ksz #2 | Winter 2012

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Ja Nein



Editorial Liebe Leserinnen und Leser, hier sind wir wieder! Kölner Studierendenzeitung, die Zweite. Eigentlich hatten wir erwartet, dass nach unserem Debüt alles viel einfacher gehen würde. Nach kurzer Zeit merkten wir aber: Wir haben uns geirrt. Steigende Ansprüche, Zu- und Abgänge von Redakteuren und ein neues Finanzierungsmodell haben auch diese Ausgabe zu einem harten Stück Arbeit gemacht. Die hat sich allerdings gelohnt. Denn wir haben – hoffentlich – wieder eine Zeitung geschaffen, die zum Nachdenken anhält und belustigt, die kritisiert und lobt und die Fragen stellt und Antworten liefert. Dabei sind wir unserem Arbeitsstil treu geblieben: Wir hinterfragen kritisch. Nicht nur Entscheider, sondern auch uns selbst. Als Schwerpunkt setzen wir uns in dieser Ausgabe mit dem Vorwurf auseinander, die »Generation Maybe« zu sein, die Vielleicht-Generation, der es schwer fällt, sich zu entscheiden und eine Meinung zu bilden. Verantwortlich für diesen Namen sind unter anderen die 68er, die an unserer Generation den Willen zum Protest und die Bereitschaft vermissen, sich zu wehren, und die uns vorwerfen, zu vieles einfach hinzunehmen. Unsere Redakteurin Marisa fragt in ihrem Artikel, ob wir wirklich so zahm sind oder ob wir nur andere Methoden haben, uns zu artikulieren (S. 34). Unsere Autoren Timo und Uta debattieren darüber, ob es nicht auch Vorteile haben kann, zunächst „Vielleicht“ zu sagen und später eine Entscheidung zu treffen (ab S. 20). Im Ressort Denken blicken wir ins Ausland. Die Studentin Ksenya Sevastyanova von der Higher School of Economics in Moskau beobachtet, wie in Russland Gewalt und Repressionen des Staats zunehmen (S. 8). Für die Kölner Studierendenzeitung schildert sie die Proteste gegen die Regierung und empört sich darüber, dass die politische Klasse die Ängste und Anliegen des Volkes ignoriert. Bebildert wird ihre Geschichte durch Aufnahmen der Proteste vom Fotografen Evgeny Feldman von der Novaya Gazeta. Sein Arbeitgeber gehört zu den wenigen, die sich trauen, die Regierung zu kritisieren. Zurück nach Deutschland kehren wir im Ressort Leben. Anfang nächsten Jahres tritt eine neue Rundfunkgebührenordnung in Kraft. GEZ-Mitarbeiter, die an euren Wohnungstüren klingeln, sind dann passé. Ob ihr auch finanziell von der Änderung profitieren werdet und wie ihr euch davor schützen könnt, zu viel zu zahlen, erklärt euch unser Autor Henning (S. 16). Zusätzlich ordnet er die Neuerung ein: In seinem Kommentar kritisiert er die GEZ für ihre Datensammelei und moniert, dass die durch nichts zu rechtfertigen sei. Wir wünschen euch viel Spaß mit der Lektüre – und würden uns darüber freuen, zu erfahren, wie euch die zweite Ausgabe gefallen hat.

Lutz Bergmann, Textchef Kölner Studierendenzeitung E-Mail: lutz.bergmann@studierendenzeitung.de


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Editorial 1 Inhaltsverzeichnis 2 Cartoon zum Mensa-Umbau 5 Gerstensaft-Geheimnisse Mit Gummistiefeln im Sud: Kölns kleinste Brauerei verrät euch, wie ihr euer eigenes Bier braut 12

„Niemand glaubt an einen Dialog.“ Ksenya hat gesehen, wie Putin die Wahlen in Russland manipuliert hat, wie Richter die Gesetze außer Acht ließen und zugunsten ihrer Freunde richteten. Sie hat auch gesehen, dass die Russen deswegen auf die Straße gingen und haufenweise eingebuchtet wurden. In ihrem Bericht erzählt die Studentin aus Moskau, dass das Volk schreit, die Regierung es aber nicht hört

6 Von Bier, Blut und Nummerngirls Die Kölner Laienboxer bei der Night of the Raging Bulls prügeln sich für Ruhm und kistenweise Bier. Angefeuert durch Zuschauer in feinem Zwirn schlagen sie so lange aufeinander ein, bis Blut auf den Ringboden tropft. Ksz-Redakteur David war dabei, bekam laszive Gesten zu sehen und ganz viel Testosteron zu spüren.

Stu die ren

Was erwartest du eigentlich? Wunschzeit. Drei Studierende darüber, was sie sich von ihrer Hochschule wirklich wünschen 16 Mehr Geld für die GEZ Ab jetzt zahlen alle. Eine Neuregelung, die nur für große WGs von Vorteil ist. 18 Einfach weiterkauen - für Erstsemester Frisch an der Uni? Ein paar Tipps für die „Neuen“. 28

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Don‘t call me Maybe Wir sind die Generation Maybe. Uns charakterisiert, dass uns Entscheidungen schwer fallen und wir sie daher oft erst im letzten Moment fällen. Gut so, sagt ksz-Redakteur Timo Stukenberg, denn wer sich spontan entscheidet, lässt sich alle Optionen offen. Blödsinn, meint Uta Rosa Ströbel. Wer sich spät festlege, verbaue sich Möglichkeiten. Zwei Plädoyers für und gegen die Spontaneität. „Vielleicht“ ist auch eine Entscheidung. Von Timo Stukenberg 22 Warum Planen glücklich macht. Von Uta Rosa Ströbel 23 Generation Generation. Das sind wir - wirklich? 24 War das maybe schon immer da? Interview mit Psychologin. 25

Den ken

Ich Chef! Studenten, die sich „nebenher“ selbständig machen, stehen vor großen Herausforderungen. 29 Als Friseurin die Welt verbessern Was Hannelore Kohl fehlte, hat Gülay Toprak. Unsere „Mitesser“-Serie. 31 Typsich Student Maschinenbaustudent versus Schauspielstudent. Klischees erfüllt? 34 Liken statt Streiken Wie protestieren wir heute? Marisa Reichert hat recherchiert. 36 Was gibt‘s da zu sehen? Was ihr gucken solltet - und was lieber nicht. 39

Im pres sum

Herausgeber Campusmedien Köln eingetragene Vereinigung nach § 1 EOSV an der Universität zu Köln vertreten durch: Ivona Coric, Anne-Sophie Lang, Uta Rosa Ströbel

Fotoredaktion Marisa Reichert

Mitarbeiter dieser Ausgabe Tatiana Akhmadishina, Salem Asfaha, Lutz Bergmann, Ute Bergmann, Simon Chlosta, Ivona Coric, Jana Gebhard, Henning Jauernig, Ayse Karacan, Sibylle Kranwetvogel, Blerina Krasniqui, Anne-Sophie Lang, Verena Peters, Marisa Reichert, Carolin Reif, David Sahay, Claudia Scharf, Monika Schmickler, Uta Rosa Ströbel, Timo Stukenberg, Alexander de Vivie, Marcel Weyrich

Druck Rheinisch-Bergische Druckerei, Düsseldorf Auflage: 11.600

Redaktionsleitung Chefredaktion: Ivona Coric, Sibylle Kranwetvogel, Uta Rosa Ströbel, Timo Stukenberg Textchef: Lutz Bergmann

Kölner Studierendenzeitung Campusmedien Köln Universitätsstr. 16 50937 Köln www.studierendenzeitung.de facebook.com/koelnerstudierendenzeitung

Schlussredaktion Anne-Sophie Lang, Claudia Scharf, Monika Schmickler

Artdirection & Layout Max Hoffmann, Keren Rothenberg

Kontakt Redaktion: info@studierendenzeitung.de Anzeigen: anzeigen@studierendenzeitung.de 0221 – 165377 – 92


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Cartoon: Verena Peters

Die Mensa wird umgebaut. Bis April 2013 soll sie fertig sein - moderner und mit mehr Auswahl. Außerdem wird die Salat- und Gemüsetheke vergrößert und eine Pastabar eingerichtet. Auf einem Barbecue-Grill soll frisches Grillgut angeboten werden und auch an einen Ofen extra für Pizza wurde gedacht. Bezahlt wird nach dem Umbau mittels eines Chipkartensystems, um die Warteschlange an der Kasse zu verhindern. Das Essensrodell weicht Bildschirmen mit Fotos des Tagesangebots. Und in der Zwischenzeit? Die Robert-Koch-Mensa hat ein paar Sitzplätze mehr geschaffen - im Zelt nebenan. Im Phil-Café, der Cafeteria Lindenthal und im E-Raum werden weiterhin mittags warme Mahlzeiten angeboten, meistens gemischte Nudel- oder Reisgerichte. Ist aber nicht ganz günstig im Vergleich zur „echten“ Mensa. Und auf der Zülpicher gibt es ein paar Restaurants, die mittags Studentenmenüs haben (zwischen 3-4 Euro).

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»Niemand glaubt an einen Dialog.« Russland ist seit den jüngsten Wahlen ein anderes: Die Menschen protestieren – und setzen sich dabei der Gefahr aus, willkürlich festgenommen zu werden. Für Studenten wie die ksz-Gastautorin Ksenya Sevastyanova bedeutet das: Sie müssen sich entscheiden. Die Fotos zu diesem Artikel machte Evgeny Feldman von der Zeitung Novaya Gazeta


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Russland heute, im Herbst 2012, ist nicht mehr das Russland des Jahres 2011. Nach der Wahl zur Staatsduma – dem russischen Parlament – am 4. Dezember hat sich alles verändert. Glaubt nicht, dass wir nicht vorher wussten, wer die meisten Stimmen bekommt und wer im März Präsident wird. Wir wussten es, aber so eine offene und freche Täuschung haben nur wenige erwartet. Diese Wahl haben viele Menschen beobachtet, sowohl Studenten als auch aktive Bürger. Egal, ob über soziale Netzwerke oder durch Mundpropaganda, von allen haben wir nur eins gehört: „Einiges Russland“, Wladimir Putins Partei, hat die Stimmen geklaut. Schon am nächsten Tag wurden die Leute, die sich mit Plakaten für faire Wahlen eingesetzt haben, in Moskau am Teich „Tschistyje Prudy“ auf grobe und denkbar schreckliche Weise eingelocht. Dabei wurden auch Menschen festgenommen, die zufällig gerade vorbeikamen. An diesem Tag haben viele Menschen aufgehört, der Regierung und Putin, der heutzutage in Russland mit der Regierung identifiziert wird, zu vertrauen. Die Unzufriedenen haben begonnen, regelmäßig, fast jedes Wochenende, auf die Straßen zu gehen. Alle begannen, sich auf die Präsidentenwahl im März vorzubereiten. Die Kandidaten sind dieselben wie vor 20 Jahren. Nur eine Person sticht aus dem allgemeinen Bild hervor: der Oligarch und Geschäftsmann Michail Prochorov, der noch vor der Wahl aus der von ihm selbst gegründeten Partei „Pravoje Delo“ („Die Gerechte Sache“) vertrieben wurde. Man muss zugeben, dass viele mit ihm sympathisiert haben. Einige wohl nur deshalb, weil Prochorov ein neues Gesicht war. Viele Studenten hingegen haben ihn respektiert, da jeder von uns erfolgreich und reich werden will und Prochorov sich in erster Linie als Manager positioniert hat und nicht als Zar. Er hat sich zu Themen geäußert, die junge Leute ansprechen: dass man alles erreichen kann, wenn man hart arbeitet, dass Bildung geschätzt werden soll, dass Russland Spezialisten braucht. »Das empörende Unrecht hat unser Leben geändert« Als Putin Präsident wurde und Prochorov von der Tagesordnung verschwand, haben wir entschieden, dass er höchstwahrscheinlich nur ein Strohmann war.

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Es ist bekannt, dass in Moskau ein rasender Rhythmus herrscht. Dass die Leute es nicht schaffen, zu essen, zu schlafen oder zu denken. Dennoch hat das empörende Unrecht unser Leben geändert. Zunächst: Wer sind „wir“, und was macht „unser Leben“ aus? Wir sind in erster Linie Studenten und Erwerbstätige zwischen 25 und 45 Jahren. Zu uns gehören Unternehmer, die wegen allgemeiner Korruption und Beamtenwillkür vor vielen Problemen stehen und Lehrer, die auf der Welle der Studenten mitschwimmen und die Vorkommnisse nicht ignorieren können. Und auch Rechtsanwälte, die nicht einverstanden sind, dass Richter Urteile nicht nach dem Grundgesetz, sondern aus persönlichen Gründen fällen. Diese Liste lässt sich unendlich fortsetzen, denn die Proteste vereinen Leute, die sich in Alter, Beruf und politischen Ansichten stark unterscheiden. Nun dazu, wie sich unser Leben verändert hat. Erstens: Die Leute sind auf die Straßen gegangen und haben gemerkt, dass sie mehr sind, als es zunächst schien. Zweitens: Alle sind inzwischen davon überzeugt, dass es nichts nützt, Nachrichten über die Situation im Land auf den staatlichen Sendern zu schauen. Das Gesendete hat zum größten Teil keinen Bezug zur Realität. Drittens: Es sind viele Informationen aufgetaucht über Richter, bestellte Prozesse, fabrizierte Urteile. Offenbar entscheidet nicht das Gericht, wer unschuldig oder schuldig ist, sondern die Verwaltung des Präsidenten oder Putin selbst. Das demonstriert der Fall Pussy Riot hervorragend, der starke Resonanz in der Gesellschaft hervorgerufen hat. Viertens: Es ist deutlich geworden, dass das ganze System faul ist, dass die Korruption in alle Bereiche und Institutionen der Macht vorgedrungen ist. Vor uns liegt eine Sackgasse und es ist keine Zeit mehr, sich zu sammeln; wir müssen handeln. Fünftens: Die Zivilgesellschaft in Russland hat angefangen, sich zu formieren. Bislang konnte sich noch keiner der Oppositionsführer entschließen, herauszutreten und zur Revolution aufzurufen. Und das ist richtig. Ich glaube nicht, dass unsere Gesellschaft zu diesem Schritt bereit ist. Die Zukunft wäre viel zu ungewiss. Aber es wird schwerer und schwerer, sich mit der wachsenden Willkür abzufinden.

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»Es ist richtig, zu protestieren« Als vor vier Jahren Medvedev an die Macht kam, hat er selbstsicher behauptet, er wolle das Rechtssystem liberalisieren, die Korruption besiegen und noch viel mehr. Nichts von dem ist passiert, weil alle wissen, wer der Herr im Haus ist. Und als der Herr wieder Präsident wurde, haben Proteste, die auf einen Dialog mit der Regierung abzielten, dazu geführt, dass nun bereits ein Treffen von drei Freunden auf der Straße als nicht angekündigter Protest eingestuft werden kann und die Beteiligten dann mindestens 20.000 Rubel (500 Euro) bezahlen müssen. Seit dem sechsten Mai gehen viele meiner Kommilitonen und ich zu Kundgebungen und Spaziergängen mit Schriftstellern und Malern auf dem Bolotnoi-Platz – als Alternative ohne Megafon und Plakate. Der erste „Marsch der Tausenden“ endete in einer Konfrontation mit der Polizei und vielen Festgenommenen. Dabei waren die Protestierenden nicht aggressiv eingestellt. Viele waren mit Kindern unterwegs, viele Lehrer und gebildete Leute waren dort. Die Polizisten sperrten den Park ab, in dem sie sich versammelt hatten, so dass nur noch die Straße frei war. Und so begann das Drängen. Zusätzlich waren Provokateure in der Masse, die angefangen haben, die OMON (eine mobile Einheit der russischen Polizei zur besonderen Bestimmung) mit Steinen und allem, was ihnen in die Hände kam, zu bewerfen. Das hatte viele Verletzte zur Folge. In den sozialen Netzwerken kursieren viele Videos, in denen die OMON gnadenlos Leute mit Stöcken schlägt.

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Volk lebt für sich. Aber aus irgendeinem Grund nimmt sich eine kleine Gruppe sehr reicher Leute das, was a priori allen Leuten gehören muss: Natur- und Bodenschätze, Erdöl- und Gasrohre und mehr. Während 140 Millionen Menschen nur davon hören, wie viel Gas und Erdöl wir besitzen. »Wir Studenten sind in einer schwierigen Situation« Zur Frage, ob es gefährlich ist, in Russland an einem Protest teilzunehmen, kann ich nur eines sagen: Das lässt sich nicht voraussagen. Niemand weiß genau, wann sie beginnen, Leute festzunehmen und was man in Haft zu unterschreiben gezwungen wird. Als das Urteil über Pussy Riot gefällt wurde, standen schon zwei Autos vor dem Gericht. Es waren sehr viele Leute dort und in einem absolut unauffälligen Moment liefen fünf oder sechs OMON-Polizisten in meine Richtung und nahmen einen Meter von mir entfernt einen Menschen fest, der wie die Umstehenden die Geschehnisse mit einem iPad filmte. In diesem Moment habe ich endgültig verstanden, dass man völlig grundlos festgenommen werden kann. Heute gibt es keine Opposition in der Duma. Der einzige aktive Oppositionelle ist Gennady Gudkov, der Abgeordnete von „Faires Russland“. Am 14. September dieses Jahres haben die 300 Mitglieder der Partei „Einiges Russland“ dem Abgeordneten einstimmig sein Mandat entzogen. Sie erklärten das damit, dass Gudkov eine eigene Sicherheitsfirma hat.

Am widerlichsten ist, dass die staatseigenen Sender nach dieser Gewalt auf dem Bolotnoi gezeigt haben, wie das Oberhaupt Moskaus in ein Krankenhaus zu einem geschlagenen OMON-Polizisten fuhr und ihm sein Beileid aussprach. Am nächsten Tag fuhr jemand von der Opposition in dasselbe Krankenhaus – von dem schwerverletzten OMON-Polizist fehlte jede Spur.

Wir Journalismusstudenten sind heute in einer sehr schwierigen Situation. Wir müssen uns entscheiden: gutes Geld verdienen, indem wir das sagen, was von den staatlichen Sendern vorgegeben wird – oder aber gewissenhaft arbeiten und ehrlich sein.

