Klinische Diätetik - Zähne

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Zahnhygiene


Nicolas GIRARD DVM

Éric SERVET Med. Ing., Royal Canin Forschungszentrum, Aimargues, Frankreich

Zahn- und Mundhöhlengesundheit: Die Rolle der Ernährung

1 - Das Ernährungsverhalten der Katze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .359 2 – Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 3 – Prävention von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Häufige Irrtümer über Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen bei der Katze . . . . . . . . . . . . . 376 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

Diätetische Informationen von Royal Canin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS I: Incisivus C: Caninus FORL: Feline odontoklastische resorptive Läsionen M: Molar PM: Prämolar PRN: Plaque reduzierender Nährstoff

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Zahnhygiene

Literatur


Zahn- und Mundhöhlengesundheit: Die Rolle der Ernährung Nicolas GIRARD DVM Nicolas Girard schloss sein Studium 1987 an der École Nationale Vétérinaire von Toulouse, Frankreich, ab. Danach arbeitete er etwa zwölf Jahre in einer tierärztlichen Allgemeinpraxis für Kleintiere im Südwesten Frankreichs, wo sich Dr. Girard auf die veterinärmedizinische Zahnheilkunde und Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen spezialisierte. Derzeit ist Nicolas Girard als Leiter der zahnmedizinischen Sprechstunde an der École Vétérinaire d’Alfort in Frankreich tätig. Darüber hinaus ist er Mitglied des wissenschaftlichen Komitees der Groupe d’Étude et de Recherche en Odonto-Stomatologie Vétérinaire (GEROS), einer Unterorganisation der Association Française des Vétérinaires pour Animaux de Compagnie (AFVAC), und der European Veterinary Dental Society (EVDS).

Éric SERVET Med. Ing., Royal Canin Forschungszentrum, Aimargues, Frankreich Éric Servet schloss sein Studium 1999 an der französischen Ingenieursschule (ENITIAA) in Nantes ab und spezialisierte sich auf die Gebiete Lebensmittelchemie und Lebensmitteltechnologie. Von 1999 bis 2001 arbeitete er als Ingenieur in der Milchindustrie in den Bereichen Pilotprojektentwicklung und Produktentwicklung. Anschließend wechselte er zu Royal Canin in die USA und beschäftigte sich dort mit den Bereichen Produktstabilität und Produktakzeptanz. Seit 2002 ist er als Forschungsingenieur am Royal Canin Forschungs- und Entwicklungszentrum (Aimargues, Frankreich) tätig. Seine Hauptforschungsfelder beim Hund und bei der Katze sind die Zahngesundheit und die Zahnhygiene, die Nährstoffversorgung der Gelenkknorpel und Adipositas.

D Zahnhygiene

ie Zähne haben einen weit reichenden Einfluss auf die Allgemeingesundheit der Katze. Sie spielen eine wichtige Rolle für zahlreiche elementare Aspekte des Lebens wie Jagd, Aufnahme und Zerkleinerung der Nahrung, Verteidigung und soziale Auseinandersetzungen. Die Zahn- und Mundhöhlengesundheit der Katze wird in ihrer Gesamtheit bislang nur in einigen wenigen ausführlichen epidemiologischen Studien beschrieben. In den meisten Fällen werden entsprechende Daten von Hunden auf die Spezies Katze übertragen. Der Tierarzt sollte jedoch die speziesspezifischen Besonderheiten der Pathologie von Zähnen und Mundhöhle der Katze kennen. Parodontalerkrankungen gehören zu den häufigen Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen der Katze. Sie werden von Tierärzten nicht nur vielfach unterdiagnostiziert, sondern oft auch in ihrer klinischen Bedeutung unterschätzt und folglich oft nur oberflächlich behandelt. Dank der jüngsten Fortschritte auf dem Gebiet der felinen Zahnheilkunde verfügen wir heute über neue diagnostische Möglichkeiten und deutlich leistungsfähigere Verfahren der Prävention. Die Gesamtheit dieser Informationen steht im Mittelpunkt eines „Zahnpflegevertrages“ zwischen Tierarzt und Katzenbesitzer, dessen Ziel darin besteht, die mit Parodontalerkrankungen einhergehenden Schmerzen und Infektionen präventiv zu vermeiden oder so weit wie möglich zu reduzieren. 358


1 - Das Ernährungsverhalten der Katze

1 - Das Ernährungsverhalten der Katze Anatomische und physiologische Besonderheiten Unsere Hauskatzen sind strikte Karnivoren, und ihre Dentition entspricht der der Großkatzen (Abbildung 1). Das Gebiss der Katze besteht aus vier verschiedenen Zahntypen (Incisivi [I], Canini [C], Prämolaren [PM], Molaren [M]). Es unterscheidet sich vom Gebiss des Hundes und anderer Karnivoren unter anderem durch das Fehlen von Zähnen mit mahlender Funktion, den Molaren, im Oberkiefer (Abbildung 1 und 2).

ABBILDUNG 1 – PROFILANSICHT DES GEBISSES EINER ADULTEN KATZE

In den verschiedenen Sequenzen der natürlichen Nahrungsaufnahme der Katze besteht die Aufgabe der Zähne in erster Linie darin, die meist kleinen Beutetiere zu ergreifen und zu zerkleinern. In den einzelnen Sequenzen kommen unterschiedliche Gruppen von Zähnen zum Einsatz. - Die Form der Incisivi ermöglicht das Zerschneiden, das Aushöhlen und das Abtrennen. - Das Profil der Canini ermöglicht das Ergreifen, Durchbohren und Festhalten eines Beutetiers. - Die Prämolaren dienen vorwiegend dem Transport der Nahrung und der Zerlegung in kleine Stücke. Katzen können ihre Mundhöhle sehr weit öffnen, um die Canini (Fangzähne) in die Beute zu schlagen und ihre kräftigen Reißzähne zum Einsatz zu bringen. Sobald die Beute in kleinere Stücke zerlegt ist, werden diese abgeschluckt (Wiggs & Lobprise 1997).

Die vier größten, schneidenden Zähne in Ober- und Unterkiefer werden als Reißzähne bezeichnet (PM 4 im Oberkiefer und M1 im Unterkiefer)

Die Zahnformel der adulten Katze (pro Kieferhälfte): I 3/3 ; C 1/1 ; PM 3/2 ; M 1/1 Das Gebiss der adulten Katze besteht also aus insgesamt 30 Zähnen.

ABBILDUNG 2 – FRONTALANSICHT DER OKKLUSION DES GEBISSES DER KATZE

Zahnhygiene

Die Kieferbewegungen der Katze beschränken sich ausschließlich auf die Sagittalebene, das heißt, es finden keine transversalen kauenden, mahlenden Bewegungen statt. Diese extreme Spezialisierung des Kiefers und des Kiefergelenks (Articulatio temporomandibularis) der Katze sorgt für einen hohen Wirkungsgrad der beim Ergreifen oder Zerkleinern der Beute eingesetzten Scherkräfte (Orsini & Hennet 1992). Bei domestizierten Katzen liegt der von den Canini ausgeübte Druck in einer Größenordnung von etwa 23 kg, der Druck im Bereich der Reißzähne sogar bei 28 kg (Buckland 1975). Die Integrität und die Funktionsfähigkeit der Kiefergelenke werden durch starke Seitenbänder und die darüber liegende, kräftig ausgebildete Muskulatur sichergestellt. Das Zerschneiden der Nahrung durch die Reißzähne wird in den meisten Fällen durch Torsions- und Scherbewegungen der Kiefergelenke unterstützt. Die aus Faserknorpel bestehende Symphyse der beiden Unterkieferäste erlaubt in gewissen Grenzen individuelle Bewegungen des linken und des rechten Astes, je nach der von der Katze im Einzelfall benutzten Seite (Harvey & Emily 1993).

Verschiedene Techniken der oralen Nahrungsaufnahme In der freien Wildbahn besteht die Nahrung von Katzen überwiegend aus kleinen Beutetieren wie Nagern, Kaninchen, Vögeln und einigen Reptilien. Nach dem Ergreifen der Beute wird diese in den meisten Fällen in mehreren Sequenzen mit Hilfe der Zähne zerschnitten und schließlich in kleinen Stückchen abgeschluckt. Auch wenn die Domestizierung zweifellos das natürlichen Ernährungsverhalten zum Teil modifiziert hat, sind unsere Hauskatzen grundsätzlich jederzeit in der Lage, wieder ein Leben in freier Wildbahn aufzunehmen, da der von der eigentlichen Nahrungsaufnahme unabhängige Jagdinstinkt erhalten ist. Lediglich 13 % der erspähten und belauerten Beutetiere werden auch tatsächlich gefangen (Kays & DeWan 2004). Eine Studie zeigt, dass selbst ausreichend gefütterte Hauskatzen, die Zugang zu einem Garten haben, weiterhin jagen und Beutetiere verzehren, auch wenn deren Anteil an der täglichen Gesamtration deutlich niedriger ist als bei Katzen, die ausschließlich im Freien leben (66 g/Tag gegenüber 294 g/Tag; Liberg 1984).

Bei geschlossenen Kiefern liegen die Incisivi des Unterkiefers unmittelbar hinter den Incisivi des Oberkiefers (Scherengebiss). Die Canini des Unterkiefers liegen zwischen den Canini des Oberkiefers und den dritten, oberen Incisivi (I3).

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1 - Das Ernährungsverhalten der Katze

ABBILDUNG 4 – VERSCHIEDENE TECHNIKEN DER AUFNAHME VON TROCKENFUTTERKROKETTEN BEI KATZEN

Supralingual Der erste Kontakt mit der Krokette erfolgt mit der Oberseite der Zunge.

Abbildung 3 – Videoanalyse der Futteraufnahmetechnik einer Perserkatze. Die Analyse erfolgte im Rahmen einer Kooperation zwischen Royal Canin, der École Nationale des Arts et Métiers d’Angers (ENSAM) und der École des Mines d’Alès (EMA).

Sublingual Der erste Kontakt mit der Krokette erfolgt mit der Unterseite der Zunge.

Labial Der erste Kontakt mit der Krokette erfolgt mit den Lippen.

„Schaufelmethode” Der erste Kontakt mit der Krokette erfolgt mit den Schneidezähnen.

Die Akzeptanz industriell hergestellter Futtermittel ist Gegenstand zahlreicher und umfangreicher Studien. Das Ziel dieser Untersuchungen ist die ständige Verbesserung der Qualität der auf dem Markt angebotenen Produkte. Bei der Untersuchung von Trockenfutterprodukten wird die Reaktion von Katzen auf Kroketten unterschiedlicher Größen, Formen, Texturen und Dichten getestet. Mit Hilfe von Videoanalysen des Nahrungsaufnahmeverhaltens verschiedener Katzenrassen (Abbildung 3) ist es nicht nur gelungen, die Techniken der Futteraufnahme bei Katzen im Allgemeinen zu charakterisieren, sondern darüber hinaus auch verschiedene rassespezifische Besonderheiten der oralen Aufnahme von Trockenfutterkroketten zu identifizieren (Abbildung 4): - Supralingual: Die Katze ergreift die Krokette mit der Oberseite der Zunge. - Labial: Die Katze ergreift die Krokette mit den Lippen. - „Schaufelmethode“: Die Katze ergreift die Krokette mit den Schneidezähnen. - Sublingual: Die Katze ergreift die Krokette mit der Unterseite der Zunge. Die Futteraufnahmetechnik variiert je nach Rasse. Eine gewisse Anpassungsfähigkeit des Nahrungsaufnahmeverhaltens und des Kauvorgangs an die Form und Größe der angebotenen Kroketten wird beobachtet (interne, unveröffentlichte Daten von Royal Canin, 2002).

Europäisch-Kurzhaar-Katze Oberkiefer 3,45 cm

Perserkatze Oberkiefer

2,75 cm Unterkiefer

2,95 cm

3,50 cm

2,50 cm

2,89 cm 3,12 cm

Sublinguale Aufnahme der Kroketten

ABBILDUNG 5 – VERGLEICH DER GEBISS- UND KIEFERANATOMIE BEI BRACHYZEPHALEN (PERSERKATZE) UND MESOZEPHALEN KATZENRASSEN Quelle: Royal Canin Forschungszentrum, 2002

2,60 cm

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Bei brachyzephalen Rassen (z. B. Perserkatze) beobachtet man Schwierigkeiten bei der Aufnahme runder Kroketten der Standardgröße, insbesondere mit den Schneidezähnen. In 80 % aller Fälle bedienen sich Perserkatzen bei der Aufnahme von üblichen Standardkroketten deshalb ihrer Zunge (60 % sublingual und 20 % supralingual). In 20 % der Fälle erfolgt die Aufnahme labial, und die „Schaufelmethode“ unter Zuhilfenahme der Schneidezähne wird bei dieser Rasse gar nicht beobachtet.

Unterkiefer

Die Gebissabdrücke zeigen, dass die Zähne der Perserkatze im Kiefer enger zusammen stehen. Bei dieser Rasse ist eine besondere Futteraufnahmetechnik zu beobachten (sublingual).

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1 - Das Ernährungsverhalten der Katze

- Dolichozephale Katzen (z. B. Siamkatzen) benutzen ihre Schneidezähne (Abbildung 6): Diese so genannte „Schaufelmethode“ wird in 30 % aller Fälle beobachtet. Sie ist umso wirkungsvoller, wenn der Napf gut gefüllt ist. Mit zunehmender Leerung des Napfes im Laufe der Mahlzeit tendiert die Futteraufnahmetechnik in Richtung supralingual, um die im Gefäß verbleibenden Kroketten mit der Zunge zu erfassen. Bei Standardkroketten verwendet die Siamkatze zu 70 % die supralinguale Aufnahmetechnik.

