Klinische Diätetik - Harnwege

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LUTD


Doreen M. HOUSTON

Denise A. ELLIOTT BVSc (Hons), PhD, Dipl. ACVIM, Dipl. ACVN

Diätetische Behandlung von Erkrankungen der ableitenden Harnwege bei der Katze

1. Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 2. Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 3. Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 4. Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Spezifische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Häufig gestellte Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diätetische Informationen von Royal Canin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS LUTD: Lower urinary tract disease FIC: Feline idiopathische (oder interstitielle) Zystitis GFR: Glomeruläre Filtrationsrate GAG: Glykosaminoglykane IRIS: International Renal Interest Society TM: Trockenmasse RSS: Relative Supersaturation

285

290 295 312 313 314 318

LUTD

DVM, DVSc, Dipl. ACVIM


Diätetische Behandlung von Erkrankungen der ableitenden Harnwege bei der Katze Doreen M. HOUSTON DVM, DVSc, Dipl. ACVIM Doreen Houston schloss ihr Studium 1980 am Ontario Veterinary College (OVC) in Kanada ab und arbeitete anschließend über vier Jahre in einer privaten Praxis in Thunder Bay, Ontario. Anschließend kehrte sie an das OVC zurück, um sich auf akademischer Ebene weiterzubilden (Internship, Residency und DVSc in Innerer Medizin). Im Jahr 1991 erhielt sie die Board Certification des American College of Veterinary Internal Medicine (ACVIM). 1990 wechselte Dr. Houston an das Western College of Veterinary Medicine der University of Saskatchewan und wurde dort 1995 zur ordentlichen Professorin (Full Professor) berufen. Im Rahmen ihrer akademischen Laufbahn erhielt Dr. Houston zahlreiche Auszeichnungen im Bereich der Lehre. Im Jahr 1996 verließ sie die akademische Laufbahn, um sich dem Team der Veterinary Medi-Cal (Royal Canin) Diets in Guelph, Ontario, anzuschließen, wo sie gegenwärtig als Leiterin der klinischen Forschung tätig ist. Dr. Houston ist Autorin zahlreicher wissenschaftlicher Artikel, sowie mehrerer Fachbuchkapitel und eines Lehrbuchs.

Denise A. ELLIOTT BVSc (Hons), PhD, Dipl. ACVIM, Dipl. ACVN

LUTD

Denise Elliott schloss ihr Studium 1991 an der University of Melbourne mit einem Bachelor in Veterinary Science mit Auszeichnung ab. Nach einem Internship in den Bereichen Innere Medizin und Chirurgie der Kleintiere an der University of Pennsylvania wechselte Dr. Elliott an die University of California in Davis, wo sie eine Residency im Bereich Innere Medizin der Kleintiere, ein Forschungsstipendium für Nephrologie und Hämodialyse und eine Residency im Bereich Klinische Diätetik der Kleintiere absolvierte. Im Jahr 1996 erhielt Dr. Elliott die Board Certification des American College of Veterinary Internal Medicine, und 2001 die Board Certification des American College of Veterinary Nutrition. An der University of Davis promovierte Dr. Elliott 2001 (PhD) im Bereich Ernährungslehre zum Thema „Multifrequency Bioelectrical Impedance Analysis in Healthy Cats and Dogs“. Zurzeit ist Dr. Elliott Leiterin der Abteilung Scientific Communications bei Royal Canin, USA.

U

nter dem Sammelbegriff „Erkrankungen der ableitenden Harnwege der Katze“ (engl.: Feline Lower Urinary Tract Disease oder FLUTD) wird eine heterogene Gruppe von Erkrankungen zusammengefasst, die durch ähnliche klinische Symptome gekennzeichnet sind. Dazu gehören Hämaturie (makroskopisch und mikroskopisch), Dysurie, Strangurie, Pollakisurie, Harnabsatz an ungeeigneten Stellen (Periurie oder Anzeichen eines krankheitsbedingten Harnabsatzes außerhalb der Katzentoilette) und partielle oder vollständige Harnröhrenobstruktion (Kruger et al. 1991; Osborne et al. 1996a).

286


64 % Idiopathische Zystitis 15 % Urolithiasis 11 % Anatomischer Defekt 9 % Verhaltensstörung 2 % Neoplasie 0,9 % Harnwegsinfektion

57 % Idiopathische Zystitis 22 % Urolithiasis 10 % Harnröhrenpfropfen 8 % Harnwegsinfektion 3 % Unbekannt

Einige Katzen wiesen mehrere der genannten Erkrankungen gleichzeitig auf.

1 - Epidemiologie

2 - Ätiologie

(nach Osborne et al. 2000; Studie aus den USA)

Kater Weibliche Katze

Relative Häufigkeit (%)

Inzidenz, Prävalenz und proportionale Morbiditätsrate (PMR) sind epidemiologische Begriffe zur näheren Beschreibung der „Häufigkeit“ einer Erkrankung. - Die Inzidenzrate der FLUTD wird definiert als die Anzahl der Neuerkrankungen in einer Population während eines definierten Zeitintervalls (oft jährlich). Die Inzidenz einer Erkrankung ist eine hilfreiche Größe für Epidemiologen, da sie als Maß für das Erkrankungsrisiko herangezogen werden kann. Die Inzidenzrate der FLUTD wird in den USA auf etwa 0,85 % geschätzt (Lawler et al. 1985), und liegt in Großbritannien zwischen 0,34 und 0,64 % (Fennell 1975; Walker et al. 1977; Willeberg 1984). - Die Prävalenz der FLUTD wird definiert als die Gesamtanzahl der Tiere mit FLUTD in einer Population zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Prävalenz unterscheidet sich von der Inzidenz unter anderem dadurch, dass sie keine Aussagen über das Erkrankungsrisiko zulässt. - Das Verhältnis der FLUTD-Fälle zu allen in einem bestimmten Zeitraum in einer Praxis/Klinik diagnostizierten Erkrankungsfällen wird als proportionale Morbiditätsrate (PMR) bezeichnet. Die PMR wird in Nordamerika auf 1,5 bis 8 % geschätzt (Bartges 1997; Lund et al. 1999; Lekcharoensuk et al. 2001a).

ABBILDUNG 3 - EINFLUSS DES GESCHLECHTS AUF DIE INZIDENZ VON ERKRANKUNGEN DER ABLEITENDEN HARNWEGE BEI KATZEN IN DEN USA

LUTD

(nach Buffington et al. 1997; Studie aus den USA)

ABBILDUNG 2 – ÄTIOLOGIE VON ERKRANKUNGEN DER ABLEITENDEN HARNWEGE BEI KATZEN IN EUROPA (nach Gerber et al. 2005; Studie aus Europa)

1 - Epidemiologie

ABBILDUNG 1 – ÄTIOLOGIE NICHT-OBSTRUKTIVER ERKRANKUNGEN DER ABLEITENDEN HARNWEGE BEI KATZEN

Idiopathisch

Die idiopathische Zystitis ist weltweit die mit Abstand häufigste Ursache der FLUTD bei Katern und bei weiblichen Katzen (Kruger et al. 1991; Buffington et al. 1997; Osborne et al. 2000; Lekcharoensuk et al. 2001a; Gerber et al. 2005) (Abbildung 1, 2, 3).

Urolithiasis

Harnwegsinfektion

Urolithiasis + Harnwegsinfektion

Urolithiasis ist die zweithäufigste FLUTD-Ursache. Harnsteine können sich grundsätzlich überall im Harntrakt bilden; bei der Katze entsteht die weitaus größte Anzahl jedoch in der Harnblase (Cannon et al. 2007). Die Mehrzahl der Blasensteine setzt sich aus Magnesium-Ammonium-Phosphat (Struvit) oder Kalziumoxalat zusammen. Nierensteine dagegen bestehen im typischen Fall aus Kalziumoxalat (Lulich et al. 1994). Die Prävalenz von Struvit- und Kalziumoxalatsteinen bei der Katze hat sich im Laufe der vergangenen 20 Jahre verändert (Tabelle 1). Vor Ende der 1980er Jahre übertrafen die in zwei Labors in den USA quantitativ analysierten Struvitharnsteine zahlenmäßig die Kalziumoxalatsteine bei weitem (Cannon et al. 2007). Zwischen 1984 und 1995 stieg der Anteil der Kalziumoxalatsteine unter allen an das Urolith Center der University of Minnesota eingesandten Harnsteinen von 2 % auf 40 % (Osborne et al. 1996b). Ab Mitte der 1990er Jahre wurden tendenziell weniger Struvitsteine nachgewiesen, und Kalziumoxalatsteine übernahmen den ersten Rang in Nordamerika, aber auch in anderen Teilen der Welt (Lekcharoensuk et al. 2001a; Cannon et al. 2007; Forrester 2006; Houston et al. 2003 und 2006; Gerber et al. 2005). Seit 2002 befinden sich erneut die Struvitsteine auf dem Vormarsch und haben Kalziumoxalatsteine inzwischen vom ersten Rang der Einsendungen in den USA verdrängt (Abbildung 4). Unter den insgesamt 9221 im Jahr 2005 am Min287


2 - Ätiologie

TABELLE 1 – VERÄNDERUNGEN DER ANALYSEERGEBNISSE VON STRUVIT- UND KALZIUMOXALATSTEINEN ÜBER DIE VERGANGENEN ZWEI JAHRZEHNTE IN DEN USA UND KANADA (nach Osborne et al. 1986, 1992a, 1995a und b, 2000; Forrester 2006; Cannon et al. 2007)

Jahr

1984

1986

1989

1990

1993

1995

1997-98

2001

2002

2003

2004

2005

Struvit (%)

88-90

85

70-80

65

54

50

42

34

40

42,5

44,9

48

Kalziumoxalat (%)

2,4

3

10,6

19

27

37

46

55

50

47,4

44,3

41

Urat (%)

2

5,6+

6,3+

6,80+

5,60+

4,60+

Struvitsteine dominierten in den 1980er und frühen 1990er Jahren. Kalziumoxalatsteine dominierten in der zweiten Hälfte der 1990er und in den frühen 2000er Jahren. Im Jahr 2005 dominierten wieder die Struvitsteine +

einschließlich Daten der Jahre 1984 und 1986

nesota Urolith Center analysierten Harnsteinen von Katzen handelte es sich in absteigender Reihenfolge um Struvit (48 %), Kalziumoxalat (41 %) und Purin (4,6 %) (Forrester et al. 2006). In Kanada wurden 2005 zu gleichen Teilen Struvit- und Kalziumoxalatsteine analysiert (Houston et al. 2006). In Hong Kong, Italien und Großbritannien waren Struvitharnsteine die häufigsten Steine im untersuchten Zeitraum (1998-2000), während Kalziumoxalatsteine auf Platz zwei lagen (Stevenson 2001). In den Niederlanden lag im selben Zeitraum Kalziumoxalat auf Platz eins und Struvit auf Platz zwei aller Einsendungen (Stevenson 2001). Zu den seltener festgestellten Harnsteinen gehören Ammoniumurat, Cystin, Silikat, Xanthin, Kalziumphosphat, Pyrophosphat und so genannte „Dried solidified blood calculi“ (Blutkoagel).

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Bei Katern mit obstruktiver FLUTD sind Harnröhrenpfropfen die häufigste Ursache, gefolgt von der idiopathischen Zystitis (Abbildung 5; Kruger et al. 1991). Seltenere FLUTD-Ursachen bei Katern wie bei weiblichen Katzen sind anatomische Defekte, Neoplasien, Harnwegsinfektionen und neurologische Störungen (Kruger et al. 1991). Bei älteren Katzen über 10 Jahre kommt die idiopathische Zystitis selten vor, und die häufigste Ursache der FLUTD in dieser Altersklasse sind Harnwegsinfektionen, gefolgt von Urolithiasis (Abbildung 6; Bartges 1997). Bakterielle Zystitiden werden im typischen Fall bei Katzen unter einem Jahr sowie bei älteren Katzen und bei Katzen mit besonderen Risikofaktoren wie zum Beispiel perinealer Urethrostomie, Diabetes mellitus oder chronischen Nierenerkrankungen diagnostiziert.

3 - Pathophysiologie Feline idiopathische Zystitis Die feline idiopathische (oder interstitielle) Zystitis (FIC) ist eine nicht-infektiöse, entzündliche, psychoneuroendokrine Erkrankung mit pathologischen Veränderungen im Bereich der Harnblase, des Zentralner-

ABBILDUNG 4 – ENTWICKLUNG DER PRÄVALENZ VON KALZIUMOXALATUND STRUVITHARNSTEINEN ZWISCHEN 2001 UND 2005 (nach Forrester 2006)

Oxalat Struvit

ABBILDUNG 5 – ÄTIOLOGIE DER OBSTRUKTIVEN FLUTD BEI 51 KATERN IN DEN USA (nach Osborne et al. 2000; Studie aus den USA)

ABBILDUNG 6 – ÄTIOLOGIE VON ERKRANKUNGEN DER ABLEITENDEN HARNWEGE BEI ÄLTEREN KATZEN ÜBER 10 JAHREN (nach Bartges 1997; Studie aus den USA)

60

Fälle (% )

50 40 30 20 10 0

2001

2002

2003

2004

Jahr der Studie

288

2005

59 % Urethrapfropfen 29 % Idiopathisch 10 % Urolithiasis 2 % Urolithiasis + Harnwegsinfektion

46 % Harnwegsinfektion 27 % Urolithiasis 7 % Urethrapfropfen 7 % Trauma

5 % Idiopathische Zystitis 5 % Inkontinenz 3 % Neoplasie


Katzen können bereits mit einer Prädisposition für FIC geboren werden, und die klinischen Symptome einer FLUTD manifestieren sich, sobald diese prädisponierten Tiere „provokativen und stressreichen“ Umweltbedingungen ausgesetzt sind. Bei der FIC handelt es sich um eine chronische Erkrankung mit schwankendem Verlauf, gekennzeichnet durch abwechselnde Phasen einer klinischen Remission und Phasen stressbedingter Rezidive. Bei einigen betroffenen Katzen werden kleine Nebennieren gefunden (Westropp et al. 2003).

3 - Pathophysiologie © Yves Lanceau/Royal Canin/Singapura

vensystems und der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (Abbildung 7). Man nimmt an, dass eine herabgesetzte Konzentration an Glykosaminoglykanen (GAG) zu einer Abnahme des protektiven Effektes des Urothels führt, so dass Harnbestandteile wie Kalzium- und Kaliumionen in das Epithel eindringen und dort entzündliche Veränderungen hervorrufen können (Buffington et al. 1994, 1999a; Buffington & Pacak 2001, 2002, 2004; Westropp et al. 2002, 2003; Pereira et al. 2004). Darüber hinaus können diese Ionen die in der Submukosa liegenden sensorischen, efferenten Neuronen (C-Fasern) stimulieren, deren nozizeptive Signale über das Rückenmark und das Hirn als Schmerzen wahrgenommen werden. Stressoren in der Umgebung einer sensiblen Katze können die klinischen Symptome verstärken, indem sie das efferente, sympathische Nervensystem aktivieren, welches die Dorsalwurzelganglien im Rückenmark stimuliert. Die so stimulierten Dorsalwurzelganglien induzieren eine periphere Freisetzung von Neuropeptiden und Mediatoren, die wiederum für lokale entzündliche Veränderungen (neurogene Entzündung) und Schmerzen verantwortlich sind (Buffington et al. 1994, 1999a; Buffington & Pacak 2001; Westropp et al. 2002, 2003; Pereira 2004).

Besitzer von Katzen mit FIC sagen deutlich häufiger, dass ihre Katze ängstlich, nervös oder aggressiv ist als Besitzer gesunder Katzen oder Besitzer von Katzen mit anderen Erkrankungen. Dies stützt die Theorie einer stressbedingten Störung als Ursache bei betroffenen Katzen (Buffington et al. 2006a, b).

Urethrapfropfen

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Urethrapfropfen sind unorganisierte, komplexe Präzipitate, die im typischen Fall aus abgeschilfertem Gewebe, Blut oder Entzündungszellen bestehen, eingebettet in großen Mengen Matrix. Darüber hinaus können sie kristallines Material enthalten. Struvit ist der vorherrschende Mineralstofftyp in Urethrapfropfen mit mineralischer Komponente. Zwischen Harnsteinen und Urethrapfropfen gibt es einige physikalische und wahrscheinlich auch ätiologische Unterschiede, wobei die eigentliche Ursache der Matrix-Kristall-Pfropfen bislang nicht völlig klar ist. Einer bislang nicht bestätigten Vermutung zufolge sollen Tamm-Horsfall-Mukoproteine die dominierende Matrixkomponente darstellen; und nach einer Hypothese handelt es sich hierbei um ein Phänomen im Rahmen lokaler Abwehrmechanismen (Kruger et al. 1991; Osborne et al. 1992b, 1996c, 1996d; Houston et al. 2003; Forrester 2006). Urethrapfropfen kommen bei Katern deutlich häufiger vor als bei weiblichen Katzen und rufen eine partielle oder vollständige Harnwegsobstruktion hervor. Bei einigen Katzen kann FIC eine Prädisposition für die Bildung von Urethrapfropfen darstellen.

ABBILDUNG 7 – SCHEMATISCHE DARSTELLUNG MÖGLICHER PATHOPHYSIOLOGISCHER VERÄNDERUNGEN BEI KATZEN MIT FELINER IDIOPATHISCHER/INTERSTITIELLER ZYSTITIS (nach Buffington et al. 1999a)

GAGs Sensorischer Input Dorsalwurzelganglion

Stress

Histamin, Substanz P Sensorisches Neuron

Sympathische Efferenzen

289


4 - Diagnose

Urolithiasis Ein Urolith oder Harnstein wird definiert als ein aus Sediment entstandenes Konkrement im Harntrakt, bestehend aus einer oder mehreren schlecht löslichen kristalloiden Substanzen. Mikroskopisches Sediment wird als Kristalle bezeichnet, makroskopische Präzipitate als Urolithen oder Harnsteine. Harnkristalle bilden sich, wenn der Harn mit einem spezifischen Mineralstoff oder einer spezifischen mineralischen Verbindung übersättigt ist. Zur Präzipitation kommt es dann, wenn die Harnsättigung eine bestimmte Schwelle überschreitet. In der Initialphase der Harnsteinbildung (Nukleation) kommt es zur Bildung eines Kristallisationskerns (Nidus). Diese Phase ist abhängig vom Grad der Übersättigung des Harns mit lithogenen, kristalloiden Substanzen und wird beeinflusst vom Ausmaß der renalen Kristalloidausscheidung, vom Harn-pH-Wert, der Harntemperatur, sowie verschiedenen inhibitorischen (z. B. Citrat, Pyrophosphat) und kristallisationsfördernden Faktoren (z. B. tote Zellen, Zelldetritus, Protein, Bakterien oder andere Kristalle). Das weitere Kristallwachstum ist schließlich abhängig von der Fähigkeit des Kristallisationskerns, im Harntrakt zu verbleiben, von der Dauer der Übersättigung des Harns und der physikalischen Ultrastruktur des Kristalls. Die tatsächliche Wachstumsrate des Harnsteins richtet sich nach zahlreichen Faktoren einschließlich der Mineralstoffzusammensetzung und zusätzlicher Risikofaktoren, wie zum Beispiel Infektionen (Osborne et al. 1996a und b, 2000).