Es ist richtig, zu protestieren, denn nur so können wir zum Ausdruck bringen, womit wir unzufrieden sind. Aber nach drei „Märschen der Millionen“, einigen Spaziergängen mit Schriftstellern, Barrikaden und Sitzblockaden am Teich „Tschistyje Prudy“ sind die Gesetze nur härter geworden, viele sind ins Gefängnis gekommen, viele wurden zu Invaliden gemacht.

Übersetzt von Tatiana Akhmadishina und Ute Bergmann

Am 15. September habe ich Interviews mit vielen Protestierenden geführt. Ich habe gefragt: „Werden unsere Proteste zu einem Dialog führen?“ Ehrlich gesagt glaubt niemand an einen Dialog. Als ob wir in parallelen Realitäten leben. Die Regierung lebt für sich, das

Ich habe nicht vor zu lügen.

Zur Autorin: Ksenya Sevastyanova ist 20 Jahre alt und studiert Journalismus an der Higher School of Economics in Moskau.


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Von Bier, Blut und Nummerngirls Bei der Night of the Raging Bulls boxen selbstdarstellerisch veranlagte Kรถlner seit acht Jahren um Ruhm, Ehre und viel Bier. Unser Autor war da, eine Tigerunterhose auch.


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Die Moderatorin sieht aus wie eine weibliche Version von Batmans Joker. Zwischen Zylinder und Frack leckt ihre Zunge über die geschminkten Lippen, sie wünscht: „Viel Spaß!“ Die Jokerin steht im Scheinwerferlicht eines Boxrings, aufgestellt inmitten der Halle Tor 2, einer alten Industriehalle etwas abseits der Kölner Innenstadt. Die Night Of The Raging Bulls beginnt. Seit 2004 boxen hier Amateure in unregelmäßigen Abständen um den Titel des Raging Bulls, um die Gunst der Zuschauer – und um jede Menge Bier. Nach fünf Minuten blutet die erste Nase, es tropft rot auf den Boden. Die Boxer tragen Kopfschützer und Boxhandschuhe; wenn sie sich treffen, spritzt Schweiß. Die Wucht der Treffer überrascht sie, sie wanken in ihren Fußballschuhen zurück. Gong. Beide Kämpfer sind angeschlagen, in den Ringecken fächern ihre Trainer ihnen Luft zu. Die Nummerngirls halten lächelnd eine Zwei hoch, ihre Tops verrutschen. Im Ring liegen Strohhalme und Kippenstummel, vereinzelt glitzert Lametta. Drei Kämpfe gibt es pro Abend, je vier Runden à zwei Minuten. Die Laienboxer haben sich vorher online beworben, werden von Profis trainiert und vermarktet. In Trailervideos stellen sie Charaktere dar - je bizarrer, desto besser. Am Ende des Abends wird sich einer von ihnen den Weltmeistergürtel der International Raging Bull Federation und 20 Kisten Bier verdient haben. »Die obere Mittelschicht persifliert den Hamburger Kiez der 70er Jahre« Zwei Stunden zuvor: Der Moderator betritt den Ring über einen Laufsteg, er trägt einen Ganzkörperbadeanzug unter einem Königsmantel und schreit ins Mikrofon: „Wollt ihr Blut sehen?“ Etwa 1000 Zuschauer stehen dicht gedrängt in der Halle und schreien ihm entgegen. Die meisten sind zwischen Mitte 20 und

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Mitte 40 und tragen ausgefallene Abendgarderobe. Hier persifliert die obere Mittelschicht den Hamburger Kiez der 70er Jahre. Männer mit Polyesterhemden, Fliegerbrillen und Goldkettchen, Frauen in Netzstrumpfhosen und Fellmänteln. Alles riecht nach billigem Plastik und teurem Parfüm - geraucht wird nur draußen. Der Abend kostet die Besucher 25 Euro Eintritt, dazu kommen etwa drei Euro pro Bier. Es beginnt Runde zwei. Einer teilt aus, einer steckt ein, sein Gegner schlägt ihn in die Seile. Die Menge grölt, doch er rappelt sich wieder auf. Der Sanitäter bleibt aufmerksam. Beide Boxer überstehen die dritte Runde, das Applausometer entscheidet: Sieg für den Surf Monkey Ninja Boy. Teig Myson schneidet mit blutender Nase schlechter ab. Beider Augen leuchten, sie haben gut gekämpft. Nicht professionell, aber fair. In der Ringmitte fährt ein Bierständer herunter, die Gegner stoßen an. Im Hintergrund überschlagen sich die Jubelrufe der Zuschauer. Einer von drei Kämpfen ist zu Ende, der Moderator entkleidet sich bis auf die Tigerunterhose, die Night Of The Raging Bulls hat ihren Höhepunkt erreicht. Zwischen den Kämpfen spielt die Legendary Ghetto Dance Band ihre Musik, die Kämpfe selbst werden von ludenhaften Boxpromotern begleitet. Der Assikönig und die Jokerin kommentieren abwechselnd. Drei Kämpfe, ein technisches K.O. und eine Bierdusche später fällt die Entscheidung: Surf Monkey lieferte sich gegen Teig Myson den Kampf des Abends und gewinnt die 20 Kästen Bier. Die Nummerngirls haben sich umgezogen und mischen sich unter die Zuschauer. Die Aftershowparty beginnt. Text: David Sahay Fotos: Cornelius Tometten

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GerstensaftGeheimnisse

Egal, ob es um den mitgliederschwächsten Karnevalsverein, den dienstältesten Köbes, den höchsten Nadelbaum oder das dünnste Reihenhaus Kölns geht: wir haben uns für euch auf die Suche gemacht. Auf die Suche nach Rekorden, die unsere Stadt aufzuweisen hat. Zu Beginn widmen wir uns der kleinsten kommerziellen Brauerei Kölns: der „Braustelle“.

Es hat schon etwas Merkwürdiges, eine Kneipe zu betreten, die noch nicht geöffnet ist. Die Stühle stehen auf den Tischen, die Rollos sind heruntergelassen, der Koch hockt in weißer Schürze am Tresen und zieht an seiner Fluppe, während das Küchenradio Hits der 80er trällert, die das Stammpublikum zwei Stunden später wohl verscheuchen würden. Ein völlig anderes Ambiente. Doch als uns Peter Esser gegen fünf Uhr in der Braustelle begrüßt, springen noch ganz andere Dinge ins Auge: Direkt neben dem hintersten Tisch – also in der Ecke, wo man in jeder anderen Kneipe eine Bühne erwarten würde, auf der samstags die Gäste lokalen Bands zujubeln – umgeben unzählige Malzsäcke zwei riesige, silberne Kanister, aus denen es brodelt. Ohne Zweifel: Das müssen die Objekte sein, die die urige Ehrenfelder Gaststätte ausmachen. Wir befinden uns schließlich in der kleinsten Brauerei Kölns. »Geschmack vor Titel«

und bayrischen Weizen-Brauhäusern, und er weiß, dass man auf innere Werte achten muss: Ungefilterte Biere schmecken einfach besser. Und Geschmack ist wichtiger als Titel. Das kommt gut an: Trotz der kleinen Kapazitäten werden in der Braustelle mittlerweile die Biersorten für mehrere Gaststätten gebraut, unter anderem die direkt gegenüberliegende Zoo-Schänke oder die Wohngemeinschaft, aber auch für Exporte nach Spanien, Italien und sogar in die USA. Der laut Peter „hopfenbetonte, erdige, würzige“ Geschmack hat sich einen Namen gemacht – da nehmen es die Gäste auch gerne in Kauf, dass das Feierabendbier mit demselben Etikett anders schmeckt als noch am Wochenende. Weil die Braustelle eine „Handwerksbrauerei ohne Automatismen und Geschmackslabore“ sei, basiere der Brauprozess und somit der Geschmack nun mal teilweise auf Fingerspitzengefühl, erklärt Peter. »Fingerspitzengefühl im Fass«

Deren Inhaber sagt: „Ich muss jetzt auch hinne machen.“ Peter steht mit gelben Gummistiefeln in einer Lache von undefinierbarer Flüssigkeit und begutachtet skeptisch den Inhalt des linken von zwei Behältern. „Wenn gleich die ersten Gäste kommen, muss die Läuterung schon durch sein.“ Das obergärige „HeliosBräu“, für dessen Entstehung hier gerade die Maische gefiltert wird, ist zwar wegen seiner Naturtrübe streng genommen kein Kölsch nach der Braukonvention von 1985; deshalb macht sich Peter aber keinen Kopf. Der Diplom-Braumeister hat ordentlich Erfahrung gesammelt, unter anderem in Düsseldorfer Alt-Brauereien

Diese sensiblen Fingerspitzen, die hat Peter. Gerade läuft das „Gegenstromverfahren“, mit dem die Bierwürze abgekühlt und in den Gärkeller abgepumpt wird. Acht Stunden ist diese Flüssigkeit schon alt und sie hat den größten Teil der Reise in Richtung Fass, Flasche oder Studentenmagen noch vor sich. Schnell wird klar: So ein Bierchen zu produzieren ist deutlich schwerer, als es zu konsumieren. Während hier oben direkt neben den Stammgästen aus Wasser und Gerstenmalz die Maische entsteht, durchgefiltert und die übrigbleibende Bierwürze mit Hopfen gekocht und im


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Gegenstromverfahren abgekühlt wird, geht der Gärund Reifeprozess, der den wahren Geschmack des Bieres ausmacht, im Keller der Braustelle vonstatten. »Nur die Malzsäcke bleiben stehen – wegen der Atmosphäre« Peter huscht durch die Küche und die Treppe herunter. Er ist in Eile und gleichzeitig in seinem Element. Konzentriert watet er durch einen Raum, in dem es das erste Mal so richtig bierig riecht, und schöpft aus Bottichen in Größe eines Queensize-Betts eine beigefarbene Schicht ab: Die Hefe, erklärt Peter, „hat gerade den ganzen Malzzucker aus der Bierwürze von oben aufgefuttert und scheidet Alkohol und Kohlensäure wieder aus“. Sie hat also nach zwei Tagen Gärung ihren Job erledigt und darf aus dem ungefähr 20 Grad warmen Pool heraus. Die nächste Ladung Bierwürze wartet schon, frisch gemaischt direkt aus der Gaststätte. Weiter geht es in den Lagerraum, in dem das Bier dann seinen abfüllbaren Zustand erreicht. Peter kontrolliert akribisch, ob hier alles die richtige Temperatur hat: Das amerikanische Bier reift bei Zimmertemperatur im Kellerflur, während im temperierten Lagerraum neben Helios und Weizen in mannsgroßen Kanistern bei vier Grad auch Ehrenfelder Schwarzbier

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und Pink Panther gedeiht, ein Gemisch aus Bier und Hibiskusbüten. Dabei kommt es ganz auf die Stärke an. Der Panther springt schon nach zwei Wochen aus den Kanistern; wer ein Bier wie Peters Coldfield will, ein Stout mit 10 Prozent, muss sich gut achtmal so lang gedulden. Zu gerne würden wir noch mehr sehen, aber es geht schon wieder nach oben: Die ersten Gäste werden um sechs erwartet, und Peter muss mit seinem Team noch alles aufräumen, angefangen beim Wegschieben der Überreste der Maische und dem Wasser, das vom Gegenstromverfahren übrig geblieben ist. Nur die Malzsäcke bleiben stehen. Die Atmosphäre muss ja gewahrt werden. »Von Ehrenfeld bis New York« Anne, Kellnerin in der „Braustelle“ zapft uns das erste „Helios“ des Abends und erzählt uns vom Drumherum der kleinsten Brauerei, während wir direkt beim ersten Schluck bezeugen können, dass Peter vor zweieinhalb Wochen, als das Bier gebraut wurde, dieses Fingerspitzengefühl gehabt haben muss. Hier werde alles verwertet: das hauseigene, malzige Treber-Brot wird mit den Filter-resten gebacken, die bei der Läuterung der Maische übrig bleiben. Gelegentlich stellen

Gäste ihre Fotos und Kunstwerke aus; dafür hat man hier eine eigene Wand reserviert. Und das gemischte Publikum honoriert das: neben Studenten und Ehrenfelder Stammgästen kommen mittlerweile auch Touristen vorbei, nachdem die „Braustelle“ in der New York Times und in einem brasilianischen Reisemagazin empfohlen wurde. Verschmitzt und auch ein wenig stolz meint Anne, hier sei man eben in einer idealen Mischung aus klassischer Gaststätte und „trendiger“ Bar. Wir lernen: Bier kann man nicht nur trinken, sondern auch brauen. Und mehr als drei Räume braucht man nicht, um ein herrlich-erfrischendes Bier zu kreieren. Wer aber gerade keine eigene Gaststätte mit zwei Kellerräumen zur Verfügung hat, der kann eigentlich auch mit einer kleinen, tischgroßen, Brauanlage – oder aber mit zwei Töpfen und einem WG-Kühlschrank – zurechtkommen, meint Peter. Oft wird er von Hobbybrauern besucht, die ihn um Rat fragen, ihn selbst aber auch gerne inspirieren. Wenn ihr also am Brauprozess (siehe Box) verzweifelt, scheut euch nicht, vorbeizukommen. Am eigenen Beispiel können wir bezeugen: Peter erklärt gerne auch zweimal. Text: Alexander de Vivie Fotos: Marisa Reichert

Wie geht das jetzt mit dem Bierbrauen? Tag 1: Sieden und Läutern. Sieden: Vermischen von 60 Grad warmem Wasser und geschrotenem Malz in einem Topf, aufkochen bei 75 Grad, raus kommt die Maische, dickflüssig und süß. Zwei Stunden. Läutern: die Maische muss nun gefiltert werden. Fangt die Flüssigkeit, die durch das Sieb läuft, mit einem zweiten Topf auf. Diese Würze ist der vergärbare Teil der Maische. Anderthalb Stunden. Hopfen zufügen. Wenn der erste Topf schon gespült ist, gießt die Würze zurück und fügt Hopfen hinzu. Anderthalb Stunden kochen lassen, sodass der Malzzucker in der Würze ein bisschen bitter wird und Aroma bekommt. Abkühlen. Eine Stunde. Gärungsprozess starten. Wenn die Würze eine Temperatur von ca. 20 Grad bekommen hat, gebt die Hefe hinzu. Tag 2-3: Abwarten und Abfüllen. Abwarten. Die Hefe vermehrt sich und verarbeitet den Malzzucker. Gärung nennt man das. Abfüllen: am Ende des dritten Tages Hefe, die sich oben auf der Flüssigkeit abgesetzt hat, abschöpfen und die Flüssigkeit luftisoliert bei ca. 4-5 Grad im Kühlschrank reifen lassen. Zwei Wochen später ist das Bier so weit.


Kommentar:

Was erwartest du von deiner Hochschule? Informiert uns besser!

Lasst uns teilhaben!

Wer an der Fachhochschule Köln studiert, braucht viel Geduld, kommentiert Eunice Godevi: Die Kommunikation funktioniert nicht.

Dozenten geben zu wenig Einblick in die Anwendung von Modellen, findet Alexander de Vivie. Er fragt: Sollten Studenten mehr Interesse zeigen?

Ich würde mir wünschen, dass die Kommunikation zwischen der Hochschule und den Studierenden besser funktioniert. Informationen werden zwar weitergegeben, aber oft einfach zu langsam, so dass einiges bei den Studierenden zu spät oder gar nicht ankommt. Es gibt zwar immer jemanden, bei dem man nachfragen kann, aber diese Person ist dann oft nicht mit dem Problem vertraut oder fühlt sich nicht dafür verantwortlich. Das hat dann zur Folge, dass Studierende von einem Mitarbeiter zum nächsten geschickt werden. Oder es kommt vor, dass Mitarbeiter des Studienbüros krank sind, eine Vertretung dann zwar organisiert wird, diese aber gar nicht mit der Materie vertraut ist. Verzögerungen sind daher an der Tagesordnung. Dieses Kommunikationsproblem besteht auch ganz klar zwischen Studierenden und Dozenten, weil diese chronisch schlecht erreichbar sind und E-Mails von einigen erst sehr spät beantwortet oder direkt ignoriert werden. Besonders ärgerlich ist es, wenn Dozenten außer Haus sind und es deshalb zu Vorlesungsausfällen kommt, von denen Studierende ebenfalls erst viel zu spät erfahren – meist erst kurz bevor die Veranstaltung angesetzt war. Dazu kommt, dass die FH auch nur selten Ersatz- oder Wiederholungsveranstaltungen anbietet. Mit dem Stoff werden die Studierenden also erst einmal alleine gelassen. Alles zusammen führt zu unnötigen Leerläufen. Die Zeit könnten Studierende besser nutzen, als in die FH zu fahren und dort auf Dozenten zu warten, die nicht erscheinen. Wenn die FH es schaffen könnte, Informationen schneller, gezielter und vor allem zuverlässiger zu vermitteln, wäre damit schon ein großer Schritt getan und viele Vorgänge würden somit erleichtert.

Dozenten müssen ihre Studenten motivieren können. Der große Unterschied zwischen Studium und Schule ist, dass man sich endlich entfalten kann. Die Belegung vieler Studienmodule erfolgt allein aus Interesse – und ist somit mit der Erwartung verbunden, einen Einblick in die Anwendung der etablierten Methoden zu bekommen und mehr über offene Fragen der Forschung zu erfahren. Den Dozenten obliegt es, diesen Erwartungen entgegenzukommen. Sicherlich, es gibt zahlreiche Seminare mit weniger als 50 Teilnehmern, in denen es noch möglich ist, Interessen deutlich zu machen und zu diskutieren. Gerade an Massenhochschulen wie der Universität zu Köln, aber auch an kleineren, gar privaten Hochschulen erleben wir aber mehr und mehr das komplette Gegenteil. Studenten wollen interessante Beispiele aus der Realität, die helfen, Thesen zu verstehen. Die meisten Dozenten bieten etwas völlig anderes: Viele fühlen sich mit der Aufgabe unterfordert, Studenten jene Thesen zu erklären, die in ihren Forschungsprojekten eine Selbstverständlichkeit sind, und leiern daher gelangweilt ein festgezurrtes Lehrprogramm herunter. Die Ansprüche beider Parteien laufen aneinander vorbei – so ist es logisch, dass enttäuschte Studenten sich, wie in der Schulzeit, auf das Lernen des Notwendigsten beschränken und kein Interesse für vertiefte, komplexere Themen zeigen. Die Veranstaltungen werden nur zur Gewissensberuhigung besucht – wenn nicht gerade das Wetter dazu einlädt, im Grünen zu sitzen. Dabei wäre eine Lösung dieses Missverständnisses so naheliegend, ergäbe gar eine Win-win-Situation. So könnten Dozenten nach der Erklärung eines jeden Modells eine reale Anwendung vorstellen, deren Vor- und Nachteile zur Sprache bringen und offene

Zur Gastautorin: Eunice Godevi (21) studiert im 3. Semester Sprachen und Wirtschaft an der Fachhochschule Köln.

