Klinische Diätetik - Immunität

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Immunit채t


Nicholas J. CAVE BVSc, MVSc, MACVSc, Dipl. ACVN

Ernährung und Immunität

1 - Ernährung und Immunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 2 - Das Immunsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 3 - Ernährungsbedarf des Immunsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 4 - Folgen einer Fehl-/Mangelernährung für das Immunsystem

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488

5 - Auswirkungen der Immunantwort auf den Ernährungsstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 6 - Immunantwort auf diätetische Antigene: orale Toleranz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 7 - Diätetische Modulation der Immunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 - Einfluss der Art der Fütterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Häufig gestellte Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

497 503 504 505 507

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS COX: Cyclooxygenase APZ: Antigen präsentierende Zelle DGLA: Dihomo-g-Linolensäure EPA: Eicosapentaensäure FHV: Felines Herpesvirus FIV: Felines Immundefizienz Virus HETE: Hydroxyeicosatetraensäure HPETE: Hydroperoxyeicosatetraensäure IFN: Interferon Ig: Immunglobulin IL: Interleukin iNOS: induzierbare Stickstoffmonoxidsynthetase

LOX: Lipoxygenase LPS: Lipopolysaccharide LT : Leukotrien NF-kB: nukleärer Transkriptionsfaktor NK: Natürliche Killerzelle NO: Stickstoffmonoxid NOS: NO-Synthetase PAMP: Pathogen associated molecular patterns PG: Prostaglandin PPAR: Peroxisome proliferatoractivated receptor

SIRS: Systemic inflammatory response syndrome TZR: T-Zellrezeptor TGF b: Transforming growth factor Th1: Th1-Lymphozyt Th2: Th2-Lymphozyt TLR: Toll-like Rezeptor TNF-a: Tumornekrosefaktor alpha TX: Thromboxan

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Immunität

ALA: a-Linolensäure PUFA: Mehrfach ungesättigte Fettsäuren ARA: Arachidonsäure CAM: Zelluläres Adhäsionsmolekül CpG-DNA: Cytosin-Guanosin-DNA (immunogene Komponente bakterieller DNA) CD80/CD86: Co-stimulatorische Moleküle MHC: Haupthistokompatibilitätskomplex


Ernährung und Immunität Nicholas J. CAVE BVSc, MVSc, MACVSc, Dipl. ACVN Nicholas Cave schloss sein Studium 1990 an der Massey University (Neuseeland) ab. Anschließend arbeitete er sieben Jahre lang in der privaten Praxis, bevor er eine Residency im Bereich Innere Medizin abschloss und einen Masters Degree in Veterinary Science an der Massey University erwarb. Anschließend absolvierte er eine Residency im Bereich Clinical Nutrition (Klinische Diätetik) und arbeitete im Rahmen seiner Promotion (PhD) im Bereich Ernährung und Immunität an der University of California in Davis, USA. Im Jahr 2004 erhielt er das Diplom des American College of Veterinary Nutrition. Zurzeit ist Nicholas Cave Senior Lecturer (außerordentlicher Professor/Privatdozent) für Kleintiermedizin und Kleintierernährung/-diätetik an der Massey University.

E

Immunität

s gibt nur wenige Erkrankungen, wahrscheinlich sogar keine einzige, deren Pathogenese nicht in irgendeiner Weise vom Immunsystem beeinflusst wird. Dabei kann es sich um eine primäre Beteiligung handeln, wie zum Beispiel bei Überempfindlichkeitsreaktionen (Allergien), oder aber um eine sekundäre Beteiligung, wie im Falle infektiöser Erkrankungen. Ferner gibt es Situationen mit einer auf den ersten Blick vielleicht etwas unklaren und weniger offensichtlichen Beteiligung des Immunsystems, wie zum Beispiel im Falle der Adipositas und ihrer Auswirkungen auf die Immunität. Die Immunfunktion umfasst sowohl einfache, angeborene Abwehrmechanismen als auch komplexe, hoch adaptive, Antigen spezifische, multizelluläre Reaktionen. Von den einfachen Abwehrreaktionen bis hin zu den komplexesten Mechanismen hängt die Funktion des Immunsystems, wie die eines jeden anderen Körpersystems, in ganz entscheidendem Maße von einer bedarfsgerechten Energie- und Nährstoffversorgung ab und reagiert sehr sensibel auf diätetische Mangelzustände oder Imbalanzen. Im Unterschied zu anderen Körpersystemen hat das Immunsystem einen sehr variablen Nährstoff- und Energiebedarf, um sehr schnell auf die Anforderungen verschiedener Prozesse wie der Zellerneuerung (Zellreplikation), der zellulären Synthese und anderer Vorgänge, für die viel Energie benötigt wird, reagieren zu können. Aus diesem Grund reagiert das Immunsystem sowohl auf die langfristige als auch auf die kurzfristige Ernährung sehr sensibel. In Anbetracht der zentralen Rolle des Immunsystems, die dem Individuum einerseits zum Vorteil gereichen kann, andererseits bei einigen Erkrankungen aber auch potenziell schädliche Auswirkungen hat, müssen wir verstehen, auf welche Weise die Ernährung die Immunität beeinflussen kann, und zwar sowohl beim gesunden als auch beim kranken Individuum. Dieses Kapitel befasst sich mit einigen der wichtigsten Zusammenhänge zwischen Ernährung und Immunität bei der Katze. 480


Die Ernährung nimmt auf drei Wegen einen direkten Einfluss auf die Immunantwort (Abbildung 1 und 2): 1. Verstärkung oder Auslösung einer überschießenden Immunantwort 2. Suppression oder Begrenzung der Immunantwort 3. Modifikation der Art der Immunantwort

ABBILDUNG 1 – ERNÄHRUNG UND IMMUNITÄT Ernährung

Immunität

Die Interaktionen zwischen Ernährung und Immunität sind komplexer Natur und nach wie vor nicht vollständig geklärt. Ein wichtiges Grundprinzip ist der bidirektionale Charakter dieser Interaktionen.

Ob sich eine Veränderung der Immunfunktion positiv oder negativ auf den Organismus auswirkt, hängt zum einen vom spezifischen Krankheitsstatus ab, zum anderen aber auch vom individuellen Patienten. So kann die Abschwächung einer Immunreaktion bei einem Patienten mit Überempfindlichkeit (z. B. atopische Dermatitis) oder im Falle einer überschießenden systemischen Immunreaktion (systemisches inflammatorisches Response-Syndrom oder SIRS) vorteilhaft sein. Umgekehrt ist eine Verstärkung der Immunantwort wünschenswert, wenn es beispielsweise um die Prävention oder die Bekämpfung einer Infektion geht oder um die immunologische Bekämpfung einer Tumorerkrankung. Die Modulation der Immunität kann sich aber auch schädlich oder sogar tödlich für den Wirt auswirken. So kann eine Immunsuppression im Angesicht einer Infektion zu verlängerter Morbidität oder sogar Sepsis führen. Umgekehrt kann die Verstärkung der Immunität bei Zuständen, die bereits durch eine exzessive oder mangelhaft regulierte Immunreaktion gekennzeichnet sind (z. B. SIRS, Überempfindlichkeitsreaktionen) zu gesteigerter Autodestruktion (endogene Gewebezerstörung) führen. Klar ist, dass die gleiche Ernährung nicht in allen diesen sehr unterschiedlich gelagerten Fällen allen Bedürfnissen gerecht werden kann. Um zu verstehen, auf welche Weise die Ernährung Einfluss auf die Immunität nehmen kann, müssen wir uns zunächst das Wesen und die Funktion des Immunsystems in Erinnerung rufen.

ABBILDUNG 2 – ERNÄHRUNG, PATHOGENES AGENS UND IMMUNITÄT Ernährung

pathogenes Agens

Immunität

Berücksichtigt man die Spezifität der Pathogene oder der Tumorzellen, die die Immunantwort auslösen, werden diese Interaktionen noch sehr viel komplexer.

1 - Ernährung und Immunität – Komplexe Interaktionen

1 - Ernährung und Immunität – Komplexe Interaktionen

ABBILDUNG 3 – CHARAKTERISTIKA UND FUNKTIONEN DER ANGEBORENEN UND DER ADAPTIVEN/ERWORBENEN IMMUNITÄT Schlüsselpunkte der diätetischen Modulation

IFN-g

Perforine

TLRs

0 Stunden IL-1 TNF-a IL-6 > Akutphasenreaktion 6 Stunden

> Abtötung mikrobieller Organismen > Schädigung des Wirtsgewebes Respiratory Burst [HOCl O2-•] [NO•] Phagozytose

> Migration 12 Stunden

ANGEBORENE IMMUNITÄT

Eicosanoide [PGE2] [LTB4]

ADAPTIVE/ERWORBENE IMMUNITÄT

2 - Das Immunsystem Das Immunsystem hat sich in all seiner Komplexität entwickelt, um den Organismus gegen infektiöse Organismen von Viren über Bakterien und Pilzen bis hin zu großen, mehrzelligen Parasiten zu verteidigen. Das Repertoire der Immunantworten reicht dabei von einfachen, unspezifischen, barriereartigen Funktionen bis hin zu phylogenetisch hoch entwickelten, komplexen, adaptiven Reaktionen, die unter anderem zur Zerstörung oder Elimination des pathogenen Angreifers führen (Abbildung 3). Die optimale immunologische Antwort auf eine Infektion würde zur Elimination des pathogenen Agens ohne eine dadurch bedingte Schädigung des Wirtsorganismus führen. Immunreaktionen sind in diesem Sinne jedoch niemals perfekt, und so kommt es im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Immunsystem und pathogenem Agens immer auch zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Schädigung des Wirtsorganismus, im schlimmsten Fall bis hin zum Tode.

IFN-g CD 80/86

Proliferation 3 Tage

IL-4 IL-10

5 Tage

Proliferation Wirkungsort: Diätetische Modifikation Vitamin A, Protein-/Energiemangelernährung Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA) Antioxidanzien, Protein-/Energiemangelernährung Antioxidanzien, Arginin, Glutamin, Genistein, Karotinoide Glutamin, Genistein, Eisen Lutein, Genistein Leptin, Vitamin E, PUFA Nährstoffe aus Tabelle 2, Lutein, Genistein (Katze?), Kupfer, Zink Lutein, Vitamin A , Eisen

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Immunität

Funktion


TABELLE 1 – SCHLÜSSELELEMENTE DER ANGEBORENEN IMMUNITÄT Element

Beispiele

Funktionen

Epitheliale Sekrete

Pathogenelimination, Transport antimikrobieller Moleküle

Epitheliale Barrieren

Pathogenelimination Defensine, Lysozym

Abtötung mikrobieller Organismen

Natürliche Antikörper

IgM

Opsonierung, Komplementbindung

Phagozyten

Neutrophile, Makrophagen

Phagozytose und Abtötung mikrobieller Organismen

Killerzellen

Natürliche Killerzellen (NK)

Lyse infizierter oder neoplastischer Zellen, Aktivierung von Makrophagen

Gerinnungsproteine

Thrombin

Physische Abgrenzung mikrobieller Organismen

Komplement

Abtötung mikrobieller Organismen, Opsonierung, Chemotaxis, Aktivierung von Leukozyten

C-reaktives Protein

Opsonierung

ABBILDUNG 4 - LIGANDEN UND EFFEKTE DER SIGNALTRANSDUKTION VON TOLL-LIKE REZEPTOREN (TLR) Lipoteichonsäure Grampositiver Bakterien TLR1

TLR2

TLR4

TLR3 Virale Doppelstrang-RNA

TLR9 • Herpesvirus-DNA • Bakterielle CpG-DNA Sequenzen

NF-kB ZYTOSOL

KERN

Phosphoryliert durch eine Tyrosinkinase

NF-kB DNA-Bindungssequenz TNFa COX2 CD80/86 iNOS

Immunität

Ein klassischer Signaltransduktionsweg nach Aktivierung der TLRs ist die Aktivierung des nukleären Transkriptionsfaktors NF-kB. Das aktivierte NF-kB-Dimer diffundiert dann in den Zellkern, wo es die Transkription verschiedener proinflammatorischer Gene fördert.

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Allgemeine Aspekte der Immunität > Die angeborene Immunität

Antimikrobielle Moleküle

Lipopolysaccharide Gramnegativer Bakterien

Bei der Beurteilung von Auswirkungen der Ernährung auf das Immunsystem muss man sich deshalb stets dieses Grundprinzip der Immunität vergegenwärtigen.

Anatomische und physiologische Mechanismen, die zum immunologischen Schutz des Individuums beitragen und unabhängig von einer vorangegangenen Exposition vorhanden bzw. aktiv sind, werden als „angeborene“ oder „natürliche“ Immunität bezeichnet. Viele dieser Mechanismen sind phylogenetisch bereits sehr alt (z. B. Lysozym, Phagozyten), während andere sehr viel komplexerer Natur sind, sich nur bei Wirbeltieren entwickelt haben und bei Säugetieren besonders kompliziert sind (z. B. natürliche Killerzellen; Tabelle 1). Bei Säugetieren besteht die initiale Aufgabe der angeborenen Immunität in der Abwehr bzw. Eliminierung von Mikroorganismen, wo immer dies möglich ist. Kommt es zur Infektion, haben die angeborenen Reaktionen auf pathogene Agenzien eine oder mehrere der folgenden Auswirkungen: 1. Elimination der Infektion 2. Begrenzung des initialen Fortschreitens der Infektion (Geschwindigkeit begrenzende initiale „Hürden“ für pathogene Agenzien) 3. Stimulation der adaptiven/erworbenen Immunität durch Auslösung der frühen entzündlichen Reaktion auf die Infektion: Die angeborene Immunität generiert also gewissermaßen „Warnsignale“, die die adaptive/ erworbene Immunantwort alarmieren und aktivieren.

Das Erkennen pathogener Erreger Die Zellen des angeborenen/unspezifischen Immunsystems besitzen Rezeptoren, die phylogenetisch konservierte Moleküle erkennen. Diese molekularen Muster werden als „pathogen associated molecular patterns“ oder „PAMPs“ bezeichnet. Beispiele für PAMPs sind Lipopolysaccharide (LPS) von Zellwänden Gram-negativer Bakterien, Lipoteichonsäure (LTA) von Zellwänden Grampositiver Bakterien und Doppelstrang-RNA von Viren. Zu den PAMP-Rezeptoren gehören Scavenger-Rezeptoren (ermöglichen Phagozytose von Pathogenen), Mannose-Rezeptoren und die Familie der Toll-like Receptors (TLR; Akira 2003). Bis heute sind bei Säugetieren zehn verschiedene TLRs bekannt. Bei der Katze ist die Expression aller zehn Typen bislang jedoch nicht beschrieben. Bei den meisten TLRs handelt es sich um Membranproteine, während der TLR 9 intrazellulär an seine Liganden bindet (bakterielle DNA). Die Bindung eines TLR an seinen Liganden führt zur Bildung des nukleären Transkriptionsfaktors NF-kB, der in den Kern diffundiert, an spezifische Stellen der DNA der Wirtszelle bindet und dadurch eine Transkription verschiedener proinflammatorischer Gene auslöst. In Makrophagen und neutrophilen Granulozyten kodieren diese Gene für Zytokine (TNF-a, IL-1 und IL-12), Adhäsionsmoleküle (E-Selectin), Cyclooxygenase (COX) und Stickstoffmonoxidsynthetase (iNOS), sowie für die auf der Oberfläche von Makrophagen exprimierten co-stimulatorischen Moleküle CD80 und CD86.


Abtötung phagozytierter mikrobieller Organismen Phagozytierte Mikroorganismen bleiben innerhalb der membrangebundenen Phagosomen im Zytoplasma. Nach der Aufnahme fusionieren diese Phagosomen mit präformierten Lysosomen, die verschiedene Proteasen enthalten (z. B. Elastase). Darüber hinaus führt die Aktivierung des Phagozyten (z. B. durch Signaltransduktion über TLRs) zum Aufbau der Multiuntereinheiten-Komplexe der NADPH-Oxidase in der Phagosomenmembran und innerhalb der Plasmamembran. Dieser Enzymkomplex katalysiert die Reduktion von zweiatomigem Sauerstoff (O2) zum Superoxidradikal (O2•–). Das O2•– wird im Anschluss auf enzymatischem Weg (Dismutase) umgewandelt zu Wasserstoffsuperoxid, einem potenten Oxidans, das zum Teil für das Abtöten von Mikroorganismen verantwortlich ist. Das im Phagosom vorhandene Enzym Myeloperoxidase bildet mit dem Peroxid einen noch potenteren antibakteriellen Wirkstoff, die hypochlorige Säure (HOCl). Dieser Prozess der Produktion hoch wirksamer Oxidanzien nach Aktivierung und Phagozytose durch neutrophile Granulozyten und Makrophagen verbraucht innerhalb kürzester Zeit große Mengen verfügbaren Sauerstoffs und wird deshalb auch als respiratorischer Burst (Abbildung 5) bezeichnet (DeLeo et al. 1999). Nach Aktivierung des Phagozyten wird auch die induzierbare Form der Stickstoffmonoxidsynthetase (iNOS) exprimiert. Dadurch entstehen freie Stickstoffmonoxidradikale (•NO), die mit Superoxid reagieren und den toxischen Metaboliten Peroxinitrit bilden (Eiserich et al. 1998). Diese Oxidanzien sind jedoch nicht nur auf das Phagosom beschränkt, sondern werden auch extrazellulär freigesetzt, um dort in unmittelbarer Nachbarschaft zum Abtöten von Mikroorganismen beizutragen. Dies führt unvermeidlich auch zu oxidativen Kollateralschäden im umliegenden Wirtsgewebe.

