Programmheft 9. Symphoniekonzert

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berner symphonieorchester

DANIEL MÃœLLERSCHOTT

SCHOSTAKOWITSCH 9. SYMPHONIEKONZERT


WIR FÖRDERN MUSIK ! Werden Sie Mitglied im Verein Freunde des Berner Symphonieorchesters und gehören auch Sie zum exklusiven Kreis von kulturverbundenen Persönlichkeiten und Unternehmen, die durch Beiträge an das BSO das kulturelle Leben in Stadt und Kanton Bern unterstützen! WIR BERATEN SIE GERN! Freunde des Berner Symphonieorchesters c/o Konzert Theater Bern | Claudia Zürcher-Künzi | Nägeligasse 4 | 3011 Bern Tel 031 329 51 19 | claudia.zuercher@konzerttheaterbern.ch


DANIEL MÜLLERSCHOTT

SCHOSTAKOWITSCH 9. SYMPHONIEKONZERT (GRÜNES ABO – «KURSAALKONZERTE») HANS PFITZNER Vorspiel zu Palestrina DMITRIJ SCHOSTAKOWITSCH Cellokonzert Nr. 1 Es-Dur HANS ROTT Symphonie Nr. 1 E-Dur

und ten adt merci! Für die langjährige Unterstützung unserer Konzerte bedanken wir uns bei der Burgergemeinde Bern. Dem Kanton Bern, der Stadt Bern, der Regionalkonferenz Bern Mittelland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft danken wir für die Subventionen.


DANIEL MÜLLER-SCHOTT SCHOSTAKOWITSCH HANS PFITZNER 1869–1949 Palestrina, «Musikalische Legende», Vorspiel zum ersten Akt (1916) (06') DMITRIJ SCHOSTAKOWITSCH 1906–1975 Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 Es-Dur op. 107 (1959) (30') Allegretto Moderato Cadenza Allegro con moto PAUSE HANS ROTT 1858–1884 Symphonie Nr. 1 E-Dur (1878–1880) (55') Alla breve Sehr langsam Scherzo: Frisch und lebhaft Sehr langsam / Belebt

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SEBASTIAN WEIGLE DIRIGENT DANIEL MÜLLER-SCHOTT VIOLONCELLO BERNER SYMPHONIEORCHESTER ZOHAR LERNER KONZERTMEISTER

KONZERTE Sa, 03. Mrz 2018, 19:30* So, 04. Mrz 2018, 17:00 kursaal, arena * Im Anschluss: Late Night Concert: Max Treutner tenor sax, Jörg Enz guitar, Matteo Burci double bass & Lucas Wolhauser drums

KONZERTEINFÜHRUNG MIT PROF. DR. VICTOR RAVIZZA Sa, 03. Mrz 2018, 18:30 So, 04. Mrz 2018, 16:00 kursaal, bellavista 5, og 6

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SEBASTIAN WEIGLE DIRIGENT

In Berlin geboren, studierte Sebastian Weigle an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Horn, Klavier und Dirigieren und wurde 1982 zum 1. Solohornisten der Staatskapelle Berlin ernannt. Von 1997 bis 2002 erarbeitete er sich als Erster Staatskapellmeister an der Berliner Staatsoper ein breit gefächertes Repertoire, ging von 2004 bis 2009 als Generalmusikdirektor an das Gran Teatre del Liceu in Barcelona und übernahm ab der Spielzeit 2008.2009 die gleiche Position an der Oper Frankfurt. Hier dirigierte er erstmals 2002.2003 Strauss’ Salome, gefolgt von der Premiere Die Frau ohne