Zum Autor: Alexander de Vivie (23) hat gerade seinen VWL-Bachelor an der Universität zu Köln abgeschlossen.

Fragen anreißen, die sie in ihren Forschungsprojekten zu beantworten versuchen. Würden Dozenten sich die – ihnen sicher nicht unbekannten – Interessen der Studenten zu Herzen nehmen, stiege nicht nur deren Motivation wieder, sondern auch das eigene Interesse an der Lehre. Rückfragen der Studenten könnten den Dozenten sogar neue Ideen für ihre Projekten liefern. Weshalb kommt es also nicht dazu? Sicher: In Massenveranstaltungen sind Dialoge, gar Diskussionen nahezu nicht umsetzbar. Aber was hindert Dozenten daran, Beispiele und Einwände eigenständig vorzustellen und kurz und knackig weiterführende Links zu präsentieren? Rückfragen können Studenten schließlich auch nach den Veranstaltungen stellen. Vielleicht sind ja auch wir Studenten ein bisschen schuld daran, weil wir über die Jahre eine ablehnende Einstellung zum Studium entwickelt haben. Regelmäßig Massenveranstaltungen zu besuchen oder gar anschließend Nachfragen zu stellen, gilt als strebermäßig-uncool. Und welcher Dozent hat schon Lust, nörgelnden Studis, die einfach nur gedankenlos mitschreiben, mit Leidenschaft Prozesse näherzubringen? Vielleicht müssen wir den Dozenten allein durch unsere Gegenwart und Aufmerksamkeit übermitteln, dass wir die Uni mehr wertschätzen als die Schule, und nach Veranstaltungen häufiger nachhaken. Wenn wir aktiv am Studium teilnehmen, lassen uns die Dozenten bestimmt auch ein wenig mehr am wahren Inhalt jenes Fachbereichs teilhaben, der später fett auf unserem Zertifikat steht.


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Zeigt mehr Begeisterung! Im Master hätte Carolin Reif gern erfahren, warum ihr Fach cool ist. Aber selbst hier hatte sie das Gefühl, nur Vorgekautes vorgesetzt zu bekommen. Zuallererst steht da – zumindest bei mir – die Lehre. Da ich ihr nun nie mehr persönlich begegnen werde, ist es wohl nicht der günstigste Zeitpunkt, Wünsche an sie heranzutragen. Andererseits wann, wenn nicht am Ende meiner universitären Karriere, sollte ich so genau wissen, was mir all die Jahre gefehlt hat? Die Antwort darauf: vor allen Dingen Begeisterung! Ich will erfahren, warum mein Fach, das unter Studenten (gerade dieses Fachs) als bloße Approximation der Realität verschrieen ist, doch cool ist. Denn das kann es sein, nur bekommen es leider viel zu wenige mit. Dass in Bachelor-Veranstaltungen die Grundlagen abgearbeitet werden müssen, leuchtet auch mir völlig ein. Dass es einen Kanon an Inhalten gibt, den jeder Student am Ende seines Bachelors beherrschen sollte, ist selbstverständlich. Wenn in dessen Rahmen wenig Platz zum Ausbrechen bleibt, setzt man eben all seine Hoffnungen in den Master. Hier wollte ich die Anwendung meines Fachs erleben, meine Vorlieben vertiefen, endlich Faszination verspüren und auch in einem zu bewältigenden Ausmaß gefordert werden. Doch was kam, war Ernüchterung. In der Retrospektive erscheint mir heute so manche Bachelor-Methoden-Vorlesung mit mehr Eifer gehalten worden zu sein als eine Master-Veranstaltung. Das Gefühl, viel dazu gelernt zu haben, will sich nicht so recht einstellen. Niveau und Anspruch der Veranstaltungen lassen zu wünschen übrig. Begründungen hierfür finden sich auch in der Umstrukturierung des Studiums. Viele Dozenten sind der Meinung, man müsse alle Studenten zu Beginn des Masters auf ein einheitliches Niveau bringen. Doch hier sehe ich eher die Studenten selbst in der Pflicht. Diese wissen, wie das Programm aufgebaut ist, für das sie sich bewor-

Zur Autorin: Carolin Reif (25) fehlt nur noch die Masterarbeit zum M.Sc. Economics mit Schwerpunkt Energiewirtschaft.

ben und auf das sie sich mit der Immatrikulation eingelassen haben. Es kann nicht jeder zu Lasten der Qualität und des Anspruchs durchgebracht werden. Dozenten hätten auch wieder mehr Lust auf ihre eigenen Veranstaltungen, wenn sie nicht immer das gleiche Einmaleins vorbeten müssten. Würden im Master zumindest die grundlegenden Konzepte etwa in einen E-Learning-Bereich ausgegliedert, könnten diejenigen Studenten, die noch Bedarf haben, diesen leichter decken. Die Dozenten könnten in ihren Veranstaltungen diese Inhalte als behandelt abhaken. Sie könnten versuchen, mit Erweiterungen oder gar der Darstellung eigener Forschungsinhalte ihre Studenten zu ködern und dabei selbst wieder mehr Spaß an der Lehre gewinnen. Aber es gibt auch die Kurse, in denen der Dozent selbst 40 Wochenstunden Einsatz für sein Fach fordert und im Gegenzug dafür tatsächlich Bewunderung für sein Fachgebiet gedeihen lässt. Fünf Scheine sollen pro Semester abgelegt werden. Fünf anspruchsvolle Scheine sind allerdings nach dieser Rechnung auch ohne Schlaf nicht möglich. Also stürzt man sich gezwungenermaßen wieder auf die weniger nährstoffreiche Kost. Denn zwischen den beiden Seiten liegt nur Brachland. Satt macht das, befriedigend ist es nicht. An anderer Stelle wurde kürzlich gefragt, ob man Universitäten überhaupt noch brauche. In der bejahenden Antwort wurde die Lehre betont, da gute Forschung mehr und mehr außeruniversitär stattfände. Vor diesem Hintergrund scheint mir die Entwicklung der Lehre, wie ich sie erlebt habe, besonders erschreckend.

Kreative Autoren Engagierte Fotografen Spinner Besserwisser Finanzchefs Nerds Hinterfrager PRler Vertriebler Optimisten Online-Redakteure Sponsoren Webmaster.

...Dich.

Schreib an: info@studierendenzeitung. de oder klingel durch: 0221/165377-92.


18 November #2

Mehr Geld für die GEZ Am ersten Januar 2013 startet der neue Rundfunkbeitrag und löst die aktuelle Rundfunkgebühr ab. Nach der neuen Regelung wird pro Wohnung ein Beitrag in Höhe von 17,98 Euro je Monat fällig – egal, wie viele Personen in ihr leben. Wer wie viele Geräte zu welchem Zweck besitzt, spielt keine Rolle mehr.

GEZ Die Außendienstmitarbeiter der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) werden nicht mehr an Haustüren klingeln, um Gebühren einzutreiben. Die Rundfunkanstalt wird aber aktualisierte Melderegister durchsuchen, um herauszufinden, wer ihnen Geld schuldet. Außerdem kann sie über die Vermieter Auskunft darüber verlangen, wie viele Menschen in jeder Wohnung leben (siehe Kommentar). Wer durch das neue Beitragsmodell künftig weniger zahlt, muss dies der GEZ mitteilen. Studenten, die BAföG erhalten, können sich zwar auf Antrag befreien lassen, ihre Mitbewohner müssen dann allerdings trotzdem zahlen. Auch Sozialhilfe-Empfänger und Menschen mit Behinderungen müssen den Rundfunkbeitrag nicht bezahlen.

Leben

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November #2 19

Leben

Wohngemeinschaft Ein Beispiel: Die Bewohner einer Dreier-WG besitzen drei Computer, zwei Radios, drei Smartphones und zwei Fernseher – und müssen ab 2013 nur noch einen Rundfunkbeitrag zahlen. Denn es fällt künftig pro Wohnung ein Beitrag in Höhe von 17,98 Euro pro Monat an, unabhängig davon, wer wie viele Geräte wie nutz. Wohngemeinschaften kommen durch die neue Gebühr also billiger weg als vorher. Denn wenn sich eine Dreier-WG die Gebühr teilt, zahlt jeder nur noch knapp sechs Euro.

Pärchen Pärchen, die zusammen wohnen und ohnehin zusammen auf dem Sofa fernsehen, zahlen künftig einen Rundfunkbeitrag von 17,98 Euro pro Monat. Bislang musste jeder einzeln Gebühren bezahlen. Nun zahlt einer für beide und der andere kann sich abmelden. Wer kleine Kinder hat, zahlt trotzdem nur einen Beitrag, weil nur volljährige Personen beitragspflichtig sind.

Kommentar

Die GEZ schnüffelt weiter Das neue Gebührenmodell ist deutlich einfacher als bisher. Es gilt: Eine Wohnung, ein Beitrag. Doch wer denkt, dass damit die Zeiten vorbei seien, in denen Mitarbeiter der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) nach Schwarzsehern fahnden, der irrt sich.

Single Singles müssen unter Umständen mehr bezahlen als vorher. Denn bislang konnten Alleinlebende zum Beispiel nur Internetanschluss und Radio anmelden und bezahlten 5,76 Euro im Monat. Doch nach Geräten wird nicht mehr gefragt. Ein Single zahlt künftig den Regelsatz von 17,98 Euro pro Monat für seine Wohnung.

Die GEZ hat zwar angekündigt, ihre Außendienstmitarbeiter würden künftig nicht mehr an Haustüren von Bewohnern klingeln; sie wird aber aktualisierte Melderegister durchgehen, um herauszufinden, wer ihnen Geld schuldet. Zudem werden die Befugnisse der GEZ im neuen Rundfunkstaatsvertrag ausgeweitet. Wenn die GEZ von den betroffenen Personen keine Informationen erhält, darf sie sich an den Eigentümer wenden und Auskunft über die Mieter der Wohnung verlangen. Hier wird massiv in den Datenschutz der Bürger eingegriffen. Die Zeiten, in denen man GEZAußendienstmitarbeiter an der Haustür einfach wegschicken konnte, haben damit ein Ende. Und was passiert wenn mehrere Personen unter der gleichen Adresse gemeldet sind – etwa in einem Mehrfamilienhaus? Dann muss die GEZ herausfinden, wer Gebühren bezahlen muss und wer nicht. Die Rundfunkanstalt wird zu einem noch größeren bürokratischen Mega-Apparat aufgebaut, der die Bürger stärker ausforscht als bisher. Es verwundert nicht, dass die GEZ im nächsten Jahr 250 neue Mitarbeiter einstellen wird, um das wachsende Datenvolumen zu bewältigen. Problematisch wird es auch dann, wenn jemand aus sozialen oder gesundheitlichen Gründen Ermäßigungen beantragt. Eine nichtstaatliche Verwaltung bekommt auf diesem Weg millionenfach Informationen über persönliche Lebensumstände der Bürger. Das Ansammeln privater Daten ist in keiner Weise zu rechtfertigen. Das wäre es selbst dann nicht, wenn der Bürger im Gegenzug gutes Programm geboten bekäme. Henning Jauernig


20 November #2

Leben

Kölner Studierendenzeitung

Don‘t call me Maybe

Ardavan Ardeshiricham, 22 Jahre, Sport, Gesundheit und Prävention an der Sporthochschule

Was würdest du niemals dem Zufall überlassen? Ich muss demnächst meinen Lebensunterhalt selbst finanzieren. Deswegen muss ich mich langsam daran machen, einen festen Job zu finden. Dabei kann eine gute Planung nicht schaden. Was würdest du in deinem Leben auf keinen Fall planen? Party. Auch wenn ich eigentlich geplant hatte, zu entspannen – sobald mich jemand fragt, ob ich mitkomme, sage ich natürlich nicht nein.


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Leben

November #2 21

Nichts ist schwerer als eine Entscheidung. Aber was heißt das für uns? Früh planen und die Vorfreude auskosten? Oder lieber nichts verpassen und bis zum letzten Moment warten? Wir haben uns auf die Suche gemacht nach Antworten - von Schiebern und Planern, von Rationalisten und Träumern.

Kennst du die aktuelle Marlboro-Werbekampagne? Weißt du, was mit „Don‘t be a Maybe“ gemeint sein soll? Ja, ich denke es geht darum, dass man Chancen wahrnehmen und Wagnisse eingehen soll, ohne sich zu viele Sorgen um die Konsequenzen zu machen oder was andere davon halten. Das ist für eine Zigarettenwerbung interessant, weil die Folgen des Rauchens ja bekanntermaßen negativ sind.

Sibylle Krug, 26 Jahre, Lehramt Musik an der Hochschule für Musik und Tanz Köln

Würdest du dich als „Maybe“ bezeichnen? “Maybe” in dem Sinne vielleicht, dass ich mich nicht gerne festlege. Aber ich gebe mir Mühe, möglichst viele Chancen, die sich mir bieten, wahrzunehmen. Und ich versuche, nicht feige zu sein.

Was würdest du in deinem Leben niemals dem Zufall überlassen? Die Beziehungen zu den Menschen, die mir wichtig sind. Meine Gesundheit. Die Aufgabe, herauszufinden, was ich im Leben erreichen möchte und wer ich sein will. Oft hat man aber gegen den Zufall keine Chance. Oder es bieten sich auf einmal ungeahnte Möglichkeiten. Dann sollte man zugreifen. Was willst du in deinem Leben auf keinen Fall planen? Ich bin nicht so die große Planerin. Ich halte mir gerne viele Möglichkeiten offen. Planen gibt vielleicht eine gewisse Sicherheit, aber es engt auch ein. Ich möchte nur so viel planen, wie unbedingt nötig ist. Mein erziehungswissenschaftliches Studium hätte ich aber zum Beispiel besser planen sollen.


22 November #2

Kölner Studierendenzeitung

Leben

Warum Planen glücklich macht Uta Rosa Ströbel trifft Entscheidungen frühzeitig – und zieht sie durch. Es ist eine Illusion zu glauben, dass wir umso freier sind, je spontaner wir sind. Vielmehr sind Planer diejenigen mit dem Leben voller Spaß und Mehrwert. Tatsache ist: Ich zahle für meinen Kinobesuch nächste Woche genauso viel wie derjenige, der spontan beschließt, ins Kino zu gehen. Doch ich habe mehr davon. Neben dem Film bekomme ich nämlich noch ein paar Tage Vorfreude obendrauf. Außerdem habe ich als eifrige Planerin weniger Sorgen. Beispiel Reisen: Ich kann davon ausgehen, dass meistens alles klappt, was ich will, schließlich sind die Weichen dafür frühzeitig gestellt: Der Zug ist gebucht, die Motivation bestellt, die Freunde informiert – „Was soll noch schief gehen?“, denke ich mir und radle unbeschwert mit meinem Fahrrad am Rhein entlang zum Bahnhof. Gesagt, getan Wer zu allem „Vielleicht“ sagt, verpasst zu viel. Wer spontan ja sagt, lässt sich genauso kurzfristig von Regen oder einem verstauchten Finger abhalten. Ich dagegen erlebe viele spannende Abenteuer, gerade weil ich sie geplant habe. Was ich mir vornehme, ziehe ich durch. Gut, dass ich mir glauben kann – wenn ich einplane, dass ich noch losziehe, verlasse ich auf jeden Fall mein gemütliches Sofa und mache mich auf zur Party meines Lebens, auch wenn es draußen blitzt und donnert. Auch andere wissen meine Glaubwürdigkeit zu schätzen. Bei Beziehungen wird endgültig klar, wieso Festlegen die Lebensqualität entscheidend erhöht: Egal wie lockerleicht sich alles anfühlen soll – es geht nicht ohne Verbindlichkeit. Vertrauen entsteht nur da, wo wir einigermaßen vorhersehen können, was unser Gegenüber als Nächstes tun wird, wie er reagiert, welche Meinung er vertritt. Und wer Freunde in anderen Städten oder gar Ländern hat, muss einen Besuch oft lange im Voraus planen, damit alle auch wirklich Zeit haben – denn beschäftigt sind wir alle.

Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein Und in der Liebe? Selbst den Königen der Spontaneität reicht es in der Regel nicht, sich wie ein Paar zu verhalten – die meisten wollen sich auch offiziell so nennen. Kein Wunder, finde ich. Der tiefe innere Drang in jedem Menschen, sich festzulegen, zeigt sich vor allem bei den Dingen, die uns wichtig sind. Wir wollen es nicht dem Zufall überlassen, ob der andere vielleicht „spontan“ von der Bildfläche verschwindet. Daher ist es fast jedem wichtig, egal ob Planer oder Spontaner, zu sagen: „Wir sind jetzt fest zusammen.“ Ich sage nicht, dass immer, wirklich immer, alles fest wie Beton sein muss. Im Gegenteil: Gerade in meinem „geplanten” Leben erlaube ich mir hier und da spontane Aktionen – und genieße sie als etwas Besonderes. Dabei bin ich noch entspannter als jeder Profi-Spontane. Wieso? Zum Beispiel plane ich alle Tage bis zu den Klausuren gut und effektiv durch. Ich kann also einschätzen, wie viel Zeit ich noch brauche, um auch sicher zu bestehen – um mir dann unbesorgt einen Tag frei zu nehmen. Der Spontane, der nur ahnt, dass er gerade lernen sollte, ist beim spontanen Rheinpicknick in der Prüfungswoche weniger entspannt als ich. Er kann sich nicht sicher sein, dass das mit den Prüfungen klappt. Ich schon. „Wer immer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht“, sagte schon der deutsche Schriftsteller und Kabarettist Christian Wallner. Das finde ich auch, denn: Endgültige, frühe Entscheidungen befreien mich davon, weiter zu suchen, weiter zu sorgen, weiter zu überlegen. Festlegen muss sich jeder irgendwann – da mach’ ich das doch am besten rechtzeitig und kann gerade deswegen tun und lassen, was ich will. Foto: Alex Krabes

Was würdest du niemals dem Zufall überlassen? Lerntage muss ich komplett durchplanen. Jede Lerneinheit dauert dann 90 Minuten und ich versuche mich möglichst daran zu halten. Zugegebenermaßen bin ich nicht immer ganz konsequent, aber ich versuche es zumindest.

