkeiten von Augmented Reality zu Nutze machen, hat Google. Das Produkt: Die Datenbrille »Google Glass«.

Der Terminator für unterwegs

Augmented Re alit y al s

Schon seit Jahrzehnten sind mit dem grundlegenden

Alltagsre volution

Prinzip von Augmented Reality zumindest all Jene

Die Datenbrille »Google Glass« stellt derzeit den

vertraut, die sich mit fiktionalen Geschichten diverser

umfassendsten Versuch dar, Augmented Reality in

Literaten und Drehbuchschreiber beschäftigen. Wenn

den menschlichen Alltag zu integrieren. Google ist als

Arnold Schwarzenegger den Terminator verkörpert,

Unternehmen seiner Rolle als Suchmaschinenbetreiber

sieht dieser auf der Kinoleinwand nicht nur seine

längst entwachsen und die Verantwortlichen um CEO

komplett in rot getauchte Umgebung, sondern auch

Larry Page schicken sich an, die Art, wie wir mit elektro-

ergänzende Informationen. Was könnte ich, der Termi-

nischen Helfern mit unserer Umwelt interagieren, zu

nator, in einer bestimmten Situation sagen? Wie

revolutionieren. Google Glass ist eine Brille mit Micro-

schnell fährt das Auto, das ich mir gerade ansehe? Wo

Display und Kamera, die nicht nur schlank sein und

bin ich eigentlich genau und was war nochmal meine

gut aussehen soll. Mit der Brille soll der Nutzer Informa-

heutige Tagesaufgabe? Diese und weitere Fragen muss

tionen wie Navigationshinweise oder Wetterberichte

sich ein Terminator nicht stellen – denn er bedient

abfragen, aber auch Videokonferenzen durchführen

sich einer erweiterten Realität: Augmented Reality.

können – natürlich via Sprachsteuerung und immer

Was James Cameron nicht wusste, als er im Jahr 1984

und überall. Auch für Marketing-Anwendungen eröffnet

Arnold Schwarzenegger in die Rolle des Androiden

die Brille ungeahnte Möglichkeiten – müsste doch der

aus der Zukunft steckte: In den nächsten 30 Jahren

Anwender nicht mehr länger sein Smartphone aus der

würde sich dieser Entwurf der Realitätswahrnehmung

Tasche holen und die Kamera vor ein bestimmtes Produkt,

durch eine Menschmaschine als tatsächlich umsetz-

einen Flyer oder einen Straßenzug halten um in den

bares Konzept erweisen.

Genuss der erweiterten Realität zu kommen. In Kombination mit bestimmten Apps könnte sich der Kunde so etwa beim täglichen Einkauf den Zuckergehalt seiner Frühstückscerealien in sein Sichtfeld einblenden lassen, Hinweise auf bestimmte Sonderangebote inklusive.


Eine entsprechende Applikation wird derzeit vom US-IT-Riesen IBM entwickelt. Auch technisch soll Google Glass überzeugen. Babak Parviz, bei Google zuständig für das Projekt, spricht im Interview mit dem US-Technologie-Magazin »Wired« von einem starken Prozessor und hoher Speicherkapazität – bei

»Stop the Cyborgs«

nur einem Drittel des Gewichts eines durchschnittlichen

Vor allem die Technik-Szene im Internet sieht

Smartphones. Entsprechend zuversichtlich für die

Google Glass inzwischen aber durchaus auch kritisch.

Zukunft zeigt sich auch Googles Produktmanager

Waren sich bei Aufkommen der ersten Gerüchte um

Steve Lee: »Meiner Erwartungshaltung nach wird es

das Projekt noch alle sicher, Google Glass werde »das

in drei bis fünf Jahren seltsam und peinlich aussehen,

nächste große Ding«, gibt es inzwischen sogar eine

wenn wir jemanden sehen, der ein Objekt in seiner

Vereinigung namens »Stop the Cyborgs«, die die Daten-

Hand hält und darauf herunterblickt. ›Wearable Com-

brille öffentlich anprangert. Das grundsätzliche Problem:

puting‹ wird die Norm werden.« Tatsächlich käme

Das Gegenüber eines Google-Glass-Trägers hat keinen

Google Glass, sollte es sich im Markt durchsetzen, einer

Einblick darüber, was, wann und ob der Träger auf-

technischen Revolution gleich.

