Klinische Diätetik - Pankreas

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BVM&S, PhD, MRCVS, DipACVIM, DipECVIM-CA

Die Rolle der Ern채hrung bei der Pathogenese und Therapie von Erkrankungen des Exokrinen Pankreas

1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 H채ufig gestellte Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2 - Akute Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 H채ufig gestellte Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Di채tetische Informationen von Royal Canin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

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Pankreas

Kenneth W. SIMPSON


Pankreas

Die Rolle der Ernährung bei der Pathogenese und Therapie von Erkrankungen des Exokrinen Pankreas Kenneth W. SIMPSON BVM&S, PhD, MRCVS, DipACVIM, DipECVIM-CA Dr. Simpson erwarb seinen akademischen Grad des Bachelor of Veterinary Medicine und Science (BVM&S) 1984 an der University of Edinburgh. Nach dem Promotionsstudium (PhD) an der University of Leicester, wo er 1988 mit seiner Dissertation über die Funktion von Darm und Pankreas beim Hund promovierte, folgte die weiterführende klinische Ausbildung an der University of Pennsylvania und der Ohio State University. Zur Zeit ist Dr. Simpson Associate Professor an der Cornell University. Der Schwerpunkt seiner klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeit liegt im Bereich der Inneren Medizin und der Gastroenterologie.

D

as exokrine Pankreas spielt eine essenzielle Rolle bei der Verdauung und Resorption der Nährstoffe. Die azinösen Zellen des Pankreas produzieren und sezernieren die für die Verdauung von Fett, Proteinen und Kohlenhydraten verantwortlichen Enzyme Lipase, Trypsin und Amylase. Die Ductus-Zellen des Pankreas sezernieren Bikarbonat, das den für die Verdauungsund Resorptionsprozesse optimalen pH-Wert aufrechterhält, sowie den Intrinsic-Faktor, der die Resorption von Cobalamin (Vitamin B12) ermöglicht. Das exokrine Pankreas produziert des Weiteren bakteriostatische Peptide und Defensine, die die Darmflora im oberen Gastrointestinaltrakt regulieren und für die Integrität der Magen-Darm-Schleimhaut sowie für die Glukosehomöostase sorgen. Funktionsstörungen des exokrinen Pankreas sind charakterisiert durch einen Verlust an funktionellem Pankreasgewebe (exokrine Pankreasinsuffizienz) oder durch entzündliche Prozesse (Pankreatitis). Typische Symptome sind Diarrhoe und Gewichtsverlust bzw. schmerzhaftes Abdomen und Erbrechen. Dieses Kapitel beschreibt die Rolle der Ernährung bei der Pathogenese und Therapie von Erkrankungen des exokrinen Pankreas beim Hund.

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1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz

1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz Diagnose > Überblick Die Diagnose der exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI) erfolgt auf der Basis der Krankengeschichte in Verbindung mit dem klinischen Befund (Tabelle 1), nachdem Infektionen und Parasitenbefall sowie metabolische oder anatomische Ursachen von Dünndarmerkrankungen und Gewichtsverlust ausgeschlossen wurden. Die Diagnosesicherung stützt sich auf eine im TLI-Test festgestellte verringerte Trypsin-ähnliche Immunreaktivität, wie Westermarck & Wiberg (2003) vor kurzem ausführten.

Graue oder gelbliche Fäzes

99%

Große Kotmengen

95%

Kotabsatz > 3x /Tag

90%

Schlank bis kachektisch

90%

Häufige Flatulenz

88%

Diarrhoe mehrmals pro Woche

77%

Koprophagie

61%

Polydipsie

51%

Erbrechen

38%

Hautprobleme

Pankreas

TABELLE 1 - DIE HÄUFIGSTEN SYMPTOME DER EPI VERGLEICH ZWISCHEN 109 DEUTSCHEN SCHÄFERHUNDEN MIT EPI* UND 186 GESUNDEN DEUTSCHEN SCHÄFERHUNDEN

14% (kein Unterschied zur Kontrollgruppe)

(aus Raiha & Westermarck, 1989) * Exokrine Pankreasinsuffizienz

> Symptome Hunde mit EPI werden dem Tierarzt für gewöhnlich wegen chronischer Diarrhoe (große Mengen an gelblichen bis grauen Fäzes von pastöser Konsistenz) (Abbildung 1) und leichtem bis extremem Gewichtsverlust vorgestellt. Dabei besteht oft Heißhunger, aber auch Pica und Koprophagie. Manche Hunde zeigen zusätzlich ein stumpfes, struppiges Haarkleid (Haarausfall, Ekzeme, Schuppen) sowie Polydipsie und deutlichen Verlust an Muskelmasse.

> Zusätzliche Tests

• Klinisch-pathologische Untersuchungen Die Befunde von Blutbild und labordiagnostischen Basisparametern sind bei Hunden mit EPI eher unauffällig. Bei manchen Tieren sind erhöhte Werte für Alaninaminotransferase (ALT) oder verringerte Cholesterinspiegel zu beobachten. Eine Hypoproteinämie ist kein typischer Befund bei EPI und weist vielmehr auf eine Primärerkrankung des Dünndarms als Ursache der Diarrhoe und des Gewichtsverlustes hin.

© M. Weber

Polyurie und Polydipsie können in jenen Fällen von exokriner Pankreasinsuffizienz auftreten, die durch chronische Pankreatitis verursacht wurden und bei denen Diabetes mellitus als Komplikation hinzukam. Auch die Symptome eines akuten Abdomens aufgrund einer Torsion des Mesenteriums sind im Zusammenhang mit EPI beobachtet worden.

Abbildung 1 - Hunde mit exokriner Pankreasinsuffizienz setzen typischerweise oft große Mengen an pastösem (kuhfladenartigem), farblosem und stark übel riechendem Kot ab.

Besteht neben den typischen Symptomen der EPI zusätzlich Hyperglykämie und Glukosurie, sollte ein sekundärer Diabetes mellitus infolge chronischer Pankreatitis oder Pankreashypoplasie vermutet werden. 173


1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz

Die Serumkkonzentrationen von Cobalamin (Vitamin B12) und den Vitaminen A und E können bei Hunden mit EPI merklich verringert sein, während die Folsäurespiegel oftmals erhöht sind. Bei Hunden mit experimenteller Pankreasinsuffizienz waren die Serumkonzentrationen von Zink und Kupfer reduziert, die Serumsättigung mit Eisen und Transferrin jedoch erhöht.

• Spezifische Diagnose Die spezifische Diagnose der exokrinen Pankreasinsuffizienz erfolgt durch Nachweis einer verringerten Trypsin-ähnlichen Immunreaktivität (TLI) im Nüchtern-TLI-Test (Williams & Batt, 1988). Da man davon ausgeht, dass Serum-TLI ausschließlich vom Pankreas stammt, ist dieser Wert ein Indikator für die Menge an funktionsfähigem Bauchspeicheldrüsengewebe bzw. für das Vorliegen einer Entzündung des Organs. (Simpson et al., 1991).

Pankreas

Bei Hunden mit einer durch Pankreasatrophie oder chronische Entzündung verursachten EPI sind die in den Blutkreislauf sezernierten Mengen an TLI geringer als normal und die gemessene TLI-Serumkonzentration ist niedriger (Abbildung 2).

ABBILDUNG 2 - INTERPRETATION DER NÜCHTERNWERTE DER TRYPSIN-ÄHNLICHEN IMMUNREAKTIVITÄT (TLI) partielle EPI?

EPI

Referenzbereich

Serumkonzentration (µg/l)

2,5

5,0

35,0

Gesunde Hunde haben normalerweise TLI-Nüchternwerte von >5,0 µg/l (Referenzbereich = 5-35 µg/l), während die Nüchternwerte bei Hunden mit EPI aufgrund der reduzierten Menge an Pankreasgewebe unter 2,5 µg/l liegen. TLI-Werte zwischen 2,5-5,0 µg/l können normal sein oder auf eine partielle EPI weisen. In solchen Fällen sollte der Test nach entsprechend langer Nüchternphase (über Nacht) wiederholt werden.

DIAGNOSTISCHE FALLEN EPI muss klar von primären Intestinalerkrankungen abgegrenzt werden. Die Kombination von Diarrhoe, Gewichtsverlust, Heißhunger und relativ normalen Laborwerten sollte, insbesondere bei Rassen mit bekannter Prädisposition (z.B. Deutscher Schäferhund), immer an EPI als Ursache denken lassen (Abbildung 3 & 4). Das Vorliegen von Dickdarmdiarrhoe, häufigem Erbrechen, Blässe, Gelbsucht, Ödemen oder Aszites sollte Anlass sein, andere, wahrscheinlichere Differenzialdiagnosen in Betracht zu ziehen. Hypoproteinämie ist kein typisches Symptom bei unkomplizierter EPI und weist eher auf ein Eiweißverlustsyndrom (exsudative Enteropathie) hin. Verlassen Sie sich niemals nur auf das Ergebnis des TLI-Tests. Nur in Verbindung mit anderen typischen Symptomen der EPI ergibt die Diagnose „Exokrine Pankreasinsuffizienz“ Sinn.

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Liegen bei einem Patienten persistierend grenzwertige TLI-Konzentrationen vor, ist von partieller exokriner Pankreasinsuffizienz auszugehen, die sich im weiteren Verlauf zur kompletten EPI entwickeln kann (Wiberg et al., 1999a; Wiberg & Westermarck, 2002). Der TLI-Test ist ein einfaches und verlässliches Verfahren zur Diagnosesicherung bei EPI. Steht das Testergebnis jedoch nicht im Einklang mit den klinischen Symptomen des Patienten, ist die Wiederholung des Tests am darauf folgenden Tag am nüchternen Tier ratsam, um eventuelle Fehlerquellen an Probe, Handling oder Testdurchführung auszuschließen. Dysfunktionen wie die intraluminale Zerstörung der Pankreasenzyme (z.B. Hyperaziditätszustände wie bei Gastrinomen oder Mastzelltumoren) werden durch den TLI-Test nicht erkannt. Für diese Erkrankungen sind Symptome wie Hämatemesis und Ösophagitis diagnostisch und ermöglichen die Abgrenzung von der primären exokrinen Pankreasinsuffizienz.

> Algorithmus Die Differenzialdiagnosen der EPI umfassen verschiedene andere Ursachen von Dünndarmdiarrhoe und Gewichtsverlust (Tabelle 2).


1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz

Infektiös

Giardien, Histoplasmose, pathogene Bakterien (Salmonellen, Campylobacter), Phykomykosen, Mykobakterien

Metabolisch

Hypoadrenokortizismus, Leberkrankheiten, Nierenkrankheiten

Alimentär

Unverträglichkeit / Allergie

Exokrine Pankreasinsuffizienz

Primär oder sekundär Anatomisch

Partielle Obstruktion: Invagination, Fremdkörper, Neoplasie, Lymphangiektasie, kongenitale Anomalien

Entzündlich

Eosinophil, lymphoplasmazytär, granulomatös

Tumorös

Lymphosarkom, Adenokarzinom, Leiomyom, Fibrosarkom

Bakterielle Überwucherung

Sekundär, idiopathisch

Funktionell

Motilitätsstörungen, idiopathisch

Dünndarmerkrankungen

Pankreas

TABELLE 2 - DIFFERENZIALDIAGNOSEN ZUR CHRONISCHEN DÜNNDARMDIARRHOE

ABBILDUNG 3 - ALTERSVERTEILUNG DER EPI ZUM ZEITPUNKT DER DIAGNOSESTELLUNG (199 DEUTSCHE SCHÄFERHUNDE UND 102 HUNDE ANDERER RASSEN) (Ergebnisse sind dargestellt als Prozentsatz der Fälle pro Gruppe) (Aus: Hall et al., 1991)

Prozentsatz der Fälle

30

20

10

Deutscher Schäferhund Andere Rassen

0 <1

1-2

2-3

3-4

4-5

5-6

6-10

>10

Alter der Hunde (in Jahren)

ABBILDUNG 4 - HÄUFIGKEITSVERTEILUNG DER CANINEN EXOKRINEN PANKREASINSUFFIZIENZ NACH RASSEN (ANHAND VON 301 FÄLLEN VON EPI) (Ergebnisse in Anzahl von Hunden pro Rasse) (Aus: Hall et al., 1991)

Deutsche Schäferhunde Mischlinge

199

21 18 7 5 17

Cavalier King Charles Collies Terrier

34

Andere Spaniels Sonstige Rassen

Vor Ausbildung der Pankreasatrophie ist bei Deutschen Schäferhunden und bei Langhaar-Collies eine lymphozytäre Infiltration zu beobachten (Westermarck et al., 1993a; Wiberg et al., 1999b).