Britta Tegelmann, 27 Jahre, Lehramt für Sonderpädagogik an der Universität

Was würdest du in deinem Leben auf keinen Fall planen? Ich lege mich schon fest, wann ich feiern gehe. Aber das Wo lasse ich mir immer offen. Vielleicht findet genau an dem Abend ja eine Neunzigerparty im Beehive statt. Da muss ich dann auf jeden Fall hin – egal, was vorher ausgemacht war.

Caroline Schweitzer, 26 Jahre, Musikwissenschaft an der Universität


Zeichnung: Claudia Scharf

Kölner Studierendenzeitung

November #2 23

Leben

„Vielleicht“ ist auch eine Entscheidung Timo Stukenberg will sich nicht entscheiden müssen – jedenfalls nicht jetzt Zugegeben, es ist schwierig, einen Termin mit mir zu vereinbaren. Denn wenn ich mich zwei Tage im Voraus auf Kino, Grillen oder Party festlege – verpasse ich dann nicht vielleicht die Chance meines Lebens? Unisono höre ich Freunde, Freundin, Professoren und Chefs rufen: „Entscheidung! Jetzt!“ Allgemein gilt: Entscheidungen zu treffen signalisiert Tatkraft. Wer keine trifft, gilt als schwach. Ich sage: Wir brauchen eine neue Denke!

nur die mentale Vorbereitung auf einen gemütlichen Abend auf der heimischen Couch ist. Das Ergebnis: blaue Flecken, Kopfschmerzen, ein geiler Abend auf der einen Seite – Freunde, die sich die Zeit selbstständig vertrieben haben, neuer Gesprächsstoff für das nächste Abendessen und ein neues „Lass uns telefonieren“ – vielleicht schon morgen Abend.

Sich nicht festlegen zu müssen ist ein Luxus unserer Zeit. Denn Entscheidungen, die keinen Aufschub dulden, sind größtenteils ausgestorben. Ein simples Beispiel: Wer früher durch die Wälder streifte und auf einen Säbelzahntiger traf, musste sich ziemlich schnell entscheiden: weglaufen oder kämpfen? Heutzutage stellen sich solche Fragen zum Glück nicht mehr. Das sollten wir als Vorteil ansehen – und genießen. Denn wenn wir uns Zeit nehmen, unsere Entscheidungen reifen zu lassen und uns nicht sofort festlegen, stehen die Chancen gut, die bessere Entscheidung zu treffen. Und damit am Ende glücklicher zu werden.

Wer jetzt behauptet, ich könne mich nicht festlegen, weil mir die nötige Weitsicht oder gar die Reife fehle, liegt völlig daneben. Im Gegenteil: Es ist kurzsichtig, sich weit im Voraus an eine Entscheidung zu binden. Die Einsicht „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ gilt fernab aller Philosophieseminare nämlich genauso für meinen Terminkalender. Am Montag kann ich schlicht noch nicht wissen, welche Möglichkeiten der Samstagabend kurzfristig bereit halten wird. Daher kann ich Tage im Voraus wohl kaum die richtige Entscheidung treffen und warte lieber ab. Am besagten Abend habe ich dann den besseren Überblick über meine Möglichkeiten und wähle zielsicher die richtige aus.

Lob der Spontaneität Wer sich früh entscheidet, verzichtet auf eine Eigenschaft, die in fast jedem Kontext als sexy gilt: Spontaneität. Diese richtig einzusetzen ist allerdings eine Kunst für sich. Denn entweder läuft es so: Ich plane Wochen im Voraus ein Abendessen mit Freunden und sage kurzfristig ab, weil ich sonst den Gästelistenplatz für das Konzert des Jahres verfallen lassen müsste. Ergebnis: blaue Flecken, Kopfschmerzen, ein geiler Abend auf der einen Seite – enttäuschte Freunde, anstrengendes Um-Verständnis-Werben und Wiedergutmachung auf der anderen Seite.

Der Reife-Faktor

Dazu kommt, dass im Vorhinein getroffene Entscheidungen einen entscheidenden Nachteil haben: Sie haben keine Zeit zu reifen. Mich erst kurz vor Ultimo festzulegen oder spontan zu entscheiden, garantiert mir also, eine durchdachte Wahl zu treffen. Entscheidungen treffen muss jeder irgendwann; das ist klar. Die Frage ist nur, wie früh ich mich festlegen will. Ein kleiner Trost für alle, die sich schon entschieden haben: Keine Entscheidung ist endgültig. Foto: Alex Krabes

Oder es läuft so: „Lass uns noch mal telefonieren. Vielleicht kochen wir ja was zusammen.“ Keiner legt sich fest. Alle haben einen Plan B – und wenn es

Was würdest du niemals dem Zufall überlassen? Ich möchte eigentlich nichts planen. Klar, es gibt Dinge, auf die muss man sich schon vorbereiten. Die nächste Prüfung zum Beispiel; und auch Klavierspielen muss ich einplanen. Aber sonst mache ich alles am liebsten spontan. Was würdest du in deinem Leben auf keinen Fall planen? Das Leben meiner Kinder. Die können von mir aus auf das Gymnasium gehen, studieren – oder eben nicht. Es gibt Dinge, aus denen man sich raushalten muss. Und was meine Kinder machen, ist definitiv nicht meine Entscheidung. Falls mein Kind zum Diktator wird, wäre das eine Ausnahme.

Was würdest du niemals dem Zufall überlassen? Ich muss meinen Urlaub mindestens zwei Monate im Voraus planen. Vor allem, wenn ich längere Reisen machen oder Freunde im Ausland besuchen möchte. So etwas zählt zu den Dingen, die ich schon immer machen wollte. Aber erst, wenn ich das Ticket gekauft habe, kann ich auch sichergehen, dass ich fahre.

Carolin Kulinna, 25 Jahre, Lehramt für Sonderpädagogik an der Universität

Was würdest du in deinem Leben auf keinen Fall planen? Besonders in meinem Alltag und in meiner Freizeit ist mir Spontaneität wichtig. Abends feiern zu gehen, möchte ich nicht planen. Denn wenn ich mir etwas vornehme und mir geht es an dem Abend nicht gut, dann möchte ich auch einfach absagen können. Ich weiß ja gar nicht, ob ich in drei Wochen Lust habe, feiern zu gehen.



2005 Generation Praktikum – Matthias Stolz in Die Zeit

2000 Generation Golf – Florian Illies (Buch), gemeint sind die zwischen 1965 und 1975 Geborenen

1991 Generation X – Douglas Coupland (Roman), gemeint sind die in den 1960er und 70er Jahren Geborenen

„Generation Maybe“ ist nur der Gipfel einer Folge von Bezeichnungen, die unsere Generation bisher verpasst bekam. In den vergangenen Jahren häuften sich die Begriffe, so dass viele längst den Überblick verloren haben dürfte. Doch auch unsere Eltern blieben vor solchen – meist negativen – Schlagwörtern nicht verschont, wie unsere Chronik der Generationenbezeichnungen zeigt.

2010 Generation Doof – Stefan Bonner und Anne Weiss (Buch) Generation Wickeltasche – Nana Heymann (Buch) Generation Porno – Johannes Gernert (Buch) Generation G8 – Birgitta vom Lehm (Buch) Generation Biedermeier – Elisabeth Dostert in Süddeutsche Zeitung

2009 Generation Rücksitz – Kerstin Kullmann im Spiegel … sowie 2011 Alexander Wendt auf focus.de (über Die Piraten) Generation Krise – Michael Schlieben auf zeit.de

2008 Generation Handy – „Grenzenlos im Netz verführt“ HeikeSolweig Bleuel (Buch)

2012 Generation Bachelor – Stefanie Maeck im Spiegel Generation Flux – Kurt Sagatz auf tagesspiegel.de Generation Maybe – Oliver Jeges in Die Welt (als Reaktion auf die Marlboro-Werbung „Don‘t be a Maybe“) Generation Weichei – Hart aber fair Generation Erblast – Kerstin Bund in Die Zeit Lost Generation – Harald Martenstein im Zeitmagazin

2011 Generation Y – Eva Buchhorn und Klaus Werle im Spiegel Generation Wodka – Bernd Siggelkow, Wolfgang Büscher, Marcus Mockler (Buch) Generation Wir – Jens Koenen auf e-fellows.net Generation Facebook – Oliver Leistert und Theo Röhle(Buch) Generation 2.0 – Reinhart Lempp (Buch)


26 November #2

Kölner Studierendenzeitung

Leben

»Ein Abbruch kann eine Chance sein« Unsere Generation wird als unentschlossen, zögernd und zweifelnd, als Generation „Maybe“, bezeichnet. Aber ist sie das wirklich? Ksz-Autorin Blerina Krasniqi hat Annika Doll, Psychologin bei der Beratungsstelle des Kölner Studentenwerks, die sich täglich mit den Entscheidungen der Kölner Studenten befasst, gefragt.

Resultieren die Probleme, mit denen sich die Studenten an die Beratungsstelle wenden, häufig aus dem Nicht-Festlegen-Können? In den Beratungen sind die Problemlagen wirklich sehr unterschiedlich und individuell. Es gibt die Studierenden, die ganz klare Ziele haben und eher am eigenen Perfektionismus scheitern und es gibt diejenigen, die sich noch gar nicht festlegen. Beides kann Vor- und Nachteile mit sich bringen. Wir unterscheiden zwischen Problemen im Studium und solchen im persönlichen Umfeld. Etwa 8,5 Prozent der Studierenden, die sich an uns wenden, brauchen etwa Rat bei der Studienwahl oder beim Abbruch des Studiums. All diese Themen kamen auch schon vor Jahren vor und hängen meiner Meinung nach mit der Lebens-

situation zusammen, also damit, dass man noch am Anfang der beruflichen Karriere steht und sich erst einmal orientieren muss. Haben Sie Tipps, um Unentschlossenheit entgegenzuwirken? Wichtig ist, Informationen zu bekommen und Erfahrungen zu machen. Denn ich kann nur dann Entscheidungen fundiert treffen, wenn ich die entsprechenden Informationen habe. Und je praktischer diese orientiert sind, desto emotionaler verankert können sie auch sein. Letztendlich sollte man auf sein Bauchgefühl hören und schauen, ob man sich in der jeweiligen Situation wohl fühlt.

Seit wann existiert die Beratungsstelle? Seit 1970 als psychologische Beratung (heute als Psycho-Soziale Beratung) Wo befindet sich die Beratungsstelle? In der Luxemburger Straße 181-183, in direkter Nähe des Unicenters. Wann kann man die Beratungsstelle erreichen? In der Woche täglich zu erreichen Mo bis Do 9-12 Uhr und 13-16.30 Uhr Freitag von 8.30-14 Uhr E-Mail: psb-sekretariat@kstw.de Seit Neuestem besteht auch die Möglichkeit einer Onlineberatung Tel.: 0221/ 16 88 15-0 unter: www.studentenwerk-koeln.beranet.info Weitere Beratungstellen für Studenten in Köln: Nightline: Zuhör- und Infotelefon für die Studierenden aller Kölner Universitäten und Hochschulen. Nightline Köln ist während der Vorlesungszeit sonntags, montags, dienstags, donnerstags und freitags zwischen 21 und 1 Uhr unter der kostenfreien Rufnummer 0800/4703500 und unter der Kölner Rufnummer 0221/4703500 zu erreichen.www.nightline.uni-koeln.de KSB - Kollegiales Studentisches Beratungsnetzwerk: Austausch, Vernetzung und Beratung auf Augenhöhe, von Studenten für Studenten. www.ksb-unikoeln.de/ ksb-info@uni-koeln.de

Kennst du die aktuelle Marlboro-Werbekampagne? Weißt du, was mit „Don‘t be a Maybe“ gemeint sein soll? Ich habe schon viel von ihr gehört. Es geht darum, kein „Vielleichtchen“ zu sein, sondern zu wissen, was man will und nichts dem Zufall zu überlassen. Würdest du dich als „Maybe“ bezeichnen? Nein. Ich weiß, wer ich bin, was ich will und wohin ich noch möchte. „Maybe“ kommt für mich nicht in Frage. Alexander Sasse, 21 Jahre Medienmanagement, Fachrichtung Sport- und Eventmanagement an der Hochschule für Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation

Foto: Kölner Studentenwerk

Frau Doll, Sie setzen sich täglich mit den Problemen der Kölner Studierenden auseinander, gibt es eine Generation „Maybe“? Eine unentschlossene, zögernde und zweifelnde Generation? Diese Adjektive kommen vor, aber nicht in der gesamten Generation. Ich möchte nicht eine ganz Generation über einen Kamm scheren. Es gibt immer Strömungen und manche Themen kommen immer wieder. Es sind menschliche, essentielle Themen, wie Liebe und Tod. Und nicht „Maybe“. Die Menge an Möglichkeiten ist jedoch sicherlich gewachsen. Noch einige Generationen zuvor konnten Frauen keinen Studienabschluss machen, hatten weniger Möglichkeiten und mussten sich vielleicht weniger fragen, was sie im Leben wollen. Dass inzwischen in gewisser Weise auch der Anspruch da ist, herauszufinden, was man will, bedeutet Freiheit und eventuell Fluch zugleich. Man muss natürlich mit diesem Freiheitsgrad leben können. Schließlich kann es genauso gut als Last empfunden werden, seinen eigenen Weg finden zu müssen beziehungsweise finden zu dürfen.

Was würdest du in deinem Leben niemals dem Zufall überlassen? Ich gebe meinem Leben einen Rahmen, in dem Zufälle passieren können. Für diesen Rahmen muss ich wis-

sen, wo ich morgen schlafen kann, dass auch nächste Woche noch ein voller Kühlschrank drin ist und dass ich mir keine großen Sorgen machen muss, wenn ich mir mal ein Bein breche oder das Handy meines Kumpels im See versenke. Für mein Leben brauche ich ein solides Gerüst. Da überlasse ich nichts dem Zufall. Was willst du im Leben auf keinen Fall planen? Wenn man versucht, Zwischenmenschliches zu planen, geht das immer nach hinten los. Freundschaften, Beziehungen oder die große Liebe ergeben sich aus Begegnungen und Momenten, die sich nicht planen lassen. Mit diesen Dingen möchte ich vom Leben überrascht werden, möchte Zufälle erleben, möchte der Liebe spontan begegnen. Sympathie ist eben nicht planbar.


Kölner Studierendenzeitung

November #2 27

Leben

Münze, Google, Bauchgefühl Wie entscheidest du? Erzähl uns von deinen Entscheidungsstrategien. Mail an mitmachen@studierendenzeitung.de

Infos für Planer und Spontane

Lieber Ja als Vielleicht Auf die Frage, wer mit seiner Entscheidungsfindung glücklicher wird, haben Sozialpsychologen eine eindeutige Antwort. Sie haben herausgefunden, dass Menschen, die eine unwiderrufliche Entscheidung getroffen haben, mit der gewählten Option zufriedener sind als diejenigen, die noch alles rückgängig machen können. Die Wissenschaftler nennen das Dissonanzreduktion: Die unumkehrbare Entscheidung wird als die beste angesehen, eben weil man sie gewählt hat und sie daher „einfach gut sein muss“ - oder im Kopf nachträglich zur besten Möglichkeit gebastelt wird. Wer also das Preisschild vom neuen Kleidungsstück direkt abschneidet, liebt das neue Teil auf einmal noch mehr, als derjenige, der sich die Um-

tauschoption lange offen hält. Eine klare Empfehlung, wie wir uns entscheiden sollten, gibt uns auch die Wissenschaft nicht. Vielleicht belügen sich die Festleger. Aber sie sind glücklicher als die Spontanen. Am Ende muss jeder selbst erforschen, welcher Weg für ihn der beste ist. Günstig Reisen Edle ICE-Tickets quer durch Deutschland, zum Beispiel von Köln nach Berlin, gibt es schon ab 20 Euro – wenn man rechtzeitig bucht. Wer dagegen kurzfistig unterwegs ist, dem ist mitfahrgelegenheit. de zu empfehlen, denn da tauchen die meisten Angebote sowieso erst in der Woche vorher auf. Die ksz wünscht viel Spaß – egal, wann die Entscheidung gefallen ist.


28 November #2

Kölner Studierendenzeitung

Leben

Zeichnung: Claudia Scharf

Einfach weiterkauen: 10 Tipps für Erstsemester

Von der Schule frisch an die Uni? Wer die Schule ernst genommen hat, kann an der Uni einige fatale Fehler begehen. Die ksz präsentiert: 10 Dinge, die Erstsemester vermeiden sollten. 1. Wartet nicht auf das Klingeln am Ende der Vorlesung. Da könnt ihr lange warten. 2. Habt keine Angst, eine Frage zu stellen. Ihr seid jetzt an der Uni. Hier werdet ihr nicht mehr gemobbt oder ausgelacht. Wahrscheinlich werden die meisten genau die gleiche Frage haben wie ihr; also traut euch ruhig. 3. Im Seminar eine Frage mit einer ellenlangen Ausführung zu beantworten ist ok – in der Vorlesung nervt es eher. Eine kurze Antwort garantiert, dass der Dozent mit dem geplanten Stoff für die Vorlesung durchkommt.