4 - Diagnose Vorbericht und klinische Symptome Unabhängig von der zugrunde liegenden Ursache zeigen Katzen mit FLUTD mehr oder weniger unspezifische Symptome wie Hämaturie (makroskopisch und/oder mikroskopisch), Dysurie, Strangurie, Pollakisurie, Harnabsatz an ungeeigneten Stellen (Periurie oder krankheitsbedingter Harnabsatz außerhalb der Katzentoilette), oder eine partielle oder vollständige Harnröhrenobstruktion (Kruger et al. 1991; Osborne et al. 1996a). Gelegentlich ist zu beobachten, dass sich erkrankte Kater vermehrt die Penisspitze belecken. Betroffene Katzen verbringen oftmals mehr Zeit auf der Katzentoilette als normalerweise. Oft versuchen sie vergeblich, Harn abzusetzen oder setzen sehr häufig kleine Harnmengen ab. Ruheloses Verhalten oder exzessive Körper- und Fellpflege im Bereich des kaudalen Abdomens können unspezifische Hinweise auf Beschwerden im Bereich des Harntraktes sein. LUTD

Harnwegsobstruktionen können plötzlich entstehen oder sich progredient über einen Zeitraum von mehreren Wochen entwickeln. Hinweise auf eine vollständige Obstruktion sind Depression, Anorexie, Lethargie, Dehydratation, Hypothermie und Erbrechen. In hochgradigen Fällen kann die Harnblase rupturieren und für eine vorübergehende Linderung der Symptome sorgen, ein Zustand, der jedoch in der Regel relativ rasch von der Entwicklung einer Peritonitis bis hin zum Tode des Patienten gefolgt wird.

Klinische Untersuchung Bei jeder Katze mit Symptomen einer FLUTD sollte zunächst eine vollständige klinische Untersuchung durchgeführt werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Hydratationsstatus, der Harnblase und der externen Harnröhrenmündung. Die Blase wird palpiert, um Größe (Erweiterungsgrad), Form, Konturen, Dicke der Blasenwand, intramurale oder intraluminale Zubildungen (Tumore, Urolithen, Gerinnsel) oder Krepitation im Blasenlumen zu beurteilen. Die meisten Harnsteine sind jedoch auf palpatorischem Wege nicht nachzuweisen (Osborne et al. 2000). In vielen Fällen löst die Palpation Schmerzäußerungen wie Schreien, Widerstand gegen weitere Palpationsversuche, vermehrtes Harnpressen oder die Passage einiger weniger Harntropfen mit Blutbeimengung aus. Penis und Präputium bzw. der Vulvabereich werden auf Anomalien der Harnröhre, sowie Hinweise auf Blut, Schleim oder Kristalle untersucht.

© Andrew Moore (CVUC)

Bei Katzen mit obstruktiver FLUTD ist die Blase erweitert, derb/angeschwollen und schmerzhaft. Die Penisspitze kann aufgrund der Entzündung und infolge einer Traumatisierung durch Belecken oder aufgrund eines Urethrapfropfens (Abbildung 8) verfärbt sein. Eine Harnröhrenobstruktion ist stets als ein medizinischer Notfall zu betrachten, der ein unmittelbares Eingreifen zur Beseitigung der Verlegung und zur Wiederherstellung des Harnabflusses erfordert. Zu überprüfen sind der Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt (insbesondere Hyperkaliämie) und das Säure-Basengleichgewicht des Patienten, und gegebenenfalls sind gezielte Behandlungsmaßnahmen einzuleiten (siehe Abschnitt Behandlung). Abbildung 8 – Urethrapfropfen bei einer Katze. Ein creme- bis strohfarbener Harnröhrenpfropfen kann aus der Urethra hervorstehen. Struvite sind der vorherrschende Kristalltyp bei Pfropfen mit mineralischen Komponenten. 290

Labordiagnostische Untersuchung Bei Katzen ohne Obstruktion der Harnwege umfasst die initiale Laboruntersuchung eine Harnanalyse einschließlich Sedimentuntersuchung, eine Harnkultur und eine Bild gebende Untersuchung des Abdomens. Auch ein großes Blutbild kann angefertigt werden, die einzelnen Parameter liegen aber nahezu immer inner-


© Waltham Centre for Pet Nutrition

Die Methode der Harnprobengewinnung hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die diagnostischen Ergebnisse und deren Interpretation. Das bevorzugte Entnahmeverfahren ist die Zystozentese, da hier eine Kontamination der Harnprobe in der Harnröhre oder im Genitaltrakt vermieden wird. Es handelt sich um einen minimal invasiven, gut tolerierten und sicheren Eingriff, unter der Voraussetzung, dass die richtige Technik zur Vermeidung iatrogener Traumata oder Infektionen des Harntraktes angewendet wird. Die wichtigsten Kontraindikationen für eine Zystozentese sind ein zu geringes Harnvolumen in der Blase, Widerstand des Patienten gegen die erforderlichen Zwangsmaßnahmen zur Fixierung und gegen die abdominale Palpation, sowie Gerinnungsstörungen und Blutungen. Eine Zystozentese darf nicht durchgeführt werden, wenn die Blase nicht eindeutig palpierbar ist. Eine Katheterisierung des Harntraktes erfolgt aus zwei Gründen: • Diagnose: Harngewinnung für die Harnanalyse, Nachweis von Abflusshindernissen in den Harnwegen (Harnsteine, Tumore) und Instillation eines Kontrastmittels für Röntgenuntersuchungen • Behandlung: Beseitigung einer Harnröhrenobstruktion und Erleichterung chirurgischer Eingriffe im Bereich von Blase, Harnröhre und umliegenden Strukturen

Abbildung 10 - Kalziumoxalatkristalle

Abbildung 11 - Ammoniumuratkristalle

© Waltham Centre for Pet Nutrition

Der Nachweis von Kristallen im Harn ist abhängig vom Harn-pH-Wert, der Harntemperatur und vom spezifischen Gewicht des Harns. Zu berücksichtigen ist, dass ein positiver Nachweis von Struvit- oder Kalziumoxalatkristallen im Harn nicht unbedingt auf ein tatsächlich vorhandenes klinisches Problem hinweisen muss. Einige wenige Kristalle in einem hoch konzentrierten Harn haben im Allgemeinen eine geringere klinische Bedeutung als einige wenige Kristalle in einem verdünnten Harn (Laboto 2001). Die Untersuchung auf Kristalle muss an absolut frischem Harn durchgeführt werden, da sich in Harnproben, die man vor der Analyse stehen und abkühlen lässt, artifizielle Kristalle bilden können (in vitro-Kristallisation; Tabelle 2). Werden Kristalle in gelagerten Proben nachgewiesen, sollte der Befund durch eine erneute Untersuchung einer frischen Harnprobe bestätigt werden (Albason et al. 2003).

© Waltham Centre for Pet Nutrition

Die Tageszeit der Harnprobenentnahme wird aufgezeichnet. Zudem sollte der Besitzer gefragt werden, wann die Katze zuvor letztmalig gefressen hat und wie stark gestresst sie bei Ankunft in der Praxis war. Am Morgen vor der ersten Mahlzeit ist der Harn-pH-Wert in der Regel am niedrigsten, und er liegt etwas höher, wenn die Harnprobe in der postprandialen Periode genommen wird (zwischen 2 und 6 Stunden nach einer Mahlzeit). Struvitkristalle können sich oberhalb eines Harn-pH-Wertes von 6,5 bilden. Durch Transportstress auf dem Weg in die Praxis kann die Katze eine Hyperventilation entwickeln, die unter anderem auch den Harn-pH-Wert auf Werte über 6,5 ansteigen lässt und so zur Entstehung von Struvitkristallen beitragen kann (Buffington & Chew 1996a). Die Harnprobe sollte in einem sterilen Röhrchen gesammelt werden. Ist eine Harnkultur geplant, wird ein Teil der Harnprobe in einem luftdichten Gefäß unverzüglich in den Kühlschrank gestellt. Für die Sedimentanalyse sollte der Harn jedoch nicht gekühlt werden, sondern vielmehr bei Zimmertemperatur und vor Lichteinfall geschützt aufbewahrt werden. Die Analyse sollte stets an frischem Harn erfolgen (innerhalb von 15 bis 60 min nach Entnahme), da sich bei längerer Lagerung artifizielle Struvit- und Kalziumoxalatkristalle bilden können (Albasan et al. 2003). Nun folgen eine Bestimmung der physikalisch-chemischen Eigenschaften des Harns und eine Untersuchung des Harnsediments. Zu den pathologischen Befunden der Harnanalyse und der Sedimentuntersuchung bei Patienten mit FLUTD gehören Hämaturie, Proteinurie, Pyurie und Kristallurie (Struvit, amorphe Phosphate, Urat, Kalziumoxalat, Cystin und Xanthin; Abbildung 9-12).

4 - Diagnose

Abbildung 9 - Struvitkristalle

Figure 12 - Cystinkristalle

Eine quantitative bakterielle Harnkultur ist angezeigt, um die Verdachtsdiagnose einer Harnwegsinfektion sicher zu bestätigen. Die Harnprobe sollte mittels Zystozentese gewonnen werden und der kulturellen Untersuchung spätestens innerhalb von 30 Minuten nach der Entnahme zugeführt werden. Ist dies nicht möglich, wird die Harnprobe nach Möglichkeit im Kühlschrank aufbewahrt. Im Anschluss an den Nachweis der beteiligten Erreger erfolgt ein Resistenztest, dessen Ergebnisse als Richtlinie für eine gezielte antimikrobielle Therapie dienen. 291

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Proben für die Harnanalyse werden entweder vom Besitzer selbst mit Hilfe von Spezialkatzenstreu oder in der Praxis durch Gewinnung einer Mittelstrahlprobe beim natürlichen Harnabsatz, durch Katheterisierung oder Zystozentese gewonnen. Das manuelle Ausdrücken der Blase ist zu vermeiden, da hierbei folgenschwere iatrogene Blutungen und/oder Traumata entstehen können. In den seltenen Fällen einer Harnwegsinfektion besteht durch den mechanischen Druck zudem die Gefahr eines retrograden Aufstiegs von Erregern von der Blase in die Niere mit nachfolgender Pyelonephritis.

© Waltham Centre for Pet Nutrition

halb des physiologischen Bereiches. Bei Katzen mit gestörtem Allgemeinbefinden oder bestätigter Obstruktion sollte darüber hinaus ein umfassendes biochemisches Profil erstellt werden. Bei Katzen mit Uratharnsteinen kann eine niedrige Harnstoffstickstoffkonzentration im Serum infolge eines portosystemischen Shunts oder einer Leberinsuffizienz auffallen. Einige Katzen mit Kalziumoxalaturolithiasis weisen eine Hyperkalzämie auf.


4 - Diagnose

TABELLE 2 – TIPPS ZUR INTERPRETATION EINER KRISTALLURIE

© Dr Brian Crabbe, Port Elgin, Ontario, Kanada

• Die Untersuchung auf Kristalle muss stets an absolut frischem Harn erfolgen. • Bei Kristallen in gelagertem und/oder gekühltem Harn kann es sich um Artefakte handeln. Vor der Untersuchung sollte die Harnprobe auf Zimmertemperatur gebracht werden. • Struvit- und/oder Kalziumoxalatkristalle im Harn können ein physiologischer Befund sein, insbesondere, wenn es sich um hoch konzentrierten Harn handelt. Treten diese Kristalle in großen Mengen oder zusammengeklumpt auf, ist in der Regel jedoch von einem pathologischen Befund auszugehen. • Kristalle im Harn bedeuten, dass der Harn das Kristallwachstum unterstützen kann. • Kristalle im Harn bedeuten nicht unbedingt, dass eine Urolithiasis vorhanden ist. • Bei Katzen mit Urolithiasis müssen nicht unbedingt Kristalle im Harn nachweisbar sein. • Die Kristalle im Harn müssen nicht unbedingt mit dem Harnsteintyp übereinstimmen. • Cystinkristalle im Harn (Cystinurie) prädisponieren für eine Cystinurolithiasis.

Bild gebende Diagnostik

• Übersichtsröntgenaufnahmen dienen dem allgemeinen Screening auf Veränderungen von Größe, Form, Lage und Strahlendurchlässigkeit der einzelnen Elemente des Harntraktes. Wichtig ist dabei eine vollständige radiologische Erfassung des gesamten Harnsystems einschließlich des perinealen Harnröhrenabschnitts, um keine Anomalien zu übersehen (Abbildung 13). In einigen Fällen kann ein reinigender Einlauf erforderlich sein, um sämtliche Strukturen des Harntraktes deutlich darstellen zu können. Bei Katzen mit FIC kann die Harnblasenwand im Röntgenbild verdickt und nicht dehnbar erscheinen (Abbildung 14).

© Dr. Anne Sylvestre, Guelph, Ontario

Abbildung 14 – Laterale Röntgenaufnahme einer zwei Jahre alten Katze mit feliner idiopathischer/ interstitieller Zystitis. Zu beachten ist die verdickte und nicht dehnbare Blasenwand.

• Die Positivkontrastzystographie dient der Bestimmung der Lokalisation der Harnblase, sowie eventuell vorhandener Rupturen, Divertikel oder Fisteln. • Die Doppelkontrastzystographie kommt zum Einsatz, um die Schleimhautoberfläche der Harnblase und den Inhalt des Blasenlumens zu untersuchen. Eine qualitativ gute Doppelkontraststudie erfordert ein nur geringes Volumen eines Positivkontrastmittels (1-2 ml). Wichtig ist die Palpation der Blase während der Instillation des Kontrastmittels, um den Grad der Erweiterung zu kontrollieren und eine Überdehnung durch Überfüllung zu vermeiden. Die Blase sollte mit dem Negativkontrastmittel gut angefüllt und gedehnt werden, und ein geringes Volumen eines Positivkontrastmittels sollte sich an die Oberfläche der unten liegenden Blasenwand legen („Kontrastmittelsee“). Strahlendurchlässige Harnsteine stellen sich als Füllungsdefekte dar. Blutgerinnsel stellen sich als unregelmäßige Füllungsdefekte entweder am Rand des

© Dr. Anne Sylvestre, Guelph, Ontario

© Gagemount Tierklinik, Hamilton, Ontario, Kanada.

• Die Sonographie ermöglicht eine Beurteilung intraluminaler Anomalien, die in Übersichtsröntgenaufnahmen nicht auffallen. Sie lässt erkennen, welche Bereiche in welcher Ausdehnung betroffen sind und liefert Informationen über die Zusammensetzung und die Struktur des Gewebes, die zum Beispiel der Unterscheidung zwischen derben und zystischen Läsionen dienen können.

© mit Genehmigung von CA Buffington und DJ Chew, Columbus, Ohio

LUTD

Abbildung 13 – Laterale Röntgenaufnahme eines Katers mit Urolithiasis. Zahlreiche kleine, strahlenundurchlässige Urolithen in der Harnröhre eines Katers mit obstruktiver FLUTD.

Geeignete Bild gebende Untersuchungsverfahren sind Übersichtsröntgenaufnahmen (Leeraufnahmen), Sonographie, Kontraströntgen (Ausscheidungsurographie, Zystographie, Urethrographie), Computertomographie und Magnetresonanztomographie (Samii 2003).

Abbildung 15 – Endoskopisches Erscheinungsbild der Blasenschleimhaut bei einer Katze mit Erkrankung der ableitenden Harnwege (FLUTD). Zu erkennen sind Petechien (punktförmige Schleimhautblutungen), die für eine feline idiopathische/interstitielle Zystitis sprechen. 292

Abbildung 16a – Multiple Kalziumoxalatsteine in der Harnblase einer Katze. Die Blase wurde vollständig eröffnet, um sämtliche Harnsteine entfernen zu können. Einige Steine liegen eingebettet in der Blasenschleimhaut.

Abbildung 16b – Chirurgische Extraktion von Blasensteinen. Die Harnblase der Katze wurde vollständig eröffnet und die Schleimhautoberfläche ausgestülpt, um eine vollständige Entfernung sämtlicher Steine sicherzustellen. Bestätigt wurde die vollständige Entfernung anschließend mittels einer postoperativen Röntgenaufnahme.


4 - Diagnose

Kontrastmittelsees oder anheftend an der Schleimhautoberfläche dar. Der Nachweis geringgradiger Veränderungen der Kontur der Schleimhautoberfläche ist ein wichtiger Hinweis für die Diagnose einer Zystitis oder eines Tumors, es kann sich aber auch um Artefakte infolge einer unvollständigen Füllung der Harnblase handeln. Die Untersuchung der Harnröhre erfolgt mit Hilfe der Urethrographie.

Uroendoskopie Die endoskopische Untersuchung der Harnröhre und der Harnblase erfolgt beim Kater mit Hilfe eines flexiblen Fiberendoskops und bei der weiblichen Katze mit einem starren pädiatrischen Zystoskop (Chew et al. 1996; McCarthy 1996). Die Schleimhautoberfläche der Harnblase von Katzen mit FIC zeigt die nach einer Blasendistention unter einem Druck von 80 cm H20 zystoskopisch sichtbaren, charakteristischen petechialen Submukosablutungen (Glomerulationen; Chew et al. 1996, Buffington et al. 1999a) (Abbildung 15).

Chirurgie Bei einem chirurgischen Eingriff zur Exploration, zur Entnahme von Biopsieproben oder zur Entfernung von Harnsteinen sollte die Harnblase stets vollständig eröffnet werden (Abbildung 16). Aufgrund der zum Teil sehr geringen Größe feliner Urolithen kann sich eine vollständige Extraktion sämtlicher Steine als sehr schwierig erweisen. Nicht selten kommt es vor, dass im Rahmen einer Zystotomie nicht alle Steine vollständig entfernt werden. Einer Untersuchung zufolge bleiben vor allem bei Kalziumoxalatsteinen in 20 % aller Fälle Reste in der Blase zurück (Lulich et al. 1993a). Die vollständige Entfernung aller Steine sollte deshalb stets mit Hilfe einer postoperativen Röntgenaufnahme überprüft werden.

Histopathologie Biopsieproben der Harnblasenschleimhaut von Katzen mit FIC weisen ein relativ normales Epithel und eine relativ normale Muscularis auf. Auffällig sind jedoch die Veränderungen in der Submukosa mit Ödematisierung, Vasodilatation und einer gering- bis mittelgradigen Infiltration von Entzündungszellen (Abbildung 17). Bei einigen betroffenen Katzen werden erhöhte Anzahlen Mastzellen festgestellt, andere weisen Erosionen, Ulzerationen oder eine Fibrose der Blasenwand auf.

Die Analyse der Harnsteinzusammensetzung

© mit Genehmigung von CA Buffington und DJ Chew, Columbus, Ohio

LUTD

Die Sammlung von Harnsteinen erfolgt entweder beim spontanen Harnabsatz (Aquariumfischnetz unter den Harnstrahl halten) oder auf technischem Wege durch Urohydropropulsion, Aspiration in einen Harnröhrenkatheter, via Zystoskopie oder mit Hilfe eines chirurgischen Eingriffes (Lulich et al. 1992, 1993b; Osborne et al. 2000). Die so gewonnenen Harnsteine werden in ein sauberes, trockenes Gefäß ohne Konservierungsmittel oder zusätzliche Flüssigkeiten gegeben. In vielen Fällen lassen sich Harnsteine nicht einfach anhand ihrer makroskopischen Merkmale identifizieren. Sämtliche Harnsteine sollten deshalb in einem spezialisierten Labor quantitativ analysiert werden, um die Mineralstoffzusammensetzung jeder einzelnen der vier möglicherweise vorhandenen Schichten zu bestimmen (Abbildung 18). Vier verschiedene Verfahren stehen für die quantitative Analyse zur Verfügung, nämlich die Polarisationslichtmikroskopie, die Röntgendiffraktion, die Infrarotspektroskopie und die Elektronenmikroskopie. Die exakte Identifikation des/der in einem Harnstein vorhandenen Mineralstofftyps/Mineralstofftypen ist die grundlegende Voraussetzung für eine erfolgreiche und zielgerichtete Therapie und anschließende Prävention.

Abbildung 17 – Histologisches Erscheinungsbild der Harnblasenschleimhaut einer Katze mit Erkrankung der ableitenden Harnwege. Ödem der Submukosa und Erosionen, typisch für eine feline idiopathische/interstitielle Zystitis.

Abbildung 18 – Die vier Schichten eines Harnsteins. Eine quantitative Analyse dient der genauen Bestimmung der Mineralstoffzusammensetzung aller vier möglicherweise vorhandenen Schichten: Kern (Nidus), Stein, Hülle, Oberflächenkristalle.