Der Einfluss der rassespezifischen anatomischen Besonderheiten wird auch im weiteren Nahrungsaufnahmeverhalten deutlich. So zerkleinert die Perserkatze eine Standardkrokette nach der Aufnahme nur in 10 % der Fälle, während die „Zerkleinerungsrate“ bei der Maine Coon und der Siamkatze bei 90 % liegt (Royal Canin, interne unveröffentlichte Daten, 2002). Die Art der Aufnahme von Futterbrocken, wie zum Beispiel Trockenfutterkroketten, unterscheidet sich also von einer Rasse zur anderen, oder präziser ausgedrückt von einer Gebiss- und Kieferbiometrie zur anderen.

Nahrungsaufnahmerhythmus der domestizierten Katze („Hauskatze“) Bei der Hauskatze ist die für Feliden typische fraktionierte Nahrungsaufnahme erhalten, das heißt, die Tiere nehmen zahlreiche kleine, über den gesamten Tag verteilte Mahlzeiten auf. Betrachtet man verschiedene Typen von Trockenfuttermitteln, so variieren die Häufigkeit und die mittlere Dauer der Mahlzeiten in Abhängigkeit von der Katzenrasse und dem angebotenen Futtermittelprodukt (Royal Canin, interne Daten, 2006). Eine Katze, der Kroketten ad libitum zur Verfügung gestellt werden, nimmt im Durchschnitt etwa zehn Mahlzeiten pro Tag auf. Jede dieser Mahlzeiten dauert im Mittel zwei Minuten und führt zu einer Aufnahme von durchschnittlich 6 g Futter. Im Laufe eines 24-Stunden-Zeitraums widmet die Katze also etwa 20 Minuten der reinen Nahrungsaufnahme und nimmt dabei insgesamt 50 bis 60 g Kroketten auf (Tabelle 1). Die nächtliche Nahrungsaufnahme hat dabei einen Anteil von 30 % an 24 Stunden. In der Nacht sind die Mahlzeiten im Allgemeinen umfangreicher und länger andauernd. Untersuchungen zufolge hat die Rassezugehörigkeit einen starken Einfluss auf den Futteraufnahmerhythmus (Abbildung 8) und die pro Mahlzeit aufgenommene Futtermenge.

Quelle: Royal Canin Forschungszentrum, 2002

- Mesozephale Katzen (z. B.: Maine Coon) bedienen sich der supralingualen und der labialen Methode zu quasi gleichen Teilen zu Beginn der Mahlzeiten (57 % gegenüber 42 % aller Fälle; Abbildung 7). Dieses Verhältnis kann sich im Laufe der Mahlzeit oder bei kleineren Kroketten zu Gunsten der lingualen Technik verschieben (83 % lingual gegenüber 17 % labial).

Abbildung 6 – Klassische Futteraufnahme bei der Siamkatze. Die Sequenzanalyse von 4800 Futteraufnahmen zeigt, dass die Futteraufnahme bei der Siamkatze in 30 % aller Fälle mit Hilfe der Schneidezähne erfolgt. Die Kiefer haben einen sehr weiten Öffnungswinkel.

(Die Daten stammen von 16 Katzen, die nacheinander die vier Futtermittel ad libitum angeboten bekamen. Royal Canin, interne Daten, 2006)

Produkt 1

Produkt 2

Produkt 3

Produkt 4

Mittelwert

Anzahl Mahlzeiten/24 h

9,5

8,4

10,0

10,1

9,5

Umfang der Mahlzeit (g)

6,7

6,7

5,6

5,3

6,1

Gesamtaufnahme/24 h (g)

57,1

53,1

53,7

52,8

54,2

Mittlere Dauer der Mahlzeiten (min’ sec’’)

1’48’’

2’16’’

2’16’’

2’09’’

2’07’’

Gesamtaufnahmedauer /24 h (min’ sec’’)

16’39’’

18’35’’

22’28’’

21’46’’

19’53’’

4,1

3,3

2,9

2,7

3,2

Aufnahmegeschwindigkeit (g/min)

Quelle: Royal Canin Forschungszentrum, 2002

TABELLE 1 – FUTTERAUFNAHMEPROFIL BEI KATZEN, DIE TROCKENFUTTER AD LIBITUM ERHALTEN

Zahnhygiene

Biometrische Unterschiede im Gebiss- und Kieferbereich haben also einen deutlichen Einfluss auf die Futteraufnahmetechnik bei Hauskatzen. Diese von der Kiefermorphologie abhängigen signifikanten Unterschiede geben einen Hinweis auf die Bedeutung unterschiedlicher Futteraufnahmetechniken, Futteraufnahmerhythmen und Futtermengen. Eine Folge der geringen Anpassungsfähigkeit der Kiefer-, bzw. Kaubewegungen (siehe oben) ist eine Modifikation der natürlichen Sequenzen der Futteraufnahme und der weiteren „Verarbeitung“ der aufgenommenen Nahrung in Abhängigkeit von der Art der Beute bzw. des Futtermittels.

Abbildung 7 - Klassische Futteraufnahme bei der Maine Coon. Die Sequenzanalyse von 7200 Futteraufnahmen zeigt, dass die Futteraufnahme bei der Maine Coon zu etwa gleichen Teilen supralingual und labial erfolgt.

361


240

Mittlere Dauer einer Mahlzeit (sec)

2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

ABBILDUNG 8 – EINFLUSS DER RASSE AUF DIE MITTLERE DAUER DER MAHLZEITEN BEI KATZEN, DIE TROCKENFUTTER ERHALTEN

Unsere Hauskatzen haben die Grundzüge des natürlichen Ernährungsverhaltens ihrer Spezies bewahrt. Ihr Ernährungsverhalten ist Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, deren Ziel unter anderem darin besteht, den Einfluss kommerzieller Futtermittel auf die Zahn- und Mundhöhlengesundheit der Katze so genau wie möglich zu untersuchen.

210

2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

180

150

120

90

Bengal (7)

Europäisch- Maine Kurzhaar Coon (9) (30)

Perser (8)

Heilige Birma (6)

Siam (8)

Prävalenz feliner Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen in wilden und domestizierten Populationen

Katzen, die ein Standard-Trockenfutter zur freien Verfügung erhalten, nehmen etwa 12 Mahlzeiten in einem Zeitraum von 24 Stunden auf. Die durchschnittliche Dauer der Mahlzeiten beträgt rasseunabhängig zwei Minuten. Perserkatzen benötigen jedoch mit einem Mittelwert von 3 Minuten und 27 Sekunden fast doppelt so lange wie der Durchschnitt aller Rassen, während die anderen Rassen im Mittel nur 1 Minute und 49 Sekunden benötigen (Royal Canin, unveröffentlichte Daten, 2005).

Sowohl in freier Wildbahn als auch in der Obhut des Menschen wird die Ernährung der Katze im Wesentlichen von ihrer Umwelt diktiert. Industriell hergestellter Katzennahrung wird in diesem Zusammenhang nicht selten eine Rolle als verstärkender Faktor bei Erkrankungen der Zähne und der Mundhöhle nachgesagt. Eine Analyse von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen in einer Population wild lebender Katzen bietet die Möglichkeit, den potenziellen Zusammenhang zwischen einer gut definierten Ernährung und verschiedenen Erkrankungen näher zu beleuchten.

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Vier Katzen wurden im Jahr 1949 auf der im Indischen Ozean gelegenen Insel Marion ausgesetzt und bildeten dort sehr schnell eine umfangreiche Katzenpopulation. Die Nahrung dieser Katzen bestand zu 96 % aus Seevögeln und einigen Kieselsteinen. Die post mortem Untersuchung von 300 Schädeln dieser Katzenpopulation ermöglichte eine genaue Analyse der Zahn- und Mundhöhlengesundheit dieser Katzen. Trotz eines geschätzten mittleren Alters der untersuchten Gruppe von lediglich zwei bis drei Jahren kamen mittel-, bis hochgradige Parodontalerkrankungen mit einer Prävalenz von 48 % vor. Berücksichtigt man bei der Analyse der Ergebnisse auch die fehlenden Zähne (Zahnverluste möglicherweise aufgrund von Parodontalerkrankungen), erreicht die Prävalenz sogar 61,8 % der Katzen und 14,8 % der untersuchten Zähne. Ebenfalls auffällig hoch war die unter statistischen Gesichtspunkten mit der Prävalenz der Parodontalerkrankungen assoziierte Prävalenz von Zahntraumata und resorptiven Zahnläsionen (FORL). Dagegen wiesen lediglich 9 % der in dieser Studie untersuchten Katzen Zahnstein auf, vorwiegend an den Reißzähnen des Oberkiefers. Die sehr spezifische Ernährung dieser Population wild lebender Katzen ist zweifellos eine Erklärung für die erhöhte Häufigkeit parodontaler Läsionen und die geringe Prävalenz von Zahnstein in einer Katzengruppe mit vergleichsweise niedrigem Durchschnittsalter. Eine mögliche Ursache der Traumatisierungen des Zahnfleisches, die in diesem Fall die Entwicklung höhergradiger parodontaler Entzündungen begünstigen kann, sind die beim Zerkleinern der Seevögel durch scharfkantige Knochenbruchstücke entstehenden Verletzungen (Verstraete et al. 1996). Eine australische Untersuchung von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen bei 29 wild lebenden Katzen und 20 Hauskatzen (Clarke & Cameron 1998) zeigt auf der Basis klinischer und radiographischer Kriterien, dass die Prävalenz der parodontalen Erkrankung keinen signifikanten Unterschied aufweist zwischen den mit kommerziellen Futtermitteln gefütterten Hauskatzen und Katzen, deren Ernährung im Wesentlichen aus kleinen Beutetieren besteht. Eine natürliche Ernährung auf der Basis der Jagd bietet also keinen natürlichen Schutz vor Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen bei wild lebenden Katzen. Eine Analyse tierärztlicher Untersuchungsergebnisse bei 15226 Hauskatzen (Lund et al. 1998) zeigt, dass Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen an erster Stelle aller bei Katzen diagnostizierten Erkrankungen stehen. Zahnstein ist bei 24 % aller Katzen vorhanden, und 13 % der Katzen leiden unter einer Form der Gingivitis. Eine detaillierte Analyse durch Tierärzte mit zahnmedizinischem Praxisschwerpunkt bestätigt eine hohe Prävalenz von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen. In der untersuchten Population von insgesamt 753 Katzen zeigten 73 % aller Tiere eine Gingivitis, Zahnstein wurde bei 67 % festgestellt, fehlende Zähne bei 362


2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

28 %, resorptive Zahnläsionen bei 25 %, hochgradige Parodontitis bei 19 %, Stomatitis bei 12 % und Zahnfrakturen bei 11 % der Katzen (Verhaerte & Van Wetter 2004). Betrachtet man die feline Klientel einer auf Zahnheilkunde spezialisierten tierärztlichen Praxis, liegt die Prävalenz der parodontalen Erkrankung bei 32 %. Unter 152 behandelten Katzen wurden Gingivitis und fehlende Zähne bei 59 % festgestellt, 57 % wiesen resorptive Zahnläsionen auf, 23 % Zahnfrakturen und 2,6 % Stomatitis. Die Prävalenz von Zahnstein wird auf 90 % geschätzt (Crossley 1991). Im Rahmen einer post mortem-Untersuchung von 81 Katzen, deren Tod nicht im Zusammenhang mit einer manifesten Zahn- oder Mundhöhlenerkrankung stand, wurde auf der Grundlage einer klinisch-pathologischen und röntgenologischen Untersuchung eine hohe Prävalenz parodontaler Erkrankungen festgestellt. Unter den über vierjährigen Katzen zeigten 52 % eine mehr oder weniger starke Entzündung des Parodontiums. Unter den über neunjährigen Tieren wiesen mehr als 40 % eine hochgradige Form der Erkrankung auf. Lediglich 3 % der über 15jährigen Tiere zeigten keinerlei erkennbare Zahn-, bzw. Mundhöhlenläsionen, die einer Parodontalerkrankung zuzuschreiben waren (Gengler et al. 1995). Bei der Analyse der oben genannten Studien fällt vor allem die hohe Prävalenz der Parodontalerkrankung bei Katzen auf. Größere Unterschiede zwischen wild lebenden Populationen und Hauskatzen sind dabei ebenso wenig erkennbar wie ein offensichtlicher Einfluss einer Ernährung auf der Basis kommerzieller Futtermittel. Erkrankungen der Zähne und Mundhöhle sind also keineswegs ein charakteristisches Merkmal von Hauskatzen und hängen nicht obligatorisch mit der Fütterung kommerzieller Produkte zusammen. Bedauerlicherweise finden diese Erkenntnisse heute immer noch zu wenig Beachtung. Sie beleuchten jedoch sehr deutlich die Tatsache, dass die hohe Prävalenz von Entzündungen im Bereich der Mundhöhle die wichtigste Ursache infektiöser Erkrankungen bei der Katze ist. Die klinischen Auswirkungen dieses entzündlichen/infektiösen Geschehens sind in vielen Fällen sehr viel schwerwiegender als gemeinhin angenommen. Besonders deutlich wird dies bei wild lebenden Katzen, bei denen die allgemeine Gesundheit eine wichtige Bedeutung für den Wettbewerb zwischen den Arten und das Überleben des Individuums hat. Bei unseren Hauskatzen werden die mit Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen einhergehenden Schmerzen in der Regel unterschätzt. Ein indirekter Beweis dafür ist, dass betroffene Tiere nach Behandlungsbeginn nicht selten erhebliche Verhaltensänderungen im positiven Sinne zeigen, und nicht wenige Besitzer angesichts der Rückkehr ihrer Katze in einen Normalzustand von einer „Wiedergeburt“ ihres Tieres sprechen.