4. Fangt nicht an zu heulen. wenn ihr den Weg nicht findet. Fragt höhere Semester, die beißen nicht. Auch sie waren mal Erstsemester. 5. Kommt ihr zu einer Vorlesung zu spät, dann erklärt eurem Dozenten keinesfalls, dass euer Wecker kaputt gegangen ist oder die Bahn sich verspätet hat. Setzt euch einfach hin. 6. Steht nicht auf, wenn der Dozent den Hörsaal betritt. 7. Zeigt nicht auf und fragt dann, ob ihr auf Klo gehen dürft. Geht einfach.

8. Geht nach der Vorlesung nicht zum Dozenten und fragt, ob ihr Extraaufgaben bekommen könnt, um eure Note zu verbessern. Es lohnt sich generell nicht, sich besonders bemüht zu zeigen oder beim Prof einzuschleimen. Mündliche Noten vergibt er nicht und eure Klausuren korrigieren wissenschaftliche Mitarbeiter, die ihr meist nicht zu Gesicht bekommt. 9. Werft euer frisch angekautes Kaugummi nicht am Anfang der Vorlesung in den Müll. Weiterkauen. 10. Meidet Verkleidungen wie Anzug, Kostüm, Schuluniform. Am besten einfach leger und lässig zur Uni kommen.


Kölner Studierendenzeitung

Leben

November #2 29

Ich Chef!

Viele Studenten träumen davon, einige trauen sich: Sie gründen eine eigene Firma. Aus dem Wohnheim heraus ein Imperium leiten? Mit dem Hobby Geld verdienen? Wir leben in einer Zeit, in der das möglich ist. Am Anfang steht eine Idee, doch was kommt dann? Die ksz hat sich für euch umgehört. am Geschäftsplan, sagt der Jungunternehmer: Im sogenannten Businessplan wird die Idee samt Namen, Rechtsform, Vermarktungskonzept und, ganz wichtig, dem Finanzplan vorgestellt. Nur so kann das StartupUnternehmen auf einen Kredit bei der Bank, einen Investor oder andere Fremdfinanzierungsmöglichkeiten hoffen. Bei einer Umfrage der IHK-Gründungsberatung gaben 54 Prozent der befragten Unternehmer an, dass sie kaufmännische Defizite aufweisen. 42 Prozent hatten die Finanzierung ihres Startups nicht gründlich genug durchdacht. Marketing, Büro, Telefon, Internet, Webseite, Steuerberater, Dienstleister: Das alles will bezahlt werden, und zwar monatlich. Vor diesem Problem stand auch Yannik 2005: Mit gerade mal 18 Jahren gründete er einen EDV-Service. Heute ist er Geschäftsführer der Celux GmbH, die leistungsstarke und lautlose Mini-PCs herstellt. „Der Weg dahin war schwer“, sagt der Darmstädter, „es liegen mehr Steine im Weg, als dass dir jemand hilft. Das geht schon bei der Gründung los. Welche Gesellschaft wählt man? Reicht nicht ein Einzelgewerbe? Dann geht‘s zum Finanzamt: acht Seiten Fragen und die Beamten dort wissen selbst nicht auf alles eine Antwort.“ Den Überblick im Bürokratie-Dschungel behalten Das Boot schießt um die Ecke, der „Get High Boarding School“-Schriftzug in giftgrün auf der Seite; in der hohen Welle dahinter balanciert Alex Neuwirth (Foto oben) geschickt sein Wakeboard. Mit einem lauten Jubelschrei kommt er zum Stehen. Der 28-Jährige lebt seinen Traum: eine eigene Wakeboardschule. Mehrfacher Deutscher Meister und Vize-Meister, zahlreiche internationale Wettkämpfe, seit 1997 ist der Sport sein Leben. Der diplomierte Sportwissenschaftler macht gerade sein Examen in Englisch, um als Lehrer arbeiten zu können. „Irgendeine Sicherheit braucht man ja“, sagt der sympathischer Lockenkopf und grinst, „aber eigentlich will ich einen See pachten, eine größere Schule und vielleicht einen kleinen Beachclub.“ 2008 kaufte er ein Boot und gründete seine Wakeboardschule „Get High Boarding School“ in Holland, direkt an der Grenze. Seitdem veranstaltet er jeden Sommer Camps mit Verpflegung, Lagerfeuer und natürlich Wakeboarden. „Ideen habe ich genug“, sagt er, „aber was weiß ich denn schon von Businessplänen und Finanzierungsmodellen.“ Der harte Weg in die Selbstständigkeit Gute Ideen gibt es zuhauf: der Online-Tortenversand, die Schnäppchenplattform – viele Gründerideen spielen sich im Internet ab. Doch wie gelangt man von weinbeseelten Fantasien zu einem tatsächlichen Unternehmen, Café, Geschäft? Yannik Süß (Foto in derMitte) bietet selbst einen Consultingservice für junge Gründer an. Der 25-Jährige sagt: „Über 50 Prozent der Selbstständigkeiten gehen in den ersten Jahren kaputt. Und damit will ich niemandem die Hoffnung nehmen, sondern einfach betonen, wie hart der Weg in die Selbstständigkeit ist. Es gibt eigentlich nur einen Faktor, der zählt: der Umsatz.“ Viele scheitern bereits

Einer, der bei solchen Fragen helfen kann, ist Torsten Ziegler (Foto unten) vom Gründerbüro der Uni Köln. In intensiven Einzelsitzungen wird dort die StartupIdee geprüft, erweitert, werden Finanzierungsmodelle erwogen. Wie schreibe ich einen Businessplan? Wie funktioniert Buchführung? Was ist mit dem Finanzamt? Das Gründerbüro bietet zu all diesen Fragen Veranstaltungen. Sie helfen, nicht den Überblick im Bürokratie-Dschungel zu verlieren. Um rechtlich abgesichert zu sein, kann man seit 2008 beispielsweise eine Mini-GmbH gründen, ab einem Euro Stammkapital. Neben dem Gründerbüro ist auch das in der Uni ansässige Hochschulgründernetz eine wichtige Adresse: Sieben Kölner Hochschulen und namenhafte Wirtschaftsadressen haben sich zusammengetan, um junge Gründer zu unterstützen. Die größte Sorge ist immer das liebe Geld. Studenten, die eine technikbasierte Gründeridee haben, können sich um ein Stipendium des EXIST-Förderprogrammes des Bundeswirtschaftsministeriums bewerben. Es Unterstützt angehende Unternehmer mit bis zu 2500 Euro monatlich. Unter foerderdatenbank.de sind knapp 2000 Förderprogramme der EU und des Bundes gespeichert – passend für jede Region und Branche. Ob man sein Hobby zum Beruf machen oder als großer Unternehmer durchstarten will: Sich zu informieren und Fragen zu stellen, ist der erste Schritt. Eine Idee und einen Namen hat Alex schon. Mit der richtigen Beratung schafft er jetzt auch noch die bürokratischen Hürden. Text: Jana Gebhard Fotos (von oben nach unten): Reto Reissmann, Yannick Süß, Universität zu Köln


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Kölner Studierendenzeitung

Leben

November #2 31

Mitesser In jeder Folge unserer Serie lädt sich Sibylle Kranwetvogel ein – zu kreativen Köpfen, engagierten Machern oder zur netten Nachbarin aus dem dritten Stock: Hauptsache, es gibt etwas zu erzählen. Bei kulinarischen Genüssen wird geplauscht, nachgefragt, über Gott und die Welt philosophiert. Und die Rezepte zum Nachkochen bekommt ihr gleich mitgeliefert.

»Ich will die Menschen innerlich und äußerlich verändern!« Gülay Toprak ist Friseurin mit Leib und Seele, organisiert Benefizveranstaltungen und stellt ihren Salon als Ausstellungsraum für Künstler aller Art zur Verfügung. Ein Gespräch über den Christopher Street Day, Sauerbraten und Hannelore Kohl. Vorbei an Wandmalereien und Scheinwerfern und zu den Klängen von Depeche Mode betrete ich den Salon „Mythos-Undercut“. Hier begegne ich zum ersten Mal Gülay Toprak: Sie ist laut („Wenn man jahrelang mit laufendem Föhn arbeitet und Lehrlinge ausbildet kommt das automatisch“), extrovertiert, lacht viel, steht nie still. Die Begeisterung und Energie, die sie ausstrahlt, stecken mich sofort an. Dass die Frau mit den grünen Haaren tatsächlich 45 Jahre alt ist, glaubt man kaum. Durch den etwas kühlen Hauptraum mit hohen Spiegeln, schwarzen Ledersesseln und Schachbrett-Boden gehen wir in ein Zimmer mit kleiner Küche, warmem Licht und wild aussehenden Schaufensterpuppen. Räucherstäbchengeschwängerte Wohnzimmeratmosphäre. Wir lassen uns auf dem Sofa nieder, auf dem Herd köchelt die Linsensuppe vor sich hin. In einem Bücherregal an der Wand steht ein Familienfoto von der Hochzeit von Gülays Schwester, daneben ein Band türkischer Märchen, die Biographie von Hannelore Kohl und Bücher vom indischen Guru Bhagwan und dem Dalai Lama. Hannelore Kohl, der Dalai Lama und Bhagwan. Das ist eine wilde Mischung. Was verkörpern diese Personen für dich? Hannelore Kohl hatte 23 Jahre lang dieselbe Frisur. Für mich ist das ein klares Zeichen, dass es einem Menschen nicht gut geht. Man braucht Veränderungen und Entwicklungen im Leben. Ich möchte die Menschen aber nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich verändern. Bhagwan und der Dalai Lama verkörpern die abendländische Kultur, die ich sehr mag und die ich den Menschen gerne näherbringen möchte. Ich möchte mehr Verständigung auf dieser Welt. Deshalb habe ich früher regelmäßig Motto-Tage veranstaltet, wie den Shanti-Day, mit indischem Tee, traditioneller Musik und Räucherstäbchen.

Solche und andere Aktionen sind charakteristisch für dich, dein Salon sticht aus der Masse. Was hat dich auf deinem Weg geprägt? Ich wusste sehr früh, dass ich meinen eigenen Laden haben würde. Ich wollte mein eigenes Ding machen. Die anderen mussten weiße Kittel tragen; ich hatte einen bunten Laden, schwule Angestellte und immer viele Musiker und Künstler um mich herum. Ich brauche das einfach, dieses Soziale, Austausch haben, Leute zusammenbringen. Ich war auch sehr oft in London; das ist sehr wichtig in meinem Leben. London hat mich verändert, London hat mir meinen letzten Schliff gegeben. Was ist das Besondere an London für dich? Die Stadt war der Wendepunkt in meinem Leben. Ich habe in Salons und auf Messen gearbeitet und habe heute noch Kunden dort. An London gefällt mir besonders, dass es so multikulti ist. Es ist eine Vorzeigestadt dafür, wie mehrere Kulturen zusammenleben können. In London kann man frei sein, ganz anders als zum Beispiel in Berlin. Und die Höflichkeit, die fehlt mir hier in Deutschland sehr. Hast du dort auch deinen eigenen Stil gefunden? Ich mag gerne übertriebene, dramatische Sachen, aber ich bin auch immer noch mit der Selbstfindung beschäftigt. Rockabilly mag ich sehr, weil die Frauen damals sehr selbstbewusst und ein bisschen crazy waren und auch üppige Frauen als schön angesehen wurden. Heute sind ja mehr androgyne Typen modern, die kein eindeutig männliches oder weibliches Aussehen haben. Was meine Arbeit angeht, wechseln Stile phasenweise. Im Moment habe ich es auf die Girlies abgesehen. Der Typ Britney Spears stirbt zum Glück aus, die Mädchen wollen rebellisch sein, authentisch sein, sich nicht immer nur anpassen. Das sehe ich sehr gerne. Und dann werden die Haare eben mal auf einer Seite abrasiert.


Wer zählt sonst zu deinen Kunden? Die Leute, die in meinen Laden kommen, stammen aus ganz vielen Subkulturen: Gothic, Punks, Alternative, Transsexuelle, crazy Leute, Fetischleute, Upperclass, Underclass; alles, was es gibt an Menschen. Ein gesunder Querschnitt von Köln. Ich liebe meine Kunden. Das sind meine Freunde. Mit denen lache ich, mit denen weine ich und die große Mehrheit kommt schon seit 17 Jahren zu mir. Du bringst nicht nur viele verschiedene Menschen zusammen, sondern gibst auch Künstlern einen Raum. Musik ist und bleibt meine erste Liebe. Deshalb ist es mir so wichtig, die Kunst zu unterstützen. Ich biete hier gratis Ausstellungsraum für Künstler und Musiker. Ich habe sogar einen Kurator, den Zirk, der selbst einen Teil des Salons gestaltet hat. Künstler können Bilder ausstellen – aktuell hängen hier Werke von Frederick Nikodamus – oder auch Installationen machen. Sie können also auch in der Location selbst etwas verändern. Sich mit Film darstellen, ihre Musik machen. Vor kurzem hat einer sogar eine Tänzerin engagiert. Alles ist möglich. Neben den kulturellen Veranstaltungen in deinem Salon organisierst du auch regelmäßig Benefizaktionen. Was für Projekte sind das? Es gab zum Beispiel ein tolles Projekt vom Allerweltshaus in Ehrenfeld, da hab ich damals einen Tag lang umsonst gearbeitet. Wir haben Geld gesammelt, um Deutschkurse für Migranten zu finanzieren. Damals kamen 600 Euro zusammen, aber mir war das zu wenig. Ich habe dann ein Event für das Projekt organisiert, Feuerspucker und Jongleure eingeladen und mich von der KVB sponsern lassen. Am Schluss hatten wir das Fünffache verdient. Ich habe das noch drei Mal gemacht, aber dann habe ich gemerkt, dass ich immer weniger Menschen finde, die mal einen Tag lang umsonst arbeiten. Es wird immer schwerer, die Leute mitzureißen.

Zur Person Gülay wurde in Köln/Mühlheim als Tochter türkischer Eltern geboren. In der 13. Klasse brach sie das Gymnasium ab und wurde Kosmetikerin. Heute ist sie staatlich geprüfte Friseur-Meisterin und seit 18 Jahren selbstständig. Nähere Informationen zu ihrem Salon „Mythos-Undercut“ und ihren Aktionen findet ihr auf www.facebook.com/mythos.style oder auf der leicht veralteten Homepage www.mythos-style.de. Wenn ihr Interesse an den Räumlichkeiten habt, wendet euch an Kurator Z!rk: [Kontaktdaten besorg ich noch]. Und für alle, die Gülay einmal am eigenen Leib erfahren wollen: Studenten bekommen 20 % Rabatt, Beratung gibt’s kostenlos.

Woran liegt das? An der wirtschaftlichen Lage. Die Menschen haben einfach Angst zu investieren. Angst, etwas zu geben. Wir werden immer egoistischer, obwohl man doch glauben sollte, dass wir gerade jetzt zusammenhalten müssten. Aber das ist diese Geiz-ist-geil-Generation, da geht es nur um den Eigenkonsum. Man tut alles, um einzigartig zu sein. Zum Beispiel? Zum Beispiel haben sie im Laden über dem Salon einmal einen limitierten Turnschuh verkauft. Den gab es nur 100 Mal auf der Welt. Da kamen die Leute und haben teilweise eine Woche gezeltet, um ein Paar zu ergattern. Turnschuhe! Das muss man sich mal vorstellen! Aber würden sich die gleichen Leute auch nur einen Tag auf die KVB-Schienen setzen, um zu protestieren? Nie im Leben! Das Thema Konsum liegt dir anscheinend sehr am Herzen. Du hast auch schon zwei Zombie-Walks organisiert, um auf das Thema aufmerksam zu machen… Genau, damals sind 100 Leute als Zombies verkleidet durch Köln spaziert, die wir alle selbst ausgestattet und geschminkt haben. Das Motto war: „Work, Buy, Consume and Die“. Genau das macht uns nämlich zu Zombies. Wir arbeiten, wir verschulden uns, zahlen unsere Schulden ab, kaufen, sind wahre Konsummonster und dann sterben wir einfach. Und was bleibt übrig? Unser Müll und unsere guten oder schlechten Taten. Darauf wollte ich damals hinaus.


Gesucht Du suchst das hübsche Mädchen, das dir in der Mensa die Gabel aufgehoben hat? Du suchst einen Tanzpartner für traditionelle bayrische Tänze? Du hast dein Fahrrad im Rhein verloren? Wir helfen dir beim Suchen. Schreib uns deine Geschichte! Was hast du wo, wann und wie in Köln verloren? Unsere Leser werden dann die Augen offen halten.

Rezept Türkische Linsensuppe: Zutaten für vier Personen 300 Gramm rote Linsen 3 Kartoffeln 1 Karotte 2 weiße Zwiebeln Butter Getrocknete Minze Türkisches Paprikagewürz Salz, Pfeffer

verloren@studierendenzeitung.de

Einen mittelgroßen Kochtopf zu drei Vierteln mit Wasser füllen. Das Wasser erhitzen und kurz bevor es kocht die Linsen dazugeben. Kartoffeln, Zwiebeln und Karotte schälen und ganz zu den Linsen geben. Nach kurzer Zeit bildet sich Schaum an der Oberfläche. Nun auf mittlerer Hitze unter ständigem Rühren köcheln lassen, bis der Schaum wieder verschwindet. Dann die groben Stücke mit einem Pürierstab zerkleinern. Einen Esslöffel Butter separat in einem kleinen Topf schmelzen und nach Geschmack mit Paprikagewürz vermengen (Vorsicht, scharf!) und das Gemisch in die kochende Suppe geben. Zum Schluss einen Teelöffel Minze dazu, mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit Brot servieren. Guten Appetit!