293


TABELLE 3 – ALTERS-, GESCHLECHTS- UND RASSESPEZIFISCHE PRÄDISPOSITIONEN UND ANDERE POTENZIELLE RISIKOFAKTOREN FÜR HARNSTEINE BEI KATZEN Harnsteintyp

Rassedisposition - USA: Exotisch Kurzhaar, Ragdoll, Kartäuser, Orientalisch Kurzhaar, DSH, Himalaja (Lekcharoensuk et al. 2000; 2001a); Himalaja und Perser (Cannon et al. 2007), DSH, DLH (Ling et al. 1990); keine Rasseprädisposition (Osborne et al. 1995a und b; 2000) - Kanada: DSH, DLH, DMH, Himalaja, Perser (Houston et al. 2004 ; 2006) - England: DSH, Perser (Stevenson 2001)

Struvit

Altersdisposition

Geschlechtsdisposition

Andere Faktoren

- kastriert: 3 Monate bis 22 Jahre; Durchschnitt 7,2 +/- 3,5 Jahre (Osborne et al. 2000) - Infektionsinduziert in jedem Alter (Osborne et al. 1995a) - Durchschnitt 5 Jahre bei weibl. Katzen und < 2 Jahre bei Katern (Ling et al. 1990) - 1-2 Jahre (Thumachai et al. 1996) - 6,8 +/- 3,7 Jahre (Stevenson 2001)

- weibl. Katze geringfügig > Kater (Ling et al. 1990; Osborne et al. 2000; Houston et al. 2004; 2006) - Kater < 2 Jahre häufiger als weibl. Katzen < 2 Jahre (Ling et al. 1990) - Kater geringfügig > weibl. Katze (Lekcharoensuk et al. 2000) - Kater = weibl. Katze (Stevenson 2001)

- Übergewicht /Inaktivität - Geringe Wasseraufnahme (Osborne et al. 1995) - alkalischer Harn (Osborne et al. 1995) - Wohnungshaltung (Kirk et al. 1995)

- 7 Jahre (3 Monate -22 Jahre) (Osborne et al. 2000) - Ältere Katzen; höchstes Risiko: 10-15 Jahre (Thumachai et al. 1996) - Zweigipflige Kurve mit Peaks bei 5 und 12 Jahren (Kirk et al. 1995) - 7-10 Jahre (Lekcharoensuk et al. 2000) - 6,8 +/- 3,5 Jahre (Stevenson 2001)

Urat

- USA: keine (Osborne et al. 2000; Ling & Sorenson 1995) - Kanada: Siamkatze, Ägyptische Mau (Houston 2006)

- 5,8 Jahre (5 Monate bis 15 Jahre; Osborne et al. 1996b) - 4,4 +/- 2 Jahre (Stevenson 2001)

- Kater = weibl. Katze (Osborne et al. 2000, 1995b; Westropp et al. 2006) - Kater geringfügig > weibl. Katze (Ling et al. 1990; Houston et al. 2004, 2006)

Cystin

- USA: keine (Osborne et al. 1995) - Kurzhaar, Siamkatze (Osborne et al. 2000) - Kanada: keine (Houston et al. 2004, 2006)

- > 3,6 Jahre (4 Monate bis 12 Jahre; Osborne et al., 2000)

- Kater = weibl. Katze (Osborne et al. 2000) - Kater geringfügig > weibl. Katze (Osborne et al. 2000)

- geringe Wasseraufnahme - Wohnungskatze - Angeborener Stoffwechseldefekt (Dibartola et al. 1991; Osborne et al. 1992a)

Xanthin

- USA: keine (Osborne et al. 2000)

- 2,8 +/- 2,3 Jahre (4 Monate bis 10 Jahre; Osborne et al. 1992a)

- keine (Osborne et al. 1992a)

- angeborener Defekt des Purinstoffwechsels ? (Osborne et al. 1992; White et al. 1997)

Silikat

- USA: keine (Osborne et al. 2000)

?

- keine (Osborne et al., 2000) - Kater ? (Houston, 2006)

- geringe Wasseraufnahme

Kalziumphosphat (Brushit)

- USA: keine (Osborne et al. 2000) - Kanada: keine (Houston et al. 2004, 2006)

- 8 +/- 5 Jahre (5 Monate bis 19 Jahre; Osborne et al. 2000) - 7,1 +/- 3,6 Jahre (Stevenson 2001)

- weibl. Katze > Kater (Osborne et al., 2000) - Kater > weibl. Katze (Houston 2006)

- geringe Wasseraufnahme - primärer Hyperparathyreoidismus (Osborne et al. 1995, 1996b)

Pyrophosphat

- Kanada: keine (Houston 2006) - Europa: Perserkatze? (Frank et al. 2002)

Dried solidified blood calculi (Blutkoagel)

- USA: keine (Westropp et al. 2006)

LUTD

Kalziumoxalat

- USA: Himalaja, Perser (Kirk et al. 1995; Cannon et al. 2007); Himalaja, Perser, Ragdoll, Kurzhaar, Havana Brown, Scottish Fold, Exotic Shorthair (Lekcharoensuk et al. 2000; 2001a); Burma, Perser und Himalaja (Thumachai et al. 1996; Osborne et al. 1995a, 1996b; Kirk et al. 1995) - Kanada: Himalaja, Perser (Houston et al. 2004; 2006) - England: DSH, Perser (Stevenson 2001)

294

- Kater > weibl. Katze (Ling et al. 1990; Kirk et al 1995, Thumachai et al. 1996; Lekcharoensuk et al. 2000, 2001a; Osborne et al. 2000; Houston et al. 2004, 2006; Cannon et al. 2007) - Kater = weibl. Katze (Stevenson 2001)

- Übergewicht /Inaktivität - Geringe Wasseraufnahme Wohnungshaltung (Kirk et al. 1995) - Hyperkalzämie (Osborne et al. 1996b; McClain et al. 1995; Savary et al. 2000; Midkiff et al. 2000)

- Geringe Wasseraufnahme - Portosystemischer Shunt - Harnwegsinfektion (Hostutler et al. 2005)

- keine (Houston 2006)

DSH = Domestic Shorthair (Kurzhaarhauskatze) - DLH = Domestic Longhair (Langhaarhauskatze) - DMH = Domestic Medium Hair (Hauskatze mit mittellangem Haar)


5 - Spezifische Erkrankungen

Einschätzung des Harnsteintyps Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung und Prävention von Harnsteinen ist die genaue Kenntnis ihrer Mineralstoffzusammensetzung. Im Idealfall wird ein Harnstein entfernt und quantitativ analysiert. Es gibt jedoch zahlreiche Parameter, die eine Einschätzung der Harnsteinzusammensetzung auch ohne spezifische Harnsteinanalyse unterstützen, wie zum Beispiel das Signalement (Alter, Geschlecht, Rasse; siehe Tabelle 3), anamnestische Hinweise auf zugrunde liegende Erkrankungen, die Strahlendichte der Harnsteine sowie verschiedene Harnparameter (pH-Wert, spezifisches Gewicht, Kristallurie; siehe Tabelle 4). Zu berücksichtigen ist, dass im Harn einer Katze mit Urolithiasis nicht unbedingt Kristalle nachweisbar sein müssen, und dass darüber hinaus Kristalle vorhanden sein können, die sich von der Zusammensetzung des tatsächlichen Harnsteintyps unterscheiden (Buffington & Chew 1999b).

5 - Spezifische Erkrankungen Feline idiopathische Zystitis (FIC) Die Diagnose der FIC basiert auf dem Nachweis von klinischen Symptomen eines chronisch irritativen Harnabsatzes (Dysurie, Hämaturie, Pollakisurie, Harnabsatz an ungeeigneten, untypischen Stellen = Periurie), sterilem Harn, negativem Befund bei Bild gebenden Untersuchungen und der zystoskopischen Feststellung petechialer submuköser Blutungen (Glomerulationen). Weitere potenzielle Symptome sind eine erhöhte Blasenpermeabilität, eine herabgesetzte Glykosaminoglykan(GAG)-Konzentration im Harn, eine erhöhte Schleimhautvaskularisation, Erosionen, Ulzera, Ödeme, Fibrose und eine neurogene Entzündung (Buffington et al. 1994, 1996b, 1999a; Buffington & Chew 1999b; Buffington & Pacak 2001; Buffington 2002, 2004; Westropp et al. 2002, 2003; Pereira et al. 2004).

> Epidemiologie Katzen mit FIC sind tendenziell jungen bis mittleren Alters (< 10 Jahre) und ansonsten meist gesund. Betroffen sind sowohl Kater als auch weibliche Katzen, und viele prädisponierte Tiere erhalten ausschließlich Trockenfutter (Buffington et al. 1997; Jones et al. 1997; Markwell et al. 1998; Buffington 2002). Ein signifikanter Teil erkrankter Katzen weist ein hohes spezifisches Harngewicht auf.

Einer der Schlüsselpunkte der Behandlung ist die Identifikation und anschließende Reduzierung von Stressoren in der Umgebung der Katze. Potenzielle Stressquellen sind Umweltfaktoren, wie zum Beispiel andere Katzen, abrupte Wetterwechsel, Mangel an Bewegung, Platzierung der Katzentoilette, die Art der Katzenstreu, die Ernährung, die Arbeitszeiten des Besitzers und das Hinzukommen oder das Wegbleiben von Personen oder anderen Tieren. Einen Beitrag zur Stresslinderung leistet die katzengerechte Gestaltung der Umgebung mit geeigneten Verstecken und artgerechten EinrichtungsgegenstänTABELLE 4 – STRAHLENDICHTE UND HARN-PH-WERT FELINER den wie Kletterpfosten und Spielzeug, mit deren Hilfe die Katze ihr natürliches UROLITHEN Jagd- und Spielverhalten ausleben kann (www.indoorcat.org/: The Indoor Cat Ini(nach Osborne et al. 2000; Frank et al. 2002; Westropp et al. 2006) tiative 2006, Buffington et al. 1994, 1999b, 2006a, b; Buffington 2002; Cameron et al. 2004). Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie und in der Behandlung der interstitiellen Zystitis. Eine abrupte Umstellung der Fütterung oder häufige Futterwechsel werden mit Rezidiven der klinischen Symptome in Zusammenhang gebracht. Bei besonders sensiblen Katzen sollten Veränderungen des Ernährungsplans deshalb nicht allzu häufig und auf möglichst schonende Weise vorgenommen werden (Buffington et al. 1994, 1996b, 2006a, b; Jones et al. 1997). Eine Harnverdünnung ist hilfreich bei Katzen mit FIC, da sie für eine Senkung der Harnkonzentrationen der die Blasenschleimhaut potenziell reizenden Substanzen sorgt. Einer Studie zufolge werden Katzen mit FIC signifikant häufiger ausschließlich mit Trockenfutter ernährt als die Gesamtpopulation (59 % gegenüber 19 %; Buffington et al. 1997). In einer einjährigen, nicht randomisierten Prospektivstudie an 46 Katzen mit FIC führte die Gabe eines speziell zur Förderung der Gesundheit der ableitenden Harnwege entwickelten diätetischen Feuchtfuttermittels im Vergleich zur Fütterung eines Trockenfuttermittels zu einer signifikanten Besserung der klinischen Symptomatik. Nach Abschluss der einjährigen Studie zeigten Katzen, die Feuchtfutter erhielten, eine signifikant niedrigere Rezidivrate der klinischen Symptome (11 % von 18 Katzen) als Katzen, die Tro-

Strahlendichte

Harn-pH-Wert

Struvit

++ bis ++++

> 6,5

Kalziumoxalat

++++

variabel

Kalziumphosphat

++++

alkalisch bis neutral (Apatit bildet sich)

Ammoniumurat

0 bis ++

sauer bis neutral

Cystin

+ bis ++

sauer bis neutral

Xanthin

0 bis ++

sauer bis neutral

Silikat

++ bis ++++

sauer bis neutral

Pyrophosphat

++ bis ++++

unbekannt

Dried solidified blood calculi (Blutkoagel)

0 bis ++

unbekannt

295

LUTD

> Behandlung


nach Markwell et al. 1999a

Trockenfutter Feuchtfutter

ckennahrung bekamen (39 % von 28 Katzen; Markwell et al. 1999a) (Abbildung 19). Das mittlere spezifische Harngewicht war bei den mit Feuchtfutter ernährten Katzen (1.032-1.041) signifikant niedriger als bei den Katzen, die Trockenfutter erhielten (1.051-1.052).

120

kumulative Rezidivrate (%)

5 - Spezifische Erkrankungen

ABBILDUNG 19 – VERGLEICH DER REZIDIVRATEN DER FELINEN IDIOPATHISCHEN ZYSTITIS BEI FÜTTERUNG MIT TROCKENFUTTER UND FEUCHTFUTTER

Stark ansäuernde Futtermittel sind nicht zu empfehlen, da stark saurer Harn die nozizeptiven Stimuli über sensorische Nervenfasern in der Blase steigern und dadurch die Schmerzwahrnehmung verstärken kann (Chew & Buffington 2003).

100 80 60 40 20 0 Vorangegangene 12

1-2

In einigen Fällen sind ergänzende Behandlungsmaßnahmen angezeigt. Wenn Katzen sich in ihrer Umgebung Zeit (Monate) wohl fühlen, äußern sie dies unter anderem durch die Freisetzung natürlicher Pheromone beim Reiben des Gesichts. Synthetische Analoga der natürlichen felinen Gesichtspheromone können bei einigen Katzen zu einer Linderung Angst-assoziierter Verhaltensweisen beitragen (Chew et al. 1998; Mills & Mills 2001; GunnMoore & Cameron 2004). Von den zahlreichen im Laufe der vergangenen Jahre propagierten ergänzenden Behandlungsoptionen zeigen jedoch lediglich diätetische Maßnahmen einen klinisch erwiesenen, signifikanten Nutzen. Die Zukunft dürfte die Entwicklung ergänzender therapeutischer Optionen zur Absenkung der zentralen noradrenergen Stimulation mit dem Ziel einer Normalisierung der Reaktion auf Stress bei sensiblen Katzen mit sich bringen (Buffington et al. 1999a, 2006a und b; Buffington 2004). Heute werden einige Arzneimittel vorgeschlagen, wie zum Beispiel Amitriptylin und Pentosansulfat (Wirkstoffe, die die GAGSpeicher auffüllen) (Chew et al. 1998; Buffington et al. 1999a, 2006a und b; Buffington & Chew 1999b; Buffington 2002; Kraiger et al. 2003; Kruger et al. 2003; Gunn-Moore & Shenoy 2004; Mealey et al. 2004). 3-4

5-6

7-12

Unabhängig von der Therapie gehen die klinischen Symptome der FIC bei 85 % aller erkrankten Katzen innerhalb von zwei bis drei Tagen spontan zurück. Bei etwa 40-50 % dieser Katzen kommt es jedoch innerhalb von 12 Monaten zur Rückfällen, wobei einige Tiere multiple Rezidive entwickeln (Markwell et al. 1998, 1999a; Kruger 2003).

LUTD

Urethrapfropfen Die Beseitigung der Harnwegsobstruktion und die Wiederherstellung des Harnabflusses sind obligatorische Maßnahmen bei einer Katze mit Verlegung der Harnröhre. Wichtig ist darüber hinaus eine Korrektur von Ungleichgewichten des Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes im Zusammenhang mit der Obstruktion und der postrenalen Azotämie. Die Notfallbehandlung von Harnröhrenobstruktionen wird in einigen hervorragenden Veröffentlichungen im Detail beschrieben (Osborne et al. 2000; Westropp et al. 2005).

Urolithiasis > Allgemeiner Risikofaktor: Die relative Übersättigung des Harns Die Übersättigung des Harns ist die treibende Kraft hinter der Bildung von Kristallen im Harntrakt. Bereits vor mehr als 40 Jahren begannen Forscher in der Humanmedizin damit, nach Wegen zur Beurteilung von Harnparametern und Möglichkeiten zur Einschätzung des Urolithiasisrisikos zu suchen. Die Methodik der relativen Übersättigung (Relative Supersaturation; RSS) wurde in der Humanmedizin erstmals in den 1960er Jahren von Dr. W. G. Robertson eingesetzt (Nordin & Robertson 1966). Die RSS ist ein Indikator für das Kristallisationspotenzial eines gegebenen Harns. In der Humanmedizin wurde diese Technik bald zur Referenzmethode für die Harnbeurteilung (Pak et al. 1977). Die Einschätzung des Kristallisationspotenzials des Harns mit Hilfe der RSS ist ein wertvolles Hilfsmittel für Kliniker und Wissenschaftler bei der Entwicklung therapeutischer Konzepte für Harnsteinpatienten. In den späten 1990er Jahren wurde die relative Übersättigung des Harns bei Hunden und Katzen im Rahmen einer Kooperation zwischen Dr. Robertson und Wissenschaftlern am Waltham Centre for Pet Nutrition (WCPN) validiert. Inzwischen gibt es in der veterinärmedizinischen Literatur zahlreiche Veröffentlichungen über diese Technik und die Interpretation ihrer Ergebnisse (Smith et al. 1998; Markwell et al. 1999b; Robertson et al. 2002). Für die Messung der zur Bestimmung der RSS erforderlichen Harnparameter wird der Harn des Patienten über einen Zeitraum von zwei bis fünf Tagen vollständig gesammelt. Bestimmt werden die Konzentrationen zehn verschiedener im Harn gelöster Substanzen (Kalzium, Magnesium, Natrium, Kalium, Ammonium, 296


12 1.0

Metastabile Übersättigung

Kal zium oxa la Stru t vit

Untersättigung

2,5

Übersättigung

Übersättigung Bildung eines Kristallisationskerns (Nukleation) Spontane Kristallbildung Schnelles Kristallwachstum und Aggregation Kristallauflösung nicht möglich Metastabile Übersättigung Wachstum präformierter Kristalle möglich Heterogene Nukleation kann stattfinden Kristallauflösung nicht möglich Untersättigung (stabil) Keine Kristallbildung Bestehende Harnsteine /Kristalle können sich auflösen

LUTD

Werte unter 1 (RSS < 1) bedeuten, dass der Harn untersättigt ist und sich Kristalle nicht bilden werden. In einem komplexen Medium wie dem Harn ist es jedoch möglich, dass es auch bei einer RSS über 1 nicht zu einer spontanen Präzipitation von Kristallen kommt (Markwell et al. 1999b). Verantwortlich hierfür sind zum einen elektrische Felder (Ionenstärke), die von den zahlreichen in der Lösung vorhandenen Ionen induziert werden, und zum zweiten Substanzen, die eine Kristallisation hemmen. Beide Faktoren verhindern, dass die freien Fraktionen der Mineralstoffe (z. B. Kalzium und Oxalat) interagieren und dabei Kristalle bilden. Dieses Sättigungsniveau wird als metastabile Übersättigung bezeichnet. Kalziumoxalatkristalle werden sich in diesem Milieu nicht spontan bilden, können aber bei Anwesenheit eines Kristallisationskerns (Nidus) dennoch entstehen. In der Zone der metastabilen Übersättigung können sich Kristalle, und damit auch Harnsteine, nicht auflösen. Steigt die Mineralstoffkonzentration im Harn an, kommt es innerhalb von wenigen Minuten bis Stunden zur spontanen Bildung von Kristallen. Jetzt befindet sich der Harn in der Zone der labilen Übersättigung. Die Schwelle zwischen metastabiler und labiler Übersättigung wird als Bildungsprodukt bezeichnet. Studien zur Präzipitationskinetik im Harn zeigen, dass die RSS für das Bildungsprodukt von Struvit bei 2,5 und für das Bildungsprodukt von Kalziumoxalat bei 12,0 liegt (Tabelle 5 und 6).

TABELLE 5 – BEURTEILUNG DES RISIKOS STRUVITSTEINBILDUNG MIT HILFE DER RSS

DER

DER

TABELLE 6 – BEURTEILUNG DES RISIKOS KALZIUMOXALATSTEINBILDUNG MIT HILFE DER RSS

Die Nahrung führt zur Bildung von Harn mit einer Struvit RSS...

