Klinische Diätetik - Ernährungsverhalten

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Verhalten


Debra HORWITZ DVM, Dipl. ACVB

Yannick SOULARD Ing.

Ariane JUNIENCASTAGNA

Das Ernährungsverhalten der Katze

Ing.

1. Faktoren mit Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Katze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 2. Das Ernährungsverhalten der Katze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 3. Regulation der Nahrungsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 4. Störungen des Ernährungsverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 5. Das Trinkverhalten der Katze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469

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Häufig gestellte Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 Diätetische Informationen von Royal Canin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474

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Das Ernährungsverhalten der Katze Debra HORWITZ DVM, Dipl. ACVB Debra Horwitz schloss ihr Veterinärmedizinstudium am Veterinary College der Michigan State University ab. Nach einigen Jahren in der Allgemeinpraxis spezialisierte sie sich auf Verhaltensprobleme bei Kleintieren. Im Jahr 1996 erhielt sie die Board Certification des American College of Veterinary Behaviorists. Debra Horwitz betreibt heute eine private Überweisungspraxis für Verhaltenstherapie bei Hunden und Katzen und ist Beraterin des Veterinary Information Network. Sie hält häufig Vorträge in Nordamerika und anderen Ländern und ist Autorin mehrerer Bücher über Verhaltenslehre bei Hunden und Katzen. Seit 2006 ist sie Präsidentin des American College of Veterinary Behaviorists (2006-2008).

Yannick SOULARD Yannick SOULARD ist Ingenieur für Landwirtschaft und Inhaber eines Masters Degree für Innovation im Bereich Biotechnologie und Lebensmittelindustrie. Im Jahr 1999 kam er zu Royal Canin Canada als technischer Mitarbeiter der Abteilung Verkauf. Bis 2001 war er verantwortlich für die Formulierung von Futtermitteln für den nordamerikanischen Markt. Zurück am Royal Canin Forschungszentrum in Aimargues, Frankreich, arbeitete er sechs Jahre an der Entwicklung der Akzeptanz von Futtermitteln und ist heute Leiter der Abteilung für Ernährungsforschung.

Ariane JUNIEN-CASTAGNA Ariane Junien-Castagna schloss ihr Studium 1996 an der Université de Technologie de Compiègne ab (Verfahrenstechnik in der Lebensmittelproduktion). Im Jahr 1997 kam sie zu Royal Canin und war dort zunächst in der Produktion tätig. Im gleichen Jahr wechselte sie in das Forschungszentrum und arbeitet an industriellen Pilotprojekten. Seit 2001 ist Ariane Junien-Castagna verantwortlich für die Entwicklung der Akzeptanz von Futtermitteln.

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as Ernährungsverhalten der Katze besteht aus zahlreichen aktiven Sequenzen, beginnend mit der Nahrungssuche über das Erkennen der Nahrung und die Akzeptanz bis hin zur eigentlichen Futteraufnahme. Das Ernährungsverhalten beginnt also zunächst mit der Erkundung und endet mit dem Schluckakt. Während das Ernährungsverhalten von Nutztieren heute sehr gut erforscht ist, gibt es für die Katze bislang lediglich empirische Daten oder anthropomorph geprägte Analysen. Einige neuere wissenschaftliche Untersuchungen, im Wesentlichen von Tiernahrungsherstellern, vervollständigen jetzt die über Heimtiere verfügbaren Daten. Das Ernährungs- und Sozialverhalten der Katze unterscheidet sich sehr deutlich von dem des Hundes. Unterschiede bestehen nicht nur im Bereich des Nährstoffbedarfs, auch die sozialen Strukturen der Spezies Katze führen zu unterschiedlichen Kommunikationsund Ernährungsmustern, sowohl zwischen einzelnen Katzen, als auch im Verhältnis zwischen Katzen und Besitzern. Die Voraussetzung für eine optimale Deckung aller Ernährungsbedürfnisse von Katzen ist ein umfassendes Verständnis ihrer Ernährungsökologie und ihres Nährstoffbedarfs und nicht zuletzt auch ihrer sozialen Kommunikation und sozialen Strukturen. 440


1 - Faktoren mit Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Katze

1 - Faktoren mit Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Katze Erbliche Determinanten > Sensorische Aspekte

Der Geschmackssinn der Katze Der Geschmackssinn der Katze ist bereits im Mutterleib fünf Tage vor der Geburt ausgebildet (Beaver 1980) und verbessert sich im Laufe des Lebens. Die Sensibilität der vier primären Geschmacksqualitäten unterscheidet sich in folgender absteigender Reihenfolge (demonstrierbar durch einfache Applikation von Essig, Salz, Quinin und Zucker auf die Zunge). sauer > bitter > salzig > süß (Die domestizierte Katze wird vom Geschmack süßer Kohlenhydrate und geschmacksintensiver Süßstoffe weder angezogen, noch abgestoßen.) Unser Wissen über den Geschmackssinn hat sich Dank der Untersuchungen neurologischer Signale in Hirnnerven nach Stimulation der Geschmacksknospen durch verschiedene Substanzen deutlich weiterentwickelt. Drei Gehirnnerven sind an der Geschmackswahrnehmung beteiligt. Am besten untersucht ist der N. facialis und hier insbesondere die Chorda tympani. Diese Forschungsarbeiten haben zahlreiche Theorien hervorgebracht. So stellte zum Beispiel Boudreau (1973, 1977) eine Theorie auf, nach der die Katze über spezifische Geschmackssysteme für „sauer“, Aminosäuren und Nukleotide verfügt. Weitere Autoren konnten diese Hypothese jedoch nicht bestätigen. Die Anzahl der Geschmacksknospen wird bei der Katze auf etwa 475 geschätzt (Abbildung 1 und 2). Damit besitzt sie deutlich weniger Geschmacksknospen als der Hund (1700) oder der Mensch (9000). Beim Hund dauert der Turnover der Geschmackszellen etwa vier Tage. Über die Katze liegen entsprechende Daten nicht vor, es dürften hier aber ähnliche Werte zu erwarten sein. Interessant sind solche Daten für die Beurteilung der Wiederherstellung des Appetits nach einer Schädigung des Maulhöhlenepithels.

ABBILDUNG 1 – LOKALISATION DER GESCHMACKSREZEPTOREN AUF DER ZUNGE DER KATZE 1. Papillae foliatae (Blätterpapillen) 2. Papillae vallatae (Wallpapillen) 3. Papillae conicae (konische Papillen) 4. Keratinisierte Papillae filiformes (Fadenpapillen)

ABBILDUNG 2 – TYPEN VON GESCHMACKSREZEPTOREN H+ Na+ bitter Zellmembran K+

umami

süß (inaktiv)

Die Geschmacksrezeptoren sind nicht einheitlich über die Zunge verteilt. Sie liegen überwiegend konzentriert auf zwei kleine Protuberanzen am hinteren seitlichen Rand der Zunge, unmittelbar vor den beiden seitlichen Pfeilern des weichen Gaumens.

Der Geschmackssinn der Katze scheint in den wesentlichen Zügen ähnlich ausgeprägt wie der anderer Säugetiere. Eine Ausnahme ist die Unfähigkeit der Katze, die primäre Geschmacksqualität „süß“ zu schmecken. Ursache ist ein Defekt eines der beiden Gene (Tas1r2 und Tas1r3), die für den „Süß“-Rezeptor kodieren (Pseudo-Gen). Die Deletion in der Sequenz des Tas1r2 bei Katzen verhindert die Synthese des „Süß“Rezeptors (Li et al. 2006).

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sauer salzig


1 - Faktoren mit Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Katze

Bitter Bittere Substanzen lösen bei der Katze sehr leicht Aversionen aus. Eine große Bandbreite verschiedener Verbindungen hat einen bitteren Geschmack (z. B. Tannine, Alkaloide, Äpfelsäure, Quinin, Phytinsäure und Aminosäuren wie Tryptophan, Isoleucin, Leucin, Arginin und Phenylalanin). Die Katze ist sehr sensibel für die primäre Geschmacksqualität „bitter“ (Houpt 2005). Katzen besitzen eine deutlich stärker ausgeprägte Sensibilität für „bitter“ als Hunde und nehmen deutlich niedrigere Konzentrationen wahr. Katzen sind in der Lage, 400fach geringere Konzentrationen eines Bitterstoffes zu identifizieren als Hamster (Carpenter 1956; Houpt 1991). Diese hohe Sensibilität schützt die Katze vor der Aufnahme zahlreicher toxischer Substanzen (z. B. Strychnin), die häufig sehr bitter schmecken. Süß Katzen reagieren nicht auf die primäre Geschmacksqualität „süß“, da die entsprechenden Rezeptoren inaktiv sind. Das zugehörige Gen ist zwar vorhanden, es wurde jedoch im Rahmen eines phylogenetischen Anpassungsprozesses (Li et al. 2006) „ausgeschaltet“ und ist nur noch als Pseudo-Gen existent (Brandt 2006). Gegenüber synthetischen Süßstoffen wie Saccharin oder Cyclamat reagieren Katzen tendenziell ablehnend, da sie als bitter wahrgenommen werden (Bartoshuk et al. 1975). Der auf Hunde sehr stark anziehend wirkende süße Geschmack von Frostschutzmitteln zeigt bei Katzen keine attraktive Wirkung. Vergiftungen können jedoch auch bei der Katze auftreten, sie sind in diesen Fällen aber eher darauf zurückzuführen, dass sich betroffene Katzen die Pfoten mit der Zunge reinigen, nachdem sie in Frostschutzmittel getreten sind. Sauer Die Vorliebe der Katze für die primäre Geschmacksqualität „sauer“ wird in industriell hergestellter Tiernahrung intensiv genutzt. Zahlreiche kommerzielle Futtermittelprodukte für Katzen enthalten Phosphorsäure. Bei Katzen mit eingeschränkter Nierenfunktion muss eine übermäßig hohe Säure- und Phosphorzufuhr jedoch vermieden werden. Salzig Die Wahrnehmung der primären Geschmacksqualität „salzig“ ist bei der Katze eher positiv belegt und kann zu einer Steigerung der Futter- oder Wasseraufnahme führen. In früheren Experimenten wurde eine gewisse Geschmackswahrnehmung für Wasser postuliert, da man beobachtete, dass Geschmacksrezeptoren auf destilliertes Wasser reagieren. Diese elektrophysiologischen Reaktionen waren jedoch das Ergebnis der adaptiven Neutralität der Geschmacksrezeptoren der Katze gegenüber salzigem Speichel. Aminosäuren Die mit dem N. facialis verbundenen Geschmacksknospen sind hoch sensibel für Aminosäuren. Bereits ein einziges Aminosäurenmolekül ist in der Lage, die für die Geschmackswahrnehmung verantwortlichen Nervenfasern zu stimulieren. Diese Spezialisierung scheint mit der Anpassung an die natürliche karnivore Ernährungsweise der Katze zusammenzuhängen, in deren Zentrum proteinreiche Beutetiere stehen (Bradshaw et al. 1996).

ABBILDUNG 3 – LUFTZIRKULATION IN DEN NASENHÖHLEN DER KATZE Im Unterschied zu den Geschmacksrezeptoren findet man bei den Geruchsrezeptoren keine Spezialisierung. Es gibt keine veröffentlichten Untersuchungen, die belegen, dass eine länger anhaltende Exposition eines gegebenen Geruchs die olfaktorische Sensibilitätsschwelle bei der Katze heraufsetzt.

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1. Nasopharynx 2. Sinus frontalis 3. Sinus ethmoidalis 4. Concha nasalis dorsalis 5. Meatus nasi medius 6. Concha nasalis ventralis 7. Meatus nasi ventralis 8. Naris (Nasenloch)

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Die orale Sensibilität der Katze ist nicht allein auf die gustatorische Wahrnehmung beschränkt. Eine ebenfalls sehr wichtige Rolle spielt die so genannte Somästhesie (Körpersensibilität) im Zusammenhang mit taktilen Reizen (Granulometrie oder „Korngröße“) und der Temperaturempfindung über den N. lingualis und die Zahnwurzelhaut. Parodontale Erkrankungen oder die Effekte des Alters können über eine Modifikation der Widerstandskraft von Zahnfleisch und Zähnen zu einer starken Veränderung der Wahrnehmung und Akzeptanz von Nahrung führen. Untersuchungen zeigen, dass die Wahrnehmung des Geschmacks von Nahrung nicht einfach nur eine Kombination oder eine Überlagerung der verschiedenen Geschmacksrichtungen darstellt, sondern dass zahlreiche sensorische Signale ein Bild im Gehirn generieren, das vom Individuum mit angeborenen oder erlernten bzw. erworbenen Mustern verglichen wird (Gallouin 1987). Spezifische Daten über Katzen gibt es in diesem Zusammenhang jedoch nicht.


1 - Faktoren mit Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Katze

Der Geruchssinn Der Geruchssinn der Katzenwelpen ist bereits bei der Geburt ausgebildet und erreicht seine endgültige Reife innerhalb der ersten drei Lebenswochen. Katzen sind weniger geruchssensibel als Hunde. Die Geruchssensibilität wird weniger durch die Dichte der Geruchszellen in der Riechschleimhaut bestimmt, sondern vielmehr durch die Gesamtzahl der Geruchszellen. Katzen haben zwischen 60 und 70 Millionen Geruchszellen, beim Hund sind es zwischen 80 und 220 Millionen. Einigen Studien an Tieren schätzen, dass lediglich 1 % der flüchtigen Verbindungen in die Nasenschleimhaut eindringen (Abbildung 3), spezifische Daten über Katzen liegen hierzu aber nicht vor. Die Katze verhält sich bei der Nahrungswahl bzw. Nahrungsaufnahme sehr selektiv und vorsichtig. Der Geruchssinn ist DER Schlüsselfaktor für die Akzeptanz der Nahrung. Eine Anosmie wird die Futteraufnahme unweigerlich verhindern, und die damit einhergehende Anorexie wird so lange anhalten, bis die Katze ihren Geruchssinn wiedererlangt (May 1987). Die Erneuerung der Riechschleimhaut und damit die Wiederherstellung des Appetits nehmen vier bis fünf Tage in Anspruch. Die Bandbreite der von der Katze wahrgenommenen Gerüche ist groß, einige spezifische Gerüche wirken aber besonders anziehend: - Gerüche mineralischer Herkunft: Bleichmittel - Gerüche pflanzlichen Ursprungs: Katzengras/Katzenminze, Olivenholz, Baldrian, Spargel, Minze, Papyrus, Nelken, Mimosen. - Gerüche tierischen Ursprungs: Pheromone (obgleich sie keine direkte nahrungsassoziierte Bedeutung haben, sondern lediglich eine territoriale oder sexuelle Bedeutung), Leber, Fleisch, Viszera etc. Die Fähigkeit, einen spezifischen Geruch wahrzunehmen, ist nicht gleichbedeutend mit der tatsächlichen Akzeptanz einer Nahrung. Daten über die individuelle Variabilität bei Katzen gibt es jedoch nicht. Einige ungewöhnliche Gerüche oder Pheromone lösen oft eine spezifische Reaktion aus, das so genannte Flehmen, bei dem die Katze ihre Oberlippe anhebt und Luft durch das im harten Gaumen sitzende vomeronasale Organ (Jakobson’sche Organ) einatmet. Die Hersteller von Tiernahrung arbeiten natürlich auch an flüchtigen Substanzen, die sowohl auf die Katze (bei Annäherung an den Futternapf), als auch auf den Katzenbesitzer (beim Öffnen der Dose oder der Trockenfuttertüte) attraktiv wirken sollen. Wie nicht anders zu erwarten, handelt es sich hierbei allerdings um ein sehr vertrauliches, geheim gehaltenes und weitgehend unveröffentlichtes Forschungsgebiet.

Das Sehvermögen der Katze Lott-Brown et al. (1973) zeigen, dass Katzen nicht in der Lage sind, zwischen Wellenlängen von 520 und 570 nm zu unterscheiden. Sie sind also nicht fähig, weiß von gelb oder grün zu unterscheiden. Für die Katze erscheinen diese Farben deshalb im selben „Farbton“. Rot und blau werden dagegen sehr deutlich unterschieden. Daraus ist zu schließen, dass die Farbe von Futtermittelprodukten für die Besitzer eine größere Bedeutung hat als für Katzen. Katzen haben ein panoramisches Sehvermögen, das darauf ausgerichtet ist, eher Bewegungen zu erkennen als unterschiedliche Farbtöne. Diese Fähigkeit hat sich entwickelt, um den Beutefang zu unterstützen.

Der Saugreflex setzt ab dem 50. Tag der Gestation ein und verschwindet um den 23. Lebenstag.

> Aspekte des Ernährungsverhaltens

Pränatale Erfahrung

Das Saugverhalten Dank des etwa bis zum 8. Lebenstag anhaltenden „Eingrabreflexes“ wählt die neugeborene Katze während der ersten beiden Lebenstage eine bestimmte Zitze. Dieses Verhalten mindert den Konkurrenzkampf zwischen den Wurfgeschwistern und verkürzt die Zeit bis zum Beginn des Saugaktes (Foucault 1992). In diesem Stadium unmittelbar nach der Geburt sind thermische Stimuli (von der Haut) und olfaktorische Stimuli (von den Sekreten der Montgomery-Drüsen um die Zitzen) am wichtigsten. 443

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© Yves Lanceau/RC/Britisch Kurzhaar

Bestimmte Präferenzen können bereits sehr früh im Leben erworben werden, einige sogar schon im Mutterleib während der Gestation. Die Föten sind umgeben von Amnionflüssigkeit, die bestimmte, in utero assimilierte Substanzen enthält (Thorne 1994). Das Geschmackssystem der Katze ist bereits während der letzten Tage der Gestation funktionell (Tichy 1994).


1 - Faktoren mit Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Katze

Das Saugverhalten unterliegt einem Reifungsprozess, in dessen Verlauf die regulatorischen Faktoren von den initialen Stimuli durch die Milch in den ersten 10 Tagen allmählich zu einer perioralen Stimulation (unabhängig von der Art des Futters) übergehen. Der Effekt des gefüllten Magens (Magendehnung) spielt etwa ab Ende der dritten Lebenswoche eine Rolle. Die dem Saugen gewidmete Zeit verändert sich im Laufe des ersten Monats nach einem relativ konstanten Schema. Während der ersten beiden Lebenswochen verbringen Katzenwelpen etwa 10 % ihrer Zeit mit dem Saugen und Milchtrinken. Bis zum Alter von drei Wochen steigt der Anteil der Saugzeit sehr schnell auf bis zu 60 %, um bis zum Ende des ersten Lebensmonats wieder auf 10 % abzusinken (Foucault 1992). Darüber hinaus verbringen die Katzenwelpen eine gewisse Zeit damit, nur zu saugen, ohne Milch zu trinken. In dieser Zeit entwickelt sich eine sehr starke Bindung zwischen Katzenwelpe und Mutter über die Nahrung. Während der ersten beiden Lebenswochen werden 75 % der Saugperioden von der Mutter initiiert. Im Laufe der beiden folgenden Wochen fällt dieser Anteil von 50 % bis auf 5 %. Schließlich beginnt die Mutter, ihre Welpen zunehmend zu meiden und widmet ihnen nur noch 20 % ihrer Zeit. Das Absetzen beginnt mit erheblichen verhaltensbiologischen und verdauungstechnischen Veränderungen. Während der Laktation variiert die Zusammensetzung der Milch mit der Ernährung der Mutterkatze. Bereits in dieser frühen Lebensphase können Katzenwelpen bestimmte Nahrungspräferenzen entwickeln (Thorne 1994). Im Unterschied zu der sehr viel intensiver untersuchten Absetzphase wird die Laktationsperiode bei der Katze jedoch nur in einigen wenigen Artikeln beschrieben.

Erfahrungen in der Absetzperiode Wenn Katzenwelpen ihre erste feste Nahrung zu sich nehmen, wählen sie vorzugsweise die Nahrung, die auch ihre Mutter bekommt, selbst wenn es sich dabei um eine für Katzen eher ungewöhnliche Nahrung handelt (Wyrwicka & Chase 2001). Nahrungspräferenzen sind also nicht immer angeboren, sondern können zum Teil auch durch soziale Einflüsse nach der Geburt erworben werden.

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Das Absetzen ist eine wichtige Phase in der Entwicklung von Nahrungspräferenzen eines Tieres. Der Augenblick, in dem ein Katzenwelpe die erste feste Nahrung zu sich nimmt, ist entscheidend für sein zukünftiges Ernährungsverhalten, insbesondere, wenn dieser Erstkontakt in Anwesenheit der Mutterkatze erfolgt.

Katzenwelpen, deren Mütter auf den Verzehr von Bananen, also eine bei Katzen in der Regel von eher geringer Akzeptanz geprägte Nahrung, konditioniert wurden, nehmen während der Absetzperiode ebenfalls Bananen auf, selbst wenn sie Zugang zu konventionellem Katzenfutter, wie zum Beispiel Trockenfutterkroketten, haben (Wyrwicka & Long 1980). Katzenwelpen neigen dazu, das Ernährungsverhalten ihrer Mutter bis in das kleinste Detail hinein zu imitieren. Sie fressen aus demselben Napf, an genau derselben Stelle und zur selben Zeit wie ihre Mutter. Es besteht also eine offensichtliche Korrelation zwischen der Nahrungsaufnahme der Mutter und der Nahrungsaufnahme der Katzenwelpen. Im oben erwähnten Experiment waren die Katzenwelpen, die am wenigsten Bananen aufnahmen, diejenigen, deren Mütter ebenfalls am wenigsten Bananen aufnahmen. Der Einfluss der Mutterkatze auf die Nahrungspräferenzen ihrer Welpen kann zeitlich betrachtet über das Absetzen und die Trennung zwischen Mutter und Welpen hinaus anhalten. Nahrungspräferenzen, die in der Absetzperiode unter der Anwesenheit der Mutterkatze erworben werden, persistieren bei Katzenwelpen bis zu einem Alter von vier bis fünf Monaten (Wyrwicka & Long 1980).

© Yves Lanceau/RC/Ägyptische Mau

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Die Wahrscheinlichkeit, dass Katzenwelpen ein neues Futter annehmen, ist größer, wenn die Mutterkatze anwesend ist (Bateson 2000). Belegt werden konnte die Bedeutung der Mutterkatze für die Nahrungspräferenzen bei den Katzenwelpen unter anderem auch in der Studie von Wyrwicka und Chase (2001). Untersucht wurden insgesamt 19 Katzenwelpen aus vier Würfen. Zehn Welpen wurden stets unter Anwesenheit der Mutterkatze gefüttert, bei neun Welpen wurde die Mutter während der Mahlzeiten ausgeschlossen. Die Zeitdauer bis zur Akzeptanz eines neuen Futtermittels unterschied sich sehr deutlich zwischen diesen beiden Gruppen: - Bei den Katzenwelpen, die in Anwesenheit der Mutter gefüttert wurden, dauerte es im Mittel fünf Stunden, bis ein neues Futtermittel gefressen wurde. - Bei den Katzenwelpen, die von ihren Müttern getrennt wurden, dauerte es dagegen 4-8 Tage, bis sie das neue Futter annahmen.