Sibylle sucht ihren Schutzengel! Das Portmonnaie zu verlieren ist gelinde ausgedrückt ziemlich unangenehm. Vor allem wenn es, wie bei Sibylle, schon zum dritten Mal passiert ist. Deshalb würde sie die gute Seele, die es in der Hauptmensa der Uni wieder abgegeben hat, gerne auf ein Kölsch einladen. Und sich besonders für die nette Botschaft bedanken. Bist du Sibylles Schutzengel? Melde dich unter: gefunden@studierenden zeitung.de

Und du hast dich jahrelang aktiv am Christopher Street Day beteiligt. Was bedeutet die Parade für dich? Der Christopher Street Day ist für mich eine Demo für Freiheit und Toleranz. Außerdem sind Homosexuelle nach wie vor rechtlich benachteiligt, vor allem, was die Ehe angeht. Wenn wir beide verheiratet sind und ich morgen sterbe, kriegst du meine Rente nach wie vor nicht. Aber irgendwann hat die FDP auch mitgemacht und dann habe ich gesagt: „Nee, das ist nur noch eine Werbegeschichte.“ Da hatte ich keine Lust mehr. Trotz des Aufwandes und der fehlenden Unterstützung organisierst du immer neue Projekte. Was motiviert dich? Der Drang zu helfen und für Verständigung zu sorgen hat, denke ich, etwas mit meinem Charakter zu tun. Ich war schon immer eine Sozialtante. Man muss den Sinn des Lebens auch darin sehen, nicht nur einen Nutzen von der Gesellschaft zu haben, sondern auch selbst der Gesellschaft zu nutzen. Später will ich nicht alt sein und denken: „Hätte ich, hätte ich, hätte ich.“ Ich will sagen können: „Da habe ich wenigstens dieses und jenes versucht!“ Ich will eine glückliche Oma

werden, die in den Spiegel schauen und sagen kann: „Ein paar Pünktchen habe ich hier gesetzt.“ Die Linsensuppe unterbricht unser Gespräch: Sie kocht über. Nachdem die groben Spuren dieses Zwischenfalls beseitigt sind, kommen wir zur Gretchenfrage: Türkische oder deutsche Küche? Weder noch, ich mag beides sehr gerne. Am liebsten esse ich Sauerbraten. Kochst du viel selbst? Ich koche sehr gerne. Wenn ich koche, entspanne ich und finde es schön, einfach eine ganz normale Frau zu sein, die hinterm Herd steht. Das tut mir gut. Also nicht: „Die emanzipierte Frau von heute muss nicht kochen.“ Nein, Kochen ist was Schönes! Ich mache das gerne, weil ich gerne teile, weil ich es mag, wenn Menschen satt sind. Alles, was geteilt ist, ist doppelt schön. Und: „What goes around comes around.“ Interview: Sibylle Kranwetvogel Fotos: Kristina Nitsche


34 November #2

Leben

Kölner Studierendenzeitung

TYPISCH STUDENT

Sie existieren sowieso, die Vorurteile über die Studierenden anderer Fachrichtungen. Also erlauben wir uns an dieser Stelle jedes Mal, Klischees zu provozieren. Schwarz auf weiß. Schließlich merkt jeder Vorurteilende selbst täglich, dass alles weit hergeholt ist, meist nicht stimmt – und sich noch öfter doch als wahr erweist. Protokoll: Uta Rosa Ströbel Zeichnungen: Claudia Scharf

Christina Wiesemann, 22 Jahre, im 4. Semester an der arturo Schauspielschule

Über Maschinenbaustudenten 1. Was ist typisch an Maschinenbaustudenten? Sie sind bei Facebook sehr aktiv, posten gerne den Erwerb ihres neuen Smartphones, machen ihr erstes Praktikum bei RWE. 2. Was tragen Maschinenbaustudenten? Kariertes Hemd (eventuell kurzärmlig), Rucksäcke, dunkle Jeanshose, im Sommer 7/8-Khaki-Hose mit schwarzen Nike-Turnschuhen und weißen Tennissocken. 3. Was essen Maschinenbaustudenten? Fertigpizza, XXL-Schnitzel, Fastfood, Frikadellenbrötchen und Mettigel. 4. Warum nerven Maschinenbaustudenten? Weil sie mit ihrem Gehalt, das sie später mal verdienen werden, angeben und weil sie sich von Anfang an für Genies halten. 5. Wo gehen Maschinenbaustudenten aus? In Biergärten, in Clubs, wo es Freibier gibt, wo abwechselnd Schlager und House/Electro läuft. 6. Wieso braucht die Welt Maschinenbaustudenten? Damit in Zukunft auch weiterhin in Ingenieurswitzen der BWLer der Abknicker und der Maschinenbauer der Held bleibt.

7. Was ist die Lieblingsbeschäftigung von Maschinenbaustudenten? Sich mit Apps auf ihrem Smartphone zu beschäftigen. 8. Würdest du gerne mal einen Tag lang mit einem Maschinenbaustudenten tauschen? Ja, um die Frauenanzahl in einem 500-Mann-Hörsaal von drei auf vier zu erhöhen. 9. Welche Sportart betreibt ein Maschinenbaustudent? Handball, Fußball, der Gang zum Fitnessstudio sollte auch nicht fehlen. 10. Woran sind Maschinenbaustudenten schuld? Zum Beispiel daran, dass man als Schauspielstudent keine anerkennende Blicke erntet, solange es noch so „vernünftige“ und erfolgsversprechende Studiengänge wie Maschinenbau gibt. 11. Was würdest du tun, wenn dein Kind Maschinenbau studieren wollte? Ich würde sagen, dass es nicht aufs Geld ankommt. Zur Not würde ich drohen, von einer Brücke zu springen.

12. Wenn du einen Tag mit einem Maschinenbaustudenten verbringen würdest, was würdest du mit ihm unternehmen? Ich würde ihn ins Theater schleppen und „Die Physiker“ anschauen. Der frischgepresste Ingwer-Orangensaft, den ich dann trinke, ginge natürlich auf seine Kosten. Zum krönenden Abschluss nehme ich ihn mit zu meinem wöchentlichen Yogakurs. Es wäre einfach ein schöner Tag! 13. Was, denkst du, könntest du von Maschinenbaustudenten lernen? Wie man trotz vollgepacktem Stundenplan auf jeder Studentenparty erscheinen kann. 14. Warst du schon mal in einen Maschinenbaustudenten verliebt? Könntest du dir das grundsätzlich vorstellen? Nein, bis jetzt noch nicht. Aber grundsätzlich wäre das toll. Dann könnte endlich mal jemand die Espressomaschine reparieren.


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Leben

November #2 35

Jesko Schröder, 25 Jahre, im 3. Semester Maschinenbau an der RFH Koeln

Über Schauspieler 1. Was ist typisch an Schauspielstudenten? Eine realitätsferne Lebensweise und Umgebungswahrnehmung... Und sie sind laut. Nutzen jede Möglichkeit, zu zeigen, was sie in der vergangenen Woche gelernt haben. 2. Was tragen Schauspielstudenten? Da der gemeine Schauspielstudent in der Regel 55 Kilo bei 1,90 Meter Körpergröße wiegt, muss er sich bei H&M einkleiden – auch wegen mangelnder finanzieller Mittel. Sieht aber nahezu immer gut aus, die Entnahme aus dem Kleiderschrank ist wohlüberlegt. 3. Was essen Schauspielstudenten? Sushi. Smoothies. Viel Kaffee. Sellerie. BenjaminBlümchen-Sahnecreme-Torte. Auch hier fehlt das Geld ein wenig, kommt also auch immer drauf an, was man beim Containern so ergattern kann. Und dann gibt es ja das Catering, wenn man denn mal eine Rolle bekommen hat... 4. Warum nerven Schauspielstudenten? Weil sie wahnsinnig extrovertiert sind – generell keine schlechte Eigenschaft, jedoch oft übertrieben. Aber man weiß schließlich nie, wo ein Scout rumläuft.

5. Wo gehen Schauspielstudenten hin? Brüsseler Platz! Dort heißt es ja: „Sehen und gesehen werden“... 6. Wieso braucht die Welt Schaupspielstudenten? Wir wollen weiterhin gute Filme sehen, manche Leute auch Soaps. Gut, dass es Tausende und Abertausende gibt, die sich im Schauspiel versuchen... 7. Was ist die Lieblingsbeschäftigung von Schauspielstudenten? Singen, weinen, lachen, sich in den Mittelpunkt stellen, instagrammen... 8. Würdest du gerne mal ein Tag mit Schauspielstudenten tauschen? Ja, ich würde gerne mal einen Tag damit verbringen, Leute anzuschreien... und dann vorm Spiegel ein bisschen zu brüllen und zu lachen – oder wie übt man sonst zu Hause für die Schule? 9. Welche Sportart betreibn Schauspielstudenten? Joggen und Fitnessstudio.

10. Woran sind Schauspielstudenten schuld? Am hohen H&M-Umsatz sowie der Schlange beim einzigen Kiosk am Brüsseler Platz. Mehr Schuld möchte ich solch sensiblen Gemütern nicht aufladen. 11. Was würdest du tun, wenn dein Kind Schauspiel studieren wollte? Vor mir aus gerne – dann hat es wenigstens Ziele, wenn auch unrealistische. Und wenn es tatsächlich erfolgreich werden würde... 12. Wenn du einen Tag mit einer Schauspielstudenten verbringen würdest, was würdest du mit ihm unternehmen? Wahrscheinlich würde nicht ich entscheiden – schließlich kennen Schauspielstudenten die wirklich interessanten Leute, Orte und Partys. Das muss man ihnen lassen. 13. Was, denkst du, könntest du von Schauspielstudenten lernen? Mal Emotionen rauslassen, etwas weinen, lachen, erschrocken gucken.


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Liken statt Streiken

Auch Studenten von heute können protestieren – anders als es Einordnungen wie Generation Bachelor, Generation Facebook oder Generation Maybe vermuten lassen. Aber die Protestkultur hat sich seit den 68ern verändert. Irgendetwas ist anders auf dem Albertus-MagnusPlatz. Im bunten Gewusel kreuz und quer huschender Studenten, denen Fahrradfahrer slalomartig ausweichen, fallen Gestalten in weißen Anzügen auf. Sie sind rot besprenkelt, wie mit Blut. Das Rauschen der Autos unter dem Platz durchbricht plötzlich ein schriller Ton. Die Gestalten fallen um. Die Studenten auf dem Campus werden Zeugen eines „die-ins“, einer Form gewaltlosen Widerstands. Mit der Aktion im vorigen November wollten die Studenten die Unmenschlichkeit des Afghanistankriegs demonstrieren. Seinen Ursprung hat das „die-in“ in den Studentenbewegungen der 68er. Zu jener Zeit zogen Uschi und Rainer durch die Straßen von Berlin, trotzten Wasserwerfern und demonstrierten mit freier Liebe gegen eine konservative Gesellschaft. Die weltweiten Studentenbewegungen kritisierten den Vietnamkrieg, die Konsumgesellschaft, die Benachteiligung von Frauen, die fehlende Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und vieles mehr. Auch 2012 protestieren Studenten. Themen und Form haben sich jedoch geändert. Da gab es Ende September die bundesweite Aktionswoche für militärfreie Bildung und Forschung, mit zahlreichen Aktionen für eine zivile Ausrichtung der Unis, auch in Köln. Und da gibt es den Zivilklausel-Arbeitskreis, der sich mit der gleichen Thematik befasst, und in dem Agnes Kammerich Mitglied ist, Mitwirkende der „die-in“-Aktion im vergangenen Jahr. Zusammen mit anderen Studenten nimmt sie regelmäßig an verschiedenen Demonstrationen teil.

Die Studentenbewegung der 68er hat sie nicht persönlich miterlebt – anders als Klaus von Wrochem. Zu den zahlreichen Protesten in seiner Studienzeit in Köln brachte er seine Geige mit, was ihn als „Klaus der Geiger“ bekannt machte. Im Gegensatz zu den Eltern vieler Studenten, die das aktuelle Protestgeschehen allenfalls vom Sofa aus verfolgen, um dann nostalgische Vergleiche anzustellen, ist Klaus der Geiger noch mittendrin. Bei Aktionen wie Blockupy in Frankfurt im vergangenen Mai singt und spielt er wie ein Teufel. Studentin Agnes Kammerich würde sich zwar freuen, wenn mehr Leute protestierten – so zitiert sie im Interview mit der ksz Dürrenmatt: „Was alle angeht, können nur alle lösen“ – doch auch das derzeitige Protestpotenzial ist ihrer Meinung nach keinesfalls zu unterschätzen. Tatsächlich gibt es weltweit sehr viele Proteste: Erst kürzlich solidarisierten sich weltweit Menschen mit der russischen Punkband Pussy Riot, auch im Kölner Dom. In Deutschland zeigten der Bildungsstreik und der Studiengebührenboykott, als jeweils zehntausende Menschen auf die Straße gingen, dass auch heute Studenten missmutig sind und das effektiv ausdrücken können. Proteste gegen Atomenergie, Blockaden von Castortransporten und Naziaufmärschen, die Occupy-Bewegung und Stuttgart 21 haben außerdem deutlich gemacht, dass man nicht unbedingt Student oder Alt-68er sein muss, um auf die Straße zu gehen. Auch Klaus der Geiger findet, dass es heute durchaus noch eine Protestkultur gibt: „Es ist alles nur ein bisschen anders geworden. Aber das ist ja normal im Laufe der Zeit“, sagt er.

Facebook und Twitter spielen eine entscheidende Rolle Zu großen Veränderungen hat vor allem das Internet beigetragen. Es ist einfacher geworden, Aktionen zu organisieren und Informationen zu verbreiten, sogar weltweit. Organisationen für Tierschutz oder Menschenrechte nutzen das Netz, um schnell viele Unterstützer für Petitionen zu finden. Bei den Umstürzen in der Arabischen Welt haben soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter eine entscheidende Rolle gespielt. Und wer von uns hat nicht schon auf „Gefällt mir“ geklickt bei einer vermeintlich guten Sache? Ein gutes Gefühl bekommt man gratis dazu, wenn die für den Tag anstehende gute Tat abgeklickt ist. Laut Fabian Christandl, Doktor in Wirtschafts- und Sozialpsychologie an der Uni Köln, gibt es eine Reihe psychologischer Erklärungen dafür, warum man sich so leicht dazu verführen lässt, anscheinend positive Inhalte zu teilen. Eine Erklärung sei, dass der Zusammenhalt innerhalb einer Gruppe durch klare Ziele gestärkt wird. Da solche Protestaktionen in aller Regel ein klares Ziel hätten, seien wir motiviert, unsere Zugehörigkeit zu dieser Protestgruppe zu untermauern. Psychologische Studien haben außerdem gezeigt, dass Menschen ohne großes Nachdenken Maßnahmen unterstützen, die gegen Ungerechtigkeiten gerichtet sind. Dies geschehe durch intuitiv getroffene Fairnessurteile, sagt Christandl. Wichtig sei auch, dass uns bei dieser Form des Protests suggeriert wird, dass andere Menschen – möglicherweise auch solche aus einer


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für uns attraktiven Bezugsgruppe – eine bestimmte Protestaktion unterstützen. „Dieser sozialen Norm schließen wir uns bereitwillig an, weil wir ja auch dazugehören wollen“, erklärt der Psychologe. Das führt dazu, dass Menschen sich schnell von einer Sache begeistern lassen, ohne sich genauer über die Hintergründe zu informieren und mögliche Konsequenzen zu erwägen. Deutlich wurde dies bei der Kampagne KONY 2012 der Non-Profit-Organisation Invisible Children. Teil der Kampagne war das im März veröffentlichte gleichnamige Video, das laut ZEIT ONLINE innerhalb von 48 Stunden mehr als 12 Millionen Menschen auf YouTube und Vimeo ansahen. Die Urheber wollten den ugandischen Rebellenführer Joseph Kony bekannt machen und seine Festnahme bewirken. Kritiker äußerten Besorgnis, da das Video den komplexen Konflikt vereinfacht darstellte, die Fakten überholt und teilweise falsch waren und Unterstützer sich von der Emotionalität des Videos mitreißen ließen, ohne sich näher über die Hintergründe zu informieren. Wenn alles nur einen Klick entfernt ist, vergessen viele aus Bequemlichkeit schon mal, sich tiefgründiger mit dem Inhalt auseinander zu setzen. Internetaktivismus ist kein Ersatz für den klassischen Protest Doch der sogenannte „Klicktivismus“ hat auch Vorteile. „Es ist nicht zu unterschätzen, dass viele Menschen auf diesem Wege erst dazu gebracht werden, sich mit bestimmten Themen zu beschäftigen“, sagt Fabian Christandl. Solche Protestaktionen könnten vor allem dann erfolgreich sein, wenn es gelinge, das Interesse der Medien auf die Aktion zu ziehen und so unmittelbar Druck auf die Politik auszuüben. Auch Rainer Winter, Professor für Psychologie und Autor des Buches „Widerstand im Netz“, sagt, dass der „Klicktivismus“ Vorteile hat: „Es lassen sich schnell transnationale Protestkoalitionen schmieden, die Druck auf Entscheidungsträger ausüben können. Außerdem kann man schnell und symbolisch effektiv Widerstand gegen Formen sozialer Ungerechtigkeit schaffen“, sagt er der ksz. Früher dauerte es vergleichsweise lange, bis Protestanliegen über die regionale oder nationale Ebene hinauswuchsen; sie wurden dann vor allem über Printmedien und Fernsehen bekannt gemacht. Heute können Menschen ihre Anliegen im Internet selbst publik machen und sich binnen weniger Stunden zu weltweiten Protestgemeinschaften zusammenschließen. Diese Vorteile bedeuten jedoch nicht unbedingt eine Gewissenserleichterung für Bachelorstudenten und andere Vielbeschäftigte, die vom Schreibtisch aus mit ein paar Mausklicks am weltweiten Protestgeschehen teilhaben möchten: Internetaktivismus ist kein Ersatz für den klassischen Protest auf der Straße. „Es ist wichtig, den virtuellen Protest durch andere Formen zu ergänzen“, sagt Rainer Winter. Für Klaus von Wrochem ist der Protest auf der Straße unabdingbar. Der Geiger gibt allerdings zu: Protestieren sei heute komplizierter geworden, da die Arbeitsumstände andere seien. „Die damalige Protestkultur stand in Zusammenhang mit einer Situation, in der die Leute zwar weniger Geld hatten, aber auch weniger Geldsorgen. Heute ist diese Geldgeschichte so was von geregelt, dass jeder Angst davor hat, arbeitslos zu werden“, sagt er. Gerade auch wegen dieser Arbeitssituation würden weniger Menschen protestieren. Die Möglichkeiten dazu seien zwar durchaus gegeben, doch hätten vor allem Studenten Zukunftsängste.