zeichnet – während bei der Benutzung einer Kamera oder eines Smartphones natürlich jeder eine entsprechende Handhabung sofort erkennen kann. Dass sich Google an dieser Kritik stören wird, ist indes nicht zu erwarten – der Erfolg von Google Glass bleibt abzuwarten.


k lok werk #1

8

C o m p e t I t I o N ke e p m ovI Ng forwArD wo I st De r mIss I Ng lI N k? Jo u r f IX C A N C e l N DA s wI rD t r I C k y

DA s N e u s pr eC h De r u Nte rN e h m e N s b e r Ate r »Damit stretchen wir die Brand Identity bis zum Breaking Point«, spricht der Markenberater am Ende seiner Präsentation vor dem Konzernvorstand. Was er damit meint, ist vielleicht nicht allen Anwesenden klar, aber es klingt gut, wissenschaftlich, irgendwie nach einer revolutionär neuen Idee. Der Berater spricht Beratersprech – eine Art businessbezogene Neuauflage von George Orwells Neusprech.


9

N

»Die Teile der Collection

automatisch in kontrollierte Bahnen gelenkt wird. An

miteinander combinen«

Aufstand sollen die Menschen so beispielsweise gar

Dabei ist Beratersprech nicht nur eine Angewohnheit.

nicht mehr denken können, weil ihnen dazu die Wörter

Die Verwendung solcher Sprachcodes hat auf ein Gegen-

fehlen. Im Neusprech werden unter anderem solche

über immer auch eine bestimmte Wirkung – ob dem

Wörter abgeschafft, die ein subjektives Empfinden

Sprecher das in diesem Moment bewusst ist oder

zum Ausdruck bringen und durch scheinbar objektive

nicht. Die Tatsache, dass etwas nicht in Alltagssprache

Wendungen ersetzt. Aus »wunderbar« oder »fantastisch«

ausgedrückt wird, suggeriert automatisch immer,

wird »plusgut« oder »doppelplusgut«, aus »schlecht«

dass es gar nicht in Alltagssprache ausgedrückt werden

wird »ungut«. Zusätzlich gibt es eine Vielzahl von

kann und dass es sich dementsprechend um ein beson-

Wortneuschöpfungen, die der im Roman herrschenden

ders komplexes Thema handeln muss. Sprache kann

Ideologie dienlich sind. »Doppeldenk« bezeichnet

Sachverhalte eben nicht nur erklären, sondern auch

etwa die Fähigkeit, zwei Denkweisen, die sich eigentlich

verschleiern. Dass sich hauptsächlich Berater dieser

widersprechen, gleichzeitig als wahr zu akzeptieren,

Sprachcodes bedienen, mag zwar stimmen, bedeutet

ein »Gutdenker« ist eine Person ohne Gedanken gegen

aber nicht, dass Beratersprech ihre Erfindung ist. Im

das Regime.

Gegenteil stammt eines der frühesten dokumentierten Zitate im Beraterjargon von der Modeschöpferin Jil

Verkomplizierung gegen

Sander, die im Jahr 1996 in einem Interview erklärte:

Vereinfachung

»Mein Leben ist eine Giving-Story. Für den Erfolg war

Während Beratersprech also eigentlich simple

mein coordinated Concept entscheidend, die Idee,

Vorgänge durch komplexe sprachliche Wendungen

dass man viele Teile einer Collection miteinander

kompliziert erscheinen lässt, geht es bei Neusprech

combinen kann. Aber die Audience hat das von Anfang

eher darum, bestimmte Dinge gar nicht mehr ausdrücken

an auch supported.« Dabei ist Beratersprech nicht nur

zu können. Es ist dementsprechend natürlich nicht

einer Sache der oft falsch verwendeten Anglizismen:

angebracht, Liebhabern von Businesssprachcodes

Auch Projekte werden nicht mehr einfach umgesetzt,

ähnliche Ambitionen zu unterstellen wie der allmäch-

sondern aufgegleist, Software wird gerne nicht mehr

tigen Partei in 1984. Skepsis ist dennoch auch bei

installiert, sondern aufgespielt, Philosophien, Prozesse

Beratersprech nicht fehl am Platze. Häufig ist alles

und neuerdings sogar Autos werden schlicht gelebt.

eben doch viel einfacher als gedacht. Wer das Ad Budget streamlinen will, möchte schlichtweg den Werbeetat