Das Geschlecht hat bei der Spezies Katze keinen bekannten Effekt auf die Wahrnehmung der Nahrung. Indirekt kann das Ernährungsverhalten jedoch durch einen akuten territorialen Konkurrenzkampf unter weiblichen Katzen und durch das Paarungsverhalten bei Katern beeinflusst werden. Die Rassezugehörigkeit kann einen gewissen Einfluss haben, obgleich es sehr schwierig ist, diesen zweifelsfrei nachzuweisen. Dies wäre ein interessantes Gebiet für zukünftige Forschungsarbeiten.

© Royal Canin

Individuelle und rassespezifische Unterschiede Katzenwelpen, die über eine Magensonde ernährt werden, haben im Vergleich zu oral gefütterten Welpen nur sehr begrenzte gustatorische Erfahrungen. Im Rahmen von Konditionierungstests, bei denen Erfolge mit Futter belohnt wurden, benötigten die per Magensonde ernährten Katzenwelpen länger für einen Erfolg und lehnten die Belohnung sogar ab (Stasiak & Zernicki 2000). Das Fehlen von Ernährungserfahrungen beeinflusst also das zukünftige Ernährungsverhalten eines Individuums. Sämtliche frühen sensorischen oder digestiven Erfahrungen generieren individuelle Nahrungspräferenzen. Das Lernen führt zur Vermeidung schädlicher oder unangenehmer Nahrung und zur Suche nach nutritiv und sensorisch geeigneten Futterquellen.

Ein auffälliges Muster bei Akzeptanztests, die Katzen vor die Wahl zwischen zwei Näpfen stellen, ist, dass einige Probanden stets eine bestimmte Seite wählen, unabhängig von der im Napf befindlichen Nahrung. Einige Katzen sind also „Linkshänder“ und andere „Rechtshänder“!

Das Alter hat einen gewissen Einfluss auf das Nahrungsaufnahmeverhalten bei Katzen, allerdings in geringerem Ausmaß, als dies beim Hund der Fall ist (Peachey & Harper 2002). Die Zunahme der diätetischen Erfahrungen und die Abnahme der olfaktorischen und gustatorischen Leistungsfähigkeit können zur Steigerung eines wählerischen Ernährungsverhaltens oder sogar zu einer Umkehr bestehender Präferenzen führen.

1 - Faktoren mit Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Katze

Zahlreiche Ernährungsgewohnheiten werden also noch vor Erreichen eines Alters von 6 bis 8 Wochen determiniert. Die praktische Schlussfolgerung lautet, dass die Ernährungserziehung in diesem Stadium durchgeführt werden muss. Nach der Übernahme der kleinen Katze sollte der neue Besitzer zumindest für die ersten Wochen das auch vom Züchter verwendete Futter verabreichen.

Umweltfaktoren > Das soziale Umfeld Katzen sind typischer Einzeljäger. In wild lebenden, urbanen Populationen neigen sie jedoch dazu, sich im Rahmen der Nahrungsaufnahme und zur Paarung an bestimmten Orten zu versammeln. Dieses territoriale Verhalten ist jedoch nur vorübergehender Natur und in Bezug auf Zeit und Ort sehr variabel. Es ist also möglich, dass sich die Territorien zweier Katzen überschneiden, allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die Hierarchie unter Katzen ist stets abhängig vom Ort und von der Zeit, es handelt sich also immer um eine relative Dominanz. Dieses spezifische Territorialverhalten der Katze kann sehr leicht zum Ausbruch von Aggressionen und kämpferischen Auseinandersetzungen führen.

In Mehrkatzenhaushalten scheint es einen gewissen Konkurrenzkampf um den Zugang zu Nahrung zu geben. Kämpferische Auseinandersetzungen sind bei ausreichendem Futterangebot jedoch eher selten.

© Yves Lanceau/RC/Europäisch-Kurzhaar- Katzen

Im Unterschied zum Hund (Tabelle 1) scheint die Nahrungsaufnahme bei unseren Hauskatzen keine besonders ausgeprägte soziale Komponente zu haben. In der Regel fressen Katzen allein, und scheinen durch die Anwesenheit einer anderen Katze nicht beeinflusst zu werden (Houpt 2005). Einige Katzen teilen sogar ihren Napf mit einem Artgenossen, während andere ruhig abwarten, bis sie an der Reihe sind. Weibliche Katzen im Östrus können vorrangigen Zutritt zum Futter haben. Einige Autoren sind jedoch der Auffassung, dass Katzen am Futternapf durchaus ausgeprägte hierarchische Verhaltensstrukturen an den Tag legen, wobei zum Beispiel in Mehrkatzenhaushalten ranghöhere Tiere ihre rangniedrigeren Artgenossen von der Futterquelle fernhalten (Knowles et al. 2004). In experimentellen Situationen mit ad libitum Fütterung kommt eine soziale Nahrungsaufnahme (definiert anhand einer Zeitüberschneidung der Mahlzeiten von mindestens einer Minute) unter zwei Katzen jedoch nur bei 20 % aller Mahlzeiten vor (Mugford 1977).

TABELLE 1 – WICHTIGE UNTERSCHIEDE IM ERNÄHRUNGSVERHALTEN BEI KATZE UND HUND Katze

Hund

strikter Karnivore

Omnivore

12 bis 20 Mahlzeiten/Tag

1 bis 3 Mahlzeiten/Tag Nahrungsaufnahme tagsüber

Verhalten

Nahrungsaufnahme tagsüber und nachts Regelmäßige Aufnahme kleiner Portionen („Feinschmecker“) Nahrungsaufnahme hat keine soziale Bedeutung

Große Portionen („Vielfraß“) Nahrungsaufnahme hat eine wichtige soziale Bedeutung

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1 - Faktoren mit Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Katze

Für Besitzer von Katzen, die im Freien leben, ist die Fütterung einer der wenigen privilegierten Augenblicke intensiven Kontaktes mit der Katze. Oft hat die für die Fütterung zuständige Person ein besseres, oder zumindest einfacheres Verhältnis zur Katze als andere Familienmitglieder. Geering (1989) zeigte, dass der Akt der Fütterung zwar notwendig ist, um diese Katze-Mensch-Bindung zu stärken, letztlich aber nicht ausreicht, um sie dauerhaft aufrechtzuerhalten. Weitere soziale Interaktionen wie das Streicheln, die Fellpflege, das Spielen und das Reden mit der Katze sind erforderlich, um eine entstandene Bindung aufrechtzuerhalten (Bateson & Turner 1989). In einem Haushalt spiegelt der Fütterungsrhythmus häufig die Lebensweise und den Alltag des Besitzers wider. Während des Tages erhält die Katze oft drei Mahlzeiten, und zwar morgens vor dem Verlassen des Hauses, abends nach der Rückkehr von der Arbeit und schließlich unmittelbar vor dem Schlafengehen, um die Katze über Nacht ruhig zu halten. Die Akzeptanz der Nahrung wird in hohem Maße durch das psychologische, affektive und materielle Umfeld der Katze beeinflusst (Abbildung 4). Wolter (1982) nennt verschiedene Faktoren mit potenziellem Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Katze: Spannungen zwischen Familienmitgliedern, Veränderungen der Lichtverhältnisse, plötzliche Geräusche aus Hifi-Anlagen, neue Gerüche von Reinigungsmitteln für den Futternapf, Besuch fremder Personen etc. In diesen Fällen ist also nicht die Futterqualität für die Akzeptanzprobleme verantwortlich, vielmehr liegt eine unbeabsichtigte Störung des Lebensraumes der Katze zugrunde. Das ständige Kontrollieren des Ernährungsverhaltens einer Katze in der Rekonvaleszenzphase nach einer Erkrankung kann zur Ablehnung des Futters oder einer Verringerung der Akzeptanz führen. Ähnliches ist auch zu beobachten, wenn ein Besitzer, der gerade ein neues Futtermittelprodukt (neue Sorte oder neue Marke) gekauft hat, ständig daneben steht, um zu sehen, ob es von der Katze angenommen wird oder nicht. Bei einer Katze mit Anorexie sollten deshalb zunächst solche vermeintlich einfachen und oft unerwarteten oder vielfach übersehenen Gründe analysiert werden. Diese Störungen der Futteraufnahme werden im letzten Kapitel diskutiert.

> Die physikalische Umwelt Katzen müssen sich in ihrer heimischen Umgebung sicher fühlen. Um dieses Gefühl der Sicherheit und Vertrautheit zu erreichen, muss der Besitzer bauliche Maßnahmen treffen oder Einrichtungsgegenstände zur Verfügung stellen, die das arttypische Ethogramm der Katze berücksichtigen, zentrale Verhaltensweisen wie die Nahrungsaufnahme, das Schlafen und das Spielen auf artgerechte Weise zulassen, und darüber hinaus sicherstellen, dass die Katze in der Lage ist, ihre Stressbelastung auf natürliche Weise durch Verstecken und Zurückziehen zu kontrollieren. In sehr engen Wohnungen oder in Wohnungen mit Einbaumöbeln können ABBILDUNG 4 – FAKTOREN, DIE EINEN EINFLUSS geeignete Verstecke rar sein. Unter diesen BedinAUF DIE AKZEPTANZ VON FUTTERMITTELN HABEN gungen fühlt sich die Katze möglicherweise unsicher und verletzlich, da sie nicht in ausreichendem Maße über Fluchtwege und Versteckmöglichkeiten verfügt. Maßnahmen zur Schaffung einer konstanten und vorhersagbaren Umgebung, sowohl die physikalische Struktur als auch das Geruchsprofil der Wohnung betreffend, unterstützen dieses Sicherheitsgefühl der Katze. Ein ausreichender Zugang zu höher gelegenen Ruhe- und Aussichtsposten, sichere Schlupfwinkel und geeignete Versteckmöglichkeiten können die Entstehung oraler Tier Kompensationsmechanismen, wie zum Beispiel (Rasse, Individuum) übermäßige Fellpflege oder Überfressen, verhindern. In einer Wohnung mit Einbaumöbeln kann es notwendig sein, Regale aufzustellen, auf denen die Katze ruhen kann, oder aber Teile eines Küchen- oder Kleiderschrankes als sichere Versteckmöglichkeiten zugänglich zu machen (Dehasse et al. 1993). Nahrung (Geruch, Geschmack, Textur)

Verhalten

Umwelt (Mensch, Lebensweise)

Der Einfluss der Nahrung auf das Ernährungsverhalten Bei Versuchen zu Nahrungspräferenzen und Geschmacksreaktionen (van den Bos et al. 2000) wurden bei Katzen zwei Reaktionsabläufe beobachtet und mit möglichen Akzeptanzreaktionen in

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Nach Abschluss der Mahlzeit putzt sich die Mehrzahl der Katzen unabhängig von der Akzeptanz der Nahrung. Da auch die Ernährung per Magensonde zu demselben postprandialen Verhalten führt (ohne Reinigung der Lippen und Backen), geht man davon aus, dass es sich um einen angeborenen neurophysiologischen Reflex handelt.

Neophilie bezeichnet die Präferenz für eine neue Nahrung, ein Futter also, welches die Katze zuvor noch nie kennen gelernt oder zumindest in der jüngeren Vergangenheit nicht bekommen hat. Es handelt sich um ein unter Karnivoren relativ weit verbreitetes Ernährungsverhalten, das bei Hunden und Katzen gleichermaßen zu beobachten ist. Die Neophilie ermöglicht es den Tieren, ihre Nahrung zu diversifizieren und somit ihre Ernährung ausgewogener zu gestalten.

2 - Das Ernährungsverhalten der Katze

Verbindung gebracht: Eine Präferenz für ein angebotenes Futtermittel wurde oft durch Belecken oder Beschnuppern des Napfes, Belecken der Lippen und eine Gesichtsreinigung angekündigt. Katzen, die ein weniger attraktives Futter bekamen, beleckten oder beschnupperten eher das Futter und beleckten ihre Nase. Ob das jeweilige Futter letztlich aufgenommen wird, hängt zum Teil auch vom Grad des Hungers ab. Im Allgemeinen fressen Katzen auch unabhängig vom Hunger größere Mengen, wenn es sich um ein besonders schmackhaftes Futter höherer Akzeptanz handelt, während die Aufnahme eines weniger attraktiven Futters oft sehr stark vom tatsächlichen Hungerstatus der Katze abhängt.

Eines der wichtigsten Verhaltensmuster ist, dass Katzen oft eine neue, unbekannte Nahrung gegenüber einer gewohnten Nahrung vorziehen und bevorzugt fressen. Die Intensität dieses auch als Neophilie bezeichneten Verhaltens ist abhängig von der relativen Akzeptanz des Futters und von der Dauer der Exposition des alten Futters. Ist die neue Nahrung weniger schmackhaft als das gewohnte Futter, wird der neophile Effekt in der Regel nur kurzzeitig anhalten. In einer Studie erhielten 24 Katzenwelpen dasselbe Futter über einen Zeitraum von 16 Wochen und wurden im Anschluss über einige Tage einem Vergleichstest (Test mit zwei Näpfen) mit dem gewohnten Futter und einem neuen Futtermittel identischer Akzeptanz unterzogen. Am ersten Tag wählten die Katzenwelpen systematisch das neue Futtermittel. Nach dem zweiten Tag war kein signifikanter Präferenzunterschied mehr zwischen den beiden Futtermitteln zu erkennen (Mugford 1977). Der neophile Effekt dauerte lediglich einige wenige Tage an (selten länger als 5-6 Tage), und danach stabilisierte sich die Nahrungspräferenz wieder. Viele private Katzenbesitzer stellen die Ernährung ihrer Katzen sehr häufig um, ein Ritual, das auch als Metaphilie (vom griechischen Wort „meta“ = „Transformation“) bezeichnet wird. Die Folge ist eine vermehrte Nahrungsaufnahme aufgrund der oben beschriebenen Neophilie (Rabot 1994). Dieses Phänomen wird auch als „Cafeteria-Effekt“ bezeichnet, da das ständig wechselnde Angebot zu einer vermehrten Nahrungsaufnahme führt. Einige Tiernahrungshersteller nehmen dieses neophile Ernährungsverhalten der Katzen zum Anlass, Mehrportionenpackungen mit verschiedenartigen Futtermitteln oder Geschmacksrichtungen anzubieten. Stellt man die Nahrung einer Katze um, so muss man stets mit der Möglichkeit einer Neophilie rechnen und die damit einhergehende Steigerung der Energieaufnahme während des ersten Monats nach Einführung des neuen Futtermittels einkalkulieren. Dieser Effekt des Neuen wird von einer vorübergehenden kalorischen Überversorgung begleitet. Während des ersten Monats können Katzen in dieser Situation täglich bis zu 100 kcal/kg aufnehmen. Danach klingt dieser Effekt allmählich wieder ab, und die Futteraufnahme stabilisiert sich nach etwa zwei Monaten bei rund 60 kcal/kg (Nguyen et al. 1999). Bei jeder Umstellung der Fütterung müssen also die Tagesrationen sehr sorgfältig abgemessen werden, um eine energetische Überversorgung der Katze zu vermeiden. Eine Möglichkeit, dieses natürliche neophile Verhalten der Katze zu umgehen, besteht darin, die Katze dauerhaft mit stets demselben Produkt zu füttern. Allerdings besteht hier ein gewisses Risiko der Entwicklung vom „Langeweile“, einhergehend mit einer Abnahme der Akzeptanz (selbst wenn es sich um ein vollwertiges und ausgewogenes Futtermittel handelt). Beim Menschen beobachtet man ein ganz ähnliches Phänomen, die so genannte „orale Sättigung“. Verzehren wir zu häufig Schokolade oder Austern, so kann ihre Akzeptanz letztlich abnehmen. Füttert man eine Katze mit sehr häufig wechselnden Produkten und berücksichtigt dabei nicht den strikt karnivoren Charakter der felinen Spezies, sondern versucht sie vielmehr zu vermenschlichen und zum Omnivoren umzufunktionieren, so kann dies zu Neophobie führen, also zur Ablehnung der Nahrung. Spezifische Ereignisse oder Situationen können zu einer Fixierung der Katze auf ein bestimmtes Futtermittel oder aber zu einer erworbenen Aversion gegen bestimmte Futtermittel führen. Diese Störungen werden im folgenden Kapitel besprochen.

2 - Das Ernährungsverhalten der Katze Beutefang und Jagd Verhalten

Im Unterschied zum domestizierten Hund ist die Morphologie der domestizierten Katze nicht sehr weit entfernt von der ihrer wild lebenden Vorfahren. Unterschiede bei der Größe der Beutetiere haben jedoch zu einigen signifikanten Veränderungen geführt. So setzen domestizierte Katzen ihre Schneidezähne weniger ein, nehmen häufigere Mahlzeiten zu sich und zeigen zudem eine andere Vorgehensweise bei der Aufnahme von Beutetieren: Domestizierte Katzen beginnen mit dem Kopf der Beute, während große Feliden mit den Viszera beginnen. 447


2 - Das Ernährungsverhalten der Katze

> Jagdinstinkt oder erlerntes Verhalten? Beutetrieb und Jagdverhalten sind angeboren. Wahrscheinlich sind alle Katzen grundsätzlich in der Lage, zu jagen, einige Aspekte des Jagdverhaltens scheinen jedoch erlernt zu werden. So werden zum Beispiel Verhaltensweisen wie das Anschleichen und das Verfolgen der Beute durch die Anwesenheit der Wurfgeschwister stimuliert. Bei Katzenwelpen, deren Mutter jagt, ist das Jagdverhalten zudem mit höherer Wahrscheinlichkeit ausgeprägt als bei Welpen, deren Mutter nicht jagt. Schließlich lernen Katzenwelpen, die gleichen Beutetiere zu fangen und zu töten, die auch ihre Mutter jagt (Bateson & Bateson 2002). Die Absetzphase wird von der Mutter als ein intensives Trainingsprogramm der Katzenwelpen für die Jagd genutzt: - 4. Woche: Die Mutter bringt den Katzenwelpen kleine Fleischstückchen. - 5. Woche: Die Mutter frisst tote Beutetiere vor den Augen ihrer Welpen. - 6. oder 7. Woche: Die Mutter lässt ihre Welpen Beutetiere fressen. - 8. Woche: Die Mutter bringt ihren Welpen lebende Beutetiere, um ihnen das Töten beizubringen. Die ersten Jagdausflüge beginnen im Alter von etwa drei Monaten. Bereits mit vier Monaten sind die jungen Katzen fähige Jäger. Fehlende Jagderfahrung scheint keinen Einfluss auf die Entwicklung der motorischen Fähigkeiten zu haben, führt aber häufig zu Problemen bei der Auswahl geeigneter Beutetiere. Einem Katzenwelpen muss in der Tat erst beigebracht werden, dass eine Maus gefressen werden kann. Findet dieser Lernprozess nicht vor Erreichen eines Alters von drei Monaten statt, kann eine Katze sogar bei Anwesenheit eines prinzipiell zwar als Nahrung geeigneten, ihr aber unbekannten Beutetieres verhungern! Dennoch können sich jedoch auch Katzen, die als Welpen keinen Zugang zu Beutetieren hatten, in ihrem späteren Leben durchaus zu erfolgreichen Jägern entwickeln. Spekuliert wird, dass die Fütterung einer Katze durch den Menschen zu einer Abnahme ihres Jagdtriebes führen kann. Bislang konnte diese Hypothese aber nicht eindeutig belegt werden und gilt zumindest als umstritten. Belegt ist, dass Katzen, die zu Hause mit Futter versorgt werden, insgesamt weniger Zeit für die Jagd aufwenden, als Katzen, die kein Futter bekommen. Grundsätzlich aber jagen beide Katzen, wenngleich die Anzahl der jeweils tatsächlich erbeuteten Tiere nur schwer zu quantifizieren ist (Fitzgerald & Turner 2000).

Die Jagd Im Unterschied zu den im Rudel jagenden Hunden sind wild lebende Katzen opportunistische Einzeljäger, das heißt, sie jagen allein und fressen ihre Beute allein. Beobachtungen zeigen, dass Katzen häufig erfolglos jagen. Nur 13 % der verfolgten Beutetiere werden tatsächlich gefangen (Kays & DeWan 2004). Auf jeden Jagderfolg kommen drei bis fünf erfolglose Versuche (Fitzgerald & Turner 2000). Im Durchschnitt bringt eine Katze 0,7 Beutetiere pro Woche nach Hause (Woods et al. 2003).

Die domestizierte Katze gehört zur Familie der Felidae; Felis catus ist ein strikter Karnivore.

Die Jagdaktionen einer Katze können 30 Minuten andauern und sich über Entfernungen von 600 bis 1800 m innerhalb ihres Territoriums erstrecken. Man beobachtet in diesem Zusammenhang aber deutliche individuelle und auch geschlechtsspezifische Unterschiede. So jagen beispielsweise Kater über längere Zeit und über längere Entfernungen als weibliche Katzen.

Je weiter die Jagd fortschreitet, desto weniger sind diese Sequenzen durch die Erfahrung der Katze oder durch die Umwelt modifizierbar. Die ersten Schritte (Suche, Verfolgen und Anpirschen) sind aufgrund von Anpassungen an unterschiedliche Situationen in der Tat noch relativ flexibel, während die weiteren Jagdaktionen (z. B. Angriff und Biss) sehr viel stereotyper ablaufen. Das Ziel ist ein möglichst effizientes Fangen und Töten der Beute und damit letztlich das Überleben des Individuums.

© J.-P. Lenafant/RC/Norwegische Waldkatze

Verhalten

Unter natürlichen Bedingungen verbringen Katzen zwei Drittel ihrer Wachzeit mit der Jagd. Das Jagdverhalten der Katze besteht aus mehreren Sequenzen: - Aufspüren und Anpirschen - Annähern und Verfolgen - Fangen der Beute durch einen Sprung (der Körper der Katze bewegt sich flach über dem Boden, sie bewegt sich langsam in Richtung der Beute und hält vor dem entscheidenden Sprung kurz inne) - Töten des Beutetiers durch einen Biss in den Nacken und eventuell Kampf mit dem Beutetier - Der Verzehr des Beutetieres findet nur selten am Ort der Erbeutung statt, sondern eher zurückgezogen an einem ruhigen, sicheren Ort.

448


Leyhausen (1979; zitiert von Rabot 1994) konnte zeigen, dass die vollständige Jagdaktion in der Tat durch ein System verschiedener progressiver Motivationsphasen gesteuert wird: - Das Interesse der Katze wird zunächst durch auditive Reize (Kratzen, Rascheln, Quietschen) geweckt, mit deren Hilfe sie ihre Beute genau lokalisieren kann. Bei der Untersuchung in der tierärztlichen Praxis ist das Kratzen auf dem Untersuchungstisch in der Tat eine der besten Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit der Katze zu erregen. - Die optische Wahrnehmung schneller Bewegungen löst die Annäherung an die potenzielle Beute aus. Erfahrung versetzt die Katze allerdings in die Lage, auch ein bewegungsloses Beutetier zu erkennen und zu attackieren. - Das eigentliche Fangen der Beute wird durch konkretere visuelle und olfaktorische Reize stimuliert und schließlich durch taktile Stimuli ausgelöst.