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1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz

Epidemiologie > Risikofaktoren

ABBILDUNG 5 - MIKROSKOPISCHE AUFNAHMEN DES PANKREAS BEI EPI AUFGRUND VON ATROPHIE DER AZINUSZELLEN UND CHRONISCHER PANKREATITIS

Eine Atrophie der Azinuszellen des Pankreas (PAA) ist wahrscheinlich die häufigste Ursache der exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI) beim Hund (Abbildung 3). Dies trifft vor allem für Tiere unter fünf Jahren zu, während bei älteren Hunden die durch degenerative Prozesse verursachte Pankreatitis eine höhere Inzidenz aufweist (Hall et al., 1991). Man geht davon aus, dass das Risiko, eine EPI zu entwickeln, bei Hunden mit chronisch rezidivierender Pankreatitis besonders hoch ist.

> Rassenprädisposition Pankreas

Eine exokrine Pankreasinsuffizienz ist bei vielen unterschiedlichen Rassen diagnostiziert worden (Abbildung 4). Von einer familiären Prädisposition für die Atrophie der Pankreasacini ist bei Deutschen Schäferhunden, Collies und Englischen Settern berichtet worden (Boari et al., 1994; Moeller et al., 2002; Westermarck, 1980; Wiberg, 2004). Da es unmöglich ist, die Ursache der Atrophie anhand von Pankreasgewebe im Endstadium zu identifizieren, wurden prospektive Studien zur Entwicklung der PAA bei Hunden durchgeführt. Im Zuge dieser Longitudinalstudien fand man heraus, dass bei Deutschen Schäferhunden und Langhaar-Collies mit subklinischer exokriner Pankreasinsuffizienz, die aufgrund der zirkulierenden TLI-Werte diagnostiziert wurde, bereits vor klinischer Manifestation der EPI eine deutliche lymphozytäre Infiltration des Pankreas zu beobachten war (Wiberg et al., 1999b, 2000; Westermarck et al., 1993a). Dies legt den Schluss nahe, dass die PAA eine autoimmunvermittelte Erkrankung sein könnte. Nicht nachzuweisen war hingegen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Mangel an trophischen Faktoren wie z.B. CCK oder Anti-Pankreas-Antikörpern und der Genese der PAA.

5A - Chronische Pankreatitis. Fibrose und Atrophie des Pankreasgewebes bei einem Hund mit sekundärer EPI nach Pankreatitis (x10; HE-Färbung).

5B - Lymphozytäre Entzündungsprozesse im Vorfeld der Entwicklung einer EPI bei Hunden mit familiärer Prädisposition zu Azinusatrophie (x40; HE-Färbung).

Rassen wie der Zwergschnauzer scheinen hinsichtlich der Inzidenz der rezidivierenden Pankreatitis überrepräsentiert zu sein und sind offenbar prädisponiert für die exokrine Pankreasinsuffizienz.

Pathophysiologische Mechanismen der EPI Die exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI) beim Hund ist in der Regel die Folge einer gravierenden Reduzierung des funktionellen Pankreasgewebes infolge einer Atrophie der Azinuszellen oder einer chronischen Pankreatitis (Abbildung 5). Eine Pankreashypoplasie mit daraus resultierender EPI und Diabetes mellitus ist bislang nur selten dokumentiert worden. Theoretisch ist die Entwicklung einer EPI sekundär nach folgenden pathologischen Prozessen möglich: - vermehrte Zerstörung oder verringerte Aktivität der Pankreasenzyme bei Patienten mit einer Säurehypersekretion - verminderte Produktion und Sekretion der Enzyme bei hochgradiger Malnutrition.

5C - Pankreasinselzellen (Insulinfärbung braun) umgeben von atrophischem exokrinen Pankreasgewebe; typischer Befund bei Hunden mit EPI. (Glukosetoleranz ist abnorm, reagiert aber auf Enzymsupplementierung – siehe Text) (x20; Insulin-spezifische Immunfärbung).

Bevor eine EPI klinisch manifest wird, muss es bereits zu einem extensivem Verlust (ca. 90%) an funktionellem exokrinen Pankreasgewebe entweder durch Atrophie oder chronische Entzündung gekommen sein (Simpson et al., 1992). Die vorherrschenden klinischen Symptome der EPI wie Diarrhoe, Gewichtsverlust und Heißhunger können direkt auf die verminderten intraduodenalen Konzentrationen an Pankreasenzymen, Bikarbonat und anderer zur Malassimilation von Fetten, Kohlenhydraten und Proteinen führenden Faktoren zurückgeführt werden (Abbildung 6).

Auch eine Malabsorption von fettlöslichen Vitaminen und Cobalamin sowie Veränderungen in der Zusammensetzung der Dünndarmflora sind bei Hunden mit EPI beobachtet worden und tragen offenbar zum klinischen Erscheinungsbild bei (Williams et al., 1987; Westermarck et al., 1993b; Adamama-Moraitou et al., 2002). Cobalamin liegt bei EPI-Patienten häufig (ca. 75% der Fälle) in defizitärer Konzentration im Serum vor. 176


1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz

Dies ist wahrscheinlich die Folge eines Mangels an Intrinsic-Faktor, einer gestörten Bindung des Cobalamins an den Intrinsic-Faktor (aufgrund eines ungeeigneten pH-Wertes im Darm oder eines Proteasenmangels) oder des bakteriellen Cobalaminabbaus (Abbildung 7) (Batt et al., 1989; Simpson et al., 1989a; Simpson et al., 1993).

ABBILDUNG 6 – PATHOPHYSIOLOGIE DER EXOKRINEN PANKREASINSUFFIZIENZ Osmotisches Potenzial

Bakterien

OH Gallensalze OH Fettsäuren

Pankreas

Unverdaute Nährstoffe

Enzyme HCO3 pH Intrinsic Faktor? Bakteriostat. Peptide ??

Pankreasenzymaktivität Gallensalzpräzipitation Folsäureresorption B12-Resorption

Wassersekretion im Kolon

Kotvolumen Steatorrhoe Creatorrhoe Amylorrhoe

Schädigung der Mukosa

Luminale und intraluminale Veränderungen bei exokriner Pankreasinsuffizienz im Überblick

ABBILDUNG 7 - COBALAMIN-RESORPTION BEIM HUND Nach der Nahrungsaufnahme wird Cobalamin im Leber Magen Pankreas Magen aus der Nahrung freigesetzt und an ein nicht-spezifisches Cobalamin-bindendes Protein mit Namen Haptocorrin gebunden, das im Speichel sowie im Magensaft enthalten ist. Der Intrinsic-Faktor (IF), ein Cobalamin-bindendes Protein, das die Cobalaminresorption im Gallenblase Ileum beschleunigt, wird bei Hunden im Magen und im Pankreas produziert. Die Affinität von Cobalamin ist bei saurem pH höher für Haptocorrin als für IF, so dass der Großteil des Cobalamin im Magen an Haptocorrin Zwerchfell gebunden wird. Im Duodenum wird Haptocorrin von den Pankreasproteasen gespalten, und Cobalamin Dünndarm wird vom Haptocorrin auf IF übertragen, ein Prozess, der durch die hohe Affinität von IF Portalkreislauf für Cobalamin bei neutralen pH-Werten gefördert wird. Die Cobalamin-IF-Komplexe passieren hepatobiliären Ursprungs wird gemeinsam mit dem den Darmtrakt, bis sie an spezifische Rezeptoren binden (früher als IFCR, seit kurzem mit Cubilin aus der Nahrung stammenden Cobalamin auf IF Cobalamin transferiert und über Rezeptoren wieder resorbiert. bezeichnet), die sich in den Krypten zwischen Haptocorrin So kommt es zur enterohepatischen Rezirkulation den Mikrovilli der apikalen BürstensaummemIntrinsic-Faktor (IF) des Vitamins. bran der Ileumenterozyten befinden. Cubilin Niedrige Serumkonzentrationen an Cobalamin Danach gelangt Cobalamin durch Transzytose Transcobalamin II (TCI) wurden beim Hund mit folgenden in den portalen Blutkreislauf und bindet an ein Gesundheitsstörungen in Zusammenhang Protein mit Namen Transcobalamin II (TC II), gebracht: exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI), das die Cobalaminresorption durch die Zielzellen schwere Darmerkrankungen, IF-Cobalaminvermittelt. Ein Teil des von den Hepatozyten Rezeptor-Anomalien und Krankheiten in aufgenommenen Cobalamins wird, gebunden an Verbindung mit intestinaler Abakterie z.B. bei Haptocorrin, rasch (binnen einer Stunde) wieder Darmlähmung. in die Galle sezerniert. Das Cobalamin

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1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz Pankreas

ABBILDUNG 8 - EPI- FALLSTUDIE: KASTRIERTE BOXERHÜNDIN, 7 JAHRE ALT Vorgeschichte und klinischer Befund - Gewichtsverlust (6 Monate), chronische Diarrhoe (>6x / Tag während 3 Monaten), Heißhunger - Abgemagert (Body Condition Score 1/5), im linken Nackenbereich und an rechter Flanke Hautknötchen von 3 mm - Therapie des überweisenden Tierarztes mit Fluochinolon (Enrofloxacin), Prednison (10 Tage) und Metronidazol brachte keine Besserung der Symptome.

Interpretation

Harnanalyse Spezif. Gewicht

1.041

pH Protein

6,5 ++ (aufgrund des spezifischen Gewichts ohne Bedeutung)

Kotuntersuchung Giardia negativ (ELISA ), Zinksulfat negativ. Im Ausstrich viele Clostridium perfringens-ähnliche Organismen

Blutschnelltest Hämatokrit

39%

Gesamtprotein

7,5 g/dl

Harnstoff

30-40 mg/dl

Glukose

86 mg/dl

TLI Cobalamin Folsäure

5,58 µg/l (5-25 µg/l) 184 pg/ml (175-550 pg/ml)

27 ng/ml (4-13 ng/ml)

Ultraschall: diffuse echoreiche Leber Thoraxröntgen: o.B.

Komplettes Blutbild Hämatokrit (%)

44

(42-57%)

Hautaspirate: Blut

MCV

74

(63-74 fl)

Leukozyten

8,1

(6,2-14,4 Tsd/µl)

Gerinnungstests: o.B. (Thromboplastinzeit, aPTT)

Neutrophile

6,6

(3,4-9,7 Tsd/µl)

Lymphzyten

1,4

(1,3-4,7 Tsd/µl)

Thrombozyten

475

(179-483 Tsd/µl)

Chronische Diarrhoe, Gewichtsverlust und Polyphagie weisen auf Maldigestion oder Malabsorption hin. Erhöhte Leberenzyme sprechen für eine primäre oder sekundäre Hepatopathie als Reaktion auf exogene Kortikosteroide oder eine Gastrointestinalerkrankung. Niedrige Cholesterolwerte treten bei Dünndarmerkrankungen, EPI oder Leberkrankheiten auf. Da keine weiteren Hinweise auf ein Leberproblem vorliegen (normales Gesamtprotein, normaler Blutharnstoff), sind die niedrigen Cholesterolwerte möglicherweise auf eine Magendarmerkrankung oder exokrine Pankreasinsuffizienz zurückzuführen. Der negative TLI-Test spricht gegen EPI als Ursache und lässt eine Intestinalerkrankung als Auslöser der hohen Folsäure- und niedrigen Cobalaminwerte vermuten. Aufgrund des drastischen Gewichtsverlustes wurde zur definitiven Diagnosefindung eine explorative Laparotomie durchgeführt, im Rahmen derer Biopsien von Gastrointestinaltrakt, Leber und Mesenteriallymphknoten genommen wurden. Bei der chirurgischen Intervention fand sich ein 10 cm großes verfilztes Stück Stoff im Magen und ein 6 cm großes Stoffstück im Jejunum. Da die Stoffteile jedoch keine Obstruktion des Darmlumens bewirkten, ging man davon aus, dass dieses Material durch Pica/Polyphagie aufgenommen wurde und nicht ursächlich an der Erkrankung beteiligt war. Die Magenwand war verdickt und die Bauchspeicheldrüse stark atrophisch.

Arbeitsdiagnose nach operativem Eingriff

Profile Albumin

3,9

(3,1-4,1 g/dl)

Globulin

3,0

(1,9-3,6 g/dl)

ALP

1130

(12-122 IE/l)

ALT

357

(25-106 IE/l)

GGT

33

(0-10 IE/l)

Cholesterol

106

(124-335 mg/dl)

Exokrine Pankreasinsuffizienz, möglicherweise Helicobacter-induzierte Gastritis, reaktive Lymphadenopathie, vermutlich sekundär nach Gastrointestinalerkrankung Im Laufe der nächsten zwei Monate nahm der Hund an Gewicht zu (um ca. 4,5 kg), die Kotkonsistenz normalisierte sich und der Hund wurde insgesamt aktiver.

Kommentar Die Vorgeschichte mit drastischem Gewichtsverlust, Diarrhoe und Polyphagie in Verbindung mit normalen Serumproteinwerten und niedrigem Cholesterol sind typisch für die exokrine Pankreasinsuffizienz. Die Erhöhungen bei den Leberenzymen, insbesondere bei der alkalischen Phosphatase, sind stärker als man bei EPI vermuten würde, doch haben offenbar die vorausgegangene Steroidbehandlung und die Fremdkörper im Darm zu diesen veränderten Befunden beigetragen. Die veränderten Werte für Cobalamin und Folsäure weisen auf EPI oder aber auch Darmlähmung hin.

