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Bis auf den Grund
Auf der Konzerthaus-Bühne hat er schon Schumann, Schubert und Mahler gesungen: Ende September präsentiert Christian Gerhaher in Dortmund eine weitere Facette der Liedkunst.
Wer sich wie Christian Gerhaher seit über 30 Jahren der Liedinterpretation widmet, hat in der Regel auch ein umfangreiches Repertoire vorzuweisen. Für den Bariton steht dabei ein Komponistenname unangefochten auf Platz 1: »Ich bin Schumannianer«, bekennt er in einem BR-Klassik-Interview. Einfach jedes seiner Lieder sei großartig. Bei seinem Konzerthaus-Debüt 2010 hat Gerhaher sich jedoch mit einem anderen Komponisten vorgestellt. Ein reines Mahler-Programm verzückte das Publikum und auch Gerhaher geriet ins Schwärmen: »Ich war begeistert von Dortmund: Der Klang ist ganz konzentriert, sehr klar und ›hilfreich‹. Auch optisch finde ich den Saal sehr gelungen, und dass er im Zentrum steht, ist wunderbar und ein großer Vorteil. Es ist schon fantastisch, wie so etwas dort entstehen konnte.«
Dreimal kehrte er seitdem ins Konzerthaus zurück und erprobte die Saalakustik natürlich auch mit Schumann-Werken. Für seinen mittlerweile fünften Dortmunder Liederabend hat der 50-Jährige wieder etwas Neues im Gepäck: Erst Ende Juli präsentierte er mit seinem Dauerklavierpartner Gerold Huber zum ersten Mal ihr frisch zusammengestelltes Programm, für das sie unter anderem Brahms-Lieder ausgewählt haben. Gerade diese verlangen dem Bariton einiges ab: »Einen viel größeren körperlichen Aufwand. Sie sind üppiger, schwerer und dunkler. Wenn ich Brahms-Lieder singe, fühle ich mich wie eine Bratsche.« Ob er bei den anderen Werken des Abends von Britten und Mussorgsky noch weitere Instrumentenähnlichkeiten an sich entdeckt, ist nicht bekannt, wohl aber, dass ihn ihre Themen wie Sehnsucht, Verlust und Tod keineswegs melancholisch stimmen: »Im Gegenteil empfinde ich gerade die Beschäftigung mit düsteren Inhal ten als extrem beglückend, weil ich dadurch etwas über das Menschsein begreife.« Ende September lädt Christian Gerhaher das Dortmunder Publikum ein, mit ihm gemeinsam dem Tiefsinn dieser Lieder auf den Grund zu gehen.