»Doppeldenk ist plusgut«

kürzen, wer zuerst an die low hanging Fruits will,

Als George Orwell in seinem Roman 1984 die aus

möchte lieber den einfachen Weg gehen und wer etwas

politischen Gründen modifizierte Sprache »Neusprech«

asap aufgleisen will, möchte einfach nur so schnell

entwarf, hatte er natürlich keine übereifrigen Berater

wie möglich alles nötige veranlassen.

im Kopf, sondern einen brutalen Überwachungsstaat, der die Alternativvariante zum »Normalsprech« bewusst installiert und allen verordnet hat. Ziel von Orwells Neusprech ist es, die Zahl und das Bedeutungsspektrum der Wörter so zu verringern, dass die Kommunikation

e

u


k lok werk #1

10


11

N

Ob bewusst oder unbewusst: Emotionale Faktoren spielen bei jeder Kaufentscheidung eine wichtige Rolle. Erst wenn der Kunde mit einer Marke nicht nur einen bestimmten praktischen Nutzen, sondern auch ein Gefühl verbindet, war eine Marketing-Kampagne wirklich erfolgreich. Seit einigen Jahren ist in einschlägigen Fachmedien daher verstärkt die Rede von »emotionalem Marketing«. Doch wie neu ist diese Entwicklung eigentlich?

Verl as s Dich dr auf!

wie beim Kontakt mit einem geliebten Menschen.

»Wir müssen endlich eine Bindung zum Kunden

Kein Wunder, dass es da nicht hilft, wenn Konkurrent

aufbauen!« »Wir müssen unsere Marke emotionalisieren.«

Samsung noch so oft beschwört, die bessere Technik

Aussagen, die in den Marketing-Abteilungen vieler

und Software sowie den günstigeren Preis anzubieten –

Unternehmen an der Tagesordnung sind. Wie eine

gegen wahre Liebe ist eben einfach kein Kraut gewachsen.

Marke wirklich emotional aufgeladen werden kann, wissen dagegen nur wenige – oft geschieht genau das

Z wischen Be ziehungskiller und

auch über einen gewissen Zeitraum hinweg völlig unab-

echter Liebe

sichtlich. Als Konsumenten agieren wir heute täglich

Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass Mar-

mit Dutzenden von Marken. Zu vielen haben wir tat-

keting immer eher positive Gefühle auslösen will als

sächlich bereits eine emotionale Bindung, wir assozi-

negative. Eine Kampagne, die Unwohlsein oder Zorn

ieren mit ihnen Werte, die wir sonst vielleicht nur mit

auslösen will, funktioniert höchstens in der Politik –

Menschen verbinden, die uns nahe stehen. Die Marke

und auch dort nur in fragwürdigen Zusammenhängen.

Tempo strahlt Verlässlichkeit aus, mit Zwieback von

Dennoch gibt es Ausnahmen: Der Slogan »Mein Haus,

Brandt verbinden wir Heimatgefühle – beides verhält-

mein Auto, mein Boot« will beispielsweise bewusst

nismäßig alte Marken. Wie neu ist also emotionales

Neid entstehen lassen, Bausparkassen und Versiche-

Marketing wirklich?

rungen arbeiten immer wieder mit dem Gefühl der Sorge und Zukunftsängsten, um so bei ihrer Zielgruppe

»Wenn Du kein iPhone hast,

ein spontanes Sicherheitsbedürfnis entstehen zu lassen.

hast du kein iPhone .«

Zigarettenmarken setzen dagegen heute hauptsächlich

Wissenschaftler haben heute die Möglichkeit, mit

auf ein Gefühl von Gelassenheit, Entspannung und

Hilfe von Computertomographie ziemlich genau zu

innerer Ruhe. All diese Formen von emotionalem

messen, welche Marken Gefühle auslösen und sogar

Marketing gab es vor 50 Jahren schon genauso wie

um welche Gefühle es sich dabei handelt. Die Unter-

heute. Die Königsklasse, das bewusste Auslösen von

suchungen förderten Erstaunliches zu Tage. Nicht die

Liebesgefühlen beim Verbraucher, ist dagegen wirklich

Tatsache, dass wir mit bestimmten Marken Gefühle

relativ neu. Wer darauf setzt, sollte jedoch immer

verbinden ist neu, sondern die Gefühle selbst haben

beachten, dass selbst innigste Liebesbeziehungen

sich geändert. Während eine Marke vor 30 Jahren vor

manchmal auseinander gehen – nach herben Enttäu-

allem die Ansprüche des besagten Taschentuchs oder

schungen beispielsweise. Wer mit einer Marke also

Zwiebacks erfüllen mussten, machen es heutige Marke-

eine solch emotionale Beziehung zu einem Kunden

teers nicht mehr unter wahrer Liebe. So zeigen die

aufbaut, muss auch bereit sein, täglich an dieser

Untersuchungsergebnisse beispielsweise, dass die

Beziehung zu arbeiten.