2 - Das Ernährungsverhalten der Katze © C. Chataignier

Nur selten vergraben Katzen ihre Beute für einen späteren Verzehr. Katzen fressen ziemlich schnell und regurgitieren anschließend Haare und Knochen. Eine Zerlegung der Beutetiere findet nur in geringem Maße statt, es sei denn, es handelt sich um größere Tiere wie Tauben oder junge Kaninchen/Hasen. Die Katze bricht und kaut die Knochen ihrer Beutetiere mit Hilfe ihrer großen Prämolaren. Sie kann eine ganze Maus in weniger als einer Minute vollständig fressen. Dabei beginnt die Katze mit dem Kopf der Maus und verzehrt den Körper weiter in Richtung Schwanz (Case 2003). Diese Methode scheint die logische Konsequenz aus der Tötungsmethode, bei der zunächst das Genick des Beutetieres gebrochen wird. Es kann sich aber auch um ein adaptives Verhalten handeln, das ein effizientes Fangen und den anschließenden Verzehr des Beutetieres sichert.

Streunende Katzen jagen alle zwei bis drei Tage, während Hauskatzen jeden Tag jagen können.

Die Untersuchungen von Leyhausen scheinen darauf hinzudeuten, dass das Fangen, das Töten und der Verzehr der Beute in der Tat drei voneinander unabhängige Aktionen sind. Das Fangen und Töten scheinen dabei auch unabhängig vom aktuellen Hungerstatus der Katze abzulaufen. Bei einer hungrigen Katze laufen die beschriebenen Jagdsequenzen jedoch vollständig ab, da Hunger die einzige Motivation ist, die den Verzehr der Beute erklärt. Jede einzelne der genannten Sequenzen induziert wiederum die nachfolgende Sequenz, so dass es letztlich zum Ablauf aller Sequenzen durch unterschiedliche Stimuli kommen kann. Hunger ist keine obligatorische Voraussetzung, um das Suchen der Beute auszulösen, er erhöht aber die Wahrscheinlichkeit des Tötens. Sattheit verhindert die Jagd nicht. Die domestizierte Katze jagt recht häufig, verzehrt ihre Beute aber eher selten. Das von Leyhausen vorgeschlagene System voneinander unabhängiger Phasen würde in der Tat erklären, warum auch bei unmittelbar zuvor gefütterten Katzen bei entsprechender Reizlage alle Sequenzen bis auf die letzte, also die eigentliche Aufnahme der Beute, ablaufen können. Einige dieser Schritte werden nicht selten von der Katze mehrfach wiederholt, und Besitzer werden dann häufig Zeugen eines grausamen Spiels ihrer Katze mit dem noch lebenden Beutetier. Die Tatsache, dass Katzen Beutetiere mit nach Hause zum Besitzer bringen, kann fälschlicherweise als eine Form von mütterlich-fürsorglicher Bindung zwischen Katze und Mensch interpretiert werden.

> Die häufigsten Beutetiere Jeder einzelne Fang deckt nur einen geringen prozentualen Anteil des täglichen Energiebedarfs der Katze (der Energiegehalt einer Maus wird auf etwa 30 kcal geschätzt). Im Magen einer wild lebenden oder streunenden Katze können bis zu zwölf kleine Beutetiere zu finden sein. Es handelt sich hierbei um ein adaptives Verhalten, das auf das Überstehen von Mangelsituationen ausgerichtet ist. Festlandkatzen jagen im Wesentlichen junge Lagomorpha (Hasenartige) und Nager. Vögel folgen erst auf Platz drei der Liste, und Reptilien finden sich noch weiter unten. Auf Inseln lebende Katzen ernähren sich hauptsächlich von Ratten, Mäusen und Seevögeln.

Verhalten

Katzen sind sehr vielseitige Jäger. Abhängig von der ökologischen Entwicklung können sie problemlos von einem Beutetiertyp zu einem anderen übergehen. In Mangelperioden können sie ihre Ernährung auch auf häusliche Nahrung umstellen. Den Untersuchungen von Bateson & Turner (1989) zufolge sind Katzen auf einigen Inseln für die vollständige Auslöschung bestimmter Beutetierspezies verantwortlich. Allerdings sind Studien über die Auswirkungen der Jagd durch Katzen auf die einheimische Wildtierpopulation sehr begrenzt, und unklar bleibt, ob eine Extrapolation dieser Daten auf die globale Katzenpopulation zulässig ist. 449


2 - Das Ernährungsverhalten der Katze

> Möglichkeiten der Einschränkung des Jagdverhaltens bei Hauskatzen Versuche, das Jagdverhalten von Hauskatzen zu verringern, sind in einigen Fällen ein durchaus erstrebenswertes Ziel. Das Jagdverhalten ist zwar ein natürliches und physiologisches Verhaltensmuster bei Katzen, es führt auf der Seite der Besitzer aber nicht selten zu erheblichen Belastungen und Unannehmlichkeiten. Während in den USA sechs von zehn Katzen insgesamt und die weitaus meisten Rassekatzen ausschließlich im Haus oder in der Wohnung gehalten werden und deshalb nicht jagen können, haben in Europa sehr viel mehr Hauskatzen (sieben von zehn) Zugang nach draußen und damit die Möglichkeit, zu jagen und kleine Nager und Vögel zu erbeuten. Besitzer empfinden dieses Verhalten oft als störend, insbesondere, wenn die Katzen ihren Jagdtrieb auf Singvögel fokussieren und/oder Beutetiere mit nach Hause bringen. Am besten verhindert man das Jagdverhalten, indem man die Katze ausschließlich in der Wohnung hält und Welpen von Katzenmüttern erwirbt, die selbst nicht jagen (um unerfahrene Individuen zu bekommen). Auch ein Halsband mit Sicherheitsverschluss und einem großen Glöckchen kann die Jagdeffizienz der Katze deutlich einschränken. Nelson et al. (2005) verglichen die Wirkung verschiedener am Halsband befestigter Warnsysteme auf das Jagdverhalten von Katzen in Großbritannien und fanden heraus, dass es keine signifikanten Unterschiede der Beutefangrate zwischen Katzen gibt, die ein Glöckchen, zwei Glöckchen oder ein akustisches Gerät am Halsband tragen. Die Domestikation der Katze begann vor etwa 6000 Jahren, und bis heute hat sie ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten zur Jagd dank der Unabhängigkeit der einzelnen Sequenzen ihres Jagdverhaltens nicht verloren. Domestizierte Katzen können problemlos zu einem Leben in freier Wildbahn zurückkehren und dort auch ohne Hilfe des Menschen überleben.

Die Fütterung zu Hause Katzen verbringen etwa 1 bis 2 % ihrer Wachzeit mit der eigentlichen Nahrungsaufnahme. Eine Hauskatze kann entweder kontrolliert gefüttert werden, das heißt in Form definierter Mahlzeiten, oder aber ad libitum bei freier Verfügbarkeit der Nahrung. Unabhängig von der letztlich gewählten Fütterungsmethode empfiehlt es sich jedoch, bei Hauskatzen eine gewisse Regelmäßigkeit der Fütterung und des Fütterungsrhythmus zu etablieren (Tabelle 2).

> Der Ort der Fütterung

Verhalten

Die territoriale Organisation des Lebens der Katze muss berücksichtigt werden. Jeder Ort hat für die Katze seine strikt definierte Bedeutung: Fressen, Ruhen, Spielen, Kot-/Harnabsatz. Diese Funktionen werden nicht vermischt. Auch der Mensch würde nicht mitten in der Eingangstür eines Zuges oder auf der Toilette essen, und Ähnliches TABELLE 2 – VERSCHIEDENE FÜTTERUNGSMETHODEN FÜR HAUSKATZEN gilt für die Katze (Abbildung 5)! Die Futternäpfe sollten eher klein sein, um die Futteraufnahme Methode Vorteile Nachteile besser kontrollieren zu können und häufiges Nachfüllen zu ermöglichen. Wichtig ist das regelmäßige Reinigen der Näpfe, Einzelne definierte - Der Besitzer kann die - Einige Katzen verlangen um die Entstehung unangenehmer Gerüche zu verhindern und Mahlzeiten: Futteraufnahme exakt Nahrung außerhalb der einen hohen Hygienestatus zu halten. In Mehrkatzenhaushalten Der Besitzer kontrolliert kontrollieren. Fütterungszeiten. sollte jeder Katze ein eigener Futternapf zur Verfügung stehen. entweder die Zeit, in der das - gute Kontrolle der - Fütterungsschema Antagonistische Interaktionen zwischen einzelnen Katzen könFutter zur Verfügung steht, Gesundheit entspricht möglicherweise nen dazu führen, dass einige Individuen nur eingeschränkten oder die Tagesmenge. nicht dem natürlichen - Alle Katzen im Haushalt Zugang zu Futter und Wasser haben. Mögliche Folgen sind In der Regel erhält die Katze Ernährungsrhythmus der haben Zugang zu Futter. Gewichtsverlust oder sogar medizinische Probleme bei den täglich 2-3 Mahlzeiten zu Katze. - stärkt die Bindung zum unterlegenen Individuen. Da Katzen den verfügbaren Raum definierten Zeiten. Besitzer nicht gleichmäßig aufteilen, sollten die Futternäpfe nicht alle an einer Stelle stehen, sondern vielmehr auf mehrere Orte in der Die Katze kann ihre Ad libitum Fütterung: - keine Kontrolle über die aufWohnung verteilt werden. Es empfiehlt sich, zunächst zu beobNahrungsaufnahme selbst genommene Futtermenge Das Futter steht ständig zur achten, an welchen Orten sich die einzelnen Katzen bevorzugt regulieren. - Gefahr von Überernährung freien Verfügung der Katze. aufhalten, also die meiste Zeit verbringen, und ihre Futter- und - unterstützt das natürliche und Adipositas Wassernäpfe schließlich dort aufzustellen. Katzentoiletten sollErnährungsverhalten der - keine soziale Interaktion ten stets in sehr deutlichem räumlichen Abstand zu den FutterKatze (zahlreiche kleine, über zwischen Katze und Besitzer plätzen aufgestellt werden. den Tag verteilte Mahlzeiten) Kombinierte Fütterung: Trockenfutter ad libitum, Feuchtfutter in Form von einer oder zwei definierten Mahlzeiten täglich.

450

- ermöglicht die Aufnahme zahlreicher kleiner über den Tag verteilter Mahlzeiten - stärkt die Bindung zum Besitzer

- Gefahr der Überernährung bei fehlender Kontrolle - Einige Individuen bekommen unter Umständen nicht ausreichend Nahrung.

> Fütterung in Form einzelner Mahlzeiten Wenn Besitzer ihre Katze in Form einzelner, definierter Mahlzeiten füttern, bedeutet dies, dass sie entweder die Zeit kontrollieren, in der das Futter zur Verfügung gestellt wird, oder aber die


Verschiedene Methoden der fraktionierten Fütterung - Bei der zeitlich kontrollierten Fütterung wird das Futter über einen bestimmten begrenzten Zeitraum zur Verfügung gestellt und anschließend weggenommen bis zum nächsten zuvor festgelegten Fütterungszeitpunkt. Für nach dieser Methode gefütterte Katzen sollten 30-60 Minuten pro Mahlzeit zur Verfügung gestellt werden (Case 2003).

ABBILDUNG 5 – MINDESTABSTÄNDE ZWISCHEN FUTTERPLATZ, KATZENTOILETTE UND RUHEZONE Ruhezone

mindestens 50 cm

mindestens 50 cm

2 - Das Ernährungsverhalten der Katze

Größe der Portionen. Für Feuchtfutter aus der Dose ist dies die beste Fütterungsmethode, um die Frische und die Sicherheit der Nahrung zu gewährleisten. Verbleiben nicht gefressene Futterreste über mehrere Stunden im Napf, erhöht dies zum einen die bakteriologischen Risiken und sorgt darüber hinaus für eine Abnahme der Akzeptanz infolge einer organoleptischen Qualitätsminderung. Tiernahrungshersteller haben dieses Problem erkannt und bieten heute portionsweise abgepackte Produkte an. Da Katzen, die sich auf natürliche Weise durch die Jagd ernähren, täglich zahlreiche kleine Mahlzeiten zu sich nehmen, zeigen sich die meisten Hauskatzen unzufrieden, wenn sie nur eine einzige Mahlzeit pro Tag erhalten. Besitzer, die ihre Katze nach der zeitlich kontrollierten Methode füttern wollen, sollten deshalb mindestens zwei Mahlzeiten täglich anberaumen. Eine höhere Anzahl täglicher Mahlzeiten kann jedoch helfen, den Hunger der Katze zu kontrollieren und ein übermäßiges Bettelverhalten begrenzen. In der Tat ist es sehr interessant, zu beobachten, wie schnell Katzen lernen, zu welchen Zeitpunkten und mit welcher Taktik sie zusätzliche Nahrung beim Besitzer „herausschlagen“ können. So verknüpfen Katzen bestimmte Ereignisse mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, Nahrung zu bekommen, zum Beispiel die Werbepausen beim Fernsehen oder wenn der Besitzer die Küche aufräumt (ein Hinweis für die Katze ist beispielsweise das Klappern des Geschirrs beim Einräumen der Spülmaschine!).

Futter Katzentoilette mindestens 50 cm

Die Fütterung erfolgt an einem ruhigen, ungestörten Ort (z. B. nicht unmittelbar neben der Waschmaschine) und in ausreichender Entfernung zur Katzentoilette.

- Bei der Fütterung mit kontrollierten Portionsgrößen wird eine definierte Futtermenge abgemessen bzw. abgewogen und in den Napf gegeben. Ist der Napf geleert, bekommt die Katze bis zur nächsten Mahlzeit kein weiteres Futter mehr zugeteilt. In Einzelkatzenhaushalten kann diese portionskontrollierte Methode helfen, das Gewicht der Katze zu kontrollieren, und kommt gleichzeitig dem natürlichen Ernährungsverhalten der Spezies Katze sehr nahe, ein Vorteil, den die zeitlich kontrollierte Fütterung nicht bieten kann. Die fraktionierte Fütterung in Form von einzelnen, definierten Mahlzeiten hat mehrere Vorteile. Unter anderem kann der Besitzer genau kontrollieren, wie viel Futter die Katze im Laufe von 24 Stunden verzehrt. Die Futteraufnahme ist oft ein guter Indikator für die Gesundheit der Katze, und anhand der tatsächlich verzehrten Futtermenge kann der Besitzer gewisse Rückschlüsse auf das Allgemeinbefinden der Katze ziehen. In Mehrkatzenhaushalten kann der Besitzer das Ernährungsverhalten und den Zugang zum Futter jeder einzelnen Katze beurteilen und möglicherweise vorhandene gesundheitliche Probleme oder soziale Konflikte erkennen. Ein weiterer Vorteil der Mahlzeitenmethode besteht darin, dass Besitzer und Katze mehrmals täglich interagieren und auf diese Weise die Mensch-Tier-Bindung festigen können.

Fütterung ad libitum Bei der ad libitum Fütterung ist das Futter rund um die Uhr frei zugänglich, und die Katze ist in der Lage, jederzeit zahlreiche kleine Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Beobachtungen zufolge fressen Hauskatzen oft zahlreiche kleine, über den Tag verteilte Mahlzeiten. Je nach Untersuchung liegt ihre Anzahl zwischen 8 und 16 pro 24 Stunden.

Verhalten

Diese Fütterungsmethode kommt dem arttypischen opportunistischen Nahrungsaufnahmeverhalten der Katze am nächsten und stützt sich auf die Fähigkeit der Katze, ihre Nahrungsaufnahme selbst zu regulieren. Am besten geeignet ist die ad libitum Fütterung für Katzen, die mit Trockenfutter ernährt werden. Aufgrund der hohen Akzeptanz kommerzieller Futtermittelprodukte und der eingeschränkten körperlichen Aktivität von Hauskatzen besteht allerdings die Gefahr der Überernährung und der Entwicklung von Übergewicht und Adipositas. Darüber hinaus ist die exakte Bestimmung der täglich aufgenommenen Futtermenge bei der ad libitum Fütterung sehr schwierig. Insbesondere gilt dies für Mehrkatzenhaushalte. Auch Schwankungen der Futteraufnahme mit der Folge eines schleichenden Gewichtsverlustes im Zusammenhang mit gesundheitlichen Problemen werden bei der frei verfügbaren Fütterung unter Umständen übersehen. Nicht zuletzt 451


2 - Das Ernährungsverhalten der Katze

führt die ad libitum Methode dazu, dass sich die Mensch-Tier-Interaktionen im Kontext der Fütterung meist weniger intensiv gestalten. Eine dritte Möglichkeit ist die Kombination aus der Mahlzeitenfütterung und der ad libitum Methode, wobei Feuchtfutter in Form definierter Mahlzeiten und Trockenfutter zur freien Verfügung angeboten wird. Ein Vorteil dieser Kombinationsmethode ist die Stärkung der sozialen Bindung zwischen Tier und Mensch, obwohl dieser Effekt weniger stark ausgeprägt ist als beim Hund. Die Katze erhält das Feuchtfutter gewissermaßen als „Extra“ zu der aus Trockenfutter bestehenden Basisernährung. Wichtig ist, dass der Kaloriengehalt der Feuchtfutterrationen bei der energetischen Berechnung der Gesamtration stets mit berücksichtigt wird. Ein Schwachpunkt dieser Kombinationsfütterung ist die Gefahr einer Störung der Energiebilanz. Der Tierarzt sollte dabei stets im Hinterkopf behalten, dass Katzen, die zwei unterschiedliche Futtermitteltypen – feucht und trocken – erhalten, Schwierigkeiten bei der physiologischen Regulation ihrer Energiezufuhr entwickeln können. Dringend zu empfehlen ist deshalb bei diesem Modell eine besonders strikte Kontrolle der tatsächlich aufgenommenen Futtermengen und natürlich der nährstoff- und energiemäßigen Ausgewogenheit beider Futtermitteltypen.

> Die Rolle des Menschen bei der Fütterung der Katze Da die meisten Hauskatzen nicht jagen, um ihren Ernährungsbedarf zu decken, orientieren sie sämtliche mit der Ernährung zusammenhängenden Verhaltensweisen (z. B. Betteln um Nahrung) auf die im Haushalt lebenden Menschen. Unter anderem äußert sich dies in Form von Lautäußerungen wie ständigem Miauen und dem Reiben von Kopf und Körper an Gegenständen oder am Menschen. Oft verfolgen Katzen ihren Besitzer, wenn dieser sich in Richtung des Aufbewahrungsortes des Futters bewegt, und streifen unermüdlich um deren Beine, um der Forderung nach Futter Nachdruck zu verleihen. Es wird angenommen, dass diejenigen Menschen, die für die Fütterung zuständig sind, ein „besseres“ Verhältnis zur Katze haben, wahrscheinlich aufgrund der mit der Fütterung zusammenhängenden vermehrten Gelegenheiten zur sozialen Interaktion (Geering 1989). Viele Besitzer missinterpretieren jede Form der Lautäußerung ihrer Katze und jede Form der Suche nach Aufmerksamkeit als ein Betteln nach Nahrung. Oft reagieren sie schließlich mit der Gabe von Futter und induzieren damit bei der Katze einen sehr wirkungsvollen Lernprozess. Die Katze interpretiert die Reaktion des Besitzers gewissermaßen als eine Belohnung für das Miauen und das Aufmerksamkeit suchende Verhalten, deren Häufigkeit und Intensität sich dadurch in der Regel weiter steigern. Diese Verhaltensmuster sind nicht nur störend für den Besitzer, die übermäßige Nahrungsaufnahme führt bei der Katze letztlich auch zu Übergewicht und Adipositas und den damit assoziierten medizinischen Problemen. Besitzer sollten deshalb lernen, genau zu erkennen, wann die Katze genug Futter bekommen und verzehrt hat, und dieses Bettelverhalten nicht mit zusätzlicher Nahrung belohnen. Ist der Ernährungsbedarf der Katze gedeckt, sollte diesen Verhaltensweisen mit alternativen Aktivitäten und sozialen Interaktionen wie Spielen oder Fell-/Körperpflege begegnet werden.

ABBILDUNG 6 – ERNÄHRUNGSVERHALTEN DER KATZE ÜBER 24 STUNDEN

Futteraufnahme, gesamt 55,2 g/Katze (10-100 g)

Häufigkeit 9,7 Mahlzeiten (1-19)

Umfang der Mahlzeiten 6,0 g/ Mahlzeit (2,8-17,4 g)

Zeit 18 min 09 Sek. (4-34 min)

Dauer der Mahlzeiten 1 min 55 sec (36 sec- 4 min 07 sec)

Verhalten

Geschwindigkeit der Futteraufnahme 4,7 g/ min (1,8-8,0 g/min)

Das Ernährungsverhalten von in Gruppen gehaltenen Katzen wurde mit Hilfe einer elektronischen Waage und einem durch einen elektronischen Chip kontrollierten Zugang zum Futter kontrolliert. Dieses System ermöglicht eine Echtzeitüberwachung der Futteraufnahme (Anzahl, Umfang und Dauer der Mahlzeiten) Die Daten stammen von acht adulten Hauskatzen (2-3 Jahre alt), die über einen Zeitraum von 17 Tagen das gleiche Futter ad libitum bekamen. (Quelle: Royal Canin Forschungszentrum, interne Daten, 2004)

452

> Die Beobachtung des Ernährungsverhaltens: Wie fressen Katzen? Zahlreiche ernährungswissenschaftliche Studien untersuchen Faktoren, welche die von der Katze aufgenommenen Futtermengen beeinflussen. Die Regulation der Nahrungsaufnahme ist ein sehr komplexes und immer noch nicht vollständig entschlüsseltes Phänomen. Zwei Schlüsselparameter zur Beurteilung des Ernährungsverhaltens einer Katze sind die Häufigkeit der Nahrungsaufnahme und die Größe der Mahlzeiten.

Anzahl der Mahlzeiten pro Tag Jede Katze verteilt ihre Mahlzeiten nach ihrem eigenen Rhythmus über den Tag. In der Regel benötigt eine Katze drei Wochen, um einen stabilen Ernährungsrhythmus zu etablieren. Bei ad libitum Fütterung schwankt die Anzahl der Mahlzeiten von drei bis 20 pro Tag (Kane et al. 1981; Houpt 2005). Gleiches gilt für die Aufnahme von Trinkwasser (Mac Donald et al. 1984). Bei in Gruppen gehaltenen Katzen (Katzenzuchtanlagen, Katzenpension, Tierheim etc.), die Trockenfutter ad libitum erhalten, wird die Nahrungsaufnahme durch den Tag-Nacht-Rhythmus beeinflusst. Nachts wird oft weniger gefressen als tagsüber, während der Nacht sind die einzelnen Mahlzeiten jedoch umfangreicher und länger andauernd (Kanes et al. 1981; Royal Canin Forschungszentrum: interne Daten, 2004).