Im Uni-Alltag verlieren Studenten den Blick fürs Ganze Sie hält oft der Arbeits- und Konkurrenzdruck an den Unis vom Mitwirken an Protestaktionen ab. Die meisten sorgen sich vorwiegend darum, Prüfungen zu bestehen, Scheine zu erhalten oder einen Masterplatz zu bekommen. „Uns war das damals so was von egal, ob wir nun diesen bestimmten Schein haben oder nicht“, sagt Klaus der Geiger. Doch durch das neue System ist Studieren darauf reduziert worden, Klausuren zu schreiben, Punkte zu sammeln und möglichst schnell den Abschluss zu machen. Kein Wunder, wenn dann kaum noch Zeit für andere Dinge bleibt, erst Recht nicht fürs Protestieren. Agnes Kammerich sagt, Studenten seien dennoch nicht gleichgültig gegenüber Ereignissen und Entscheidungen, die die Allgemeinheit betreffen – wie es in der Vergangenheit etwa der Studiengebührenboykott zeigte und wie es aktuell die Diskussionen um die Offenlegung der Drittmittelverträge der Uni Köln mit der Bayer Health Care AG beweisen. Durch positive Rückmeldungen über die Aktivitäten des ZivilklauselArbeitskreises wisse sie, dass vielen Kommilitonen solche Aktionen durchaus wichtig seien. „Weil man an der Uni jedoch vor allem damit beschäftigt ist, den Alltag zu bewältigen, verliert man den Blick für das, was im Gesamten passiert“, sagt sie der ksz. Klaus der Geiger möchte junge Leute ermutigen, aktiver an der Protestkultur teilzuhaben. Er sagt: „Man sollte sich nicht zu sehr um finanzielle Angelegenheiten in der Zukunft sorgen. Ich habe mit der Zeit gemerkt, dass alles schon irgendwie klappt.“ Durch die Möglichkeiten des Internets hat die heutige Protestkultur durchaus Potenzial. Je nachdem, was wir daraus machen, könnte die Bezeichnung Generation Facebook in Zukunft durchaus positiv verstanden werden. Und Agnes Kammerich ist sich sicher: „Etwas wie in den 60ern kann jederzeit wieder kommen.“ Text: Marisa Reichert Fotos: Privat

» Wenn alles nur einen Klick entfernt ist, vergessen viele aus Bequemlichkeit schon mal, sich tiefgründiger mit dem Inhalt auseinander zu setzen.«


Leserbriefe Leserbriefe zu Jan Willmroths ksz-Essay „Wir wollen mehr verstehen!“

„VWL-Studenten soll- „Natürlich ist die VWL ten keine zu hohen ethikfrei“ Ansprüche stellen“

Du hast auch eine Meinung? Schreib uns an leserbrief@studierendenzeitung.de Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen.

Der zentrale Fehler in Jan Willmroths Artikel: Die Vorgänge sind zu kompliziert, um sie im Bachelorstudium zu erklären. Deswegen ist auch der VWL-Bachelor kein berufsqualifizierender Abschluss. Die moderne Wirtschaft ist (wie im Artikel erwähnt) unfassbar kompliziert. Es gibt eine riesige Menge von Akteuren und all ihre Aktionen beeinflussen die anderen Akteure direkt oder indirekt. Sicherlich wäre es schön, wenn Studenten im Bachelorstudium erklärt würden, warum Griechenland so tief im Braunen sitzt und warum ein Zusammenbrechen des Euros ziemlich suboptimal wäre. Aber die Ökonomen kennen die genauen Antworten auf diese Fragen selbst noch nicht. Die nächsten Generationen von Ökonomen werden sich mit dieser Krise beschäftigen, sie analysieren, von allen Seiten beleuchten und vielleicht in ein paar Jahren die Ursachen verstanden haben. Wer sich brüstet, die genauen Ursachen der Krise jetzt schon glasklar zu kennen, ist dementsprechend entweder ein populistischer Aufschneider oder hat einfach keine Ahnung von der Materie. Es gibt keine einfachen Erklärungen für die Krise, Volkswirtschaftler müssen sich mühsam in die unfassbar komplizierten Modelle, Methoden und Zusammenhänge einarbeiten. Dass dies nicht in drei Jahren Schmalspurstudium zu bewerkstelligen ist, dürfte jedem Studenten halbwegs klar sein. Ergo ist es auch ein wenig mühselig, sich bereits im Bachelor aufzuregen, dass Studenten so wenig über die Krise im Studium mitbekommen. Masterstudenten lernen Methoden und Modelle, mit denen Volkswirtschaftler versuchen können, die Krise zu analysieren. VWL-Studenten sollten keine zu hohen Ansprüche an den Bachelor of Science in Volkswirtschaftslehre stellen. Dieser „Abschluss“ ist nicht gedacht, um spätere Forscher auszubilden, er ist nur ein Wegpunkt auf dem Pfad zum Master of Economics. Michael Müller

An dieser Stelle hat in der letzten Ausgabe Jan Willmroth die Lehre der VWL kritisiert. Er bemängelt die starke Fokussierung auf Theorie, die Abwesenheit von Philosophie und Ethik. Leider hat er selbst die Replik auf seine Kritik zitiert, aber anscheinend nicht verstanden. Seine bevorzugte Weise, die Volkswirtschaft zu lehren, war lange gängig. Anstatt mit Fakten zu argumentieren, wurden alte Ideologien à la Hayek vs. Keynes hochgekocht. In politiknahen und beratenden Institutionen ist dies immer noch aktuell. Umso erfreulicher ist, dass mit Buch und Röller in letzter Zeit Professoren berufen wurde, die nicht in diese Stereotype passen. Zunächst das schlimmste Missverständnis: Natürlich ist die VWL ethikfrei – das muss sie sein. Volkswirte vergleichen Optionen und berechnen Kosten. Moralische Einschätzungen gibt es nicht. Die kalten, nackten, emotionslosen Berechnungen werden an Politiker weitergereicht - und diese entscheiden. Letztere sollten also Ethik im Studium belegt haben. Womit wir zum zweiten Fehler kommen, der Philosophie. Die Volkswirtschaftslehre ist sehr anspruchsvoll. So anspruchsvoll, dass der gesamte Bachelor als Einleitung gesehen werden kann. Gerade mal ausreichend, um in STATA Datensätze vorzubereiten. Hier noch Philosophie draufzupacken, wäre realitätsfern. Und das Bachelorstudium weiter zu verwässern indem man Methodik- als Wahlpflichtfächer anbietet, wäre verantwortungslos. Nun zu dem Punkt, dem ich teilweise beipflichten kann: der Realitätsferne. Beispiele stärken das Verständnis der Materie. Allerdings passt die Krise thematisch nicht in jede Vorlesung. Allgemeines Wissen über die Krise bieten SZ, FAZ und Zeit. Dass man diese studienbegleitend liest, sollte selbstverständlich sein. In einem kann ich dem Autoren zustimmen: Es ist blanker Hohn und reichlich übertrieben, sich nach diesem Studium „Ökonom“ zu nennen. Die Materie ist tief. Zumindest einen schwerpunktsetzenden Master sollte ein VWL-Student gemacht haben, wenn er im Bereich der Volkswirtschaftslehre arbeiten möchte. Saman Darougheh


Previously on... How I Met Your Mother, Scrubs, Breaking Bad, Game of Thrones – wie auch immer eure Stammserie heißt: Wir raten euch an dieser Stelle regelmäßig davon ab, sie durch neue Serien zu ersetzen, die nichts taugen. Dieses Mal: The Newsroom.

The Newsroom Die ersten sechs Minuten und 45 Sekunden der neuen Serie The Newsroom. Ich nicke in Zustimmung über Will McAvoys – gespielt von Jeff Daniels – Ausbruch vor laufender Kamera bei einer Podiumsdiskussion zur amerikanischen Politik. Zu dritt sitzen die Gäste vor Studenten und verbreiten polemisch Ansichten, die nicht ihre eigenen sind. Das weiß Will McAvoy, das weiß ich als Zuschauerin. Die einzigen, die das nicht wissen, sind die Studenten im Publikum. Aber sie werden eines Besseren belehrt, nachdem der Moderator Will dazu zwingt, Stellung zu beziehen: Warum sind die USA „the greatest“? Will sagt: „When you ask what makes this the greatest country in the world I don‘t know what the fuck you‘re talking about.“ Ein Satz, der so perfekt ist. Perfekt in die heutige Zeit passt. Und der nach sechs Minuten und 45 Sekunden gnadenlos ruiniert wird. Auf die Sekunde genau endet mein Interesse. Wills darauffolgende Rede übertrifft jeden Pathos, den ein Mensch an den Tag legen kann. Und es ist nicht mal Jeff Daniels Schuld. Er spielt, was er spielen soll und er spielt es gut. Er redet in trauriger Stimmung, untermalt von melancholischer Musik, von einer anderen Zeit, in der es schön war, Amerikaner zu sein. Ich schalte meinen

fiktiven Fernseher aus. Das will ich mir nicht weiter antun. Aber nein, es geht weiter. Ich muss ja weitergucken. Ich ziehe mir die ganzen 72 Minuten rein, die der Pilot hergibt. 72 Minuten, in denen etwa acht solcher Schmalz-Reden vorkommen und nach denen ich Alan Sorkin, bekannt für The Social Network und A Few Good Men, fragen möchte: Welche alkoholische Substanz hat dich hierzu getrieben? Wer hat dir gesagt, dass das Journalismus sein soll, was du da in The Newsroom zu porträtieren versuchst? Dafür, dass es eine neue Serie ist, kann ich beileibe nichts Neues in The Newsroom finden. Will muss mit seiner alten Liebe zusammen arbeiten, der Inder ist der IT-Mensch und die beiden Küken im Team müssen sich behaupten und könnten ein Paar werden. Hut ab vor solch grandioser Kreativität, ich bin begeistert. Und lasse alle bisher ausgestrahlten Folgen links liegen. Text: Ivona Coric Foto: Lisa Saliba

Now in theaters... Detlev Buck hat Daniel Kehlmanns Roman „Die Vermessung der Welt“ auf die Leinwand gebracht. Die ksz-Filmkritik

Der Fluch des Fortschritts

Während von Humboldt, der disziplinierte Naturforscher, ferne Länder bereist, um die Welt zu vermessen, bleibt Gauß zu Hause, um sie mathematisch zu berechnen. Die Vermessung der Welt erzählt ihre Geschichte; und schnell wird offensichtlich: Die beiden skurrilen Genies sind ihrer Zeit weit voraus. Was ihre Suche nach der Erkenntnis zunächst beflügelt, stellt sich im hohen Alter als Fluch heraus. So machen die Umstände aus Humboldt einen spießigen Verwalter seines Ruhmes, aus Gauß einen resignierten Misanthropen. Ein wis-

senschaftlicher Kongress lässt die beiden als Greise aufeinanderprallen – und verleiht ihrem Leben erneut einen Sinn. Wer den Film für sich allein betrachtet, kann zufrieden sein: eindrucksvolle Landschaften, liebevolle Szenen, großartige Schauspieler. Alles umweht ein Hauch von historischem Fortschritt und Abenteuer. Die 3D-Technik hätte man sich sparen können, hier muss nichts von der schauspielerischen Leistung ablenken. Florian David Fitz spielt den intelligenten Provokateur Gauß ebenso überzeugend wie Albrecht Abraham Schuch den steifen von Humboldt. In der Nebenrolle glänzt vor allem Vicky Krieps als Gauß‘ Ehefrau. Schön zu sehen, was der deutsche Nachwuchs kann. Doch der Film hat sich auch an dem Buch zu messen. Das lebt vor allem von seinen vielschichtigen Charakteren und seinem subtilen Witz, aber auch von kleinen philosophischen Einschüben. Gerade letztere lässt Detlev Buck außer Acht und verschleppt so den ein oder anderen großen Moment des Buches. Stattdessen

setzt Buck auf einen etwas albernen Max Giermann in der Nebenrolle und kürzt das Buch um einige interessante Aspekte. Natürlich ist es schwierig, die Komplexität des Buches umzusetzen, doch ein bisschen mehr Anspruch wäre zu wünschen gewesen. So gelingt Detlev Buck mit der Vermessung der Welt ein Film, der einem großartigen Roman leider nur teilweise gerecht wird.

Foto: Warner Bros.

Ob mit dem Smartphone oder einer Karte, wir finden uns schnell zurecht – und das in einer Welt, die wir vorher nicht entdecken mussten. Diesen Umstand haben wir Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß zu verdanken. Die um fiktive Teile erweiterten Biographien der beiden Wissenschaftler erzählte Daniel Kelhmann 2005 in seinem Roman „Die Vermessung der Welt“ mit so viel Charme, dass das Buch zum weltweiten Bestseller avancierte. Nun erscheint die Verfilmung von Detlev Buck.


40 November #2

Leben

Kölner Studierendenzeitung

Der Kölner Kulturkrampf Das Opernhaus soll für 250 Millionen Euro aufgehübscht werden. Doch ob die Spielzeit finanziert würde, stand lange in den Sternen. Wollen wir uns die Oper noch leisten?


Kölner Studierendenzeitung

„Eine Oper in Bewegung“ – dass sich das Motto der vergangenen Spielzeit für die Kölner Oper so bewahrheiten würde, hatte vermutlich niemand geahnt. Nach einem monatelangen Streit zwischen der Stadt Köln und dem Opernhaus warf Intendant Uwe Eric Laufenberg nicht ganz freiwillig das Handtuch. Neue Intendantin wurde die bisherige Operndirektorin Birgit Meyer. Auslöser für den Opernstreit war – wie so oft – das Geld. Laut Stadtrat sollte die Oper zwei Millionen Euro einsparen. Besonders paradox an dieser Forderung: Das Opernhaus wird innerhalb der nächsten drei Jahre für rund 250 Millionen Euro saniert. Für den laufenden Betrieb, Inszenierungen, Gehälter und Bühnenbilder fehlen jedoch die finanziellen Mittel. Oper statt Kino Doch um wie viel Geld geht es eigentlich? Das Kölner Opernhaus erhält zurzeit jährlich etwa 32 Millionen Euro vom Staat. Jedes Opernticket wird so mit durchschnittlich 136 Euro bezuschusst. Damit eine Karte nicht mehr als zehn Euro kostet, sind es bei Studententickets sogar 150 Euro. Im Gegensatz zu vielen anderen kulturellen Einrichtungen, kommt die Oper ihren Besuchern damit preislich besonders entgegen. Eine Opernkarte ist, zumindest für Studenten, nicht viel teurer als ein Kinobesuch. Das meiste Geld gibt das Haus dabei für sein Personal aus. Vor allem die Künstler bekamen den Kampf um die Oper zu spüren, wie der Fall der Opernsängerin Gloria Rehm zeigt: „Es war eine sehr aufreibende Zeit voller Angst und Ärger darüber, wie die Politiker der Oper mit so viel Unverständnis entgegentreten

Leben

können.“ Sie sieht ihre Arbeit zu wenig gewürdigt. „Keiner scheint zu wissen, was für unglaubliche Leistungen die verschiedenen Mitarbeiter der Bühne oft vollbringen müssen.“ Paradox ist auch die Tatsache, dass die Politiker an einem der kleinsten Posten im Haushalt sparen wollen – an der Kultur. Opersängerin Rehm erklärt sich das so: „Die Oper lässt sich gut als Feindbild ‚Geldfalle’ aufziehen.“ Für sie ist ein Opernbesuch aber gar nicht in Geld aufzuwiegen: „Wenige Medien haben eine so starke, direkte körperliche, emotionale und geistige Wirkung auf den Menschen wie das Musiktheater. Es öffnet den Menschen.“ Trotz allem gilt: An den ökonomischen Faktoren kommt bei der Oper niemand vorbei. Deswegen sieht Sängerin Rehm mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Entmutigt haben sie die Querelen am Kölner Opernhaus aber nicht. Sie und ihre Kollegen halten die Fahne der Oper hoch: „Es ist ein Ruck durch das Haus gegangen, es wurden kreative Kräfte frei.“ Abhängig vom Schicksal Die erste Inszenierung der im September angelaufenen neuen Spielzeit erscheint da fast zynisch: Verdis „La forza del destino“, zu Deutsch „Die Macht des Schicksals“. Die Zukunft der Kölner Oper hängt wohl tatsächlich vom Schicksal ab – doch das könnte der Stadtrat beeinflussen. Statt als Geldfalle sollte er die Oper vielmehr als Aushängeschild betrachten. Das tat das Fachmagazin opernwelt übrigens auch, als es die Kölner Bühne Anfang Oktober zum „Opernhaus des Jahres“ wählte. Die Politik sollte mit solchen Aushängeschildern in Zukunft sorgsam umgehen. Text: Simon Chlosta Fotos (linke Seite): Matthias Baus Fotos (rechte Seite): Marisa Reichert

November #2 41


Kölner Studierendenzeitung

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Brot & Spiele

Foto: Kristina Nitsche

Panem et circenses – Brot und Spiele – mehr brauchte das römische Volk laut dem Satiriker Juvenal nicht, um mit dem Leben zufrieden zu sein.

Das Problembrot Enten sind cool und vom Brot bleibt immer ein harter Kanten übrig. Enten mit Brot zu füttern scheint also eine gute Idee – und idyllisch obendrein: Kinder mit Pudelmützen auf dem Kopf und Oma an der Hand, schnatternde Vögel, die sich um die hingeworfenen Stückchen balgen, dahinter der See. Ein bisschen Natur erleben in der Großstadt. Das Problem: Auch wenn sie es gerne essen – das Brot tut den Enten alles andere als gut. Nehmen sie weniger von ihrer natürlichen Nahrung zu sich, führt das zu Mangelerscheinungen. Was sie übriglassen, schimmelt. Tiere, die diese Reste essen, werden krank. Mikroorganismen bauen altes Brot auf dem Boden des Sees ab; dabei verbrauchen sie Sauerstoff und setzen Kohlenstoffdioxid frei. Die zusätzlichen Exkremente

der gewachsenen Entenpopulation verstärken den Effekt. Der wiederum wird für alle Tiere im See zu einem erheblichen Problem: für Fische, Krebse, Schnecken, Muscheln. Auch wenn es wie eine gute Idee scheint, sollten also nicht nur Kölner Enten lieber ungefüttert bleiben, dem natürlichen Gleichgewicht von Fühlinger See & Co. zuliebe. Die Vögel finden auch allein genug zu essen. Und fürs Studentenbudget ist es ja eh besser, aus altem Brot noch etwas für den eigenen Verzehr zu machen: Armer Ritter zum Beispiel. Anne-Sophie Lang


Kölner Studierendenzeitung

Bilderrätsel Was sind die Griechen für viele geizige EU-Mitgliedsstaaten?