Parodontale Erkrankungen sind das bei Katzen am häufigsten festzustellende Krankheitsbild. Es handelt sich um eine entzündliche Erkrankung der Mundhöhle, die mit der Bildung von bakteriellem Zahnbelag – Plaque – einhergeht. Bei der Parodontalerkrankung handelt es sich nicht um eine eigenständige Krankheit, sondern vielmehr um die Gesamtheit von entzündlichen Veränderungen des Parodontiums (Zahnhalteapparat) mit unterschiedlichen klinischen Charakteristika, zum Beispiel chronisch oder akut/aggressiv, lokal oder generalisiert. Betroffene Katzen können in sämtlichen Stadien der Erkrankung zur tierärztlichen Untersuchung vorgestellt werden, von der beginnenden Parodontalerkrankung über eine mittelgradige Symptomatik bis hin zur hochgradigen Ausprägung der klinischen Symptome. Das Fortschreiten einer Parodontalerkrankung ist zum einen abhängig von mechanischen Einflüssen, die der Plaquebildung entgegenwirken, zum anderen aber auch von der lokalen Immunabwehr des betroffenen Individuums.

In Populationen wild lebender Katzen können Entzündungen der Mundhöhle die allgemeine Gesundheit und das Überleben gefährden.

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Parodontale Erkrankungen

© Yves Lanceau/Royal Canin/Bengal-Katze

Die Auswirkungen einer Parodontalerkrankung auf die allgemeine Gesundheit der Katze werden weithin unterschätzt. Die Erkrankung führt zu chronischen Schmerzen, die vom Besitzer oft nicht erkannt werden. Zudem ist sie eine häufige Ursache anderer, ebenfalls chronischer bakterieller Infektionen, deren Auswirkungen auf die Niere, die Lunge und das Herz zunehmend besser verstanden werden. Die Parodontalerkrankung ist die bei Katzen am häufigsten festgestellte Krankheit. Ihre Prävalenz liegt je nach Studie und verwendeten Beurteilungskriterien zwischen 30 und 70 %.

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2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

ABBILDUNG 9 – AUFBAU DES PARODONTIUMS 1. Kieferknochen 2. Zahnwurzelhaut 3. Gingiva 4. Sulcus gingivalis 5. Zahnzement 6. Dentin 7. Pulpa 8. Zahnschmelz

> Das Parodontium: Aufbau und Funktion Die Hauptaufgabe des auch als Zahnhalteapparat bezeichneten Parodontiums ist die stabile Verankerung der Zähne in der Mundhöhle. Das Parodontium stellt gewissermaßen die Verbindung zwischen Zahn, Kieferknochen und Mundhöhlenschleimhaut dar. Seine Entwicklung hängt eng mit dem Durchbruch der Zähne zusammen, und mit dem Ausfallen der Zähne bildet es sich zurück. Das parodontale Gewebe sichert die Integrität der Zahnstrukturen und schützt die darunter liegenden anatomischen Strukturen sehr wirksam vor Insulten aus dem Bereich der Mundhöhle. Das Parodontium besteht aus dem Zahnfleisch, der Zahnwurzelhaut, dem Zahnzement und dem Alveolarknochen (Abbildung 9).

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Der Alveolarknochen ist ein differenzierter Anteil des Kieferknochens. Er stellt die Verankerung der Zahnwurzeln in den als Zahnalveolen oder Zahnfächer bezeichneten Vertiefungen des Kieferknochens sicher. Die Zahnwurzelhaut besteht aus Kollagenfasern, die die Oberfläche der Zahnwurzeln (Zahnzement) mit dem Alveolarknochen verbinden. Vergleichbar mit einem hydraulischen Stoßdämpfer, fängt die Zahnwurzelhaut die beim Ergreifen, Zerlegen und Kauen der Nahrung auf den Alveolarknochen übertragenen mechanischen Drücke ab. Diese hoch spezialisierten Fasern schützen das darunter liegende Knochengewebe vor einer zu starken mechanischen Druckbelastungen und vermitteln einen sensiblen Schmerzreiz, wenn die mechanische Widerstandskraft an ihre natürlichen Grenzen stößt. Der Zahnzement überzieht die Zahnwurzel. Seine Struktur ähnelt der des Knochens, er verfügt aber weder über Lakunen noch Kanäle. Das Zahnfleisch überzieht den darunter liegenden Alveolarknochen und umfasst die Basis der Zahnkrone. Es besteht aus einem mehrschichtigen, verhornenden Plattenepithel, das sich von der losen, stark vaskularisierten und nicht verhornten alveolaren Schleimhaut unterscheidet. Das Zahnfleisch besteht aus zwei Teilen:

© N. Girard

- Die freie Gingiva (Pars libera) liegt auf Höhe der Zahnkrone. Ihr Rand bildet zur Zahnkrone hin eine Furche, den Sulcus gingivalis, dessen physiologische Tiefe bei der Katze unter 0,5 mm beträgt. Der Sulcus gingivalis ist der Schwachpunkt der Verbindung Zahn-Zahnfleisch. Diese enge Furche bildet in der Tat einen relativ geschlossenen Hohlraum, der eine Prädilektionsstelle für die Bildung von Plaque und die Ablagerung von Nahrungsbestandteilen darstellt. Der aufgrund der histologischen Struktur seines Epithels sehr entzündungsanfällige Sulcus gingivalis stellt eine wichtige Eintrittspforte für parodontale Infektionen dar. Der Sulcus gingivalis steht folglich im Mittelpunkt eines jeden Zahnbehandlungsprogramms und jeder präventiven Strategie gegen parodontale Erkrankungen. - Die befestigte Gingiva (Pars fixa) ist fest am Zahn und am Alveolarknochen verankert und bildet eine wichtige Barriere gegen bakterielle Infektionen. Der koronare Zahnfleischsaum liegt dem Wulst an der Basis der Zahnkrone eng an und verstärkt dadurch diesen protektiven Effekt. Gesundes Zahnfleisch

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> Pathogenese der Parodontalerkrankungen

Eine Adhäsion und Proliferation von Bakterien am Zahnschmelz ist nicht ohne weiteres möglich. Die progressive Kolonisierung der Zahnoberflächen durch Bakterien erfolgt in mehreren, aufeinander folgenden Schritten, die eine Adhäsion und Multiplikation von Bakterien fortschreitend begünstigen: - mechanische Adhäsion eines organischen Biofilms an der Zahnoberfläche - sekundäre Kolonisierung durch Pionierbakterien und spezifische Bakterien - Proliferation der Bakterien im kolonisierten dentalen Biofilm Die Adhäsion von Pionierbakterien an der Zahnoberfläche ist erst nach Bildung eines organischen Films (erworbener Belag) möglich. Dieser Film setzt sich im Wesentlichen aus Bestandteilen des Speichels zusammen (Glykoproteine, Polypeptide, Kohlenhydrate). Bereits wenige Stunden nach Bildung des Films wird dieser von spezifischen Bakterien (Streptococcus sanguis, Actinomyces viscosus) kolonisiert, die schließlich fortschreitend die gesamte Zahnoberfläche überziehen (> 6 Millionen Bakterien/mm2). Hierbei entsteht der eigentliche „Biofilm“, der bakterielle Zahnbelag oder Plaque (Abbildung 10). Zahlreiche Bakterien, die über Phänomene wie Co-Aggregation und Co-Adhäsion hinzukommen, sorgen dafür, dass sich 90 % der Biomasse der Plaque innerhalb eines Zeitraumes von nur 24 Stunden bilden.

© N. Girard

Die Bildung von Plaque an den Zahnoberflächen ist ein natürlicher Prozess infolge komplexer Interaktionen zwischen Zahn und Speichel. Anatomische Prädilektionsstellen für die Plaquebildung sind der Grenzbereich zwischen Zahnkrone und Zahnfleischrand und die interdentalen Kontaktflächen („Schmutznischen“).

2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

Täglich werden etwa 100 Milliarden Bakterien mit dem Speichel verteilt. Die Mundhöhle ist also niemals steril, und stets besteht eine geringstgradige, residuale Entzündung der Schleimhaut und der Epithelien der Mundhöhle. Die Definition eines „gesunden“ Parodontiums erfolgt deshalb auf der Grundlage der klinischen Beurteilung. Die wichtigsten Kriterien für ein gesundes Parodontium bei der Katze sind das Fehlen adspektorischer Hinweise auf eine Entzündung und eine Sulcustiefe von maximal 0,5 mm.

Abbildung 10 – Supragingivale Plaque an gesunden Zähnen und gesundem Zahnfleisch. Phänomene wie Co-Aggregation und Co-Adhäsion sorgen dafür, dass sich 90 % der Biomasse der Plaque innerhalb von nur 24 Stunden bilden (Plaque wurde mit Hilfe einer Vitalfärbung auf Basis von Eosin sichtbar gemacht).

Zahnhygiene

Anfangs besteht die Plaque überwiegend aus aeroben, Gram-positiven Bakterien, aber diese Population verändert sich sehr schnell. Mit der schnellen Zunahme der bakteriellen Biomasse kommt es zu einem starken Absinken der Sauerstoffspannung der Luft in der Mundhöhle von 12-14 % auf lediglich 1-2 % auf dem Grund des Sulcus gingivalis. Diese geänderten Umweltbedingungen, die unter anderem auch durch unterschiedliche Nahrungsquellen für die Bakterien beeinflusst werden (Ernährung, bakterielle Abbauprodukte, Abbau des Epithels), führen zunehmend zur Entwicklung einer anaeroben Bakterienflora. Mit dem Fortschreiten des entzündlichen Prozesses steigt der Anteil Gram-negativer Bakterien (Porphyromonas spp., Prevotella spp., Peptostreptococcus spp.), sowie Fusobacterium spp. und Spirochäten. Diese aggressiven Bakterien spielen eine sehr viel stärkere pathogene Rolle, die unter anderem durch verschiedene Enzyme, Toxine und bakterielle Abbauprodukte vermittelt wird (Haake et al. 2002).

Zahnstein entsteht durch Mineralisierung („Verkalkung“) der Plaque als Folge der katalytischen Aktivität bestimmter Bakterien. Zahnstein lagert sich sowohl oberhalb, als auch unterhalb der Gingiva ab (Abbildung 11). Zwar beherbergt Zahnstein selbst keine pathogenen Bakterien, seine poröse Oberflächenstruktur begünstigt jedoch die Anheftung und Akkumulation neuer Plaque. Zahnstein per se ist also nicht ursächlich verantwortlich für die Entzündung des Parodontiums, muss aber zweifellos als ein das entzündliche Geschehen verstärkender Faktor betrachtet werden.

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Zusammengefasst handelt es sich bei der Plaque also um einen Biofilm auf der Zahnoberfläche. Dieser dentale Biofilm besteht aus einer Population verschiedener Bakterienspezies, eingelagert in einer extrazellulären Matrix, die aus sowohl vom Wirtstier als auch von den Bakterien selbst gebildeten polymeren Produkten besteht (Marsh 2004). Die Modifikation der Zusammensetzung des Biofilms ist eng verknüpft mit dem Fortschreiten des parodontalen Entzündungsgeschehens. Zu einem gewissen Grad hängt der Grad der parodontalen Entzündung auch von den Interaktionen zwischen Plaque und der Immunabwehr der Katze ab.

Abbildung 11 – Zahnsteinablagerung bei einer Katze. Akkumulation von Zahnstein auf 100 % der Oberfläche des maxillären PM4, einhergehend mit einem Rückgang des Zahnfleisches und Freilegung der Furkation.

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2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

Die Akkumulation von Plaque im Sulcus gingivalis führt zu einer Entzündung der Zahnfleischränder (Abbildung 12). In diesem Stadium kann eine professionelle Zahnreinigung, kombiniert mit einer langfristig ausgerichteten Prävention der Plaqueneubildung eine vollständige Remission der bereits entstandenen Läsionen erreichen. Ohne Behandlung kommt es dagegen zu einer weiteren Akkumulation von Plaque und einem Fortschreiten des Entzündungsgeschehens. Die Umweltbedingungen in der Mundhöhle werden im Verlauf der Erkrankung zunehmend günstiger für eine anaerobe Bakterienflora, die zunehmend mehr aus Gram-negativen Keimen besteht. Die Gingivitis, ein reversibles entzündliches Stadium der Erkrankung, kann sich entweder stabilisieren oder aber weiter in Richtung einer Parodontitis fortschreiten. Das Fortschreiten des Entzündungsprozesses führt unweigerlich zu einem Zusammenbruch der bindegewebigen Verankerung im Bereich der Zahnkrone. Die Plaque dehnt sich folglich weiter in die Tiefe aus, bis sie schließlich die Zahnwurzel erreicht. Das am Grund des Sulcus gelegene Verbindungsepithel wandert in den apikalen Bereich, um in der „nicht-entzündlichen“ Zone zu vernarben, wobei eine parodontale Tasche (Zahnfleischtasche) entsteht. Die Parodontitis (Abbildung 13) ist das irreversible Stadium der Parodontalerkrankung. Die dabei entstandenen Läsionen sind also nicht mehr reversibel, und das Hauptziel der Behandlung ist jetzt das Aufhalten eines weiteren Fortschreitens des Prozesses. Die Hauptursache des Fortschreitens der Parodontalerkrankung ist eine Störung des Gleichgewichts zwischen der pathogenen Bakterienflora der Plaque und der Immunabwehr des Wirtstieres.

Abbildung 12 – Generalisierte Gingivitis Ausgeprägtes Ödem der Gingiva im Bereich vom Caninus bis hin zum Reißzahn. Spontane Blutung am PM3.