Gefühlswelt eines Apple-Fans beim Anblick eines neuen iPhones ganz ähnliche Purzelbäume schlägt

e

u


k lok werk #1

12

DI e AN kü N DIg u Ng De r AN kü N DIg u Ng Wenn ein Medien- oder Elektronikkonzern heute ein neues Produkt, einen neuen Film oder ein neues Spiel auf den Markt bringt, ist es nicht mehr üblich, einfach nur ein Erscheinungsdatum zu nennen. Stattdessen bauen findige Marketing-Abteilungen über Trailer und kleine Informationshäppchen so viel Spannung auf wie irgendwie möglich. Eine einfache Produktankündigung gibt es nicht mehr – stattdessen wird nun die Ankündigung selbst angekündigt.


13

N

DIe Ipres s CoNfereNCe

Tag der offiziellen Ankündigung schließlich gekommen

Auf einer einfachen Pressekonferenz stellt Apple

war, saßen europäische Gamer schon derart unruhig

schon längst keine neuen Produkte mehr vor. Für die

auf ihren Stühlen, dass sie sich bereitwillig die Nacht

wartenden Journalisten gibt es dort bestenfalls einige

um die Ohren schlugen, um der per Livestream über-

Zahlen oder kleinere Neuigkeiten zu Programm-

tragenen Präsentation folgen zu können. Problematisch

updates. Außerdem werden die Tage genannt, an denen

wird eine solche Strategie nur dann, wenn Unternehmen

echte, große Ankündigungen folgen sollen. Denn das

die großen Erwartungen nicht erfüllen können – tat-

neue iPhone, iPad oder MacBook braucht eine große

sächlich wurde bei der Sony-Präsentation nicht viel

Bühne und eine effektvolle Präsentation. Nur so be-

mehr gezeigt als das neue Gamepad der kommenden

kommt das Unternehmen aus Cupertino eigentlich

Playstation 4 und einige Spiele. Die Konsole selbst:

neutrale Journalisten dazu, lauthals zu jubeln. Hinter

Fehlanzeige! Ein offizielles Veröffentlichungsdatum

all dem steckt natürlich ein Kalkül – wenn Unternehmen

gab es ebenfalls nicht. Lediglich der Name »Playstation 4«

wissen, dass bestimmte Produkte mit einer gewissen

wurde noch offiziell bestätigt. Sowohl Fans als auch

Spannung erwartet werden, wird diese Spannung so

Journalisten zeigten sich im Anschluss teilweise des-

weit wie möglich gedehnt. Wenn ein Produkt dann

illusioniert, hatten sie doch mehr erwartet. Für Sony

schließlich veröffentlicht wird, hat sich darum längst

werden weitere Ankündigungsveranstaltungen jetzt

ein eigener Mythos gebildet, viele Anwender sind davon

zum PR-Balanceakt.

schon begeistert, ohne es je selbst benutzt zu haben. Davon zeugen auch eine Vielzahl an Bewertungen bei

z wIsCheN s pANN uNg uND

Shoppingportalen wie Amazon, die Nutzer bereits vor

eNt tÄusChteN erwArtuNgeN

Veröffentlichung einstellen.