ABBILDUNG 5 – RESPIRATORISCHER BURST UND HOCL-BILDUNG

2 - Das Immunsystem

Der Nettoeffekt der TLR-Signaltransduktion in Leukozyten führt zu deren Einwanderung in entzündetes Gewebe, einer verstärkten Abtötung, bzw. Elimination mikrobieller Organismen oder infizierter Zellen und der Bildung proinflammatorischer Zytokine und Chemokine, die die Zellen des adaptiven/erworbenen Immunsystems alarmieren und aktivieren (Abbildung 4).

TLR4

NADP+H+

NADPH

AKTIVIERUNG

NADPH

NADP+H+

Phagosom

SuperoxidDismutase

2. Please ask the author: 2 hydroxyl radicals and 2 Cl-?

2

1

Hydroxyl-Radikal

3 Myeloperoxidase

1. Please ask the author: 2 Fe+? And then 2 Fe3+ to get 2 hydroxyl radicals?

Hypochlorige Säure

A: NADPH-Oxidase wird an den äußeren Membranen und Phagosomenmembranen synthetisiert, um extra- und intrazelluläres Superoxid (O2–) zu bilden. B: Das Superoxid wird anschließend enzymatisch (Dismutase) in H2O2 umgewandelt, welches im Rahmen einer durch ein Übergangsmetall katalysierten Reaktion (Fenton-Reaktion) in das hoch reaktive Hydroxyl-Radikal (OH•) oder in hypochlorige Säure („Bleiche“) umgewandelt wird.

3. Please ask the author: If the 2nd one ist also a hydroxylradical, it should be with a dot, too.

Um sich selbst vor autogenen oxidativen Schäden zu schützen, benötigen Phagozyten höhere Konzentrationen zytosolischer (wässriger) und membranständiger (lipophiler) Antioxidanzien, die während des respiratorischen Burst verbraucht und sehr schnell wieder ersetzt werden. Die wichtigsten dieser Antioxidanzien sind Glutathion, Ascorbinsäure, Tocopherol und Taurin. Feline neutrophile Granulozyten weisen hohe intrazelluläre Taurinkonzentrationen auf. In der Tat repräsentiert Taurin hier 76 % des zytosolischen Pools freier Aminosäuren, verglichen mit 44 % in Lymphozyten (Fukuda et al. 1982). Die Elimination der HOCl durch Umwandlung von Taurin in Taurinchloramin schützt die Zellen vor den schädlichen Wirkungen endogen produzierter Oxidanzien. Vermutet wird, dass Taurinchloramin auch als intrazelluläres Signaltransduktionsmolekül agieren kann, das eine weitere Bildung von O2•– und •NO limitiert. Bei taurinarm ernährten Katzen kommt es zu einer Suppression sowohl der Phagozytoseaktivität, als auch der Aktivität des respiratorischen Burst der neutrophilen Granulozyten, was die zentrale antioxidative Rolle des Taurins bestätigt (Schuller-Levis et al. 1990).

Natürliche Killerzellen

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Immunität

Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) sind große, granuläre Lymphozyten, die sich morphologisch und funktionell von T- und B-Lymphozyten unterscheiden. NK-Zellen sind verantwortlich für das Erkennen und das Abtöten von mit Viren infizierten Zellen und neoplastisch veränderten Zellen ohne vorherige Exposition (Sensibilisierung). NK-Zellen lysieren ihre Zielzellen durch Freisetzung von Granula, die das Enzym Perfo-


2 - Das Immunsystem

rin enthalten. Perforin bildet Poren in der Zellmembran, durch die das Enzym Granzym in die Zelle eindringt und dort den programmierten Zelltod (Apoptose) induziert. Aktivierte NK-Zellen sind darüber hinaus wichtige Sekretoren von IFN-g und somit wichtige Aktivatoren von Makrophagen in der Nachbarschaft, indem sie deren phagozytäre Fähigkeiten und ihre Respiratory Burst-Kapazitäten steigern.

> Die adaptive, erworbene Immunität Die erworbene Immunität wird durch Infektionen und Signale des angeborenen Immunsystems stimuliert. Bei anschließender Re-Exposition mit demselben infektiösen Organismus steigen die Stärke, die Spezifität und die Geschwindigkeit der Immunreaktion, daher auch die Bezeichnung adaptive Immunität. Die adaptive Immunität ist die Domäne der T- und B-Lymphozyten, zweier Zelltypen, die die humorale (Antikörper) oder zelluläre Immunantwort gegen spezifische Moleküle –Antigene – generieren (Abbildung 3).

> Eicosanoide Eicosanoide sind eine Gruppe von Lipid-Messengern, die aus den aus 20 Kohlenstoffatomen bestehenden, mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) Dihomo-g-Linolensäure (DGLA; 20:3 n-6), Arachidonsäure (ARA; 20:4 n-6) und Eicosapentaensäure (EPA; 20:5 n-3) synthetisiert werden. Zur Gruppe der Eicosanoide gehören die Prostaglandine (PGs), die Thromboxane (Txs), die Leukotriene (LTs), Lipoxine, Hydroperoxyeicosatetraensäuren (HPETE) und Hydroxyeicosatetraensäuren (HETE). Fettsäurevorstufen für die Synthese der Eicosanoide werden von den Phospholipiden der Zellmembran freigesetzt. In der Regel erfolgt dies unter der katalytischen Wirkung der Phospholipase A2, die als Antwort auf einen noxischen zellulären Stimulus aktiviert wird (Abbildung 6). Die Zellmembranen von Katzen, die mit üblichen kommerziellen Futtermittelprodukten ernährt werden, enthalten im Allgemeinen fünf- bis zehnmal soviel ARA wie EPA. ABBILDUNG 6 – BILDUNG VON EICOSANOIDEN In der Regel ist also Arachidonsäure der Hauptvorläufer für die Synthese von EicoAUS FETTSÄUREVORSTUFEN, DIE VON PHOSPHOLIPIDEN DER ZELLMEMBRAN UNTER DER KATALYTISCHEN WIRKUNG sanoiden, wobei PGs und Txs der 2er-Serie und LTs der 4er-Serie entstehen (PlanDER PHOSPHOLIPASE A2 STAMMEN. tinga et al. 2005). Der exakte Anteil anderer C20-PUFA in den Zellmembranen wird durch ihren relativen Anteil und den Anteil ihrer kürzeren C18-Vorstufen in der Nahrung des Tieres bestimmt. PGE2 hat einige wichtige proinflammatorische Effekte, einschließlich der Induzierung von Fieber, einer Erhöhung der Gefäßwandpermeabilität und einer Vasodilatation, sowie einer Potenzierung von durch andere Substanzen wie Histamin hervorgerufenen Schmerzen und Ödemen (Harris et al. 2002). PGE2 supprimiert die Lymphozytenproliferation und die Aktivität der NK-Zellen und hemmt die Produktion des Tumornekrosefaktors TNF-a sowie der Interleukine IL-1, IL-6, IL-2 und des IFN-g. In diesem Zusammenhang wirkt PGE2 also immunsuppressiv und antiinflammatorisch. Keinen Einfluss hat PGE2 dagegen auf die Produktion der Th2-Zytokine IL-4 und IL10, es fördert aber die Bildung von Immunglobulin E (IgE) durch die B-Lymphozyten. PGE2 unterstützt also die Th2-vermittelte adaptive Antwort und hemmt Th-1-Antworten.

Hormone + Phospholipase A2 (PLA2)

Arachidonsäure

Synthasen

Immunität

COX: Cyclooxygenase EET: Epoxyeicosatriensäure HETE: Hydroxyeicosatetraensäure HPETE: Hydroperoxyeicosatetraensäure LOX: Lipoxigenase LT: Leukotriene PG: Prostaglandine Tx: Thromboxane

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Lipoxine

LTB4 erhöht die Gefäßpermeabilität, steigert die lokale Durchblutung, wirkt stark chemotaktisch für Leukozyten, induziert die Freisetzung lysosomaler Enzyme, verstärkt den respiratorischen Burst, hemmt die Lymphozytenproliferation und fördert die Aktivität der NK-Zellen. Darüber hinaus fördert LTB4 die Bildung von TNFa, IL-1 und IL-6 durch Monozyten und Makrophagen und steigert die Produktion von Th1-Zytokinen. Um diese Prozesse noch komplexer werden zu lassen, hemmt PGE2 das Enzym 5Lipoxigenase und hat damit einen Einfluss auf die Bildung von LTB4. Arachidonsäure induziert zudem die Bildung antiinflammatorischer Lipoxine. Eicosanoide wirken also sowohl pro-, als auch antiinflammatorisch und regulieren Entzündungsprozesse im Zusammenspiel. Der Nettoeffekt ist letztlich abhängig vom Timing der Produktion der unterschiedlich wirksamen Eicosanoide, von der Sensibilität der Zielzellen und von den Konzentrationen der unterschiedlichen Eicosanoide.


3 - Ernährungsbedarf des Immunsystems

3 - Ernährungsbedarf des Immunsystems Energiebedarf während der Phase der Entwicklung Die früheste und vielleicht signifikanteste Auswirkung der Ernährung auf die Immunität ist bereits während der Entwicklung des Immunsystems zu beobachten (Cunningham-Rundles et al. 2005). So entwickeln sich die Zellen des Immunsystems bereits in utero, unmittelbar nach der Geburt beginnt jedoch ein wichtiger Reifungsprozess, der sich über das gesamte Leben fortsetzt. Zinkmangel, Proteinmangel, ein Defizit an essenziellen Aminosäuren, Vitamin A- oder Kupfermangel sind nur einige wenige der unzähligen diätetischen Variablen, die bei jungen Tieren im Wachstum zu einer Beeinträchtigung der Entwicklung des Immunsystems führen können. Ein Mikronährstoffmangel kann sowohl die adaptive Immunantwort als auch die angeborenen Immunität beeinträchtigen (Tabelle 2). Bei entsprechenden Mangelzuständen auf Seiten der Mutter (vor allem Zink) kann die Anzahl der Lymphozyten aus dem Thymus und aus der Milz erheblich reduziert sein. Bei jungen Tieren können Serumantikörperreaktionen auf Impfungen durch einen mütterlichen Mangel an Nährstoffen wie Zink, Eisen, Kupfer, Selen oder Magnesium beeinträchtigt sein. Die Folgen einer Fehl- oder Mangelernährung während der Entwicklungsphase sind eine veränderte mikrobielle Besiedlung der Schleimhautoberflächen, beeinträchtigte Immunreaktionen auf kommensalische und pathogene Mikroorganismen und letztlich eine erhöhte allgemeine Infektionsanfälligkeit sowie eine verminderte Fähigkeit des Organismus, eine bereits etablierte Infektion erfolgreich zu bekämpfen. Solche Defekte können weit über die initiale Phase der Fehl- oder Mangelernährung hinaus anhalten und den immunologischen Phänotyp des betroffenen Individuums lebenslang verändern.

TABELLE 2 – EFFEKTE SPEZIFISCHER NÄHRSTOFFMÄNGEL AUF DIE IMMUNITÄT Immunologische Defekte

Klinische Manifestation

Zink

Thymusatrophie, Lymphopenie, veränderte T-Lymphozytendifferenzierung, reduzierte Th1-Zytokinbildung, reduzierte Antikörperbildung

Diarrhoe, erhöhte Infektionsanfälligkeit gegen Hautkommensalen

Kupfer

Lymphopenie, reduzierte Lymphozytenproliferation

Neutropenie, Anämie

Selen

erhöhte/verringerte virale Virulenz??

erhöhte Infektionsanfälligkeit, vermehrte oxidative Organschäden

Eisen

reduzierte humorale Antworten, Verringerung der Phagozytose und des respiratorischen Bursts, reduzierte T-Lymphozytenproliferation

Anämie, erhöhte Infektionsanfälligkeit

Vitamin E

erhöhte Produktion von IgE und PGE2

verstärkte Atopiesymptome? vermehrte oxidative Organschäden

Vitamin A

Defekte der Schleimhautbarriere (Plattenepithelmetaplasie), Lymphopenie, reduzierte Antikörperbildung, reduzierte Th2-Antworten, reduzierte Reifung von Neutrophilen und Makrophagen

allgemein erhöhte Infektionsanfälligkeit, insbesondere Infektionen der Atemwege, Diarrhoe

Proteine

Beeinträchtigung der zellvermittelten Antworten, reduzierte Zytokinproduktion

allgemein erhöhte Infektionsanfälligkeit

Protein-/EnergieMangelernährung

Thymusatrophie, reduzierte lymphatische Gewebemasse (Lymphknoten), reduzierte zirkulierende T- und B-Lymphozyten, eingeschränkte zellvermittelte Antworten, verringerte Zytokinbildung, reduzierte Migrationsfähigkeit neutrophiler Granulozyten

erhöhte Anfälligkeit für Infektionen aus endogenen und exogenen Quellen, erhöhte Morbidität und Mortalität, Diarrhoe (Zottenatrophie, chronische Enteritis)

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Primärer Mangel


3 - Ernährungsbedarf des Immunsystems

ABBILDUNG 7 – DIE ANAEROBE GLYKOLYSE

Glukose

Glukose-6 Phosphat Fruktose-6 Phosphat … … Pyruvat Laktat

Essenzielle Nährstoffe für den Energiestoffwechsel > Glukose Glukose ist ein essenzielles Substrat für Monozyten, neutrophile Granulozyten und Lymphozyten. Nach Aktivierung von Makrophagen und neutrophilen Granulozyten oder nach Stimulation der Lymphozytenproliferation steigt die, wenngleich nur partielle, Oxidation von Glukose dramatisch an, und es entsteht Milchsäure (Laktat) als dominierendes Endprodukt (Abbildung 7). Glutamin ist ein weiteres essenzielles Energiesubstrat für beide Zelltypen und kann bei einem Tier im Ruhezustand für mehr als 50 % der ATP-Produktion dieser Zellen verantwortlich sein. Ebenso wie Glukose wird auch Glutamin nur teilweise oxidiert, wobei als dominierende Endprodukte Glutamat, Aspartat und Laktat entstehen. Nur ein kleiner Teil des Glutamins wird vollständig zu CO2, H2O und NH3 oxidiert. Obgleich auch Fettsäuren und Ketone für die ATP-Gewinnung oxidiert werden können, führt die zelluläre Aktivierung und Proliferation von Leukozyten nicht zu einer Erhöhung der Verbrauchsrate dieser beiden Substrate (Newsholme et al. 1987; Newsholme & Newsholme 1989). Zu dieser unvollständigen Oxidation von Glukose und Glutamin kommt es trotz der Anwesenheit von Mitochondrien und funktioneller Citratzyklen. Ein Grund hierfür liegt darin, dass diese Zellen in der Lage sein müssen, auch im Bereich niedriger Sauerstoffverfügbarkeit arbeiten zu können (z. B. in ischämischem Gewebe oder gefäßlosen Arealen). Die hohen Verbrauchsraten von Glukose und Glutamin dienen zum einen dazu, Substrate für die Biosynthese von Purin- und Pyrimidin-Nukleotiden für die Synthese von DNA und mRNA durch diese Zellen bereitzustellen, und zum anderen der Aufrechterhaltung eines hohen metabolischen Flusses innerhalb der relevanten Reaktionswege, mit dem Ziel, die nach einer Aktivierung auftretenden sehr schnellen und umfangreichen Veränderungen des Energiebedarfes zu decken.