Histopathologie Pankreas: Atrophie mit lymphoplasmazytärer Entzündung, Fibrose des Azinusgewebes Leber: vakuoläre Hepatopathie - multifokal, Cluster Magen: mäßige lymphoplasmazytäre Infiltration, Lymphoide Knötchen in der Tiefe der Lamina propria; +++Helicobacter -Organismen Duodenum/Jejunum/Ileum: Probeentnahmen aus den Peyerschen Platten Mesenteriallymphknoten: Hyperplasie

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Da sich weder im Ultraschall noch bei der chirurgischen Intervention eine Obstruktion des Darms zeigte, sind die veränderten Cobalamin- und Folsäurewerte offenbar eine Folge der EPI. Dennoch sprach das Resultat des TLITests mit den 5,28 µg/l stark gegen das Vorliegen einer EPI, da Hunde mit Symptomen einer EPI normalerweise TLI-Werte von unter 2,5 aufweisen. In diesem Fall bestätigte die histologische Untersuchung die sekundäre Atrophie nach lymphozytärer Infiltration. Wahrscheinlich konnte der TLI durch die begrenzte Entzündung des restlichen verbliebenen Pankreasgewebes innerhalb des Referenzbereiches gehalten werden, während die exokrine Sekretion bereits stark in Mitleidenschaft gezogen war. Leider gab der Hundehalter zu weiteren TLI-Tests, die hier Aufklärung hätten schaffen können, kein Einverständnis.


1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz

Weitere Auffälligkeiten, die im Zusammenhang mit EPI bei Hunden beobachtet wurden, sind: - Störungen der Glukosehomöostase (subklinische Glukoseintoleranz) (Rogers et al., 1983) - gestörte Funktion der regulativen Pankreas- und Gastrointestinalpeptide (z.B. vasoaktive intestinale Polypeptide, gastrische Inhibitorpolypeptide, Somatostatin, Pankreaspolypeptid) (Hellmann et al., 1991). - Regulierungsstörungen beim Wachstum der Dünndarmmukosa sowie bei Synthese und Abbau der Enzyme (Sorensen et al., 1988; Simpson et al., 1989b; Batt et al., 1979).

Pankreas

Nur sehr wenige Untersuchungen liegen bislang zu den bei EPI-Patienten beobachteten Konzentrationen an Spurenelementen vor. Eine Studie an Deutschen Schäferhunden mit EPI berichtete von normalen Serumkonzentrationen an Kupfer und Zink. In einer neueren Untersuchung hat sich allerdings gezeigt, dass die Kupfer- und Zinkspiegel im Serum nach der Ligatur des Ductus pancreaticus sinken, während die Eisen- und Transferrinsättigung des Serums steigt (Adamama-Moraitou et al., 2001). Die klinische Bedeutung dieser Anomalien ist ungeklärt. Die hochgradige Malassimilation von Nährstoffen bei exokriner Pankreasinsuffizienz kann jedenfalls zu einer Mangelversorgung des Organismus mit Protein und Energie führen und damit zu einer weiteren Verschlechterung der Restfunktion des Pankreas, der intestinalen Resorption und des Stoffwechselgleichgewichtes (Abbildung 8). Dermatologische Manifestationen der EPI können beim Deutschen Schäferhund sehr unterschiedlich sein und stehen in jedem Fall mit dem Ausmaß der Protein-Energie-Malnutrition sowie des Mangels an Spurenelementen und Mineralstoffen in Zusammenhang. Auch Unverträglichkeitsreaktionen auf Futterinhaltsstoffe sind potenziell möglich.

Therapie > Enzymsupplementierung Die unzureichende Enzymproduktion des Pankreas bei EPI muss durch Supplementierung dieser Enzyme mit der Nahrung kompensiert werden. Dazu werden Pankreasfermente den Futterrationen beigemengt. Am besten geeignet sind Präparate in Pulverform. Alternativ kann auch frisches Pankreas gefüttert werden. Diese Extrakte in Pulverform sollten stets frisch sein und entsprechend gelagert werden. Für den Hund empfiehlt sich folgende Dosierung: 0,25-0,4 g/kg Körpergewicht/Mahlzeit oder 2 Teelöffel pro 20 kg Körpergewicht und Mahlzeit. (Wiberg et al., 1998; Westermarck et al., 1987). Das Pulver wird mit dem Futter vermischt. Eine Präinkubation verbessert die Wirkung nur unwesentlich (Pidgeon & Strombeck, 1982). Der Wechsel auf ein neues Produkt, eine andere Charge desselben Präparates oder die Zufuhr zu großer Mengen können beim Hund unerwünschte Reaktionen hervorrufen. Konnten während der ersten beiden Wochen ein Sistieren der Diarrhoe sowie Gewichtszunahmen verzeichnet werden, sollte das gewählte Regime vorerst beibehalten werden und erst nach und nach versucht werden, die Supplementierung schrittweise auf die niedrigste noch wirksame Dosis zu reduzieren. Spricht der Hund nicht auf die Therapie an, kann die Charge des gewählten Produktes, das Produkt oder die Darreichungsform geändert bzw. die Menge erhöht werden. Ist bei einer Dosierung von 0,4 g eines pulverförmigen Extraktes bzw. bei der Gabe von 3 g frischem Pankreas (jeweils pro kg Körpergewicht und Mahlzeit) keine Reaktion zu verzeichnen, muss die Ursache wahrscheinlich anderweitig gesucht werden.

> Mikronährstoffe Von einer Malabsorption sind höchstwahrscheinlich die fettlöslichen Vitamine betroffen, und tatsächlich wurden bei Schäferhunden mit EPI niedrige Vitamin A- und Vitamin E-Spiegel gemessen. Vitamin E kann oral supplementiert werden (400-500 IE 1 x tgl. jeweils einen Monat). Bei Hunden mit EPI, bei denen die Laborparameter auf eine Koagulopathie hinweisen, ist es sinnvoll, den Vitamin K-Status zu überprüfen. Ein Cobalaminmangel kann sich im Organismus auf unterschiedlichste Weise manifestieren. Da die Supplementierung mit Pankreasenzymen einen vorliegenden Cobalaminmangel nicht beheben kann, wird die parenterale Gabe von Cobalamin (Cyanocobalamin, Vitamin B12) empfohlen. Studien an Hunden haben ergeben, dass die parenterale Verabreichung einer einzigen Dosis (250- 500 µg) Cyanocobalamin pro Monat ausreichend ist, um ein Wiederauftreten von Stoffwechselstörungen für einen ganzen Monat zu verhindern. Die Cobalaminmalabsorption kann, wie gesagt, nicht durch die Enzymsubstitution behoben werden und erfordert eine lebenslange Therapie (Abbildung 9).

Bei der Mehrheit der Hunde ist eine 50%ige Reduzierung der Anfangsdosis möglich (Simpson et al., 1994). Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die Kosten für die Pankreasenzymsupplementierung für die Tierbesitzer oftmals ein Problem darstellen und häufig zur Euthanasie des Hundes Anlass geben.

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1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz

ABBILDUNG 9 - DIE ROLLE DES VITAMIN B12 IM ORGANISMUS

Verlangsamung der Alterungsprozesse

Pankreas

B12

Verhinderung einer Anämie

Proteinsynthese

Vitamin B12 spielt sowohl bei der Proteinsynthese als auch bei der Produktion der roten Blutkörperchen eine fundamentale Rolle und ist als Coenzym an vielen wichtigen biochemischen Reaktionen im Organismus beteiligt.

Die Ernährung von Hunden mit EPI Die Schlüsselrolle, die das exokrine Pankreas bei der Verdauung und Assimilation von Nährstoffen einnimmt, würde ein ganz besonders gutes Ansprechen der EPI auf eine diätetische Therapie vermuten lassen. Bedenkt man des Weiteren, dass zum einen Fett der am schwierigsten zu verdauende Nährstoff ist und die Lipaseaktivität den limitierenden Faktor darstellt und zum andern Rohfaser unverdaulich ist, die Energiedichte senkt und die Pankreasenzymaktivität behindert, so erscheint das Füttern einer hoch verdaulichen fettarmen und rohfaserarmen Diät bei Hunden mit EPI sicherlich gerechtfertigt. Dennoch hat die Analyse einer Überlebensstudie anhand von 116 Hunden mit EPI gezeigt, dass die Überlebensraten jener Hunde, die eine modifizierte Diät erhielten (n=73, 30% Todesfälle), nicht wesentlich besser waren als die jener Hunde, die ein Standardfutter erhielten (n=43, 35% Todesfälle) (Hall et al., 1991).

> Potenzielle Vorteile eines hohen Fettgehaltes In komplettem Gegensatz zum bisherigen Paradigma der Fettrestriktion bei EPI-Patienten hat sich in Untersuchungen an Hunden mit experimenteller EPI gezeigt, dass Diäten, bei denen 43% des Energiegehaltes aus Fett stammten, die Verdaulichkeit von Protein, Fett und Kohlenhydraten erhöhten, was im Vergleich dazu bei Diäten mit 18 und 27% der Gesamtenergie aus Fett nicht der Fall war (Suzuki et al., 1999). Eine mögliche Erklärung dafür ist die verbesserte Konservierung der exogenen Pankreasenzyme, insbesondere der Lipase. Bemerkenswert erscheint auch das Ergebnis anderer Studien mit Hunden mit experimenteller exokriner Pankreasinsuffizienz, wonach der Fettgehalt im Kot mehr von der Verdaulichkeit des Fettes im Futter als vom Fettgehalt selbst abhängig war (Pidgeon, 1982; Pidgeon & Strombeck, 1982). Ein Fallbericht über drei Deutsche Schäferhunde mit EPI und schlechtem Haarkleid beschreibt, dass die Umstellung auf eine Diät mit Sojaproteinhydrolysat und Reis und einem Fettgehalt von 19% (in der TS; 40,8 % der Energie) von den Tieren sehr gut vertragen wurde und eine Verbesserung der Kot- und Fellqualität sowie Gewichtszunahmen (2-10 kg) bewirkte. Innerhalb von zwei Monaten erreichten die Hunde wieder ihren optimalen Ernährungszustand (Biourge & Fontaine, 2004). 180


> Versagen der Therapie

Das Füttern einer fettarmen Diät (13 % der Energie) kombiniert mit der Supplementierung der Pankreasenzyme (2,5 g/300 g Futter) führte bei betroffenen Hunden (n=20) binnen vier Monaten zu einer Gewichtszunahme von durchschnittlich 24% und bei 17 von 20 Hunden zu gutem Therapieerfolg (Simpson et al., 1994). Dennoch ist die Rolle der Diät in dieser Studie nicht ganz klar, da elf der 20 Hunde nach Ende der Versuchsperiode erfolgreich mit ganz unterschiedlichem Futter ernährt wurden.

• Inadäquate Enzymsupplementierung Die inadäquate Enzymsupplementierung ist wahrscheinlich der Hauptgrund für ein Versagen der Therapie. Manche Hunde entwickeln gegen das Enzympräparat eine Aversion, so dass alle Versuche, das Pulver im Futter zu „verstecken“, fehlschlagen. In diesem Fall kann man auf die Gabe von rohem Pankreas umsteigen. Zu den Nebenwirkungen der exogenen Enzymsupplementierung zählt die Stomatitis, die sich meist dann bessert, wenn man die Menge der Supplementierung halbiert (Rutz et al., 2002).

• Bakterielle Überwucherung /Unverträglichkeit EPI kann nicht nur die Zusammensetzung und Integrität der Dünndarmflora negativ beeinflussen, sondern auch die Reaktion des Organismus sowohl auf die normale als auch eine gestörte Darmflora beeinträchtigen. Derlei Veränderungen werden üblicherweise mit einer Enzymsupplementierung erfolgreich behandelt. Dennoch gibt es Patienten, bei denen der Durchfall erst nach Antibiotikagabe sistiert. Bei diesen Hunden liegt die Ursache für das Versagen der Therapie möglicherweise in der aufgrund der EPI verminderten Synthese von Enzymen der Darmschleimhaut. Da das Vorliegen einer gestörten Darmflora bzw. das Ausmaß dieser Störung durch Bestimmung der Serumspiegel an Cobalamin und Folsäure nur sehr ungenau vorhergesagt werden kann, sollte ein Therapieversuch mit einem Antibiotikum wie Oxytetracyclin (20 mg/kg p.o. 3 x tgl. während 28 Tagen) oder Tylosin (10 mg/kg p.o. 3 x tgl.) durchgeführt werden.

• Erkrankung des Dünndarms Laborbefunde von Blutbild und biochemischen Untersuchungsparametern bewegen sich bei Hunden mit unkomplizierter EPI fast immer im Referenzbereich. Sollten doch einige Werte auffällig sein und z.B. eine Hypoproteinämie vorliegen (was auf ein Eiweißverlustsyndrom/eine exsudative Enteropathie hinweisen würde), so ist dieser Verdachtsdiagnose unbedingt nachzugehen.