Schatten. Für den aussergewöhnlichen Erfolg dieser Produktion wurde er 2003 von den Kritikern der opernwelt zum Dirigenten des Jahres gekürt. Diese Auszeichnung wurde ihm auch schon dreimal in Barcelona zuteil: 2005 für sein Dirigat des Parsifal, 2006 für Korngolds Die tote Stadt und im Jahr 2010 für sein Dirigat von Tristan und Isolde. Engagements führten ihn u.a. an die Deutsche Oper Berlin, die Staatsopern Berlin, München, Dresden und Hamburg, an die Metropolitan Opera New York, die Staatsoper Wien und die Opernhäuser von Zürich, Cincinnati und Sydney sowie nach Japan. Bereits 1990 gab er als junger Dirigent und Solist sein Debüt bei den Salzburger Festspielen. Bis 2011 leitete er den vollständigen fünfjährigen Aufführungszyklus von Die Meistersinger von Nürnberg bei den Bayreuther Festspielen. In den letzten Jahren leitete er die Premiere von Der Freischütz und Die Liebe der Danae, reiste mit der Staatsoper München für die Erstaufführung der Elektra nach Bukarest und ging mit dem Bundesjugendorchester auf Tournee. Regelmässige Einladungen erhält Sebastian Weigle zudem von Orchestern wie dem rso Stuttgart, den Staatskapellen Berlin, Dresden und Weimar, dem rso Wien, dem nhk Symphony Orchestra Tokyo, dem Tokyo Philharmonic Orchestra und dem Yomiuri Nippon Symphony Orchestra. Einspielungen mit Werken u.a. von Beethoven, Mozart und Rott sowie zahlreiche Opernproduktionen der Oper Frankfurt unter seiner Leitung erschienen auf cd und dvd. Ausserdem entsteht aktuell ein Zyklus der symphonischen Dichtungen von Richard Strauss mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester bei Oehms Classics.

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DANIEL MÜLLER-SCHOTT VIOLONCELLO

Daniel Müller-Schott zählt heute zu den weltbesten Cellisten und ist auf allen wichtigen internationalen Konzertpodien zu hören. Seit zwei Jahrzehnten begeistert er sein Publikum mit seiner gewinnenden Persönlichkeit. Daniel Müller-Schott gastiert bei führenden internationalen Orchestern, u.a. in New York, Boston, Cleveland, Chicago, Philadelphia und Los Angeles, bei den Berliner Philharmonikern, beim Gewandhausorchester Leipzig, den Münchner Philharmonikern oder beim London Philharmonic Orchestra, Tokios nhk Symphony Orchestra, Taiwans National


Symphony Orchestra und dem Seoul Philharmonic Orchestra. Daniel Müller-Schott konzertiert mit herausragenden Dirigenten wie Charles Dutoit, Christoph Eschenbach, Iván Fischer, Alan Gilbert, Gustavo Gimeno, Bernard Haitink, Neeme Järvi, Dmitrij Kitajenko, Jun Märkl, Andris Nelsons, Gianandrea Noseda, Andrés Orozco-Estrada, Vasily Petrenko, André Previn und Krzysztof Urbański. Neben der Aufführung der grossen Cellokonzerte ist Daniel MüllerSchott die Entdeckung unbekannter Werke und die Erweiterung des Cello-Repertoires ein besonderes Anliegen – Sir André Previn und Peter Ruzicka haben ihm Cellokonzerte gewidmet. Höhepunkte der Saison 2017.2018 sind die «Hommage an Rostropowitsch» im Konzerthaus Berlin gemeinsam mit Anne-Sophie Mutter sowie Konzerte mit dem Bayerischen Staatsorchester unter Kirill Petrenko in München, Hamburg und New York. Darüber hinaus ist er unter anderem zu Gast beim Radio-Sinfonieorchester Berlin, der Dresdner Philharmonie, dem Bruckner Orchester Linz, dem Oslo Philharmonic Orchestra oder dem Sydney Symphony Orchestra. Als Kammermusiker arbeitet er u.a. mit Nicolas Angelich, Renaud Capuçon, Xavier de Maistre, Julia Fischer, Igor Levit, Francesco Piemontesi, Lauma und Baiba Skride, Simon Trpčeski sowie dem Quatuor Ebène, dem Modigliani Quartett und dem Armida Quartett zusammen. Internationale Musikfestivals laden Daniel MüllerSchott regelmässig zu Konzerten ein. Daniel Müller-Schott, Träger des ihm von der Anne-Sophie Mutter Stiftun verliehenen Aida Stucki-Preises, studierte bei Walter Nothas, Heinrich Schiff und Steven Isserlis und erhielt schon früh persönliche Unterstützung von Anne-Sophie Mutter innerhalb ihrer Stiftung. Durch diese Förderung erhielt Daniel MüllerSchott ein Jahr bei Mstislaw Rostropowitsch privaten Unterricht.