Der von dieser Katze gebildete Harn ist…

Risiko der Struvitsteinbildung

…unter 1

…untersättigt

• Neue Struvitsteine werden sich nicht bilden. • Bestehende Struvitsteine lösen sich auf.

…unter 1

…untersättigt

• Neue Kalziumoxalatsteine werden sich nicht bilden. • Bestehende Kalziumoxalatsteine wachsen nicht weiter.

…zwischen 1 und 2,5

…metastabil

• Neue Struvitsteine werden sich nicht bilden. • Bestehende Struvitsteine lösen sich nicht auf und können weiter wachsen.

…zwischen 1 und 12

…metastabil

• Neue Kalziumoxalatsteine werden sich nicht bilden. • Bestehende Kalziumoxalatsteine lösen sich nicht auf und können weiter wachsen.

…übersättigt

• Neue Struvitsteine können sich bilden. • Bestehende Struvitsteine werden weiter wachsen.

…übersättigt

• Neue Kalziumoxalatsteine können sich bilden. • Bestehende Kalziumoxalatsteine werden weiter wachsen.

…über 2,5

5 - Spezifische Erkrankungen

n tio 1.0

Behandlu ng /

Prä ve n

Risik on imm tz Prävention u

at xal mo ziu Kal vit Stru

Jeder Kristalltyp hat eine spezifische RSS. Mit Hilfe der RSS werden drei unterschiedliche Zonen der Harnsättigung definiert: Untersättigung, metastabile Sättigung und Übersättigung. Jede dieser Zonen hat unterschiedliche Auswirkungen auf das Risiko der Harnsteinbildung (Abbildung 20). Je höher die RSS, desto höher ist das Risiko der Kristallbildung, das heißt, bei niedrigen RSSWerten ist die Bildung von Kristallen weitaus weniger wahrscheinlich (Robertson et al. 2002).

ABBILDUNG 20 – RELATIVE ÜBERSÄTTIGUNG DES HARNS (RELATIVE SUPERSATURATION; RSS)

r fah Ge

Phosphat, Zitrat, Sulfat, Oxalat und Harnsäure) und der Harn-pHWert (Robertson et al. 2002). Im nächsten Schritt erfolgt die Berechnung der Anzahl interaktiver Komplexe, die zwischen den verschiedenen Ionen entstehen können, sowie des Aktivitätskoeffizienten der Salze, des so genannten Aktivitätsproduktes. Das Aktivitätsprodukt ist ein Indikator für die Wahrscheinlichkeit der Bildung eines Harnsteins. Schließlich wird das Aktivitätsprodukt durch das thermodynamische Löslichkeitsprodukt des Kristalls dividiert, und als Resultat erhält man die relative Übersättigung oder RSS. Das thermodynamische Löslichkeitsprodukt ist das Aktivitätsprodukt, bei dem ein Urolith stabil ist, das heißt, weder wächst, noch sich auflöst.

Die Nahrung führt zur Bildung von Harn mit einer Kalziumoxalat RSS…

…über 12

Der von dieser Katze gebildete Harn ist…

Risiko der Kalziumoxalatsteinbildung

297


5 - Spezifische Erkrankungen

TABELLE 7 – METHODEN ZUR FÖRDERUNG DER TRINKWASSERAUFNAHME BEI KATZEN Erhöhung des Feuchtfutteranteils oder Gabe eines speziell formulierten Trockenfutters zur Steigerung der Diurese. Kochsalz erhöht nachweislich die Wasseraufnahme und die Harnproduktion (Hawthorne & Markwell 2004). Bei gesunden Katzen trägt Kochsalz nicht zu Bluthochdruck oder Nierenerkrankungen bei (Devois et al. 2000a; Buranakarl et al. 2004; Luckschander et al. 2004; Cowgill et al. 2007). Aufteilung der Tagesration in mehrere kleine Mahlzeiten. Bei gegebener Energiezufuhr steigt die Trinkwasseraufnahme signifikant an, wenn die Anzahl der Mahlzeiten pro Tag erhöht wird (Kirschvink et al. 2005). Uneingeschränkter Zugang zu frischem Trinkwasser über 24 Stunden. Katzen sind nachtaktiv und ziehen es deshalb zum Teil vor, abends und nachts zu trinken. Trinkwassernapf mit großer Oberfläche. Katzen haben sehr sensible Tasthaare, und viele Tiere scheinen große Näpfe zu bevorzugen, bei denen die Tasthaare die Ränder nicht berühren. Der Wassernapf sollte stets gut gefüllt sein. Verschiedene Wasserarten anbieten: Mineralwasser, destilliertes Wasser, abgestandenes Wasser, frisches Leitungswasser, kalt oder warm. Trinkwasser nicht süßen, da Katzen keine Geschmacksrezeptoren für „süß“ haben (Rezeptor Tas 1r2 ist defekt; Li et al. 2006).

LUTD

Aromatisieren des Trinkwassers, zum Beispiel durch Zugabe von Eiswürfeln mit Tunfisch- oder Fleischsaft. Im Handel werden verschiedene Geschmacksstoffe zur Aromatisierung des Trinkwassers angeboten. Einige Katzen bevorzugen fließendes Wasser. Im Handel sind spezielle Trinkbrunnen für Katzen erhältlich. Futter- und Wassernäpfe müssen einen deutlichen Abstand zur Katzentoilette haben. Der Wassernapf muss stets sauber sein, da Katzen einen sehr feinen Geruchssinn besitzen und sehr leicht von unangenehmen Gerüchen an Rand des Napfes abgeschreckt werden. Einige Katzen bevorzugen transparente Wassernäpfe aus Glas, andere wiederum Edelstahl- oder Keramikgefäße. Einige Katzen wollen ihren Trinkwassernapf nicht gern mit anderen Tieren teilen, insbesondere nicht mit Hunden.

TABELLE 8 – DIE TRINKWASSERAUFNAHME STEIGT SIGNIFIKANT, WENN KATZEN ANSTATT EINER TÄGLICHEN MAHLZEIT DREI TÄGLICHE MAHLZEITEN BEKOMMEN (nach Kirschvink et al. 2005) Tägliche Energieaufnahme (kcal/kg KG)

Na-Zufuhr (mg/kg KG)

Wasseraufnahme (ml/Katze/Tag)

1 Mahlzeit

71

103

72 ±10

2 Mahlzeiten

71

103

89 ± 4

3 Mahlzeiten

71

103

95 ± 6

KG: Körpergewicht Na: Natrium

TABELLE 9 – WENIGER HOCH VERDAULICHE FUTTERMITTEL FÜHREN ZU ERHÖHTEN FÄKALEN WASSERVERLUSTEN (Interne Daten des Waltham Centre of Pet Nutrition)

Futtermittel A

Futtermittel B

Verdaulichkeit

79,5 %

50,6 %

Fäkale Wasserverluste (pro 1000 kcal)

89 g

330 g

> Allgemeine Behandlung

Förderung der Diurese Die einfachste Methode zur Senkung der Übersättigung des Harns und zugleich eine der wirksamsten allgemeinen Behandlungsoptionen für sämtliche Ursachen der FLUTD ist eine Erhöhung des Harnvolumens und die Förderung der Diurese. Es gilt heute als gesichert, dass ein geringes Harnvolumen und eine hohe Harnkonzentration wichtige Risikofaktoren der Harnsteinbildung sind. Ein hohes Harnvolumen reduziert in der Tat das Harnsteinrisiko, indem es für eine Erhöhung der Miktionshäufigkeit sorgt. Dies fördert die Entfernung von freien Kristallen, Protein haltigem Material und Detritus durch einfaches mechanisches Herausspülen aus dem Harntrakt. Vorteilhaft sind eine Harnverdünnung und ein erhöhter Harnfluss darüber hinaus bei Katzen mit Urolithiasis, da sie die Konzentrationen lithogener Substanzen reduzieren und die Aufenthaltsdauer gelöster Substanzen im Harntrakt verkürzen, so dass diesen schlichtweg weniger Zeit zur Bildung von Kristallen und Harnsteinen zur Verfügung steht.

Um die Diurese zu fördern, muss die Trinkwasseraufnahme angeregt werden (Abbildung 7). Wenn Katzen eine bis auf den Feuchtigkeitsgehalt identische Nahrung bekommen, neigen die Tiere mit dem niedrigen diätetischen Feuchtigkeitsgehalt zu geringerer Trinkwasseraufnahme, einer geringeren Miktionshäufigkeit und einem geringeren Harnvolumen bei erhöhter Harnkonzentration (Burger et al. 1980). Eine Steigerung der Trinkwasseraufnahme kann bei der Katze auf mehreren Wegen erreicht werden: Gabe von Futtermitteln mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 70-85% (Dosen, Frischebeutel, Alu-Schalen), Steigerung der Fütterungshäufigkeit (Steigerung der Anzahl der Mahlzeiten/Tag), Erhöhung des Natriumchloridgehalts der Nahrung oder Zusatz von Wasser zur Nahrung (Dumon et al. 1999). Die Trinkwasseraufnahme der Katze wird signifikant beeinflusst durch die Anzahl der Mahlzeiten pro Tag. So berichten Kirschvink et al. (2005), dass die Wasseraufnahme durch Fütterung von drei Mahlzeiten anstelle von nur einer Mahlzeit pro Tag von 72 ml/Katze/Tag auf 95 ml/Katze/Tag ansteigt (Tabelle 8). Die Verdaulichkeit der Nahrung beeinflusst die absolute Wassermenge, die für die Harnverdünnung zur Verfügung steht. Weniger hoch verdauliche Futtermittel haben vermehrte fäkale Wasserverluste zur Folge (Tabelle 9). Die erhöhten Wasserverluste über die Fäzes führen zu einer Abnahme der im Darmtrakt absor298


ABBILDUNG 22 – EINFLUSS DES DIÄTETISCHEN NATRIUMGEHALTS AUF DAS MITTLERE TÄGLICHE SPEZIFISCHE GEWICHT DES HARNS BEI KATZEN

(nach Hawthorne & Markwell 2004)

(nach Hawthorne & Markwell 2004)

Na < 1,75g/1000 kcal Na: 2,75-4g/1000 kcal

Na < 1,75g/1000 kcal Na : 2,75-4g/1000 kcal

140

1,056

120

1,054

Spezif. Gewicht

100 80 60 40 20 0 Wasseraufnahme

In der Vergangenheit gab es kontroverse Debatten um die Verwendung von Natriumchlorid zur Stimulation des Durstes und zur Diureseförderung. Hauptstreitpunkt waren die potenziellen Auswirkungen auf die renale Kalziumausscheidung, den Blutdruck und die Nierengesundheit (Osborne et al. 2000). Die Ergebnisse jüngster Studien an Katzen können diese theoretischen Bedenken jedoch ausräumen und befürworten eine moderate Erhöhung des diätetischen Natriumgehaltes zum Schutz der Gesundheit des Harntraktes.

1,044

Die Katzen erhielten entweder ein Futtermittel mit einem Natriumgehalt unter 1,75 g/1000 kcal oder zwischen 2,75 und 4,0 g/1000 kcal. Die Erhöhung des Natriumgehaltes führte zu einer signifikanten (p = 0.003) Abnahme des spezifischen Gewichts des Harns.

ABBILDUNG 23 – EINFLUSS DES DIÄTETISCHEN NATRIUMGEHALTS AUF DIE MITTLERE RSS FÜR KALZIUMOXALAT BEI KATZEN (nach Hawthorne & Markwell 2004)

Na < 1,75g/1000 kcal Na : 2,75-4g/1000 kcal 3,5 3

Kalziumoxalat-RSS

Effekt des diätetischen Natriums auf die renale Kalziumausscheidung

1,046

1,04

bierten und schließlich über den Harn ausgeschiedenen Wassermenge. Da das Harnsteinrisiko mit zunehmender Harnkonzentration steigt, sollten Katzen mit Erkrankungen der ableitenden Harnwege hoch verdauliche Futtermittel bekommen, um die fäkalen Wasserverluste so gering wie möglich zu halten. Eine Erhöhung des diätetischen Natriumgehaltes wird bei Katzen mit dem Ziel eingesetzt, die Trinkwasseraufnahme zu steigern und damit die Harnverdünnung zu fördern. Die Wirksamkeit einer solchen Anreicherung der Nahrung mit Natrium konnte im Rahmen einer Studie von Biourge et al. (2001) eindeutig belegt werden. Gesunde Katzen, die 1,1g NaCl/ 1000 kcal bekamen, hatten ein mittleres Harnvolumen von 11 ± 5 ml/kg/Tag. Eine Erhöhung der diätetischen Natriumaufnahme auf 2,5 g NaCl/1000 kcal führte zu einer signifikanten Steigerung des mittleren Harnvolumens auf 20 ± 7 ml/kg/Tag.

1,05 1,048

1,042

Harnvolumen

Die Katzen erhielten entweder ein Futtermittel mit einem Natriumgehalt unter 1,75 g/1000 kcal oder zwischen 2,75 und 4,0 g/1000 kcal. Die Erhöhung des Natriumgehaltes führte zu einer signifikanten (p<0,001) Zunahme der Trinkwasseraufnahme und des Harnvolumens.

1,052

2,5

LUTD

ml/Katze/Tag

160

5 - Spezifische Erkrankungen

ABBILDUNG 21 – EINFLUSS DES DIÄTETISCHEN NATRIUMGEHALTS AUF DIE MITTLERE TÄGLICHE WASSERAUFNAHME UND DAS HARNVOLUMEN BEI KATZEN

2 1,5 1 0,5 0

Die Katzen erhielten entweder ein Futtermittel mit einem Natriumgehalt unter 1,75 g/1000 kcal oder zwischen 2,75 und 4,0 g/1000 kcal. Die Erhöhung des Natriumgehaltes führte zu einer signifikanten (p = 0,04) Abnahme der Kalziumoxalat-RSS.

Die Untersuchungen von Devois et al. (2000a, b) zeigen, dass eine Steigerung der Natriumaufnahme von 0,30-0,39 % auf 1,04 % in der Trockenmasse (TM) mit einer Erhöhung der 24Stunden-Kalziumausscheidung und einer Steigerung des Harnvolumens einhergeht. Die Erhöhung der Natriumzufuhr führt zwar in der Tat zu einer erhöhten (absoluten) Kalziumausscheidung über den Harn, sie führt allerdings nicht zu einer Erhöhung der Kalziumkonzentration im Harn, da sie gleichzeitig eine beträchtliche Steigerung des Harnvolumens mit sich bringt. Aufgrund dieses signifikanten steigernden Effektes des Natriums auf das Harnvolumen führt eine Erhöhung des diätetischen Kochsalzgehaltes nicht zu einer Steigerung der Kalziumoxalat-RSS im Harn und daher auch nicht zu einer Erhöhung des Risikos für die Bildung von Kalziumoxalatharnsteinen. Unterstützt werden die Ergebnisse dieser Studie durch epidemiologische Untersuchungen, die belegen, dass Futtermittel mit einem Kochsalzgehalt von 1,43-3,70 g/1000 kcal mit einem geringeren Risiko für Kalziumoxalatsteine einhergehen als Futtermittel mit einem Kochsalzanteil von lediglich 0,48-0,77 g/1000 kcal (Lekcharoensuk et al. 2001b). Hawthorne und Markwell (2004) untersuchten die Wirkung des diätetischen Natriumgehalts 23 verschiedener, kommerziell erhältlicher, extrudierter Futtermittelprodukte auf die Wasseraufnahme und die Harnzusammensetzung bei 55 gesunden, adulten Katzen. Tiere, die Futtermittelprodukte mit einem höheren diätetischen Natriumgehalt erhielten, zeigten neben einer signifikant höheren Trinkwasseraufnahme und einem 299


5 - Spezifische Erkrankungen

ABBILDUNG 24 – EINE MODERATE STEIGERUNG DES DIÄTETISCHEN NATRIUMGEHALTS FÜHRT BEI GESUNDEN KATZEN ZU EINER SEHR WIRKSAMEN SENKUNG DER RSS FÜR STRUVIT (Royal Canin Forschungszentrum 2005; interne Daten, erhoben über einen Zeitraum von 2 Jahren)

ABBILDUNG 25 – ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DIÄTETISCHEM NATRIUMGEHALT UND KALZIUMOXALAT (CAOX)-RSS BEI GESUNDEN KATZEN (Biourge 2007)

Trockenfutter Feuchtfutter

Na < 0,5 % 20

10

18

8

16

7

14

6

12

Bildungsprodukt

CaOx-RSS

Struvit-RSS

8

5 4

10 8

3

6

2

4

1

2

0

Trockenfutter Feuchtfutter

Na > 0,5 %

0,0

0,5

1,0

1,5

Diätetischer Natriumgehalt (% TM)

Individuelle Daten, erhoben in einer Gruppe von 7 Katzen mit 125 verschiedenen Futtermitteln. Jeder Punkt entspricht einer Katze, die ein bestimmtes Futtermittel bekam.

Löslichkeitsprodukt

0 0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

1,8

2,0

Diätetischer Natriumgehalt (% TM)

Eine moderate Erhöhung des diätetischen Natriumgehaltes führt zu einer sehr wirksamen Absenkung der Kalziumoxalat-RSS bei gesunden Katzen.

LUTD

signifikant höherem Harnvolumen (Abbildung 21) auch ein signifikant niedrigeres spezifisches Harngewicht (Abbildung 22) und signifikant niedrigere RSS-Werte für Kalziumoxalat (Abbildung 23) als Katzen, die entsprechend natriumärmere Futtermittel bekamen. Die Kalziumkonzentrationen im Harn zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen natriumreich und natriumarm gefütterten Katzen. Die Ergebnisse dieser Studie belegen, dass diätetische Natriumkonzentrationen bis zu 4 g/1000 kcal nicht zu einer Erhöhung der Kalziumkonzentrationen im Harn führen, jedoch die Wasseraufnahme und das Harnvolumen im Vergleich zu Futtermitteln mit einem Natriumanteil von weniger als 1,75 g/1000 kcal signifikant steigern. Zu et al. (2006) untersuchten die Auswirkungen des diätetischen Natriumgehaltes auf die Trinkwasseraufnahme, das Harnvolumen, das spezifische Gewicht des Harns, die Ausscheidung von Mineralstoffen, sowie die relative Übersättigung und das Aktivitätsprodukt von Kalziumoxalat und Struvit bei neun gesunden Katzen. Die Erhöhung des Natriumanteils von 0,4 auf 1,2 % in der TM führte zu einem signifikanten Anstieg des Harnvolumens, nicht jedoch zu einem Anstieg der Kalziumausscheidung.

Effekt des diätetischen Natriumgehalts auf die RSS-Werte im Harn Die Berechnung der RSS im Harn von Katzen, die spezifische Futtermittel erhalten, dient der Untersuchung des Effektes der Nahrung auf das Kristallisationspotenzial des Harns (Markwell et al. 1999b; Robertson 2002). Studien bestätigen, dass eine erhöhte diätetische Natriumzufuhr bei gesunden Katzen zu einer signifikanten Abnahme der RSS-Werte für Struvit und Kalziumoxalat führt (Abbildung 24 und 25; Tournier et al. 2006a; Zu et al. 2006). Tournier et al. (2006a) verglichen die Effekte von 11 extrudierten Trockenfuttermitteln mit Natriumanteilen zwischen 0,44 % und 1,56 % in der Trockenmasse auf verschiedene Harnparameter bei gesunden Katzen. Beobachtet wurde eine signifikante lineare Korrelation zwischen dem diätetischen Natriumgehalt und der Kalziumoxalat-RSS: Die Erhöhung des diätetischen Natriumgehalts führt bei Katzen zu einer signifikanten Abnahme der Kalziumoxalat-RSS durch eine Steigerung des Harnvolumens und damit zu einer Zunahme der Harnverdünnung. Die Erhöhung der Feuchtigkeitsaufnahme durch Erhöhung des Wassergehaltes der Nahrung führt auch bei Harnstein bildenden Katzen zu einer Abnahme der Kalziumoxalat-RSS (Lulich et al. 2004).