• Diätumstellung Sind die häufigsten in Frage kommenden Ursachen für ein Versagen der Therapie (inadäquate Enzymsupplementierung, bakterielle Überwucherung, Unverträglichkeit oder begleitende Dünndarmerkrankung) abgeklärt, so sind die vorgenommenen Veränderungen in der Ernährung näher unter die Lupe zu nehmen. Die diätetische Therapie von Erkrankungen des Dünndarms basiert normalerweise auf der Umstellung auf eine hoch verdauliche und fettreduzierte Diät, meist auf Reisbasis. Besteht der Verdacht auf eine Futtermittelüberemfindlichkeit, so wählt man eine allergenarme bzw. –freie Diät, z.B. mit hydrolysierten Proteinen. Hydrolysate entstehen durch die enzymatische Proteolyse natürlicher Proteine, durch 181

Pankreas

Da die Rolle und Art der diätetischen Modifikation bei der Therapie der EPI noch lange nicht klar ist und da die Kosten für die lebenslange Spezialdiät ein häufiger Grund für die Euthanasie der betroffenen Tiere sind, empfiehlt der Autor die Fütterung eines hochwertigen und hoch verdaulichen Futters mit entsprechendem Zusatz von exogenen Pankreasenzymen. Erst wenn sich bei dieser Ernährung keine Besserung oder gar eine Verschlechterung ergibt, ist die Umstellung auf eine spezifische Diät eine Option (siehe auch weiter unten “Versagen der Therapie„).

Die Vorteile einer mäßig fettreichen, hoch verdaulichen und rohfaserarmen Diät, wie sie zwei Wochen lang an 14 Hunde verfüttert wurde, im Vergleich zu einem Standardalleinfutter beschränkten sich letztendlich auf eine Tendenz (8/14 Hunden) zur Reduzierung von Borborygmus, Flatulenz und Kotvolumen (Westermarck et al., 1990). Laut einer anderen Studie anhand von 21 Hunden mit EPI, im Rahmen derer der therapeutische Nutzen einer fettarmen (13 % der Energie) und rohfaserarmen Diät im Vergleich zu einem handelsüblichen bzw. selbst gemachten Futter untersucht wurde, konnte ein signifikanter Vorteil einer massiven Fettreduktion nicht nachgewiesen werden (Westermarck et al., 1995).

1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz

Diese Beobachtungen legen die Annahme nahe, dass eine fettreiche hoch verdauliche Diät bei der Behandlung der exokrinen Pankreasinsuffizienz nicht kontraindiziert ist. Schon vorher hatte es sich erwiesen, dass die Supplementierung der Nahrung mit energiereichen mittelkettigen Triglyzeriden (2-4 ml Öl/Mahlzeit) sich besonders positiv bei jenen Patienten auswirkte, die hochgradig unter- bzw. fehlernährt waren und eine hoch verdauliche, aber fettreduzierte Diät erhielten. Obwohl hierzu noch ausreichende wissenschaftliche Daten fehlen, scheint eine fettreichere und somit energiedichtere Diät den optimalen Ernährungszustand schneller wiederherzustellen. Eine entsprechende Rezeptur macht den Zusatz von mittelkettigen Triglyzeriden in Form von Öl überflüssig.


Schlussfolgerung/Prognose Bei der Mehrheit der Hunde mit exokriner Pankreasinsuffizienz lassen sich die typischen Beschwerden durch Füttern einer hochwertigen Diät und Supplementierung der Nahrung mit Pankreasenzymen in Form eines pulverförmigen Präparates beheben. Die relativ hohen Kosten der Enzymsupplementierung und der speziellen Diätfuttermittel können dazu führen, dass die Bereitschaft zur lebenslangen Therapie sinkt und das Tier euthanasiert wird. Die Prognose bei EPI ist insbesondere dann vorsichtig zu stellen, wenn gleichzeitig Pankreatitis oder Diabetes mellitus besteht.

ABBILDUNG 10 - DEUTSCHER SCHÄFERHUND MIT EXOKRINER PANKREASINSUFFIZIENZ

(A) Vor der Behandlung

© Dr J. Fontaine

© Dr J. Fontaine

1 - Exokrine Pankreasinsuffizienz Pankreas

Sprechen Hunde mit diagnostizierter EPI nur schlecht auf die entsprechende Enzymsupplementierung und die antimikrobielle Therapie an, sollten weiterführende Untersuchungen in Richtung Dünndarmerkrankungen durchgeführt werden.

die das Eiweiß in Peptidketten mit so geringer relativer Molekularmasse aufgespalten wird, dass es zu keiner Reaktion des Immunsystems kommen kann (Guilford, 1996). Diese Peptide sind hoch verdaulich und verweilen daher nur kurze Zeit im Darmlumen. Insbesondere die Sojahydrolysate kommen bei der Prävention von Nahrungsallergien bei Babies wie auch bei Kälbern in hohem Maße zum Einsatz (Lallès et al., 1995; Terracciano et al., 2002). Kommt es unter dieser Diät zu einer Besserung bzw. zum Verschwinden der Magendarmsymptomatik (meist nach ein bis zwei Wochen), muss nochmals das ursprüngliche Futter verabreicht werden, um durch erneute Provokation der Symptome die Diagnose der Futtermittelintoleranz bzw. – überempfindlichkeit zu bestätigen. Mengt man der Diät, mit der die Heilung erzielt wurde, nach und nach bestimmte Antigene wie Rindfleisch, Soja oder Hühnerfleisch bei, so lässt sich eine spezifische Hypersensibilität gegen eine Futterkomponente dokumentieren. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es mit einer relativ fettreichen Diät auf Sojahydrolysatbasis gelungen ist, bei drei Hunden mit EPI, die weder auf die Pankreasenzymsupplementierung noch auf eine Diät angesprochen hatten, den Durchfall zu heilen, den Zustand des Haarkleides zu bessern und Gewichtszunahmen zu erreichen (Biourge & Fontaine, 2004) (Abbildung 10). Bleibt der Therapieerfolg trotz all dieser Maßnahmen aus, kann noch die Unterdrückung der Säureproduktion zum Schutz der Pankreasenzyme versucht werden. Auch empirische Diätmodifizierungen sind möglich. Gegebenenfalls sollte die Diagnose der exokrinen Pankreasinsuffizienz überprüft werden und nach etwaigen anderen Ursachen der Erkrankung gesucht werden.

(B) Nach der Behandlung

Schäferhund vor (A) und nach (B) einer diätetischen Behandlung mit einer auf der Basis von Reis und hydrolysiertem Sojaisolat hergestellten Diät

182


A

Die Kosten für den Pankreasenzymersatz sind recht hoch. Gibt es denn alternative Behandlungsformen für meinen Hund?

Die Kosten für den Enzymersatz lassen sich durch Füttern von frischem Pankreas vom Rind oder Schwein (sofern verfügbar) reduzieren; durch Portionieren und Einfrieren lässt sich frisches Pankreas gut lagern. Empfohlen wird der Pankreasextrakt in Pulverform, dessen Dosierung sich mit der Zeit reduzieren lässt, wodurch auch die Kosten gesenkt werden.

Muss ich das Futter mit dem Pankreasenzymersatz vor dem Füttern inkubieren ?

Nein. Geben Sie den Pulverextrakt über das normale Futter und vermischen Sie alles gut. Eine Präinkubation ist nicht erforderlich.

Braucht mein Hund den Pankreasenzymersatz sein ganzes Leben lang?

Normalerweise ist das der Fall. Die Dosierung kann jedoch oftmals mit der Zeit reduziert werden, und gelegentlich kommt es vor, dass ein Hund irgendwann einmal keinen Enzymersatz mehr benötigt.

Kann ich mit meinem Hund, bei dem exokrine Pankreasinsuffizienz diagnostiziert wurde, noch züchten ?

Die Atrophie der Azinuszellen des Pankreas ist bei Deutschen Schäferhunden und beim LanghaarCollie eine erbliche Krankheit. Bei diesen Rassen wird eine Zucht mit Tieren, die an EPI leiden, oder mit Hunden aus solchen Linien nicht empfohlen.

183

Pankreas

F

Häufig gestellte Fragen: Exokrine Pankreasinsuffizienz

Häufig gestellte Fragen: Exokrine Pankreasinsuffizienz


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2 - Akute Pankreatitis: Diagnostik

Hinweise zur Diagnostik Die Diagnose der akuten Pankreatitis stützt sich immer auf die Kombination von klinischen bzw. klinisch-pathologischen Befunden und kompatiblen Ergebnissen bildgebender Verfahren. Gegebenenfalls kann eine Biopsie zur Bestätigung der Diagnose bzw. zur Unterscheidung eines entzündlichen Vorgangs von einer Neoplasie erforderlich sein.

> Vorgeschichte Die unmittelbare Vorgeschichte enthält häufig Hinweise auf eine Fehlernährung, Toxinaufnahme (z.B. Schokolade oder extrem fettes Futter) oder Verabreichung von Medikamenten. Zu den typischen klinischen Symptomen zählen Lethargie, Anorexie, gekrümmte Körperhaltung, Erbrechen (± Blut), Diarrhoe (± Blut), beschleunigte Atmung und vergrößertes Abdomen. Bei manchen Hunden zeigt sich nach dem Erbrechen auch Gelbsucht. Polyurie und Polydipsie können bei Hunden mit Diabetes mellitus und Pankreatitis bestehen.

© KW Simpson

Pankreas

2 - Akute Pankreatitis

Hund mit akuter Pankreatitis

> Klinische Befunde Die klinischen Symptome von Hunden mit akuter Pankreatitis können sich sehr unterschiedlich gestalten und reichen von Depression, leichter Dehydratation mit Anzeichen für abdominale Schmerzen bis zum akuten Abdomen mit Schock (Tachykardie, verlängerte Kapillarfüllungszeit, trockene Schleimhäute, Hypothermie), Petechien, Ikterus und Aszites. Bei manchen Hunden lässt sich eine abdominale Umfangsvermehrung palpieren.

> Zusätzliche Untersuchungen – Klinisch-pathologische Befunde

• Hämatologie Auch der Blutbefund kann sich sehr unterschiedlich gestalten und reicht von leichter Neutrophilie und geringgradig erhöhtem Hämatokrit über eine deutliche Leukozytose mit oder ohne Linksverschiebung bis zur Thrombozytopenie, Anämie und Neutropenie mit degenerativer Linksverschiebung. Liegt eine Thrombozytopenie vor, sollten weitere Tests zur Hämostase (Prothrombinzeit, aPTT, Fibrin-Monomeroder D-Dimer-Test, Fibrinogen, Antithrombin III) durchgeführt werden, um eine disseminierte intravasale Gerinnung (DIC, Verbrauchskoagulopathie) auszuschließen bzw. aufzudecken.

• Biochemische Laborparameter Zu den möglichen auffälligen Befunden zählen hier Azotämie (prärenal und renal), erhöhte Leberenzyme (ALT, AST, AP), Hyperbilirubinämie, Lipämie, Hyperglykämie, Hypoproteinämie, Hypokalzämie, metabolische Azidose und unterschiedliche Abweichungen der Werte (meist vermindert) für Natrium, Kalium und Chlorid.

• Harnanalyse Die Harnanalyse ermöglicht die Unterscheidung zwischen renaler oder prärenaler Azotämie. Als mögliche Folge einer durch Pankreasenzyme verursachten glomerulären Schädigung kann eine Proteinurie vorliegen, die jedoch für gewöhnlich passagerer Natur ist. Bei Glukosurie oder Ketonurie liegt der Verdacht auf Diabetes mellitus nahe.

• Pankreas-spezifische Enzyme Traditionellerweise werden erhöhte Serumspiegel an Amylase und Lipase als Indikatoren für eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse beim Hund herangezogen. Diese Enzyme können jedoch auch bei anderen Erkrankungen erhöht sein. Andererseits können Hunde mit diagnostisch gesicherter Pankreatitis durchaus auch normale Amylase- und Lipasewerte haben. So war zum Beispiel bei Hunden mit histologisch bestätigter Pankreatitis in 28 bis 61% der Fälle die Lipaseaktivität normal und in 31 bis 47% der Fälle die Amylaseaktivität innerhalb der Norm (Strombeck et al., 1981; Hess et al., 1998; Mansfield et al., 2003). Aufgrund dieser begrenzten Aussagekraft der genannten Laborparameter sind Pankreas-spezifische Tests bzw. Marker entwickelt worden, die eine Diagnose erleichtern sollen. Dazu zählen Trypsinähnliche Immunreaktivität (TLI), Trypsinogen-Aktivierungspeptid (TAP), und pankreatische LipaseImmunreaktivität (PLI). Experimentelle Studien an Hunden mit experimenteller akuter Pankreatitis haben erhöhte Werte für TLI, TAP und PLI bestätigt. 186


2 - Akute Pankreatitis: Diagnostik

gemessen. TAP ist offenbar eher ein prognostischer als ein diagnostischer Indikator für die Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Mansfield & Jones, 2000; Mansfield et al., 2003). Die Erfahrungen mit PLI sind noch begrenzt, obwohl die diagnostische Bedeutung aufgrund der massiven und anhaltenden Erhöhungen der Serumwerte größer sein könnte als die der TLI. Auch bei anderen Krankheiten wie zum Beispiel Nierenerkrankungen können erhöhte Werte für TLI, TAP und PLI gemessen werden.

