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Dr. Johannes Stahl, Peter Pauls

Skizzenbuch / Postkarten

Mitten in ein Semester mit amerikanischen Studierenden zum öffentlichen Raum platzte der Lockdown hinein - und diese Situation wurde zum Thema. Da in den Seminaren immer auch das Skizzenbuch beteiligt war, entstanden auch Skizzen dazu.

Dr. Johannes Stahl

www.j-stahl.de

Corona ist ein Katalysator

Corona ist ein Katalysator. Diese Erfahrung habe ich mit der Pandemie gemacht. Im Ergebnis hat Corona mich weitergebracht. Die Distanz- und Hygieneregeln zwangen mich nämlich, mein Leben umzustellen. In den vergangenen Jahren bestand es aus regelmäßigen Reisen in internationale Krisenregionen wie die DR Kongo, den Süd-Sudan, Sierra Leone oder in die Armutsgebiete von Ländern wie Indien, Uganda und Mexiko. Darüber berichtete ich im Anschluss für Tageszeitungen und Magazine. Das war abwechslungsreich, voller Eindrücke und erinnerte mich an meine aufregende Zeit als Afrika-Korrespondent in den 90er Jahren.

Corona führte dazu, dass ich nicht nur meine Reisetätigkeit einstellen musste. Es interessierte sich auch niemand mehr für meine Themen. Ebola in der DR Kongo? Damit musste ich keiner Redaktion kommen. Es gab ja Corona. Das galt für all die anderen Themen ebenso, die aus dem Ausland kamen. Häuserbau aus einem Abfallstoff wie Reisstroh? Chancen hatte ich damit erst nach Monaten wieder.

So zwang Corona mich, neue Betätigungsfelder zu finden - zuhause Hefeteig machen, auf dem Wochenmarkt einkaufen und hinterher Eintöpfe kochen, ein tägliches Sportprogramm absolvieren etwa. Und: Ich schrieb die wilde Geschichte meiner Kindheit auf. Mein Vater hatte mich als Kleinkind aus Sorge um mein Wohl an sich genommen - ohne das Sorgerecht zu haben. Der Gesetzgeber wertete das als „Kindesentziehung“. Ich wurde vom Gerichtsvollzieher gesucht und mein Vater später von der Polizei. Ich war zu klein, um voll zu erfassen, was um mich herum vor sich ging. Nur fiel mir auf, dass meine Tante, der mein Vater mich anvertraut hatte, und ich ständig den Wohnort wechselten. Sie war immer in Angst.

Jahre später, nach einer endlosen Abfolge von Urteilen, Einlassungen und Gerichtsverhandlungen, wurde ich vom Vormundschaftsgericht tatsächlich meinem Vater zugesprochen. All die Erlebnisse und Erinnerungen aus diesen Jahren schrieb ich auf, während Corona jedermann zwang, in Deutschland zu bleiben. Statt Reisen in die weite Welt entdeckte ich meine Vergangenheit und es gelang mir, in der Erinnerung noch einmal den Menschen zu begegnen, die mir alles bedeuteten, als ich ein kleiner Junge war. So hat Corona - zumindest indirekt - ein ganzes Buch, „mein“ Buch, hervorgebracht.

Eine zweite Folge der Pandemie war, dass der „Kölner Presseclub“, dem ich vorstehe, sich digitalisierte. Wir modernisierten uns - gezwungenermaßen, denn Diskussions-Veranstaltungen mit Gästen waren - wie bekannt - nicht mehr möglich. Was konnten wir tun, um für unsere Mitglieder sichtbar zu bleiben? Wir etablierten erfolgreich einen Newsletter, streamten Interviews, platzierten Videos und Podcasts. Sponsoren wie die Kreissparkasse Köln, die RheinEnergie und JTI halfen uns dabei, die Krise zu meistern, die schnell auch unser Ende hätte bedeuten können. Vielen Dank dafür! So wurde Corona auch hier zur Chance. Aus meiner Umgebung weiß ich, was für ein Privileg das ist.

Peter Pauls

Vorsitzender Kölner Presseclub Foto: Stefan Worring

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