> Glutamin Die Glutaminkonzentration im Plasma beeinflusst die Empfindlichkeit der Zellen gegenüber verschiedenen Apoptosetriggern, das heißt, Zellen mit Glutaminmangel sind anfälliger für Apoptose (Oehler & Roth 2003). Umgekehrt kann Glutamin aktivierte T-Zellen vor Apoptose schützen. Ein ähnlicher protektiver Effekt gegen Apoptose wurde bei neutrophilen Granulozyten beobachtet, in denen Glutamin auch die Expression der NADPH-Oxidase positiv zu regulieren scheint. Der immunsuppressive Effekt der Asparaginase wird in erster Linie auf die Fähigkeit dieses Enzyms zurückgeführt, Glutamin zu hydrolysieren, und weniger auf die Reduktion von Asparagin (Kitoh et al. 1992). Niedrige Glutaminkonzentrationen im Plasma führen zu einer Suppression sowohl der angeborenen als auch der adaptiven/erworbenen Immunität. Das Plasmaglutamin stammt nahezu vollständig aus dem Skelettmuskel, da das diätetische Glutamin entweder vom Darm oder von der Leber verbraucht wird. Nach einer Mahlzeit steigt der Plasmaglutaminspiegel nur sehr langsam an. Während entzündlicher Reaktionen steigt der Muskelkatabolismus als Antwort auf einen niedrigen Plasmainsulinspiegel oder eine durch Kortisol und katabole Zytokine induzierte muskuläre Insulinresistenz an (Kotler 2000). Dieser Prozess sorgt für eine Bereitstellung von Glutamin sowohl für die hepatische Glukoneogenese, als auch direkt für die Leukozyten. Die Ernährung einer unter einer systemischen entzündlichen Erkrankung leidenden Katze mit glutaminfreien Aminosäurequellen würde also erwartungsgemäß die muskuläre Glutaminfreisetzung hemmen, die Plasmaglutaminkonzentration senken und somit zu einer relativen Immunsuppression führen. Umgekehrt stärkt eine Glutaminsupplementierung die phagozytäre Aktivität von Makrophagen, unterstützt den Erhalt der Anzahl zirkulierender T-Lymphozyten und normalisiert die Lymphozytenfunktion im experimentellen Modell einer hochgradigen Sepsis. Eine entsprechende Supplementierung von TPN-Lösungen (Lösungen zur vollständigen parenteralen Ernährung) führt in der Humanmedizin bei einigen septischen Patienten zu einer reduzierten Morbidität (Fuentes-Orozco et al. 2004).

Immunität

Wird Glutamin auf oralem Weg supplementiert, spielt die Form des Glutamins eine wichtige Rolle. So kommt es zu einer signifikant effizienteren Glutaminverwertung, wenn Glutamin als Bestandteil eines Polypeptids aufgenommen wird, als wenn die gleiche Menge Glutamin in Form der isolierten Aminosäure dargereicht wird (Boza et al. 2000).

486


Darüber hinaus waren bei Ratten, die mit dem Hydrolysat gefüttert wurden, die Energieumwandlungseffizienz, die Proteineffizienzrate und die Stickstoffretention signifikant höher. Beim Menschen steigt die Glutaminkonzentration in der Duodenalschleimhaut bei enteraler Supplementierung mit glutaminreichen Proteinen im Vergleich zu einer

intaktes Protein

Supplementierung mit freiem Glutamin, und dies trotz der Tatsache, dass die Glutaminkonzentrationen im Plasma beider Gruppen keine Unterschiede aufweisen (Preiser et al. 2003). Mögliche Erklärungen für diese Befunde sind eine schlechte Löslichkeit bestimmter freier Aminosäuren im Darmlumen, eine schnelle Absorption freier Aminosäuren mit der Folge einer gesteigerten hepatischen Oxidation, eine modifizierte intestinale Oxidation und eine gesteigerter Katabolismus freier Aminosäuren im Vergleich zu Polypeptiden durch die Darmflora. Die diätetische Zufuhr von Glutamin erfolgt entweder in Form eines Supplements aus freien Aminosäuren, als Bestandteil eines Polypeptids in einer auf hydrolysierten Proteinen basierenden Nahrung oder aber als Bestandteil eines intakten Proteins in einem konventionellen Futtermittel. Die Kombination aus hoher Verfügbarkeit, guter Verdaulichkeit und reduzierter Antigenität des Glutamins in Futtermitteln auf der Basis moderat hydrolysierter Proteine lassen solche Produkte als die ideale Lösung für die enterale Ernährung von Patienten mit hochgradigen entzündlichen Erkrankungen erscheinen.

Glutamin freie Aminosäure

3 - Ernährungsbedarf des Immunsystems

DIE ABSORPTION VON GLUTAMIN Die Absorption und die weitere Verwertung von Aminosäuren unterscheiden sich abhängig davon, ob sie als freie Aminosäuren oder als Bestandteil intakter Polypeptide zugeführt werden. Eine Mischung kleiner Peptide ist sowohl für das Wachstum, als auch für die Erholungsphase nach Mangel- oder Fehlernährung von höherem ernährungsphysiologischem Wert als eine Mischung freier Aminosäuren ähnlicher Zusammensetzung. Wurden Ratten nach einer Phase der Nahrungskarenz wieder angefüttert, war die Gewichtszunahme höher und die Gesamtkonzentration der Aminosäuren im Plasma – insbesondere Glutamin – signifikant höher bei den Tieren, die ein Futter auf der Basis eines Molkeproteinhydrolysats erhielten als bei Ratten, die eine Nahrung auf der Basis freier Aminosäuren bekamen (Boza et al. 2000).

Polypeptid

Zellteilung Glutamin

Neben essenziellen Aminosäuren und ausreichend Substrat zur Energiegewinnung benötigt der Organismus für eine optimale Leukozytenfunktion und –replikation mehrere Vitamine (Tabelle 3). Besonders wichtig ist eine bedarfsgerechte Vitaminversorgung für Lymphozyten während einer Immunantwort. Der Mangel eines der in Tabelle 2 zusammengefassten Nährstoffe begrenzt die Zellproliferation und beeinträchtigt somit sowohl die zellvermittelte als auch die humorale Immunantwort. Glutamin muss auch in diesem Zusammenhang besonders erwähnt werden, da seine Verfügbarkeit bei schweren Erkrankungen oft reduziert ist. Bei Menschen und in experimentellen Studien korrelieren niedrige Plasmakonzentrationen positiv mit der Morbidität. Replizierende Lymphozyten verwenden Glutamin nicht nur als Energiesubstrat, sondern auch für die Synthese von Nukleotiden (Abbildung 8), wobei die Lymphozytenproliferation nach entsprechender Stimulation bei niedrigen Glutaminkonzentrationen gehemmt und bei erhöhten Glutaminkonzentrationen gesteigert wird. Zusätzlich verstärkt wird dieser Effekt des Glutamins auf replizierende Lymphozyten durch die Anwesenheit der Aminosäure Arginin.

TABELLE 3 – SCHLÜSSELNÄHRSTOFFE FÜR DIE LEUKOZYTENREPLIKATION

ABBILDUNG 8 – GLUTAMIN UND ZELLREPLIKATION

Vitamine

Andere Komponenten

Biotin

Cholin

Folsäure

Inositol

B12

Para-Aminobenzoesäure (PABA)

Pyridoxin

Glutamin

Riboflavin Thiamin Pantothensäure Niacin

487

Immunität

Glutamin ist eine Vorläufersubstanz der zellulären DNA.


4 - Folgen einer Fehl-/Mangelernährung für die Immunität

Antioxidanzien ABBILDUNG 9 – WIRKUNGSMECHANISMEN VON ANTIOXIDANZIEN Vitamin E und C schützen die Zellmembran Polyphenole wirken am Zellkern UV-Strahlung

Umweltverschmutzung Stress

Freie Radikale

Fehl-/ Mangelernährung Lutein und Beta-Karotin wirken im Inneren der Zelle

Diätetische Antioxidanzien haben im Rahmen von Immunantworten im Wesentlichen zwei Aufgaben. Zum einen schützen sie Leukozyten gegen Schäden durch endogene freie Radikale und zum anderen schützen sie den Wirtsorganismus vor Kollateralschäden durch ebendiese freien Radikale (Abbildung 9). Die Notwendigkeit einer erhöhten intrazellulären antioxidativen Kapazität in neutrophilen Granulozyten und Makrophagen wurde bereits weiter oben diskutiert. Gedeckt wird dieser Bedarf durch antioxidativ wirksame Substanzen wie Taurin, Glutathion, Ascorbinsäure und Tocopherol. Glutathion spielt eine zentrale Rolle als Antioxidans, und zwar sowohl über seine direkte Interaktion mit freien Radikalen, als auch über seine Funktion als Substrat im Rahmen der Regeneration der Ascorbinsäure. Die Glutaminverfügbarkeit kann die Glutathionproduktion einschränken, und eine Glutaminsupplementierung kann die Superoxidproduktion durch neutrophile Granulozyten steigern.

Mehrere weitere diätetische Antioxidanzien haben nachweislich Effekte auf die Immunität. Zu erwähnen sind hier insbesondere die Karotinoide (Abbildung 9). Sowohl b-Karotin als auch Lutein werden in Lymphozyten und neutrophilen Granulozyten von Katzen und Hunden eingebaut. Sie kommen insbesondere in der Mitochondrienmembran vor, wo sie wahrscheinlich die Lipidmembranen vor Schädigungen durch endogene freie Radikale schützen (Chew & Park 2004). Extrazelluläre (plasmatische) Antioxidanzien spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Begrenzung von Schäden an Geweben und Gefäßendothelien während einer Immunantwort. Taurin, Ascorbinsäure, Tocopherol, Glutathion und Karotinoide tragen zum Schutz der Organe gegenüber den durch aktivierte Phagozyten produzierten freien Radikalen bei.

4 - Folgen einer Fehl-/Mangelernährung für die Immunität Unterernährung/Nahrungskarenz Eine Nahrungskarenz führt zur Atrophie lymphatischer Organe, zu einer Abnahme der Anzahl und der Funktion zirkulierender Leukozyten sowie zu physikalischen und funktionellen Defekten der epithelialen Barrieren (Tabelle 3). Das Ergebnis ist eine erhöhte allgemeine Anfälligkeit des Individuums für Infektionen, und zwar sowohl aus endogenen Quellen wie den Kommensalen der Haut und des Darms, als auch aus exogenen Quellen, wie zum Beispiel im Rahmen einer noskomialen Infektion während eines Klinikaufenthaltes.

Immunität

Bei Hunden führt Nahrungskarenz zu einer Abnahme der Anzahl zirkulierender Lymphozyten, einer herabgesetzten Lymphozytenproliferation bei entsprechender Stimulation, und einer eingeschränkten Fähigkeit, antigenspezifische T-Lymphozyten- und B-Lymphozytenantworten auf exogene Antigene zu generieren. Die Chemotaxis neutrophiler Granulozyten und die hepatische Produktion von Akutphasenproteinen sind herabgesetzt (Dionigi et al. 1977). Mängel spezifischer Nährstoffe können verschiedene Auswirkungen haben. So führt beispielsweise Vitamin-E-Mangel beim Hund zu einer Reduzierung der Lymphozytenproliferation, einem Effekt, der durch Supplementierung anderer Antioxidanzien nur teilweise kompensiert werden kann (Langweiler et al. 1983). Die Auswirkungen einer Fehl-/Mangelernährung auf die Immunität wurden bei der Katze bislang zwar nicht spezifisch untersucht, es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass es hier signifikante Unterschiede zu anderen Spezies gibt. Die Serumalbuminkonzentration korreliert Untersuchungen zufolge sehr stark mit dem Body Condition Score bei Katzen, die in tierärztlichen Praxen/Kliniken vorgestellt werden, und es gilt als wahrscheinlich, dass die Indizes für die Immunfunktion gleichermaßen betroffen sind (Chandler & Gunn-Moore 2004).

488


5 - Auswirkungen der Immunantwort auf den Ernährungsstatus

Leptin Leptinrezeptoren werden auf zahlreichen Leukozyten exprimiert, darunter Lymphozyten, Monozyten und neutrophile Granulozyten. Leptin hat einen großen Einfluss auf die adaptive/erworbene Immunität. Es induziert eine Verschiebung in Richtung Th1-vermittelter Reaktionen durch die Steigerung der Sekretion von IFN-g und TNF-a und durch die Suppression der Th2-Lymphozytenantworten. Darüber hinaus fördert Leptin die Entstehung, die Reifung und das Überleben von Thymuszellen (T-Zellen) und steigert die Proliferation von naiven T-Zellen, sowie deren IL-2 Sekretion. Während einer Nahrungskarenz oder einer längeren Phase eines Gewichtsverlustes leistet eine supprimierte Leptinsekretion wahrscheinlich einen Beitrag zum immunsupprimierten Status des Individuums, der entweder über eine exogene Leptinapplikation oder auf dem Wege der Wiederherstellung der Körperfettmasse korrigiert werden kann (Meyers et al. 2005).

Adipositas Bis heute gibt es keine Studien, in denen die Immunfunktion bei adipösen Katzen untersucht wird. Man geht jedoch davon aus, dass Adipositas bei der Katze zu ähnlichen Modifikationen der Immunkompetenz führt, wie sie auch bei adipösen Menschen und aus zahlreichen experimentellen Untersuchungen an Nagern bekannt sind. Bei den bislang untersuchten Spezies beobachtet man bei adipösen Individuen eine Abschwächung der Lymphozytenantwort auf entsprechende Stimulationen. Nach erfolgreicher Gewichtsreduktion wird eine Normalisierung dieser Reaktion beschrieben. Bei adipösen Menschen und Nagern werden eine reduzierte NKZellfunktion, modifizierte CD8:CD4-Lymphozytenverhältnisse und eine reduzierte respiratorische BurstAktivität von neutrophilen Granulozyten beschrieben. In der Humanmedizin und in experimentellen Modellen wird Adipositas zunehmend als ein eng mit chronischen Entzündungsprozessen assoziierter Zustand verstanden. So ist Adipositas gekennzeichnet durch erhöhte Konzentrationen zirkulierender inflammatorischer Zytokine und eine erhöhte Produktion von Akutphasenproteinen (Tilg & Moschen 2006). Die entzündlichen Zytokine werden von aktivierten Makrophagen in den überschüssigen Fettgewebedepots gebildet, aber auch von übermäßig vollen Adipozyten selbst. Die mit Adipositas einhergehende geringgradige subklinische Entzündung trägt beim Menschen zu peripherer Insulinresistenz bei und könnte sich bei adipösen Katzen auf ähnliche Weise auswirken.

5 - Auswirkungen der Immunantwort auf den Ernährungsstatus Immunologische Reaktionen des Organismus auf Infektionen und Neoplasien oder immunvermittelte Erkrankungen können einen Einfluss auf den Ernährungsstatus des Patienten haben (Tabelle 4).

Bei nahezu allen höhergradigen entzündlichen Erkrankungen kommt es zu Störungen der Nahrungsaufnahme, die von einem geringgradigen Appetitverlust bis hin zu vollständiger Anorexie reichen. Der Appetitverlust gilt als Teil der Akutphasenreaktion. Wichtige Mediatoren der Suppression der Nahrungsaufnahme sind entzündliche Zytokine, insbesondere IL-1, IL-6 und TNF-a (Langhans 2000). Wirkorte dieser Zytokine sind zentrale Nuklei (Hypothalamus) und periphere Nerven, die nach entsprechender Stimulation aufsteigende Signale generieren, welche über sensorische Afferenzen zum zentralen Hunger- bzw. Sättigungszentrum gelangen. Die Tatsache, dass Anorexie bei Infektionen als ein nahezu universelles Phänomen bei allen Säugetierspezies zu beobachten ist, legt die Vermutung nahe, es könne sich um einen vorteilhaften Effekt für den Wirtsorganismus handeln. Für diese Hypothese spricht die Beobachtung, dass die Zwangsfütterung von anorektischen septischen Mäusen die Mortalität steigert (Murray & Murray 1979). Bestätigt wird dieser schädliche Effekt einer Überernährung bei Sepsis und ande-

TABELLE 4 – AUSWIRKUNGEN IMMUNOLOGISCHER REAKTIONEN AUF DEN ERNÄHRUNGSSTATUS Mechanismen

Folgen

reduzierte Nahrungsaufnahme

IL-1, IL-6, TNF-a: ZNS- und periphere Effekte

Gewichtsverlust, Verlust fettfreier Körpermasse, Verlust von Körperfettmasse, Nährstoffmangel

eingeschränkte Nährstoffabsorption

Zottenatrophie, Enteritis

reduzierte Absorption fettlöslicher Vitamine, Vitamin-B12-Mangel

gesteigerte Nährstoffverluste

Enteritis, erhöhte Permeabilität der Glomerula

Hypoproteinämie, Vitamin-A-Mangel

erhöhter Nährstoffbedarf

Fieber, Leukozytenreplikation, Gewebereparatur

erhöhter Bedarf an: Glutamin, Tocopherol, Folsäure, Vitamin A, Energie

modifizierter Metabolismus und systemischer Transport

Insulinresistenz und Hyperglykämie, Hyperlipidämie, reduzierter Serumglutaminspiegel

489

Immunität

Anorexie


5 - Auswirkungen der Immunantwort auf den Ernährungsstatus

TABELLE 5 – SERUMBESTANDTEILE, DEREN KONZENTRATION SICH IM LAUFE DER AKUTPHASENREAKTION VERÄNDERT (SO GENANNTE AKUTPHASENREAKTANTEN) Positive Akutphasenreaktanten (d.h., Konzentration steigt)

Negative Akutphasenreaktanten (d. h., Konzentration sinkt)

TNF-a, IL-1, IL-6,

Retinol bindendes Protein

Kortisol

Albumin

ren systemischen entzündlichen Reaktionen bei anderen Spezies, einschließlich des Menschen (siehe unten). Diese Befunde legen nahe, dass die Risiken einer Überernährung bei hochgradig erkrankten septischen Patienten ebenso berücksichtigt werden müssen, wie die Frage der idealen Zusammensetzung der Nahrung. Zwar geht man nicht davon aus, dass Patienten mit hochgradigen Infektionen anstelle einer gezielten diätetischen Unterstützung eher hungern sollten, wichtig sind jedoch Überlegungen, welchen Einfluss die Anorexie und die assoziierten metabolischen Veränderungen auf die Zusammensetzung von gezielt für Patienten mit Sepsis formulierten Futtermitteln haben sollten.