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« VON DEM M WERDEN SI GROSSES H » Anton Bruckner über Hans Rott


M MANNE SIE NOCH S HÖREN!


HANS PFITZNER * 05. Mai 1869 in Moskau; †22. Mai 1949 in Salzburg


PALESTRINA, «MUSIKALISCHE LEGENDE» VORSPIEL ZUM ERSTEN AKT ENTSTEHUNG

April 1916 URAUFFÜHRUNG

München, Prinzregententheater, 12. Juni 1917, Leitung: Bruno Walter SPIELDAUER

ca. 06 Minuten Während in den Jahren 1915 bis 1921 in Wien mit Alban Bergs Wozzeck ein epochales, expressives Opernwerk entstand, schuf Hans Pfitzner seinerseits zwischen 1912 und 1916 seine Oper Palestrina als breit angelegte Parabel zur dringenden Rettung und Bewahrung der klassischen deutschen Musik. Hierzu bezog sich der Komponist für das selbst verfasste Libretto auf die überlieferte Legende von Giovanni Pierluigi da Palestrina (1525?–1594) als Retter der polyphonen Kirchenmusik. Erinnern wir uns: Während des lange dauernden Reformkonzils der katholischen Kirche in Trient (1545–63) wurden gegen dessen Ende auch Fragen zur liturgischen Musik diskutiert und insbesondere Forderungen nach besserer Textverständlichkeit gestellt. Um der drohenden Verbannung der kunstvollen Mehrstimmigkeit aus der kirchlichen Liturgie zuvorzukommen, drängte der kunstsinnige Mailänder Kardinal Carlo Borromeo den Komponisten Palestrina, eine Mes-

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se zu schreiben, in der die Möglichkeit stilgerechter Polyphonie bei gleichzeitig guter Verständlichkeit der lateinischen Texte zuhanden des Konzils demonstriert wurde. Es gelang mit der um 1562 komponierten Missa Papae Marcelli, die das Konzil überzeugte und die drohende Gefahr abwandte. Schon bald darauf zirkulierte die Legende von Palestrina als dem Retter der mehrstimmigen katholischen Kirchenmusik! Hans Pfitzner faszinierte dies, sah er doch Parallelen und Entwicklungen zur eigenen Zeit, die den Untergang der (in seinem Verständnis) deutschen Musik befürchten liessen. Er unterteilte seine Oper in drei Akte. Der erste zeigt den niedergeschlagenen Palestrina in seiner römischen Wohnung, wo ihn die Vision einer Gruppe verstorbener berühmter Kollegen aus seiner Lethargie wachrüttelt und ihn in einer einzigen Nacht die von Engeln diktierte neue Messe schreiben lässt. Während der zweite Akt in die tumultuöse Konzilsversammlung in Trient führt, in deren Verlauf unterschiedlichste Meinungen und Ansichten auch handgreiflich aufeinandertreffen, kehrt der dritte wieder zurück zu Palestrina, wo man gespannt die Reaktion des Konzils auf die neue Messe erwartet. Der Erfolg ist überwältigend. Der Papst erscheint persönlich, um dem Komponisten zu gratulieren und ihn zum «Fürsten der Musik» zu krönen. Und auch die folgende Musikgeschichte wird ihn schon bald zum «Retter der Kirchenmusik» stilisieren. Pfitzner, in polemische Auseinandersetzung mit der Avantgarde seiner Zeit («Futuristengefahr», «Ästhetik der musikalischen Impotenz»), sah seine künstlerische Mission von ähnlichem Gewicht.