> Beschreibung der Parodontalerkrankung bei der Katze Zunächst müssen wir festhalten, dass sich nur wenige Veröffentlichungen mit Parodontalerkrankungen bei Katzen beschäftigen. Ganz anders stellt sich die Situation beim Hund dar, wo diese Erkrankung sehr ausführlich dokumentiert ist. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Beschreibung feliner Parodontalerkrankungen meist auf der Grundlage kaniner oder humaner Modelle ohne Berücksichtigung möglicher Besonderheiten der Spezies Katze erfolgt. - Eine radiologische und histologische klinische Studie beschreibt die wesentlichen Grundzüge der Entwicklung der Parodontalerkrankung bei 15 Katzen (Reichart et al. 1984). Ein Verlust der Verankerung wurde bei 25 % der Prämolaren und Molaren beobachtet, im Wesentlichen im Bereich ihrer bukkalen Oberflächen. Eine mittel- bis hochgradige Gingivitis wurde bei 56 % der Prämolaren und Molaren (bukkale Seite) und bei 25 % der Canini und Incisivi (labiale Seite) beobachtet. Bei der Röntgenuntersuchung wurde ein signifikanter alveolärer Knochenschwund bei 77 % der Prämolaren und Molaren dokumentiert. Knochenverluste wurden darüber hinaus in 82 % der Fälle bei Incisivi und Canini (labiale Seite) und in 75 % der Fälle auf der oralen Seite festgestellt. Die dentalen bzw. parodontalen Läsionen bei der Katze (Gingivitis, alveolärer Knochenverlust, entzündliche Resorption) betrafen die Prämolaren und Molaren in größerem Maße. In Anbetracht des prozentual hohen Anteils der alveolären Knochenverluste im Bereich der Canini und Incisivi sowie des hohen prozentualen Anteils fehlender Incisivi scheint offensichtlich, dass auch diese Zähne besonders anfällig für parodontale Erkrankungen sind (Reichart et al. 1984).

Zahnhygiene

In einer auf Zahnheilkunde spezialisierten Abteilung der University of Davis (Kalifornien, USA) zeigten 72 % der für Zahnpflegemaßnahmen vorgestellten Katzen Zahnröntgenbefunde, die auf eine Form der Parodontitis hinwiesen. Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen, dass es sich beim generalisierten Verlust hori-

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ABBILDUNG 13 – HOCHGRADIGE LOKALE PARODONTITIS IM BEREICH DES PM4 IM LINKEN OBERKIEFER

13a - Hochgradige mesiale und bukkale Gingivitis.

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13b - Hochgradige mesiale und palatinale Gingivarezession.

13c - Hochgradige horizontale Alveolyse.


Hochgradige Parodontitis.

2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

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ABBILDUNG 14 – GENERALISIERTER HORIZONTALER KNOCHENVERLUST IM BEREICH DES RECHTEN UNTEREN REIßZAHNES BEI EINER KATZE MIT PARODONTALERKRANKUNG

Generalisierter horizontaler Knochenverlust.

zontalen Knochengewebes (Abbildung 14) um die bei Katzen am häufigsten auftretende Form des Knochenverlustes handelt (38 %). Insgesamt wiesen nur 28 % der Katzen eine physiologische Alveolarknochenhöhe auf (Lommer & Verstraete 2001).

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Bestätigt werden diese Ergebnisse in einer Studie, in der eine klinische und radiographische Zahn- und Mundhöhlenuntersuchung bei einer Population von 109 gesunden und mit Trockenfutterprodukten ernährten Katzen durchgeführt wurde. Der prozentuale Anteil mittel- bis hochgradiger Gingivitiden, assoziiert mit Blutungen bei der parodontalen Sondierung, lag bei 13 %. Der Attachment-Verlust lag im Mittel bei 0,49 mm (c=1,28) mit höheren Mittelwerten an den Canini: 1,2 mm am Oberkiefercaninus und 0,8 mm am Unterkiefercaninus. Ein Verlust der Befestigung von 2 mm oder mehr wurde bei 3,4 % der Untersuchungen an der bukkalen Seite, bei 3 % der Untersuchungen an der distalen Seite, bei 2,3 % mesial und bei 2,2 % lingual beobachtet. Eine Gingivarezession (Abbildung 15) wurde bei 10 % der Zähne festgestellt. Vollständiges Fehlen von Zähnen betrifft häufiger die P2 des Oberkiefers und die Incisivi (21,1 % bzw. 11,4 %). Eine Furkationsbildung (Abbildung 16) wurde bei 18 % der mehrwurzeligen Zähne festgestellt und im Mittel bei zwei Zähnen pro untersuchter Katze. Die Analyse von Dentalröntgenaufnahmen zeigte eine hohe Prävalenz von Knochenverlust im Bereich der Zahnbögen bei 21 % der Zähne im Oberkiefer und bei 42 % der Zähne im Unterkiefer. Ein horizontaler und/oder vertikaler Knochenschwund wurde bei 52 % bzw. 14 % der Unterkieferzähne festgestellt. Eine vereinfachte Analyse der Prämolaren und der Molaren unterstreicht die Bedeutung des entzündlichen Prozesses: Knochenverlust war bei 66,5 % der Zähne zu beobachten (Girard et al. 2008).

Abbildung 15 – Hochgradige Gingivarezession im Bereich eines Caninus einer Katze. Ausgeprägte Gingivarezession und alveolärer Knochenverlust im Bereich der maxillären und mandibulären Canini.

Zahnhygiene

Parodontalerkrankungen bei der Katze sind gekennzeichnet durch einen nur geringgradige Bildung parodontaler Taschen (Abbildung 17), eine hohe Prävalenz von Osteolysen in ihrer horizontalen Form, einen hohen Anteil von Gingivarezessionen und dem frühzeitigen Auftreten von Furkationen.

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ABBILDUNG 16 – FREIGELEGTE FURKATION DES RECHTEN OBEREN PM3 BEI EINER KATZE

Profuse Blutung nach parodontaler Sondierung der Furkation.

Vertikaler Knochenverlust.

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Ausgeprägte Gingivarezession und hochgradige Gingivitis

Einführen der Parodontalsonde

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2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

ABBILDUNG 17 – PARODONTALTASCHE BEI EINER KATZE

Messung der Tiefe der Parodontaltasche: 13 mm.

Hochgradiger horizontaler Alveolarknochenverlust

> Prädisponierende Faktoren Die Entwicklung der Parodontalerkrankung wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst: - übermäßige Akkumulation von Plaque im Übergangsbereich zwischen Zahn und Zahnfleisch (fehlende Zahn- und Mundhöhlenhygiene, faserarme Ernährung) - Entzündung, begünstigt durch eine Insuffizienz der lokalen Immunabwehr oder im Zusammenhang mit systemischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion, Leber- oder Niereninsuffizienz - Familiäre und/oder genetische Einflüsse werden oft postuliert, aber nie objektiviert. - Morphologie von Schädel, Kiefer und Gebiss, Malokklusion, Okklusionstrauma

Resorptive Zahnläsionen (FORL) > Definition Resorptive Zahnläsionen werden definiert als ein progressiver Verlust an Zahnsubstanz (Abbildung 18). Bei der Katze sind diese Läsionen auch unter der Bezeichnung „feline odontoclastic resorptive lesions“ oder „FORL“ bekannt, da der resorptive Prozess unter der Kontrolle mehrkerniger, odontoklastischer Zellen (Odontoklasten) steht (Gautier et al. 2001). Diese Läsionen betreffen innere und/oder äußere Strukturen des Zahnes, und ihre klinische bzw. radiologische Diagnose gestaltet sich häufig sehr schwierig. Ähnliche Zahnresorptionen werden auch beim Menschen und beim Hund beobachtet. In der Regel handelt es sich um die Folge einer parodontalen Entzündung oder einer mechanischen Belastung bzw. Schädigung der Zahnwurzelhaut (kieferorthopädische Behandlung, Zahntraumata).

Zahnhygiene

ABBILDUNG 18 – FELINE ODONTOKLASTISCHE RESORPTIVE LÄSIONEN (FORL)

Feline odontoklastische resorptive Läsionen (FORL) beginnen im Bereich des Wurzelzements und dringen weiter in das Dentin und/oder die Zahnkrone vor. Der Alveolarknochen und die angrenzende Zahnwurzelhaut werden ebenfalls lokal in die resorptiven Prozesse einbezogen. Die Pulpahöhle wird erst im Endstadium des Prozesses angegriffen.

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2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

> Prävalenz Eine hohe Prävalenz resorptiver Zahnläsionen wird in verschiedenen Katzenpopulationen beschrieben, insbesondere bei Hauskatzen. Je nach untersuchter Population und/oder angewendeter Methodik liegen die Ergebnisse zwischen 28 und 67 % (Coles 1990; Van Messum et al. 1992). Diese auffällig hohe Variation ist in erster Linie auf die Auswahl der analysierten Population (zahnmedizinische Fachabteilung, Allgemeinpraxis, gesunde Population) und die angewendeten diagnostischen Mittel (klinische Untersuchung mit oder ohne Röntgenuntersuchung) zurückzuführen. Zwei Studien, in denen gesunde Katzenpopulationen mit einer Kombination aus klinischer und radiologischer Untersuchung analysiert wurden, zeigten eine mittlere Prävalenz resorptiver Zahnläsionen von 30 % (Ingham et al. 2002a; Girard et al. 2008).

> Pathogenese Bei den felinen resorptiven Zahnläsionen handelt es sich überwiegend um externe Zahnläsionen. Das resorbierte Zahngewebe wird fortschreitend ersetzt durch ein neu gebildetes Zement- oder Knochengewebe. Die feline odontoklastische Resorption beginnt im Bereich des Wurzelzements und dringt weiter vor bis in das Dentin und/oder die Zahnkrone. Der Alveolarknochen und die angrenzende Zahnwurzelhaut werden ebenfalls in die lokalen resorptiven Prozesse einbezogen. Der Zahnkanal (Pulpahöhle) wird erst am Ende des Prozesses angegriffen. Dann handelt es sich um eine interne resorptive Läsion. Nur selten kommt es zu einer Entzündung der Zahnpulpa, außer im Endstadium der Erkrankung, für das ein degenerativer Prozess beschrieben wird. Der Zahnschmelz der Zahnkrone kann im Laufe der Zeit resorbiert werden. Häufiger kommt es jedoch zu einer Zahnschmelzfraktur, da die Unterstützung des darunter liegenden Dentins fehlt. Schließlich wird eine Hohlraum im Zahn klinisch sichtbar (Okuda & Harvey 1992). Zahnresorptionen entstehen hauptsächlich an der bukkalen Seite der Zahnkronen. Siebzig Prozent der nachgewiesenen Zahnresorptionen gehen mit einem entzündlichen Geschehen einher, und 30 % zeigen Hinweise auf Reparationsprozesse (Reichart et al. 1984).

> Ätiologie Externe Zahnresorptionen können eine oder mehrere Ursachen haben. In der humanen Zahnmedizin können folgende Phänomene zugrunde liegen: - ein chronisch-entzündlicher Prozess im Zusammenhang mit einer Zyste oder einem benignen oder malignen Tumor oder - die Folge eines Zahntraumas (mechanisch, okklusal) oder einer orthodontalen Zahnfehlstellung.

Zahnhygiene

Die Einteilung der Läsionen richtet sich danach, ob ein entzündlicher Prozess vorhanden ist oder nicht. Oberflächliche Resorptionen, dentoalveoläre Ankylosen und Resorptionen infolge der Bildung von Ersatzgewebe werden als Folgen von Zahntraumata betrachtet und folglich als nicht-entzündliche Veränderungen klassifiziert. Im Unterschied hierzu sind die apikalen Resorptionen und die periradikuläre Parodontitis die Folge von Läsionen der Zahnpulpa und werden als entzündliche Resorptionen klassifiziert (entzündliche radikuläre Resorptionen). Resorptive Zahnhalsläsionen werden oft verwechselt mit radikulären entzündlichen Resorptionen. Sie werden als entzündlich betrachtet, da sie mit entzündlichen Veränderungen der epithelialen Verankerung (Verbindungsepithel) einhergehen (z. B. bei Parodontalerkrankung; Andreasen 1985; Trope et al. 2002). Die genaue Ätiologie der felinen Zahnresorption liegt nach wie vor im Dunkeln und ist weiterhin Gegenstand intensiver Diskussionen und Forschungsbemühungen. Gestützt wird der Verdacht, dass mechanische Belastungen beim Kauen und chronische Entzündungen im Zusammenhang mit der Parodontalerkrankung eine Rolle spielen, durch verschiedene histologische Untersuchungen (Gorrel & Larsson 2002; Roux et al. 2005), Röntgenuntersuchungen (DuPont & DeBowes 2002) und eine klinische Studie (Girard et al. 2008). Postuliert wird zudem eine ursächliche Rolle einer übermäßig hohen diätetischen Vitamin-D-Zufuhr (Reiter et al. 2005) als ein Co-Faktor, diese Hypothese ist aber nach wie vor umstritten. Die genaue Rolle der spezifischen histologischen Zahnstrukturen bei der Spezies Katze (Vasodentin, Osteodentin) ist immer noch unbekannt. Vermutet werden mögliche Interaktionen dieser Strukturen mit der Kalziumhomöostase im Zusammenhang mit Zahnresorptionen (Okuda & Harvey 1992).

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2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

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ABBILDUNG 19 – FORL VOM TYP I AM M1 DES UNTERKIEFERS

Hochgradige Gingivitis im distalen Abschnitt.