Effekt des diätetischen Natriumgehalts auf den Blutdruck und die Nierenfunktion Wie in der Humanmedizin werden auch bei der Katze die Langzeitrisiken einer erhöhten diätetischen NaClAufnahme (1,75 bis 3,25 g/1000 kcal) für die Gesundheit kontrovers diskutiert. Diätetische Kochsalzkon-

300


ABBILDUNG 27 – LÖSLICHKEIT UND HARN-PH-WERT (persönliche Mitteilung von Dr. WG Robertson) hoch

Natriumreiche Nahrung: 1,02 % Na (TM)

Mittlerer arterieller Blutdruck (mmHg/Katze/Tag)

160 140 120 100

Kontrollnahrung: 0,46 % Na (TM)

80 60

Löslichkeit der Kristalle

(nach Luckschander et al. 2004)

niedrig

6

5

5 - Spezifische Erkrankungen

ABBILDUNG 26 – EINFLUSS DES DIÄTETISCHEN NATRIUMCHLORIDGEHALTS AUF DEN SYSTOLISCHEN BLUTDRUCK BEI GESUNDEN, ADULTEN KATZEN

7

Harn-pH-Wert Struvit Ammoniumurat Kalziumoxalat Kalziumphosphat Cystin

40 20 0 1. Periode

2. Periode

Crossover-Studie: Zehn gesunde Europäisch-Kurzhaarkatzen (4 Kater, 6 weibliche Katzen; Alter: 2,6 ± 0,5 Jahre alt; Gewicht: 4,50 ± 0,89 kg) erhielten zunächst über 14 Tage eine Kontrollnahrung. Die Futtermittel enthielten 0,46 % (Kontrollnahrung) bzw. 1,02 % (Testnahrung) Natrium in der Trockenmasse. Der mittlere systolische Blutdruck wurde durch die Veränderung der diätetischen Natriumzufuhr nicht modifiziert.

Der Harn-pH-Wert hat einen starken Einfluss auf die Löslichkeit bestimmter Kristalle und Harnsteine. Struvitkristalle reagieren am sensibelsten auf Veränderungen des Harn-pH-Wertes. Eine Ansäuerung des Harns steigert die Löslichkeit von Struvitkristallen und reduziert somit das Risiko der Struvitsteinbildung. Kalziumoxalat ist dagegen deutlich weniger pH-sensibel.

LUTD

zentrationen mit Diurese fördernder Wirkung scheinen jedoch den Blutdruck weder bei gesunden Gesellschaftstieren noch bei Katzen in den Frühstadien einer Nierenerkrankung oder in felinen Niereninsuffizienzmodellen zu beeinflussen (Buranakarl et al. 2004; Luckschander et al. 2004; Cowgill et al. 2007). Eine epidemiologische Studie kommt darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Fütterung von Katzen mit höheren Anteilen von Natrium neben anderen Nährstoffen das relative Risiko für eine chronische Niereninsuffizienz sogar senkt (Hughes et al. 2002). Die kurzzeitige Fütterung junger, gesunder Katzen mit einem natriumreichen Futtermittel (1,02 % Na anstatt 0,46 % in der TM) über einen Zeitraum von 14 Tagen führte zu einem signifikanten Anstieg der Trinkwasseraufnahme und zu einer Reduzierung des spezifischen Harngewichts ohne Erhöhung des systolischen Blutdrucks (Abbildung 26). Die Blutdruckmesswerte blieben bei allen zehn Katzen über den gesamten Verlauf der Studie innerhalb ihres physiologischen Referenzbereiches (Luckschander et al. 2004). Die Ergebnisse dieser Untersuchung legen nahe, dass eine Nahrung mit moderat erhöhtem Kochsalzgehalt bei gesunden, jungen, adulten Katzen die Trinkwasseraufnahme erhöht, eine diuretische Wirkung hat und nicht zu einer Erhöhung des systolischen Blutdrucks führt. Cowgill et al. (2007) untersuchten den Einfluss der diätetischen Natriumkonzentration auf die Nierenfunktion bei adulten Katzen. Katzen, deren Futter einen Natriumgehalt von 1,3 % aufwies, zeigten im Vergleich zu Katzen, deren Nahrung lediglich 0,22 % Natrium enthielt, keine Unterschiede des Plasmakreatinins, des BUN und der glomerulären Filtrationsrate (GFR, gemessen im Rahmen einer 10stündigen pharmakokinetischen Analyse der Plasmaclearance exogenen Kreatinins). Diese Daten sprechen dafür, dass selbst sehr hohe diätetische Salzkonzentrationen bei gesunden Katzen keine Kurzzeiteffekte auf die Nierenfunktion haben. Buranakarl et al. (2004) untersuchten den Einfluss von Kochsalz auf den Blutdruck bei Katzen mit experimentell induzierter Azotämie der IRIS-Stadien II und III. Die Höhe der Salzaufnahme hatte keine Auswirkungen auf den Blutdruck. Darüber hinaus ging die in dieser Studie verwendete niedrigste Salzzufuhr mit den niedrigsten GFR-Werten, einer unerwünschten hypokaliämischen Kaliurese und einer Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems einher. Die Ergebnisse dieser Studie sprechen dafür, dass Katzen mit induzierter Nierenerkrankung, ebenso wie gesunde Katzen, nicht salzsensitiv sind.

Einstellung des Harn-pH-Wertes Die Einstellung des Harn-pH-Wertes über diätetische Modifikationen oder auf medikamentösem Weg kann sich in der Behandlung einiger, jedoch nicht aller Harnsteine als ein sehr wirksames therapeutisches Hilfsmittel erweisen (Abbildung 27). So führt eine Ansäuerung des Harns zu einer signifikanten Erhöhung der 301


5 - Spezifische Erkrankungen

Struvitlöslichkeit und kann damit als eine wesentliche Komponente der medikamentösen Auflösung von Harnsteinen diesen Typs betrachtet werden (Stevenson et al. 2000; Smith et al. 2001). Umgekehrt führt die Alkalisierung des Harns zu einer Steigerung der Löslichkeit bestimmter Urat- und Cystinsteine. Zu vermeiden ist allerdings eine Alkalisierung über einen Harn-pH-Wert von 7,5 hinaus, da ein solches stark alkalisches Milieu die Bildung von Kalziumphosphatsteinen fördert. Kalziumoxalatsteine entstehen bei jedem pHWert, und eine medikamentöse Auflösung ist gegenwärtig nicht möglich. Der Einfluss des Harn-pH-Wertes auf das Risiko der Kristallbildung und die Rolle des pH-Wertes bei der Harnsteinbehandlung und Harnsteinprävention werden in den Abschnitten zu den einzelnen Harnsteintypen besprochen.

> Struvit

Risikofaktoren Im Unterschied zum Hund sind die meisten felinen Struvitsteine (Magnesium-Ammonium-Phosphat-Hexahydrat: Mg NH4 P04 6H20) steril (Buffington et al. 1997; Lekcharoensuk et al. 2000, 2001a; Cannon et al. 2007). Struvitharnsteine bilden sich, sobald der Harn mit den Einzelkomponenten Magnesium, Ammonium und Phosphat übersättigt ist und einen pH-Wert über 6,5 aufweist. In sauerem Harn mit pH-Werten unter 6,5 besitzen Struvitkristalle eine höhere Löslichkeit, und bei Harn-pH-Werten unter 6,3 ist eine Kristallisation unwahrscheinlich. Weniger kritisch im Hinblick auf eine Struvitkristallisation bzw. Struvitsteinbildung ist der Harn-pH-Wert dann, wenn die Nahrung Diurese fördernde Eigenschaften hat und die Harnverdünnung fördert, wie dies zum ABBILDUNG 28 – ZUSAMMENHANG ZWISCHEN HARN-PH-WERT Beispiel bei Feuchtfuttermitteln der Fall ist (Abbildung 28). UND STRUVIT-RSS IM HARN VON KATZEN (Royal Canin Forschungszentrum 2005; Interne Daten, erhoben über einen Zeitraum von 2 Jahren)

Eine kontrollierte Studie zeigt, dass Futtermittel mit hohem Gehalt an Magnesium, Phosphor, Kalzium, Chlorid und Fasern, einem moderaten Proteinanteil und einem niedrigen Fettgehalt mit einem erhöhten Risiko einer Struviturolithiasis assoziiert sind (Lekcharoensuk et al. 2001b).

Trockenfutter Feuchtfutter

12

Struvit-RSS

LUTD

10 8 5 4 2 0 5

5,5

6

6,5

7

7,5

8

pH-Wert

Individuelle Daten einer Gruppe von sieben Katzen, die insgesamt 125 verschiedene Futtermittel erhielten. Jeder Punkt steht für eine Katze, die ein bestimmtes Futtermittel bekam. Je alkalischer der Harn, desto höher das Struvitsteinrisiko.

TABELLE 10 – DAS RISIKO DER STRUVITSTEINBILDUNG HÄNGT VOM PH-WERT UND DER FORM DES MAGNESIUMS AB (nach Buffington et al. 1990)

Basisfuttermittel mit 0,05 % Mg

Futtermittel mit 0,5 % Mg in Form von MgCl2

Futtermittel mit 0,5 % Mg in Form von MgO

pH

7,2 ± 0,3

5,8 ± 0,1

7,9 ± 0,3

Magnesium (mmol)

7,3 ± 2,8

53,1 ± 16,3

49,1 ± 14,4

Kalzium (mmol)

4,7 ± 1,5

15,5 ± 8,2

8,1 ± 3,6

Struvit-RSS

24,7

0,7

87,1

Kalziumoxalat-RSS

41,3

12,8

8,6

302

Magnesium Futtermittel mit einem Magnesiumgehalt von 0,15 bis 1,0 % in der Trockenmasse führen zu einem erhöhten Struvitsteinrisiko (Lekcharoensuk et al. 2001b). Der tatsächliche Effekt des Magnesiumgehaltes hängt jedoch entscheidend von der Form des in der Nahrung vorhandenen Magnesiums und vom Harn-pH-Wert ab (Tarttelin 1987; Buffington et al. 1990; Reed et al. 2000a). Buffington et al. (1990) berichten, dass Katzen, deren Nahrung 0,5 % Magnesium in Form von MgCl2 enthält, keine Struvitsteine bilden, während Katzen, deren Nahrung dieselbe Menge Magnesium in Form von MgO enthält, Struvitsteine bilden (Tabelle 10). Verantwortlich für diesen Unterschied ist die Tatsache, dass Magnesiumoxid die Bildung eines alkalischen Harns bewirkt, während Magnesiumchlorid die Bildung eines der Entstehung von Struvitkristallen entgegen wirkenden saueren Harns fördert. Phosphor Katzen, die phosphorreich ernährt werden (3,17-4,70 g Phosphor/1000 kcal) weisen ein um den Faktor vier höheres Struviturolithiasisrisiko auf als Katzen, deren Nahrung nur 0,85-1,76 g Phosphor/1000 kcal enthält (Lekcharoensuk et al. 2001b). Eine hohe diätetische Phosphorzufuhr steigert die Phosphorausscheidung über den Harn und fördert damit die Übersättigung des Harns mit Magnesium, Ammonium und Phosphat (Finco et al. 1989).

Behandlung Bekämpfung von Harnwegsinfektionen Die eher selten vorkommenden infektionsinduzierten Struvitharnsteine erfordern eine kombinierte antimikrobielle und Stein auflösende Behandlung (siehe unten). Die antibiotische Thera-


5 - Spezifische Erkrankungen © D. Houston

© D. Houston

Abbildung 29b – Laterale Röntgenaufnahme derselben Katze vier Wochen nach Einleitung einer Struvit auflösenden Diät. Der in Abbildung 29a zu erkennende Harnstein hat sich vollständig aufgelöst.

Die Wirksamkeit einer magnesiumreduzierten, Harn ansäuernden und mit Kochsalz supplementierten Dosennahrung zur Auflösung von Struvitharnsteinen konnte in einer Studie aus dem Jahr1990 belegt werden (Osborne et al. 1990a). Erst kürzlich zeigten Houston et al. (2004) die Wirksamkeit einer speziell zur Förderung eines saueren Harns mit einer RSS < 1 zur Auflösung von Struvitsteinen bei der Katze entwickelten Dosen- und Trockennahrung mit moderater Magnesiumrestriktion. In dieser 30 Katzen umfassenden Studie lag die mittlere Zeit, die für die Auflösung von Struvitsteinen erforderlich war, mit der Dosennahrung bei 26 Tagen und mit der Trockennahrung bei 34 Tagen (Abbildung 29).

Abbildung 30 – Struvitsteine aus der Harnblase einer Katze: typische runde bis diskoide Form der Struvitsteine.

© : Andrew Moore, CVUC, Guelph, Ontario, Canada

Litholytische Diätnahrung zur Auflösung von Struvitharnsteinen Reine Struvitsteine lassen sich allein durch die Gabe spezieller Diätfuttermittel, die ein höheres Harnvolumen und einen niedrigeren Harn-pH-Wert unter 6,3 fördern, auflösen (Osborne et al. 1990a; Houston et al. 2004). Die Nahrung sollte einen kontrollierten Magnesiumgehalt haben und für die Bildung eines untersättigten Harns (RSS < 1) sorgen. Darüber hinaus sollte sie einen ausreichend hohen Natriumgehalt aufweisen, um die Trinkwasseraufnahme und die Bildung eines verdünnten Harns zu fördern. Bei sterilen Struvitsteinen ist eine zusätzliche antibiotische Therapie nicht erforderlich.

© Andrew Moore, CVUC, Guelph, Ontario, Canada

pie orientiert sich an den Ergebnissen einer bakteriellen Kultur einschließlich Antibiogramm einer nach Möglichkeit mittels Zystozentese gewonnenen Harnprobe. Die Behandlung wird einen Monat über die radiologisch bestätigte Auflösung der Harnsteine hinaus fortgesetzt, da überlebensfähige Bakterien in Harnsteinen überdauern können, die sich dem röntgenologischen Nachweis nach der Steinauflösung entweder aufgrund ihrer geringen Größe oder infolge ihrer Strahlendurchlässigkeit entziehen.

Empfohlen wird, die Stein auflösende Therapie einen Monat über die radiologische bestätigte Struvitauflösung hinaus durchzuführen. Kommt es nicht zu einer erfolgreichen Auflösung, handelt es sich entweder um einen anderen Harnsteintyp oder aber um eine komplexere, gemischte Harnsteinzusammensetzung. Prävention von Rezidiven Die Rezidivrate für Struvitharnsteine beträgt Berichten zufolge 2,7 % bei einem mittleren Rezidivintervall von 20 Monaten (Albasan et al. 2006). Im Anschluss an die Auflösung oder die chirurgische Extraktion von Struvitsteinen ist folglich eine diätetische Prävention zu empfehlen. Die präventive Diätnahrung sollte eine RSS im untersättigten oder metastabilen Bereich und einen Harn-pH-Wert unter 6,5 fördern und entweder einen hohen Feuchtigkeitsgehalt (Dose, Frischebeutel, Alu-Schale) aufweisen oder Diurese fördernde Eigenschaften haben (angereichert mit Kochsalz).

LUTD

Abbildung 29a – Laterale Röntgenaufnahme des Abdomens einer Katze mit Urolithiasis. Der Pfeil deutet auf einen einzelnen, großen Harnstein.

Abbildung 31 – Beispiele für das vielfältige makroskopische Erscheinungsbild feliner Struvitharnsteine

Medikamentöse Behandlung Harn ansäuernde Arzneimittel wie Ammoniumchlorid oder DL-Methionin sind nicht erforderlich, wenn ein geeignetes Harn ansäuerndes Spezialfuttermittel eingesetzt wird.

303


5 - Spezifische Erkrankungen

Überwachung Die Überwachung der Wirksamkeit der Behandlung erfolgt mit Hilfe von Harnanalysen (pH-Wert, spezifisches Gewicht, Sediment) nach zwei und vier Wochen und schließlich alle drei bis sechs Monate. Da nicht alle Katzen mit Harnsteinen auch tatsächlich Kristalle mit dem Harn ausscheiden, sollten alle drei bis sechs Monate Röntgenaufnahmen angefertigt werden, um mögliche Rezidive frühzeitig zu erkennen.

> Kalziumoxalat (Abbildung 32)

Risikofaktoren Das mittlere Alter bei Katzen zum Zeitpunkt der Diagnose einer Kalziumoxalaturolithiasis liegt bei 7,8 Jahren, die Gesamtaltersspanne reicht von 2 bis 18 Jahren. Das Risiko der Kalziumoxalatsteinbildung steigt mit zunehmendem Alter. Eine Studie beschreibt eine zweigipflige Altersverteilung mit Peaks bei 5 und 12 Jahren. Das höchste Risiko scheint bei Katzen im Alter zwischen 7 und 10 Jahren zu bestehen. Smith et al. (1998) beobachteten, dass ältere Katzen (mittleres Alter 10,6 ± 1,3 Jahre) Harn mit signifikant niedrigeren Struvit RSS-Werten (0,72 ± 0,58 vs. 4,98 ± 4,03) und einer signifikant höheren Kalziumoxalat-RSS (3,45 ± 1,62 vs. 0,91 ± 0,87) produzierten, als eine Gruppe jüngerer Katzen (4,1 ± 1,0 Jahre). Die älteren Katzen hatten signifikant niedrigere Harn-pH-Werte als die jüngeren Katzen (6,1 ± 0,2 vs. 6,4 ± 0,2). Die Absenkung des Harn-pH-Wertes bei älteren Katzen kann zumindest teilweise als Erklärung für das mit zunehmendem Alter ansteigende Risiko einer Kalziumoxalatsteinbildung herangezogen werden (Smith et al. 1998). Neben genetischen und geschlechtsbedingten Unterschieden werden auch Inaktivität, Adipositas und verschiedene Umweltfaktoren mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Kalziumoxalatsteinen in Zusammenhang gebracht (Lekcharoensuk et al. 2001b). Kater (55 %) sind häufiger betroffen und haben ein 1,5fach höheres Erkrankungsrisiko als weibliche Katzen. Burmakatzen, Himalajakatzen und Perserkatzen haben ein rassespezifisch erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Kalziumoxalaturolithiasis und legen die Beteiligung genetischer Faktoren nahe. Ein weiterer Risikofaktor für Kalziumoxalaturolithiasis bei Katzen ist die Wohnungshaltung (Kirk et al. 1995; Jones et al. 1997; Gerber et al. 2005).

LUTD

Beim Menschen können einer Hyperoxalurie mindestens zwei Formen erblicher Stoffwechselstörungen zugrunde liegen, die beide zu einer erhöhten Oxalatbildung und rezidivierender Kalziumoxalaturolithiasis führen (Williams & Wilson 1990). Bei der Katze werden eine erbliche primäre Hyperoxalurie (L-GlycerinsäureAzidurie), ein Mangel an hepatischer D-Glycerat-Dehydrogenase, eines Enzyms im Stoffwechsel der Oxalsäurevorstufen, beschrieben. Klinisch werden im Zusammenhang mit dieser Stoffwechselstörung aber eine allgemeine Schwäche und eine akut einsetzende Niereninsuffizienz beschrieben, nicht jedoch eine Kalziumoxalaturolithiasis (McKerrell et al. 1989; De Lorenzi et al. 2005). Eine schlüssige Erklärung für das bei Katzen in den Jahren zwischen 1984 und 2002 beobachtete erhöhte Kalziumoxalaturolithiasisrisiko gibt es bis heute nicht. Mit verantwortlich ist einer Hypothese zufolge die weite Verbreitung hochgradig magnesiumreduzierter, Harn ansäuernder Futtermittel zur Kontrolle von Struvitsteinen (Kirk et al. 1995; McClain et al. 1995; Thumachai et al. 1996; Osborne et al. 1996c; Lekcharoensuk et al. 2000, 2001a und b). Allerdings bekommen insgesamt sehr viele Katze Harn ansäuernde Futtermittel, und nur einige wenige entwickeln auch tatsächlich eine Hyperkalzämie, eine metabolische Azidose und eine Kalziumoxalaturolithiasis. Bei gefährdeten Katzen spielen deshalb vermutlich noch weitere Faktoren eine Rolle, zum Beispiel eine gastrointestinale Hyperabsorption oder eine gesteigerte renale Ausscheidung von Kalzium und/oder Oxalat.