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Das Vorspiel zum ersten Akt dient der Einstimmung. «Immer sehr ruhig» erklingt es in einem zurückhaltend feierlichen Grundton von schreitendem Charakter (Andante). Das Vorherrschen melodisch einfacher Grundintervalle unter weitgehendem Verzicht auf Chromatik sowie der herbe, modal gefärbte kontrapunktische Satz vermitteln den Eindruck «archaischer» Erinnerungen, ein gewollter Bezug auf die klassische Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts. Lediglich im leicht kontrastierenden Mittelteil deutet das länger anhaltende und teilweise anschwellende Rollen der Pauken drohenden Beiklang an. Palestrina ist Pfitzners Hauptwerk. Dass man es nicht öfters sieht und hört, liegt vorab an enormen besetzungstechnischen Schwierigkeiten, sind doch bis zu 40 hauptsächlich männliche Einzelrollen vorgesehen! Einer Verbreitung hinderlich waren aber auch des Komponisten bekannte weltanschaulichen Fragwürdigkeiten: Seine aggressive, nationalistisch begründete Gegnerschaft gegenüber der Moderne ebenso wie sein lebenslang geäusserter Antisemitismus trieben ihn in die Isolation. So sah ihn Thomas Mann in späteren Jahren als zwielichtigen «namhaften alten Tonsetzer, treudeutsch und bitterböse».

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« WAS DIE MU IHM VERLO IST GAR NIC ERMESSEN » Gustav Mahler über Hans Rott


MUSIK AN LOREN HAT, NICHT ZU EN.


DMITRIJ SCHOSTAKOWITSCH * 12. jul./ 25. September 1906 greg. in Sankt Petersburg; †09. August 1975 in Moskau


KONZERT FÜR VIOLONCELLO UND ORCHESTER NR. 1 ES-DUR OP. 107 ENTSTEHUNG

1959 URAUFFÜHRUNG

04. Oktober 1959 im Grossen Saal der Philharmonie Leningrad, Leningrader Philharmoniker, Dirigent: Jewgeni Mrawinski, Solist: Mstislaw Rostropowitsch WIDMUNG

Mstislaw Rostropowitsch SPIELDAUER

ca. 30 Minuten

Die Musik von Dmitrij Schostakowitsch trägt bekanntlich nicht selten Spuren der leidvollen Auseinandersetzungen mit der stalinistischen Kulturpolitik. Der kürzlich erschienene Roman Der Lärm der Zeit von Julian Barnes hat das Bewusstsein darüber wieder aufleben lassen. Drastisch wird vor Augen geführt, unter welch unmenschlichen Verhältnissen der Komponist seiner künstlerischen Berufung folgt: «Die einen waren am Leben und hatten Angst, die anderen waren tot» (Barnes). Erst als Stalin 1953 stirbt, erfolgt eine teilweise ideologische Liberalisierung. Schostakowitsch erhält den Titel eines «Volkskünstlers der UdSSR» und wird 1957 gar Sekretär des Komponistenverbandes. Es ist dies die Zeit, in

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der das für den berühmten Cellisten und Freund Mstislaw Rostropowitsch geschriebene Cellokonzert op. 107 entsteht. Obwohl somit der ärgsten Plagereien entledigt, finden sich doch auch in diesem Werk noch jene bekannten, für den Komponisten so typisch kaschierten musikalischen Zitate, mit deren Hilfe er sein künstlerisches Selbstbewusstsein zu bewahren suchte. Eines davon bestand aus den (deutschen) Initialen seines Namens: D.SCH. (in Noten: d-es-c-h), wie er sie schon in die Partituren seines ersten Violinkonzerts (1947/48), der 10. Sinfonie (1953) und anderswo eingeschrieben hatte: Der Komponist bin ich, Dmitrij SCHostakowitsch! Im Cellokonzert erklingt das Sigel im eröffnenden Soloinstrument in unmissverständlicher Variation im ständigem Wechsel mit dem nervigen anapästischen Grundrhythmus des Orchesters: keine versteckten Andeutungen mehr, sondern der selbstbewusste Auftritt des Komponisten im hellen Licht eines zügigen «Allegretto im Stil eines heiteren Marsches» (Schostakowitsch) mit teilweise scharfkantigem Humor. Im Gegensatz dazu wechselt der zweite Satz ins kontrastierende a-Moll eines ruhig-elegischen Moderato und erfüllt die traditionelle Funktion des langsamen Mittelsatzes. Ein Solo-Horn als einziges Blechblasinstrument tritt gemeinsam mit dem Cello in den duettierenden Vordergrund. Der Klang wird verschiedentlich gedämpft (con sordino), bis nach einem aufgewühlten Mittelteil der Satz zu einem klanglich wie ausdrucksmässig so eigenartigen wie einmaligen Abschluss findet: Während das Solo-Cello in die sehr hohen entsinnlichten Flageolett-Lagen aufsteigt, tritt die einstimmig gespielte Celesta hinzu: eine Art kleines Klavier, bei dem die Hämmerchen nicht auf Saiten, sondern auf kleine Stahlplatten treffen und einen glockenähnlichen, «himmlischen»