Pankreas

Der diagnostische Wert der Bestimmung von TLI, TAP und PLI bei Hunden mit spontaner Pankreatitis ist noch nicht ausreichend dokumentiert. Bei Hunden mit sicher diagnostizierter Pankreatitis sind sowohl normale wie subnormale als auch erhöhte Werte der TLI beobachtet worden. Ein Aussage über den Schweregrad der Erkrankung ist auf der Basis der TLI-Werte nicht möglich (Ruaux & Atwell, 1999). Erhöhte TAP-Werte wurden im Serum sowie im Harn von Hunden mit schwerer Pankreatitis

• Röntgenuntersuchung Der Röntgenbefund ist bei Hunden mit akuter Pankreatitis in der Regel recht unspezifisch. Mögliche Auffälligkeiten sind Detailverlust der serösen Häute, verstärkte Strahlendichte im rechten kranialen Quadranten des Abdomens, Verschiebung des Duodenums nach ventral und/oder rechts, dilatiertes Duodenum mit Hypomotilität sowie kaudale Verlagerung des Colon transversum. Bei schon länger bestehender Pankreatitis weist das Punktat gelegentlich auf eine Kalzifizierung hin, was für einen Verseifungsprozess des um das Pankreas gelagerten Mesenterialfettes spricht. Ultraschallbefund eines Hundes mit Pankreatitis

Im Thoraxröntgen können pleurale Flüssigkeitsansammlung, Ödem oder Pneumonie erkennbar sein, die auch im Zusammenhang mit der Pankreatitis bei Hunden beobachtet wurden.

• Ultraschalluntersuchung

Identische Ultraschallbefunde wie bei Pankreatitis (Abbildung 11) können aber auch bei anderen Erkrankungen wie Pankreastumoren, Pankreasödem (im Zusammenhang mit Hypoproteinämie oder portaler Hypertension) und vergrößerten peripankreatischen Strukturen auftreten (Lamb et al., 1995). Ein Feinnadelaspirat aus kavernösen Strukturen kann zur Unterscheidung zwischen Abszess und Pseudozyste dienen.

• Andere bildgebende Verfahren

© KW Simpson

Eine Studie an Hunden mit akuter Pankreatitis mit tödlichem Ausgang zeigte, dass die Ultraschalluntersuchung in 23 von 34 Fällen die Diagnose der Pankreatitis stützte (Hess et al.,1998)

Abbildung 11A - Im Ultraschall erscheint das Pankreas vergrößert und mit unregelmäßigen Rändern sowie unterschiedlicher Echogenität. Im rechten kranialen Bereich des Abdomens erkennt man das echoreiche Mesenterialfett, das das Signal zerstreut.

In der Humanmedizin ist die Kontrast-Computertomographie das bildgebende Verfahren der Wahl, um eine Pankreatitis zu diagnostizieren, da es die Unterscheidung zwischen einer nur leichten Bauchspeicheldrüsenentzündung und einer Pankreasnekrose ermöglicht. Bei Hunden ist dieses Verfahren bisher nur selten eingesetzt worden (Jaeger et al., 2003).

• Abdominale Parazentese

© KW Simpson

Die Bauchhöhlenpunktion kann durch die Untersuchung der Peritonealflüssigkeit zur Abklärung der Ursachen der Symptome eines akuten Abdomens (Pankreatitis, Darmperforation oder rupturierter Gallengang) beitragen.

• Chirurgische Intervention Bei Patienten mit persistierender oder rezidivierender Pankreatitis kann ein chirurgisches Vorgehen indiziert sein, um die Diagnose zu untermauern bzw. ein Tumorgeschehen oder komplizierende Faktoren wie Infektionen aufzudecken. Ein chirurgischer Eingriff kann auch notwendig werden, um eine Drainage von Pankreasabszessen oder persistierenden Pseudozysten durchzuführen (Salisbury et al., 1988). Mit zunehmendem Einsatz von laparaskopischen Techniken kann hier die Morbidität sicher gesenkt werden (Harmoinen et al., 2002). Eine chirurgische Intervention ist auch für das Legen einer enteralen Ernährungssonde erforderlich (siehe weiter unten „Diätetische Therapie“), wobei es bei Hunden mit Verdacht auf Pankreatitis ratsam ist, die Ernährungssonde vor der Exploration des Abdomens zu platzieren.

Abbildung 11B - An seiner Flexur weist das Duodenum einen Durchmesser von 1,6 cm auf. Die Darmwand ist verdickt (6,2 mm). Das Duodenum enthält mäßige Mengen an Gas und erscheint an seiner Oberfläche höckrig. Schlussfolgerung: Verdacht auf Pankreatitis, herdförmige Peritonitis. 187


2 - Akute Pankreatitis: Diagnostik

> Differenzialdiagnosen Die Abklärung möglicher Differenzialdiagnosen konzentriert sich üblicherweise auf die Leitsymptome Vomitus und abdominale Schmerzen (Tabelle 3). Die Kombination aller Befunde aus Vorgeschichte, klinischer Untersuchung, klinisch-pathologischen Tests und bildgebenden Verfahren ermöglicht eine Unterscheidung der Pankreatitis von metabolischen, polysystemischen, infektiösen, toxischen, neurologischen und anderen intra-abdominalen Ursachen des Erbrechens.

TABELLE 3 - DIFFERENZIALDIAGNOSEN BEI ABDOMINALEN SCHMERZEN UND ERBRECHEN

Pankreas

Ursachen von abdominalem Schmerz Magen Intestinaltrakt

- Dilatation/Volvulus, Geschwüre - Obstruktion, Invagination, Ruptur, Torsion, Enteritis

Pankreas Leber

- Pankreatitis - Akute Hepatitis, rupturierter Gallengang, Lebertumor

Milz Urogenitaltrakt

- Torsion, rupturierter Tumor - Nephritis, Pyelonephritis, Harnblasenruptur - Harnsteine in Ureter/Urethra, Pyometra, Prostatitis

Peritoneum

- Primäre oder sekundäre Peritonitis (z.B. chemisch-toxisch bedingt: Galle und Harn; septisch bedingt: rupturiertes Hohlorgan wie z.B. Blase, Darm etc.)

Ursachen von Erbrechen • Intraabdominal Magen

Darm

• Nicht gastrointestinal bedingt

Metabolisch/endokrin bedingt

Pharmaka Pseudoabdominaler Schmerz

- Diskospondylitis, Bandscheibenvorfall

Toxine Ernährungsbedingt Neurologisch bedingt Infektiös bedingt

- Gastritis, Ulzeration, Neoplasie, Abflussobstruktion, Fremdkörper, - Motilitäts- bzw. Funktionsstörungen - IBD (Inflammatory Bowel Disease), Neoplasie, Fremdkörper, Invagination, Torsion, Ruptur, bakterielle Überwucherung, - Funktionsstörungen

- Pankreas: Pankreatitis, Pankreastumor - Leber: Cholangiohepatitis, Gallengangsobstruktion - Urogenitaltrakt: Pyometra, Nephritis, Nephrolithiasis, Harnwegsobstruktion, Prostatitis - Peritonitis - Urämie, Hypoadrenokortizismus, diabetische Ketoazidose - hepatische Enzephalopathie, Hyperkalzämie, Septikämie - Digoxin, Erythromycin, Chemotherapie, Apomorphin, Xylazin - Strychnin, Äthylenglykol, Blei - Pica, Futterallergie, Futterunverträglichkeit - Vestibularerkrankungen, Enzephalitis, Neoplasie, erhöhter intrakranieller Druck - Staupe, Parvovirose, Infektiöse Canine Hepatitis, Leptospirose, Salmonellose

Ist Abdominalschmerz der Hauptbefund, so ist mit Hilfe von Röntgen- und Ultraschalluntersuchung sowie Parazentese rasch eine Diagnose zu finden und eine unterstützende Therapie auf der Basis des klinischen Befundes und der ersten klinisch-pathologischen Tests einzuleiten (Macintire,1988). Diarrhoe, auch blutige, kann bei Hunden mit akuter Pankreatitis beobachtet werden. Eine akute Pankreatitis und die damit verbundenen möglichen Komplikationen (Infektion, Pseudozysten oder Abszessbildung) sollten bei Vorliegen von Gelbsucht und Fieber bei den Differenzialdiagnosen mit in Betracht gezogen werden.

> Diagnostische Fallen und häufige Fehler Die Gefahr, dass Pankreatitis überdiagnostiziert wird, ist immer dann groß, wenn entweder nur die klinischen Symptome oder nur der klinisch-pathologische Befund als alleiniges oder ausschlaggebendes Entscheidungskriterium herangezogen werden. Akute Enteritis, intestinale Obstruktionen und die Vielzahl an Ursachen eines akuten Abdomens können klinische und klinisch-pathologische Befunde aufweisen, die denen der Pankreatitis sehr ähnlich sind. 188


2 - Akute Pankreatitis: Epidemiologie

Ähnliches gilt für die Überbewertung der Serummarker für Pankreaserkrankungen, die unter Umständen auch zu einer Fehldiagnose führen können. Erhöhte Werte für Amylase und Lipase sind auch bei vielen anderen Krankheiten zu finden. Andererseits schließen normale Amylase- und Lipasewerte das Vorliegen einer Pankreatitis nicht aus. Die spezifischeren Tests zur Identifizierung einer Bauchspeicheldrüsenentzündung wie TLI, TAP und PLI sind noch nicht ausreichend validiert, so dass auch hier hinsichtlich der Verlässlichkeit der Aussage Vorsicht geboten ist. Veränderungen in Echogenität und Größe des Pankreas sollten nur von einem qualifizierten Sonographie-Fachmann beurteilt werden. Erst wenn der Ultraschallbefund mit den anderen Befunden in sinnvollem Einklang steht, kann eine richtige Diagnose erfolgen. Dabei ist die Pankreatitis von Neoplasien oder anderen Ursachen einer parenchymatösen Flüssigkeitsansammlung (wie portale Hypertension oder Hypoproteinämie) abzugrenzen.

Pankreas

Epidemiologie > Risikofaktoren Hunde mittleren Alters und alte Hunde (>5 Jahren) mit Übergewicht haben ein erhöhtes Risiko, eine Pankreatitis zu entwickeln. Eine Prädisposition für ein bestimmtes Geschlecht besteht nicht. Von Ereignissen wie der Aufnahme ungeeigneter oder extrem fetthaltiger Nahrung, bestimmter Medikamente (z.B. Azathioprin, Phenobarbital und Kaliumbromid) oder Toxine (z.B. Organophosphate) ist im Vorfeld der klinischen Manifestation der caninen Pankreatitis berichtet worden (Simpson, 1993; Hess et al., 1999). Endokrinopathien wie Hypothyreose, Diabetes mellitus und Hyperadrenokortizismus können ebenfalls Risikofaktoren darstellen (Hess et al., 1999). Bei 13% von insgesamt 221 Hunden mit Diabetes mellitus konnte der histologische Nachweis einer akuter Pankreatitis erbracht werden. Ein weiterer potenzieller Risikofaktor ist Hyperlipidämie (Hess et al., 2000).

• Rassenprädisposition Bei Zwergschnauzern, Yorkshire Terriern, Australian Silky Terriern und vielleicht auch Zwergpudeln scheint ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Pankreatitis zu bestehen.

Ätiologie und Pathogenese der spontan auftretenden Pankreatitis sind noch weitgehend ungeklärt (Karne & Gorelick, 1999; Zyromski & Murr, 2003). Eine Vielzahl von Faktoren ist mit der akuten Pankreatitis des Hundes assoziativ oder experimentell in Zusammenhang gebracht worden. Potenzielle Ursachen der Pankreatitis, die einen diätetischen Aspekt aufweisen, sind in Abbildung 12 zusammengefasst.

© Hermeline

Pathophysiologische Mechanismen

Zwergschnauzer haben ein erhöhtes Risiko, an Pankreatitis zu erkranken.

ABBILDUNG 12 - POTENZIELLE ERNÄHRUNGSBEDINGTE URSACHEN DER PANKREATITIS Klinisch

Experimentell

Ungeeignete Nahrung

Fettreiches Futter bzw. fettreiches/ proteinarmes Futter

Adipositas (a)

Ethionin™-Supplementierung: ein Analogon von Methionin (Simpson, 1993)

Hyperlipidämie (b)

CCK-Hyperstimulation Freie Fettsäuren i.v. 12a

12b

189


2 - Akute Pankreatitis: Pathophysiologie Pankreas

Klinisch gesehen kann man die Pankreatitis in eine akute, rezidivierend akute oder chronische Entzündung einteilen. Am häufigsten scheinen beim Hund die akute und die rezidivierend akute Pankreatitis vorzukommen, die durch plötzlich auftretende Entzündungsschübe charakterisiert sind. • Akute Pankreatitis kann entweder abheilen oder eine fortgesetzte Entzündung einleiten (chronische oder rezidivierend akute Pankreatitis) oder aber zu einer Nekrose führen, zu der sich noch ein Sekundärinfekt oder die Bildung von Pseudozysten oder Abszessen erschwerend hinzugesellen können (Abbildungs 13 & 14). • Chronische Pankreatitis ist beim Hund charakterisiert durch eine geringgradige oder subklinische Entzündung und kann einen ursächlichen Faktor bei der Entwicklung von Diabetes mellitus und exokriner Pankreasinsuffizienz (EPI) darstellen.