Die Mahlzeitengröße steigt mit der Akzeptanz des Futtermittels (insbesondere bei der ersten Mahlzeit) oder wenn die Ernährung der Katze von der kontrollierten Mahlzeitenmethode auf eine ad libitum Fütterung umgestellt wird. Die mittlere Dauer einer Mahlzeit liegt bei nahezu zwei Minuten (Abbildung 6). Die Geschwindigkeit der Nahrungsaufnahme ist ein wichtiges Kriterium für die Wahrnehmung des Besitzers. Sie wird in der Tat in größerem Maße von der Struktur des Futters (Textur) beeinflusst als von der Schmackhaftigkeit. Bei Trockenfutterkroketten liegt die Futteraufnahmerate zwischen zwei und vier Gramm pro Minute, bei Feuchtnahrung zwischen vier und acht Gramm pro Minute. Studien am Royal Canin Forschungszentrum zeigen, dass sich die Anzahl der Mahlzeiten, die Menge des aufgenommenen Futters und die Futteraufnahmegeschwindigkeit bei verschiedenen Katzenrassen unter identischen Umweltbedingungen und unter der Voraussetzung identischer Ernährungserfahrungen signifikant unterscheiden (Tabelle 3). Die Häufigkeit der Mahlzeiten ist der sich zwischen verschiedenen Katzenrassen am stärksten unterscheidende Parameter, wobei Bengal-Katzen die höchste Frequenz zeigen. Maine Coon Katzen nehmen tendenziell die größten Mahlzeiten auf, Perserkatzen die kleinsten. Perserkatzen benötigen dagegen doppelt soviel Zeit pro Mahlzeit wie der Durchschnitt der anderen untersuchten Rassen (3’27” gegenüber 1’49”; Royal Canin Forschungszentrum, interne Daten, 2004).

TABELLE 3 – UNTERSCHIEDE IM ERNÄHRUNGSVERHALTEN ZWISCHEN RASSEKATZEN UND EUROPÄISCH-KURZHAAR-KATZEN (Royal Canin Forschungszentrum: interne Daten)

Gesamtaufnahme

Häufigkeit der Mahlzeiten

Größe der Mahlzeiten

Dauer der Mahlzeiten

Bengal-Katze

+

+

=

=

Maine Coon

+

+

+

=

Siamkatze

+

+

=

=

Perserkatze

=

+

-

++

Birma-Katze

=

=

=

=

Rasse

2 - Das Ernährungsverhalten der Katze

Größe und Dauer der Mahlzeiten, Geschwindigkeit der Futteraufnahme

+ statistisch höherer Wert bei Rassekatzen im Vergleich zu Europäisch-Kurzhaar-Katzen - Statistisch niedrigerer Wert bei Rassekatzen im Vergleich zu Europäisch-Kurzhaar-Katzen = kein signifikanter Unterschied (p > 0.05) Das Ernährungsverhalten einer Gruppe von 68 Katzen verschiedener Altersklassen und Rassen (EKH: 30, Perserkatze/Exotic Shorthair: 8, Siamkatze/Orientale: 8, Maine Coon: 9, Bengal-Katze: 7, Birma-Katze: 6) mit freiem Zugang zum Futter über 18 Stunden täglich wurde über einen Zeitraum von 8 Tagen beobachtet. Die mittlere tägliche Mahlzeitenanzahl betrug 12,2 bei einer mittleren Mahlzeitengröße von 5,3 g/Mahlzeit. Im Mittel nahmen die Katzen 59,7 g täglich auf und verbrachten im Mittel 23 Minuten täglich mit der Nahrungsaufnahme. Diese Mittelwerte überdecken erhebliche Unterschiede zwischen verschiedenen Katzenrassen.

ABBILDUNG 7 – TECHNIKEN DER FUTTERAUFNAHME

Techniken der Futteraufnahme Eine Erklärung für die unterschiedlichen Futteraufnahmeraten verschiedener Katzenrassen sind die unterschiedlichen Techniken der Futteraufnahme, also die Art und Weise, wie ein Futterbrocken ergriffen und in die Maulhöhle geführt wird. Die Katze hat ein relativ kleines Maul und kleine Zähne, die besser geeignet sind, Beutetiere festzuhalten und zu töten, als Futter zu zermahlen supralingual und zu zerkauen (Case 2003). Die ursprüngliche Aufgabe der Canini ist das Ergreifen und Festhalten der Beute, während die Reißzähne für das Zerreißen des Beutetieres zuständig sind.

sublingual

labial

Innovative Studien bei Royal Canin in Zusammenarbeit mit der École Nationale Supérieure des Arts et Métiers (ENSAM) in Frankreich zeigen, dass man bei Katzen drei unterschiedliche Methoden der Futteraufnahme unterscheiden kann. Am weitesten verbreitet ist die labiale Futteraufnahme, bei der die Kroketten mit Hilfe der Schneidezähne ohne Zuhilfenahme der Zunge ergriffen und aufgenommen werden. Die zweite Methode ist die so genannte supralinguale Technik, bei der die Katze die Oberseite ihrer Zunge benutzt, um die Krokette gewissermaßen in die Maulhöhle „hinaufzulecken“. Die dritte Methode ist die sublinguale Technik, bei der die Katze die Krokette mit der Unterseite der Zunge ergreift und nach hinten einrollt (Abbildung 7). Mit Hilfe von Filmaufnahmen während der Nahrungsaufnahme mit einer unter einer Glasplatte, auf der die Katzen stehen, installierten Kamera konnte Royal Canin zeigen, dass bestimmte Rassen tendenziell stärker zu bestimmten Futteraufnahmetechniken neigen. So haben beispielsweise brachyzephale Rassen wie die Perserkatze aufgrund der Morphologie ihres Schädels und ihrer Kiefer Schwierigkeiten, Trockenfutterkroketten mit ihren Zähnen zu ergreifen und in die Maulhöhle aufzunehmen. In 80 % aller Fälle benutzen Perserkatzen zur Aufnahme von Kroketten deshalb eher ihre Zunge als ihre Lippen oder Zähne. Verhalten

Bei der Katze ist die Kautätigkeit nicht besonders stark ausgeprägt. Der anatomische Bau der Kiefergelenke lässt lediglich vertikale Kieferbewegungen zu. Oft zerbrechen Katzen die Krokette mit einem Biss oder schlucken sie sogar unzerkaut als Ganzes herunter! Dies ist insbesondere bei Katzen mit Zahnschmerzen zu beobachten, die das Kauen der Kroketten soweit wie möglich vermeiden. Sie schlucken die Krokette eher als Ganzes hinunter und erbrechen bzw. regurgitieren zum Teil unmittelbar danach wieder. 453


3 - Die Regulation der Nahrungsaufnahme

Bei der Aufnahme von Feuchtfutter spielt die Zunge eine wichtige Rolle. Sie erfüllt die Funktion eines Löffels, unterstützt durch ihre raue, mit Widerhaken besetzte Oberfläche, an der die Futterbestandteile haften bleiben. Jeder einzelne dieser Parameter muss bei der Fütterung einer Katze berücksichtigt werden. Nur so kann ein für die Etablierung guter Ernährungsgewohnheiten günstiges äußeres Umfeld entstehen.

3 - Die Regulation der Nahrungsaufnahme Äußere Stimuli: Die Auswahl der geeigneten Nahrung Katzen sind sensibel für den Geruch, die Form, die Textur und den Geschmack ihrer Nahrung (Tabelle 4).

> Geruch Der Geruch ist für Katzen der Schlüsselfaktor für die Akzeptanz einer Nahrung. Ein unangenehmer Geruch, zum Beispiel von ranzigem Fett, kann die Futteraufnahme von vorn herein vollständig verhindern, unabhängig vom tatsächlichen Geschmack oder dem Nährwert des Futters. Der Geruch ist also das entscheidende Primärkriterium für die Nahrungsauswahl. Experimente, in denen der Luftzug über dem mit Trockenfutterkroketten gefüllten Futternapf verändert wurde, zeigen, dass es während Phasen einer vermehrten Geruchszirkulation zu einer Steigerung der Anzahl der Mahlzeiten und der mengenmäßigen Futteraufnahme kommt. Katzen bevorzugen Futter mit Zimmertemperatur oder mit einer nahe an der Körpertemperatur gelegenen Temperatur (38-40 °C), da diese Bedingungen zu einer intensiven Freisetzung des Futteraromas beitragen. In der Tat sind die für die Geruchswahrnehmung verantwortlichen Substanzen bei höheren Temperaturen eher flüchtig. Zudem stimmen diese bevorzugten Temperaturbereiche eher mit der Temperatur der natürlichen Beutetiere der Katze überein. In der Praxis führt eine Erhöhung der Futtermitteltemperatur von 20 auf 40 °C zu einer Steigerung der Futteraufnahme um bis zu 80 %. Letztlich führen auch die Aufnahme des Futters in die Maulhöhle und das Kauen der Nahrung zu einer Erwärmung. Diese Erwärmung der Nahrung kann eine wichtige Rolle für eine verbesserte Geruchswahrnehmung auf dem Wege der retronasalen Olfaktion spielen.

> Form Da das Ergreifen des Futters als erster Schritt vor der eigentlichen Aufnahme in die Maulhöhle hinein erfolgt, ist die „Ergreifbarkeit“ der Futterbrocken ein wichtiger Aspekt, der bei der Herstellung von Tiernahrung berücksichtigt werden muss (siehe Versuche mit PerTABELLE 4 – DIE PHASEN DER FUTTERAUFNAHME BEI KATZEN serkatzen). Bei Trockenfutterkroketten ist es im Wesentlichen die Form der Krokette, die die Bruchlinie und die Eignung der Krokette für den ursprüngliMöglichkeiten chen Trieb der Karnivoren, ihre Beute mit einem Biss Eingesetzte Charakteristika zur Verbesserung Phase zu zerkleinern, bevor sie geschluckt wird, bestimmt. des Futters Sinne der Akzeptanz Die Form bestimmt das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen und trägt damit auch zu einem mehr oder weniger großen Teil zur Geruchswahrnehmung bei. 1 Auswahl

2 Ergreifen/ Aufnahme

Verhalten

3 Kauen

4 Verdauung

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Geruchssinn

Geruch

Auswahl und Qualität der Zutaten. Aromen und Fette in der Beschichtung.

Tastsinn

Größe, Form, Textur

Herstellungsprozess: Zerkleinern, Kochen, Trocknen

Geschmackssinn

Geschmack

Qualität der Zutaten

Physiologische Reaktionen

Sicherheit

Ernährungsphysiologische Qualität des Endprodukts

> Textur Am häufigsten werden Katzen heute entweder mit Trockenfutter oder Feuchtfutter (Dosen, Frischebeutel) ernährt. Katzen lieben sowohl die „knusprige“ Textur von Trockenfutterkroketten, als auch den hohen Feuchtigkeitsgehalt (75-80 %) von Dosennahrung. Für eingeweichtes Trockenfutter zeigen Katzen jedoch im Unterschied zum Hund keine besondere Vorliebe. Die Fütterung der Katze mit Trockennahrung hat einige Vorteile für den Besitzer: • problemlose Aufbewahrung/Lagerung, auch über längere Zeiträume • ad libitum Fütterung ohne Gefahr der Verderbnis möglich


3 - Die Regulation der Nahrungsaufnahme

• Zahnhygiene fördernde Eigenschaften. Das Kauen und Zerkleinern der Kroketten kann Plaque- und Zahnsteinbildung verhindern (siehe Kapitel 10). Es gibt Trockenfuttermittel mit spezifischen Zahnreinigungseigenschaften.

Feuchtnahrung aus der Dose oder aus dem Frischebeutel kann entweder als vollwertiges und ausgewogenes Alleinfutter eingesetzt werden oder aber als Supplement zu einer anderen Basisnahrung. Dosennahrung enthält zusätzliches Wasser und kann einen Feuchtigkeitsgehalt von bis zu 85 % erreichen. Dieser hohe Feuchtigkeitsgehalt kann zu einer geringen Energiedichte im Endprodukt führen und auf längere Sicht eine vermehrte Futteraufnahme hervorrufen. Viele Katzen empfinden Dosennahrung aufgrund ihres hohen Feuchtigkeits-, Fett- und Proteingehalts als extrem schmackhaft (Case 2003). Die Textur der Nahrung ist ein sehr wichtiger Faktor und bestimmt die Art und Weise der Futteraufnahme: - Klein gehackte Produkte werden kontinuierlich abgeschluckt, wobei die Katze während der gesamten Mahlzeit in gekrümmter Haltung verharrt und ihren Kopf nie hoch hebt. Die sehr hohe Futteraufnahmegeschwindigkeit wird von Besitzern oft als Anzeichen einer hohen Schmackhaftigkeit bzw. Akzeptanz interpretiert, es liegt hier aber eher ein mechanisches als ein sensorisches Phänomen zugrunde! - Gelee-artige Produkte veranlassen die Katze, große Brocken hinunterzuschlucken. Sie muss diese Produkte ein wenig kauen und hebt lediglich den Kopf, um das Abschlucken zu unterstützen. Einige Besitzer sind der Meinung, dass ihre Katze diese Produkte etwas weniger schätzt. Andere wiederum haben das Gefühl, dass ihre Katze diese Produkte besonders gern mag, sie in aller Ruhe frisst, und es ihnen dankt, indem sie sie anschaut und ihre Lippen leckt! - Halbfeuchte Produkte: Die meisten dieser Produkte werden als Snacks für Katzen vermarktet und sind nicht als Alleinfuttermittel vorgesehen. Sie haben eine weichere Textur als Trockenfutter, sind aber nicht so feucht wie Dosennahrung. Diese Produkte müssen nicht im Kühlschrank gelagert werden und besitzen eine lange Haltbarkeit. Einige als Konservierungsmittel zugesetzte Inhaltsstoffe können einen negativen Einfluss auf die Akzeptanz haben.

© Royal Canin

Einige Katzen zeigen taktile Präferenzen für bestimmte Krokettenformen und ein bestimmtes Oberflächen-/Volumenverhältnis (Crane et al. 2000). Bereits zerbrochene Kroketten werden von Katzen oft nicht angenommen.

Das Texturometer misst die für das Brechen der Krokette erforderliche Kraft der Zähne bzw. Kiefer der Katze. Auswechselbare Module simulieren unterschiedliche Formen und Größen der Zähne von Katzen unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Alters.

Selbst zubereitete Futtermittel werden in der Regel nicht empfohlen, da ihre Ausgewogenheit aufgrund des sehr spezifischen Nährstoffbedarfs der Katze nur sehr schwer sicherzustellen ist.

> Geschmack und Zusammensetzung der Nahrung Der Geschmack der Nahrung ist einer der wichtigsten Schlüsselfaktoren für die Akzeptanz eines Tierfuttermittels, sowohl für das Tier selbst als auch für den Besitzer, der das Produkt letztlich käuflich erwerben soll. Trotz der zahlreichen Veröffentlichungen über feline Nahrungspräferenzen oder Nahrungsaversionen sind die Präferenzen der Katze eher nährstofforientiert als „zutatenorientiert“. Qualität und die Frische der Rohmaterialien sind nichts desto trotz sehr wichtige Akzeptanzfaktoren. Die Entwicklung eines umfassenden technischen Know Hows (z. B. enzymatische Hydrolyse, Fermentation usw.) führte zur Kommerzialisierung sehr wirkungsvoller natürlicher Aromen, mit denen Trockenfutterkroketten homogen beschichtet werden, um ihre Akzeptanz drastisch zu erhöhen (Abbildung 8). Die Autoren dieses Kapitels können hierzu leider nur wenige detaillierte Informationen liefern, da die relevanten Daten zur Akzeptanz von Futtermitteln von den Tiernahrungsherstellern streng unter Verschluss gehalten werden. Proteine (insbesondere hydrolysierte Proteine aus Fleisch oder gelegentlich auch aus Pflanzen, z. B. Sojabohnen) und Fette sind für Katzen besonders schmackhaft. Katzen schätzen aber auch einige andere Inhaltsstoffe, wie zum Beispiel Hefe und spezifische Säuren.

Verhalten

Neben der Auswahl geeigneter Fette als Rohmaterialien ist vor allem ihr Schutz vor Oxidation sehr wichtig. Darüber hinaus können Fette auch über ihre Textur einen gewissen Einfluss auf die Akzeptanz haben. Kurzund mittelkettige Fettsäuren (Caprylsäure, Kokosnussöl) führen gelegentlich zu einer Verschlechterung der Akzeptanz von Futtermitteln (Mac Donald et al. 1985). Dieser negative Effekt kann jedoch durch andere besonders attraktive Inhaltsstoffe und eine schmackhafte äußere Beschichtung der Kroketten kompensiert werden. Die hohe Akzeptanz bzw. Schmackhaftigkeit industriell hergestellter Futtermittel wird sehr oft für die feline Adipositas verantwortlich gemacht. Weitaus wichtiger als die Schmackhaftigkeit ist in diesem Zusammenhang jedoch die Energiedichte des Produktes. Eine körperlich inaktive, kastrierte Katze mit Zugang zu 455


3 - Die Regulation der Nahrungsaufnahme

ABBILDUNG 8 – WICHTIGE TECHNOLOGIEN BEI DER ENTWICKLUNG VON AROMEN 1. Hydrolysate werden oft aus erhitzten, angesäuerten Geflügelfleischproteinen gewonnen. Die Proteine werden mit Hilfe von Enzymen in schmackhaftere Verbindungen zerlegt.

2. Verschiedene Produkte (Kaffee, Kekse, gebratenes Fleisch etc.) werden mit Hilfe der Maillard-Reaktion aromatisiert.

Tierische oder pflanzliche Proteine Enzymatische Hydrolyse

Zucker + Aminosäuren

Hitze

Bräunung des Produktes und Bildung von Aromen

Peptide

einem Futtermittel hoher Energiedichte wird unweigerlich an Gewicht zunehmen. Eine erfolgreiche Adipositasprävention kann nur über eine gezielte Förderung der körperlichen Aktivität der Katze und eine optimale Anpassung der Zusammensetzung ihrer Nahrung erfolgen. Erhält eine Katze besonders fettreiche Kroketten, hat sie größere Schwierigkeiten, ihre Futteraufnahme zu kontrollieren. Katzen, die ein Futtermittel mit 20 %igem Fettanteil ad libitum bekommen, bilden größere Fettreserven als Katzen, deren Nahrung nur halb soviel Fett enthält, und zwar unabhängig vom Geschlecht oder vom physiologischen Status (intakt oder kastriert; Nguyen et al. 1999).

Aspekte der Hungerregulation

Die Akzeptanz der Nahrung insgesamt ist ein entscheidender Faktor der Nahrungsaufnahme, Hunger ist aber die Grundvoraussetzung dafür, dass die Katze Nahrung tatsächlich auch zu sich nimmt.

> Allgemeine Prinzipien Die Energiezufuhr steht unter der Kontrolle komplexer homöostatischer Prozesse für die Futteraufnahme und den Energieverbrauch des Körpers. Die Nährstoffversorgung des Körpers muss stets auf konstanter Basis erfolgen. Bei der Nahrungsaufnahme, also der Nährstoff- und Energiezufuhr von außen, handelt es sich jedoch um ein diskontinuierliches und periodisches Verhalten. Der Organismus verfügt also über ein mittel- und langfristiges Regulationssystem unter Beteiligung von Körperreserven (im Wesentlichen Fettdepots). Ziel dieser homöostatischen Systeme ist die Verhinderung von Gewebeabbau und Gewichtsverlust. Die Kontrolle der Nahrungsaufnahme erfolgt über verschiedene Wege: - Ethologische Mechanismen: Gewohnheiten und erlerntes Verhalten, wie zum Beispiel die sensorische oder metabolische Konditionierung. - Nervale Mechanismen: Kauen beeinflusst die orale Sättigung, die Magenfüllung beeinflusst die physiologische Sättigung. - Metabolische Mechanismen: Glukostatische Theorie: Kurzzeiteffekt. Lipostatische Theorie: Langzeiteffekt

Die glukostatische Theorie bei der Katze Eine geringe Glukosekonzentration in den hypothalamischen Zellen löst Hunger aus (Rowland 1985).

Die lipostatische Theorie Die endokrine Rolle der Fettzellen ist seit einigen Jahren Gegenstand intensiver Untersuchungen. Im Rahmen dieser Forschungen wurden zahlreiche Zytokine identifiziert, die einen Einfluss auf verschiedene Prozesse wie zum Beispiel den Insulinstoffwechsel und Entzündungen haben. Klar nachgewiesen wurde unter anderem, dass das zu diesen Zytokinen gehörende und 1994 entdeckte „Sattheitshormon“ Leptin eine wichtige Rolle bei der Appetitregulation spielt (Bouret et al. 2004). Bei der Katze gibt es jedoch nur wenige Studien über diese Zusammenhänge.

Verhalten

Ein Sättigungssignal allein reicht nicht aus, um das Gleichgewicht im Körper aufrechtzuerhalten. Vielmehr handelt es sich um eine ganze Reihe unterschiedlicher Kontrollpunkte, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten aktiv werden. Tiere kontrollieren ihre Nahrungsaufnahme über drei zentrale Komponenten der Nahrung: - Wasser - Natrium (alle anderen Mineralstoffe werden im Verhältnis zur Energiedichte aufgenommen) - Energie liefernde Nährstoffe Die Voraussetzung für eine effiziente energetische Regulation ist die korrekte Formulierung des Futters und ein Fütterungsschema, das dem Ethogramm der Katze optimal angepasst ist. 456


3 - Die Regulation der Nahrungsaufnahme

Postuliert wird, dass bei Katzen unter Nahrungsentzug die sensorischen Eigenschaften eines Futtermittels wichtiger werden als die metabolischen Eigenschaften. Hierbei könnte es sich um ein adaptives, protektives Verhalten handeln, welches dazu führt, dass die intensiv nach Nahrung suchende Katze etwas wählerischer wird, mit dem Ziel, die mit extremen Hungerzuständen einhergehenden Vergiftungsrisiken zu minimieren. Bei gut ernährten Katzen wird der Regulationsprozess dagegen sowohl von der Schmackhaftigkeit der Nahrung, als auch von deren Nährwert beeinflusst. Der einzige Weg, die Effizienz dieser Regulation zu überprüfen, ist aus praktischer Sicht die Kontrolle der Stabilität des Körpergewichts. Allerdings bestehen hier signifikante Unterschiede zwischen einzelnen Individuen. Bei der Analyse entsprechender Veröffentlichungen und der zum Teil widersprüchlichen Schlussfolgerungen muss besonders darauf geachtet werden, welche regulatorischen Prozesse in der jeweiligen Studie untersucht wurden. Zu unterscheiden ist dabei zwischen der Anfangsphase (initiale Reaktion des Tieres), der Dauer (konstante Modifikation) und dem Ende (neues Gleichgewicht).