Die Akutphasenreaktion C-reaktives Protein, Serumamyloid A, Fibrinogen, Haptoglobulin, Ceruloplasmin Kupfer

Die Akutphasenreaktion ist eine starke systemische Reaktion des Organismus auf lokale oder systemische Störungen der Homöostase durch Infektionen, Traumata, chirurgische Eingriffe, Neoplasien oder immunvermittelte Erkrankungen. Zytokine aktivieren Rezeptoren auf verschiedenen Zielzellen und lösen Eisen, Zink, Kalzium damit eine systemische Reaktion aus, die zur Aktivierung der HypothalamusHypophysen-Nebennierenrindenachse, einer Reduktion der Sekretion von Wachstumshormonen und verschiedenen weiteren physiologischen Veränderungen führt, die sich klinisch unter anderem als Fieber, Anorexie, negative Stickstoffbilanz und einen Muskelzellkatabolismus manifestieren (Gruys et al. 2005). Weitere Auswirkungen auf endokrine und ernährungsphysiologische Parameter sind eine Abnahme von HDL und LDL, eine Zunahme von ACTH und Glukokortikoiden, eine Abnahme der Serumspiegel von Kalzium, Zink, Eisen, Vitamin A und a-Tokopherol und eine Modifikation der Konzentrationen verschiedener Plasmaproteine (Tabelle 5; Gruys et al. 2005). Transferrin

Die Akutphasenreaktion auf eine Verletzung oder Infektion geht darüber hinaus mit einer Modifikation der Stoffwechseldynamik zahlreicher Spurenelemente, insbesondere Eisen, Zink und Kupfer, einher. Der Abfall der Serumkonzentrationen von Eisen und Zink und der Anstieg des Serumkupferspiegels sind die Folge von Veränderungen der Konzentrationen spezifischer Gewebeproteine, die durch Zytokine kontrolliert werden, insbesondere durch IL-1, TNF-a und IL-6. Diese Veränderungen gelten allgemein als vorteilhafte Aspekte der frühen Akutphasenreaktion. Neben der Abnahme der Serumkonzentrationen von Zink, Eisen und Albumin wird auch eine Abnahme von Transferrin, Kortisol bindendem Protein, Transthyretin (TTR) und Retinol bindendem Protein beschrieben. Die daraus folgenden und bei chronischen Erkrankungen und entzündlichen Zuständen auftretenden Störungen des Vitamin-A-Stoffwechsels verstärken den als Folge von Mangelernährung bei Kindern und schwangeren Frauen in Entwicklungsländern zu beobachtenden Vitamin-A-Mangel zusätzlich (Stephensen 2001). Vitamin-A-Mangel hat einen gut bekannten negativen Feedback-Effekt auf die Immunität und verursacht einen der am besten beschriebenen immunsuppressiven Effekte von Mangelernährung.

Kachexie Eine Nahrungskarenz (also eine einfache Energiedeprivation) geht mit metabolischen Anpassungsprozessen einher, die sicherstellen sollen, dass vitale Organe in ausreichendem Maße mit essenziellen Nährstoffen versorgt werden. Eine Folge einer Nahrungskarenz ist die herabgesetzte Insulinsekretion und ein moderater Anstieg des Kortisols, deren Auswirkungen ein Muskelabbau und Lipolyse sind. Im Rahmen der Lipolyse werden Fettsäuren freigesetzt, die von der Leber aufgenommen und in Lipoproteine (VLDL) verpackt werden und zusammen mit Ketonkörpern wieder zurück in die Zirkulation gelangen, um auf diesem Weg schließlich die meisten Zellen des Körpers als Energiesubstrate zu versorgen. Aus der Muskulatur freigesetzte Aminosäuren werden von der Leber für die Synthese essenzieller Proteine (z. B. Gerinnungsfaktoren) eingesetzt, und von Niere und Leber für die Synthese von Glukose für glukoseabhängige Gewebe (z. B. Leukozyten, Erythrozyten) verwendet. Da sich verschiedene Gewebe (z. B. das ZNS) an die Verwendung von Ketonen anstelle von Glukose anpassen können, verlangsamt sich die Freisetzung von Aminosäuren aus dem Muskel, um die fettfreie Körpermasse zu erhalten. Sämtliche dieser metabolischen Anpassungsprozesse können mit Hilfe der Ernährung wieder umgekehrt werden.

Immunität

Hochgradige entzündliche Reaktionen verursachen darüber hinaus eine ganze Reihe von Stoffwechselstörungen, die zu beschleunigter Lipolyse und beschleunigtem Muskelabbau führen, und dadurch mit einem Gewebeverlust einhergehen, der sich nicht allein über die reduzierte Nahrungsaufnahme erklären lässt (Tabelle 6). Der entscheidende Unterschied zwischen einfacher Nahrungskarenz und Kachexie besteht darin, dass bei einem Patienten mit Kachexie eine diätetische Unterstützung durch künstliche Ernährung 490


TABELLE 6 – METABOLISCHE EINFACHEM NAHRUNGSENTZUG Parameter

UNTERSCHIEDE ZWISCHEN (HUNGERN) UND KACHEXIE

Nahrungsentzug

Körpergewicht

Entzündung/Kachexie oder unverändert

Körperfett

Proinflammatorische Zytokine, insbesondere IL-6, TNF-a und IL-1 sind im Wesentlichen verantwortlich für diese Störungen und haben sowohl lokale Effekte am Ort der Entzündung, als auch endokrine Effekte (IL-6). Bei hochgradigen Infektionen ist der zirkulierende TNF-a ein wichtiger Induktor einer beschleunigten Lipolyse. Ferner ist TNFa durch die Up-Regulation des proteolytischen Ubiquitin-Proteasom-Systems im Wesentlichen verantwortlich für den eine Kachexie begleitenden gesteigerter Muskelabbau (Camps et al. 2006). Neben dem generalisierten Muskelkatabolismus kann es auch zu Störungen des Metabolismus einzelner Aminosäuren kommen. Wie beim Menschen mit HIV-Infektion stimuliert das als Reaktion auf die Infektion produzierte IFN-g auch bei FIVinfizierten Katzen eine beschleunigten Tryptophan-Abbau und eine Absenkung der Tryptophankonzentration im Serum (Kenny et al. 2007). Welche genauen Folgen diese metabolische Reaktion hat, ist bislang unklar, sie erhöht aber zumindest die theoretische Möglichkeit, dass eine Supplementierung mit Tryptophanmetaboliten wie Niacin oder Melatonin bei FIV-infizierten Katzen einen gewissen therapeutischen Effekt haben kann.

Ruheenergiebedarf

oder unverändert

Metabolischer Energiebedarf Proteinsynthese

oder

Proteinabbau Seruminsulin Serumkortisol

unverändert

Serumglukose

unverändert

Serumlipide

VLDL,

Fettsäuren Ketonkörper

5 - Auswirkungen der Immunantwort auf den Ernährungsstatus

oder Zwangsernährung die Störungen nicht umkehren kann, also den Verlust an fettfreier Körpermasse nicht aufhält, sondern stattdessen lediglich zu einer Akkumulation von Körperfett führt. Kachexie beobachtet man im Zusammenhang mit Sepsis, nicht septischen entzündlichen Erkrankungen, neoplastischen Erkrankungen und Herzinsuffizienz. Beim Menschen ist Kachexie für 3080 % aller krebsbedingten Todesfälle verantwortlich (Insuffizienz des Diaphragmas, Ödem, Immunschwäche; Kotler, 2000).

VLDL, Fettsäuren Ketonkörper

Bei entzündlichen Erkrankungen kommt es als Antwort auf die Nahrungsaufnahme zu einer übermäßigen Sekretion von Insulin. Die meisten Zellen des Körpers (insbesondere die Leber) sind jedoch resistent gegen diese Effekte. Diese Resistenz verhindert den Verbrauch von wertvoller Glukose und spart die Blutglukose für lebenswichtige Organe und Gewebe (Gehirn, Erythrozyten, Leukozyten). Gleichzeitig kommt es zu einem massiven Kortisolanstieg, der zu einem umfangreichen Abbau von Fett- und Muskelgewebe führt, dessen Folge wiederum ein vermehrter Zustrom freier Fettsäuren und Aminosäuren zur Leber und ein massiver Abbau von muskulären und viszeralen Proteinen ist. Da die Leber resistent gegen die Wirkungen von Insulin ist, trägt die Nahrungsaufnahme nur wenig dazu bei, dass die Leber aufhört, weiterhin Glukose zu produzieren, so dass sich schließlich eine Hyperglykämie entwickelt (Andersen et al. 2004).

Risiken von Überernährung und Hyperglykämie > Hyperglykämie: Mehr als nur ein Laborwert? Jede hochgradige, akute Erkrankung kann folgende Auswirkungen auf den Glukosestoffwechsel haben: - Hyperglykämie - Insulinresistenz - Steigerung der hepatischen Glukoseproduktion Dieses Phänomen wird auch als „Stress-Diabetes“ bezeichnet. Früher nahm man an, dass es sich bei dieser Insulinresistenz und der Hyperglykämie um eine adaptive Antwort handelt, die die Glukoseaufnahme essenzieller Gewebe fördert und gleichzeitig die Glukoseaufnahme des Muskels verhindert. Eine moderate Hyperglykämie wurde deshalb von Tierärzten wie Humanmedizinern bei Patienten in entsprechenden Krankheitssituationen toleriert.

491

Immunität

Eine umfangreiche Studie an 1548 humanen Patienten im Jahr 2001 sollte belegen, ob es bei hochgradigen Erkrankungen von Vorteil ist, den Blutzuckerspiegel streng unter Kontrolle zu halten (van den Berghe et al. 2001). Die Blutglukose wurde dabei mittels einer intensiven Insulintherapie auf Werte unter 6 mmol/l (100 mg/dl) gehalten. Überraschenderweise wurde dadurch eine Verringerung der Mortalität um 43 % bei allen Patienten beobachtet, und sogar bei Langzeitpatienten sank die Mortalität um 10,6 %.


5 - Auswirkungen der Immunantwort auf den Ernährungsstatus

ABBILDUNG 10 – METABOLISCHE EFFEKTE VON INSULIN AUF DIE ZELLE Insulin

Glut-4 (Glukose)

Expression von Glukosetransportern

Zellproliferation Anti-Apoptose Wachstumssignale

Hemmung der Expression durch: IL-1 IL-6 TNF-a

Proteinsynthese Glykogensynthese Lipolysehemmung Metabolische Signale

Weitere Beobachtungen bei diesen Patienten: - Verkürzung der Hospitalisierungsdauer - weniger nosokomiale Infektionen - weniger Fälle akuter Niereninsuffizienz - weniger Anämie - weniger Fälle von Leberinsuffizienz - weniger Multiorganversagen - weniger Muskelschwäche Bei felinen Patienten fehlen entsprechende Studien bislang, bei hochgradig erkrankten Katzen ist eine „StressHyperglykämie“ jedoch ein sehr häufiger Befund. Auch bei kaninen Intensivpatienten kommt Hyperglykämie häufig vor und geht, wenn sie bereits zum Zeitpunkt der Vorstellung des Patienten vorhanden ist, mit einer erhöhten Hospitalisierungsdauer einher. Auch eine Sepsis wird bei Hunden mit erhöhtem Blutzuckerspiegel häufiger diagnostiziert, als bei normoglykämischen Hunden (Torre et al. 2007). Aus derselben Studie geht hervor, dass Hunde, die die Hospitalisierung nicht überlebten, einen höheren medianen Blutglukosespiegel hatten als Hunde, die bis zum Zeitpunkt ihrer Entlassung überlebten.

> Ist Glukose toxisch?

Über einen kurzen Zeitraum hat eine Hyperglykämie im Allgemeinen keine toxischen Auswirkungen. Die Zellen besitzen über die Down-Regulation von Glukosetransportern normalerweise einen relative guten Schutz vor einer Hyperglykämie. Das in entzündlichen Zuständen freigesetzte Insulin führt zwar nicht zu einer Senkung des Blutglukosespiegels, es hat jedoch andere Signaleffekte innerhalb der Zelle (Abbildung 10). Hyperglykämie stimuliert also eine fortgesetzte Insulinfreisetzung, die vielen Zelltypen signalisiert, verschiedene mit dem postprandialen Status assoziierte metabolische Reaktionen durchzuführen, welche sich im Krankheitszustand zum Nachteil des Organismus auswirken. Bei Hunden mit Sepsis konnten diese Veränderungen bestätigt werden.

In systemischen entzündlichen Zuständen reduzieren Zytokine die Expression von Insulin-Rezeptor-Substrat (IRS-1), was wiederum die Expression des Glukosetransporters GLUT-4 verhindert und eine periphere Insulinresistenz hervorruft. Andere Signaltransduktionswege, die die Zellproliferation fördern und die Apoptose hemmen, treten jedoch weiterhin auf. Die persistierende Hyperinsulinämie als Antwort auf die Hyperglykämie führt zu einer übermäßigen Hemmung der Signaltransduktion von Reaktionswegen des Zellwachstums und zellulärer Dysfunktion.

TABELLE 7 – FÜTTERUNGSEMPFEHLUNGEN BEI HOCHGRADIGEN ENTZÜNDLICHEN ERKRANKUNGEN

• Nicht über den Ruheenergiebedarf (RER) hinaus füttern, bevor ein Gewichtsverlust tatsächlich eintritt. > ABER: Sicherstellen, dass der RER gedeckt wird. • Überwachung auf Hyperglykämie und Hyperlipidämie. > Wenn einer der beiden Zustände nachweisbar ist, die jeweilig verantwortliche Nährstoffzufuhr reduzieren, aber enterale Ernährung weiterhin aufrechterhalten. • Proteinreiche und fettreiche Ernährung > ABER: Potenzielle Fettmalabsorption berücksichtigen. • Beginnen mit 25 % des RER in den ersten 24 Stunden > dann 50 %, 75 % und schließlich 100 %.

Immunität

• Tägliches Wiegen.

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Trotz der relativen Insulinresistenz gelangt ein geringer Teil der Glukose forciert in einige Zellen und führt dort zu einer zellulären Glukoseüberladung, zum Beispiel in Neuronen, Endothelzellen, Alveolarzellen, glatten Gefäßmuskelzellen und Nierentubuluszellen. Diese Kombination aus übersteigerten Insulinsignalen und Glukoseüberladung hat mehrere potenzielle Folgen: - akute Niereninsuffizienz - beschleunigter Erythrozytenverlust und Anämie - Polyneuropathie, Hirnödem, Depression, Anfälle - Immunsuppression, reduzierte Phagozytose und Zellabtötung - erhöhte Sepsisneigung - erhöhte Gefäßpermeabilität, Gerinnungsstörungen und disseminierte intravasale Koagulation

> Diätetische Empfehlungen für Patienten mit hochgradigen entzündlichen Zuständen Eine kohlenhydratreiche Ernährung wird die bei hochgradig entzündlichen Zuständen bestehende Hyperglykämie zweifellos weiter verstärken und die Morbidität erhöhen, während eine fettreiche Ernährung die Belastung der Leber verstärkt und letztlich zu Fettleber und Leberdysfunktion führen kann. Die Fütterungsempfehlungen für Patienten mit hochgradigen entzündlichen Erkrankungen sind in Tabelle 7 zusammengefasst.


6 - Immunantwort auf diätetische Antigene: orale Toleranz

6 - Immunantwort auf diätetische Antigene: orale Toleranz Immunologische Grundlagen der oralen Toleranz Diätetische Fremdantigene interagieren mit dem intestinalen Immunsystem unter anderem mit dem Ziel, unnötige und für den Organismus schädliche Immunreaktionen zu verhindern. Dabei wird die systemische Immunität auf effektive Weise ausgeschaltet, wenn dasselbe Antigen die systemische Zirkulation erreicht. Diese unterdrückte bzw. fehlende Reaktivität auf oral zugeführte Antigene wird als orale Toleranz oder orale Immuntoleranz bezeichnet. Die Entwicklung der oralen Toleranz erfolgt auf eine antigenspezifische und aktive Weise, die unter anderem die Einleitung einer atypischen Immunantwort einschließt.