Intraorale Dentalröntgenaufnahme: FORL Typ I

Aktuellen veterinärmedizinischen Empfehlungen zufolge werden Zahnresorptionen bei der Katze anhand der Ergebnisse der Röntgenuntersuchung in 2 Typen unterteilt: - FORL Typ 1: Relativ normale Wurzel mit erkennbarem parodontalen Ligamentspalt (Lamina dura); Strahlendichte der betroffenen Zahnwurzel ähnlich der Strahlendichte der benachbarten gesunden Zahnwurzeln (Abbildung 19). - FORL Typ 2: Wurzelumbau („root replacement“) ohne Ligamentspalt mit knochendichter Wurzel. Verschwinden der Lamina dura im Dentalröntgenbild. Strahlendichte der betroffenen Zahnwurzel ähnlich der Strahlendichte des angrenzenden Alveolarknochens (knöchernes Remodelling, d. h., Reparaturvorgänge mit Ablagerung von Ersatzgewebe; Abbildung 20). Die kombinierte Untersuchung der Lokalisation der Zahnresorptionen in Abhängigkeit von ihrem radiologischen Typ zeigt signifikante Unterschiede (Girard et al. im Druck). Bei Hauskatzen beobachtet man eine höhere Prävalenz der FORL vom Typ I im Bereich der unteren Reißzähne und FORL vom Typ II im Bereich der PM3. Bei Rassekatzen beobachtet man einen signifikanten Unterschied im Bereich der Incisivi (FORL Typ II) und der unteren Reißzähne (FORL Typ I). Die Verteilung der resorptiven Läsionen in der Mundhöhle der Katze ist je nach radiologischem Typ nicht einheitlich. Diese Erkenntnisse untermauern die Hypothese, dass resorptiven Zahnläsionen bei der Katze verschiedene Ätiologien zugrunde liegen können.

Zahnhygiene

Die Analyse resorptiver Zahnläsionen in einer Katzenpopulation, die in der Fachabteilung für Zahnheilkunde der University of Davis (Kalifornien, USA) behandelt wurde, zeigt einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Zahnresorption und dem Vorhandensein eines hochgradigen, lokalen, vertikalen Alveolarknochenverlustes (Lommer & Verstraete 2001).

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ABBILDUNG 20 – FORL VOM TYP 2 AM PM1 DES LINKEN UNTERKIEFERS

Beginnende Gingivitis

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FORL Typ 2


2 - Häufige Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

Die erhöhte Prävalenz der FORL in der wild auf der Insel Marion lebenden Katzenpopulation (siehe oben), die sich fast ausschließlich von Seevögeln ernährt, schwächt die Hypothese einiger Autoren, die kommerzielle Futtermittel für die Entstehung resorptiver Zahnläsionen mit verantwortlich machen. Der Autor betrachtet die FORL eher als eine Folge entzündlicher Erkrankungen der Mundhöhle, wie zum Beispiel Parodontalerkrankungen oder die feline Stomatitis (Verstraete et al. 1996). Eine tiefer gehende statistische Analyse der lokalen Verteilung der resorptiven Zahnläsionen und 14 verschiedener klinischer und radiologischer Kriterien der Parodontalerkrankung unterstreicht einen engen Zusammenhang (Girard et al. 2008). Die Gesamtprävalenz der FORL korreliert signifikant mit sechs der untersuchten parodontalen Parameter und darüber hinaus mit dem Alter der Katze. FORL Typ I und FORL Typ II treten als zwei verschiedene, voneinander völlig unabhängige Phänomene auf. FORL Typ I ist signifikant assoziiert mit acht der untersuchten parodontalen Variablen und hängt deshalb sehr eng mit parodontalen Erkrankungen zusammen. Dagegen korreliert FORL Typ II lediglich mit zwei der untersuchten parodontalen Parameter und weist folglich eine nur geringfügige Assoziation mit der Parodontalerkrankung der Katze auf. Das Alter der Katze gilt als ein sehr stark mit der Entstehung der FORL Typ II verknüpfter Faktor, es scheint bei der FORL I dagegen eine nur geringe Rolle zu spielen. In der Gesamtbetrachtung führen diese Beobachtungen zu der Annahme, dass FORL Typ I in Anbetracht des vermuteten Zusammenhangs mit der Entwicklung parodontaler Erkrankungen nur eine geringe Altersabhängigkeit aufweist.

Stomatitis Unter dem Begriff der felinen Stomatitis wird die Gesamtheit aller durch eine ausgeprägte Entzündung der Mundschleimhaut gekennzeichneten Mundhöhlenerkrankungen zusammengefasst (Abbildung 21). Ihre Prävalenz ist eher gering, selbst wenn man berücksichtigt, dass es bislang nur wenige veröffentlichte statistische Studien zu diesem Thema gibt (2,6 % nach Crossley 1991; 12 % nach Verhaert & Van Wetter 2004). Studien an umfangreichen humanen Populationen zeigen eine Prävalenz aggressiver Formen parodontaler Entzündungen von 5 bis 15 %, wahrscheinlich einhergehend mit ethnischen Prädispositionen (Wolf et al. 2005). Die Analyse von Zahnerkrankungen in einer Population von 109 Katzen zeigt 5,5 % Stomatitisfälle (3,7 % bukkale Stomatitis, 1,8 % kaudale Stomatitis) und 12,8 % Fälle einer aggressiven Parodontitis (Girard et al. 2008). Sämtliche dieser aggressiven entzündlichen Erkrankungen wurden bei Rassekatzen festgestellt, d. h. Hauskatzen waren in keinem einzigen Fall betroffen. Der Einfluss der Rassezugehörigkeit ist gegenwärtig Gegenstand weiterer Untersuchungen, insbesondere im Hinblick auf einen möglichen familiären Einfluss.

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Das klinische Management der felinen Stomatitiden verlangt ein sehr systematisches und konsequentes diagnostisches und therapeutisches Vorgehen. Neuere Untersuchungen unterstreichen die Rolle von Caliciviren bei der Entwicklung kaudaler Stomatitiden (Addie et al. 2003). Die Voraussetzung für eine ätiologische Abklärung einer felinen Stomatitis ist zunächst eine möglichst präzise deskriptive klinische Untersuchung. Nur wenige veröffentlichte Studien verwenden jedoch eine so präzise Terminologie wie sie für eine korrekte Beurteilung eines Medikamentes, einer ergänzenden Untersuchung oder einer viralen Ätiologie notwendig wäre. Die Zukunft bringt uns möglicherweise genauere Informationen über die therapeutischen Einsatzmöglichkeiten bestimmter Wirkstoffe, über die Rolle bestimmter Viren (FCV, FHV1, FIV, FeLV) und bessere histopathologische Kenntnisse (vor allem immunhistologisch) über diese Erkrankung.

Zahnhygiene

Unter Tierärzten und Katzenbesitzern sind die felinen Stomatitiden gefürchtet, da sie in der Regel eine große therapeutische Herausforderung darstellen. Diese Erkrankungen sind so schmerzhaft, dass sie den Appetit beeinträchtigen und dadurch letztlich auch das Überleben der betroffenen Katzen gefährden. Zusätzlich verstärkt wird die Verunsicherung auf der Seite des Tierarztes dadurch, dass die Ätiologie dieser Erkrankungen noch weitgehend im Dunkeln liegt.

Abbildung 21 – Stomatitis bei einer Katze. Bukkale Stomatitis.

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Schlussfolgerung

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Die felinen Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen sind sehr vielfältiger Natur und haben in der Mehrzahl der Fälle eine entzündliche Komponente. Während sich die Prävalenz parodontaler Erkrankungen bei der Katze nicht wesentlich von der Prävalenz bei anderen Spezies unterscheidet, zeichnet sich dieser Krankheitskomplex bei der Katze vor allem durch das Vorkommen relativ aggressiver Formen aus. Deutlich wird dies insbesondere bei Betrachtung der Ausdehnung entzündlicher Veränderungen auf die Mundschleimhaut (Stomatitis) und die felinen resorptiven Zahnläsionen (FORL), die eine klinische Diagnose vor allem dann sehr schwierig machen, wenn sie mit einer chronischen Parodontitis einhergehen. Das lokale Immunsystem gilt in vielen Fällen als einer der Schlüsselfaktoren der Entwicklung aggressiver Entzündungen im Bereich der Mundhöhle.

3 - Prävention von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen © N. Girard

3 - Prävention von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

Abbildung 22 - Die Wirksamkeit des Zähneputzens bei der Katze.

Aggressive, ulzeröse, proliferative Parodontitis bei einer 8 Monate alten Sphinx-Katze (Foto und Röntgenaufnahme).

Die konventionelle Behandlung von Entzündungen des Parodontiums besteht aus drei Schritten: - Initiale Behandlung: Erläuterung geeigneter Maßnahmen zur Zahn- und Mundhöhlenhygiene - Kontrolle der Risikofaktoren: z. B. Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen, FeLV oder FIV. - Entfernen von Plaque und Zahnstein im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung einschließlich Polieren und/oder subgingivalem Debridement. Der Erfolg der Behandlung hängt entscheidend von der anschließenden Erhaltungsphase ab. Wichtig ist vor allem die Beratung und Unterstützung des Besitzers, damit dieser in die Lage versetzt wird, dauerhaft eine optimale Zahn- und Mundhöhlenhygiene aufrechtzuerhalten. Eine Kontrolle des Behandlungserfolges sollte regelmäßig in sechsmonatigen Intervallen durchgeführt werden (Houle & Grenier 2003).

Allgemeine und systemische Folgen von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

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Zahnhygiene

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Die Behandlung bzw. Prävention parodontaler Entzündungen ist einer der wichtigsten Aspekte eines langfristigen Erhalts der Allgemeingesundheit der Katze. Entzündliche Erkrankungen der Mundhöhle gehen bei der Katze in der Tat immer mit Schmerzen und Infektionen einher. Beim Hund belegen Prospektivstudien über die systemischen Folgen parodontaler Erkrankungen einen signifikanten Zusammenhang zwischen deren Entwicklung und dem Grad histologisch nachweisbarer entzündlicher Läsionen in Niere, Leber, Mitral- und Trikuspidalklappen (DeBowes et al. 1996; Pavlica & Petelin 2003). Die Ursache liegt diesen Untersuchungen zufolge in einer hämatogenen Dissemination zahlreicher im Rahmen parodontaler Erkrankungen gebildeter Entzündungsmediatoren (Zytokine, IL-1, IL-6, IL-8, TNFa; Pavlica 2002). Als sehr wahrscheinlich gilt auch eine Disseminierung pathogener parodontaler Bakterien in weiter entfernt liegende Körperareale auf dem Wege einer chronischen Bakteriämie mit den entsprechenden klinisch-pathologischen Auswirkungen, bislang konnte dies aber noch nicht zweifelsfrei belegt werden (Tou et al. 2005; Boutoille et al. 2006).

Kontrolluntersuchung nach 18 Monaten, in denen dreimal jährlich eine professionelle Zahnreinigung unter Allgemeinanästhesie durchgeführt wurde und zweimal täglich die Zähne geputzt wurden.

Bei der Katze liegen bislang keine Ergebnisse vor, die den Einfluss parodontaler Erkrankungen auf die allgemeine Gesundheit präzisieren, auch wenn sich die Pathogenese bei Hund und Katze „relativ“ stark ähneln dürfte. Die geringe Lebenserwartung der wild lebenden Katzen auf der Insel Marion (4 bis 5 Jahre) spricht jedoch für einen negativen Einfluss dieser Erkrankung auf die Allgemeingesundheit, möglicherweise dadurch, dass die betroffenen Tiere innerhalb ihrer Gruppe weniger konkurrenzfähig sind und dadurch geringere Überlebenschancen haben (Verstraete et al. 1996).

Plaquekontrolle Die Zerstörung des dentalen Biofilms der Plaque ist der Stützpfeiler der Bekämpfung parodontaler Entzündungen (Barbieri 2000). Plaque entwickelt sich innerhalb weniger Stunden und erreicht nach 48 Stunden eine Phase der Reife (Perry & Schmidt 2002). Wichtig ist deshalb eine möglichst wirksame und regelmäßige Bekämpfung auf täglicher Basis. Innerhalb der Bakterienpopulation des Biofilms entwickeln sich pathogene Bakterien. Sie sind eingebettet in eine Matrix aus Glykoproteinen, die sich um Kanäle und Lakunen herum organisiert. So geschützt entziehen sich diese Erreger zum einen der immunologischen Abwehr des Wirtes, zum anderen aber auch der Wirksamkeit zahlreicher Medikamente. Mit Hilfe gezielter mechanischer Eingriffe ist es möglich, dieses physikalische Gleichgewicht des Biofilms zu durchbrechen. Beim Hund führt eine fehlende mechanische Kontrolle der Plaquebildung zur Entstehung einer Gingivitis innerhalb von 7-21 Tagen (Tromp et al.

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Plaque hat nicht nur negative Effekte. Einige Autoren betrachten Plaque als einen Schutz gegen Austrocknung und eine Barriere gegen eine Kolonisierung mit sehr viel pathogeneren exogenen Bakterien. Das Ziel der aktuellen Forschung ist es also, die Plaquebildung so gut wie möglich zu kontrollieren, ohne sie vollständig zu beseitigen (Marsh 2004).

Das Zähneputzen

© Laboratoire Royal Canin

Das Zähneputzen gilt als der Schlüssel zu einer erfolgreichen Prävention und Behandlung von Gingivitis und parodontalen Erkrankungen (Brandtzaeg 1964; Abbildung 22). Eine einwöchige Studie an Katzen zeigt einen Rückgang von Zahnstein um 95 % an einmal täglich oder zweimal wöchentlich geputzten Zähnen (Richardson 1965). Eine Studie über einen Zeitraum von zwei Jahren (Ingham et al. 2002b) weist indes auf eine eher geringe Wirksamkeit des Zähneputzens bei Katzen hin. Wahrscheinliche Ursache dieses mäßigen Erfolges sind die großen Schwierigkeiten bei der regelmäßigen Durchführung des täglichen Zähneputzens bei Katzen. In dieser Studie führte das Putzen zwar zu einer gewissen Reduzierung der Gingivitis auf der bukkalen Seite des Gebisses, aber nicht in einem statistisch signifikanten Ausmaß. Jüngst verglich eine sechsmonatige Feldstudie mit 88 Katzenbesitzern die Wirksamkeit des Zähneputzens mit der Wirksamkeit eines speziellen Futtermittels zur Zahnpflege. Am Ende der Studie lag die Beitzercompliance des Zähneputzens nur noch bei 40 % (Theyse 2003).