> Regulation des Energiehaushalts In zahlreichen experimentellen Studien wird die Senkung der Energiekonzentration in Futtermitteln untersucht. Die Schlussfolgerungen sind zum Teil jedoch widersprüchlich, was oft auf die unterschiedlichen Methoden zur Reduktion der Energiedichte zurückzuführen ist (z. B. Zusatz von Zellulose, Wasser, Tonerde etc.). Unter sehr stabilen Bedingungen scheinen Katzen in der Lage zu sein, ihre Nahrungsaufnahme in Relation zur Energiedichte des Futters zu regulieren (präziser ausgedrückt: in Relation zur Energiedichte der Trockenmasse). Dieser Prozess beginnt innerhalb von zwei bis drei Tagen und nimmt mindestens 3 bis 4 Wochen in Anspruch (Rowland 1981). Betroffen ist an erster Stelle die Größe der Mahlzeit, an zweiter Stelle auch die Häufigkeit der Mahlzeiten. Eine Fütterung nach dem „Cafeteria-Prinzip“, das heißt, eine tägliche Variation des Angebotes, einhergehend mit täglichen Änderungen des Trockensubstanzgehalts und der Schmackhaftigkeit, stört diese natürliche Fähigkeit der Katze. Es handelt sich hierbei um ein typisches Problem in Haushalten, in denen die Besitzer sehr häufig zwischen Feucht- und Trockennahrung wechseln oder auch zwischen verschiedenen Futtermarken und Futtersorten.

> Die Regulation der Proteinaufnahme Im Unterschied zum Menschen und zum Hund führen Proteine bei Katzen zu einer Steigerung der Nahrungsaufnahme (Servet et al. 2008). Die Senkung des diätetischen Proteingehalts (Ersatz durch diätetische Fasern) ist deshalb eine zentrale Strategie zur Reduzierung der spontanen Futter- bzw. Energieaufnahme. Diese Beobachtungen können sehr hilfreich sein bei der Entwicklung von Futtermitteln zur Behandlung der felinen Adipositas (siehe Kapitel 1). Einige spezifische Aminosäuren wie Tryptophan sollen einen Einfluss auf das allgemeine Verhalten haben (Aggression, Erregbarkeit oder Territorialität beim Hund; Bosch et al. 2007). Es könnte ein Zusammenhang zwischen der Tryptophanaufnahme in das Gehirn und der Kohlenhydratkonzentration der Nahrung bestehen. Veränderungen des Kohlenhydratgehalts der Nahrung gehen oft jedoch mit Veränderungen des Proteingehalts einher, der ebenfalls einen Einfluss auf das Verhalten haben kann. Der Mechanismus, über den die Aufnahme bestimmter Nährstoffe, die als Vorstufen von Neurotransmittern fungieren (Cholin für Acetylcholin, Tyrosin für Catecholamine und Tryptophan für Serotonin), die Nahrungszusammensetzung beeinflusst, ist nach wie vor unklar und bedarf sicherlich einer weiteren wissenschaftlichen Abklärung.

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Verhalten

In ihrem ursprünglichen Lebensraum – die Katze ist an ein Wüstenmilieu angepasst – ist der Zugang zu Fisch sehr begrenzt. Woher kommt also diese Vorliebe für Fisch, die bei manchen Katzen sogar so weit geht, dass sie Goldfische oder junge Koi-Karpfen aus dem Gartenteich fangen? Fisch ist eine hervorragende Proteinquelle. Historisch betrachtet war die domestizierte Katze schon immer eine sehr opportunistische Spezies. Sie begriff sehr schnell, dass es vorteilhaft war, sich an den Kaimauern aufzuhalten, wenn die Fischerboote in den Hafen zurückkehrten, da hier immer reichlich Nahrung von gereinigten und ausgenommenen Fischen anfiel. Im Zeitalter der großen Segelschiffe nahmen Reisen meist sehr viel Zeit in Anspruch, so dass die Schiffe stets reichlich Getreide für die Versorgung der Reisenden mit an Bord nahmen. Leider kamen auf diesem Weg stets auch zahlreiche Mäuse und Ratten als blinde Passagiere mit an Bord. Aus diesem Grund nahm man oft Katzen mit auf die Schiffe, um die Population dieser lästigen Nager zu kontrollieren. Aus Dankbarkeit für ihre Dienste erhielten die Katzen von den Seeleuten Fisch. In Asien sind Meeresprodukte nicht nur sehr weit verbreitete Bestandteile der menschlichen Ernährung, sondern werden auch in Tiernahrung reichlich eingesetzt.

© É. Malandain

WARUM LIEBEN MANCHE KATZEN FISCH SO SEHR?


4 - Störungen des Ernährungsverhaltens

> Die physische Sättigung Bei der Hauskatze sollen die für die physische Sättigung zuständigen Rezeptoren einen größeren Einfluss auf die Regulation der Nahrungsaufnahme haben als energetische Prozesse. Innerhalb von fünf Tagen nach Umstellung von einer ad libitum Fütterung auf eine zeitlich begrenzte Fütterung von einer Stunde täglich ist die Katze in der Lage, ihren Tagesbedarf mit einer einzigen Mahlzeit zu decken (Thorne 1982; Finco et al. 1986). Die Hierarchie der Kontrollmechanismen ist auf logische Weise mit ihrem zeitlichen Wirkungsgrad verknüpft: Die physische Sättigung ist kurzfristig angelegt, die kalorische bzw. energetische Sättigung dagegen eher mittelfristig. Die Verbindung zwischen beiden Phänomenen besteht nun darin, dass der Trockensubstanzanteil der aufgenommenen Nahrung sowohl für die Füllung des Magens verantwortlich ist, also für die physische Sättigung, als auch für die Lieferung der Energie, also für die energetische Sättigung. Aus entwicklungsbiologischer Sicht zeigen Versuche an neugeborenen Katzenwelpen (Hinde 1975), dass die orale Sättigung zuerst wirkt, also noch vor der gastrischen Sättigung. Mit anderen Worten: Die tatsächliche Aufnahme von Milch hat für die Regulation der Nahrungsaufnahme bei Katzenwelpen eine geringere Bedeutung als die Saugbewegungen. Wie beim Menschen, so ist auch bei der Katze eine verstärkte postprandiale Schlafneigung festzustellen. Dieser Effekt ist über drei Stunden nach der Nahrungsaufnahme zu beobachten. Die Latenzphase ist jedoch sehr variabel, und je schneller das Phänomen eintritt, desto länger hält es an. Die Vermittlung erfolgt über endokrine Mechanismen und hängt unter anderem von den in der Nahrung vorhandenen Nährstoffen, dem pHWert im Duodenum und der Magenentleerung ab.

4 - Störungen des Ernährungsverhaltens Nepeta cataria (Katzenminze, Katzengras) Katzenminze ist bei Katzen in der Regel sehr beliebt. Katzengras ist ein generischer Name, der für viele für Katzen im Handel angebotene Gräser verwendet wird.

In der Vorstellung von Katzenbesitzern besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Ernährungsverhalten ihres Tieres und zentralen Kategorien wie Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensfreude. Besonders ausgeprägt ist diese Denkweise in Personenkreisen mit stark ausgeprägten Anthropomorphismen. Wahrscheinlich fragen deshalb so viele Patientenbesitzer ihren Tierarzt oft nach den möglichen Zusammenhängen zwischen Nahrungsaufnahme und bestimmten Erkrankungen. Wir unterscheiden an dieser Stelle qualitative Störungen (Aufnahme von Pflanzen, Pica und Saugen an Wolle, Fixierung auf ein Futtermittel, erworbene/erlernte Aversionen) von quantitativen Störungen (Hyperorexie und Anorexie).

Qualitative Störungen > Aufnahme von Gras und Pflanzen, Katzengras/Katzenminze

Katzengras (Nepeta cataria) übt auf viele Katzen eine anziehende Wirkung aus. Aber nicht alle Katzen reagieren auf diese Pflanze, und bei 30 bis 50 % aller Katzen bleibt Katzengras ohne Wirkung. Die Reaktion auf Katzenminze scheint einen erblichen Hintergrund zu haben und wird sowohl vom Alter als auch durch induviduelle Erfahrungen modifiziert (Beaver 2003). Konfrontiert man eine entsprechend sensible Katze mit Katzengras, so wird sie es gewöhnlich beschnuppern, belecken, kauen oder fressen. Nicht selten halten Katzen frisches Katzengras zwischen ihren Pfoten oder rollen sich mit ihrem gesamten Körper in der Pflanze. Einige Katzen werden richtiggehend körperlich animiert und beginnen, wild zu springen und zu spielen. Sie schütteln den Kopf, reiben Gesicht und Kinn an der Pflanze und beginnen, profus zu speicheln. Unerfahrene Besitzer können dieses Verhalten als Rolligkeit fehlinterpretieren. Diese auffällige Reaktion dauert etwa 515 Minuten an. Nach entsprechender Exposition und Abklingen der Reaktion können betroffene Katzen eine etwa einstündige Refraktärzeit entwickeln. Hierbei handelt es sich um eine Art von Sättigungsphase nach der initialen Erregungsperiode. Die aktive Komponente, zumindest die mit der stärksten Wirkung, ist das Nepetalacton, eine Substanz aus der Gruppe der Terpenoide mit besonderer Attraktivität für weibliche Katzen (Sakurai 1988).

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Verhalten

Katzen fressen häufig Gras, wenn sie Zugang nach draußen haben, oder sie nehmen Zimmerpflanzen auf, wenn sich ihr Lebensraum auf die Wohnung beschränkt. Die Aufnahme von Pflanzen kann zunächst als ein natürliches Verhalten betrachtet werden, das der Unterstützung des Erbrechens und der retrograden Ausscheidung von Haarballen dient. Zum Problem wird dieses Verhalten dann, wenn eine Katze im Sinne eines Sucht- oder Zwangsverhaltens regelmäßig und systematisch eine spezifische Pflanze aufnimmt.

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4 - Störungen des Ernährungsverhaltens

Baldrian (Valeriana officinalis) hat ähnliche Wirkungen wie Katzengras. Katzen rollen sich über Baldrianwurzeln, setzen Harn darauf ab und zeigen Anzeichen starker Erregung. Nach dem Kauen der Pflanzenteile rollt sich die Katze etwa 10-15 Minuten lang über den Boden, reibt sich an Gegenständen und zeigt östrusartiges Verhalten. Actinidia (Kiwi): Wird eine Katze mit dieser Pflanze konfrontiert, stoppt sie ihre Nahrungsaufnahme und sogar ihre sexuelle Aktivität. Sobald eine Katze diesen Geruch wahrnimmt, wird sie seinen Ursprung suchen und sich in ekstatischem Zustand auf dem Rücken rollen. Olivenholz Die meisten Katzen kauen oder belecken Objekte aus Olivenholz oder reiben sich an ihnen. Das Fruchtfleisch der Olive ist dagegen weniger attraktiv, sondern vielmehr der Kern. Die Anziehungskraft von Pflanzen kann sehr störend sein, und in Anbetracht der Toxizität vieler Zimmerpflanzen nach oraler Aufnahme auch sehr ernste medizinische Folgen haben. Die meisten Besitzer empfinden das Fressen von Zimmerpflanzen als sehr störend und bestrafen die Katze, wenn sie sie in flagranti erwischen. Solche Reaktionen führen häufig dazu, dass die Katze Angst vor ihrem Besitzer hat. Eine Möglichkeit zur Behandlung dieses Problems besteht darin, Pflanzen zur Verfügung zu stellen, die sich für eine orale Aufnahme eignen und sicher, also nicht toxisch sind. Empfehlenswert ist beispielsweise das Anlegen eines Katzengartens mit speziellen Grassorten, die im Zoofachhandel angeboten werden. Andere Pflanzen sollten außer Reichweite der Katze aufgestellt werden, und zwar entweder in einem für die Katze nicht zugänglichen Raum oder aber draußen, wenn es sich um eine reine Wohnungskatze handelt. In einigen Fällen erweist es sich als hilfreich, die Pflanzen durch Besprühen mit einer scharfen Pfefferlösung unattraktiv zu machen oder die Katze mit Wasser aus der Blumenspritze zu besprühen, sobald sie sich der Pflanze nähert.

> Pica und Wollefressen/-saugen

Pica Pica bedeutet die orale Aufnahme ungenießbarer, also nicht als Nahrung geeigneter Objekte, wie zum Beispiel Kleidung, Kabel, Wolle, Stoffe, Pappe, Plastik u. v. m. Bei einigen Katzen kann die Aufnahme solcher Gegenstände zu einem Darmverschluss führen. Pica liegt bei der Katze zwischen 5 und 10 % aller Fälle von Verhaltensproblemen zugrunde. Häufig tritt diese Verhaltensstörung bei jungen, aktiven Tieren auf. In einigen Fällen wird eine genetische Prädisposition vermutet, die bislang aber nicht nachgewiesen werden konnte (Beaver 2003). Bis zu einem Alter von etwa sechs Wochen erkunden Katzenwelpen ihre Umwelt aktiv oral. In dieser Phase kann es durchaus zu einer freiwilligen Aufnahme ungenießbarer, nicht als Nahrung geeigneter Objekte kommen, ohne dass es sich dabei um Pica handelt. Nach dieser Phase bedürfen entsprechende Neigungen jedoch besonderer Aufmerksamkeit und gegebenenfalls einer verhaltenstherapeutischen Abklärung. Die Ursache von Pica ist weithin unbekannt. In der Vergangenheit wurde ein Mineralstoff- oder Vitaminmangel verantwortlich gemacht. Die heute weit verbreiteten, sehr ausgewogenen und vollwertigen Futtermittel für Katzen sprechen jedoch gegen diese Hypothese. Bei Bauernhofkatzen kann massiver Parasitenbefall ein potenziell beteiligter Faktor sein. Erkrankungen wie die feline Leukämie (FeLV) und die feline Immundefizienz (FIV) sollten abgeklärt werden, da sie zu einem abnormen Ernährungsverhalten beitragen können. Bei Hunden wird die exokrine Pankreasinsuffizienz mit Pica in Zusammenhang gebracht, diese Verbindung konnte bei Katzen bislang aber nicht beobachtet werden (De Braekeleer et al. 2000). Als beitragende Faktoren gelten unter anderem eine wenig artgerechte, reizarme Umgebung, Zahnprobleme, die Zahnung, attraktive Gerüche der aufgenommenen Objekte oder die Suche nach Aufmerksamkeit und sozialer Interaktion. Man geht davon aus, dass sich Pica vor allem in Konflikt- und/oder Angstsituationen manifestiert. Bei der Katze können soziale Konflikte unter Artgenossen, Veränderungen sozialer Interaktionen mit Familienmitgliedern, ein Umzug oder ähnliche belastende Situationen zugrunde liegen. Mit der Zeit tritt das Problemverhalten mit zunehmender Häufigkeit auch in anderen Situationen auf und führt letztlich zu funktionellen Beeinträchtigungen. Die Diagnose einer Zwangsstörung basiert letztlich auf dem Ausschluss anderer Ursachen des auffälligen Verhaltens.

Wollekauen Verhalten

Das Saugen an oder kauen von Wolle gilt als Zwangsstörung und muss von Pica sensu stricto unterschieden werden (Luescher 2002). Von Wollekauen spricht man, wenn die Katze an Kleidung, in der Regel aus Wolle, aber auch aus anderen Stoffen bestehend, kaut oder saugt. Einige Katzen saugen natürlicherweise an ihren Wurfgeschwistern oder an ihrer eigenen Haut. Später kann dieses Verhalten auch auf andere Spezies, Kissen oder die Kleidung des Besitzers ausgedehnt werden. Unter natürlichen Bedingungen haben Katzenwelpen die Möglichkeit, bis zu einem Alter von etwa sechs Monaten an ihrer Mutter zu saugen. Bei Hauskat459


4 - Störungen des Ernährungsverhaltens

zen findet das Absetzen in der Regel sehr viel früher im Alter von sechs bis acht Wochen statt. Einer Hypothese zufolge (Houpt 1982) handelt es sich beim Wollekauen um die Folge einer frühzeitigen Trennung der Welpen von der Mutter und dem damit verbundenen Entzug der Saugmöglichkeit. Ein eindeutiger Nachweis dieser Theorie konnte bislang allerdings nicht erbracht werden. Als mögliche Erklärung gilt darüber hinaus eine sehr starke oder übermäßig emotionale Bindung zur Mutterkatze oder zum Besitzer (vor allem bei orientalischen Rassen).

Behandlung

Für eine genetische Prädisposition des Wollekauens spricht, dass Siam- und Burmakatzen bis zum Alter von acht Monaten überrepräsentiert sind. Der wissenschaftliche Nachweis eines genetischen Hintergrundes fehlt bislang allerdings.

Die Behandlung der Pica oder des Wollekauens umfasst eine Kombination folgender Strategien: - In einigen Fällen hilft bereits das einfache Fernhalten der Katze von den betreffenden Gegenständen oder Materialien (Houpt 2005). - Besprühen der betreffenden Gegenstände oder Materialien mit unangenehm riechenden oder schmeckenden Substanzen (Knoblauch, Pfeffer, Aloe, Quinin, starkes Parfum). Zu vermeiden sind chlorhaltige Substanzen, da diese eine eher anziehende Wirkung auf Katzen haben. - Die Aufmerksamkeit der Katze auf andere Dinge lenken, zum Beispiel durch Fütterung mit Futter spendenden Spielzeugen. - Entfernen der betreffenden Gegenstände oder Materialien (Houpt 2005). - Alternativen anbieten, wie zum Beispiel Spielzeug oder die Möglichkeit, nach draußen zu gehen oder zu jagen. - Modifikation des Verhaltens, Schaffung einer vorhersehbaren und verlässlichen Umwelt, Vermeidung Angst auslösender Situationen. - Neuordnung der Interaktionen mit dem Besitzer durch gezielte Behandlung des „Anhänglichkeitssyndroms“. Ein möglicher Weg sind regelmäßige und zunehmende Phasen der Trennung vom Besitzer, kompensiert durch körperliche Kontakte, die ausschließlich vom Besitzer initiiert werden, während entsprechende Annäherungsversuche der Katze strikt ignoriert werden. Diese Strategie ist vom Besitzer oft nur schwer durchzuhalten, erweist sich letztlich aber als sehr wirksam. - Psychotrope Medikamente, z. B. einen selektiven Serotonin Re-uptake Inhibitor (SSRI) wie Fluoxetin oder ein trizyklisches Antidepressivum (TCA) wie Clomipramin (Luescher 2002).

> Fixierung auf einen Futtermitteltyp und Neophobie Neophobie ist das Gegenteil von Neophilie und bezeichnet eine vollständige Ablehnung oder eine geringere Präferenz eines neuen Futtermittels im Vergleich zur gewohnten Nahrung. Neophobie wird unter anderem als Fixierung von Ernährungsgewohnheiten bezeichnet und kommt auch bei der grundsätzlich eher zur Neophilie neigenden Spezies Katze vor. Dieses Verhalten ist eine von zahlreichen Strategien der Nahrungswahl.

Gar nicht selten kommt es vor, dass eine Katze auf einen bestimmten Futtermitteltyp oder einen bestimmten Geschmack fixiert ist und alle anderen Alternativen strikt ablehnt. Verhindern lässt sich eine solche Fixierung in vielen Fällen, indem man der Katze bereits im jungen Alter geeignete vollwertige und ausgewogene Futtermittel unterschiedlicher Geschmacksrichtungen und Texturen anbietet. Die Bereitschaft, neue Futtermittel auszuprobieren und neue Nahrungspräferenzen zu entwickeln, kann auch von der Lebens- und Ernährungsweise der Mutterkatze und den Umständen des Absetzens beeinflusst werden. So bevorzugen Katzenwelpen, die ab dem Zeitpunkt des Absetzens mit dem gleichen Futtermittel auf Zerealienbasis gefüttert wurden, diese gewohnte Nahrung gegenüber einem nach klassischen Kriterien für Katzen eigentlich noch sehr viel schmackhafterem Dosen-

© Renner/RC/Siamkatze

Verhalten

Omnivore Tiere verzehren eher bekannte Nahrung, die ihnen eine ausgewogene Nährstoffversorgung sicherstellt, und vermeiden die Risiken eines Verzehrs unbekannter Nahrung. Karnivoren in der freien Wildbahn zeigen dagegen eher ein neophiles Ernährungsverhalten als eine Neophobie (Thorne 1982). Eine Neophobie manifestiert sich vor allem dann, wenn Mahlzeiten unter ungewohnten Bedingungen angeboten werden (Thorne 1982) oder aber bei besonders gestressten Tieren (Bradshaw 1991).

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In einigen Fällen wird aus medizinischen Gründen eine Umstellung der Ernährung auf ein anderes Futtermittel erforderlich. Ähneln die Textur und die Form des neuen Produktes denen der ursprünglichen Nahrung, so kann die Katze das neue Futter problemlos annehmen, vorausgesetzt, man berücksichtigt eine etwa einwöchige Umstellungsphase, in der die ursprüngliche Nahrung schrittweise durch die neue ersetzt wird. Bei einigen Katzen wird der Übergang erleichtert, wenn man das neue Futter über einen gewissen Zeitraum unmittelbar neben dem gewohnten Futter anbietet. In bestimmten Situationen kann eine Umstellung der Ernährung einer Katze von einem Futtermitteltyp auf einen anderen, zum Beispiel von Feuchtfutter auf Trockennahrung oder umgekehrt, erforderlich sein. Oft erweist sich eine solche Umstellung als sehr schwierig, da viele Katzen ausgeprägte Präferenzen für bestimmte Formen und/oder Texturen haben. Durch eine Verstärkung der Geruchsintensität der neuen Nahrung kann es gelingen, die Akzeptanz auf Seiten der Katze zu fördern. Erreicht wird dies unter anderem durch einfaches Erwärmen der Nahrung. In der Regel braucht die Katze einige wenige Tage, um die Neophobie zu überwinden und das neue Futtermittel anzunehmen (Cheney & Miller 1997). Um die Neophobie gegen ein neues Aroma zu überwinden, reicht es nicht aus, die Katze allein dem Geruch auszusetzen, vielmehr muss sie zusätzlich auch die Gelegenheit haben, den Geschmack des neuen Produktes zu testen. Bradshaw (1986) zeigte in seiner Studie, dass die Neophobie nach dem dritten Tag, nachdem ein Futtermittel mit Lammaroma angeboten wurde, schließlich verschwand. Wurde dieselbe Katze anschließend dem neuen Aroma nicht regelmäßig ausgesetzt, trat die Neophobie drei Monate später erneut auf. Ein Lösungsansatz zur Überwindung der Neophobie gegen ein bestimmtes Aroma ist der unterstützende Einsatz von entsprechend aromatisiertem Trinkwasser. So verbreitet die Neophobie gegen neue Nahrungsmittel unter zahlreichen Spezies auch sein mag, so selten beobachtet man ein neophobes Verhalten gegen aromatisiertes Trinkwasser.