Die aktivierten Zellen können zwar Zytokine freisetzen, eine vollständige Differenzierung zu Effektor-T-Zellen oder Plasmazellen kann jedoch ohne eine zweite Exposition nicht stattfinden. Damit es zu einer Re-Exposition dieser beiden Zelltypen kommt, müssen intakte Antigene die Lamina propria erreichen. Intestinale Epithelzellen sind verantwortlich für die Absorption von Antigenen, die Differenzierung zu professionellen APZ und die begrenzte Antigenpräsentation zu Klasse-IIMHC-Zellen in der Mukosa. Im gesunden Darm haben diese sekundären APZ, ebenso wie die primären APZ, eine mangelhafte Expression co-stimulatorischer Moleküle und tragen auf diese

ABBILDUNG 11 – AKTIVIERUNG UND „RE-HOMING“ INTESTINALER LYMPHOZYTEN

Mikroorganismen + partikuläre Antigene tolerante CD 4+ Zelle

M-Zelle

sekretorisches IgA

Dendritische Zelle Peyersche Platte

TGF-b IL-10

MAd-CAM-1 Mesenterialer Lymphknoten Apoptose (Zerstörung)

Efferente Lymphgefäße Systemischer Kreislauf

Adhäsionsmolekül aeb7 Regulatorische T-Zelle CD 25+ Anergie

Die Peyerschen Platten sind die primär induktiven Orte für Immunantworten auf luminale intestinale Antigene. Dendritische Zellen in Peyerschen Platten oder mesenterialen Lymphknoten exprimieren normalerweise keine co-stimulatorischen Moleküle (z. B. CD80 und CD86) und induzieren entweder eine Apoptose, eine Anergie oder eine regulatorische Funktion in den T-Zellen. Die in der Schleimhaut aktivierten Lymphozyten exprimieren ein einzigartiges Adhäsionsmolekül (aeb7), das an das von den Schleimhautvenolen exprimierte MadCAM-1 bindet. Die in der Schleimhaut aktivierten Lymphozyten zirkulieren also zunächst und treten anschließend als Effektorzellen in Schleimhautgeweben aus. 493

Immunität

Die Peyerschen Platten sind die primär induktiven Strukturen des intestinalen Immunsystems. Spezialisierte M-Zellen (microfold cells) in dem die Lymphfollikel überziehenden Epithel resorbieren auf dem Wege einer unspezifischen oder rezeptorvermittelten Aufnahme partikuläre und unlösliche Antigene sowie vollständige Mikroorganismen (Brandtzaeg 2001). Diese Antigene und Mikroorganismen werden anschließend zu den in Invaginationen der Basalmembran sitzenden Leukozyten transportiert, namentlich B-Zellen, Makrophagen und dendritische Zellen. Im gesunden Darm fehlen diesen Antigen präsentierenden Zellen (APZ) wichtige co-stimulatorische Moleküle wie CD80 und CD86. Die von diesen „inaktivierten“ APZ prozessierten Antigene werden schließlich naiven B- und T-Zellen in den Lymphfollikeln präsentiert, die daraufhin nur in geringem Maße proliferieren. Diese Prozesse vollziehen sich in einem lokalen Mikromilieu, das sich von anderen Lokalisationen im Körper unterscheidet und zur Induktion von hyporesponsiven Th3oder Th2-basierten T-Zellen führt (Kellermann & McEvoy 2001). Aktivierte Zellen verlassen anschließend die Follikel über die Lymphgefäße und gelangen über die mesenterialen Lymphknoten in den systemischen Kreislauf. Schließlich treten sie an Schleimhautlokalisationen über Zelladhäsionsmoleküle (ZAM), die von den postkapillären Venolen (high endothelial venules) der Schleimhautgewebe spezifisch exprimiert werden, aus. Somit treten aktivierte oder Gedächtnis-B- und T-Zellen in die Lamina propria ein, um dort auf eine zweite Begegnung mit ihrem spezifischen Antigen zu warten (Abbildung 11).


6 - Immunantwort auf diätetische Antigene: orale Toleranz

ABBILDUNG 12 – GRUNDLAGEN DER IMMUNOLOGISCHEN TOLERANZ GEGENÜBER LUMINALEN ANTIGENEN B: Toleranz eines Antigens

A: Klassische Antigenpräsentation

Zerstörung durch Apoptose

CMH-II CD4 keine Antwort (Anergie)

CD28

CD80/86 CD28

IL-2 CMH-II CD4 Proliferation

Th1 CD25+

IFN- g

IL-4 IL-5

TGF-b IL-10

Th2

> IgA-Produktion > Immunsuppression > Antiinflammatorischer Effekt

> Aktivierung von T-Zellen

A: Im Darm exprimieren dendritische Zellen nur in geringem Umfang co-stimulatorische Moleküle wie CD80 und CD86. Die Antigenpräsentation führt zu immunologischer Toleranz gegenüber dem Antigen durch Zerstörung, Anergie oder Induktion regulatorischer oder suppressiver Effekte in den T-Lymphozyten. B: Bei der klassischen Antigenpräsentation kommt es zur Expression co-stimulatorischer Moleküle und zur Aktivierung von T-Lymphozyten zu Th1- oder Th2-Zellen.

Weise zusätzlich zu dem tolerogenen Milieu bei. Die Effektor-T-Zellklone in der gesunden Darmschleimhaut bilden Th2 und Th3 Zytokine, insbesondere IL-10 und TGF-b, und sorgen damit für eine Orientierung der B-Zell-Isotypen in Richtung von IgA produzierenden Plasmazellen, während sie die Entwicklung von Th 1-Lymphozyten und die IgG-Produktion hemmen. Wichtig ist, dass das Immunsystem seine Fähigkeit aufrechterhält, schnell auf Pathogene zu reagieren. Diese Fähigkeit des Erkennens von Pathogenität basiert auf der Beteiligung von PAMP-Rezeptoren, wie zum Beispiel den TLRs, die „Gefahrensignale“ generieren. Die Expression von TLR-2 und TLR-4 ist in den Schleimhautzellen des gesunden Darms des Menschen gering bis gar nicht ausgeprägt; als Reaktion auf inflammatorische Zytokine können diese Rezeptoren aber sehr schnell exprimiert werden (Abreu et al. 2001). Das Fehlen dieser „Gefahrensignale“ führt zu relativ ineffizienter Antigenprozessierung durch intestinale APZ, einer deutlich reduzierten oder nicht vorhandenen Produktion von TNF-a, IL-1 und IL-12 und dem Fehlen der Expression der co-stimulatorischen Signale CD80 und CD86. Die durch eine solche Antigen präsentierende Zelle nur ineffizient aktivierte T-Zelle wird sich weniger teilen, und die meisten ihrer Klone unterliegen einer frühzeitigen Zerstörung durch Apoptose, während die überlebenden Gedächtniszellen dazu neigen, IL-10, TGF-b oder gar keine Zytokine zu produzieren (Jenkins et al. 2001). Diese Kombination aus Apoptose, funktionellen Defekten überlebender Klone und T-Zellen, die antiinflammatorische und IgA-unterstützende Zytokine produzieren, ist das Grundgerüst der immunologischen Toleranz gegenüber luminalen Antigenen (Abbildung 12).

Immunität

Die orale Toleranz basiert also auf einem empfindlichen Gleichgewicht zwischen Induktion von IgA, Zerstörung von T-Zellen, Anergie und Immunsuppression. Dazu gehört auch die Retention antigenspezifischer Lymphozyten, die in der Lage sind, jederzeit auf invasive Pathogene durch ein Antikörperisotypenswitching in Richtung IgM, IgE oder IgG und die Produktion inflammatorischer Zytokine wie IFN-g, IL-12, und IL6 zu reagieren.

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6 - Immunantwort auf diätetische Antigene: orale Toleranz

Verlust der Toleranz gegen diätetische Antigene Der Verlust der immunologischen Toleranz gegenüber diätetischen Antigenen führt zu einer konventionellen, in diesem Fall aber schädlichen Immunantwort gegen ein solches diätetisches Antigen. Mögliche Folgen sind lokale Entzündungen oder auch weiter entfernt gelegene Entzündungen. Die Antwort des Immunsystems ist gekennzeichnet von einem oder mehreren der folgenden Merkmale: - Lokale zellvermittelte Entzündung: Der daraus resultierende chronische Stimulus kann zu einer für entzündliche Darmerkrankungen (Inflammatory bowel disease; IBD) typischen lymphozytären intestinalen Infiltration führen. - Lokale Produktion anderer Antikörperisotypen als IgA: Die Produktion von IgE führt zu Aktivierung von Mastzellen und intestinaler Hypersensibilität, das heißt, einer Futtermittelallergie mit gastrointestinalen Symptomen (Erbrechen und/oder Diarrhoe). - Systemische Antikörperproduktion: Zirkulierendes IgE führt zur Aktivierung von Mastzellen auch außerhalb des Darms. Eine mögliche Folge ist eine dermale Hypersensibilität, das heißt, einer Futtermittelallergie mit Hautjuckreiz als klinischem Symptom. Die auslösenden Ereignisse, die zu einem Verlust der oralen Toleranz führen, oder deren Entwicklung verhindern, werden bei der Katze nicht näher beschrieben und sind bei dieser Spezies weiterhin unklar. Vorgeschlagen werden verschiedene Mechanismen: - Zunahme der Schleimhautpermeabilität, zum Beispiel nach pathologischem Schleimhautinsult oder bei Neugeborenen. - Co-Applikation einer adjuvant wirkenden Substanz, die den Phänotyp intestinaler dendritischer Zellen aktiviert und verändert, z. B. bakterielle Enterotoxine. - Parasiten: Intestinale Parasiten führen bei der Katze zu einer übersteigerten systemischen humoralen Antwort, die unter anderem eine gesteigerte Produktion von IgE umfasst (Gilbert & Halliwell 2005). Diskutiert wird gegenwärtig die mögliche Bedeutung von Infektionen, die eine Th-1 vermittelte Immunantwort stimulieren, für die Prävention von Typ-1-Überempfindlichkeitsreaktionen beim Menschen. Diese auch als „Hygienehypothese“ bezeichnete Theorie besagt, dass das in westlichen Industrieländern zu beobachtende Phänomen einer mangelhaften Reifung des kindlichen Immunsystems von einer Th-2-Immunantwort hin zu einer Th-1-Immunantwort auf eine geringe mikrobielle Stimulation zurückzuführen sein könnte (Romagnani 2004). Nach dieser Theorie fördern bakterielle und virale Infektionen während des frühen Lebens eine Verschiebung des reifenden Immunsystems in Richtung Th1-vermittelter Reaktionen zu Ungunsten der potenziell allergenen Th-2-vermittelten Antworten. Vermutet wird, dass die Reduzierung des mikrobiellen Infektionsdrucks dafür sorgt, dass die bei Neugeborenen natürlicherweise vorhandenen Th2-vermittelten Reaktionen persistieren und für eine Zunahme der Allergien verantwortlich sind. Die Rolle von Parasiten bei der Modulation von allergischen Reaktionen auf Nahrung oder andere Allergene wird seit einem halben Jahrhundert diskutiert. Einigen älteren Berichten zufolge sollen Menschen mit Parasitenbefall, ähnlich wie Katzen, eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, allergische Erkrankungen zu entwickeln (Warrell et al. 1975; Carswell et al. 1977; Kayhan et al. 1978). Im Widerspruch hierzu stehen die höhere Inzidenz allergischer Erkrankungen in westlichen Industrieländern und die Zunahme der Inzidenz allergischer Erkrankungen in sich entwickelnden Schwellenländern. Die bei Langzeitbefall mit Helminthen zu beobachtenden Erhöhungen antiinflammatorischer Zytokine wie Interleukin-10 korrelieren negativ mit Allergien. Jüngst wurde vorgeschlagen, dass es in erster Linie die individuelle Antwort des Wirtes auf einen Parasitenbefall ist, die seine Prädisposition für die Entwicklung allergischer Erkrankungen bestimmt. Ferner gilt die Induzierung einer robusten antiinflammatorischen regulatorischen Antwort (z. B. IL-10), eingeleitet durch eine persistierende Immunbelastung, als Erklärung für die zu beobachtende inverse Assoziation zwischen zahlreichen Infektionen und allergischen Erkrankungen (Yazdanbakhsh et al. 2002). Um zu klären, ob die Hygienehypothese auch bei der Katze Gültigkeit hat, muss die Rolle von Parasitenbefall und anderer Infektionen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Futtermittelüberempfindlichkeit bei dieser Spezies erst noch näher definiert werden. Da die immunologischen Mechanismen der Mehrzahl der Futtermittelüberempfindlichkeiten offenbar nicht IgE-vermittelt sind, scheint die Beantwortung der offenen Fragen bei dieser Spezies noch sehr viel komplizierter.

Immunogenität von Futtermitteln Unerwünschte Reaktionen auf Futtermittel kommen bei Katzen erstaunlich häufig vor. Berichten zufolge sollen sie in bis zu 29 % aller Fälle chronischer gastrointestinaler Erkrankungen eine ätiopathogenetische Rolle spielen (Guilford et al. 2001).

495

Immunität

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, zusammengefasst unter der Bezeichnung Inflammatory Bowel Disease (IBD), sind die häufigste Ursache chronischer gastrointestinaler Störungen bei der Katze. Die Gabe


6 - Immunantwort auf diätetische Antigene: orale Toleranz

von Diätfuttermitteln auf der Basis neuer Proteine oder hydrolysierter Proteine erweist sich zahlreichen Untersuchungen zufolge als eine wirksame Behandlungsmaßnahme (Nelson et al. 1984; Guilford & Matz 2003). Zu beachten ist allerdings, dass eine Beteiligung immunologischer Mechanismen bei einem Teil dieser unerwünschten Reaktionen zwar vermutet wird, bislang aber nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Teilaspekte der „normalen“ immunologischen Reaktion auf diätetische Antigene wurden in der Tat erst vor kurzer Zeit beschrieben (Cave & Marks 2004). Überraschenderweise entwickeln Katzen ausgeprägte Serum-IgG- und Serum-IgA-Antworten auf diätetische Proteine, die entweder als wässrige Suspension oder als Bestandteil von Dosennahrung verabreicht werden. Der relativ kurze Magendarmtrakt der Katze spricht für eine schlechte Anpassung an schwer verdauliche Nahrung (Morris 2002). Als erwiesen gilt, dass der Herstellungsprozess von Dosennahrung die Proteinverdaulichkeit im Endprodukt herabsetzt, und dass dies bei der Katze biologisch signifikante Auswirkungen hat (Kim et al. 1996). Bei Nagern und Kaninchen werden intakte partikuläre und unlösliche Antigene im Darm vorzugsweise über die auf den Peyerschen Platten sitzenden M-Zellen absorbiert (Frey et al. 1996). Klassischerweise neigen diese Antigene dazu, eine gegen Mikroorganismen gerichtete, aktive Immunität auszulösen. Dagegen führen lösliche Antigene nachweislich zum Phänomen der oralen Toleranz (Wikingsson & Sjoholm 2002). Gezeigt wurde ferner, dass die orale Toleranz ausgehebelt werden kann, wenn lösliche Proteine in einer Ölin-Wasser-Emulsion gefüttert werden, was zur Entstehung ausgeprägter systemischer humoraler Immunreaktionen führt (Kaneko et al. 2000). Dieser Effekt könnte auch für die Tiernahrungsindustrie von Bedeutung sein, da Interaktionen zwischen diätetischen Proteinen und Lipiden in Dosen- oder Trockenfutterprodukten während des industriellen Herstellungsprozesses leicht zu neuen, das heißt, im nativen Zustand nicht vorhandenen chemischen Strukturen führen können. In starkem Kontrast zu Nagern steht die intestinale Antwort beim Huhn, wo partikuläre Antigene orale Toleranz induzieren, während lösliche Antigene eine aktive Immunreaktion auslösen (Klipper et al. 2001). Wenn es sich tatsächlich so verhält, dass die physikalischen Eigenschaften der Proteine der natürlichen Nahrung einer Spezies einen Einfluss auf die Entwicklung des intestinalen Immunsystems haben, so könnte dies von besonderer Bedeutung für Spezies sein, deren Nahrung sich heute von der natürlichen Nahrung ihrer Vorfahren unterscheidet.

Als strikte Karnivoren sind Katzen an hoch verdauliche Nahrung angepasst.

Die Auswirkungen des Erhitzens während des Herstellungsprozesses von Dosennahrung auf die Immunogenität diätetischer Proteine wurde bei der Katze evaluiert (Cave & Marks 2004). Bei Verwendung von Soja- und Kaseinproteinen führt der Herstellungsprozess zur Bildung neuer Antigene, die im nicht erhitzten Produkt nicht vorhanden sind. Im Rahmen entsprechender Untersuchungen induzierte ein Produkt mit erhitztem Kasein eine IgA-Antwort im Speichel, die vom unbehandelten Rohprodukt nicht ausgelöst wurde. Die Verarbeitung kommerzieller Tiernahrungsprodukte kann also sowohl zu qualitativen, als auch zu quantitativen Veränderungen der Immunogenität diätetischer Proteine führen. Zwar ist die tatsächliche Bedeutung dieser Ergebnisse bislang nicht klar, sie unterstreichen jedoch die Notwendigkeit, möglichst hochverdauliche Proteinquellen einzusetzen, oder im Falle einer Enteritis sogar hydrolysierte Proteine.