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November #2 43

Leben

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Schnittpunkt

Verbindungen

Was verbindet Hörnchen und Mauer, Kreuz und Hütchendach? Genau, zwei gerade Linien auf dem Kölner Stadtplan. Findet heraus, wo sich diese Linien schneiden, und nennt das Gebäude, das sich an diesem Schnittpunkt befindet. Als Tipp: Sein Turm ist mit einem modernen Kunstwerk geschmückt, das in seiner glänzenden Farbe wunderbar für einen Energydrink werben könnte.

Dä Kölsche an sisch ist offen gegenüber jedermann. Mit Bürgern aus einigen Städten in der ganzen Welt ist die hiesige Stadtverwaltung aber ganz doll befreundet. Sucht die östlichste Stadt, mit der Köln ganz besonders verbunden ist und findet heraus, welches berühmte politische Projekt nach dieser Stadt benannt ist. Und nun der Clou: Wann wurde erstmals mit Unterschriften versprochen, die dortigen Pläne umzusetzen – und noch viel wichtiger: Aus welcher Stadt kam der damalige Deutsche Fußballmeister?

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2 Text und Foto: Alexander de Vivie

Lösungswort Schickt das Lösungswort an spiele@studierendenzeitung. de und gewinnt ein Hipster-Überraschungspacket, um noch zufriedener zu werden.

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K No vem ber

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(10) Kölle Global – Konsumkritischer Stadtrundgang

(11) Jazznachmittag in der Villa Ignis

Beim diesem Gang durch die Innenstadt zeigen die Ehrenamtler von Kölle Global mit anschaulichen Theatereinlagen, wie jeder ein bisschen nachhaltiger Leben kann, ohne zum Birkenstock-Öko mutieren zu müssen. Neulinge wie Gelegenheits-Biokäufer lernen immer dazu. Ort: Hahnentorburg, Beginn: 11.30 Uhr Eintritt: Frei, http://www.koelle-global.de

Fernab des Sauftrubels rund um den Heumarkt ist die Villa Ignis letzte Ruhebastion für Lärmgeplagte. Wer dem Beginn der neuen Karnevalssaison entfliehen möchte, genießt das am besten bei feinen Jazzklängen der East Drive Band. Ort: Villa Ignis e.V., Else-BrandströmStraße 6, Beginn: 16 Uhr, Eintritt: Frei, http:// www.ignis.org

(13) Science Slam

(14) Porzer Trödelmarkt im Autokino Porz

Wie Poetry Slams – nur mit Wissenschaft, interessant und anregend aufbereitet. Endlich buhlt mal das Wissen um unsere Aufmerksamkeit, nicht anders herum. Wissenschaft als Kunst, so macht das Spaß! Ort: Club Bahnhof Ehrenfeld, Einlass: 19.30 Uhr, Beginn: 20.15 Uhr, Eintritt: Frei http://www.scienceslam.net/koeln/scienceslam-koeln.html

Schon zigmal auf den Trödelmärkten in Ehrenfeld, Innenstadt und Co. gewesen? Dann empfehlen wir einen Besuch in Porz. Eher für Frühaufsteher, aber dafür sicherlich mindestens genauso interessant. Beginn: 8-14 Uhr Eintritt: Frei/Stand: Pauschalpreis

(16) exposed – Festival für erste Filme

(17) Stummfilm mit LiveMusik

Gestern ist in Köln das Cine Cologne-Festival gestartet. Darunter vereinigen sich vier kleine Filmfestivals, die bis zum 25. November Filmerstlinge, Kurzfilme, Musikfilme bzw. Filmmusik und Kinderfilme präsentieren. Ort: FilmhausKino Köln, Beginn: 20 und 22 Uhr, Eintritt: Einzelticket 5 Euro, Fünferticket 20 Euro, http://exposed-filmfestival.de

Noch mal Film: Dem berühmten britischen Filmmusik-Komponisten Michael Nyman wird nachgesagt, eine der skurrilsten Künstlerpersönlichkeiten unserer Zeit zu sein. So ließ er es sich nicht nehmen, den Stummfilmklassiker „Der Mann mit der Kamera“ zu entstauben. Ort: Philharmonie Köln, Beginn: 20 Uhr, Eintritt: 10 Euro, AK

(18) Kultur statt grauer Sonntag

Ab heute können sich die Kölner auf allen großen Plätzen wie Roncalliplatz, Neumarkt oder Rudolfplatz mit Glühwein wärmen. Unbedingt auch unter koeln.de nach „alternative Weihnachtsmärkte“ suchen. Es gibt massig Special-Märkte zu Nachhaltigem, Selbstgebasteltem, kreativem Designerkram und und und. Beginn: 11-22 Uhr, Eintritt: Frei www.koeln.de, Suche „Weihnachtsmärkte“

Ein WG-Zimmer und 20 hochmotivierte, junge Menschen, die am 22. November 2011 ein Ziel zusammengebracht hatte: die beste Studentenzeitung Kölns herauszubringen. Viel Pathos. Aber auch viel Grund dazu. Fotos oder andere Beweisdokumente gibt es nicht. Nur eine mündliche Legende, die seitdem von Vater zu Sohn, von Mutter zu Tochter weitergegeben wird. Ort und Beginn: Tba

(12) Die Orsons live @Gloria Rappen über Liebe? Geht das? Ja, seit die Orsons vor ein paar Jahren dieses Tabu gebrochen haben und damit eine ganze Szene umkrempelten, sind auch Themen fernab von Gewalt und Hass erlaubt. Das gehört unterstützt. Ort: CBE All Area, Einlass: 20 Uhr Beginn: 21 Uhr, Eintritt: 17 Euro http://www.cbe-cologne.de/programm

(15) Konsumrauschparty Bio-Bier, Bio-Longdrinks = Bio-Kater? Wer das herausfinden möchte, sollte sich unbedingt die Konsumrauschparty vormerken und sich auf eine Party ohne schlechtes Gewissen freuen. Erst Live-Band, dann DJ, so kann nichts mehr schiefgehen. Ort: AStA-Café, Beginn: 22 Uhr, Eintritt: Frei/Spende, http://www.asta.uni-koeln.de

(20) Boing! Promis wie Newcomer in der Comedy-Szene wechseln sich hier am Mikro ab, um frisch ihr neues Material zu testen. Gehostet wird der Lachspaß von Manuel Wolff. Besonders studentenfreundliches Event, da der Eintritt komplett kostenlos ist. Immer dienstags zur besten Primetime. Ort: Gedankengut, Roonstraße 88, Zeit: 20 Uhr, Eintritt: Frei http://manuelwolff.de/boing

Unser Tipp: Jetzt noch last minute zur Ausstellung „Lotte Jacobi – Photographien“ im Käthe Kollwitz Museum in der Neumarktpassage. Die weltbekannte Fotografin hat im vorigen Jahrhundert zahlreiche berühmte Persönlichkeiten abgelichtet.Bis 25. November. Ort: Käthe Kollwitz Museum, Beginn: 11-18 Uhr, Eintritt: 2 Euro, http://www.kollwitz.de

(21) Glühwein-Frühshoppen (22) Geburtsstunde der ksz

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(23) Pan Tau tanzt aus der Reihe

(24) Flohmarkt “Trödel dich glücklich”

Lass dich vom Zauber des Moments verführen, lass den Alltag und die Oberflächlichkeiten draußen. Im neuen Club „Pan Tau“ verwöhnen dich die Klänge von Funk, Soul, Hiphop und Electro. Einlass ab 21 Jahren. Beginn: 22 Uhr, Eintritt: Frei (5 Euro Mindestverzehr) http://pantau-koeln.de/home

Hol den Krimskrams unter deinem Bett hervor, entstaub’ ihn, und mach ihn zu Bargeld! Ein DJTeam im alten Güterbahnhof Ehrenfeld rundet den Tag ab. Beginn: Standaufbau ab 15 Uhr, Einlass ab 17 Uhr, Eintritt: 3 Euro für Besucher/ Standgebühr für Verkäufer http://nachtkonsum.com/koeln

(25) Geocaching in Köln

(26) „Kölner lesen zu zweit“

Schon oft davon gehört, nie ausprobiert? Alles, was ihr braucht: Kostenlose Mitgliedschaft für Karten und Infos, GPS-fähiges Gerät und ein bisschen Abenteuerlust. Dann macht ihr euch auf – alleine oder in einer Gruppe – und sucht Geocaches. Darin enthalten: mindestens ein Logbuch für Finder, aber oft auch Schätze, die mit einem gleich- oder höherwertigen Gegenstand ersetzt werden können. www.geocaching.com

Alle zwei Monate, immer montags, immer 20 Uhr – lesen zwei bekannte Kölner Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Sport und Gesellschaft im Theater im Bauturm aus einem ihrer Lieblingsbücher. An diesem Montag lesen Angela Wotzlaw, Leiterin der Justizvollzugsanstalt Köln, und Wolfgang Albers, Polizeipräsident. Ort: Theater im Bauturm Beginn: 20 Uhr, Eintritt: 10-12 Euro http://theater-im-bauturm.de


n (27) Doppelkopfrunde Willst du auch mal deinem Gegner Kontra geben, eine Oma haben oder zu den Alten gehören? Dann solltest du heute ins Bürgerzentrum Ehrenfeld Doppelkopf spielen gehen. Vorkenntnisse brauchst du keine, nur vier Euro Startgeld in deiner Tasche. Beginn: 19 Uhr, Eintritt: 4 Euro www.buergerzentrum.info

(30) Beethovens Pastorale für Streichsextett. Benefizkonzert zur Adventszeit Ein Streichsextett spielt Werke von Ludwig van Beethoven und Erich Korngold. Wer die schönen Klänge hören will, kann auch noch etwas Ort: St. Stephan, Bachemer Straße 104 Beginn: 20 Uhr Eintritt: 10 Euro http://www.collmus.uni-koeln.de/273.html

der (28) Blue Shell - Distortion Sleep

(29) Woodstock/DylanRevival

Von Incubus und Alice In Chains über Bob Dylan und Paolo Nutini zu Jan Delay, Fat Freddy‘s Drop, The Ting Tings und LCD Soundsystem: Jasper Jones Key spielt fast alles. Und das mögen wir. Also zieht eure besten Chucks an und erfreut euch bei ein oder zwei Kölsch am DJ-Mix. Beginn: 23 Uhr, Eintritt: Frei

Heute auf der Bühne bei dieser Hommage an den Bluesrock: Suzen‘s Garden, The Voyager Project und Imagine. Die einen progressiv, die anderen etwas tanzbarer, aber alle sehenswert. Woodstock lässt grüßen. Beginn: 20 Uhr, Eintritt: 8 Euro http://www.mtcclub.de

De zem ber

(1) Homemade Cologne

(2) Die Photographische Sammlung Decade by Decade“. Über 200 Originalabzüge aus den Jahren 1928 bis 1974 zeigen Evans‘ berühmt gewordene „lyrische Dokumentation“ und stellen seine besondere Art der Fotografie vor. Ort: Die Photographische Sammlung, Raum 1 (1.OG), Im MediaPark 7, Beginn: 15 Uhr, Eintritt: Führung 4 Euro, sonst Ausstellung 2 Euro

(5) Gesundes am Rudolfplatz (6) Latenight-Kunst für lau Obst und Gemüse vom Biohof Bursch, die Mühlenbäckerei Zippel bringt das Brot, Käse kommt von der Hofkäserei Bolheim und frische Wurst vom Biobauern Bernd Huth. Das alles – mitten auf dem Rudolfplatz, jeden Mittwoch. Beginn: 11-18 Uhr, Eintritt: Frei http://www.oekomarkt.de/in-koeln

Der „KölnTag“ ermöglicht Kunstgenuss in allen Kölner Museen für Bürger mit Wohnsitz in der Domstadt ohne Blick ins Portemonnaie. Sämtliche Ausstellungen und ständige Sammlungen sowie Veranstaltungen präsentieren sich kostenfrei, nur für Sonderausstellungen muss gelatzt werden. Ort: Sämtliche Kölner Museen und ständige Sammlungen Beginn: 10 - 22 Uhr , Eintritt: frei – eben.

Selbstgemachtes, Upcycling und Designerstücke sollen auf den ersten KreativWeihnachtsmarkt locken. Rund 80 Stände mit Kreativlingen sind geplant. Bei Live-Musik, Auftritten und Rahmenprogramm sowie dem obligatorischen Glühwein. Ort: Jack in the Box Hallen,Vogelsanger Str. 231, Beginn: 1422 Uhr, Eintritt: 3 Euro www.produkte-aus-deiner-stadt.de

(3) Kunst gegen Bares

(4) Menomena

Die Offene Bühnen-Show im ARTheater. Künstlerinnen und Künstler präsentieren hier jede Woche montags ihre Talente. Das Publikum entscheidet dann selbst, wie viel Bares die jeweilige Kunst wert ist. Der oder diejenige mit dem meisten Geld wird zum „Kapitalistenschwein des Abends“ gekürt. Ort: ARTheater, Beginn: Jeden Montag um 20 Uhr, Einlass ab 19 Uhr, Eintritt: Mindestens 4 Euro

Multi-Instrumentalisten, die einen auf ihre Odyssee mitnehmen und sich voller Enthusiasmus der Irrfahrt hingeben. Eine Wiederkehr ist möglich, aber bereits nach dem zweiten Lied wird keiner zurückwollen. Ort: Gebäude 9 Beginn: 21 Uhr Einlass: 20 Uhr Eintritt: 17,20 Euro www.menomena.com

(7) Tanz aus der Reihe BLGRD12 Was weiß man schon wirklich darüber, was in Serbien vor sich geht? Lass es dir erzählen, tänzerisch und musikalisch von einem Super8-Projektor. Heute ist Premiere: Im Kunsthaus Rhenannia (nahe Haltestelle Severinstraße) führen Künstler verschiedenster Nationen. Beginn: 20:00 Uhr Eintritt: frei

(10) Geißböcke im Posteck

(11) Running Dinner

Heute spielt der 1. FC Köln. Schaut euch das Spiel fernab vom Zülpicher-Straßen-Trubel an, im Posteck in Kalk. Schöne Kneipe – das wissen wir aus Erfahrung.

Köln und Menschen kennenlernen und dabei gleichzeitig fit und satt werden: perfekt. Das nennt man dann Running-Dinner (Beispiel: “rudirockt”). Einen Gang vorbereiten, drei Gänge essen: WGs werden nacheinander besucht, WG Nr. 1 kümmert sich um die Vorspeise, WG Nr. 2 kocht den Hauptgang und WG Nr. 3 zaubert das Mousse au Chocolat. Falls ihr dafür noch nicht genügend Leute kennt: www.mitessgelegenheit.de.

Ort: Posteck, Kalk Beginn: 20 Uhr Eintritt: Frei. (Kölsch nicht.)

(14) Führung über die Dächer des Kölner Doms

(15) Nachtkonsum – Nachtflohmarkt

Schwindelfrei? Dann erlebe Köln und den Dom einmal anders und lasse dich über seine Dächer führen. In der Dämmerung wird die Besichtigung in ca. 45 Meter Höhe zu einem unvergesslichen Erlebnis. Neben dem weiten Ausblick über Köln steht die Besichtigung von Werk- und Lagerräumen auf dem Programm. Führungszeiten: Mo-Fr 16-17.45 Uhr, Sa 1016 Uhr Preise: GP 105-135 Euro, EP 10 Euro

Schwindelfrei? Dann erlebe Köln und den Dom einmal anders und lasse dich über seine Dächer führen. In der Dämmerung wird die Besichtigung in ca. 45 Meter Höhe zu einem unvergesslichen Erlebnis. Neben dem weiten Ausblick über Köln steht die Besichtigung von Werk- und Lagerräumen auf dem Programm. Führungszeiten: Mo-Fr 16-17.45 Uhr, Sa 1016 Uhr Preise: GP 105-135 Euro, EP 10 Euro

Text & Fotos Text (von oben links nach unten rechts): Lutz Bergmann, Simon Chlosta, Ivona Coric, Sibylle Kranwetvogel, Verena Peters, Claudia Scharf, Monika Schmickler, Uta Rosa Ströbel, Marcel Weyrich Fotos (von oben links nach unten rechts): Sibylle Kranwetvogel, LUUPS, Mkill (Wikimedia Commons), Stefan Höderath, Francesco Guidicini, Lotte Jacobi Collection/ University of New Hampshire/ USA, Manuel Wolff, Marisa Reichert, Solitude (Wikimedia Commons), Derek Redmond und Paul Campbell, Homemade Cologne, Walker Evans Archive/ The Metropolitan Muse, Tellmann & Haschke Kulturmanagement.


Kölner Studierendenzeitung - die Ausgabe No. 3 erscheint Ende Januar. Rechnet mit uns! Schwerpunkt Geld: Von was leben wir eigentlich - und wie viel geben wir aus? Soll ich mich versichern und wenn ja, wie? Was machen in der letzten Woche des Monats, wenn ich nur noch zehn Euro habe? Außerdem: Urlaubsideen für Studenten-Geldbeutel und eine alternative Währungsform, mitten in Deutschland. Und vieles mehr. Anwesenheitslisten - sind die überhaupt erlaubt? Auf tausend Kanälen. Ein Blick auf unser Kommunikationsverhalten. Studentisches Wohnen in Köln Der Mann hinter der Hochschule Was war das eigentlich mit den Studiengebühren?


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48 November #2

Leben

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