DREI STRATEGIEN ZUR BEKÄMPFUNG DER NEOPHOBIE BEI KATZEN 1. Das neue Futter mit Geduld über drei Tage immer wieder anbieten (jedes Mal frisch!). Eine anhaltende Exposition kann die Neophobie überwinden helfen, selbst wenn die Katze das neue Futter anfangs strikt ablehnt. 2. Kleine Stückchen des neuen Futters direkt in die Maulhöhle der Katze eingeben, so dass die Katze neben dem Geruch auch einen Eindruck des Geschmacks bekommen kann. 3. Feuchtnahrung aus dem Frischebeutel oder aus der Dose: Etwas Futter auf die Oberseite der Pfote aufbringen. Die meisten Katzen werden das Futter ablecken, um sich zu reinigen, und haben so die Gelegenheit, sich an den Geschmack des neuen Produktes zu gewöhnen.

4 - Störungen des Ernährungsverhaltens

futter mit Tunfisch (Wyrwicka und Long 1980). Neophobie wird auch definiert als die mangelnde Fähigkeit, ein Nahrungsmittel als verzehrbar zu erkennen (Bradshaw et al. 2000). Neophobes Ernährungsverhalten kann in mehrere Grade eingeteilt werden. Je regelmäßiger, einheitlicher und konstanter die Ernährung, desto ausgeprägter ist die Neophobie.

Die Einführung eines neuen Futtermittels unter ungewöhnlichen äußeren Umständen oder bei einer gestressten Katze (Schmerzen, Krankheit, Trennung vom Besitzer, Praxissituation etc.) führt mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Neophobie (durch eine erlernte Aversion), als eine Nahrungsumstellung unter familiären, positiven äußeren Bedingungen. Eine Umstellung der Fütterung sollte deshalb stets unter für das Tier möglichst stressarmen äußeren Bedingungen und schrittweise im Rahmen eines schonenden Umstellungsprogramms erfolgen.

> Erworbene Aversion Die Aversion ist eine bei Tieren zu beobachtende Ernährungsstrategie, deren Sinn darin besteht, ungeeignete Nahrungsmittel zu vermeiden. Assoziiert ein Tier den Geruch eines Nahrungsmittels mit Leiden, unangenehmen Erfahrungen (Hospitalisierung, Arzneimitteleingabe unter Zwang oder versteckt) oder mit Verdauungsstörungen (Vergiftung, Allergie), so wird es die Aufnahme dieser Nahrung zukünftig verweigern. Dieses Phänomen bezeichnet man als Aversion (Cheney & Miller 1997). Bei Katzen können sich Aversionen gegen Futtermittel sehr schnell etablieren. Eine einzige, mit unangenehmen Empfindungen assoziierte Mahlzeit kann eine strikte und lang anhaltende Ablehnung des entsprechenden Futters auslösen. Eine solche Aversion kann über einen Zeitraum von bis zu 40 Tagen (Bradshaw et al. 1996) und sogar darüber hinaus (Mugford 1977) anhalten. Bereits der Geruch eines mit Verdauungsstörungen assoziierten Futters reicht aus, um eine Aversion auszulösen. Katzen entwickeln sogar eine Aversion gegen gewohntes Futter, wenn sie während der Mahlzeit dem Duft einer Nahrung ausgesetzt werden, gegen die sie bereits eine Aversion entwickelt haben (Mugford 1977). Besondere Vorsicht ist deshalb bei der Zubereitung von Tiernahrung für stationär untergebrachte Katzen geboten. Die verschiedenen Gerüche diffundieren unkontrolliert und können Aversionen auslösen, selbst wenn Katzen mit ihrer gewohnten Nahrung gefüttert werden. Es wird deshalb empfohlen, die Mahlzeiten für stationäre Patienten in einem streng von der Tierstation getrennten Raum vorzubereiten.

Quantitative Störungen > Polyphagie

Verhalten

Wir müssen uns stets der Tatsache bewusst sein, dass die Fütterung der Katze für den Besitzer auch eine emotionale Bedeutung hat. In der Regel handelt es sich um den Augenblick des Tages, an dem der Besitzer die besondere Aufmerksamkeit seiner Katze genießt. Besitzer müssen jedoch verstehen lernen, dass sich das Ernährungsverhalten der Katze von dem des Menschen in vielen Punkten sehr deutlich unterscheidet. Für den Menschen stellt die Küche oft einen wichtigen sozialen Ort dar. Katzen lieben den Kontakt zu ihren Besitzern und begeben sich deshalb oft allein aus Gründen der sozialen Interaktion in die Küche. In vielen Fällen wird diese Suche nach sozialer Interaktion von den Besitzern dann jedoch als Suche nach Nahrung fehlinterpretiert. Die 461


4 - Störungen des Ernährungsverhaltens

TABELLE 5 – DIE ETABLIERUNG GUTER FÜTTERUNGS- UND ERNÄHRUNGSGEWOHNHEITEN BEI KATZEN 1. Auswahl einer dem Lebensabschnitt (Katzenwelpen, adulte Katzen, ältere Katzen), der körperlichen Aktivität und der Umgebung der Katze angepassten Nahrung. 2. Darreichung des Futters in einem geeigneten Napf an einem sicheren und ruhigen Ort a. In Mehrkatzenhaushalten muss jede Katze einen eigenen Napf haben. b. Bei offensichtlichen sozialen Konflikten müssen einige Katzen während der Mahlzeiten unter Umständen von ihren Artgenossen räumlich getrennt werden. 3. präzise Berechnung des Nährstoff- und Energiebedarfs jeder einzelnen Katze im Haushalt 4. Einhalten der Fütterungszeiten 5. Vermeiden von exzessivem Bettelverhalten trotz eines optimal gedeckten Nährstoff- und Energiebedarfs durch soziale Interaktionen wie Spielen, Bewegungsübungen, Fellpflege oder Aufmerksamkeit anstelle der Gabe zusätzlichen Futters, Snacks etc.

nach Masson 2004

reaktiv physiologisch

Gestation Laktation Kälte anhaltende körperliche Belastung

physiologisch

persistierend induziert orexigene Arzneimittel

hohe Schmackhaftigkeit/Akzeptanz Megestrolacetat der Nahrung Reaktion des Besitzers auf Bettelverhalten

Glukokortikoide

Gewichtszunahme Gewichtsabnahme Dysregulation

metabolisch

Läsionen des Hypothalamus (selten)

Diabetes mellitus Hyperthyreose Malassimilation Chronische Niereninsuffizienz

Antikonvulsiva

Zu berücksichtigen ist, dass die Kastration zu einer Verringerung des Energieverbrauchs der Katze führt. Das heißt, nach der Kastration kommt es bei der Katze in der Regel zu einer Störung des Gleichgewichts zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch.

Pathologische Ursachen Wenn die Katze übermäßig große Mengen an Nahrung zu sich nimmt, ohne dabei an Gewicht zuzunehmen, sollten im Rahmen einer umfassenden klinischen Untersuchung vor allem Stoffwechselstörungen (Hyperthyreose, Pankreasinsuffizienz, Diabetes mellitus), ein massiver Parasitenbefall und gegebenenfalls auch Gehirntumore abgeklärt werden. Einige Arzneimittel wie Diazepam, Megestrolacetat und Kortikosteroide können ebenfalls Polyphagie auslösen (Tabelle 6).

TABELLE 6 –URSACHEN DER POLYPHAGIE transient

Katze erhält schließlich Futter, das sie in der Regel sehr gern annimmt, auch wenn sie nicht hungrig ist. Die meisten Katzen sind vor allem deshalb adipös, weil sie mit hoch schmackhafter und energiereicher Nahrung in einer Menge gefüttert werden, die ihren Stoffwechselbedarf übersteigt. Ein wichtiger erster Schritt zur Prävention von Adipositas ist deshalb die Erstellung und konsequente praktische Umsetzung eines geeigneten Fütterungsplans (Tabelle 5).

“Hypersensibilitäts-/Hyperaktivitätssyndrom” (HSHA) Einige europäische Ethologen beschreiben ein Syndrom einer übermäßigen Futteraufnahme, die möglicherweise auf eine defekte Selbstkontrolle zurückzuführen ist. Betroffene Katzenwelpen kratzen, beißen, rennen umher und spielen andauernd. Besitzer sind oft erstaunt über die großen Futtermengen, die ihre Katzen aufnehmen, ohne dabei übergewichtig zu werden. Einige Katzen schlingen ihre Nahrung hinunter, fressen sehr schnell und regurgitieren anschließend. Eine Ursache dieses Syndroms ist der fehlende regulative mütterliche Einfluss zwischen der 5. und 6. Lebenswoche. Zu beobachten ist dieses Syndrom häufig bei frisch in einen neuen Haushalt aufgenommenen Katzenwelpen, die bis dahin draußen gelebt haben und in dieser kritischen Lebensphase von ihrer Mutter nicht richtig betreut und ernährt wurden (Beata 2007).

Soziale Konflikte Katzen können große Futtermengen aufnehmen, wenn sie Angst empfinden. Mögliche Gründe sind eine zu hohe Besatzdichte („Overcrowding“), gespannte soziale Beziehungen zwischen einzelnen Katzen in einem Haushalt und ein Mangel an „Privatsphäre“ bei der Nahrungsaufnahme. Katzenwelpen aus großen Würfen können dieses Verhalten einer übermäßigen Nahrungsaufnahme als Kompensation einer Konkurrenz um den Nahrungszugang auch später beibehalten, selbst wenn sie als Einzelkatze in einen Haushalt ohne entsprechende Konkurrenzsituation kommen. Ist das Problem der exzessiven Futteraufnahme auf soziale Konflikte zwischen verschiedenen Katzen im Haushalt zurückzuführen, so können bereits einige einfache Veränderungen sehr hilfreich sein. Futter- und Wassernäpfe sollten überall dort in der Wohnung aufgestellt werden, wo sich die jeweiligen Katzen den Beobachtungen des Besitzers zufolge gern und oft aufhalten. Einige Katzen sind unter Umständen etwas agiler als andere und können somit an erhöhten Orten gefüttert werden, wo sie ihre Mahlzeiten in Ruhe und ungestört von Artgenossen in der erforderlichen Privatsphäre verzehren können. Frisst eine Katze ständig mehr als die ihr zustehende Ration, müssen feste Fütterungszeiten eingeführt und die Katzen während der Mahlzeiten räumlich getrennt werden, damit jede Katze ihre erforderliche Tagesration auch tatsächlich erhält.

Angst Verhalten

Eine Katze, die permanent nach Nahrung sucht, erfüllt unter Umständen die in Europa gültigen Kriterien für die feline Bulimie. Es kann sich hierbei um ein Symptom permanenter Angst handeln. Exzessive Nahrungsaufnahme und das ständige Suchen nach Futter sind in diesen Fällen substitutive Aktivitäten zur Kom-

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Wenn Katzen hungrig sind, können sie zum Teil ein sehr störendes Bettelverhalten an den Tag legen. Als besonders problematisch kann sich dieses Verhalten erweisen, wenn die Katze keinen Zugang nach draußen hat, um zu jagen, oder wenn die Fütterung aus Gründen der Adipositasprävention in Form einzelner Mahlzeiten oder definierter Tagesrationen erfolgt. Um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen, zeigt die Katze Verhaltensweisen wie ständige Lautäußerungen, Klettern, Springen, Rennen und sogar Zerstörungen und Aggressivität (insbesondere bei Fütterung in Form definierter Mahlzeiten, die im Unterschied zur ad libitum Fütterung leicht zu diätetischer Frustration führen kann). Oft zeigen betroffene Katzen diese Verhaltensweisen auch nachts und wecken den Besitzer auf. Um wieder Ruhe zu bekommen, füttern viele Besitzer ihre Katze in dieser Situation. Die Katze wird den Besitzer dann zwar nicht mehr stören, sie lernt aber sehr schnell, dass sie nur etwas Lärm veranstalten muss, um Futter zu bekommen. Diese „Belohnung“ führt dann im Rahmen eines Lerneffektes in der Tat zu einer Verstärkung des unerwünschten Verhaltens.

© D. Horwitz

Übermäßiges Betteln nach Nahrung und Überfütterung

4 - Störungen des Ernährungsverhaltens

pensation von Frustration oder Konflikten. Ist Angst die Ursache einer übermäßigen Nahrungsaufnahme, müssen individuelle Veränderungen im Umfeld der Katze vorgenommen werden. Diese betreffen zum Beispiel die täglichen Abläufe, die Fütterungsroutine oder die territoriale Organisation im Haushalt. Eine detaillierte Beschreibung dieser Behandlungsmaßnahmen würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen und ist an anderer Stelle zu finden (Horwitz et al. 2002).

Abbildung 9 - Verschiedene Futterspender für Katzen.

Besitzer müssen in dieser Situation tierärztlich beraten werden, wie sie dem Betteln ihrer Katze nach zusätzlicher Nahrung widerstehen können. Zunächst muss man verstehen, dass nicht alle Lautäußerungen, selbst wenn sie im örtlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit der Futterzubereitung auftreten, tatsächlich mit einem Verlangen nach Nahrung gleichzusetzen sind. Nicht selten handelt es sich lediglich um eine Suche nach sozialer Interaktion wie Streicheln, Fellpflege oder Spielen. Viele Besitzer missinterpretieren zudem markierendes Verhalten, wie zum Beispiel das Reiben an den Beinen, als Aufforderung, den Futternapf nachzufüllen! Schließlich fühlen Sie sich in ihrer Ansicht bestätigt, da die Katze in diesem Fall tatsächlich einige Kroketten fressen wird. Die Folge ist die Etablierung eines von zahlreichen „Zwischenmahlzeiten“ geprägten Ernährungsverhaltens, das die Entstehung von Adipositas zweifellos begünstigen kann. Reagiert der Besitzer auf das Bettelverhalten tatsächlich mit der Gabe von Futter, so kann sich dieses Betteln nach Nahrung zu einer Art Ritual entwickeln, das durch den oben beschriebenen Verstärkungsprozess zusätzlich gefördert wird.

Tägliche Spielstunden verringern nachweislich das Adipositasrisiko der Katze. Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass Katzen eines Spielzeugs sehr schnell müde werden und folglich die Spielintensität innerhalb weniger Minuten abnimmt. Ein neues Spielzeug führt in dieser Situation jedoch unmittelbar zu einer Rückkehr der Spielfreude (Hall et al. 2002; Abbildung 10). Eine weitere Möglichkeit zur Förderung der körperlichen Bewegung besteht darin, den Futternapf stets an unterschiedlichen, weiter entfernt liegenden Orten zu platzieren, so dass die Katze gezwungen ist, größere Strecken zurückzulegen, um zur Nahrung zu gelangen.

Abbildung 10 - Katzen müssen mit neuem, abwechslungsreichem Spielzeug stimuliert werden, um ihr Spielverhalten zu fördern.

© Chataignier

Im Wesentlichen haben sich zwei Methoden zur Verhinderung übermäßigen Bettelverhaltens bewährt: 1. Extinktion: Die Katze wird ignoriert und nicht mehr auf Verlangen gefüttert. In der

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Verhalten

Die Einführung und das strikte Befolgen eines definierten Fütterungsplans ermöglicht es dem Besitzer, die Nahrungsaufnahme seiner Katze genau zu kontrollieren. Die bedarfsgerechte Tagesration muss in diesem Fall individuell berechnet werden. Mit Hilfe von Futter spendenden Spielzeugen (Abbildung 9) lässt sich die Futteraufnahmerate absenken. Möglicherweise steigt damit die Sättigung, und das Bettelverhalten nimmt ab.


4 - Störungen des Ernährungsverhaltens

Regel wird die Katze ihr Bettelverhalten zunächst für einige Tage noch verstärken, bevor es schließlich allmählich abnimmt. Diese erste Phase stellt für den Besitzer naturgemäß eine hohe Belastung dar, er muss sich aber darüber im Klaren sein, dass sich ein Erfolg nur einstellen kann, wenn er das Ignorieren konsequent durchhält. Mit der Zeit erkennt man eine allmähliche Abschwächung des Bettelverhaltens. Um diese initiale Phase des intensivierten Bettelverhaltens zu erleichtern, kann man die Katze in einen Raum sperren, in dem sie nicht zu hören ist, oder das Verhalten mit einem akustischen Reiz unterbrechen, der die Katze veranlasst, aufzuhören. 2. Trennung der Fütterung von der unmittelbaren Anwesenheit des Besitzers durch ein zeitlich gesteuertes Fütterungssystem. Elektronische Futterspender können so programmiert werden, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt Futter freigeben. So lernt die Katze, bis zur Fütterungszeit zu warten. Um die Katze auf schonende Weise an eine spätere Fütterung zu gewöhnen, kann man die Zeiteinstellung langsam Tag für Tag in Richtung des gewünschten Zeitpunktes verändern. Um den Verstärkungsprozess zu stoppen, müssen die eingefahrenen Gewohnheiten der Katze und des Besitzers durchbrochen werden. So kann der Besitzer zum Beispiel bestimmte immer wiederkehrende, fest mit der Nahrungsaufnahme verknüpfte Situationen des Alltags in Richtung alternativer Aktivitäten „umwidmen“, wie zum Beispiel Spielen, Streicheln, Spazierengehen usw.

> Schwieriges, mäkeliges und wählerisches Ernährungsverhalten Viele Besitzer beklagen, dass ihre Katzen sehr wählerisch sind und nur wenig fressen. Die unzähligen medizinischen Probleme, die den Hunger und die Nahrungsaufnahme beeinflussen können, sollen an dieser Stelle nicht besprochen werden. Hier werden wir uns ausschließlich mit den ethologischen Ursachen befassen, wobei jedoch klar sein muss, dass Katzen mit reduziertem Appetit stets einer vollständigen klinischen Untersuchung einschließlich einer Begutachtung von Zähnen und Maulhöhle unterzogen werden sollten. In einigen Fällen kann eine anorektische Katze die Nahrungsaufnahme im Rahmen der Selbstkontrolle schlicht deshalb verweigern, weil sie überfüttert bzw. nicht hungrig ist. Viele unerfahrene Katzenbesitzer sind sich des aus zahlreichen kleinen, über den Tag verteilten Mahlzeiten bestehenden natürlichen Ernährungsverhaltens der Spezies Katze nicht bewusst. Andere Katzen können ein wählerisches Verhalten aufgrund eines sehr häufig wechselnden Futterangebots zeigen. Wiederum andere Katzen haben gelernt, dass eine abwartende Haltung unter Umständen dazu führt, dass sie schließlich ein noch schmackhafteres Futter angeboten bekommen. Wichtig ist, Besitzern ausführlich zu erläutern, dass zu häufige Wechsel des Futtermittels oder die Gabe von Snacks zwischendurch sich letztlich schädlich auswirken kann. In einem ersten Schritt werden zunächst die Menge der aktuell angebotenen Tagesration und die tatsächlich von der Katze verzehrte Menge genau analysiert. Hierbei werden auch sämtliche Snacks und sonstigen Extras (Tischreste) berücksichtigt. Schließlich wird die Katze gewogen und ihr Body Condition Score wird bestimmt. Generell ist davon auszugehen, dass normalgewichtige Katzen, die ihr Gewicht und ihren Body Condition Score über einen längeren Zeitraum stabil halten, bedarfsgerecht gefüttert werden. Bei adipösen Katzen ist wählerisches Verhalten meist kein diätetisches Problem, sonder eher auf emotionale Konflikte oder Verhaltensstörungen zurückzuführen. Nachdem etwaige zugrunde liegende medizinische Probleme und Zahnerkrankungen diagnostiziert und erfolgreich behandelt sind, werden in einem nächsten Schritt verhaltenstherapeutische Strategien in Angriff genommen. Zunächst wird der tägliche Energiebedarf individuell ermittelt, um die Kalorienzufuhr gezielt anpassen zu können. Zur Unterstützung des Besitzers sollte der Tierarzt die zur optimalen Deckung des Nährstoff- und Energiebedarfs der Katze erforderlichen Tagesrationen berechnen. Oft ist diese errechnete Tagesration deutlich geringer als die bislang vom Besitzer gefütterte Menge. Bereits anhand dieser einfachen Gegenüberstellung von tatsächlichem Bedarf und aktueller Zufuhr erkennen Besitzer oft, wo die Ursache des Problems liegt. Für viele Katzen erweist sich die Einführung einer strikt einzuhaltenden Fütterungsroutine als sehr vorteilhaft. Die Fütterung sollte stets täglich zur gleichen Zeit erfolgen, am besten an einem ruhigen, ungestörten Ort in der Wohnung. In Mehrkatzenhaushalten sollte jede Katze ihren eigenen Napf haben. Die Einschränkung oder der voll-

© Royal Canin

Verhalten

Das Körpergewicht wählerischer Katzen sollte regelmäßig kontrolliert werden. Handelt es sich um eine adipöse Katze ohne Verdacht auf eine Erkrankung, ist anzunehmen, dass sich die Katze zusätzliche Nahrung aus anderen Quellen verschafft (zum Beispiel vom Nachbarn oder aus dem Napf anderer Tiere im Haushalt).

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4 - Störungen des Ernährungsverhaltens

ständige Verzicht auf Snacks und ähnliche zusätzliche Futterquellen kann ebenfalls dazu beitragen, die Akzeptanz kommerzieller Futtermittel zu erhöhen. Futtermittel mit höherem Fettgehalt liefern bei gleicher Menge mehr Energie als fettärmere Produkte. Während der Mahlzeiten sollte eine übermäßige Aufmerksamkeit des Besitzers für die Katze vermieden werden. Diese kann ein wählerisches Ernährungsverhalten insbesondere dann verstärken, wenn es von der Katze gezielt als Taktik zur Erregung von Aufmerksamkeit eingesetzt wird. Um die Behandlungserfolge zu überwachen und das Behandlungsprogramm gegebenenfalls anpassen zu können, sollten regelmäßige Kontrolltermine zur Überwachung des Gewichts und zur Besprechung des weiteren Vorgehens anberaumt werden.