Die mechanische Wirkung der Nahrung Das Ernährungsverhalten unserer domestizierten Hauskatzen wurde von Trockenfutterherstellern bereits im Rahmen zahlreicher Studien untersucht. Die Größe, die Form und die Textur der Trockenfutterkroketten werden ständig getestet und verbessert, um sie der unterschiedlichen Schädel-, Kiefer- und Gebissmorphologie verschiedener Katzenrassen optimal anzupassen und einen möglichst physiologischen Einsatz ihrer Zähne zu fördern. Ein Schwerpunkt der Forschungstätigkeit von Futtermittelherstellern ist die Textur der Trockenfutterkroketten mit dem Ziel einer Optimierung von Plaqueprävention und Plaquebekämpfung (Abbildung 23).

3 - Prävention von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

1986a). Die tägliche Plaquebekämpfung führt umgekehrt zu einem Rückgang der Plaquebildung und unterstreicht deren reversiblen Charakter (Tromp et al. 1986b).

Abbildung 23 – Messung des mechanischen Druckwiderstands einer Krokette. Das Texturometer misst die für das Brechen der Krokette erforderliche Kraft der Kiefer und Zähne der Katze. Auswechselbare Module simulieren unterschiedliche Zahnformen und -größen von Katzen verschiedener Altersklassen und Rassen.

> Einfluss der Textur der Nahrung Die Textur der Tiernahrung, insbesondere ihr faseriger Charakter, scheint der wichtigste physikalischmechanische Aspekt im Hinblick auf eine Reduzierung der Plaquebildung zu sein. Zahlreiche Studien beschreiben die negative Rolle von Feuchtfuttermitteln bei der Entwicklung parodontaler Erkrankungen des Hundes (Egelberg 1965; Harvey et al. 1996).

Zahnhygiene

Auch wenn die Anzahl vergleichbarer Studien bei der Katze eher gering ist, so bestätigt die Gesamtheit der heute verfügbaren Ergebnisse doch, dass die Textur der Nahrung eine wesentliche Rolle bei der Plaquebildung spielt. - Bei Katzenwelpen wird Feuchtfuttermitteln ein fördernder Einfluss auf die Zahnsteinbildung, die Entstehung von Gingivitis, die Gingivarezession und unangenehmen Atem (Halitosis) zugesprochen (Studer & Stapley 1973). - Eine signifikante Plaquereduzierung wurde bei einer Gruppe von Katzen beobachtet, die über einen Zeitraum von zwei Wochen mit einem Trockenfuttermittel im Austausch gegen eine Feuchtfuttermittel gefüttert wurde (Boyce 1992). - Beim Tiger führt eine Anreicherung der Tagesrationen zweimal wöchentlich mit einem faserhaltigen Nahrungssupplement zu einer Reduzierung der Plaquebildung und der damit zusammenhängenden parodontalen Entzündung (Haberstroh 1984). - Die tägliche Gabe eines Kauriegels an 15 Katzen als Zusatz zu einem Trockenfuttermittel führte zu einem signifikanten Rückgang von Plaque (-20 %) und Zahnstein (-39 %) im Bereich der Prämolaren, der Molaren und der Canini. Die assoziierte Gingivitis schien bei Gabe des Kauriegels etwas weniger stark ausgeprägt, auch wenn dieser Befund keine statistische Signifikanz aufwies (Gorrel et al. 1998). - In einer ähnlichen Studie erhielten 24 Katzen ein Trockenfuttermittel, ergänzt durch einen Snack zum Kauen einmal täglich über einen Zeitraum von vier Wochen. Im Verhältnis zu einer Kontrollgruppe, die ausschließlich mit dem Trockenfutter ernährt worden war, konnte eine signifikante Reduzierung des Zahnsteins (-64 %) festgestellt werden. Signifikante Unterschiede ergaben sich auch bei der Reduktion der Plaquebildung (-15 %) und beim mittleren Gingivitis-Index (-11 %; Ingham et al. 2002a). 373


3 - Prävention von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen

ABBILDUNG 24 – EINFLUSS DER ERGONOMIE UND DER KROKETTENTEXTUR AUF DIE MECHANISCHE REINIGUNG DER ZÄHNE Die Werte (Kraft in Newton) wurden am Royal Canin Forschungszentrum (2002) gemessen.

Katzenwelpe Schwache Kiefer, Milchzähne: Kleine, leicht brechende Kroketten (Kraft 15/20)

Newton

Sehr brüchig

Brüchig

Wenig brüchig

Hart

Sehr hart Newton

Adulte Katze Kräftige Kiefer, gesunde Zähne: Harte und spröde Kroketten (Kraft 55/65)

Sehr brüchig

Brüchig

Wenig brüchig

Hart

Sehr hart Newton

Ältere Katze Geschwächte Kiefer, sensible Zähne: Weiche und leicht brechende Kroketten (Kraft 25/30)

Sehr brüchig

Brüchig

Wenig brüchig

Hart

Sehr hart

Aufgrund ihrer besonderen Textur unterstützt die Krokette ein tieferes Eindringen des Zahnes, bevor sie zerbricht, und verstärkt dadurch den mechanischen Zahnreinigungseffekt.

ABBILDUNG 25 – WIRKUNG VON POLYPHOSPHATSALZEN AUF DAS SPEICHELKALZIUM

Zahnhygiene

Ohne Natriumpolyphosphat

Kalzium frei verfügbar

> Einfluss von Form und Größe der Nahrungsbestandteile Der Einfluss der Form und der Textur der Kroketten eines ad libitum verabreichten Trockenfuttermittels wurde bei der Katze parallel untersucht. Katzen, die mit größeren, rechteckig geformten Kroketten mit einer Textur mit höherem Penetrationsindex (+ 25 %) gefüttert wurden, zeigten im Vergleich zu Katzen, die kleine, dreieckige Kroketten bekamen, einen signifikanten Rückgang (-41 %) der Plaquebildung (Abbildung 24). Der Rückgang der Plaquebildung wird auf die stärkere mechanische Reinigungswirkung der größeren Kroketten zurückgeführt. Wenn die Katze intensiver kauen muss, um die Krokette zu zerkleinern, und die Textur der Krokette ein tieferes Eindringen des Zahnes in das Innere der Krokette ermöglicht, bevor diese zerbricht, findet ein stärkerer mechanischer Abrieb an der Zahnoberfläche statt (Servet et al. 2003).

Die Rolle der Zusammensetzung der Nahrung Die Nahrung kann als Vehikel für bestimmte Wirkstoffe eingesetzt werden, die, sobald sie durch die Kautätigkeit in der Mundhöhle freigesetzt sind, gegen die Plaque- und/oder Zahnsteinbildung wirken und auf diese Weise zur Prävention parodontaler Erkrankungen beitragen.

> Vorteile von Polyphosphatsalzen

Die verzögernde Wirkung bestimmter Polyphosphatsalze (Abbildung 25) auf die Entwicklung von Zahnstein ist heute gut bekannt und ausführlich klinisch validiert. Die im Speichel vorhandenen Ca2+ Kationen sind verantwortlich für die Kalzifizierung (Verkalkung) des bakteriellen Zahnbelages, also die Umwandlung von Plaque in Zahnstein. Werden Polyphosphate mit der Fähigkeit, Chelatkomplexe mit mehrwertigen Kationen (z. B. Ca2+, Mg2+) zu bilden, in der Mundhöhle freigesetzt, binden sie auf natürliche Weise das im Speichel vorhandene ionisierte Kalzium und limitieren dadurch seine Verfügbarkeit für die Aufnahme in die Zahnsteinmatrix. Das so gebundene Kalzium wird anschließend im Verdauungstrakt freigesetzt, um dort entsprechend des Bedarfs des Organismus absorbiert zu werden. Katzen, die ein mit einem Kalziumchelatbildner beschichtetes Futtermittel erhalten, zeigen eine signifikante Reduktion der Zahnsteinbildung (-32 %) im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die mit den gleichen Kroketten, aber ohne Zusatz von Polyphosphatsalzen gefüttert wird (Servet et al. 2003 und 2006; Abbildung 26).

> Vorteile ätherischer Öle Die Applikation ätherischer Öle (Thymol, Eucalyptol, Menthol, Methylsalicylat) ist Gegenstand zahlreicher klinischer Langzeitstudien in der humanen Zahnheilkunde. Mit Hilfe von Mundspüllösungen, die solche ätherischen Öle enthalten, konnte eine signifikante Reduktion der Zahnsteinbildung (-25 bis -35 %) und eine signifikante Minderung der assoziierten Gingivitis (-25 bis -35 %) erreicht werden (Perry & Schmidt 2002). Die nachweislichen Vorteile dieser Substanzen haben in zunehmendem Maße auch zu einer Beimischung zu industriell hergestellten Nahrungsmitteln geführt. Allerdings gibt es bis heute keine veröffentlichte Studie über die spezifische Wirksamkeit dieser Produkte.

Mit Natriumpolyphosphat

Kalzium gebunden

> Weitere aktive Wirkstoffe gegen Plaquebildung Die aktuelle Forschung im Bereich der Zahn- und Mundhöhlengesundheit beschäftigt sich mit der Entwicklung neuer aktiver Komponenten gegen die Plaquebildung.

Die im Chelatkomplex gebundenen Kalziumionen stehen für die Zahnsteinbildung nicht mehr zur Verfügung.

374

Im Rahmen einer standardisierten Vergleichsstudie konnte der hemmende Effekt eines aus der humanen Kosmetikforschung hervorgegangenen Wirkstoffes (PRN oder Plaque Reduction


ABBILDUNG 27 GESAMTREDUKTION DER PLAQUEBILDUNG

(Royal Canin, 2005)

(Royal Canin, 2005)

4,4

12 -32 %

10,1

-12 %

10

3,0

A

Plaqueindex nach Logan & Boyce (modifiziert)

B

8,9

8 6 4

A

B

2 0

Ohne Polyphosphate

Ohne Polyphosphate

Mit Polyphosphaten

Gesamtzahnsteinindex vor und nach zweimonatiger Gabe eines mit Polyphosphaten angereicherten Futtermittels

Durch die tägliche Kombination der Effekte von Größe und Textur der Kroketten auf der einen Seite und des Effektes der Zusammensetzung der Nahrung auf der anderen Seite können wird heute bei der Katze eine signifikante Reduktion der Plaquebildung in einer Größenordnung von 30 % und eine Minderung der Zahnsteinbildung in einer Größenordnung von 50 % erreichen. Aufgrund der sehr spezifischen Kautätigkeit der Katze ist die physikalisch-mechanische Wirkung der Nahrung besonders stark im Bereich der Reißzähne ausgeprägt. Durch den Zusatz chemisch wirksamer Anti-Plaque-Substanzen kann indes auch ein Effekt im rostralen Bereich der Mundhöhle (Canini und Incisivi) erreicht werden.

Schlussfolgerung Die Prävalenz von Entzündungen im Bereich der Mundhöhle wird bei der Katze allgemein unterschätzt. Die klinischen Auswirkungen erweisen sich oft als sehr viel gravierender als gemeinhin vermutet. Es handelt sich um die häufigste Ursache infektiöser Erkrankungen bei der Spezies Katze. Entgegen der weit verbreiteten Ansicht zeigt die Parodontalerkrankung der Katze einige deutliche Unterschiede zur entsprechenden Erkrankung des Hundes. So erweist sich zum Beispiel die klinische Expression bei der Katze als deutlich variabler. Jüngste Studien über die sekundären systemischen Auswirkungen parodontaler Entzündungen belegen erneut die große Bedeutung der Prävention und Behandlung von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen. Es geht hierbei um weit mehr als nur die Bekämpfung von unangenehmem Mundgeruch. Die präventiven und therapeutischen Ziele sind sehr viel ambitionierter und berühren in hohem Maße auch den klinisch-medizinischen Bereich, letztlich also die Allgemeingesundheit und die Lebenserwartung der Katze. Eine geeignete Behandlung verringert die mit felinen Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen einhergehenden chronischen Schmerzen und Infektionen. Besitzer betroffener Katzen zeigen sich oft erstaunt über die mit Hilfe einfacher, aber gezielter Behandlungs- und Pflegemaßnahmen erreichbaren positiven Resultate. Zahnschmerzen sind in der Tat nicht selten die Ursache für erhebliche Verhaltensänderungen bei Katzen. Nach erfolgreicher Behandlung sind betroffene Katzen im Allgemeinen deutlich aktiver, sie fressen besser und zeigen einen verbesserten Allgemeinzustand.