© Andrew Moore, CVUC, Guelph, Ontario, Canada

Azidose Lekcharoensuk et al. (2000) berichten, dass Katzen, die speziell zur Bildung eines Harn-pH-Wertes zwischen 5,99 und 6,15 formulierte Futtermittel erhalten, ein dreifach höheres Kalziumoxalatsteinrisiko haben. Eine persistierende Azidurie kann mit einer geringgradigen metabolischen Azidose assoziiert sein, die wiederum zu einer Mobilisierung von Karbonat und Phosphat aus dem Knochengewebe führt, um überschüssige Wasserstoffionen zu puffern (Abbildung 33). Die damit einhergehende gleichzeitige Mobilisierung von Kalzium, kombiniert mit der Hemmung der tubulären Reabsorption von Kalzium in der Niere resultiert schließlich in einer verstärkten Kalziumausscheidung über den Harn. Beschrieben wird eine erhöhte Kalziumausscheidung über den Harn darüber hinaus auch bei klinisch gesunden Katzen, deren Futter mit Harn ansäuernden Substanzen angereichert ist (Fettman et al. 1992). In einer Studie führte das Absetzen Harn ansäuernder Futtermittel oder Harn ansäuernder Arzneimittel bei fünf Katzen mit Hyperkalzämie und Kalziumoxalaturolithen zu einer Normalisierung der Kalziumkonzentrationen im Serum (McClain et al. 1999). Abbildung 32 – Typisches Erscheinungsbild feliner Kalziumoxalaturolithen. 304

In einer Studie an Katzen führte die Supplementierung einer Dosennahrung mit einer Harn ansäuernden Substanz zu einem geringgradigen, aber statistisch signifikanten Anstieg der Kalziumoxalat-RSS. Aber auch diese höhere RSS lag immer noch unterhalb des Löslichkeitsproduktes von 12 (Stevenson et al. 2000). Die


5 - Spezifische Erkrankungen

ABBILDUNG 33 – AUSWIRKUNGEN EINER METABOLISCHEN AZIDOSE AUF DIE KALZIUMAUSSCHEIDUNG ÜBER DEN HARN

HCO3-

Säureausscheidung durch den Nierentubulus

Na+ H+

H2CO3

H2O

Na+

Ca(HCO3)2 CaHPO4

3HCO3-

HPO4-2 + H+

a-Ketoglutarat

H2PO4-

2+

Ca

Glutamin Na+

3Na+ Na-K ATPase 2K+

NH4+

Harn Tubuluslumen

Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass es möglich ist, ein stark Harn ansäuerndes Futtermittel zu formulieren (mittlerer Harn-pH-Wert = 5,8), das sowohl der Struvit,- als auch der Kalziumoxalatkristallisation entgegenwirkt (Abbildung 34). Vergleicht man den Harn-pH-Wert und die Kalziumoxalat-RSS bei verschiedenen kommerziellen und experimentellen Futtermitteln für Katzen, so scheint es sich beim pH-Wert um einen sehr schlechten Indikator für die Kalziumoxalat-RSS zu handeln (Abbildung 35; Tournier et al., 2006b).

ABBILDUNG 34 – EINFLUSS DES HARN-PH-WERTES AUF DIE KALZIUMOXALAT- UND STRUVIT-RSS

pH Struvit-RSS Kalziumoxalat-RSS

LUTD

(nach Stevenson et al. 2000)

14

7,5

*

12

*

10

7

Harn-pH-Wert

Kalzium Hyperkalzämie war ein beständiger pathologischer Befund bei zehn Katzen mit Kalziumoxalaturolithiasis (Lulich et al. 2004). Eine erhöhte intestinale Absorption von Kalzium ist die mögliche Folge einer übermäßigen diätetischen Kalziumaufnahme, eines Vitamin-D-Überschusses oder einer Hypophosphatämie. Zu einer erhöhten renalen Kalziumausscheidung kommt es bei herabgesetzter tubulärer Reabsorption (Furosemid, Kortikosteroide) oder bei gesteigerter Kalziummobilisierung aus dem Knochengewebe (Azidose, Hyperparathyreoidismus, Hyperthyreose, Vitamin-D-Überschuss) (Ling et al. 1990; Osborne 1995a, 1996b, 2000).

peritubuläre Kapillare

proximale Tubuluszelle

6,5

8

RSS

Bei metabolischer Azidose setzt das Knochengewebe vermehrt Kalziumphosphat und Karbonatpuffer in den Blutkreislauf frei. Das überschüssige Kalzium wird über den Harn ausgeschieden, und in der Folge erhöht sich das Risiko der Kalziumoxalatbildung.

OH- +CO2 CO2 + H2O

6

6

4 5,5

*

2

Proteine 5 0 Beim Menschen führt Nahrung mit einem hohen Anteil tierischer Proteine zu Kontrollfuttermittel Kontrollfutter- Kontrollfuttermittel mittel + NH4Cl + NaHCO3 Azidose, erhöhter Kalzium- und Oxalat- sowie einer verringerten Ausscheidung *p < 0,05 von Zitronensäure über den Harn (Holmes et al. 2001; Borghi et al. 2002; PieMittlerer (± Standardabw.) Harn-pH-Wert, Kalziumoxalat-RSS trow & Karellas 2006). Bei gesunden Katzen und bei Katzen mit Kalziumoxalaund Struvit-RSS bei sechs Katzen, die ein Kontrollfuttermittel turolithiasis führt die Aufnahme tierischer Proteine zu erhöhter Trinkwasser(C), das Kontrollfuttermittel mit NH4Cl oder das Kontrollfutteraufnahme, einem erhöhten Harnvolumen und einer erhöhten Phosphorausmittel mit NaHCO3 erhielten. Der Harn-pH-Wert hat einen scheidung über den Harn, während sich die Kalziumausscheidung unter diesen signifikanten Einfluss auf die CaOx-RSS (NH4Cl-Futter) und Umständen nicht erhöht ist (Funaba et al. 1996; Lekcharoensuk et al. 2001; die Struvit-RSS (NaHCO3-Futter). Aber auch die erhöhte Lulich et al. 2004). Bei Katzen, die proteinreich (105-138 g/1000 kcal) gefüttert CaOx-RSS liegt noch unterhalb des Löslichkeitsproduktes von 12. werden, besteht ein weniger als halb so großes Risiko einer Bildung von Kalziumoxalaturolithen als bei Fütterung mit proteinarmen Futtermitteln (5280 g/1000 kcal; Lekcharoensuk et al. 2001b). In einer kontrollierten Fallstudie wurde festgestellt, dass Katzen, deren Nahrung einen geringen Feuchtigkeitsgehalt und einen geringen Proteingehalt aufweist, ein erhöhtes Risiko für Kalziumoxalaturolithiasis haben (Lekcharoensuk et al. 2001b). Auch der Proteintyp hat bei der Katze einen Einfluss auf die Kalziumoxalatausscheidung über den Harn (Zentek & Schultz 2004).

305


5 - Spezifische Erkrankungen

ABBILDUNG 35 – DER HARN-PH-WERT IST EIN SCHLECHTER INDIKATOR FÜR DAS RISIKO DER KALZIUMOXALATBILDUNG IM HARN DER KATZE Individuelle Daten für 125 Futtermittel (nach Tournier et al. 2006b)

Trockenfutter Feuchtfutter 20 18

Trinkwasseraufnahme Eine Depletion des intravaskulären Flüssigkeitsvolumens und die damit einhergehende Konzentration des Harns erhöhen das Risiko einer Harnübersättigung mit Kalzium und Oxalat. Bei Katzen, die eine Nahrung mit hohem Feuchtigkeitsgehalt bekommen, liegt das Risiko einer Kalziumoxalaturolithiasis nur etwa bei einem Drittel des Risikos der Katzen, deren Nahrung einen niedrigen Feuchtigkeitsgehalt aufweist.

16

Kalziumoxalat-RSS

14 Bildungsprodukt 12 10 8

Oxalat Beim Menschen steigern Nahrungsmittel mit hohem Oxalatgehalt (Broccoli, Spinat, Rhabarber, Nüsse, Erdbeeren) die renale Oxalat-Clearance und das Harnsteinrisiko und sollten deshalb bei Gesellschaftstieren als Bestandteile der Nahrung vermieden werden (Lulich et al. 1994; Holmes et al. 2001).

6

Vitamin C In der Humanmedizin wird eine, wenngleich umstrittene, Löslichkeitsprodukt Verbindung zwischen Kalziumoxalatharnsteinen auf der 2 einen und übermäßiger Vitamin-C-Zufuhr und niedriger Vitamin-B6-Versorgung auf der anderen Seite hergestellt 0 5 5,5 6 6,5 7 7,5 8 8,5 (Hughes et al. 1981; Mitwalli 1989; Curhan et al. 1999). In der Tat wird Vitamin C im Körper zu Oxalsäure abgebaut Harn-pH-Wert und über den Harn ausgeschieden. Die Auswirkung einer Jeder Punkt repräsentiert die Messwerte Niedrige CaOx-RSS trotz niedrigen diätetischen Vitamin-C-Supplementierung auf die Oxalateiner individuellen Katze. pH-Wertes konzentration im Harn wurde bei 48 adulten amerikanischen Kurzhaarhauskatzen untersucht (Yu et al. 2005). Über einen Zeitraum von zwei Wochen erhielten die Katzen ein vollwertiges und ausgewogenes Trockenfuttermittel (Kontrolle), und anschließend über einen Zeitraum von weiteren vier Wochen eines von vier Futtermitteln mit einem Vitamin-C-Gehalt von 40 mg/kg Futtermittel, 78 mg/kg, 106 mg/kg oder 193 mg/kg. Festgestellt wurde, dass eine Vitamin-C-Supplementierung von bis zu 193 mg/kg Futtermittel keinen Einfluss auf die Oxalatkonzentration im Harn gesunder Katzen hat.

LUTD

4

Vitamin B6 Vitamin B6 fördert die Transaminierung von Glyoxylat, einer wichtigen Vorstufe der Oxalsäure, zu Glycin. Ein Pyridoxinmangel führt deshalb zu einer Erhöhung der endogenen Produktion und nachfolgenden Ausscheidung von Oxalat. Bei Katzenwelpen wird ein experimentell induzierter Viatmin-B6-Mangel beschrieben, der zu erhöhten Kalziumoxalatkonzentrationen im Harn und einer Oxalatnephrokalzinose führt (Bai et al. 1989). Eine spontane, natürlich auftretende Form dieses Krankheitsbildes wird bislang jedoch nicht beschrieben. Eine diätetische Supplementierung mit Vitamin B6 führt im Vergleich zu einem Futtermittel mit normalem, bedarfsgerechtem Vitamin-B6-Gehalt nicht zu einer Abnahme der Oxalsäureausscheidung (Wrigglesworth et al. 1999). Es ist also unwahrscheinlich, dass eine diätetische Supplementierung mit Vitamin B6 bei Katzen mit Kalziumoxalaturolithiasis, deren Nahrung bereits einen bedarfsgerechten Vitamin B6-Gehalt aufweist, zu einer Abnahme der Oxalsäureausscheidung über den Harn führt. Zitrat Beim Menschen erhöht ein Zitratmangel im Harn das Risiko einer Kalziumoxalaturolithiasis durch die damit verbundene Steigerung der Fähigkeit von Kalziumionen, Oxalat zu binden (Allie-Hamdulay & Rodgers 2005; Pietrow & Karellas 2006). Bei einem Zitratmangel kann es sich um einen erblichen Defekt handeln oder aber um die Folge einer Azidose, die den Zitratverbrauch der Nierentubuli fördert. Wenn die Aufnahme diätetischer Säurevorläufer bei der Katze zu einer Hypozitraturie führt, steigt das Kalziumoxalatsteinrisiko, da Zitrat als ein Inhibitor der Kalziumoxalatsteinbildung wirkt (Lekcharoensuk et al. 2001b). Magnesium Magnesium wirkt Untersuchungen zufolge bei zahlreichen Spezies hemmend auf die Bildung von Kalziumoxalatharnsteinen (Johansson et al. 1980). Bei der Katze führt eine Ernährung mit niedrigem Magnesiumgehalt (0,09-0,18 g/1000 kcal) im Vergleich zur einer Ernährung mit moderatem Magnesiumanteil (0,190,35 g/1000 kcal) zu einem erhöhten Kalziumoxalatsteinrisiko (Lekcharoensuk et al. 2001b). Ab einer 306


5 - Spezifische Erkrankungen

Magnesiumkonzentration über 0,36 g/1000 kcal steigt das Risiko der Kalziumoxalatsteinbildung erneut an (Lekcharoensuk et al. 2001b). Magnesium trägt zu einem verstärkten Kalziumverlust über den Harn bei, indem es die Konzentration des ionisierten Kalziums im Blut steigert und die PTH-Sekretion unterdrückt. Phosphat Eine Hypophosphatämie kann das Risiko einer Kalziumoxalaturolithiasis bei der Katze erhöhen. Katzen, deren Nahrung einen Phosphorgehalt von lediglich 0,85-1,76 g/1000kcal aufweist, haben ein fünfmal höheres Risiko, an Kalziumoxalaturolithiasis zu erkranken, als Katzen, deren Nahrung 1,77-3,16 g Phosphor/1000 kcal liefert (Lekcharoensuk et al. 2001b). Die Hypophosphatämie führt zu einer Aktivierung der Umwandlung von Vitamin D3 in Calcitriol durch das Enzym 1-alpha-Hydroxylase in der Niere und damit zu einer Steigerung der intestinalen Absorption und schließlich der renalen Ausscheidung von Kalzium. Darüber hinaus handelt es sich bei dem im Harn vorhandenen Pyrophosphat um einen Inhibitor der Kalziumoxalatsteinbildung (Osborne et al. 1995b; Reed et al. 2000b und c). Dagegen werden Futtermittel mit einem noch höheren Phosphorgehalt (> 3,17 g/1000 kcal) im Vergleich zu Futtermitteln mit moderatem Phosphorgehalt (1,77-3,16 g/1000 kcal) wiederum mit einem erhöhten Kalziumoxalatsteinrisiko in Verbindung gebracht (Lekcharoensuk et al. 2001b). Natrium In der Humanmedizin ging man lange Zeit davon aus, dass eine erhöhte Natriumchloridzufuhr die Kalziumausscheidung über den Harn steigert. Ähnliche Beobachtungen wurden auch bei der Katze gemacht. Dieser Zusammenhang zwischen diätetischer Natriumaufnahme und Kalziumausscheidung über den Harn führte zu der Annahme, dass eine salzreiche Ernährung die Kalziumoxalatbildung bei der Katze fördern kann, und damit zu der Empfehlung, dass Katzen mit FLUTD natriumarm gefüttert werden sollten. Richtig ist zwar, dass eine erhöhte Natriumzufuhr eine Steigerung der Kalziumausscheidung nach sich zieht, die Kalziumkonzentration im Harn steigt dabei jedoch nicht an, da es gleichzeitig zu einem Anstieg des Harnvolumens und zu einem signifikanten Rückgang der CaOx-RSS kommt (siehe oben, Auswirkungen der diätetischen Natriumzufuhr auf die Kalziumausscheidung über den Harn). Eine neuere epidemiologische Studie fand heraus, dass eine Erhöhung der diätetischen Natriumzufuhr zu einer Abnahme des Kalziumoxalatharnsteinrisikos bei der Katze führt (Lekcharoensuk et al. 2001b).

LUTD

Kalium Eine kaliumarme Ernährung trägt nachweislich zu einer Erhöhung des Kalziumoxalatharnsteinrisikos bei (Lekcharoensuk et al. 2001b). Umgekehrt können kaliumreiche Futtermittel einen protektiven Effekt gegen die Bildung von Kalziumoxalatsteinen haben, indem sie die Kalziumausscheidung über den Harn modifizieren. Beim Menschen konnte dieser Zusammenhang nachgewiesen werden (Lemann et al. 1991).

Behandlung und Prävention von Rezidiven Kalziumoxalatharnsteine lassen sich auf medikamentösem Weg nicht auflösen und müssen daher mit Hilfe der Urohydropropulsion oder auf chirurgischem Weg entfernt werden. Aufgrund des hohen Rezidivrisikos müssen nach der Entfernung präventive Maßnahmen eingeleitet werden.

© Andrew Moore, CVUC, Guelph, Ontario, Canada

Beschrieben wird eine Rezidivrate von 10,9 % bei einem mittleren Rezidivintervall von 20 Monaten. Beim Kater liegt die Rezidivrate um den Faktor 1,8 höher als bei der weiblichen Katze (Albasan et al. 2006). In Anbetracht des hohen Rezidivrisikos sind präventive Maßnahmen im Anschluss an die Entfernung von Kalziumoxalatsteinen ein wichtiger Bestandteil der Behandlung dieser Harnsteine. Ausschalten von Risikofaktoren Bei hyperkalzämischen Katzen wird eine vollständige klinische Untersuchung durchgeführt, um zugrunde liegende Ursachen herauszufinden und gezielt zu behandeln. In vielen Fällen lässt sich eine zugrunde liegende Ursache jedoch nicht ermitteln. Bei einer normokalzämischen Katze müssen die individuellen Risikofaktoren der Harnsteinbildung ermittelt und nach Möglichkeit ausgeschaltet werden. Zu vermeiden sind Harn ansäuernde Trockenfuttermittel, wenn diese nicht speziell zur Steigerung der Harnproduktion (Diurese fördernd) formuliert sind, und Arzneimittel, die eine vermehrte Kalziumausscheidung über den Harn fördern (Harn ansäuernde Medikamente, Furosemid etc.). Darüber hinaus sollten betroffene Katzen keine Snacks oder Futtersupplemente erhalten, die Kalzium, Vitamin D oder übermäßige Mengen an Vitamin C enthalten, da diese Substanzen die Ausscheidung von Kalzium und/oder Oxalat über den Harn steigern können (Osborne et al. 1995a).

Beispiele für das variable Erscheinungsbild feliner Kalziumoxalatharnsteine In den meisten Fällen hat Kalziumoxalatdihydrat ein stacheliges Erscheinungsbild (unten rechts). Kalziumoxalatmonohydrat ist dagegen oftmals rund geformt (unten links). 307


5 - Spezifische Erkrankungen

Diätetische Behandlung Die Kristallisation von Kalziumoxalat ist der erste Schritt der Bildung von Kalziumoxalatharnsteinen. Die Kristallbildung findet erst dann statt, wenn der Harn mit den beiden kristalloiden Einzelkomponenten dieses Harnsteintyps übersättigt ist. Spezialfuttermittel, die zur Bildung eines mit Kalzium und Oxalat untersättigten Harns führen, unterstützen daher die Prävention. Das Futtermittel sollte zur Bildung eines Harns mit RSS-Werten deutlich unterhalb von 12 führen (im Idealfall unter 5). Einer der wichtigsten Aspekte der Behandlung bzw. Prävention der Kalziumoxalaturolithiasis ist die Steigerung der Trinkwasseraufnahme (siehe oben: Stimulation der Diurese). Kalzium und Oxalat Studien belegen eindeutig, dass die diätetischen Kalzium- und Oxalatkonzentrationen einen Einfluss auf die Kalziumoxalat-RSS im Harn haben (Smith et al. 1998; Markwell et al. 1998a, 1999a und b; Stevenson et al. 2000). Zu vermeiden ist in Anbetracht dieser Resultate eine übermäßige diätetische Kalzium- und Oxalatzufuhr, allerdings sollten Spezialfuttermittel zur Kalziumoxalatprävention keine allzu hochgradige Kalziumoder Oxalatrestriktion aufweisen, da die Reduzierung der Zufuhr einer dieser beiden Komponenten zu einer Erhöhung der intestinalen Absorption der anderen Komponente führen kann. In einer Studie an zehn Katzen ging die Restriktion der diätetischen Kalziumaufnahme jedoch nicht mit einer Erhöhung der Oxalsäurekonzentration im Harn einher (Lulich et al. 2004). Andere Studien (Lekcharoensuk et al. 2001b) zeigen dagegen ein verringertes Risiko für Kalziumoxalaturolithiasis bei Katzen, deren Nahrung einen moderaten Kalziumgehalt aufweist. Phosphor, Magnesium, Kalium Der diätetische Phosphorgehalt sollte bei Katzen mit Kalziumoxalaturolithiasis weder erhöht noch reduziert werden (Lekcharoensuk et al. 2001b). Eine hochgradige Phosphorrestriktion kann zu einer Erhöhung der Kalziumausscheidung über den Harn führen und damit zusätzlich zur Harnsteinbildung beitragen. Proteinarme Nierendiäten sind aufgrund ihres sehr niedrigen Phosphorgehalts daher nicht zu empfehlen. Da sowohl eine diätetische Magnesiumrestriktion, als auch eine Magnesiumsupplementierung der Nahrung bei der Katze zu einer Erhöhung des Risikos einer Kalziumoxalaturolithiasis beiträgt, sollte der Magnesiumgehalt nicht modifiziert werden (Osborne et al. 1995a; Lekcharoensuk et al. 2001b).