> Anorexie Anorexie wird definiert als eine Verminderung des Appetits oder Appetitlosigkeit. Es handelt sich um eine Begleiterscheinung zahlreicher Krankheitsprozesse, Traumata und psychischer Störungen. Vollständige Anorexie bedeutet, dass die Nahrungsaufnahme vollständig sistiert. Bei der partiellen Anorexie nimmt das Tier noch etwas Nahrung auf, die Menge reicht aber nicht aus, um den tatsächlichen Nährstoff- und Energiebedarf zu decken. Tierärzte werden häufig mit Anorexie bei Katzen konfrontiert. Die auslösende Ursache kann eine organische Erkrankung oder aber eine pathologische Störung im Bereich des Verhaltens sein. Häufige Ursachen sind: - Fiebrige Erkrankungen oder Tumore (Anorexie kann vor der neoplastischen Gewebezerstörung auftreten und ist die Folge von Tumormetaboliten) - Parodontale Erkrankung (schmerzhaft), Kiefer- oder Schädeltraumata (Unfähigkeit zur Nahrungsaufnahme) - Verlust des Geruchssinns. Die Anorexie hält so lang an, bis sich die Riechschleimhaut regeneriert hat (die Erneuerung der Riechschleimhaut dauert 4-5 Tage nach Entfernung des zerstörenden Agens) - Psychischer Stress (Depression als Reaktion auf die Abwesenheit des Besitzers, Verlust enger Bezugspersonen oder Bezugstiere) oder körperlicher Stress (z. B. übermäßiges „Handling“; Beaver, 2003). In diesen Fällen wird die Anorexie begleitet von einem Flucht- und Rückzugsverhalten, einer Verschmutzung der Wohnung, sowie einem gehemmten Spiel- und Erkundungsverhalten. - Angst durch sozialen Stress (antagonistische Beziehungen zwischen einzelnen Katzen im Haushalt, Veränderungen gewohnter zeitlicher Abläufe, neue Mitglieder im Haushalt (Mensch oder Tier) - Angst im Zusammenhang mit Transporten, Reisen oder Hospitalisierung (kann zu spezifischen, erlernten Aversionen gegen die im Zusammenhang mit dem Ereignis verabreichte Nahrung führen). Ängstliche Katzen verstecken sich und weigern sich in vielen Fällen auch, ihr Versteck zur Nahrungsaufnahme zu verlassen. In dieser Situation kann die Anorexie einfach auf einen mangelnden Zugang zum Futternapf zurückzuführen sein. Bei einigen Tieren dauert die Anorexie unter Umständen nur einige wenige Tage und geht zurück, sobald das Stress verursachende Ereignis vorüber ist oder innerhalb kurzer Zeit danach (2-3 Tage nach einer Reise, Umzug oder Transport). Oft benötigen betroffene Katzen keine besondere Behandlung außer einem möglichst einfachen Zugang zu Futter- und Wassernäpfen, die unter Umständen dort aufgestellt werden sollten, wo sich die Katze versteckt. Eine mehrtägige Anorexie wird dann oft mit einer umfangreichen Mahlzeit kompensiert. Versuche, die Katze mit Gewalt aus ihrem Versteck zu holen, sind kontraproduktiv und führen eher zu einer Verstärkung der Angst und der damit einhergehenden Anorexie. In Mehrkatzenhaushalten kann es bei einzelnen Katzen zu anhaltender Anorexie kommen, wenn soziale Konflikte zu Angst, Stress und aggressiven Begegnungen unter Katzen führen. Werden Futter- und Wassernäpfe nicht über die gesamte Wohnung verteilt, haben einige Katzen unter Umständen gar keinen oder nur gelegentlichen Zugang zur Nahrung. Selbst dann laufen sie Gefahr, von anderen Katzen im Haushalt angegriffen zu werden, da sie deren Territorium verletzen. Eine genaue Analyse der Art und Weise, wie die Katzen den vorhandenen Raum nutzen, das heißt wo sie sich bevorzugt aufhalten, liefert dem Besitzer Hinweise darauf, wo Futternäpfe, Wassernäpfe und Katzentoiletten für die jeweiligen Katzen aufgestellt werden sollten. Besitzer sollten über das mögliche Wesen aggressiver Interaktionen zwischen Katzen aufgeklärt werden, da diese nicht immer offen ausgetragen werden (Fauchen, Knurren, Jagen, Kämpfen), sondern in vielen Fällen sehr subtil und versteckt erfolgen (Anstarren, Verwehren des Zugangs zu Ressourcen wie Futter etc.; Tabelle 7).

Zu viele Katzen im Haushalt

Sozialer Stress führt zu Problemen bei der Nahrungsaufnahme oder beim Zugang zum Futternapf.

ein Futternapf pro Katze, aufgestellt an verschiedenen Orten in der Wohnung

Zu wenig Raum für so viele Katzen

aggressive Interaktionen und/oder vermehrtes Verstecken einzelner Katzen

Schaffung zusätzlicher Räume in der Vertikalen (Regale, Schränke etc.)

Aggressionen zwischen Katzen

Katzen jagen sich, Verletzungen, Verstecken, Gewichtsverlust infolge mangelnden Zugangs zu Futter oder aufgrund von Angst

Bei Katzen, die bereits über einen Zeitraum von vier bis fünf Tagen anorektisch sind, sollte umgehend therapeutisch eingegriffen werden. Bei einigen Tieren kann sich bereits die Fütterung der Mahlzeiten an ruhigen, störungsfreien, abgedunkelten Orten als sehr hilfreich erweisen. Pheromon-

Schaffung getrennter Territorien für die Katzen; Schaffung geeigneter Ressourcen (Spielen, Schlafen, Verstecken, Klettern etc.) über die gesamte Wohnung verteilt

Verschmutzungen in der Wohnung

Ärger beim Besitzer, Katze wird abgeschafft

mehrere Katzentoiletten an unterschiedlichen Orten in der Wohnung (Hygiene?)

TABELLE 7 – SOZIALER STRESS BEI HAUSKATZEN UND SEINE FOLGEN FÜR DAS VERHALTEN Folge

Lösung

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Verhalten

Problem


4 - Störungen des Ernährungsverhaltens

spender (Diffusoren) können zur Beruhigung und zum Stressabbau beitragen und sowohl bei zu Hause gehaltenen Katzen, als auch bei Katzen in Tierheimen, Tierpensionen oder ähnlichen Formen der Gruppenhaltung für eine Erhöhung der Futteraufnahme sorgen. Griffith et al. (2000) zeigten, dass sowohl gesunde als auch kranke Katzen unter Pheromonexposition ein erhöhtes Interesse an der Nahrung zeigten, mehr Nahrung aufnahmen und vermehrte Fell- und Körperpflegeaktivitäten zeigten. In der zweiten Phase dieser Studie zeigten Katzen, die dem Pheromon selbst und zusätzlich einer Katze, die das Pheromon trug, ausgesetzt waren, eine signifikant höhere Futteraufnahme über 24 Stunden als Kontrollkatzen, die lediglich dem Pheromon ausgesetzt waren. Die Schaffung sicherer, ruhiger, störungsfreier Orte, ausreichender geeigneter Verstecke innerhalb des Lebenraumes in Kombination mit Pheromonen kann also dazu beitragen, die Nahrungsaufnahme von hospitalisierten Katzen und Katzen in Tierheimen, Tierpensionen oder anderen Formen der Gruppenhaltung zu steigern. Bei hochgradiger oder länger anhaltender Anorexie sind medikamentöse Maßnahmen angezeigt. In den frühen Stadien sprechen einige Katzen auf die Appetit anregende Wirkung von Benzodiazepinen an. Diazepam ist allerdings nur temporär wirksam (3-4 Tage), und geht mit dem Risiko einer akuten Lebertoxizität einher. Mianserin hat einen schnellen orexigenen Effekt, es führt aber zu einer gewissen Enthemmung, die kontrolliert werden muss (Coupry 2007). Futter sollte unmittelbar nach der Applikation zur Verfügung stehen, falls die Katze sofort fressen möchte. Bei einigen Katzen wird auch Cyproheptadin zur Appetitstimulation eingesetzt. Progestine und anabole Steroide wurden in der Vergangenheit getestet, sie werden jedoch aufgrund ihrer potenziellen Nebenwirkungen nicht empfohlen und kommen nur noch selten zum Einsatz. Bei Katzen mit persistierender Anorexie werden enterale Ernährungssonden eingesetzt, um den Patienten mit den notwendigen Nährstoffen und Energie zu versorgen, bis er sich erholt hat und wieder mit der freiwilligen Nahrungsaufnahme beginnt. Eine künstliche Ernährung bringt jedoch einen entscheidenden Nachteil mit sich: Die Verdauungs- und Absorptionsprozesse laufen im Vergleich zur freiwilligen oralen Nahrungsaufnahme nur unvollständig ab (die natürliche orale Futteraufnahme stimuliert die cephale Phase („Kopfphase“) der Verdauung, die für bis zu 50 % der Magensäureproduktion verantwortlich ist).

In einem Mehrkatzenhaushalt müssen mehrere Futter- und Wassernäpfe in der Wohnung verteilt werden, so dass alle Katzen einen einfachen Zugang zu Nahrung und zu Wasser haben, ohne dabei anderen Katzen begegnen zu müssen, mit denen soziale Konflikte bestehen. In vielen Fällen kann eine Anorexie bereits durch diese einfache Maßnahme zurückgehen, und die betroffene Katze beginnt, wieder normale Futtermengen aufzunehmen.

Zusammengefasst können folgende einfache Maßnahmen zur Lösung des Problems beitragen (Rabot 1994): - auf jede mögliche Ursache einer Störung des Wohlbefindens achten (verunreinigter Futternapf, hoher Geräuschpegel, stinkende Katzentoilette, unruhiger und stark frequentierter Fütterungsort, Luftzug) - Anwärmen des Futters auf 38-40 °C (Feuchtfutter nicht direkt aus dem Kühlschrank anbieten) - Positionswechsel des Futternapfes an einen ruhigeren Ort (dort, wo sich die Katze gern aufhält) oder räumliche Trennung der Katzen während der Mahlzeiten, um Rivalitäten zu vermeiden - Umstellung der Fütterung auf ein neues, besonders schmackhaftes Produkt (Effekt hält jedoch nur 2-3 Tage an), entweder unmittelbar und vollständig oder schonend im Rahmen einer mehrtägigen Umstellungsphase, in deren Verlauf der Anteil des neuen Futters an der Tagesration täglich schrittweise erhöht wird - Begleitung der Mahlzeiten durch den Besitzer bei besonders sensiblen Katzen, oder etwas Futter auf die Finger geben, und die Katze lecken lassen (insbesondere bei Katzen mit reaktiver Depression, aber Vorsicht: Gefahr der Ritualisierung) - Feuchtfutter rechtzeitig erneuern, um eine oxidative und bakterielle Verderbnis zu vermeiden Zu beachten ist, dass die Wirksamkeit dieser Empfehlungen von Katze zu Katze sehr unterschiedlich sein kann. Katzen lassen sich nur selten hinters Licht führen und können sehr dickköpfig sein.

5 - Das Trinkverhalten der Katze

© Y. Lanceau/Royal Canin/Maine Coon

Verhalten

Möglicherweise aufgrund ihrer Evolution neigen Katzen zu einer relativ geringen Trinkwasseraufnahme. Felis lybica, der Vorfahre der europäischen Hauskatze, lebte in der Wüste und war in der Lage, den Harn sehr stark zu konzentrieren, um Wasserverluste zu vermeiden. Unsere heutigen Hauskatzen haben diese Fähigkeit beibehalten, allerdings zum Preis eines erhöhten Harnsteinrisikos. Ohne Nahrung können Katzen mehrere Wochen überleben, ein nur wenige Tage dauernder Wasserentzug stellt jedoch eine ernste Lebensgefahr dar. Tiere decken ihren Wasserbedarf aus drei Quellen: - Trinkwasser - Wassergehalt der Nahrung - Wasser, das beim Metabolismus von Nährstoffen entsteht (Beaver 2003). Wasser wird im Rahmen der Oxidation von Substraten gebildet (der Fettstoffwechsel liefert die größte Wassermenge, der Kohlenhydratstoffwechsel hat jedoch den besten Output). 466


5 - Das Trinkverhalten der Katze

Pathophysiologische Aspekte Der tägliche Wasserbedarf einer Katze liegt zwischen 55 und 70 ml/kg Körpergewicht und richtet sich unter anderem nach der Trockensubstanz der aufgenommenen Nahrung: 2 ml Wasser pro Gramm aufgenommener Trockensubstanz.

> Intrinsische Regulation der Trinkwasseraufnahme Durst ist ein sensorisches Signal, das Trinken auslöst. Das Signal hat seinen Ursprung im lateralen Hypothalamus, in der Nähe des Hungerzentrums. Die Regulation von Durst und Trinkverhalten ist ein komplexer Prozess und steht in engem Zusammenhang mit Veränderungen der durch Vasopressin kontrollierten Osmolarität des Plasmas. Die Stillung des Durstes wird auf kurzzeitiger Basis (eine Stunde) zunächst durch eine orale Stimulation ausgelöst. Die Magendehnung kommt später ins Spiel und wirkt sich hauptsächlich auf die Häufigkeit des Trinkens aus. Schließlich wird die Wassersättigung über komplexe Interaktionen vom Hydratationsstatus der Zellen kontrolliert. Katzen sind nicht so sensibel für Wasserverluste wie Hunde und beginnen unter Umständen erst dann zu trinken, wenn der Verlust des Körperwassers 8 % erreicht (Case 2003). Die Wasseraufnahme richtet sich nach den Wasserverlusten: - Physiologische Verluste: Miktion (40 ml/kg/Tag), Fäzes und Atmung, Laktation - Pathologische Verluste: Diarrhoe, Erbrechen, Ödeme, Hautverletzungen, Diabetes mellitus, eingeschränkte Nierenfunktion etc. Eine Abnahme des Blutdrucks und des Blutvolumens löst über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System ebenfalls Durst aus.

> Äußere Faktoren mit Einfluss auf das Trinkverhalten

Zusammensetzung der Nahrung Die Trinkwasseraufnahme wird beeinflusst vom Futtermitteltyp und vom Feuchtigkeitsgehalt der Nahrung. Katzen, die Dosennahrung erhalten, trinken praktisch nichts, da sie ihren gesamten Flüssigkeitsbedarf über die Nahrung decken. Gleiches gilt für Katzen, die mit frischem Fisch oder Fleisch gefüttert werden. Trockennahrung enthält lediglich 7-8 % Feuchtigkeit, so dass entsprechend gefütterte Katzen deutlich mehr Wasser trinken, um ihren Tagesbedarf an Flüssigkeit zu decken. Untersuchungen belegen, dass Trockenfutter die fäkalen Wasserverluste steigert, die Wasserverluste über den Harn jedoch senkt (Jackson & Tovey 1977). Zu berücksichtigen ist, dass die Wasseraufnahme durch den Feuchtigkeitsgehalt der Nahrung zwar erheblich modifiziert wird, das allgemeine Flüssigkeitsgleichgewicht davon jedoch unberührt bleibt. Das Risiko der Harnsteinbildung hängt eher mit der Mineralstoffzusammensetzung des Harns und dem HarnpH-Wert zusammen als mit dem Feuchtigkeitsgehalt der Nahrung. Eine risikoreiche Situation entsteht vor allem bei der Umstellung der Ernährung einer Katze von Dosennahrung auf Trockenfutter. Die Energiedichte des Futters hat keinen Einfluss auf die Trinkwasseraufnahme. Dagegen führt eine Erhöhung des diätetischen Proteingehalts zu einer Steigerung der Trinkwasseraufnahme. Ursache ist die zur vermehrten Harnstoffausscheidung erforderliche Steigerung der Diurese. Kohlenhydrate senken die Trinkwasseraufnahme aufgrund des höheren Wasseroutputs des Kohlenhydratstoffwechsels. Natriumchlorid steigert die Trinkwasseraufnahme. Eine Hypernatriämie (> 160 mEq/l) löst Durst aus und induziert die Trinkwasseraufnahme bei der Katze.

Temperatur Das Trinkverhalten wird bei der Katze in sehr viel geringerem Maße von der Umgebungstemperatur und der körperlichen Aktivität beeinflusst, als dies beim Hund der Fall ist. Eine einfache Erklärung für dieses Phänomen ist die Tatsache, dass Katzen keine signifikanten Flüssigkeitsverluste über den Speichel oder auf dem Wege der Transpiration aufweisen. Das Trinkwasser der Katze sollte nicht zu kalt sein und 10 °C nicht unterschreiten.

Zugang zu Nahrung Verhalten

Dieser Faktor ist beim Hund wesentlich besser untersucht als bei der Katze. Bei restriktiver Fütterung steigt die Wasseraufnahmerate auf 2,5 ml pro Gramm Trockensubstanz. Im Vergleich zur ad libitum Fütterung führt ein auf eine Stunde täglich begrenztes Fütterungsschema zu einer geringeren Futter- und Trinkwasseraufnahme. In diesem Kontext ist die Wasseraufnahme eng mit den Mahlzeiten verknüpft, und es handelt sich bei diesem Trinkverhalten um einen erlernten Prozess.

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5 - Das Trinkverhalten der Katze

Praktische Überlegungen zur Förderung der Trinkwasseraufnahme Ähnlich wie bei der Futteraufnahme trinken Katzen mehrfach in kleinen Portionen über die gesamten 24 Stunden eines Tages. Im Durchschnitt trinkt eine Katze zwischen 12 und 16 Mal pro Tag, nimmt dabei aber jedes Mal nur geringe Wassermengen zwischen 10 und 12 ml auf. Zwischen einzelnen Individuen gibt es jedoch erhebliche Unterschiede, die auf die Summe der oben beschriebenen physiologischen Effekte zurückzuführen sind. Um das Trinken zu fördern, sollten Katzen stets mit frischem, sauberem Wasser in leicht zugänglichen Näpfen versorgt werden. Wichtig ist, dass die Katze jederzeit uneingeschränkten Zugang zu Trinkwasser hat. Stellt der Besitzer lediglich einen Wassernapf in einem Raum zur Verfügung, besteht die Gefahr, dass dieser Raum über eine gewisse Zeit verschlossen bleibt und die Katze sich somit nicht in ausreichendem Maße mit Trinkwasser versorgen kann. Zu empfehlen ist deshalb ein zweites Trinkgefäß an anderer Stelle im Haushalt, insbesondere, wenn die Katze über längere Zeit ohne Aufsicht ist, z. B. am Wochenende. Verunreinigtes Wasser wird von Katzen in der Regel nicht angenommen. Glas-, Metall- oder Porzellangefäße werden Plastiktrinknäpfen vorgezogen. Eine wichtige Rolle spielt auch der Standort des Wassernapfes. Der Mindestabstand vom Futternapf und von der Katzentoilette sollte 50 cm betragen. Bei hospitalisierten Katzen sind diese Abstände oft schwer einzuhalten. Das Trinkwasser muss geruchsneutral sein, da Katzen extrem sensibel auf Gerüche reagieren. Einige Katzen ziehen es vor, aus der Toilette oder aus dem Waschbecken zu trinken, andere bevorzugen fließendes Wasser aus dem Wasserhahn oder aus einem elektrisch betriebenen Springbrunnen. Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Akzeptanz des Trinkwassers ist der Zusatz von Fleischsaft, etwas Milch oder einer Prise Kochsalz. Eine weitere Alternative zur Erhöhung der Wasserzufuhr ist die Umstellung der Ernährung auf Feuchtnahrung oder flüssiges Futter.

Störungen des Trinkverhaltens > Adipsie oder Hypodipsie Eine Hyponatriämie kann unabhängig von ihrer Ursache (hochgradige Lebererkrankung, kongestive Herzinsuffizienz, akute Niereninsuffizienz, nephrotisches Syndrom) zum Sistieren der Trinkwasseraufnahme führen. Bei dieser Form der Adipsie handelt es sich um einen kompensatorischen Mechanismus. Erkrankungen der Maulhöhle (Gingivitis, Abszesse, Tumore, Ulzera, Kieferfrakturen, Fremdkörper etc.) können das Trinken einschränken, entweder aus mechanischen Gründen oder aufgrund von Schmerzen. Adipsie kann auch einfach die Folge einer schlechten Wasserqualität sein (z. B. Wasser steht zu lange Zeit in einem verunreinigten Napf). Zu beachten ist, dass Katzen kein Wasser trinken, so lange ihr Flüssigkeitsbedarf über die Nahrung (z. B. Feuchtfutter) gedeckt wird! Die mittlere Trinkwasseraufnahme der Katze hängt unter anderem von der mit der Nahrung aufgenommenen Trockensubstanz ab. Sie beträgt etwa 2 ml Wasser pro verzehrtem Gramm Trockensubstanz.

> Polydipsie Jeder Veränderung des Trinkverhaltens muss sorgfältig auf den Grund gegangen werden. Als pathologisch ist die Wasseraufnahme bei Werten von über 100 ml/kg/Tag zu betrachten. Jede Ursache einer Polyurie (>50 ml/kg) führt zwangsläufig auch zu Polydipsie (Tabelle 8). Mit Hilfe der Bestimmung der Plasmaosmolarität kann zwischen primärer Polydipsie und sekundärer, kompensatorischer Polydipsie unterschieden werden (Remy 1986): - Liegt die Plasmaosmolarität über 310 mOsm/l, handelt es sich um eine sekundäre Polydipsie infolge einer zugrunde liegenden Polyurie, die zu erhöhten Flüssigkeitsverlusten über den Harn führt. - Liegt die Plasmaosmolarität unter 290 mOsm/l, handelt es sich um eine primäre Polydipsie, und die Polyurie wird durch den niedrigen osmotischen Druck hervorgerufen.

Eine Hyperkalzämie infolge eines sekundären Hyperparathyreoidismus kann bei der Katze eine Durst stimulierende Wirkung haben. Eine Leberinsuffizienz kann zu Polydipsie aufgrund des eingeschränkten Reninabbaus und der erhöhten Angiotensinaktivität führen.

© Royal Canin

Verhalten

Die Aufnahme salziger Nahrungsmittel (z. B. Fischabfälle) führt zu Polydipsie mit daraus folgender Polyurie. Polydipsie kann auch eine Reaktion auf Stress sein oder eine Kompensation permanenter Angst. Hyperkortisolämie löst ebenfalls eine übermäßige Trinkwasseraufnahme aus (Landsberg 2003). Bei Katzen mit Polydipsie müssen also potenziell vorhandene Konfliktsituationen abgeklärt und gegebenenfalls entsprechend korrigiert werden.

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Schlussfolgerung

TABELLE 8 – DIFFERENZIALDIAGNOSEN BEI POLYDIPSIE nach Masson 2004

Harnanalyse

Blutuntersuchung

Ursache und Grad Osmolarität Chronische Nierenerkrankung + Pyometra +

N

Diabetes mellitus ++

abnorme Befunde

Harnstoff

Proteine

N

Proteine

N

Glukose

Diabetes insipidus +++ Hyperadrenokortizismus ++

N

N

Hyperthyreose ++

N

N

Leberinsuffizienz ++

N

Hyperkalzämie +

Bilirubin

N oder N ooder

N

andere

N N

Gastroenteritis +

Glukose

N

N geringgradig

Kortisol

N N oder

SGPT

N N

Kalzium

N = unverändert

Schlussfolgerung Die hier vorgestellten Ergebnisse sollen das Verständnis des physiologischen Ernährungsverhaltens unserer Hauskatzen fördern. Einige Informationen sind empirischen Ursprungs, andere stammen aus wissenschaftlichen Untersuchungen, sowohl unter natürlichen Bedingungen im Feld als auch unter experimentellen Bedingungen im Labor. Eine direkte Übertragung entsprechender Daten anderer Spezies oder großer Feliden auf unsere Hauskatzen sollte vermieden werden. Die Ergebnisse sollen den Tierarzt und den Katzenbesitzer bei der Wahl geeigneter Fütterungsmethoden und Futtermitteltypen unterstützen. Bei der Erstellung von Fütterungsprotokollen müssen sowohl der domestizierte Status der Katze mit seinem besonderen sozialen Beziehungsgefüge, als auch das ursprüngliche und bei unseren Hauskatzen immer noch vorhandene Jagd- und Beuteverhalten berücksichtigt werden. Medizinische Probleme können oft zu Veränderungen der Selektivität und der Regulation des Nahrungsaufnahmeverhaltens führen. Eines der zentralen Gesundheitsprobleme unserer Hauskatzen ist Adipositas. Mit der richtigen Erziehung der Besitzer und einer optimal angepassten Fütterungsstrategie kann eine übermäßige Gewichtszunahme bei Katzen heute wirksam vermieden oder behandelt werden. Das gegenteilige Phänomen sind Katzen mit besonders wählerischem oder mäkeligem Ernährungsverhalten, das aus medizinischer Sicht allerdings nur dann zum Problem wird, wenn die Katze tatsächlich an Gewicht verliert. Das eigentliche „Behandlungsziel“ in vielen dieser Fälle sind die Wahrnehmungen und Ansichten der Besitzer. Verhaltensprobleme im Zusammenhang mit der Nahrungs- und Trinkwasseraufnahme können auf Angst, ungeeignete Haltungsbedingungen, erlerntes Ernährungsverhalten oder Zwangsstörungen zurückzuführen sein. Mit Hilfe einer vollständigen klinischen Untersuchung und einer ethologischen Analyse sollte der Tierarzt in der Lage sein, die Ursache des Problems zu erkennen und zielgerichtet zu behandeln.