Abbildung 13 - Pankreasabszess Der Pankreasabszess ist eine seltene Komplikation bei der akuten Pankreatitis des Hundes. Die Behandlung erfolgt im Allgemeinen chirurgisch.

Unabhängig von der auslösenden Ursache geht man davon aus, dass eine Pankreatitis dann entsteht, wenn Verdauungsenzyme vorzeitig innerhalb des Pankreas aktiviert werden. Eine experimentelle Hyperstimulation des Pankreas mit Cholecystokinin (CCK) oder dessen Analogon Caerulein, durch Ethioninzusatz zur Nahrung und Obstruktion des Ductus pancreaticus führten zur Bildung von großen intrazellulären Vakuolen in den Azinuszellen. Die Vakuolenbildung ist vermutlich eine Folge der Entkopplung der Zymogenexozytose und abnorm hohem Anfall an digestiven und lysosomalen Enzymen innerhalb der Zelle. Diese subzellulären Veränderungen verursachen anscheinend die intrazelluläre Aktivierung der Verdauungsenzyme. Eine Hyperstimulation des Pankreas kann für die natürlich vorkommende Pankreatitis beim Hund von direkter Relevanz sein. Normalerweise wird CCK von den Zellen des Duodenums als Reaktion auf die intraluminale Präsenz von Fett und Aminosäuren freigesetzt und koordiniert und stimuliert die Pankreassekretion und Gallenblasenkontraktion während der Verdauung. Es ist möglich, dass sehr hohe Fettgehalte in der Nahrung eine übermäßige Freisetzung an Cholecystokinin bewirken und dass Hyperkalzämie, Organophosphate und große Mengen zirkulierender Glukokortikoide zusätzlich die Hyperstimulation des Pankreas fördern (wahrscheinlich durch die Veränderung der Empfänglichkeit des Pankreas für eine Hyperstimulation) oder diese direkt auslösen. Ein Beweis für diese Mechanismen ist jedoch noch nicht erbracht.

ABBILDUNG 14 - MÖGLICHE MECHANISMEN DER ENTWICKLUNG EINER PANKREATITIS BEIM HUND (Aus Simpson & Lamb, 1995)

Risikofaktoren

Triggermechanismen

Freisetzung von Enzymen und Entzündungsmediatoren

Lokale und systemische Auswirkungen

Akute Pankreatitis

Chronische Pankreatitis

Feinnadelaspirat

Pseudozyste

Bakterien Hypoperfusion Abszess Nekrose

190

Infizierte Nekrose


2 - Akute Pankreatitis: Pathophysiologie

Die ödematöse Pankreatitis des Hundes, die durch CCK-Hyperstimulation verursacht wird, ist charakterisiert durch einen spontanen, raschen, aber selbst-limitierenden Trypsinogenaktivierungsschub (Abbildung 15), der vermuten lässt, dass das Pankreas über einen negativen Feedback-Mechanismus zur Limitierung der Trypsinogensynthese und – aktivierung verfügt (siehe „Diätetische Therapie“) (Simpson et al., 1995). Dieses Konzept der dem Pankreas eigenen Regulierung ist dann von Bedeutung, wenn man die diätetische Intervention bei akuter Pankreatitis erwägt.

ABBILDUNG 15 - ÖDEMATÖSE PANKREATITIS UND INTRAPANKREATISCHE AKTIVIERUNG VON TRYPSINOGEN

B

A

C

800

10

640

8

480

6

320

4

160

2

Pankreas

Plasma-TAP (nM/l)

Harn-TAP (nM/l)

0 Stunden

0 0

1

2

3

4

5

6

Ödem Aszites Plasma Harn

Hypoechogene Zone (Flüssigkeitsansammlung)

Die ödematöse Pankreatitis gilt im Allgemeinen als die leichteste Form der Pankreatitis (A). Sie steht in Zusammenhang mit einer selbst-limitierenden Trypsinogenaktivierung und der Ausschütttung des Trypsinogenaktivierungspeptides (TAP) in den Blutkreislauf (B). In der Klinik lässt sich die Flüssigkeitsansammlung im Ultraschall darstellen (C).

Obwohl die Entzündung der Bauchspeicheldrüse oft selbst-limitierend ist, kann es bei manchen Hunden aufgrund der verminderten Organdurchblutung und der Leukozyten- und Thrombozytenmigration in das entzündete Pankreas zur Entwicklung einer Pankreasnekrose kommen (Abbildung 16). Sekundärinfektionen können zusätzlich durch die Abwanderung von Bakterien aus dem häufig im Umfeld des Pankreas entzündeten Darm entstehen.

ABBILDUNG 16 - DIE PANKREASNEKROSE UND DEREN FOLGEN

A

B

Hochgradige Pankreatitis ist gekennzeichnet durch Pankreasthrombose und -nekrose (A) mit Freisetzung von Pankreasenzymen und Entzündungsmediatoren, in deren Folge es zu einer systemischen Entzündungsreaktion und zu Funktionsstörungen diverser Organe kommt. Die klinischen Auswirkungen auf die Blutgerinnung zeigen sich in Form von Petechien (B) aufgrund von Thrombozytopenie und Ekchymose in Verbindung mit disseminierter intravasaler Gerinnung (DIC).

191


2 - Akute Pankreatitis: Diätetische Therapie

Die Freisetzung von aktiven Pankreasenzymen und Entzündungsmediatoren aus dem entzündeten Pankreas wie z.B. Tumor-Nekrose-Faktor (TNF-α), Interleukin-1 (IL-1) und Platelet activating factor (PAF) verschlimmert die Pankreatitis. Gleichzeitig kommt es zur Beeinträchtigung der Funktion vieler anderer Organsysteme (systemische Entzündungsreaktion) und zu Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt sowie im Säure-Basen-Gleichgewicht (Denham & Norman, 1999; Ruaux et al., 1999; Brady & Otto, 2001; Mentula et al., 2004 ; Raraty et al., 2004). Je nach Ausmaß der sich neben der Pankreatitis entwickelnden multisystemischen Dysfunktionen unterscheidet man zwischen einer milden Form der Bauchspeicheldrüsenentzündung oder aber einer schweren bis lebensbedrohenden Pankreatitis. Die Erforschung der exakten Mechanismen der systemischen Entzündungsreaktion steht derzeit im Mittelpunkt intensiver Forschungen und kann unter Umständen der Schlüssel zu vielversprechenden neuen Therapieformen sein (Johnson et al., 2004; Oruc et al., 2004).

Pankreas

Diätetische Therapie > Identifizierung und Prävention oder Behandlung der an der Pankreatitis beteiligten diätetischen Faktoren Adipositas, Hyperlipidämie und die Aufnahme ungeeigneter Nahrung stehen erfahrungsgemäß mit der Entwicklung einer Pankreatitis in Zusammenhang. Sind diese Faktoren vorhanden, so muss deren Ursache behoben werden, um zukünftigen Ausbrüchen einer Pankreatitis vorzubeugen.

> Nährstoffversorgung bei Hunden mit Pankreatitis Präzise Empfehlungen zur Rationsgestaltung bei Hunden mit akuter Pankreatitis sind schwierig, da keine kontrollierten Studien vorliegen und häufig auf empirische Erfahrung zurückgegriffen bzw. nach dem Motto „Hauptsache, es schadet nicht“ verfahren wird.

> Das Dilemma zwischen Fütterung und Stimulation des Pankreas Untersuchungen an gesunden Hunden belegen, dass die Sekretion des Pankreas als Reaktion auf die Aufnahme von Nährstoffen, insbesondere auf die Anwesenheit von Fetten und Aminosäuren im Duodenum, erfolgt (Abbildung 17).

ABBILDUNG 17 - REGULIERUNG DER PANKREASSEKRETION (Aus: Johnson, 1997)

Parietalzelle

I-Zellen Peptide + Aminosäuren +

Protein

Fett

N. vagus (vagovagaler Reflex)

Fett CCK S-Zellen

H+

Secretin

Ductus-Zellen

H+

HCO-3 Enzyme Azinus-Zellen

CCK Hormone wie CCK und Secretin, das parasympathische Nervensystem sowie die Nerven von Duodenum und Pankreas spielen eine Rolle bei der Pankreassekretion als Reaktion auf die Ankunft des Speisebreis.

192


2 - Akute Pankreatitis: Diätetische Therapie

Jede Restriktion der oralen Futteraufnahme bzw. die intravenöse künstliche Ernährung hat zur Folge, dass das Pankreas nicht zur Sekretion stimuliert wird (Stabile et al., 1984). Somit herrscht weitgehend Konsens darüber, dass eine Ruhigstellung des Pankreas durch Unterbrechung der oralen Nahrungszufuhr bis zum Verschwinden der klinischen Symptome sinnvoll ist. Bestehen die Symptome allerdings nach etwa 72-96 Stunden immer noch fort, muss auf parenterale Ernährung umgestellt werden. Dieses Dogma ist sowohl in Human- wie auch Tiermedizin heute noch vorherrschend. Dennoch scheint nach neuesten Erkenntnissen immer mehr dafür zu sprechen, dass sowohl beim Menschen als auch beim Tier mit akuter Pankreatitis die enterale Ernährung der parenteralen überlegen ist. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Nahrungszufuhr über Jejunostomiesonden (also distal der Pankreasstimulation einsetzend) eine akute Pankreatitis nicht verschlechtert (Qin et al., 2002, 2003; Vu et al., 1999).

Pankreas

Humanpatienten mit akuter Pankreatitis, die über Jejunostomiesonden (dies können oral eingeführte transpylorische Sonden sein) ernährt wurden, wiesen eine geringere Morbidität und kürzere sowie kostengünstigere Krankenhausaufenthalte auf als Patienten mit intravenöser parenteraler Ernährung (Abbildung 17) (Kalfarentzos et al., 1997; McClave et al., 1997; Windsor et al., 1998; Powell et al., 2000; Pupelis et al., 2000; Paraskeva et al., 2001; Duerksen et al., 2002). Da es heutzutage technisch möglich ist, bei Hunden Jejunostomiesonden ohne chirurgischen Eingriff zu legen, und zwar über Nase, Ösophagus und Magen, ist der klinische Einsatz dieser Fütterungstechnik nicht mehr an eine operative Intervention gebunden. Was offen bleibt, ist allerdings die Frage, ob Patienten mit akuter Pankreatitis tatsächlich eine Nährstoffzufuhr über das Jejunum benötigen. Es gibt Nachweise dafür, dass die Bauchspeicheldrüse von Hunden mit akuter experimenteller Pankreatitis (siehe weiter oben „CCK-induzierte Pankreatitis“) wie auch jene von Menschen mit natürlich vorkommender schwerer Pankreatitis bei weitem nicht so empfänglich ist für eine Stimulation wie das gesunde Pankreas. Des Weiteren hat sich bei Hunden in der Rekonvaleszenz nach natürlich vorkommender Pankreatitis gezeigt, dass die zirkulierenden TLI-Konzentrationen leicht unter den Normalwerten lagen. Dies lässt auf eine Runterregulierung der Pankreasenzymsynthese schließen. Zusätzlich scheint sowohl in der Humanmedizin wie auch bei Versuchstieren der Hauptnutzen der enteralen Ernährung bei akuter Pankreatitis weniger in einer Verringerung der Pankreasstimulation zu liegen, sondern vielmehr in einer Reduzierung der systemischen Entzündungreaktionen und der Verhinderung einer Entgleisung der Darmflora. In diesem Zusammenhang kann der Behandlung mit Probiotika eine wichtige Rolle zukommen, was in der Humanmedizin bereits Gegenstand von Untersuchungen ist (Olah et al., 2002). Bei Hunden mit Parvovirose kann die intestinale Permeabilität sowie die Morbidität durch Fütterung einer Flüssigdiät (41% Protein, 18% Fett, 3% Rohfaser) via Nasoösophagealsonde positiv beeinflusst werden. Dies stützt die These, dass sich die enterale Ernährung ganz allgemein –und nicht speziell die jejunale Nahrungszufuhr – positiv auswirkt. Eine genaue Untersuchung und kritische Beurteilung dieser Annahme steht allerdings noch aus (Mohr et al., 2003). Trotz der positiven Erfahrungen aus humanmedizinischen Studien und experimentellen Untersuchungen an Hunden ist davon auszugehen, dass das Thema der enteralen Ernährung von Hunden mit Pankreatitis auf Widerstand stoßen wird. Ein häufiges Argument zugunsten der parenteralen Ernährung dieser Patienten ist, dass die Hunde zu oft erbrechen, um sie enteral füttern zu können. Neuere Studien an Hunden mit Parvovirose haben jedoch gezeigt, dass diese Bedenken unbegründet sind, weil die Hunde trotz schwerem Vomitus und Diarrhoe die Nasoösophagealsonde gut tolerierten. Außerdem zeigen die enteral ernährten Tiere im Vergleich zu jenen Hunden, die nichts per os erhielten, raschere Erholung, bessere Gewichtszunahmen und geringere intestinale Permeabilität (Mohr et al., 2003). Dies soll keineswegs generell gegen eine parenterale Ernährung sprechen, doch scheint eine Beschränkung des Einsatzes auf jene Patienten, die diese Art der Ernährung wirklich brauchen, angezeigt. Dies ist zum Beispiel bei jenen Hunden der Fall, deren Nährstoff- und Energieversorgung durch anhaltendes schweres Erbrechen ernsthaft gefährdet erscheint. Liegt eine Indikation für die parenterale Ernährung vor, stehen die total parenterale (TPN) oder die partiell parenterale Ernährung (PPN) zur Auswahl. In den meisten Fällen wird die PPN die praktikablere Version sein, die sich zur Ernährung von Hunden mit Pankreatitis oder Gastrointestinalerkrankungen als sicheres und wirksames Verfahren bestens bewährt hat (Chan et al., 2002). Interessanterweise hat es sich auch gezeigt, dass Hunde, die mit einer Kombination aus enteraler und partiell parenteraler Ernährung versorgt wurden, häufiger überlebten als jene Tiere, die ausschließlich partiell parenteral ernährt wurden (Chan et al. 2002). 193


2 - Akute Pankreatitis: Fallstudie Pankreas

PANKREATITIS-FALLSTUDIE Vorgeschichte Seit 2 Tagen Erbrechen (Galle), Inappetenz und Lethargie. Der Hund hat Zugang zu einem Hinterhof und hatte schon in der Vergangenheit Müll gefressen.