LUTD

Harn-pH-Wert Jüngste Arbeiten in unserer Einrichtung sprechen dafür, dass sich der Harn-pH-Wert nicht als Indikator für den Grad der Kalziumoxalatsättigung bei gesunden Katzen eignet (Abbildung 35). Auch wenn eine metabolische Azidose zu einer Erhöhung der Kalziumkonzentration im Harn führt (Kirk et al. 1995; McClain et al. 1995; Thumachai et al. 1996; Lekcharoensuk et al. 2000, 2001), ist es dennoch möglich, ein Futtermittel so zu formulieren, dass es einen Harn-pH-Wert zwischen 5,8 und 6,2 induziert und gleichzeitig eine deutlich unter 5 liegende CaOx-RSS induziert. Ein solches Futtermittel beugt also sowohl der Bildung von Struvitkristallen als auch der Bildung von Kalziumoxalatkristallen vor.

© Andrew Moore, CVUC, Guelph, Ontario, Canada

Medikamentöse Therapie und Überwachung Ergänzende medikamentöse Behandlungen mit Zitrat, Thiazid-Diuretika und Vitamin B6 werden in einigen Fällen einer persistierenden Kalziumoxalatkristallurie oder einer rezidivierenden Kalziumoxalaturolithiasis empfohlen. Beim Menschen hat Kaliumzitrat eine präventive Wirkung gegen die rezidivierende Kalziumoxalaturolithiasis, indem es mit dem im Harn vorhandenen Kalzium lösliche Salze bildet (Pietrow & Karellas 2006). Oral appliziertes Kaliumzitrat erhöht den Harn-pH-Wert und kann eingesetzt werden, wenn die Ansäuerung des Harns zu hochgradig ausgefallen ist, in einer Situation also, in der eine Hypozitraturie entstehen kann (Osborne et al. 1995b; Lekcharoensuk et al. 2001b).

Feline Kalziumoxalaturolithen. In der Röntgenaufnahme können Kalziumoxalatsteine aufgrund ihres sternförmigen Erscheinungsbildes leicht mit Silikatsteinen verwechselt werden.

308

Hydrochlorothiazid, ein Wirkstoff aus der Gruppe der Thiazid-Diuretika, wird zur Behandlung von Menschen mit Kalziumoxalaturolithiasis eingesetzt. Bei adulten, gesunden Katzen führt Hydrochlorothiazid nachweislich zu einer Senkung der Kalziumoxalat-RSS (Hezel et al. 2006). Allerdings führt Hydrochlorothiazid zu einer vermehrten Ausscheidung von Kalium, Natrium, Magnesium, Phosphor und Chlorid, die bei Langzeitanwendung zu entsprechenden Mangelsituationen führen kann. Da weder die Wirksamkeit noch die Sicherheit von Hydrochlorothiazid bei Katzen mit Kalziumoxalaturolithiasis evaluiert sind, kann eine entsprechende Behandlung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht empfohlen werden.


5 - Spezifische Erkrankungen

Die Wirksamkeit der Behandlung wird mit Hilfe von Harnanalysen (pH-Wert, spezifisches Gewicht und Sediment) zunächst nach zwei und vier Wochen und anschließend alle drei bis sechs Monate überprüft. Da nicht alle Katzen mit Kalziumoxalaturolithiasis Kristalle ausscheiden, sollten zusätzlich alle drei bis sechs Monate abdominale Röntgenaufnahmen angefertigt werden, um rezidivierte Harnsteine festzustellen, so lange diese aufgrund ihrer noch geringen Größe für eine Entfernung mittels Urohydropropulsion in Frage kommen.

Behandlung von Nieren- und Harnleitersteinen Die optimale Behandlung von Nieren- und Harnleitersteinen ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Kyles et al. (2005) stellen fest, dass 92 % aller Katzen mit Harnleitersteinen zum Zeitpunkt der Vorstellung beim Tierarzt azotämisch sind, wobei 67 % der Katzen multiple Urolithen aufweisen, und 63 % beidseitige Harnleitersteine haben. Aufgrund dieser hohen Wahrscheinlichkeit der Beidseitigkeit, einer begleitenden Niereninsuffizienz und einer Rezidivbildung ist die Nephrektomie als chirurgische Option nur von begrenztem Wert. Da eine Nephrektomie zu einem unvermeidlichen Verlust an Nephronen führt, ist dieser chirurgische Eingriff nur dann angezeigt, wenn eindeutig nachweisbar ist, dass die Nierensteine tatsächlich eine klinisch relevante Erkrankung hervorrufen. Bei Katzen mit einer progressiven Hydronephrose und einem eindeutig nachzuweisenden Harnleiterstein kann eine Indikation für eine Ureterotomie bestehen. Postoperative Komplikationen sind ein Uroabdomen und eine Harnleiterstriktur. Partiell obstruierende Harnsteine können alternativ auch auf konservativem Weg behandelt werden. Bei 30 % der konservativ behandelten Katzen wandert der Harnleiterstein in die Harnblase (Kyles et al. 2005). Die in der Humanmedizin häufig angewendete Lithotripsie ist bei der Katze als routinemäßige Behandlungsoption bislang nicht etabliert.

> Kalziumphosphat

LUTD

Die Diagnose und Behandlung zugrunde liegender und/oder zur Erkrankung beitragender Faktoren ist der erste und zugleich wichtigste Schritt der Prävention der Kalziumphosphaturolithiasis. Abzuklären sind in entsprechenden Verdachtsfällen ein primärer Hyperparathyreoidismus, Hyperkalzämie, übermäßig hohe Harnkonzentrationen von Kalzium und/oder Phosphat und ein übermäßig hoher (alkalischer) Harn-pHWert (> 7,5). Im Vorbericht kann es zudem Hinweise auf eine vorangegangene diätetische Therapie und eine Applikation alkalisierender Substanzen zur Prävention anderer Harnsteintypen geben. Kann eine zugrunde liegende Erkrankung nicht diagnostiziert werden, behandelt man Kalziumphosphatsteine in der Regel auf ähnliche Weise wie Kalziumoxalatharnsteine. Sehr sorgfältig zu vermeiden ist allerdings eine übermäßige Alkalisierung des Harns, wie sie zum Beispiel im Rahmen der diätetischen Prävention der Kalziumoxalaturolithiasis vorkommen kann.

> Urate (Abbildung 36)

Risikofaktoren Uratharnsteine stehen auf Platz drei der häufigsten Harnsteine bei Katzen. Sie bestehen aus Harnsäure und dem monobasischen Ammoniumsalz der Harnsäure (harnsaures Ammonium). Die Prävalenz liegt bei unter 6 % (Osborne et al. 2000; Houston et al. 2004, 2006) und hat sich im Laufe der vergangenen 20 Jahre nicht signifikant verändert. In Kanada stammten zehn von 321 (3,1 %) eingesandten Ammoniumuratsteinen von Siamkatzen, und neun von 321 (2,8 %) von Ägyptischen Mau (Houston et al. 2006).

© Andrew Moore, CVUC, Guelph, Ontario, Canada

Uratharnsteine können bei Katzen mit portosystemischem Shunt oder jeder Form einer hochgradigen Leberdysfunktion auftreten. Möglicher Hintergrund ist eine herabgesetzte hepatische Umwandlung von Ammonium zu Harnstoff und eine daraus resultierende Hyperammonämie. Uratharnsteine von Katzen mit portosystemischen Shunts enthalten oft Struvit. Darüber hinaus können Uraturolithen auftreten bei…: • …Katzen mit Harnwegsinfektionen, die zu einer erhöhten Ammoniakkonzentration im Harn führen. • … Katzen mit metabolischer Azidose und stark saurem Harn. • … Fütterung einer Nahrung mit hohem Puringehalt, z. B. Leber oder andere Innereien (Osborne et al. 1992a; Ling 1995; Ling & Sorenson 1995). In der Mehrzahl der Fälle bleibt die genaue Pathogenese jedoch ungeklärt (Cannon et al. 2007).

Abbildung 36 - Uratharnsteine

309


5 - Spezifische Erkrankungen

Behandlung Uratsteine können theoretisch auf diätetischem Wege aufgelöst werden, bislang gibt es jedoch keine veröffentlichten klinischen Versuchsstudien über eine entsprechende Wirksamkeit von Diäten zur Auflösung feliner Uratsteine. Die diätetische Strategie zielt in erster Linie darauf ab, den Puringehalt der Nahrung zu reduzieren. Wie bei allen Harnsteintypen können aber auch hier eine Förderung der Trinkwasseraufnahme und die Steigerung der Harnverdünnung durch Fütterung von Feuchtnahrung (Dose, Frischebeutel, Alu-Schale) oder den Zusatz von Wasser oder Natrium zur Nahrung zu einer Senkung der Harnsättigung beitragen. Alkalisierung des Harns Alkalischer Harn enthält weniger Ammoniak und Ammoniumionen. Eine Alkalisierung des Harns senkt folglich das Risiko der Entstehung einer Ammoniumuraturolithiasis. Einen alkalisierenden Effekt haben zum Beispiel proteinarme Futtermittel auf pflanzlicher Basis, zusätzlich kann jedoch eine Supplementierung mit Kaliumzitrat erforderlich sein. Die Dosierung wird individuell angepasst und hat zum Ziel, den Harn-pHWert im Bereich von 6,8 bis 7,2 zu halten. Eine Alkalisierung auf pH-Werte über 7,5 sollte vermieden werden, da dieses stark alkalische Milieu die sekundäre Bildung von Kalziumphosphatkristallen fördert. Erhält eine Katze eine Diätnahrung auf pflanzlicher Basis, muss besonders gut auf die Ausgewogenheit geachtet werden, um dem besonderen Nährstoffbedarf (Proteine!) dieser Spezies gerecht zu werden. Xanthinoxidasehemmer Das Enzym Xanthinoxidase katalysiert die Umwandlung von Xanthin und Hypoxanthin in Harnsäure. Allopurinol hemmt die Aktivität der Xanthinoxidase und wird bei anderen Spezies eingesetzt, um die Uratausscheidung über den Harn zu verringern. Für die Katze wird eine Dosierung von 9 mg/kg p.o. vorgeschlagen (Plumb 2002). Die Wirksamkeit und die potenzielle Toxizität von Allopurinol sind jedoch nicht bekannt, so dass eine Applikation bei dieser Spezies gegenwärtig nicht empfohlen werden kann.

Überwachung

LUTD

Während des Auflösungsprozesses erfolgt alle vier bis sechs Wochen eine Kontrolle der Größe der Urolithen mit Hilfe von Übersichts- und/oder Kontraströntgenaufnahmen oder auf sonographischem Weg. In Anbetracht des hohen Rezidivrisikos wird auch nach der vollständigen Auflösung eine sonographische Untersuchung (oder Doppelkontrastzystographie) mindestens alle zwei Monaten über einen Zeitraum von einem Jahr empfohlen. Auch die Wirksamkeit der präventiven Therapie sollte mit Hilfe regelmäßiger Harnanalysen (pH-Wert, spezifisches Gewicht, Sediment) alle drei bis sechs Monate kontrolliert werden.

> Cystin (Abbildung 37)

Risikofaktoren Cystinsteine entstehen bei Katzen mit Cystinurie, einer angeborenen Stoffwechselstörung, die durch eine defekte Reabsorption von Cystin und anderer Aminosäuren (Ornithin, Lysin, Arginin) im proximalen Tubulus der Niere (DiBartola et al. 1991; Osborne et al. 1992a; Ling 1995; Osborne et al. 1996) gekennzeichnet ist. Eine eindeutige geschlechts- oder rassespezifische Prädisposition wird nicht beschrieben, allerdings scheint die Siamkatze ein tendenziell erhöhtes Risiko aufzuweisen (Ling et al. 1990; Osborne et al. 2000; Cannon 2007). Bei den meisten betroffenen Katzen handelt es sich um Tiere mittleren bis fortgeschrittenen Alters (Kruger et al. 1991).

Behandlung © Andrew Moore, CVUC, Guelph, Ontario, Canada

Zuverlässige medikamentöse Behandlungsoptionen zur Auflösung von Cystinsteinen bei der Katze gibt es bislang nicht (Osborne et al. 2000). Kleine Cystinsteine können mittels Urohydropropulsion entfernt werden (Lulich et al. 1993b). Bei größeren Steinen ist eine Zystotomie erforderlich. Das therapeutische Ziel im Rahmen der medikamentösen Auflösung ist die Absenkung der Cystinkonzentration im Harn und die Erhöhung der Löslichkeit von Cystin. In der Regel erfordert dies eine diätetische Modifikation der Aminosäurezufuhr (Futtermittel mit niedrigem Gehalt an Methionin/Cystin), kombiniert mit einem thiolhaltigen Arzneimittel.

Abbildung 37 - Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Cystinharnsteins einer Katze 310

Thiolhaltige Arzneimittel Diese Arzneimittel reagieren mit Cystin im Rahmen einer Thiol-Disulfid-Austauschreaktion, und bilden einen Komplex mit höherer Löslichkeit im Harn als Cystin. Empfohlen wird N-2-Mercaptopropionyl-Glycin (2-MPG) in einer Dosierung von 12-20 mg/kg alle 12 Stunden (Osborne et al. 2000).


5 - Spezifische Erkrankungen

Alkalisierung des Harns Die Löslichkeit von Cystin ist pH-Wert-abhängig, und in alkalischem Milieu ist Cystin deutlich besser löslich. Die Alkalisierung des Harns wird entweder mit Hilfe einer Diätnahrung erreicht, die Kaliumzitrat enthält, oder durch Kaliumzitratsupplemente.

Überwachung

© Andrew Moore

Während des Auflösungsprozesses erfolgt alle vier bis sechs Wochen eine Kontrolle der Größe der Urolithen mit Hilfe von Übersichts- und/oder Kontraströntgenaufnahmen oder auf sonographischem Weg. In Anbetracht des hohen Rezidivrisikos wird auch nach der vollständigen Auflösung eine sonographische Untersuchung (oder Doppelkontrastzystographie) mindestens alle zwei Monaten über einen Zeitraum von einem Jahr empfohlen. Auch die Wirksamkeit der präventiven Therapie sollte mit Hilfe regelmäßiger Harnanalysen (pH-Wert, spezifisches Gewicht, Sediment) alle zwei bis drei Monate kontrolliert werden.

> Xanthin (Abbildung 38) Xanthinharnsteine kommen bei Katzen nur selten vor. Mögliche Ursachen sind ein angeborener Defekt des Purinstoffwechsels oder eine Behandlung mit Allopurinol. In den meisten Fällen werden keine indikativen Risikofaktoren festgestellt. Eine rasse-, alters- oder geschlechtsspezifische Prädisposition wird nicht beobachtet (Osborne et al. 1992a, 1996b; White et al. 1997). Das primäre Ziel der diätetischen Strategie ist eine Verringerung des Puringehaltes der Nahrung. Wie bei anderen Harnsteintypen unterstützt aber auch hier die Förderung der Trinkwasseraufnahme und die Steigerung der Harnverdünnung durch Fütterung von Feuchtnahrung (Dosen, Frischebeutel, Alu-Schale) oder den Zusatz von Wasser oder Natrium zur Nahrung eine Absenkung der Harnsättigung.

Abbildung 38 - Xanthinharnstein (Skala: 0,1 mm) Kleine Xanthinharnsteine von einer männlichen Siamkreuzung. Die blasse Farbe ist untypisch, normalerweise sind Xanthinsteine grün oder gelb.

Eine Allopurinoltherapie zur Behandlung von Uratsteinen muss bei betroffenen Katzen abgesetzt werden, da sie die Bildung von Xanthinsteinen fördert.

Silikatsteine bei Katzen können als Zufallsbefunde entdeckt werden. Eine Indikation für eine chirurgische Entfernung liegt vor, wenn der Verdacht besteht, dass klinische Symptome einer FLUTD auf Silikatsteine zurückzuführen sind. In Anbetracht der Tatsache, dass auslösende Ursachen und fördernde Faktoren der Silikaturolithiasis unbekannt sind, können lediglich allgemeine und unspezifische diätetische Empfehlungen ausgesprochen werden. Empirischen Empfehlungen zufolge sollte die Ernährung erkrankter Katzen auf Futtermittel mit qualitativ hochwertigen Proteinen und nach Möglichkeit reduzierten Anteilen pflanzlicher Inhaltsstoffe umgestellt werden. Darüber hinaus sollten die Wasseraufnahme und die Harnverdünnung gefördert werden.

© Compliments of JL Westropp, Davis, California.

Silikatharnsteine kommen bei Katzen selten vor. Auf der Grundlage geringer Fallzahlen kann keine rassespezifische Prädisposition beobachtet werden. Bei Harnsteinanalysen in Kanada sind Kater häufiger betroffen als weibliche Katzen (Houston et al. 2006). Zumindest beim Hund spielt die Aufnahme einer absorbierbaren Form von Silikaten in verschiedenen Futtermitteln, die zu einer übermäßigen Silikatausscheidung über den Harn führt, eine pathogenetische Rolle. Vermutet wird ein Zusammenhang mit der zunehmenden Verwendung pflanzlicher Inhaltsstoffe wie Fasern und Kleie in Futtermittelprodukten für Hunde und Katzen (Osborne et al. 1995a, b).

Abbildung 39 - Silikatharnstein

> Andere Harnsteine Kalium-Magnesium-Pyrophosphat-Urolithen wurden bei vier Perserkatzen beschrieben (Frank et al. 2002). In Kanada wurden insgesamt 15 Steine dieses Typs am Canadian Veterinary Urolith Center analysiert. Zwei Drittel dieser Steine wurden bei Katern gefunden. Die Mehrzahl (66,7 %) trat bei Hauskatzen auf. Betroffen waren eine männliche und eine weibliche Himalajakatze, eine männliche und eine weibliche Perserkatze und eine männliche Main Coon. Weitere neun Harnsteine hatten einen Kern (Nidus) aus Kalziumoxalat (acht Steine) oder Struvit (ein Stein), eingebettet in einem Pyrophosphatstein oder umhüllt von mehreren Pyrophosphatschichten. Die Ätiologie ist zwar nicht endgültig geklärt, man geht jedoch davon aus, dass die Ursache in einer temporären oder persistierenden Enzymdysfunktion zu suchen ist, die eine Übersättigung des Harns mit Pyrophosphat hervorruft, die letztlich zur initialen Kristallisation und zur Harnsteinbildung führt (Frank et al. 2002). So genannte „dried solidified blood calculi“ oder Blutkoagel (Abbildung 40) wurden bei Katzen in Nordamerika beschrieben (Westropp et al. 2006). Die Ätiologie ist nach wie vor unbekannt. Diese Urolithen enthalten keinerlei mineralisches Material, und eine große Zahl ist strahlendurchlässig. 311

LUTD

> Silikat (Abbildung 39)


© mit Genehmigung von JL Westropp, Davis, California

Schlussfolgerung

In Anbetracht der Tatsache, dass auslösende Ursachen und fördernde Faktoren sowohl der Kalium-Magnesium-Pyrophosphatsteine als auch der Dried solidified blood calculi unbekannt sind, können lediglich allgemeine und unspezifische diätetische Empfehlungen ausgesprochen werden. Empirischen Empfehlungen zufolge sollte die Ernährung erkrankter Katzen auf hoch verdauliche Futtermittel mit geringem Fasergehalt und qualitativ hochwertigen Proteinen umgestellt werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich, die Wasseraufnahme und die Harnverdünnung zu fördern.