Verhalten

Obgleich die Integration einer Katze in die Familie zweifellos sehr viel Freude bereiten kann, gehört es auch zu den Aufgaben des Tierarztes, den Besitzern zu erläutern, dass ein allzu anthropomorpher Umgang mit der Katze vermieden werden sollte. Insbesondere gilt dies für alle Fragen der Ernährung.

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Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen zum Ernährungsverhalten der Katze

F

A

Brauchen Katzen Abwechslung beim Geschmack und Aroma ihrer Nahrung?

Nein, wenn die Katze ein gut ausgewogenes Futter hoher Akzeptanz bekommt, braucht sie keine Abwechslung.

Warum sind Katzen beim Fressen „schwieriger“ als Hunde?

Dieses weit verbreitete Vorurteil ist nicht richtig. Auch ein schlecht erzogener Hund ist unter Umständen nur sehr schwer zufrieden zu stellen. Für einige Hunde ist die Verweigerung der Nahrungsaufnahme ein Weg, um ihre Stellung in der Familie zu bestätigen. Die Katze dagegen misst ihrer Nahrung keinerlei soziale Bedeutung bei. Wenn sie die Futteraufnahme verweigert, ist sie entweder krank oder sie hat eine tatsächliche Aversion gegen das angebotene Futter. Die Konkurrenz innerhalb des Rudels hat Hunde schon immer dazu getrieben, soviel Nahrung wie möglich in so kurzer Zeit wie möglich zu verschlingen. Der Hund verhält sich gewissermaßen wie ein „Vielfraß“. Die Katze als ausgeprägte Einzeljägerin hat dagegen in der Regel alle Zeit, um ihre Beute zu zerlegen und zu verzehren. Sie verhält sich also eher wie ein „Feinschmecker“.

Immer wenn ich in die Küche gehe, folgt meine Katze und miaut! Was will sie?

Für die Katze findet die örtlich und zeitlich intensivste Interaktion mit dem Besitzer meist rund um die Nahrungsaufnahme statt. Findet diese Interaktion vorwiegend in der Küche statt, wird die Katze diesen Ort wählen, um die Aufmerksamkeit des Besitzers zu suchen. Eine bereits bedarfsgerecht gefütterte Katze sollte als Reaktion auf ihre Lautäußerungen und ihr Aufmerksamkeit suchendes Verhalten keine zusätzliche Nahrung bekommen, da sie dies als Belohnung für ihr Verhalten auffassen würde. Die Folge wäre ein Lerneffekt, der das unerwünschte Verhalten zusätzlich verstärkt. Außerhalb der Fütterungszeiten sollte man deshalb versuchen, diesem Verhalten mit alternativen „Belohnungen“ zu begegnen, zum Beispiel durch Spielen mit der Katze, Fellpflege oder andere soziale Interaktionen.

Ich habe zwei Katzen, und eine ist übergewichtig. Wie kann ich beide Katzen bedarfsgerecht füttern?

Zur Deckung ihres jeweiligen Nährstoff- und Energiebedarfs benötigen beide Katzen wahrscheinlich unterschiedliche Futtermittelprodukte. Eine Lösung besteht darin, die Katzen in Form von zeitlich limitierten Mahlzeiten zu füttern. Mehrmals täglich bekommt jede Katze ihr Futter über einen bestimmten Zeitraum angeboten. Um sicherzustellen, dass jede Katze auch tatsächlich die für sie bestimmte Nahrung frisst, sollten die beiden Tiere während der Mahlzeiten räumlich getrennt werden. Nach Ende der definierten Fütterungszeit werden die Futternäpfe bis zum nächsten Fütterungstermin entfernt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Futternapf der dünneren und damit unter Umständen etwas agileren Katze in erhöhter Position (z. B. auf einem Regal) und damit außer Reichweite der übergewichtigen Katze zu platzieren.

Verhalten

Sind Katzen sensibel für „süß“ und „salzig“?

Die Katze unterscheidet sich vom Menschen und vom Hund unter anderem dadurch, dass sie keinerlei Präferenz für die Geschmacksrichtung „süß“ zeigt. Dies hängt mit ihrem Status als strikter Fleischfresser zusammen. Katzen sind zudem weniger sensibel für Salz und haben eine höhere Wahrnehmungsschwelle für NaCl oder KCl. Da die Katze über ihre Beutetiere in ausreichendem Maße Salz aufnimmt, fand ihre Selektion im Laufe der Evolution nicht in Richtung dieser für andere Säugetiere, insbesondere Pflanzenfresser, durchaus lebensnotwendigen Geschmackskapazität statt.

470


Häufig gestellte Fragen

A

Wie reagiere ich, wenn meine Katze die Aufnahme des verordneten Futters verweigert?

Die Umstellung auf das neue Futter sollte nach Möglichkeit langsam und schrittweise erfolgen. Ein Lösungsansatz besteht darin, das neue Futter anfangs direkt neben dem Napf mit der gewohnten Nahrung anzubieten. In einigen Fällen kann es hilfreich sein, beide Futtermittel zu mischen. Wenn sich die Textur der beiden Futtermittel sehr stark unterscheidet, kann dies zu erheblichen Akzeptanzproblemen bei der Katze führen. Nach Möglichkeit sollte das neue Futtermittel also so gewählt werden, dass es sich, vor allem seine physikalischen Eigenschaften betreffend, nicht allzu sehr von der gewohnten Nahrung der Katze unterscheidet.

Wie verhindere ich, dass meine Katze Vögel jagt?

Die Jagd auf Vögel ist zwar vom Menschen nicht erwünscht, es handelt sich aber um ein normales, natürliches Verhalten der Katze, das letztlich nur durch Einsperren der Katze in der Wohnung vollständig zu verhindern ist. Ist dies nicht möglich, so kann man den Jagderfolg der Katze mindern, indem man ihr ein sich schnell lösendes Sicherheitshalsband mit einem Glöckchen anlegt, das die Vögel vor der herannahenden Katze warnt. Hilfreich ist es natürlich auch, sämtliche potenziellen Versuchungen, wie zum Beispiel Vogelfutterhäuschen etc., aus dem Garten zu entfernen.

Ich soll die Trinkwasseraufnahme meiner Katze fördern. Wie mache ich das?

Die Wasseraufnahme der Katze ist abhängig vom angebotenen Futtermitteltyp. Katzen, die ausschließlich Trockenfutter bekommen, trinken deutlich mehr als Katzen, die mit Dosennahrung ernährt werden. Die Flüssigkeitsaufnahme der Katze kann erhöht werden, indem man Dosennahrung zusätzlich mit Wasser versetzt oder das Trinkwasser mit Fischaroma anreichert. Einige Katzen bevorzugen frisches, fließendes Wasser und trinken mehr, wenn man ihnen Wasser direkt aus dem Wasserhahn oder aus einem im Handel erhältlichen Katzenspringbrunnen anbietet.

Verhalten

F

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Literatur

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Diätetische Informationen von Royal Canin

Akzeptanz und präzise Deckung des Nährstoffbedarfs – Eine starke Verbindung Die Akzeptanz der Nahrung ist eine unabdingbare Voraussetzung, um sicherzustellen, dass die Katze alles das bekommt, was sie braucht. Das am besten ausgewogene Futtermittel ist nutzlos, wenn die Katze die Aufnahme verweigert. Dies gilt umso mehr, wenn der Gesundheitszustand der Katze ein Spezialfuttermittel verlangt, dessen Zusammensetzung sich theoretisch ungünstig auf die Akzeptanz auswirkt, zum Beispiel aufgrund eines niedrigen Salz-, Fett- oder Proteingehalts. Es gibt zahlreiche Wege, diese Hindernisse zu überwinden und eine adäquate Akzeptanz zu gewährleisten.

Akzeptanz ist kein Luxus, sondern vielmehr eine entscheidende Notwendigkeit. Das grundlegende Ziel der Ernährung ist die tägliche Zufuhr sämtlicher essenzieller Nährstoffe in ausreichender Menge und Qualität. An erster Stelle steht der Energiebedarf des Organismus. Die Zusammensetzung von Katzennahrung richtet sich in erster Linie

nach der erforderlichen Energiedichte. Mit anderen Worten heißt dies, das angebotene Rationsvolumen muss so dimensioniert werden, dass es mit der Verdauungskapazität der Katze kompatibel ist. • Ein zu geringes Volumen führt bei der Katze nicht zum Gefühl der Sättigung. • Ein zu großes Volumen wird unter Umständen nicht vollständig verzehrt oder verursacht Verdauungsstörungen.

Eine hohe Akzeptanz der Nahrung kann der Katze helfen, bestimmte Formen von Stress zu überwinden. Bei vielen Katzen ist Appetitverlust eines der ersten Symptome von Stress. Besitzt das Futter eine unzureichende Akzeptanz und handelt es sich um eine längere Stressperiode, besteht die Gefahr einer chronischen Unterversorgung und der Entstehung von Nährstoffmängeln. Betroffene Katzen verlieren an Gewicht, ihre Fellqualität verschlechtert sich und die Immunabwehr ist geschwächt.

Beispiele für Situationen, in denen es zu Appetitstörungen kommen kann: • Veränderungen der Umwelt: Aufnahme eines Katzenwelpen oder einer neuen Katze im Haushalt, Umzug oder Aufenthalt in der Katzenpension. • Umstellung der Ernährung: Einige Katzen neigen dazu, neue Futtermittel abzulehnen (Neophobie). Dieses Phänomen wird insbesondere dann beobachtet, wenn das neue Futter unter ungünstigen Umweltbedingungen angeboten wird, oder wenn die Katze das gewohnte Futter bereits über einen sehr langen Zeitraum bekommen hat. Zur Überwindung dieser Neophobie muss das neue Futter langsam und schrittweise im Rahmen einer möglichst schonenden Futterumstellung eingeführt werden (Abbildung 1). Am besten erfolgt die Umstellung unter für das Wohlbefinden der Katze möglichst idealen äußeren Bedingungen, um die Entwicklung einer echten Aversion zu vermeiden, die letztlich sehr viel schwieriger zu überwinden wäre, als eine Neophobie.

ABBILDUNG 1 – ZEITPLAN FÜR EINE SCHONENDE FUTTERUMSTELLUNG

Gewohntes Futter Neues Futter Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Verhalten

Eine Futterumstellung sollte stets langsam und schrittweise durchgeführt werden. So kann man zum Beispiel an Tag 1 eine Mischung aus 25 % des neuen Futters und 75 % des gewohnten Futters anbieten, an Tag 2 jeweils 50 %, an Tag 3 75 % des neuen und 25 % des gewohnten Futters, und an Tag 4 schließlich erhält die Katze ausschließlich das neue Futter.

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Diätetische Informationen von Royal Canin

Wie wird die Akzeptanz beurteilt? Die Akzeptanz wird im Rahmen objektiver ethologischer Studien gemessen, in deren Rahmen das Verhalten der Katze gegenüber einem oder mehreren Futtermitteln beobachtet wird. Dabei wird versucht, die Präferenzen des Tieres herauszufinden und die Art und Weise der Futteraufnahme zu analysieren.

Die Präferenz der Katze für ein bestimmtes Futtermittel Die Präferenz der Katze kann im Rahmen eines Vergleichstests bestimmt werden. Das Prinzip ist ein Vergleich der verzehrten Mengen zweier verschiedener, gleichzeitig angebotener Futtermittel (Abbildung 2). Die Auswahlkriterien der Katze werden anschließend analysiert. Die Zuverlässigkeit und die Aus-

sagekraft der Ergebnisse hängen unter anderem von der Anzahl der teilnehmenden Katzen und der Dauer der Studie ab. Durch eine gezielte Auswahl der Katzen mit dem am stärksten ausgeprägten Unterscheidungsvermögen lässt sich die Sensibilität dieser Tests erhöhen.

Die Art und Weise der Futteraufnahme Die Art und Weise der Futteraufnahme spiegelt die Attraktivität des Futters für die Katze wider. Wichtige Parameter sind die innerhalb einer bestimmten Zeit spontan aufgenommene Futtermenge oder die für die Aufnahme einer bestimmten Futtermenge benötigte Zeit. Wertvolle Zusatzdaten liefern Videoanalysen der Futteraufnahmetechniken, also

der Art und Weise, wie ein Futterbrocken ergriffen und in die Maulhöhle aufgenommen wird. Beobachtet werden ferner etwaige Schwierigkeiten bei der Futteraufnahme. Die aus wissenschaftlich betreuten Katzenkolonien stammenden Informationen werden anschließend im Rahmen von Studien unter Feldbedingungen an Katzen privater Besitzer bestätigt. Dabei wird die Akzeptanz unter den verschiedensten praktischen Bedingungen beurteilt. Eine wichtige Rolle spielen dabei katzenunabhängige Aspekte wie die Einschätzung des Aussehens eines Produktes durch den Besitzer und seine Empfindungen bei der Fütterung des Produktes, die unterschiedlichen praktischen Bedingungen und die Umstände der Fütterung etc.

ABBILDUNG 2 – ZWEI UNTERSCHIEDLICHE WEGE, DIE AKZEPTANZ DARZUSTELLEN

Fall Nr. 1

Fall Nr. 2 Keine Präferenz

100 %

Futtermittel B Futtermittel A 75 %

50 %

25 %

0 Verhältnis der verzehrten Mengen von Futtermittel A zu B

Darstellung der Präferenzen

Verhalten

Die Ergebnisse können auf zwei Weisen dargestellt werden: - Fall Nr.1: Die Grafik stellt lediglich das Verhältnis der von allen Katzen verzehrten Mengen von Futtermittel A und Futtermittel B dar. - Fall Nr. 2: 16 % der Katzen bevorzugten Futtermittel A (das heißt, sie haben eine mindestens doppelt so hohe Menge des Futtermittels A aufgenommen), 54 % bevorzugten Futtermittel B, und 33 % der Katzen zeigten keine Präferenz für eines der beiden Produkte. Diese zweite Methode spiegelt die Unterschiede besser wieder, da sie die Anzahl der Katzen mit eindeutiger Präferenz berücksichtigt.

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Diätetische Informationen von Royal Canin

Nimmt die Akzeptanz mit der Zeit ab? Alle Futtermittelprodukte verändern ihre Qualität mit der Zeit. Um die gute Akzeptanz eines Produktes über die gesamte Lagerungsperiode sicherzustellen, muss der Alterungsprozess verlangsamt werden.

Qualität der Fette Die Haltbarmachung der Fette in einem Futtermittelprodukt verlangt eine strenge Überwachung, insbesondere des Fettanteils der Krokettenbeschichtung. Bei Kontakt mit dem Sauerstoff der Luft bilden Fettmoleküle instabile Metaboliten – freie Fettsäuren –, die zu Oxidationsprozessen führen. Besonders oxidationsanfällig sind die bei Raumtemperatur flüssigen Fette (Geflügelfette, Pflanzenöle), da sie zum großen Teil ungesättigt sind. Beschleunigt wird dieser Prozess durch Lagerung von Futtermitteln in lichtexponierter und warmer Umgebung. Die Aufgabe von Antioxidanzien besteht darin, freie Radikale zu blockieren, bevor diese eine Kettenreaktion auslösen, die zur Bildung von Peroxiden, sekundären oxidativen Verbindungen, Aldehyden und Ketonen

führt. Alle diese Substanzen sind potenziell toxisch. Allerdings kommt es nur selten vor, dass Katzen Futtermittel fressen, die verdorbene Fette enthalten, da sie eine sehr hohe organoleptische Sensibilität für den oxidationsbedingten ranzigen Geruch haben. Die Anwendung hoch wirksamer Antioxidanzien ist eine unverzichtbare Maßnahme, um die Akzeptanz von Futtermitteln zu erhalten und die Gesundheit des Tieres zu schützen.

Entwicklung des Aromaprofils Die Kompetenz von Futtermittelherstellern in Sachen Akzeptanz beschränkt sich nicht nur auf die Entwicklung von Aromen, die auf Katzen besonders anziehend wirken. Bei diesen Aromen handelt es sich im Wesentlichen um flüchtige Verbindungen, die vom Geruchssinn der Katze leicht wahrgenommen werden, zugleich aber dazu neigen, sich bei Raumtemperatur schnell zu verflüchtigen. Die Folge ist, dass nach Verflüchtigung des Aromas der äußeren Schichten nun der Geruch des Kroketteninneren hervortritt. Unter

Umständen empfindet die Katze dieses nun wahrnehmbare Aromaprofil aber nicht unbedingt als genauso attraktiv wie das der äußeren Krokettenbeschichtung. Eine weitere Gefahr ist die Veränderung bzw. Verschlechterung der Aromaprofile im Laufe der Zeit. Was zunächst als attraktives Aroma wahrgenommen wird, kann sich mit der Zeit in einen negativen Akzeptanzfaktor umwandeln. Die Forschung im Bereich der Akzeptanz von Futtermitteln umfasst somit auch die Untersuchung der Entwicklung dieser Substanzen im Laufe der Alterung des Produktes. Ziel ist es, eine zufrieden stellende Akzeptanz des Produktes mindestens bis zu dem auf der Verpackung angegebenen Haltbarkeitsdatum sicherzustellen. Um das Risiko eines Akzeptanzverlustes nach dem Öffnen der Verpackung zu begrenzen, muss zunächst eine Verpackungsgröße gewählt werden, die dem tatsächlichen Futtermittelverbrauch der Katze angepasst ist. Eine 4 kg schwere Katze, die im Durchschnitt 50 g Trockenfut-

ABBILDUNG 3 – GEHALT AN MEHRFACH UNGESÄTTIGTEN FETTSÄUREN (PUFA) IN VERSCHIEDENEN ÖLEN UND FETTEN

66

PUFA (% TS)

60

23,4

25,3

Verhalten

© C. Renner

13,1 5,8 1,5 Kokosöl

Die Qualität der Fette wird sowohl in den Rohstoffen als auch im Endprodukt kontrolliert. Zentrale Kriterien für eine hohe Akzeptanz sind die Frische und die Oxidationsresistenz von Ölen und Fetten.

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Talg

Schmalz

Fisch

Geflügel

Borretsch

Je höher der Gehalt an PUFA und je länger die Fettsäureketten, desto oxidationsanfälliger ist das Fett bei unzureichendem Schutz.

Soja


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© C. Renner

höhere Bioverfügbarkeit und sind nicht in der Lage, Oxidationsreaktionen im Futtermittel zu katalysieren.

Die Aufgabe von Antioxidanzien ist die Stabilisierung der im Produkt und in der Krokettenbeschichtung enthaltenen Fette, um die Akzeptanz des Futtermittels zu erhalten und die Gesundheit der Katze zu schützen. terkroketten pro Tag verzehrt, verbraucht im Monat etwa 1,5 kg Trockenfutter. Über diesen Zeitraum bleiben die Aromen gut erhalten, wenn der Beutel nach jeder Entnahme hermetisch verschlossen, lichtgeschützt und bei stabiler Temperatur gelagert wird. Größere Einheiten sollten vermieden werden, da dies eine längere Lagerung der geöffneten Verpackung bedeuten würde.

Erhalt der ernährungsphysiologischen und organoleptischen Qualitäten des Produktes Der Erhalt der organoleptischen Qualitäten eines Produktes verlangt strikte Kontrollen auf mehreren Ebenen.

Erhalt der ursprünglichen Qualität der eingesetzten Rohstoffe ausgerichtet. Die Zeitspanne zwischen Produktion und Verpackung des Endproduktes wird so kurz wie möglich gehalten. Verhinderung der Autoxidation Zur Vermeidung oxidativer Reaktionen von Beginn an werden chelatierte Spurenelemente (insbesondere Eisen und Kupfer) eingesetzt. In der Chelatform besitzen diese Elemente eine

Sämtliche im Futtermittel enthaltenen Fette müssen frisch sein und bereits vor dem Transport und ihrer Weiterverarbeitung entsprechend geschützt werden. Für die Herstellung von Katzennahrung werden prinzipiell dieselben Inhaltsstoffe verwendet wie für die Herstellung von Nahrungsmitteln für den Menschen. Die Auswahl erfolgt auf der Grundlage ihrer Sicherheit und Qualität. Die Verpackung Um Aromaverluste und Oxidationsprozesse auszuschließen, wird das Endprodukt luftdicht und sauerstofffrei verpackt, ein Verfahren, das als Verpackung unter kontrollierter Atmosphäre bezeichnet wird (Abbildung 4). Dabei wird die sauerstoffhaltige Luft bei der Verpackung des Produktes vollständig durch ein neutrales Gas (Stickstoff) ersetzt. Bei verschlossener Verpackung ist das auf diese Weise konservierte Futtermittel optimal geschützt. Nach dem Öffnen können die Aromen durch eine lichtgeschützte, trockene und konstant kühle Lagerung erhalten werden.

ABBILDUNG 4 – DAS PRINZIP DER VERPACKUNG UNTER KONTROLLIERTER ATMOSPHÄRE

Die Auswahl der Rohmaterialien

Der Herstellungsprozess Sämtliche Schritte des Herstellungsprozesses (Zerkleinern, Kochen, Trocknen, Beschichten) sind auf den

Luftdicht versiegelter Beutel: Kontrollierte Atmosphäre = STICKSTOFF

Die Luft besteht zu etwa 20 % aus Sauerstoff und 80 % aus Stickstoff. Die kontrollierte Atmosphäre in der Verpackung besteht zu 100 % aus Stickstoff und verhindert oxidative Prozesse. Verhalten

Die Akzeptanz eines Produktes muss bereits bei der Formulierung als ein entscheidendes Kriterium berücksichtigt werden. So hat zum Beispiel die zur Trennung von Proteinen und Fetten aus Fleisch eingesetzte Hitzebehandlung einen Einfluss auf die Akzeptanz. Auch die Art der Fettquelle hat aufgrund ihrer individuellen Oxidationsresistenz Auswirkungen auf die Akzeptanz des Endproduktes (Abbildung 3).

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