Klinischer Untersuchungsbefund Gekrümmter Rücken (A), depressiv, trockene Schleimhäute

A - 8 Jahre alte kastrierte Mischlingshündin Die Differenzialdiagnosen sind Erbrechen und Abdominalschmerz anderer Ätiologie (siehe Tabelle 3). Die trockenen Schleimhäute, die verlängerte Kapillarfüllungszeit und die Herzfrequenz sind typisch für eine sekundäre nach dem Vomitus vorliegenden Hypovolämie. Der Abdominalschmerz kann für die erhöhte Herzfrequenz verantwortlich sein. Die Basisdiagnostik sollte folgendes umfassen: Hämatokrit, Gesamtprotein, Blutharnstoff, Glukose, spezifisches Gewicht des Harns und weitere Harnparameter (Dipstick), komplettes Blutbild, biochemische Parameter inklusive Amylase und Lipase.

Kapillarfüllungszeit 1,5 sec. Herzfrequenz 150 Temperatur 39°C Schmerzhaftes Abdomen

Minimale Datenbasis Hämatokrit

53%

Gesamtprotein

7,9 g/dl

Blutharnstoff

30-40 mg/dl

Glukose

103 mg/dl

Na

136 mmol/l

K

4,5 mmol/l

Lipämie

evident

Harnanalysen

spezif. Gewicht 1.047, 2+ Protein, pH 6

Die Interpretation dieser Ergebnisse weist in Richtung Hämokonzentration mit leichter prärenaler Azotämie. Es wird ein intravenöser Katheter gesetzt, und Ringerlaktat wird mit doppelter Erhaltungsrate verabreicht.

B - Abdominalröntgen

C - Abdominaler Ultraschall 1 – Echoreiche Zone 2 – Fettverseifung 3 – Echoarme Zone: Flüssigkeitsansammlung

Das Röntgenbild (B) zeigt ein geblähtes, gasgefülltes Duodenum und einen leichten Detailverlust, wie er bei Peritonitis vorliegt. Im Ultraschall zeigen sich ein vergrößertes echoarmes Pankreas (C) und geringe Mengen freier Abdominalflüssigkeit.

194


PCV (%)

52

(42-57)

Albumin (g/dl)

2,7

(3,1-4,1)

MCV (fl)

72

(63-74)

Globulin (g/dl)

3,4

(1,9-3,6)

Leukozyten (Tsd./µl)

21.1

(6.2-14.4)

ALP (IE/l)

750

(12-122)

Neutrophile (Tsd./µl)

19

(3.4-9.7)

ALT (IE/l)

400

(25-106)

Stabkernige Neutrophile (Tsd./µl)

1.1

(0-0.1)

Cholesterol (mg/dl)

400

(124-335)

Lymphozyten (Tsd./µl)

1.0

(1.3-4.7)

Bilirubin (mg/dl)

0.4

(0,1-0,2)

Thrombozyten (Tsd./µl)

290

(179-483)

Amylase (U/l)

2.400

(286-1124)

Creatinin (mg/dl)

1,8

(0-5-1.3)

Glukose (mg/dl)

131

(60-120)

Gerinnungskaskade Erhöhtes Fibrinogen

Pankreas

Profile

2 - Akute Pankreatitis: Fallstudie

Ergebnisse der klinisch-pathologischen Untersuchungen

Serum lipämisch

Normale aPTT, Prothrombinzeit und D-Dimere

Interpretation

Therapie

Kommentar

Kein Hinweis auf metabolische oder endokrine Ursachen des Erbrechens, keine Hinweise auf versehentliche Aufnahme von Pharmaka oder Toxinen. Statisches, gasgefülltes Duodenum im Röntgen lässt einen Ileus sekundär nach Intestinalerkrankung, Pankreatitis oder Peritonitis vermuten. Im Ultraschall finden sich abgesehen von dem vergrößerten Pankreas keine Auffälligkeiten. Labortests belegen eine Hämokonzentration (erhöhter Hämatokrit und prärenale Azotämie), Neutrophilie und Linksverschiebung, leichte Hypalbuminämie, erhöhte Leberenzyme, Hypercholesterolämie, lipämisches Serum und erhöhte Fibrinogenwerte. In der Zusammenfassung sind diese Ergebnisse diagnostisch für eine akute Pankreatitis.

Für die Wahl der Behandlung ging man von der Arbeitsdiagnose Pankreatitis aus. Die Abwesenheit von Thrombozytopenie oder Gerinnungsveränderungen spricht gegen eine Pankreasnekrose. Die eingeleitete Flüssigkeitstherapie wurde mit kristalloider Lösung bei doppelter Erhaltungsdosis fortgesetzt. Zusätzlich wurden 10 ml/kg kolloidaler Infusionslösung (HES) gegeben. Heparin (100 IE/kg s.c.) wurde zur Klärung des lipämischen Serums gegeben. Buprenorphin (0,01 mg/kg s.c. alle 8 Stunden) wurde gegen die abdominalen Schmerzen verabreicht. Eine Antibiotikatherapie mit Ampicillin (20 mg/kg i.v. 3 x tgl.) wurde wegen der Linksverschiebung begonnen. Ein Fasten während 48 Stunden wurde verschrieben. Während dieser Zeit erfolgte die kontinuierliche Überwachung aller elementaren Vitalfunktionen sowie der Werte für Hämatokrit, Protein, Elektrolyte und Thrombozyten und des Körpergewichts.

Bei diesem Hund lag ein recht klassisches klinisches Bild der akuten Pankreatitis vor. Das relativ rasche Ansprechen auf die Therapie und die Tatsache, dass keine Gerinnungsstörungen vorlagen, passen zum Bild einer leichten Pankreatitis, die ohne Nekrose verläuft. Die diätetische Therapie entspricht in diesem Fall der herkömmlichen Norm. In Anlehnung an die jüngsten experimentellen Studien in Human- und Tiermedizin hätte eine künstliche Ernährung mittels nasogastrischer oder nasojejunaler Ernährungssonde durchgeführt werden können, doch ist der tatsächliche Nutzen dieser Maßnahme bei klinischen Patienten noch genauer zu definieren.

Am dritten Tag lag kein Erbrechen mehr vor und der Abdominalschmerz war verschwunden. Der Hund erhielt Hühnerbrühe. Der Zustand verbesserte sich laufend, und nach vorsichtigem Anfüttern wurde der Patient entlassen. Eine fettreduzierte Diät wurde aufgrund der Hyperlipidämie empfohlen.

Hätte bei diesem Patienten eine hochgradige Pankreatitis vorgelegen oder hätte er nicht so rasch auf die Behandlung angesprochen, wäre eine aggressivere Therapie mit Plasmatransfusion sowie die künstliche Ernährung über eine Jejunostomiesonde indiziert gewesen.

195


Häufig gestellte Fragen: Pankreatitis

> Welche Diät sollte in der Rekonvaleszenz nach der Pankreatitis gefüttert werden? Sobald das Erbrechen sistiert und der Hund keine abdominalen Schmerzen mehr hat, kehrt auch der Appetit wieder zurück und das Tier wird freiwillig Futter aufnehmen. Fett wird häufig als jener Nährstoff angesehen, dessen Gehalt reduziert werden sollte, da er die CCK-Freisetzung und die Pankreassekretion stimuliert. Dies trifft allerdings auch auf die Aminosäuren zu, deren Zufuhr nicht beschränkt wird.

Pankreas

Zu vermeiden ist fettreiches Futter (>50 g/1000 kcal) mit niedrigem Proteingehalt (<20 g/1000 kcal) und einem Nährstoffprofil, das eine Pankreatitis auslösen könnte. Da Adipositas hinsichtlich der Pankreatitis einen Risikofaktor darstellt, sollte die Entwicklung von Übergewicht vermieden werden. Diäten, die Nährstoffe nur in Form von deren elementaren Bausteinen zuführen, können in ähnlicher Weise wie normales Futter eine Stimulation des Pankreas hervorrufen.

Die Zusammensetzung einer selbstgekochten Diät muss an die Art der Pankreaserkrankung angepasst werden. • Exokrine Pankreasinsuffizienz: Die Einzelkomponenten sollten hoch verdaulich sein. Der optimale Fettgehalt kann je nach Lage des Falls stark variieren: - Schlechte Körperkondition: Hier ist eine Diät für kachektische Tiere angezeigt (siehe Kapitel 13). - Fettunverträglichkeit: Eine fettarme, für Patienten mit Hyperlipidämie geeignete Diät ist zu empfehlen (siehe Kapitel 7). Eine weitere Option ist eine hypoallergene Diät, falls das Tier auf die empfohlene Futterumstellung nicht reagiert oder wenn der Verdacht auf eine Futtermittelallergie besteht (siehe Kapitel 2). • Akute Pankreatitis: Die Diät sollte einen niedrigen Fettgehalt haben und für Patienten mit Hyperlipidämie geeignet sein (siehe Kapitel 7).

Häufig gestellte Fragen: Pankreatitis

F

A

Mein Hund hat sich eben erst von einer Pankreatitis erholt. Kann ich irgendetwas tun, damit er nicht wieder an Pankreatitis erkrankt?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht ganz einfach. Wann immer Risikofaktoren ausgeschlossen werden können, wird ein Rückfall weniger wahrscheinlich. So sollte zum Beispiel dafür gesorgt werden, dass der Hund nichts Ungeeignetes frisst und dass er keine Medikamente erhält (z.B. Phenobarbital und Kaliumbromid), die ein Rezidiv der Pankreatitis auslösen könnten. Bei Hyperlipidämie sollte eine fettreduzierte Diät gefüttert werden. Auch die Aufrechterhaltung eines optimalen Körpergewichtes verringert das Risiko für einen Rückfall.

Bei meinem Hund wurde vor einer Woche Pankreatitis diagnostiziert. Das Erbrechen hat mittlerweile aufgehört, aber er wird jetzt gelb. Warum ist das so?

196

Die Entwicklung einer Gelbsucht nach akuter Pankreatitis steht normalerweise in Zusammenhang mit der durch die Entzündung der Bauchspeicheldrüse verursachten Verstopfung des Gallenganges. Durch Bluttests und die Ultraschalluntersuchung des Bauches wird die Diagnose gestellt. Ist der Hund ansonsten gesund und munter, besteht die konservative Behandlung in der Überwachung der relevanten klinischen und biochemischen Parameter während etwa zwei Wochen. So kann man feststellen, ob sich die Hyperbilirubinämie und Gelbsucht bessert oder verschlechtert. Besteht die Gallengangsobstruktion über zwei bis drei Wochen fort, muss das Problem chirurgisch gelöst werden.


Literatur

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Pankreas

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Pankreas

Diätetische Informationen von Royal Canin

Exokrine Pankreasinsuffizienz kann bei Hunden aller Rassen auftreten, betrifft aber besonders häufig Deutsche Schäferhunde und Collies im Alter von etwa 2 Jahren.