Mit Polyphosphaten

Gesamtplaqueindex vor und nach einmonatiger Gabe eines mit einem Anti-Plaque-Wirkstoff (PRN) angereicherten Futtermittels

ABBILDUNG 28 – GINGIVALE REDUKTION DER PLAQUEBILDUNG (Royal Canin, 2005)

12 10 8 6

5,0

-22 %

3,9

4 2

A

B

0 Ohne Polyphosphate

Mit Polyphosphaten

Gingivaler Plaqueindex vor und nach einmonatiger Gabe eines mit einem Anti-Plaque-Wirkstoff (PRN) angereicherten Futtermittels

Ein zentraler Punkt bei der Bekämpfung von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen ist die Prävention. Allgemein anerkannt ist heute die potenzielle Rolle der Nahrung als wirksame Unterstützung einer präventiven Zahn- und Mundhöhlenhygiene. Von besonderem Interesse ist diese präventive Funktion der Nahrung insbesondere bei der Katze, da sich bei dieser Spezies zum einen das regelmäßige tägliche Zähneputzen als sehr schwierig erweist und zum anderen spezielle Snacks zur Zahnreinigung, wie zum Beispiel Kauriegel, auf eine meist nur sehr geringe Akzeptanz stoßen. In der Zukunft wird sich die Wirksamkeit dieses präventiven Ansatzes durch die Verbesserung der physikalisch-mechanischen Wirkung der Futtermittel und durch die Entwicklung neuer chemisch wirksamer Anti-Plaque-Wirkstoffe zweifellos noch weiter optimieren. 375

Zahnhygiene

5,0 4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0

Schlussfolgerung

ABBILDUNG 26 REDUZIERUNG DER ZAHNSTEINBILDUNG

Plaqueindex nach Logan & Boyce (modifiziert)

Die Entwicklung neuer Anti-Plaque-Wirkstoffe geht in die Richtung von Molekülen, die nicht nur gegen die zelluläre Integrität der Bakterien wirken, sondern auch im Bereich der Kontaktfläche zwischen Plaque und Zahn aktiv sind, das heißt, eine Ablösung der Plaque fördern.

Zahnsteinindex nach Warrell & Gorrick

Nutrient) auf die Plaquebildung bei der Katze nachgewiesen werden. Die Zugabe dieses Wirkstoffes zu einem Referenztrockenfutter (das aufgrund seiner besonderen Textur bereits vorteilhafte mechanische Eigenschaften hat), führte zu einer signifikanten Reduktion der Plaquebildung (Servet et al. 2006). Nach einem Monat wurde eine Plaquereduktion um 12 % (Abbildung 27) an allen untersuchten Zähnen (Oben: C, P3 und P4; unten: P3, P4 und M1) beobachtet. Eine detailliertere Analyse der Zahnfleischränder ergab eine mittlere Plaquereduktion um 22 % an allen getesteten Zähnen (Abbildung 28) und eine Reduktion um 36 %, wenn ausschließlich folgende Zähne analysiert wurden: P3 und P4 des Oberkiefers sowie M1 des Unterkiefers. Der chemische Effekt konnte mit Hilfe dieser Untersuchung am gesamten Gebiss der Katze validiert werden. Darüber hinaus unterstreicht diese Studie die höhere Wirksamkeit an den Zielzähnen des Futtermittels: P3, P4 des Oberkiefers und M1 des Unterkiefers.


Häufige Irrtümer Zahnhygiene

Fehleinschätzungen über Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen bei der Katze

F

A

“Eine Katze leidet nur wenig unter Zahn- und Mundhöhlenläsionen.”

Schmerzen sind bei Katzen allein durch die Beobachtung ihres täglichen Verhaltens nur sehr schwer zu beurteilen. Im Anschluss an eine erfolgreiche Zahnbehandlung stellt man jedoch häufig eine auffällige Verbesserung des Wohlbefindens der Katze fest. Sämtliche Zahn- und Mundhöhlenläsionen (Parodontitis, Zahnresorptionen, Stomatitis) müssen deshalb a priori stets als potenziell schmerzhaft betrachtet werden.

“Katzen leiden häufig unter Zahnkaries.”

Karies wird bei Katzen NIE beobachtet. Ursachen hierfür sind die konische Form der Zähne, die Besonderheiten der Ernährung und die Zusammensetzung der Plaque.

“Regelmäßiges Zahnsteinentfernen verhindert die Entstehung parodontaler Erkrankungen bei der Katze.”

Nein. Zahnstein als solcher ist nicht die Ursache der Entzündung des Parodonts. Verantwortlich sind vielmehr die tägliche Akkumulation von Plaque und die darin enthaltenen pathogenen Bakterien. Eine Zahnsteinentfernung allein bringt deshalb nur wenige Vorteile. Sie kann die Plaque zwar kurzfristig entfernen, hat aber keinen Einfluss auf die permanent stattfindende Neubildung von Plaque an den Zahnoberflächen. Um der Entstehung chronischer Parodontitiden vorzubeugen, muss die Zahnsteinentfernung deshalb stets systematisch durch weitere Maßnahmen der Zahn- und Mundhöhlenhygiene ergänzt werden.

“Regelmäßige Antibiotikagaben bekämpfen bakteriellen Zahnbelag (Plaque).”

Nein. Die Plaquebakterien sind eingebettet in eine komplexe Matrix, die sie weitgehend vor der Wirkung von Antibiotika schützt und ihre Kooperation stärkt. Antibiotika sind allenfalls gegen einen geringen Teil der sehr oberflächlich in der Plaque lokalisierten Erreger wirksam. Darüber hinaus können regelmäßige Antibiotikagaben die Entwicklung neuer, antibiotikaresistenter Bakterienstämme in der Plaque fördern.

“Mit Zahnpflegemaßnahmen beginnt man, wenn die Katze älter wird.”

Die Prävention von Zahn- und Mundhöhlenerkrankungen ist umso effektiver, je früher bestehende Läsionen diagnostiziert werden. Die Mehrzahl der Katzen unter drei Jahren weist bereits Zahnläsionen auf, die spezifische Maßnahmen rechtfertigen. Die Adspektion der Mundhöhle ist deshalb ein integraler Bestandteil jeder klinischen Routineuntersuchung, zum Beispiel anlässlich der Jahresimpfung.

“Es ist unmöglich, einer Katze die Zähne zu putzen.”

Auch wenn klar ist, dass das Zähneputzen bei Katzen durch den Besitzer sehr schwierig ist, sollte es nicht von vorn herein als unmöglich ausgeschlossen werden. Geduld und Motivation sind oft der Schlüssel für überraschend gute prophylaktische Resultate.

“Die Fütterung der Katze mit Trockenfutter (Kroketten) beugt der Entstehung einer chronischen Parodontitis vor.”

Allein die Gabe eines beliebigen Trockenfutters reicht nicht aus, um Plaque zu reduzieren. Um die Plaquebildung und die nachfolgende Zahnsteinbildung verlangsamen zu können, müssen Kroketten speziell entwickelte Formen, Größen und Texturen haben, die eine mechanische Abriebwirkung an den Zahnoberflächen ausüben. Heute wird diese mechanische Reinigungswirkung vielfach durch den Zusatz von Substanzen ergänzt, die auf dem Wege der Diffusion auf die Zusammensetzung der Mundhöhlenflora einwirken.

376


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Diätetische Informationen von Royal Canin

Im Fokus:

Nährstoffe mit Einfluss auf die Zahn- und Mundhöhlengesundheit bei der Katze Servet E., Hendriks W., Clarke D., Biourge V. - Royal Canin Forschungszentrum, Aimargues, Frankreich - Massey University, Neuseeland

Studien belegen, dass Trockenfuttermittel mit harten Kroketten zu geringerer Plaque- und Zahnsteinbildung führen als weiche Futtermittel wie zum Beispiel Feuchtfutter aus der Dose. Ursache ist die Abrieb fördernde Textur der Trockenfutterkroketten, die eine mechanische Abtragung des an der Zahnoberfläche haftenden organischen Materials fördert. Neben der Textur ist auch die Form der Kroketten ein wichtiger Faktor für die Wirksamkeit des mechanischen Abriebeffektes, insbesondere, wenn ein regelmäßiges Zähneputzen durch den Besitzer nicht gewährleistet ist. Eine frühere Studie (Servet et al. 2003) zeigt, dass rechteckig geformte Kroketten bei der Katze eine bessere Wirksamkeit gegen Plaquebildung besitzen als dreieckige Kroketten. Ziel der vorliegenden Studie ist die Klärung der Frage, ob die Bildung von Zahnstein und Plaque durch Polyphosphate, eine Plaque hemmende Substanz (PRN, Plaque Reduction Nutrient) und größere Kroketten signifikant reduziert werden kann. Natriumpolyphosphat ist eine Substanz, die Kationen bindet. In der Plaque bildet Natriumpolyphosphat lösliche Komplexe mit den aus dem Speichel stammenden Kalziumionen, die so gebunden nicht mehr für die Zahnsteinbildung zur Verfügung stehen. Eine größere und rechteckig geformte Krokette verlangt der Katze eine kräftigere und intensivere Kautätigkeit ab und sollte auf diese Weise der Plaque- und Zahnsteinbildung entgegenwirken.

Material und Methoden Tiere Die Studie wurde mit 30 Katzen unterschiedlicher Rassen durchgeführt. Aufnahmekriterien waren eine normale

Dentition und eine physiologische Okklusion (Scherengebiss). Die Plaquebildung wurde entweder nicht oder maximal von einer moderaten Gingivitis begleitet. Die Katzen wurden in Gruppen zu je 10 Tieren unterteilt und ad libitum gefüttert. Trinkwasser stand ad libitum zur Verfügung. Fütterung Über die gesamte Dauer der Studie erhielten die Katzen ausschließlich ein extrudiertes Trockenfutter in Krokettenform. Die Katzen bekamen weder Nahrungssupplemente mit spezieller Zahnpflegewirkung, noch Spielzeug oder Knochen zum Kauen. Die Studie vergleicht drei Futtermittel: - Futtermittel A: Extrudiertes Trockenfuttermittel in Form von dreieckigen Kroketten. Dieses Kontrollfuttermittel hat keine spezifischen Zahnpflegeeigenschaften. - Futtermittel B: Extrudiertes Trockenfuttermittel in Form von rechteckigen Kroketten, angereichert mit Natriumpolyphosphat und PRN zur Verbesserung der Zahnhygiene. - Futtermittel C: Extrudiertes Trockenfuttermittel in Form von dreieckigen Kroketten, angereichert mit Natriumpolyphosphat zur Verbesserung der Zahnhygiene. Sämtliche Futtermittel erfüllten die von der AAFCO angegebenen Mindestanforderungen zur Deckung des Nährstoff- und Energiebedarfs für adulte Katzen (Erhaltungsbedarf).

zu entfernen. Ziel war, dass alle Katzen mit vollständig „sauberen“ Zähnen in die Studie eintraten. Sämtliche Katzen bekamen danach über weitere sieben Tage Futtermittel A. Anschließend wurde die Plaquebildung nach der Methode von Logan und Boyce (Logan & Boyce 1994) bewertet. Danach wurden nach dem Zufallsprinzip drei Gruppen zu je zehn Katzen gebildet, wobei das Geschlecht und die Neigung zu Plaquebildung berücksichtigt wurden. Die Plaquebildung wurde an Tag sieben bewertet. An Tag 28 wurden die Plaquebildung und die Zahnsteinbildung nach der Methode von Logan & Boyce und von Warrick & Gorrel

TABELLE 1 – EXPERIMENTELLES PROTOKOLL Tag -28 Vorbereitungsphase Professionelle Zahnreinigung Tag -7 Beurteilung der Plaquebildung Einteilung der Gruppen Fütterungsumstellung Tag 0

Professionelle Zahnreinigung Beurteilung der Plaquebildung

Tag 7

Beurteilung der Plaquebildung

Tag 28

Beurteilung der Plaqueund Zahnsteinbildung

Tag 56

Beurteilung der Zahnsteinbildung

Studienprotokoll Über einen Zeitraum von 14 Tagen vor Studienbeginn erhielten alle 30 Katzen Futtermittel A (Tabelle 1). Am Ende dieser 14tägigen Einleitungsphase wurde bei allen Katzen eine professionelle Zahnreinigung unter Allgemeinanästhesie durchgeführt, um sämtliche vorhandenen supraund subgingivalen Plaque- und Zahnsteinablagerungen vollständig

379

Zahnhygiene

Einleitung


Diätetische Informationen von Royal Canin

Ergebnisse

TABELLE 2 – KRITERIEN ZUR BEURTEILUNG VON ZAHNSTEIN Ausdehnung

0 – kein Zahnstein erkennbar 1 – Zahnstein bedeckt bis zu 24 % der Zahnkronenoberfläche 2 – Zahnstein bedeckt 25-49 % der Zahnkronenoberfläche 3 – Zahnstein bedeckt 50-74% der Zahnkronenoberfläche 4 – Zahnstein bedeckt über 75 % der Zahnkronenoberfläche

Dicke

L= geringe Dicke = 1 M = moderate Dicke = 2 H = hohe Dicke = 3

(Warrick & Gorrel 1995) beurteilt. Die Zahnsteinbildung wurde außerdem an Tag 56 bewertet (Tabelle 2).

Analyse der Daten

Die Gingivitis wurde nach der Methode von Loe & Silness beurteilt. Untersucht wurden im Oberkiefer I3, C, PM3, PM4 und M1 und im Unterkiefer C, PM2, PM3, PM4 und M1.

Mit Hilfe der Einzelbewertungen von Plaque und Zahnstein wurde ein Gesamtindex der Mundhöhle für jede Katze erstellt, berechnet auf der Grundlage der Mittelwerte für jeden untersuchten Zahn. Die Daten werden als Mittelwerte ± Standardabweichung (SEM) angegeben. Es wurden Varianzanalysen mit wiederholten Messungen durchgeführt, um FTests bei deutlichen Abweichungen zwischen den Behandlungen zu erhalten. F-Werte von p<0,05 wurden als signifikant definiert. Die Analyse der Daten erfolgte über das Verfahren des allgemeinen linearen Modells (general linear model oder GLM) mit Hilfe des Statistikprogramms Statgraphics V5.