> Gemischte, zusammengesetzte Harnsteine

Abbildung 40 – Verschiedene „dried solidified blood calculi“ aus der Harnblase einer Katze

Gemischte Harnsteine bestehen aus einem Kern (Nidus) eines Mineralstofftyps und einer Hülle aus einem anderen Mineralstofftypen (Abbildung 41). Sie entstehen, wenn zunächst Bedingungen vorherrschen, die die Präzipitation des einen Typs begünstigen, und diese schließlich von Bedingungen abgelöst werden, die die Präzipitation des anderen Mineralstofftyps begünstigen. Einige Mineralstofftypen können als Nidus für die Ablagerung eines anderen Mineralstofftyps dienen. So stellen zum Beispiel sämtliche Harnsteintypen eine Prädisposition für Harnwegsinfektionen dar, die wiederum für eine sekundäre Struvitpräzipitation verantwortlich sein können (Osborne et al. 2000).

© Andrew Moore, CVUC, Guelph, Ontario, Canada

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Die Existenz solcher gemischten Harnsteine unterstreicht nochmals, wie wichtig es ist, Harnsteine für eine quantitative Analyse an ein spezialisiertes Labor einzusenden. Nur auf diese Weise kann eine zielgerichtete diätetische und medikamentöse Strategie erarbeitet werden. Primäres Ziel der diätetischen Strategie ist die Bekämpfung bzw. Ausschaltung von Faktoren, die zur Bildung des Nidus führen. Wie bei allen Harnsteintypen unterstützt auch in diesem Fall die Förderung der Trinkwasseraufnahme und die Steigerung der Harnverdünnung durch Fütterung von Feuchtnahrung (Dose, Frischebeutel, Alu-Schale) oder den Zusatz von Wasser oder Natrium zur Nahrung die Absenkung der Harnsättigung.

Schlussfolgerung

Abbildung 41 – Komplexer, gemischter Urolith einer Katze Bei der quantitativen Analyse stellte sich heraus, dass der Kern aus harnsaurem Ammonium bestand und die Hülle aus Struvit.

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Die Förderung der Wasseraufnahme zur Anregung der Diurese und zur Steigerung des Harnvolumens ist einer der Grundpfeiler der Behandlung von Katzen mit klinischen Symptomen von Erkrankungen der ableitenden Harnwege. Bei Katzen mit FIC sorgt eine Harnverdünnung für eine Absenkung der Konzentration noxischer, reizender Substanzen in der Harnblase. Bei Urethrapfropfen unterstützen eine Harnverdünnung und ein erhöhtes Harnvolumen die Absenkung der Konzentration Protein und Detritus haltigen Materials im Harntrakt. Bei Urolithiasis sorgt die Harnverdünnung für eine Senkung der Konzentration einer gegebenen Menge einer gelösten Substanz, sie reduziert die Sättigung und senkt die Konzentration von Kristalloiden. Darüber hinaus sorgt die Erhöhung des Harnvolumens über die Steigerung der Miktionshäufigkeit für eine schnellere Passage durch die Harnwege und damit für eine verkürzte Aufenthaltsdauer von Kristallen im Harntrakt, so dass letztlich weniger Zeit für das Kristallwachstum zur Verfügung steht. Unabhängig von der letztlich zugrunde liegenden Ursache ist die klinische Diätetik zentraler Aspekt der Behandlung von Katzen mit Urolithiasis. Spezifische diätetische Empfehlungen richten sich in erster Linie nach der Mineralstoffzusammensetzung des Urolithen. Bei Katzen mit Struviturolithiasis ist eine Kontrolle der Magnesiumzufuhr und eine Senkung des Harn-pH-Wertes auf diätetischem Wege erforderlich, um einen mit den Einzelkomponenten des Struvit untersättigten Harn zu erhalten. Bei Katzen mit Kalziumoxalaturolithiasis stehen der diätetische Kalziumgehalt und die Oxalatvorstufen in der Nahrung im Fokus. Das Ziel ist eine CaOx-RSS im metastabilen Bereich. Die Modifikation des Harn-pH-Wertes erweist sich bei Kalziumoxalaturolithiasis als unwirksames therapeutisches Mittel. Bei metabolischen Urolithen (Cystin, Xanthin, Urat) wird eine Reduzierung des diätetischen Puringehalts empfohlen, und der Harn-pH-Wert sollte im neutralen bis schwach alkalischen Bereich eingestellt werden.


F

A

Eine Katze wird mit Hämaturie und Periurie vorgestellt. Bei der Harnanalyse werden keine Bakterien festgestellt. Sollte diese Katze mit Antibiotika behandelt und das Ansprechen auf diese Therapie abgewartet werden oder sollten unmittelbar Röntgenaufnahmen und ergänzende diagnostische Maßnahmen empfohlen werden?

Harnwegsinfektionen kommen bei gesunden Katzen nur sehr selten vor (<1 %), und eine routinemäßige Applikation von Antibiotika wird nicht empfohlen. Sehr viel häufiger treten idiopathische Zystitiden oder Urolithiasis auf. Im hier beschriebenen Fall ist eine Röntgenuntersuchung angezeigt, da Struvit und Kalziumoxalat, die die bei der Katze am häufigsten vorkommenden Harnsteintypen sind, sich durch ihre Strahlenundurchlässigkeit auszeichnen. Zu beachten ist, dass Urat- und Cystinharnsteine in der Regel strahlendurchlässig sind, und die Diagnose deshalb eine Positivkontraststudie oder eine sonographische Untersuchung erfordert.

Handelt es sich bei einem in der Röntgenaufnahme sichtbaren Urolithen der Wahrscheinlichkeit nach eher um einen Struvitstein oder um einen Kalziumoxalatstein?

In einigen geographischen Regionen dominieren Struvitsteine, in anderen Gebieten kommen dagegen Kalziumoxalatsteine häufiger vor. Anstatt auf der Grundlage solcher epidemiologischer Daten zu spekulieren, um welchen Harnsteintypen es sich handeln könnte, sollte der Stein vielmehr entnommen und einer quantitativen Analyse zugeführt werden. Die Entnahme erfolgt entweder auf natürlichem Wege beim Harnabsatz mittels eines Aquariumnetzes oder aber auf technischem Wege unterstützt durch einen Katheter, durch Urohydropropulsion, eine Zystoskopie oder eine Zystotomie. Die Bestimmung des Harn-pHWertes und die Untersuchung des Sediments können hilfreich sein, Kristalle werden aber unter Umständen nicht ausgeschieden oder die nachweisbaren Kristalle entsprechen nicht dem tatsächlich vorhandenen Harnsteintyp. Bei Struvitverdacht kann eine medikamentöse Auflösung versucht werden. Stellt sich nach sechs Wochen kein Behandlungserfolg ein, besteht der Verdacht, dass es sich um einen Urolithen einer anderen Mineralstoffzusammensetzung handelt, der auf chirurgischem Weg entfernt werden muss.

Handelt es sich bei Nierensteinen der Wahrscheinlichkeit nach eher um Struvitsteine oder um Kalziumoxalatsteine?

Bei der Katze sind etwa 70 % aller Nierensteine Kalziumoxalatsteine. Kalziumoxalatsteine sind bei bis zu 50 % aller Katzen mit Nierenerkrankungen vorhanden. Bei allen Katzen mit Nierenerkrankung sollten deshalb abdominale Röntgenaufnahmen angefertigt werden. Von Bedeutung ist der Nachweis von Nierensteinen vor allem als mögliche Ursache einer Obstruktion und einer eingeschränkten Nierenfunktion.

Wie werden Nierensteine und Harnleitersteine bei der Katze behandelt?

Wenn die Nierensteine eine vollständige Obstruktion oder einen fortschreitenden Nierenfunktionsverlust verursachen, ist eine chirurgische Exzision angezeigt. In Anbetracht der damit verbundenen unvermeidlichen Zerstörung von Nephronen besteht eine echte Indikation für eine chirurgische Inzision allerdings nur dann, wenn sichergestellt ist, dass die Harnsteine auch tatsächlich die Ursache einer klinisch signifikanten Erkrankung sind. Ist dies nicht der Fall, wird der Patient zunächst weiterhin auf klinische Anzeichen einer fortschreitenden Erkrankung oder einer Harnleiterobstruktion überwacht. Da die Steine in vielen Fällen spontan in Richtung Harnblase wandern, sollten in regelmäßigen Abständen Röntgenbilder angefertigt werden, um diese Wanderung zu überwachen.

Wann und wie oft sollte eine Katze nach Entfernung eines Harnsteins nachuntersucht werden? Welche diagnostischen Methoden eignen sich für die Überwachung eines Harnsteinpatienten?

Aufgrund des oft sehr hohen Rezidivrisikos sollten Röntgenbilder in Intervallen von drei bis sechs Monaten angefertigt werden. Bei metabolischen Harnsteinen (Urat, Cystin) können Kontraströntgenaufnahmen oder sonographische Untersuchungen erforderlich sein, da diese in der Regel strahlendurchlässig sind. Der Harn-pH-Wert und das spezifische Gewicht sollten alle drei Monate gemessen werden, um die Compliance des Besitzers und die Wirksamkeit der Diät zu überprüfen.

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Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen zur diätetischen Behandlung von Erkrankungen der ableitenden Harnwege bei der Katze


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LUTD

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Diätetische Informationen von Royal Canin

Im Fokus:

Natrium Nach Kalzium und Kalium ist Natrium das dritthäufigste Ion im Organismus. Es macht etwa 0,13 % des Körpergewichts eines Säugetiers aus. Extrazelluläres Natrium befindet sich im Skelett (43 % des Gesamtnatriums), in der interstitiellen Flüssigkeit (29 %) und im Plasma (12 %). Das restliche Natrium befindet sich hauptsächlich intrazellulär.

LUTD

Natrium spielt eine wichtige Rolle für die Zellfunktion: - Aufrechterhaltung des osmotischen Gleichgewichts zwischen intrazellulärem und extrazellulärem Milieu und Regulation des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens. Als Regulator des Flüssigkeitsgleichgewichts spielt Natrium eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Durst und bei der Harnproduktion. - Wichtige Rolle beim Säure-BasenGleichgewicht - Wichtige Rolle bei der Übertragung von Nervenimpulsen

© C. Hermeline/Diffomédia

Eine sehr wichtige Rolle spielt die intestinale Absorption von Natrium. Die Aufrechterhaltung der Natriumhomöostase im Organismus erfolgt über die Regulation der renalen und intestinalen Ausscheidung.

Salzgehalt in unterschiedlichen Futtermitteln: Sorgfältig interpretieren In Publikationen über den Einfluss von Natrium (Na) auf physiologische Prozesse wird die Natriumkonzentration in Futtermitteln nicht immer mit denselben Einheiten angegeben. Vor einer Interpretation entsprechender Daten müssen deshalb zunächst die unterschiedlichen Werte richtig eingeordnet werden: - mg oder mmol Na pro kg Körpergewicht - mg oder mmol Na pro kg Futtermittel - % in der Trockenmasse des Futtermittels. Gelegentlich werden die Natriumwerte auch als Menge des zugesetzten Natriumchlorids (NaCl) angegeben. Vor dem Vergleich verschiedener Werte müssen deshalb zunächst die Einheiten abgeglichen und gegebenenfalls umgerechnet werden.

Umrechnung von mg in mmol Natrium - Das Molekulargewicht von NaCl beträgt 58,45 g/mol.

- In 1 Mol NaCl wiegen die Natriumionen 23 g und die Chloridionen 35,45 g. - In 1 mmol NaCl wiegen die Natriumionen 23 mg und die Chloridionen 35,45 mg. - Die Umwandlung erfolgt mit dem Faktor 23. Beispiel 1: 10 mmol Natrium entsprechen: 23 x 10 = 230 mg Na Beispiel 2: 10 mg Natrium entsprechen: 10/23 = 0,43 mmol Na

Nicht verwechseln: Natriumchloridgehalt (NaCl) und Natriumgehalt (Na) eines Futtermittels! - In einem Mol NaCl stehen die Natriumionen für 39,3 % des Gesamtgewichts, und die Chloridionen für etwa 60,7 %. - Die Umwandlung erfolgt mit Hilfe des Faktors 0,393. Beispiel: 1 % Natrium in einem Futtermittel entsprechen: 1/0,393 < 2,54 % NaCl. Handelt es sich bei der Natriumquelle um ein anderes Natriumsalz, erfolgt die Berechnung auf dieselbe Weise, basierend auf dem prozentualen Natriumgehalt im jeweiligen Salz: - Natriumkarbonat enthält 37 % Natrium. - Natriumbikarbonat enthält 27 % Natrium. - Natriumphosphat enthält 16 % Natrium.

Da Katzen nicht schwitzen, unterliegen sie selbst bei starker körperlicher Aktivität oder hohen Temperatur nur geringfügigen Natriumverlusten.

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Diätetische Informationen von Royal Canin

Die Auflösungskinetik feliner Struvitsteine im Harn in vitro hängt von der relativen Übersättigung des Harns mit Struvit ab Tournier C, Malandain E, Abouhafs S, Aladenise S, Venet C, Ecochard C, Sergheraert R, Biourge V. Royal Canin Forschungszentrum, Aimargues, France

ABBILDUNG 1 – WAHRSCHEINLICHKEIT DER STRUVITSTEINBILDUNG AUF DER GRUNDLAGE DER HARNSÄTTIGUNG Zone der Übersättigung Spontane Kristallbildung Bildungsprodukt Metastabile Zone Wachstum bestehender Kristalle Löslichkeitsprodukt Zone der Untersättigung Kristallauflösung

Material und Methoden

Struvitsteinen (niedriger Harn-pHWert und niedrige RSS).

Tiere und Diätnahrung

Gemessene Parameter

Drei verschiedene kommerzielle, vollwertige, expandierte Trockenfuttermittel (A, B, C) wurden der Reihe nach an sieben Kartäuserkatzen (4 kastrierte Kater, 3 weibliche Katzen, 6,0 ± 2,8 Jahre alt; 5,9 ± 1,3 kg) über einen Zeitraum von jeweils zwei Wochen verabreicht. Bei Diätnahrung B und C handelt es sich um Spezialfuttermittel zur Auflösung von

Harnvolumen, pH-Wert, spezifisches Gewicht und die Konzentrationen zehn gelöster Substanzen (Ca, Mg, Na, K, NH4+, Phosphat, Zitrat, Sulfat, Oxalat, Harnsäure) wurden in dem für jedes Futtermittel über die letzten sieben Tage jeder 14tägigen Studienperiode gewonnenen Sammelharn gemessen (Tabelle 1).

TABELLE 1 – EIGENSCHAFTEN DES HARNS JE NACH FUTTERMITTEL

Auf der Grundlage dieser Daten wurde die RSS für Struvit mit Hilfe der Software SUPERSAT ™ errechnet (Robertson et al. 2002). Auswahl der Struvitsteine und Präparation der Harnproben Drei Gruppen feliner Struvitsteine homogener Formen und homogenen Gewichts (mittleres Gewicht: 0,201 ± 0,010 g) wurden ausgewählt. Für jedes Futtermittel wurde der Harn von allen sieben Katzen gesammelt und auf der Basis des mittleren täglichen Harnvolumens pro Katze in Flaschen gefüllt. Die Flaschen wurden bis zum Ende des Fütterungsteils der Studie bei -20 °C gelagert.

Futtermittel A Futtermittel B Futtermittel C

Mittleres Harnvolumen (ml/Katze/Tag)

65,0

92,7

118,2

Harn-pH-Wert

7,34

6,27

6,18

Spezifisches Gewicht

1060

1048

1046

Struvit-RSS

7,30

0,45

0,19

319

LUTD

Die Analyse der relativen Übersättigung (Relative supersaturation; RSS) ist eine Methode zur Messung des Potenzials des Harns, auf der Grundlage seiner Zusammensetzung Kristalle aufzulösen oder zu bilden (Abbildung 1). Das Verfahren ist bei der Katze validiert (Robertson et al. 2002). Ziel dieser Studie war die Beantwortung der Frage, ob es sich bei der Struvit-RSS um einen geeigneten Indikator für die In-vitro-Auflösungskinetik von Struvit (Ammonium-Magnesium-Phosphat) im Harn der Katze handelt.

Harnsättigung

Einleitung


Diätetische Informationen von Royal Canin

Das Prozedere der in vitro-Auflösung An Tag 0 wurde für jedes Futtermittel eine Probenflasche mit Harn aufgetaut, und eine Gruppe von Struvitsteinen wurde in den Harn eingebracht (Abbildung 2a). Die Flasche wurde anschließend über 24 Stunden in einem 38 °C warmen Wasserbad inkubiert (mit einem Schüttelmodus während 9 Stunden zur

Simulation der Aktivität der Katze) (2b). Nach Ende der 24Stunden-Periode wurde der Harn gefiltert, um die verbliebenen Harnsteine zu sammeln (2c). Die Steine wurden auf einem Löschpapier vorsichtig getrocknet (2d) und gewogen (2e). Anschließend wurde eine neue Harnprobenflasche aufgetaut, und der Prozess wurde bis zur vollständigen Auflösung der Steine wiederholt (Abbildung 3).

ABBILDUNG 2 – PROTOKOLL DER IN-VITRO-AUFLÖSUNG DER STRUVITSTEINE

ABBILDUNG 3 – ERSCHEINUNGSBILD DER STRUVITSTEINE IM VERLAUF DES AUFLÖSUNGSPROZESSES Futtermittel A Futtermittel B Futtermittel C

Tag 0

T2

T4

T6

T8

T10

LUTD

2A

T12

T14

T16

2B

2C T18

T20

T22

2D

320

2E

T24


Diätetische Informationen von Royal Canin

Diskussion und Schlussfolgerung

ABBILDUNG 4 – AUFLÖSUNGSKINETIK STRUVITSTEINE FÜR JEDES FUTTERMITTEL

DER

Bei gesättigtem Harn (Futtermittel A: RSS = 7,3) wurde lediglich eine geringgradige Auflösung im Verlauf der Studie erreicht (Abbildung 4), die möglicherweise auf den mechanischen Abrieb während des Schüttelmodus zurückzuführen ist.

0

Kumulativer Gewichtsverlust (%)

Liegt die RSS < 1 (Zone der Untersättigung), löst der Harn die Struvitsteine effektiv auf (Abbildung 4), und je niedriger die RSS, desto schneller die Auflösungskinetik (Tabelle 2). Die RSS ist somit ein guter Indikator für das Struvitstein auflösende Potenzial eines Harns.

20

-20

-40

-60

-80

-100 0 1

2

3

4

5

6

7

8

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

Anzahl Tage LUTD

Futtermittel A Futtermittel B Futtermittel C

TABELLE 2 – AUFLÖSUNGSKINETIK VON STRUVITSTEINEN IN VITRO NACH FÜTTERUNG DREIER VERSCHIEDENER FUTTERMITTEL Futtermittel A

Futtermittel B

Futtermittel C

Struvit-RSS

7,30

0,45

0,19

Anzahl Tage bis zur vollständigen Auflösung

-

23

17

Auflösungsgeschwindigkeit (mg/Tag)

0,01

8,52

11,59

Literatur Robertson WG, Jones JS, Heaton MA, et al. Predicting the crystallisation potential of urine from cats and dogs with respect to calcium oxalate and magnesium ammonium phosphate (struvite). J Nutr 2002; 132: 1637s-1641s.

321


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