Schlüsselpunkte zum Thema:

Die Rolle der Ernährung bei der Behandlung von Erkrankungen des Pankreas Das klinische Bild der exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI) entsteht nicht nur als Folge der unvollständigen Verdauung der Nährstoffe im Darmlumen, sondern auch durch unzureichende Neutralisierung des Speisebreis, Veränderung der Enzyme des Bürstensaums und Proliferation von Darmbakterien. Dies führt zu abnormer Aktivität der Enzyme der Darmschleimhaut sowie zu reduziertem Transport von Zuckern, Aminosäuren, Fettsäuren und Vi-taminen (insbesondere Vitamin B12) aus dem Darmlumen in die Entero-zyten.

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Die Behandlung der EPI besteht in der Supplementierung der Nahrung mit Pankreasenzymen und in der Fütterung einer hoch verdaulichen Diät. Die wirksamsten Formen der Enzymsupplementierung sind: - Pankreasextrakt in Pulverform: 3 g pro Mahlzeit für einen Hund mit 20 - 35 kg - Frisches Pankreas vom Schwein oder Rind: 50-100 g pro Mahlzeit für einen mittelgroßen Hund Von der Verabreichung von Tabletten sollte Abstand genommen werden, da sich diese häufig nicht auflösen und noch intakt im Kot zu finden sind.

Eine Präinkubation des Futters mit dem Enzymersatz bringt keine Vorteile. Sobald das Tier auf die Therapie anspricht, kann die Menge des supplementierten Pankreasenzyms schrittweise bis auf die Hälfte reduziert werden. Dies ist deshalb nicht unwesentlich, da diese Präparate relativ teuer sind. Bei den meisten Hunden ist die Supplementierung mit Pankreasenzymen lebenslang notwendig. Von Blutungen im Maul bei Hunden, die einen Pankreasenzymersatz erhielten, ist berichtet worden. Durch die Reduzierung der supplementierten Menge um die Hälfte sind derlei Probleme normalerweise abzustellen.


Diätetische Informationen von Royal Canin

1 • Die diätetische Therapie der Pankreasinsuffizienz

- Der niedrige Rohfasergehalt ist erforderlich, weil die Diät eine hohe Energiedichte aufweisen muss (bei Hunden mit Pankreasinsuffizienz ist es oft schwierig, einen akzeptablen Ernährungszustand aufrechtzuerhalten). Außerdem kann ein zu hoher Rohfasergehalt die Aktivität der Pankreasenzyme hemmen. - Die Fettrestriktion wird bei EPI zur Vermeidung von Durchfall empfohlen. Die Anwesenheit von hydroxylierten Fettsäuren im Darmlumen stimuliert nämlich den Wasserverlust und damit die Diarrhoe. Diese hydroxylierten Fettsäuren werden von den Organismen der Darmflora produziert, wobei der Einstrom unverdauten Fetts in den Dickdarm eine Proliferation der Darmflora bewirkt. Die Malabsorption von Fett aufgrund der mangelhaften Lipasesekretion des Pankreas und der Dekonjugation der Gallensäuren durch bakterielle Überwucherung wird als das Hauptproblem bei der exokrinen Pankreasinsuffizienz des Hundes angesehen.

Die Rolle des Fettes Der eben beschriebenen Fütterungspraxis widersprechen allerdings neuere Studien. Beim Vergleich mit einem Standardalleinfutter (27% der Energie aus Fett) bzw. mit einer fettarmen Diät (16% der Energie aus Fett) zeigte sich nämlich, dass eine

Prognose Die Lebensqualität der meisten Hunde mit exokriner Pankreasinsufizienz, die eine dauerhafte Substitution der Pankreasenzyme erhalten und täglich zweimal gefüttert werden, ist praktisch so gut wie die gesunder Hunde. Die Prognose für Hunde mit EPI in Verbindung mit Pankreatitis oder Diabetes ist vorsichtiger zu stellen. Ist innerhalb von 4-5 Tagen nach Beginn der Enzymsupplementierung bzw. der Diät keine Besserung zu beobachten (Gewichtszunahme, Sistieren der Diarrhoe oder der Polyphagie), sollte eine Antibiotikatherapie (Metronidazol oder Tylosin) begonnen werden, um die bakterielle Überwucherung zu bekämpfen.

Hypothese: Ein hoher Fettgehalt bewirkt eine bessere Konservierung der Lipase des Pankreasenzymersatzes. Hoch verdauliche Diäten mit einem Fettgehalt von ca. 20% werden von Hunden mit EPI sehr gut vertragen. Ein positiver Effekt bei untergewichtigen Tieren ist außerdem die durch den höheren Fettgehalt verbesserte Energiezufuhr.

Die Wahl einer hoch verdaulichen Stärkequelle Die besonders hohe Verdaulichkeit der Stärke macht Reis zum bevorzugten Getreide bei der Rationsgestaltung für Hunde mit EPI, die zusätzlich auch unter Futterunverträglichkeiten oder Futtermittelallergien leiden können. Erste Untersuchungen scheinen dafür zu sprechen, dass sich eine Diät mit hydrolysiertem Protein bei Hunden mit EPI sehr positiv auswirken kann. Die kurzen Peptidketten erleichtern die Verdauung und Resorption.

Schlussfolgerung Entgegen bisheriger Überzeugung sind manche Hunde mit EPI in der Lage, große Mengen an Nahrungsfett gut zu tolerieren. Das Fett ermöglicht eine bessere Konservierung des supplementierten Enzyms während der Passage des Speisebreis durch das saure Milieu des Magens. Diäten auf der Basis von Proteinhydrolysaten unterstützen nicht nur die Verdauungsfunktionen positiv, sondern sind auch bei eventuell bestehenden Futterunverträglichkeiten von Nutzen.

Die Vermeidung eines Vitaminmangels Bei Hunden mit EPI entwickelt sich sehr häufig ein Mangel an Vitamin B12 und Vitamin E. Auch Vitamin Aund Vitamin K-Mangel ist beobachtet worden. Zum Ausgleich der Mangelerscheinungen ist die parenterale Verabreichung dieser Vitamine erforderlich.

Beim Deutschen Schäferhund wird ein rezessiv-autosomaler Erbgang bei der Vererbung der exokrinen Pankreasinsuffizienz vermutet.

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Pankreas

Traditionell wird für Patienten mit EPI eine hoch verdauliche, rohfaserarme Diät mit mäßigem Fettgehalt empfohlen.

fettreiche Diät (43% der Energie) die Fettresorption und damit die klinischen Symptome bei Hunden mit EPI bessert.

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Herkömmliche Behandlungsform


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2 • Exokrine Pankreasinsuffizienz und Futterunverträglichkeitsreaktionen beim Hund

Pankreas

Die Rolle einer fettreichen Diät auf der Basis von Reis und hydrolysiertem Sojaproteinisolat Dermatologische Symptome einer Futterunverträglichkeitsreaktion zeigen sich häufig bei Hunden mit exokriner Pankreasinsuffizienz, vor allem bei Deutschen Schäferhunden. Tiere, die an diesen beiden Störungen leiden, sprechen meist nur schlecht auf die Enzymsupplementierung und auf eine spezielle EPIDiät an. Der nachstehende Bericht beschreibt die positive Reaktion von vier Deutschen Schäferhunden mit EPI und begleitender Hauterkrankung auf eine auf der Basis von Reis und Sojahydrolysat im Extruderverfahren hergestellte Diät mit einem Fettgehalt von 19%. Vier männliche Deutsche Schäferhunde mit EPI (TLI 0,88 bis 5,08 µg/l)

im Alter zwischen 2,5 – 9 Jahren und mit einem Körpergewicht zwischen 31 und 40 kg nahmen an der Studie teil. Alle Hunde litten unter rezidivierender Diarrhoe, die mehr oder minder erfolgreich durch Fütterung einer hoch verdaulichen und/oder hypoallergenen Diät sowie durch die Pankreasenzymsupplementierung in Schach gehalten werden konnte. Alle Tiere waren zu Beginn der Studie schlank und zeigten verschiedene, mit einer Futtermittelunverträglichkeit kompatible Hautsymptome. Hunde mit tiefen Pyodermien wurden mit Cefalexin behandelt. Abgesehen vom Enzymersatz erhielten die Hunde keine andere Medikation. Nach sieben Tagen ausschließlicher Fütterung der oben beschriebenen Diät hatte sich der Kotabsatz aller vier Hunde normalisiert, und Anzeichen einer Diarrhoe waren auch während der folgenden 3-monatigen Beobachtungszeit nicht mehr

festzustellen. Innerhalb von drei Monaten hatten alle Hunde durch Gewichtszunahmen zwischen 2 und 10 kg einen optimalen Ernährungsstatus erreicht. Auch die Hauterkrankungen waren nach diesem Zeitraum bei drei der vier Hunde vollkommen abgeheilt. Nur bei einem Tier bestanden noch mäßig starker Juckreiz sowie einige erythematöse Läsionen und lokal begrenzte verschorfte Stellen in Verbindung mit einer Hyperpigmentierung. Alle Tiere dieser Studie tolerierten den hohen Fettgehalt der Diät (40,8% der Energie) sehr gut, was frühere Untersuchungsergebnisse bestätigte. Dies lässt den Schluss zu, dass eine fettreiche, hoch verdauliche Diät nicht nur nicht kontraindiziert ist bei der Behandlung von EPIPatienten, sondern im Gegenteil sogar von Vorteil sein kann, da dadurch eine gute Körperverfassung der Tiere schnell wiederhergestellt werden kann.

DURCHSCHNITTLICHE ANALYSE Feuchtigkeit

9%

Rohprotein

21%

Rohfett

19%

Zellulose

2,2%

Gesamte diätetische Faser

5,4%

Rohasche

8%

Umsetzbare Energie (ME)

4182 kcal/kg

Zusammensetzung: Reis, hydrolysiertes Sojaisolat, tierische Fette, Mineralstoffe, pflanzliche Öle (einschließlich Borretschöl), Zeolith, Fructooligosaccharide, Fischöl.

Literatur Biourge VC, Fontaine J - Exocrine pancreatic insufficiency and adverse reaction to food in dogs: a positive response to a high-fat, soy isolate hydrolysate-based diet. J Nutr 2004 ; 134: 2166S–2168S.

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HYDROLYSIERTES SOJAPROTEINISOLAT (SOJAHYDROLYSAT)

Sojaeiweiß ist für seine hervorragende Qualität bekannt, doch ist seine Verwendung in Tiernahrung wegen der folgenden Inhaltsstoffe von Sojabohnen eingeschränkt: - anti-nutritive Faktoren (z.B. Antitrypsin), die die Eiweißverdauung und die vollständige Nährstoffresorption hemmen - nicht-verdauliche Kohlenhydrate, die zur Gärung im Kolon neigen und damit Flatulenz oder andere

Verdauungsstörungen verursachen. Sojahydrolysat wird durch enzymatische Hydrolyse von Sojaisolat gewonnen. Im Gegensatz zu den intakten Proteinen des Sojaisolats enthält das Hydrolysat nur noch kleine Polypeptide. Während des Herstellungsprozesses von Sojahydrolysat werden alle unerwünschten Substanzen entweder zerstört oder herausgefiltert. Die wichtigsten Vorteile des so hergestellten Hydrolysats sind:

- sehr hohe Verdaulichkeit und ausgezeichnete Verträglichkeit - minimiertes allergenes Potenzial Die Verdaulichkeit des Sojahydrolysates liegt über 96%. Dies ist vergleichbar der Verdaulichkeit von Kasein und Ei bzw. von anderen Referenzproteinen und besser als die Verdaulichkeit von hochwertigem tierischem Eiweiß.

DIE HERSTELLUNG VON HYDROLYSIERTEM SOJAPROTEINISOLAT Sojabohnen Sojakuchen

Schälen, Pressen Mahlen

Flocken Fettextraktion Sojaisolat stellt eine hochkonzentrierte Eiweißquelle dar (85% Protein). Sojahydrolysat hat ein sehr gutes Aminosäurenprofil: Seine biologische Wertigkeit kommt nach Anreicherung mit der essenziellen Aminosäure Methionin, die nur begrenzt in Sojabohnen enthalten ist, jener des Eipulvers und des Kaseins gleich.

Sojahydrolysat ist sowohl in der Human- wie auch in der Veterinärdiätetik zu einem der wichtigsten Referenzproteine geworden. Die Qualität dieser Proteinquelle ist so hoch, dass sie als Milcheiweißersatz für allergische Babies und als Proteinzusatz für Hochleistungssportler oder Patienten in der Rekonvaleszenz verwendet wird. In der Humanmedizin werden Diäten auf Sojahydrolysatbasis zur Prophylaxe von Enteritis bei Patienten, die eine Strahlen- oder Chemotherapie machen, eingesetzt.

Flocken nach Fettentzug

Sojaisolat Wässerige Alkoholextraktion + Eiweißfällung

Sojahydrolysat

Enzymatische Hydrolyse

ZUSAMMENSETZUNG VERSCHIEDENER SOJAPRODUKTE IM VERGLEICH

Soja5 hydrolysat

2,5

12

Sojakuchen

2

48

Sojabohnen 11,7 0

4,5 3

85

35,4 20

20 40

60

18

20

17 80

15,9

Feuchtigkeit Rohprotein Rohfett Diätetische Faser Zucker + Rohasche

100 %

201

Pankreas

Im Brennpunkt:


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