ABBILDUNG 1 – PLAQUEINDEX AN TAG 7

ABBILDUNG 2 – GINGIVALER PLAQUEINDEX AN TAG 7

Die Bewertungen der Katzen wurden stets vom selben Untersucher nach einem Blindverfahren bezüglich des verwendeten Futtermittels und der Klassifizierung der Katzen vorgenommen. Untersucht wurden im Oberkiefer die Canini (C) und die Prämolaren 3 und 4 (PM3 und PM4) und im Unterkiefer C, PM3, PM4 und M1.

Der Plaqueindex an Tag 7 (Abbildung 1) war signifikant niedriger bei Futtermittel B im Vergleich zu Futtermittel A und C (28,3 % bzw. 28,1 %). Darüber hinaus war der gingivale Plaquewert an Tag 7 (Abbildung 2) bei Futtermittel B signifikant niedriger im Vergleich zu Futtermittel A und Futtermittel C (27,3 % bzw. 30,5 %). Der Plaqueindex an Tag 28 für Futtermittel B war signifikant niedriger als für Futtermittel A und Futtermittel C (30,3 % bzw. 30,1 %; Abbildung 3). Ebenfalls signifikant war die Reduktion der gingivalen Plaquebildung an Tag 28 mit Futtermittel B im Vergleich zu Futtermittel A und Futtermittel C (31,7 % bzw. 29,2 %; Abbildung 4). Der Zahnsteinindex an Tag 28 (Abbildung 5) war für Futtermittel B signifikant niedriger im Vergleich zu Futtermittel A und Futtermittel C (47,4 % bzw. 23,8 %). Darüber hinaus wurde eine signifikante Reduktion (30,9 %) der Zahnsteinablagerung mit Futtermittel C im Vergleich zu Futtermittel A beobachtet. Der Zahnsteinindex an Tag 56 war signifikant niedriger mit Futtermittel

ABBILDUNG 3 – PLAQUEINDEX AN TAG 28

8 a

Zahnhygiene

a 7

7,4

7,1 11,8

11,8

Logan & Boyce-Index

Logan & Boyce-Index

Logan & Boyce-Index

8,5

12,0

12,0

6 b

5 5,9 4

3

8,4

2

1

0 Futtermittel A

380

Futtermittel B

Futtermittel C

Futtermittel A

Futtermittel B

Futtermittel C

Futtermittel A

Futtermittel B

Futtermittel C


Diätetische Informationen von Royal Canin

Diskussion Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass die Akkumulation von Plaque und Zahnstein bei der Katze durch Fütterung eines aus großen, rechteckigen und mit Natriumpolyphosphat und einer Plaquehemmenden Substanz beschichteten Kroketten bestehenden Trockenfutters signifikant reduziert werden kann. Die Plaquebildung wurde um etwa 30 % reduziert, die Zahnsteinbildung um etwa 45 %. Enthält die Krokettenbeschichtung ausschließlich Natriumpolyphosphat (Futtermittel C), führt dies zu einer signifikanten Zahnsteinreduktion im Vergleich zum Kontrollfuttermittel A, nicht jedoch zu einer signifikanten Reduktion der Plaquebildung. Diese Ergebnisse bestätigen den signifikanten Einfluss von Natriumpolyphosphat auf die Zahnsteinbildung und stimmen mit Resultaten anderer Studien zum Thema Zahnstein bei

ABBILDUNG 4 – GINGIVALER PLAQUEINDEX AN TAG 28

der Katze überein (Stookey 1995; Johnson und Cox 2002). Das in der Beschichtung der Kroketten enthaltene Natriumpolyphosphat wird in der Mundhöhle der Katze freigesetzt und bindet dort das im Speichel vorhandene Kalzium, welches dann nicht mehr für die Kalzifizierung von Plaque zu Zahnstein zur Verfügung steht. Das saure Milieu des Magens destabilisiert die dabei gebildeten Kalzium-Polyphosphat-Komplexe. Sehr schnell erfolgt eine Umwandlung in Orthophosphate, die als diätetische Phosphorquellen genutzt werden. Die großen, rechteckigen und mit Natriumpolyphosphat beschichteten Kroketten führen zu einer signifikant geringeren Zahnsteinbildung als die ebenfalls mit Natriumpolyphosphat beschichteten, aber kleinen, dreieckigen Kroketten (Futtermittel C). Vorangegangene Studien zeigen, dass die Textur der Kroketten ebenso wie ihre Form, ihre Größe und ihre Konsistenz bei der Katze einen Einfluss auf die Zahnsteinbildung hat (Servet et al. 2003). So konnte unter anderem demonstriert werden, dass rechteckige Kroketten beim Kauen einen stärkeren Anti-

ABBILDUNG 5 – ZAHNSTEININDEX AN TAG 28

Plaque-Effekt haben als dreieckig geformte Kroketten (Servet et al. 2003). Die geringere Plaquebildung wird auf spezifische Strukturunterschiede zurückgeführt: Größere Kroketten begünstigen ein tieferes Eindringen des Zahnes, bevor sie zerbrechen, und sorgen damit für eine bessere mechanische Abriebwirkung an der Zahnoberfläche. Dieser Prozess simuliert gewissermaßen die mechanische Reinigungswirkung des Zähneputzens. Die signifikante Wirkung auf die Plaquebildung wird auf die Synergie zwischen den Plaque hemmenden Wirkstoffen und der die mechanische Abriebwirkung verstärkenden Größe, Form und Textur der Krokette zurückgeführt.

Schlussfolgerung Bei Katzen, die ein aus großen, rechteckigen und mit Natriumpolyphosphat und einer Plaque hemmenden Substanz beschichteten Kroketten bestehendes Trockenfutter erhalten, ist eine Reduktion der Plaquebildung um 30 % und eine Reduktion der Zahnsteinbildung um 45 % möglich.

ABBILDUNG 6 – ZAHNSTEININDEX AN TAG 56

Zahnhygiene

B als mit Futtermittel A und Futtermittel C (44,6 % bzw. 18,9 %; Abbildung 6). Der Zahnsteinindex an Tag 56 lag jedoch für Futtermittel C noch signifikant niedriger (31,7 %) im Vergleich zu Futtermittel A.

6,8

7,0

4,8

Futtermittel A

Futtermittel B

Futtermittel C

3,8

2,6 2,0

Futtermittel A

Futtermittel B

Futtermittel C

Warrick und Gorrel-Index

Warrick und Gorrel-Index

Logan & Boyce-Index

4,4

3,0 2,5

Futtermittel A

Futtermittel B

Futtermittel C

381


© Yves Lanceau/Royal Canin/Britisch Kurzhaar

Diätetische Informationen von Royal Canin

Siebzig Prozent der über dreijährigen Katzen weisen Zahn- und/oder Mundhöhlenläsionen auf (Harvey 2004).

Schlüsselpunkte zum Thema:

Zahnhygiene

Da die Zahngesundheit erhebliche Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit der Katze haben kann, müssen Zähne und Mundhöhle regelmäßig untersucht werden, am besten anlässlich jedes routinemäßigen Tierarztbesuches. Parodontale Erkrankungen sind die häufigste Erkrankung der Katze. In unterschiedlichen klinischen Graden manifestiert sie sich bei 70 % aller Katzen im Alter zwischen 20 und 27 Monaten (Ingham et al. 2002). Die Entwicklung einer parodontalen Erkrankung erfolgt in drei Phasen: - Phase 1: Bildung eines bakteriellen Zahnbelages (Plaque), bestehend aus einem organischen Film aus Polysacchariden und Glykoproteinen des Speichels, der zunächst von aeroben Bakterien besiedelt wird (dentaler Biofilm). - Phase 2: Entwicklung einer Gingivitis und Mineralisierung („Verkalkung“) der Plaque, d.h., Umwandlung in Zahnstein. In diesem Stadium werden die aeroben Bakterien allmählich durch anaerobe Bakterien ersetzt. Der unangenehme Geruch der Atemluft (Halitosis) ist auf die Bildung flüchtiger Schwefelverbindungen zurückzuführen. - Phase 3: Zerstörung der Zahnwurzelhaut (Parodontitis). Die Bakterien dringen bis zur Basis der Zahnwurzel vor und attackieren den Alveolarknochen, in dem der Zahn verankert ist. Die Gingivarezession und die Osteolyse begünstigen den Zahnausfall.

382

Parodontalerkrankung bei der Katze ZAHNUNTERSUCHUNG Datum

Oberkiefer

Alter

Kommentar

O: fehlender Zahn X: extrahierter Zahn B: frakturierter Zahn GR: freiliegender Zahnhals FORL: Feline odontoklastische resorptive Läsion M: gelockerter Zahn

Unterkiefer

Phase 1

Phase 2

Phase 3

Plaque

Zahnstein Zahnfleisch

Gingivitis

Osteolyse Alveolarknochen

Zerstörung der Zahnwurzelhaut


Diätetische Informationen von Royal Canin

Diätetische Maßnahmen

Trockenfuttermittel können einen leichten Abriebeffekt an der Zahnoberfläche ausüben, wenn die Kroketten vor dem Abschlucken richtig zerkaut werden. Dadurch wird die bakterienhaltige Matrix der Plaque auf mechanische Weise zerstört. Um diese Wirkung zu erzielen, darf das Trockenfutter vor der Mahlzeit weder eingeweicht noch zerkleinert werden. Die mechanische Wirkung ist abhängig von der genauen Anpassung der Größe, der Form und der Textur der Trockenfutterkroketten an das Alter der Katze und die Dimension ihrer Zähne. Das Ziel ist eine maximale Eindringtiefe des Zahnes in die Krokette, bevor diese zerbricht, um so

Eine intensive Kautätigkeit stimuliert zudem die Produktion von Speichel, dessen antibakterielle Eigenschaften in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse sind.

Beeinflussung der bakteriellen Mundhöhlenflora Bestimmte Nährstoffe hemmen die Plaquebildung durch Minderung der Adhäsionen der Bakterien und/oder aufgrund ihrer bakteriziden Wirkung (Servet et al. 2006). Vorrangiges Ziel einer entsprechend ausgerichteten diätetischen Strategie ist die Minderung der Proliferation der anaeroben Bakterienflora und damit der Produktion der für übel riechenden Atem (Halitosis) verantwortlichen flüchtigen Schwefelverbindungen. Bislang gibt es zwar noch keine spezifischen veröffentlichten Studien bei der Katze, mehrere Untersuchungen belegen jedoch die Wirksamkeit bestimmter Nährstoffe gegen übel riechenden Atem (Halitosis). Unter allen untersuchten Nährstoffen zeigen vor allem organische Zinksalze (z. B. Zinkzitrat) und anorganische Zinksalze (z. B. Zinksulfat: ZnSO42-) interessante bakteriostatische Eigenschaften (Weesner 2003; Waller 1997).

bzw. bakterizide Wirkungen. So führt zum Beispiel Eukalyptusöl auf diesem Weg zu einem Rückgang der Bildung flüchtiger schwefelhaltiger Fettsäuren (Pan et al. 2000). Einige Bakterien sind sehr empfindlich gegen die Wirkung von Polyphenolen aus grünem Tee (Isogai et al. 1995), deren antioxidative Eigenschaften gut dokumentiert sind.

Chemische Wirkung Natriumpolyphosphate bilden Chelatkomplexe mit den im Speichel vorhandenen Kalziumionen und wirken auf diese Weise der Mineralisierung von Plaque, also der Zahnsteinbildung, entgegen.

Schlussfolgerung Durch eine gezielte Kombination der Wirkungen von Größe und Textur der Kroketten auf der einen Seite und der Zusammensetzung der täglich verabreichten Nahrung auf der anderen Seite ist es heute möglich, eine signifikante Reduktion der Plaquebildung bei der Katze zu erreichen.

Darüber hinaus haben bestimmte Öle nachweislich bakteriostatische

Literatur Harvey CE - The oral cavity. In: Chandler EA, Gaskell CJ, Gaskell RM; Feline medicine and therapeutics 2004; Blackwell Publishing & BSAVA: 379-395.

Isogai E, Isogai H, Kimura K, et al. - Effect of Japanese green tea extract on canine periodontal diseases. Microbial Ecology in Health & Diseases 1995; 8: 57-61.

Ingham KE, Gorrel C, Blackburn JM, et al. The effect of tooth brushing on periodontal disease in cats. J Nutr 2002; 132: 1740S-1741S.

Pan P, Barnett ML, Coelho J, et al. Determination of the in situ bactericidal activity of an essential oil mouth rinse using a vital stain method. J Clin Periodontol 2000; 27: 256-261.

Servet E, Hendriks W, Clarke D, et al. Dietary intervention can improve oral health in cats. J Vet Dent 2008 (in press). Waler SM - The effect of some metal ions on volatile sulphur-containing compounds originating from the oral cavity. Acta Ondontol Scand 1997; 55: 261-4. Weesner BW Jr - Curing Halitosis: the sweet smell of success. J Tenn Dent Assoc 2003; 83: 20.

383

Zahnhygiene

Mechanische Wirkung

den maximal möglichen mechanischen Abriebeffekt zu erreichen.

© Yves Lanceau/RC/Maine Coon

Das Zähneputzen ist zweifellos die mit Abstand wirkungsvollste präventive Maßnahme gegen die Entstehung einer parodontalen Erkrankung. Ist Zähneputzen aufgrund der fehlenden Fähigkeit/Compliance des Besitzers oder einer mangelhaften Kooperationsbereitschaft der Katze nicht möglich, kann die Ernährung über ihre mechanischen und/oder chemischen Wirkungen eine wichtige präventive Rolle spielen. Die zu erwartenden Vorteile können jedoch nur dann beobachtet werden, wenn die betroffene Katze ausschließlich und regelmäßig auf täglicher Basis ein Spezialfuttermittel mit Zahnpflegeeigenschaften erhält.


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