© Y. Lanceau/Royal Canin

Immunität

Kommerzielle Tiernahrungsmittel werden während des Herstellungsprozesses einer beträchtlichen Erhitzung unterzogen. Der Haupteffekt dieser Wärmebehandlung von Proteinen ist eine Veränderung ihrer dreidimensionalen Struktur. Dies kann einerseits zwar zur Zerstörung bestimmter Antigene führen, auf der anderen Seite aber auch zuvor versteckte antigene Determinanten zum Vorschein bringen und aktivieren oder aber neue antigene und immunogene Strukturen generieren. Weitere bei hohen Temperaturen auftretende Reaktionen sind die Maillard-Reaktionen, bei der bestimmte Aminosäuren und reduzierende Zucker miteinander reagieren, wobei die weniger gut verdaulichen Melanoidine entstehen, die dem Endprodukt eine charakteristische braune Farbe verleihen. Melanoidine sind tendenziell weniger gut verdaulich und weniger löslich, und bestimmte Melanoidine sind nachweislich stärker allergen als das ursprüngliche, nicht erhitzte Protein (Maleki et al. 2000; 2003).

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Eicosapentaensäure (EPA) reduzierte Chemotaxis neutrophiler Granulozyten EPA DHA

LPS TLR 4

reduzierte Vasodilatation und Gefäßpermeabilität

T-Zellrezeptor EPA

LTB5

PGE3

Lipidmembran 5-LTs PLA2

3-PGs Cox-1

reduziertes Signal

EPA

Cox-2

EPA

Verhinderung der Targetgen-Transkription

NF-kB Bindungssequenz

PPARs Bindungssequenz

ZYTOSOL

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Mehrfach ungesättigte Fettsäuren können Immunantworten über mehrere Mechanismen modulieren.

1. Die n-3-PUFAs EPA und DHA können direkt die Signaltransduktion von TLR4/LPS hemmen. 2. Veränderungen der physikalischen Eigenschaften der Zellmembranlipide führen zu verminderter Signaltransduktion über T-Zellrezeptoren. 3. Die C20 PUFAs EPA und ARA bilden Eicosanoide unterschiedlicher biologischer Wirkungen. 4. EPA bindet an das Zytosolprotein PPAR-g, welches anschließend zum Zellkern diffundiert, wo es an spezifische Sequenzen bindet und die durch NF-kB-Aktivierung induzierte Gentranskription hemmt (z. B. nach TLR-Signal).

7 - Diätetische Modulation der Immunität

ABBILDUNG 13 – MECHANISMEN DER MODULATION DER IMMUNITÄT DURCH DIÄTETISCHE MEHRFACH UNGESÄTTIGTE FETTSÄUREN

ZELLKERN

7 - Diätetische Modulation der Immunität Mehrfach ungesättigte Fettsäuren Diätetische mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA) können das Immunsystem über mehrere Mechanismen modulieren (Abbildung 13).

> Bildung von Eicosanoiden Der Gehalt der Nahrung an mehrfach ungesättigten Fettsäuren bestimmt das Verhältnis der C20 n-6 Fettsäuren Arachidonsäure (ARA), Dihomo-g-Linolensäure (DGLA) und der n-3 Fettsäure Eicosapentaensäure (EPA) in den Phospholipidzellmembranen von Leukozyten und anderen Zelltypen. Wenn ARA das Ausgangssubstrat ist, werden Prostaglandine und Thromboxane der 2er Reihe (z. B. PGE2 und TXA2), sowie Leukotriene der 4er Reihe (z. B. LTB4) gebildet. Bei EPA als Ausgangsfettsäure entstehen dagegen Prostaglandine und Thromboxane der 3er Reihe (z. B. PGE3 und TXA3), sowie Leukotriene der 5er Reihe (z. B. LTB5; Abbildung 6). EPA und ARA sind kompetitive Substrate für die Enzyme Cyclooxygenase (COX) und Lipoxigenase (LOX). Da EPA ein weniger effizientes Substrat für COX ist, kommt es zu einer geringeren Produktion von Prostaglandinen. Dagegen ist EPA das bevorzugte Substrat für LOX, und wenn sowohl EPA als auch ARA zur Verfügung stehen, dominiert die Produktion der aus EPA hervorgehenden Leukotriene der 5er Reihe.

497

Immunität

Die Gabe von Futtermitteln, die mit der n-3-PUFA EPA angereichert sind, kann die Entstehung der von der Arachidonsäure stammenden Eicosanoide um bis zu 75 % reduzieren. Bei der Katze findet eine Umwandlung der C18 Alpha-Linolensäure (a-LA) in EPA nicht in signifikantem Ausmaß statt. Folglich dürfte eine Anreicherung der Nahrung mit a-LA bei dieser Spezies einen nur geringen Effekt auf die Immunität haben.


7 - Diätetische Modulation der Immunität

Das von EPA abstammende TXA3 ist ein deutlich weniger potenter Thrombozytenaggregator und Vasokonstriktor als TXA2. Dagegen ist die Vasodilatation induzierende und Thrombozytenaggregation hemmende Wirksamkeit der beiden Prostazykline PGI2 und PGI3 identisch. Mit n-3 PUFA angereicherte Futtermittel können also Thrombosen entgegenwirken und verbessern die Mikrozirkulation im Einzugsgebiet endothelialer Aktivierung. Das von EPA stammende Leukotrien LTB5 ist ein deutlich weniger potenter Vasokonstriktor und ein schwächeres Chemotaxin für neutrophile Granulozyten als das aus der Arachidonsäure hervorgehende LTB4. Ebenso ist PGE3 weniger biologisch aktiv als PGE2 und weniger effektiv bei der Induzierung von Fieber, bei der Erhöhung der Gefäßpermeabilität und bei der Steigerung der Vasodilatation. Eine vergleichbar hohe Wirksamkeit besitzen PGE2 und PGE3 jedoch bei der Herabsetzung der Produktion von Th1-Zytokinen und bei der Verschiebung des Th1:Th2-Gleichgewichts in Richtung einer Th2-Antwort in humanen Lymphozyten (Dooper et al. 2002). Ein mit EPA angereichertes Futtermittel führt deshalb zur Produktion von Eicosanoiden mit antagonistischen bis hin zu equipotenten Eigenschaften zu den von der Arachidonsäure abstammenden Eicosanoiden. Der Gesamteffekt von PUFA auf die Immunität lässt sich also nicht einfach durch die geringere Wirksamkeit der von EPA stammenden Eicosanoide erklären. Die Auswirkungen und die Mechanismen der Modulation von Eicosanoiden durch diätetische Fette sind sehr komplex und bei der Katze bislang nur in sehr geringem Umfang beschrieben. Dennoch stützen einige Beobachtungen die allgemeine Aussage, dass mit n-3-PUFA angereicherte Futtermittel tendenziell einen eher antiinflammatorischen Effekt haben, wenn man sie mit Futtermitteln vergleicht, die mit n-6-PUFA angereichert sind. Nicht bekannt ist darüber hinaus, wie signifikant das Ausmaß der Veränderungen der Eicosanoidproduktion im Rahmen der Modulation der Immunität durch n-3-PUFA ist. Als möglich gilt, dass weitere Mechanismen eine mindestens ebenso wichtige Rolle spielen.

> Gentranskription PUFAs können die Gentranskription durch Interaktion mit nukleären Rezeptoren auf direktem Weg beeinflussen. Die Peroxisom Proliferator-aktivierten Rezeptoren (PPARs) sind eine Familie intrazellulärer, zytosolischer Proteine, die nach Bindung an einen geeigneten Liganden in den Kern diffundieren und dort die Gentranskription entweder fördern oder hemmen. Exprimiert werden PPARs von Makrophagen, T-Zellen, B-Zellen, dendritischen Zellen, endothelialen Zellen und weiteren Zelltypen (Glass & Ogawa 2006). Sowohl EPA als auch DHA sind Liganden für PPAR-a, PPAR-g und PPAR-d (Kliewer et al. 1997). PPAR-a-Agonisten hemmen die Bildung von TNF-a, IL-6 und IL-1, sowie die Bildung von iNOS, Matrixmetalloprotease-9 und die Expression von Scavenger-Rezeptoren durch aktivierte Makrophagen (Kostadinova et al. 2005). In T-Lymphozyten hemmen PPAR-a-Agonisten die Bildung von IL-2 und hemmen indirekt die Lymphozytenproliferation (Glass & Ogawa 2006).

ABBILDUNG 14 - MEMBRANSTRUKTUR

Langkettige n-3-PUFAs reduzieren die Expression von COX-2, 5-LOX und 5-LOX- aktivierendem Protein in Chondrozyten. PUFAs verändern auf diese Weise die Eicosanoidsynthese auf der Ebene der Genexpression sowie durch Lieferung der Substrate, aus denen die jeweiligen Eicosanoide gebildet werden.

> Membranstruktur (Abbildung 14) Der Einbau von EPA anstelle von Arachidonsäure in die Phospholipidmembranen verändert die physikalischen und strukturellen Eigenschaften der Zellmembranen von Lymphozyten. Verändert wird dabei insbesondere der Zusammenbau des Lipidgrundgerüsts, in dem die meisten Oberflächenrezeptoren der Zelle lokalisiert sind. Bei T-Lymphozyten in vitro hat dies den Effekt einer abnehmenden Signaltransduktion durch den T-Zellrezeptor und damit eine Unterdrückung der T-Lymphozytenaktivierung (Geyeregger et al. 2005).

> Hemmung der LPS-Signaltransduktion

Immunität

Biologische Membranen haben stets die gleiche Grundstruktur: Es handelt sich um eine Lipiddoppelschicht, größtenteils zusammengesetzt aus zwei amphiphilen Phospholipidreihen. Die Gesamtdicke beträgt 6-10 nm. 498

Tiere, die eine mit EPA und/oder DHA angereicherte Nahrung erhalten, bilden geringere Mengen proinflammatorischer Zytokine und entwickeln eine geringere Morbidität und Mortalität nach einer ChallengeInfektion mit Gram-negativen Erregern oder bakteriellen Lipopolysacchariden. Darüber hinaus führt die Applikation von Lipidemulsionen bei humanen Patienten mit systemischer Sepsis zu reduzierten systemischen entzündlichen Reaktionen als Folge der supprimierten Produktion von TNF-a, IL-1, IL-6 und IL-8 durch LPS-stimulierte Makrophagen (Mayer et al. 2003). DHA und EPA hemmen die durch TLR4-Agonisten (LPS-Stimulation) induzierte Up-Regulation co-stimulatorischer Moleküle, MHC Klasse II, COX-2-Induktion und Zytokinproduktion durch Suppression der Aktivierung von NF-kB. Dagegen wird die COX-2-Expression durch TLR2- oder TLR4-Agonisten durch die gesättigte Fettsäure Laurinsäure erhöht (Lee et al. 2004; Weatherill et al. 2005).


7 - Diätetische Modulation der Immunität

> Diätetischer PUFA-Gehalt, Supplementierung und PUFA-Verhältnis Die Komplexität der Eicosanoidproduktion sowie der Effekte von Eicosanoiden wird zusätzlich kompliziert durch die Komplexität der Interaktionen und des Stoffwechsels der diätetischen Fettsäuren. Um also die möglichen Effekte eines gegebenen Futtermittels vorhersagen zu können, müssen folgende Fakten berücksichtigt werden: - Gesamtfettgehalt der Nahrung - relative Anteile der C18 n-3- und n-6-Fettsäuren (ALA, GLA und LA) - relative Anteile der C20 n-3- und n-6-Fettsäuren (ARA, DGLA und EPA) - absolute Mengen aller individuellen n-3- und n-6-Fettsäuren - Ernährungsanamnese der Katze - Dauer der Fütterung der betreffenden Nahrung Beschränkt man sich bei der Beschreibung des Fettgehalts eines Futtermittels lediglich auf das einfache Verhältnis zwischen n-3- und n-6-Fettsäuren, so erhält man letztlich nur sehr eingeschränkte und möglicherweise sogar irreführende Informationen. Zudem ist zu beachten, dass die Supplementierung einer Nahrung mit einer Omega-3-Fettsäurequelle (z. B. Seefischöl) erheblich variierende Effekte haben kann, die zum einen von der Zusammensetzung der Nahrung insgesamt abhängen und zum anderen vom individuellen Patienten selbst. Die meisten kommerziellen Futtermittelprodukte weisen hohe Konzentrationen der zu den Omega-6-Fettsäuren gehörenden Linolsäure auf. Ein Zusatz von Omega-3-Fettsäuren in geringer Menge hat nur geringe Auswirkungen.

> Empfehlungen Bislang gibt es keine ausreichenden wissenschaftlichen Evidenzen, um präzise Empfehlungen für diätetische PUFAs bei bestimmten Erkrankungen der Katze geben zu können. Saker et al. (1998) stellten bei Verwendung eines diätetischen Fettgehalts von etwa 70 g/kg (TM) fest, dass ein Omega-6 zu Omega-3-Verhältnis von 1,3:1 (Maisöl, tierisches Fett und Menhaden-Öl [Fisch aus der Familie der Heringe]) die Thrombozytenaggregation herabsetzt. Dieser Wert liefert eine sehr grobe Einschätzung der Verhältnisse, die zur Modulation der Eicosanoidproduktion benötigt werden, obgleich die Konzentrationen von EPA und ARA nicht spezifisch gemessen wurden. Unbekannt sind zudem die für andere Effekte von Omega-3-Fettsäuren erforderlichen diätetischen Konzentrationen.

Genistein Genistein ist eine Isoflavonverbindung, die hauptsächlich in Pflanzen der Familie der Leguminosae zu finden ist, wie zum Beispiel Soja, Klee und Alfalfa (Dixon & Ferreira 2002). Genistein ist strukturell verwandt mit 17 b-Östradiol (Abbildung 15). Die Wirkung von Genistein als Phytoöstrogen konnte in vivo bestätigt werden. Genistein steigert das uterine Gewicht, fördert die Entwicklung der Mamma, stimuliert die Prolactinsekretion bei ovariektomierten Ratten und hat eine östrogenartige Wirkung in einigen östrogenabhängigen Zelllinien (Santell et al. 1997; Morito et al. 2001). Aufgrund der Komplexität der Östrogensignaltransduktion in verschiedenen Geweben, in verschiedenen Zellen und vielleicht sogar zu verschiedenen Zeiten, kann Genistein je nach Situation entweder eine östrogene Aktivität haben, gar keine Aktivität aufweisen oder sogar eine anti-östrogene Aktivität entwickeln (Diel et al. 2001).

ABBILDUNG 15 – STRUKTUR VON GENISTEIN UND 17 b-ÖSTRADIOL Genistein:

> Hemmung der Tyrosinkinase und der Topoisomerase II Zusätzlich zu seiner östrogenen Aktivität besitzt Genistein die Fähigkeit, Tyrosinkinasen durch kompetitive Bindung ihrer ATP-Bindungsstellen und Bildung nicht-produktiver Enzym/Substrat-Komplexe zu hemmen (Akiyama et al. 1987). Die Hemmung der Tyrosinkinase wiederum führt zur Hemmung zahlreicher Leukozytensignaltransduktionskaskaden, die beteiligt sind an der Lymphozytenaktivierung und –proliferation, an der Aktivierung neutrophiler Granulozyten und an der Superoxidproduktion, an der bakteriellen Phagozytose durch Makrophagen, an Antikörperantworten und an Überempfindlichkeitsreaktionen vom verzögerten Typ (Trevillyan et al. 1990; Atluru et al. 1991; Atluru & Atluru 1991; Atluru & Gudapaty 1993; Yellayi et al. 2002, 2003). Genistein hemmt darüber hinaus DNA Topoisomerase II mit der Folge von Doppelstrangbrüchen in der DNA, und soll ferner eine chemotherapeutische Wirkung bei Neoplasien haben, sowie eine Wirkung als Unterbrecher der Lymphozytenproliferation (Markovits et al. 1989; Salti et al. 2000).

Östradiol:

> Genistein in der Nahrung der Katze

499

Immunität

Rohmaterialien auf Sojabasis werden in kommerziellen Futtermittelprodukten für Katzen häufig eingesetzt. Die Sojapflanze ist eine reichhaltige Quelle für Proteine, Fasern und mehrfach ungesättigte Öle. Einige kommerzielle Produkte enthalten deshalb Genisteinkonzentrationen, die so hoch sind, dass sie einen Effekt auf die Immunantworten der Katzen haben könnten. Gemessen wurde der Isoflavongehalt einiger Katzenfut-


7 - Diätetische Modulation der Immunität

termittel, und die gefundenen Konzentrationen würden bei einer Katze zu einer Aufnahme von bis zu 8,13 mg/kg Körpergewicht führen (Court & Freeman 2002; Bell et al. 2006). Jüngst konnte gezeigt werden, dass eine orale Behandlung mit Genistein zur Abnahme zirkulierender CD8+-Zellen führt, den respiratorischen Burst neutrophiler Granulozyten steigert und Überempfindlichkeitsreaktionen vom verzögerten Typ herabsetzt. Einige unerwartete Effekte von Genistein legen jedoch nahe, dass eine einfache Übertragung der Ergebnisse in Bezug auf die Wirkungen auf das Immunsystem von einer Spezies auf eine andere nicht möglich ist.