Für Unternehmen besteht die größte Herausforderung darin, zu erkennen, ob die zu präsentierende Produkt-

4

neuheit wirklich den Erwartungshaltungen Stand

Apple ist längst nicht mehr das einzige Unternehmen,

halten kann, die ein längerfristig aufgebauter Hype

das sich solcher Strategien bedient. Bevor Sony im

erzeugt. Wer potenzielle Kunden mit Ankündigungen

vergangenen Februar seine Playstation 4 das erste Mal

von Ankündigungen auf die Folter spannt, lässt sie damit

offiziell ankündigte, ließ die PR-Abteilung Fans und

automatisch glauben, dass am Ende ein besonders

Journalisten regelmäßig wissen, dass die Ankündigung

innovatives, neues oder gar revolutionäres Produkt

kommen werde – zwar konnte Jedermann mutmaßen,

auf sie wartet. Ist das schließlich nicht der Fall, kann

was der japanische Technologieriese da präsentieren

die anfängliche Begeisterung ins Gegenteil umschlagen.

würde, eine Bestätigung gab es jedoch nicht. Als der

e

u


k lok werk #1

De r

De r

14

Neue

krI eg

ste rN e


15

N

Als im Oktober 2012 George Lucas den Lucasfilm-Konzern an Walt Disney verkaufte, gehörte die Ankündigung weiterer Star-Wars-Filme zu den ersten Verlautbarungen der neuen Eigentümer. Fans in aller Welt reagierten darauf teilweise schockiert bis erschüttert. Warum eigentlich?

Gebeutelte Fan s

Luke Sky walker meets Entenhausen

Star Wars ist ein weltweites Phänomen. Der erste

Jetzt also Disney. Nicht nur kündigte der Konzern

Kinofilm erschien im Jahr 1977, der bislang letzte im

sofort nach dem Lucasfilm-Kauf drei weitere Filme an,

Jahr 2005. Die popkulturellen Einflüsse der Doppel-

zusätzlich sollen nun auch Spin-Offs entstehen, die

Trilogie ziehen sich dabei durch alle Medien, die Fanbasis

die

ist riesig. Riesig und kritisch. Denn nichts findet ein

erzählen. Auch namhafte Regisseure hat der Unterhal-

Fan schlimmer, als wenn jemand Hand an seine heilige

tungskonzern dafür bereits verpflichtet. So soll die

Kuh legt. George Lucas, Schöpfer von Star Wars, hat

Fortsetzung »Episode 7« unter Federführung von

das mehrfach getan. Zunächst veröffentlichte er im

J.J. Abrams entstehen, der ausgerechnet für den letzten

Jahr 1997 die drei ursprünglichen Kino-Filme als

Star-Trek-Film verantwortlich war. Genug Aufreger

»Special Edition« neu. Neben einer grundsätzlichen

für Fans gibt es also. Vielleicht sollten sich die Verfechter

Restauration des Filmmaterials nahm er dabei auch

der »wahren« und »reinen« Star-Wars-Saga aber auch

eine Vielzahl von Änderungen am Inhalt des Films vor,

in Geduld üben. Disney hat bislang bei der Übernahme

fügte neue Szenen hinzu und schrieb alte geringfügig

neuer Marken eine erstaunliche Sensibilität bewiesen

um. Star-Wars-Fanatiker konnten schon damals nicht

– die Marvel-Filme um Iron Man, Captain America,

viel mit den Änderungen anfangen – zu aufgesetzt

Thor und den Hulk sind beispielsweise völlig frei von

wirkten die Computereffekte, zu undurchdacht die

Micky Maus und Donald. Über allem steht darüber

Ergänzungen bei der Handlung. Lucas war jedoch

hinaus die künstlerische Freiheit. Ein Fan, sei er noch so

noch längst nicht fertig mit Star Wars. Die drei neuen

leidenschaftlich, hat nie einen Anspruch darauf, dass

Star-Wars-Streifen, die ab 1999 erschienen, spielten

ein Film so aussieht, wie er sich das vorstellt – selbst

zeitlich vor den alten Filmen – das führte zu zusätzlichen

wenn er sich mit Online-Petitionen dafür stark macht.

Ungereimtheiten in der Geschichte. Schließlich entschloss sich der Star-Wars-Schöpfer noch zur Herausgabe einer DVD-Edition der alten Filme, in der abermals neue Szenen hinzugefügt und altes Filmmaterial überarbeitet sowie neu vertont wurde. Bald wurde es schwierig, noch den Durchblick zu behalten, welche Star-Wars-Filme gerade »offiziell gültig« sind.

Geschichten

einzelner

Star-Wars-Charaktere

e

u


Impres su m Herausgeber

klok GmbH & Co. KG Moltkestraße 15 90429 Nürnberg klok-agentur.de mail@klok-agentur.de Fachverantwortung und Chefredaktion

Patricia Staudacher-Sauer Redaktion

Markus Grundmann Konzeption und Gestaltung

Eva Gräßel Luis Caballero González


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.