Karotinoide Katzen sind in der Lage, diätetische Karotinoide, einschließlich b-Karotin und Lutein im Darm zu absorbieren (Abbildung 16). Signifikante Mengen beider Verbindungen werden in die Zellorganellenmembranen, insbesondere in den Mitochondrien oder Lymphozyten, inkorporiert (Chew et al. 2000; Chew & Park 2004). Postuliert wird, dass Karotinoide aufgrund ihrer effizienten Absorption und Neutralisierung von Radikalen (Abbildung 17), kombiniert mit ihrer Fähigkeit, sich in der Mitochondrienmembran einzunisten, hoch effiziente Antioxidanzien sind, die Zellen sehr wirksam vor Oxidanzien endogenen Ursprungs schützen. Ihre Lokalisation in den Membranen von Zellorganellen verleiht Karotinoiden eine besonders effektive Schutzwirkung für mitochondriale Proteine, Lipidmembranen und die DNA. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass Antioxidanzien, die sich in Leukozyten konzentrieren, in Anbetracht der Tatsache, dass NF-kB in Leukozyten als Antwort auf oxidativen Stress aktiviert werden kann, die NF-kB-Aktivierung herabsetzen. Es stellt sich also die Frage, ob solche Effekte antiinflammatorische oder sogar immunsuppressive Wirkungen entfalten können, oder ob es der einfache Erhalt der Zelle durch den antioxidativen Effekt ist, der die Immunität stärkt. In den meisten bislang durchgeführten Studien führt die Supplementierung einer Nahrung mit Karotinoiden mit oder ohne Vitamin-A-Aktivität (z. B. b-Karotin oder Lutein) in mehreren verschiedenen immunologischen Assays zu verstärkten Antworten (Chew & Park 2004).

ABBILDUNG 16 – STRUKTUR DES b-KAROTIN

b-Karotin

ABBILDUNG 17 – EFFEKTORSTELLEN DES LUTEINS

Kern

Zellmembran

Arginin Lutein stabilisiert die Zellmembran

Immunität

Freie Radikale

500

Der Zusatz von Lutein zu Katzennahrung hat einen erwiesenen Einfluss auf Immunantworten (Kim et al. 2000). Die Überempfindlichkeitsreaktion vom verzögerten Typ auf eine intradermal applizierte Vakzine wird verstärkt, ebenso wie die in vitro-Lymphozytenproliferation nach entsprechender Aktivierung. Schließlich wird auch die Gesamt-IgG-Antwort nach einer Vakzinierung durch eine diätetische Behandlung mit Lutein verstärkt (Kim et al. 2000). In der Gesamtbetrachtung scheinen Karotinoide also die Immunität unabhängig von ihrer Vitamin-A-Aktivität zu verstärken. Unklar ist, ob dieser Effekt ausschließlich oder teilweise auf ihre antioxidative Funktion zurückzuführen ist.

Arginin ist eine essenzielle Aminosäure für die Katze, da ihr Organismus nicht in der Lage ist, ausreichende Mengen zu synthetisieren. Über die essenzielle Rolle im Ornithin-Zyklus hinaus ist seit langem bekannt, dass diätetisches Arginin bestimmte Aspekte der Immunität verstärkt. L-Arginin wird unter der katalytischen Wirkung der NO-Synthetase (NOS) zu L-Citrullin + •NO (Stickstoffmonoxid) oxidiert (Abbildung 18). Die induzierbare Form des Enzyms in Leukozyten (iNOS) bildet sehr viel größere Mengen •NO als die konstitutiven endothelialen (eNOS) oder neuronalen Formen (nNOS). Begrenzt wird die Produktion von •NO im Anschluss an die Induktion des Enzyms iNOS in einem aktivierten Phagozyten im Wesentlichen durch die Verfügbarkeit von freiem Arginin. Eine Erhöhung


ABBILDUNG 18 – URSPRUNG VON STICKSTOFFMONOXID (NO)

Stickstoffmonoxid ist ein freies Radikal. Verglichen mit anderen freien Radikalen ist das Molekül unter physiologischen Bedingungen jedoch relativ stabil und reagiert nur mit Sauerstoff und seinen radikalen Derivaten, Übergangsmetallen und anderen Radikalen. Diese vergleichsweise niedrige Reaktivität, kombiniert mit der Lipophilie gestattet es dem Stickstoffmonoxidmolekül, vom Ort seiner Synthese wegzudiffundieren und als Signalmolekül auf intrazellulärer, interzellulärer und vielleicht sogar systemischer Ebene zu agieren.

NO-Synthetase (NOS)

Arginin + O2

Stickstoffmonoxid ist eine notwendige Voraussetzung für die physiologische Reifung des intestinalen Epithels. NO kann der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter der intestinalen Motilität sein und ist essenziell für den Erhalt einer physiologischen Schleimhautdurchblutung. Darüber hinaus hemmt •NO die Expression zellulärer Adhäsionsmoleküle und limitiert dadurch einen unnötigen Leukozyteneintritt, insbesondere in Schleimhautgewebe. Stickstoffmonoxid hemmt die T-Zellproliferation, senkt die Aktivierung von NF-kB und induziert lokale Reaktionen vom Th2-Typ. Entgegen dem Paradigma, demzufolge •NO den zentralen proinflammatorischen Transkriptionsfaktor NF-kB hemmt, legen einige Studien nahe, dass eine iNOS-Hemmung die Produktion proinflammatorischer Zytokine steigern kann.

NO + Citrullin

7 - Diätetische Modulation der Immunität

des frei verfügbaren Arginins steigert deshalb die durch einen inflammatorischen Stimulus ausgelöste •NO-Produktion (Eiserich et al. 1998).

Sauerstoff Stickstoff Kohlenstoff Wasserstoff

Die Reaktion wird katalysiert durch das Enzym Stickstoffmonoxid-Synthetase (NOS). Man unterscheidet drei Formen der NOS: • endotheliale NOS (eNOS): Notwendig für den Erhalt des physiologischen Gefäßtonus und als physiologischer Messenger • neuronale NOS (nNOS). eNOS und nNOS sind konstitutive Formen und werden ständig in geringen Konzentrationen gebildet. • induzierbare NOS (iNOS): Die Bildung von iNOS wird durch eine Reihe von Entzündungsmediatoren, wie zum Beispiel die Zytokine Tumornekrosefaktor (TNF) und Interleukin- 1 (IL-1), und freie Radikale induziert.

Wie bereits erwähnt verhält sich •NO relativ unreaktiv gegenüber Nichtradikalen. Die Reaktion von •NO mit Superoxid (O2•–), bei der Peroxinitrit (ONOO–) entsteht, ist diffusionslimitiert. Peroxinitrit ist kein freies Radikal, aber ein starkes Oxidans mit einer ganzen Reihe erwiesener toxischer Wirkungen, die von einer Lipidperoxidation bis hin zu einer zu Inaktivierung von Enzymen und Ionenkanälen, DNASchäden und Hemmung der mitochondrialen Atmung führenden Proteinoxidation und -nitrierung reichen (Virag et al. 2003). Die zellulären Effekte der ONOO– Oxidation sind konzentrationsabhängig. Sehr niedrige Konzentrationen werden durch den Protein- und Lipid-Turnover und die DNA-Reparatur kompensiert, während höhere Konzentrationen Apoptose induzieren und sehr hohe Konzentrationen zu Nekrosen führen. Da sowohl •NO als auch O2•– an der Entzündungslokalisation gebildet werden, ist zu vermuten, dass ONOO– an der Pathogenese zahlreicher Fälle beteiligt ist.

In Anbetracht der unterschiedlichen Reichweite der Effekte von O2•– und NO, ist zu erwarten, dass eine Co-Lokalisation beider Moleküle in derselben Zelle pathogene Effekte hat. Von signifikanter Bedeutung ist in diesem Kontext der Befund, dass iNOS in der Lage ist, O2•– unter Bedingungen zu generieren, in denen L-Arginin nicht zur Verfügung steht. Gezeigt werden konnte dieses Phänomen in Makrophagen, bei denen eine Begrenzung der Verfügbarkeit von L-Arginin zur simultanen Produktion von funktionell signifikanten Mengen an O2•– und •NO und unmittelbarer intrazellulärer Produktion von ONOO– führt (Xia & Zweier 1997). Die große Zahl widersprüchlicher Studien zur Evaluierung der Rolle von •NO bei entzündlichen Erkrankungen führte zu einer Polarisierung von Standpunkten zwischen verschiedenen Autoren, die der Ansicht sind, •NO habe eine protektive Funktion und anderen Autoren, deren Meinung zufolge •NO eher pathogene Effekte hat. Dieser Konflikt ist bedauerlich, da wahrscheinlich beide Meinungen richtig sind. Denn das Schicksal eines jeden einzelnen •NO-Moleküls wird von multiplen Variablen beeinflusst, die seine Rolle in der Pathogenese letztlich bestimmen: - Ort der Produktion - Entstehungszeitpunkt im Ablauf des lokalen Entzündungsprozesses - produzierte Mengen •NO - Redox-Status der unmittelbaren Umgebung - Chronizität der Erkrankung

501

Immunität

In der Gesamtbetrachtung scheint eine zusätzliche Argininzufuhr auf parenteralem oder oralem Weg die supprimierte Immunantwort bei Patienten mit Traumata, operativen Eingriffen, Fehl-/Mangelernährung (Malnutrition) oder Infektionen zu verstärken. Vermutlich ist diese Wirkung auf die Fähigkeit des Arginins


7 - Diätetische Modulation der Immunität

ABBILDUNG 19 – BEDEUTUNG DER L-LYSINSUPPLEMENTIERUNG BEI HERPESVIRUSINFEKTIONEN

zurückzuführen, die Produktion von •NO über iNOS in aktivierten neutrophilen Granulozyten und Makrophagen zu steigern. Bei Patienten mit hochgradiger Sepsis (d.h., Infektion mit systemischer Entzündungsreaktion) kann eine Erhöhung der •NO-Produktion jedoch auch schädliche Auswirkungen haben, insbesondere aufgrund der negativ inotropen und chronotropen Herzwirkung, der blutgerinnungshemmenden Wirkung und der potenten arteriellen und venösen vasodilatatorischen Effekte (Suchner et al. 2002).

Abbildung 19a - Normale Replikation von felinen Herpesviren bei Anwesenheit von Arginin

Abbildung 19b - Hemmung der Virusreplikation, wenn L-Lysin mit Arginin um den Eintritt in die Zelle konkurriert

Arginin L-Lysin Herpesvirus

Oberhalb eines kritischen Schwellenwertes führt die Zugabe von L-Lysin tendenziell zur Hemmung der Herpesvirusreplikation in vivo und in vitro.

Die meisten kommerziellen Produkte zur enteralen Ernährung von Katzen enthalten das 1,5 bis 2fache des empfohlenen Argininmindestbedarfs für das Wachstum. Eine darüber hinaus gehende Supplementierung von Produkten für die Ernährung von Intensivpatienten wird vielfach empfohlen und ist in der Humanmedizin ein weit verbreitetes Mittel zur Stärkung des Immunsystems von Intensivpatienten. In einigen Studien werden zwar klinische Besserungen beschrieben, jedoch besteht bei Intensivpatienten mit SIRS, Sepsis oder Organversagen infolge einer Argininsupplementierung auch die Gefahr einer Verschlechterung des Zustands (Stechmiller et al. 2004). Eine Supplementierung der Nahrung mit Arginin über den in den konventionellen Proteinquellen enthaltenen Anteil hinaus kann also je nach Situation vorteilhaft sein oder aber schädliche Auswirkungen haben.

Lysin Wie in Abbildung 2 dargestellt, kann die Nahrung einen unmittelbaren Einfluss auf ein Pathogen haben. Die Interaktion zwischen Lysin und Herpesviren ist eher ein Beispiel für eine solche direkte Interaktion zwischen Nahrung und Pathogen, als für eine Interaktion zwischen Nahrung und Immunsystem (Abbildung 19).

Das Genom des felinen Herpesvirus-1 (FHV-1) ähnelt dem anderer Alpha-Herpesviren, und beschrieben werden verschiedene virale Proteine (Mijnes et al. 1996). Sämtliche der häufigsten 20 Aminosäuren, einschließlich L-Lysin, spielen eine Rolle (Pellett et al. 1985). Werden Herpesviren in vitro in Zellkulturen kultiviert, muss dem Kulturmedium kein Lysin zugesetzt werden, da die geringe Menge des für die Virusreplikation benötigten Lysins aus dem Pool der freien intrazellulären Aminosäuren genommen wird (Maggs et al. 2000). Bei vollständigem Fehlen von Arginin oder Histidin im Kulturmedium wird die Virusreplikation dagegen erheblich gehemmt, und zwar in höherem Maße als durch das Fehlen anderer Aminosäuren (Tankersley 1964). Die Zugabe von Lysin in das Kulturmedium hemmt die Virusreplikation, unbekannt ist aber nach wie vor, ab welchem Schwellenwert es zu dieser Hemmung der Replikation kommt. Tankersley (1964) zeigt, dass die normale Replikation bei 70 µg/ml stattfindet, und dass es bei 180 µg/ml jedoch zu einer starken Hemmung kommt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass bei Katzen, deren Nahrung einen den Empfehlungen der NRC für gravide Katzen entsprechenden Lysingehalt aufweist (also 1,1 % bei 4000 kcal/kg Futtermittel) die Plasmakonzentrationen von Lysin bei 14 ± 2,2 µg/ml liegen (Fascetti et al. 2004). Vermutet wurde, dass Lysin die Verfügbarkeit von Arginin in vitro aufgrund einer kompetitiven Konkurrenz um den Eintritt in die Zellen antagonisiert (Abbildung 19) und in vivo sowohl durch Kompetition, als auch durch die Induzierung renaler und hepatischer Arginasen. Fascetti et al. zeigten jedoch, dass selbst sehr hohe diätetische Konzentrationen von Lysin die Plasmakonzentration von Arginin bei der Katze über einen Zeitraum von zwei Wochen nicht verändern (Fascetti et al. 2004).

Immunität

- Erhalten Katzen 500 mg L-Lysinmonochlorid zweimal täglich per Bolus, beginnend 6 Stunden vor der experimentellen Inokulation von FHV-1, wird eine mittlere Plasmakonzentration von 97 µg/ml erreicht. Die klinischen Symptome einer akuten FHV-1-Infektion werden reduziert, zu einer Abnahme der Virusausscheidung kommt es jedoch nicht (Stiles et al. 2002). 502


8 - Einfluss der Art der Fütterung

- Eine tägliche Gabe von 400 mg bei latent infizierten Katzen führt zu einer mittleren Plasmakonzentration von 65 µg/ml und reduziert die Virusausscheidung, hat aber keinen signifikanten Effekt auf die klinischen Symptome (Maggs et al. 2003). - Schließlich führt eine Nahrung für Katzen mit 5,1 % Lysin (im Endprodukt bei 4000 kcal/kg Futtermittel) zu einer mittleren Plasmakonzentration von 44 µg/ml. Dieses Futter wurde an Gruppen latent spontan infizierter Katzen gefüttert, die vor kurzem unter einer epizootischen Erkrankung der oberen Atemwege gelitten hatten. Ein Effekt auf klinische Symptome oder die Herpesvirusausscheidung wurde nicht beobachtet (Maggs et al. 2007). Eine Gruppe (männliche Katzen), die ein mit Lysin supplementiertes Futtermittel erhielt, zeigte höhergradige klinische Symptome als alle anderen Gruppen, unabhängig davon, ob diese supplementiert waren oder nicht, und wies eine erhöhte Virusausscheidung auf. Wahrscheinlich ist diese Beobachtung im vorliegenden Fall eher auf Stress oder andere Pathogene (Mycoplasma felis, Bordetella bronchiseptica) zurückzuführen als auf die Nahrung, sie hatte aber dennoch einen Einfluss auf die Ergebnisse der Studie. Die Wirksamkeit einer Behandlung mit L-Lysin auf feline Herpesvirusinfektionen muss bei Katzen mit enzootischer Erkrankung der oberen Atemwege noch weiter untersucht werden. Toxische Wirkungen hat die Lysinsupplementierung bis heute nicht gezeigt. Unter experimentellen Bedingungen zeigen Katzen eine geringere Futteraufnahme bei einem diätetischen Lysingehalt von 13 % (im Endprodukt bei 4000 kcal/kg Futtermittel), dieser Gehalt übersteigt die praktikablen Werte in Katzennahrung jedoch um ein Vielfaches (Fascetti et al. 2004).

8 - Einfluss der Art der Fütterung Neben der Zusammensetzung und der gefütterten Menge der Nahrung hat auch die Art der Fütterung – enteral oder parenteral – einen Einfluss auf bestimmte Aspekte der angeborenen und der adaptiven/erworbenen Immunität (Kudsk 2002). Fehlende enterale Stimulation führt zu einer herabgesetzten IgA-Produktion und IgA-vermittelten antiviralen und antibakteriellen Immunität im Darm und in den Atemwegen (Renegar et al. 2001a). Bei parenteraler Ernährung beobachtet man eine erhöhte Schleimhautpermeabilität und eine erhöhte bakterielle Translokation luminaler Bakterien zu den mesenterialen Lymphknoten, zur Leber und zur Milz (Kudsk 2003a). Bei gesunden Katzen führt eine zweiwöchige parenterale Ernährung zu Zottenatrophie und Zottenfusion im Dünndarm, sowie zu einer erhöhten Anzahl von Entzündungszellen (Lippert et al. 1989). Diese Veränderungen sind durch eine Wiedereinführung der enteralen Ernährung reversibel. Ein Mangel an luminalen Nährstoffen führt zu einer erhöhten Expression proinflammatorischer Adhäsionsmoleküle, insbesondere ICAM-1. Darüber hinaus führt eine fehlende enterale Nahrungszufuhr zur Infiltration der Lamina propria mit Lymphozyten, wobei die Lymphozyten gewissermaßen „eingefangen“ werden. Durch eine enterale Fütterung ist dieses Phänomen schnell reversibel (Ikeda et al. 2003). Während einer Nahrungskarenz kommt es ferner zu einer Akkumulation und Aktivierung von neutrophilen Granulozyten in den intestinalen Gefäßen (Kudsk 2002; 2003b). Die in erhöhter Anzahl vorhandenen geprimten (also in „Einsatzbereitschaft“ versetzten) neutrophilen Granulozyten, die über den gesamten Verdauungstrakt an der Mikrovaskularisation fixiert sind, erhalten nach konsekutiver Aktivierung die Fähigkeit, zur oxidativen und enzymatischen Gewebeschädigung beizutragen. Nahrungskarenz oder eine parenterale Ernährung führen im Vergleich zu enteraler Ernährung zu einer signifikant erhöhten Expression von ICAM-1 im Darm und in der Leber drei Stunden nach Reperfusion. Darüber hinaus führen Nahrungskarenz und parenterale Ernährung zu einer Abnahme von IL-4 und IL-10, die mit einer Abnahme von IgA und einer Steigerung von ICAM-1 korreliert. Eine fehlende enterale Nahrungszufuhr beeinträchtigt das koordinierte System der Sensibilisierung, Verteilung und Interaktion von T- und B-Zellen, das eine wichtige Funktion bei der Produktion von IgA, beim Erhalt normaler Darmzytokine und bei der Regulation endothelialer Entzündungen ausübt. Das Fehlen luminaler Nährstoffe wird beschrieben als eine Art „erster Schlag“, der zu einer Steigerung der entzündlichen Antwort auf einen sekundären Insult des Magendarmtraktes, aber auch der Lunge, der Leber und möglicherweise auch anderer Organe führt.

503

Immunität

Am besten lässt sich der Effekt der enteralen Ernährung auf die intestinale Integrität in den Fällen demonstrieren, in denen ein hochgradiger Schleimhautinsult vorhanden ist. Bei Hunden mit parvoviraler Enteritis senkt die frühzeitige Einleitung der enteralen Ernährung die Zeitspanne bis zur Normalisierung von Allgemeinbefinden, Appetit, Erbrechen und Diarrhoe (Mohr et al. 2003). In einem Modell einer durch Methotrexat induzierten Enteritis bei der Katze erwies sich die Fütterung einer komplexen Nahrung im Vergleich zu einer Nahrungskarenz oder der Fütterung einer Nahrung auf Basis gereinigter Rohstoffe („purified diet“) als wirksamer bei der Normalisierung klinischer Symptome, beim Erhalt der intestinalen Integrität und der Minimierung der bakteriellen Translokation (Marks et al. 1997; 1999).


Schlussfolgerung

Die intestinale Immunität kann einen tief greifenden negativen Einfluss oder aber positive Auswirkungen auf die Entwicklung der systemischen entzündlichen Reaktion auf hochgradige Traumata, chirurgische Eingriffe oder Infektionen haben. Bei humanen Traumapatienten senkt die Ernährung auf enteralem Weg die Pneumonieinzidenz im Vergleich zur vollständigen parenteralen Ernährung (total parenteral nutrition = TPN) oder einer Nahrungskarenz. Die enterale Ernährung steigert die Produktion und Sekretion von IgA in allen Schleimhautlokalisationen, und umgekehrt beeinträchtigt eine fehlende enterale Stimulation die IgA-vermittelte Schleimhautimmunität, einschließlich der Immunität gegen virale Infektionen der oberen Atemwege (Renegar et al. 2001b; Johnson et al. 2003). Die Bedeutung dieser Ergebnisse für die feline Medizin liegt nun in erster Linie darin, dass es bei Katzen mit Calici- oder Herpesvirusinfektionen der oberen Atemwege zu einer verzögerten Erholung kommen kann, wenn eine adäquate enterale Ernährung nicht gewährleistet ist. Das Fehlen enteraler Nährstoffe beeinträchtigt die intestinale Integrität und ist assoziiert mit einer gesteigerten bakteriellen Translokationsrate und einem erhöhten Sepsisrisiko. Beobachtet werden diese Veränderungen sowohl bei vollständiger Nahrungskarenz als auch bei parenteraler Ernährung. Eine fehlende orale Nahrungszufuhr prädisponiert ein Tier also gewissermaßen für eine übertriebene oder überschießende Immunantwort auf einen nachfolgenden oder bereits bestehenden entzündlichen Insult vor und erhöht die bakterielle Belastung des Körpers mit Mikroorganismen aus dem Darm. Auf der anderen Seite ist die enterale Ernährung einer der wichtigsten Mechanismen, über den systemische entzündliche Reaktionen reduziert werden können und eine Septikämie vermieden werden kann. Bei humanen Intensivpatienten hat die enterale Ernährung im Vergleich zur parenteralen Ernährung nachweislich zahlreiche Vorteile. Patienten ohne vorbestehenden septischen Schock, die enteral ernährt werden, entwickeln weniger Episoden einer hochgradigen Sepsis oder eines septischen Schocks und haben zugleich eine kürzere Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation als vergleichbare Patienten unter parenteraler Ernährung (Radrizzani et al. 2006). Dieser Effekt ist so signifikant, dass sich einige Autoren zu der Empfehlung veranlasst sehen, die parenterale Ernährung bei Intensivpatienten völlig zu unterlassen, wenn eine enterale Versorgung bei auch noch so geringem initialem Kaloriengehalt möglich ist.

Schlussfolgerung Die Interaktionen zwischen Ernährung und Immunität sind komplexer Natur, bidirektionalen Charakters und in weiten Teilen immer noch nicht vollständig entschlüsselt. Die Ernährung kann die Immunität durch Verstärkung, Suppression oder Veränderung des Wesens der Immunantwort modifizieren. Zu den wichtigsten Nährstoffen mit Immunsystem-modifizierender Wirkung gehören Glutamin, Arginin, PUFA, Karotinoide und Genistein. Ihre Wirkung auf das Immunsystem können diese Nährstoffe in ihrer Funktion als Energiesubstrat, Vorläufer für Mediatoren, Antioxidanzien, Modifizierer der Gentranskription oder Hemmer von Zellfunktionen entfalten. Defekte oder Mängel nahezu jeden essenziellen Nährstoffs können die Immunität beeinträchtigen. Gleiches gilt aber auch für Nährstoffüberschüsse, wie zum Beispiel im Falle der Adipositas. Ob im Einzelfall eine Suppression oder eine Verstärkung vorteilhaft oder nachteilig ist, hängt vom spezifischen Krankheitszustand ab und natürlich vom individuellen Patienten. Immunantworten modifizieren den Ernährungsstatus eines Individuums durch Veränderungen der Verwertung der Nahrung, eine Beeinträchtigung der Nährstoffaufnahme, einen erhöhten Nährstoffverlust und einen veränderten Nährstoffmetabolismus. Eine anhaltende hochgradige Immunantwort führt zu Kachexie, die allein auf dem Wege der Fütterung nicht reversibel ist. Die mit den systemischen entzündlichen Reaktionen assoziierten metabolischen Veränderungen führen zu Insulinresistenz und Hyperglykämie, einer Stoffwechselsituation also, in der eine Zwangsernährung die Morbidität und Mortalität zusätzlich erhöhen kann. Eine engmaschige Blutzuckerkontrolle scheint deshalb bei Intensivpatienten wichtiger als die Deckung des Ruheenergiebedarfs. Für eine optimale Schleimhautimmunität und systemische Immunität ist die enterale Ernährung der parenteralen Ernährung vorzuziehen.

Immunität

Beispiele für Erkrankungen, bei denen eine Immunsuppression von Vorteil sein kann, sind chronisch entzündliche Erkrankungen wie IBD, Osteoarthritis/Osteoarthrose und immunvermittelte Krankheiten. Weniger klar ist dagegen, bei welchen Zuständen eine Verstärkung der Immunität von Vorteil ist. Bis hierzu weitere Informationen vorliegen, sollte die diätetische Unterstützung von Patienten weniger auf eine spezifische Immunmodulation ausgerichtet werden, sondern sich primär auf die Vermeidung eines Nährstoffund/oder Energiemangels bei gleichzeitiger Vermeidung einer Überernährung fokussieren.

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Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen zur Ernährung und Immunität

F

A

Was ist „Immunonutrition”?

Immunonutrition bezeichnet sämtliche Aspekte der Ernährung, die die Aktivität des Immunsystems auf irgendeine Weise beeinflussen. Meist wird der Begriff jedoch zur Beschreibung von diätetischen Maßnahmen verwendet, deren Ziel eine Verbesserung des klinischen Zustands von Intensivpatienten auf dem Wege der Immunmodulation ist. Man spricht deshalb in diesem Zusammenhang auch von immunmodulierenden Diäten. Es gibt nicht die eine optimale Nahrung für jedes Tier in jedem Krankheitszustand. Die idealen Produkte für verschiedene Tiere können sich erheblich unterscheiden, oder aber identisch sein für Tiere mit völlig unterschiedlichen Erkrankungen. Die mangelnde Eindeutigkeit dieses Begriffes führt sehr leicht zu einer allzu vereinfachenden Betrachtung der Rolle der Ernährung bei hochgradig entzündlichen Erkrankungen. Eine mögliche Folge dieser Einschätzung ist die Propagierung einer einzigen diätetischen Lösung für alle Probleme (z. B. Lösungen zur parenteralen Ernährung, die mit Glutamin, Arginin und n-3-PUFA angereichert sind, für alle septischen Patienten).

Was bedeutet „Stärkung der Immunität”?

Man spricht von einer „Stärkung“ oder auch „Boosterung“ der Immunität, wenn die Immunantwort „amplifiziert“ oder wirksamer bzw. effizienter gemacht wird. Diese verstärkte Immunität ist aber nicht immer nur zum Vorteil des Tieres. Die Normalisierung der zellulären Immunantworten bei einem mangelernährten Tier nach Wiederaufnahme der bedarfsgerechten Ernährung stärkt die Immunität von „mangelhaft“ auf „normal“. Bei hochgradiger Sepsis jedoch, also in einem Zustand, in dem die weit reichende Aktivierung von Makrophagen und neutrophilen Granulozyten in signifikantem Ausmaß zur Schädigung lebenswichtiger Organe und Gefäße beiträgt, kann eine Verstärkung der Aktivität dieser Zellen die Morbidität und Mortalität zusätzlich erhöhen. Das eindeutigste Beispiel hierfür ist die Supplementierung der Nahrung von Intensivpatienten mit Arginin. Im Extremfall kann auch eine Suppression der Immunität von Vorteil sein, zum Beispiel, wenn eine immunvermittelte Erkrankung vorliegt. Der häufigste Grund, aus dem eine Nahrung mit Omega-3-PUFA supplementiert wird, ist die Notwendigkeit einer Reduzierung entzündlicher Prozesse. Schließlich gibt es auch Situationen, in denen eine Stärkung der Immunität weder Vor- noch Nachteile mit sich bringt.

Kann die Ernährung einen nachteiligen Effekt auf die Immunität haben?

Eine nicht vollwertige und unausgewogene Ernährung hat stets das Potenzial, eine immunologische Dysfunktion auszulösen. Die Fütterung eines an SIRS (systemisches inflammatorisches Response-Syndrom) leidenden Tieres über den Ruheenergiebedarf hinaus kann zu Hyperglykämie und Immundysfunktion führen.

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Immunität

Welche ist die ideale Ernährung bei hochgradiger Sepsis?

Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Man weiß inzwischen jedoch, dass bestimmte diätetische Maßnahmen schädliche Auswirkungen haben können. Die Hauptziele der diätetischen Intervention bei einem hospitalisierten Patienten sind die Deckung des bekannten Bedarfes und die Vermeidung von Überernährung und Dehydratation. Ein vernünftiges Ziel bei einem Patienten mit hochgradiger Sepsis ist die einfache Deckung des Ruheenergiebedarfs mit Hilfe einer vollwertigen und ausgewogenen Nahrung, und zwar nach Möglichkeit auf enteralem Weg. Unklar ist bislang das ideale Verhältnis der Makronährstoffe bei Patienten mit hochgradiger Sepsis. Fest steht jedoch, dass alle drei Makronährstoffe, also Kohlenhydrate, Proteine und Fette, bei übermäßiger Zufuhr schädliche Effekte haben können. Katzen mit hochgradiger Sepsis vertragen insbesondere Kohlenhydrate nur sehr schlecht, und eine ideale Lösung für solche Patienten sind kohlenhydratarme (<20 % der Energiezufuhr), fettreiche Futtermittel in Mengen, die den Ruheenergiebedarf nicht überschreiten.


Häufig gestellte Fragen

F

A

Inwiefern kann Anorexie bei Sepsis vorteilhaft sein?

Anorexie führt zu Muskelkatabolismus und zur Freisetzung essenzieller Aminosäuren und Glutamin für eine optimale Leukozytenfunktion. Darüber hinaus erhöht der gesteigerte Gewebeabbau die immunologische Kontrolle durch eine gesteigerte Präsentation von Selbst-Peptiden auf MHC-I-Molekülen. Eine unausgewogene Nahrung kann in einem solchen Fall die Leukozytenantwort beeinträchtigen und die Wirksamkeit der Pathogenelimination herabsetzen. Wird das infektiöse Agens jedoch direkt therapeutisch angegangen, und ist eine entsprechende unterstützende Behandlung gewährleistet, übertrifft die diätetische Intervention die geringgradigen Vorteile einer Anorexie. Zu empfehlen ist in jedem Fall eine hoch verdauliche Nahrung mit moderatem bis niedrigem Kohlenhydratgehalt, einem bedarfsgerechten Glutamin- und Arginingehalt und Antioxidanziensupplementen in einer über den Erhaltungsbedarf der Katze hinausgehenden Konzentration (insbesondere Ascorbinsäure und Tocopherol) und nicht zuletzt die Vermeidung einer Überernährung.

Wie oben erwähnt, ist die Zahl der vorliegenden Studien nicht ausreichend, um zuverlässige Empfehlungen aussprechen zu können. Darüber hinaus hängt die erforderliche Menge von der Art und dem Grad der Erkrankung und dem Fettgehalt der Nahrung der Katze ab. Als wahrscheinlich gilt jedoch, dass so viel Omega-3-Fettsäuren zugeführt werden sollten, dass ein Omega-3:Omega-6-Verhältnis von maximal 1,3:1 entsteht. Beispiel: Ein übliches Erhaltungstrockenfutter für adulte Katzen enthält folgende Zutaten: Geflügel (Huhn), Geflügelmehl, Mais, Maismehl, Geflügelfett, Ei (getrocknet), Fischmehl, Zuckerrübentrockenschnitzel. Der Gesamtgehalt an Omega-6-Fettsäuren dieses Produktes liegt bei 2,6 %, der Omega-3-Fettsäuregehalt bei 0,23 %. Wie viel Fischöl supplementiere ich, um einen immunsuppressiven Effekt bei der Katze zu erreichen?

Das Produkt hat eine Energiedichte von 4 kcal /g (16,8 kJ/g), und eine 4 kg schwere Katze erhält bei einer täglichen Energiezufuhr von 200 kcal (842 kJ) eine Tagesration von 50 g, die 1,3 g n-6-PUFA und 0,115 g n-3-PUFA enthält, also ein n-6:n-3-Verhältnis von 11,3:1. Um dieses Verhältnis auf unter 1,3 zu senken, müssen zusätzlich 0,9 g n-3-PUFA zugesetzt werden. Lachsöl enthält etwa 34 % n-3-PUFA, der Rest sind gesättigte und einfach gesättigte Fettsäuren sowie eine geringe Menge n-6-PUFA. Es werden also 2,6 g (2,9 ml) Lachsöl benötigt, um das Omega-6:Omega3-Verhältnis auf unter 1,3 zu senken. Dieses Supplement liefert zusätzlich 22 kcal (92 kJ), also 11 % mehr Energie als benötigt.

Immunität

Wie oben erwähnt, ist nicht bekannt, welche die wichtigste Variable für die Modulation der Immunität ist. Der möglicherweise wichtigste Aspekt bei der Katze könnte also das ARA:EPA-Verhältnis sein. Auch wenn wissenschaftliche Evidenzen bislang fehlen, dient das oben angeführte Beispiel als ein Ausgangspunkt, und weniger als die angegebenen Mengen haben wahrscheinlich keinen signifikanten Effekt.

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