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Klang erzeugen (ital. celeste = himmlisch). Ob diese Assoziation konkrete Absicht war, ist schwer zu entscheiden. Was bleibt, ist die Faszination der beiden in dünne klangliche Luft hochgesetzten duettierenden Instrumente. Ohne Pause folgt der dritte Satz in der Form einer breit angelegten, virtuos konzipierten Kadenz für das Soloinstrument. Der ebenfalls pausenlos anschliessende vierte und letzte Satz (Allegro con moto) übernimmt die konventionelle Funktion eines äusserst temperamentvollen finalen Kehraus: Wir sind zurück in der lärmigen, grotesken Welt. Konstant schnelle Achtel und Sechzehntel-Bewegungen werden scharf akzentuiert und durch die dreinschlagende Pauke in gewissem Abstand unterteilt. Haben wir es bis anhin vermieden, nach irgendwelchen «hineingeheimnisten» Mitteilungen zu suchen, so machte der Komponist während den Proben mit Rostropowitsch selbst auf ein Viertonmotiv aufmerksam, das dem Beginn von Stalins georgischem Lieblingslied «Suliko» entsprach, einem zu Ende des 19. Jahrhunderts komponierten, eingestandenermassen ergreifenden melancholischen Liebeslied. Dank der Bevorzugung durch den Diktator wurde es in der Sowjetunion populär und blieb es – so hört man – bis zum heutigen Tag. Schostakowitsch lässt es zu Beginn und dann wieder kurz vor Schluss anklingen, wo es sogleich und fortissimo in allen Bläsern mit dem eigenen d-es-c-h-Sigel machtvoll und unmissverständlich übertönt wird!

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HANS ROTT * 01. August 1858 in Braunhirschengrund (Wien); †25. Juni 1884 in Wien


SYMPHONIE NR. 1 E-DUR ENTSTEHUNG

1878 – 1880 URAUFFÜHRUNG

Cinicinnati 04. März 1989, Cincinnati Philharmonia Orchestra, Leitung: Gerhard Samuel SPIELDAUER

ca. 55 Minuten

Wer auf dem Wiener Zentralfriedhof auf der Suche nach den Ehrengräbern grosser heimischer Komponisten der Vergangenheit, die alle in zentraler Lage und nahe beieinander unter eindrücklichen Gedenkskulpturen ruhen, unterwegs ist, geht wohl achtlos an einem eher peripheren Grab vorbei, wo ebenfalls ein lokaler Komponist namens Hans Rott begraben liegt. Dessen Daten (1858–1884) verweisen auf ein kurzes Leben von lediglich 26 Jahren, von denen, wie man später erfährt, die letzten vier in geistige Umnachtung fielen. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten völlig unbekannt, erfolgte die künstlerische «Exhumierung» vor nicht allzu langer Zeit dank der Wiederentdeckung und anschliessenden Publikation einer gross angelegten Symphonie in E-Dur. Diese wurde im März 1989 – 109 Jahre nach ihrer Vollendung – durch das Cincinnati Philharmonia Orchestra uraufgeführt und sorgte sogleich für staunendes Aufsehen. Das Werk überraschte nicht nur durch seine weite Anlage und kompositorische Originalität, sondern gleichzeitig durch die unüberhörbare Vorwegnahme

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der symphonischen Klangwelt Gustav Mahlers. In der Tat: Die beiden ungefähr Gleichaltrigen hatten am Wiener Konservatorium zusammen in der Klasse von Franz Krenn Komposition studiert, kannten sich gut und waren befreundet. Dem nur wenig jüngeren Mahler war das ausserordentliche Talent von Rott sogleich aufgefallen, die Bekanntschaft hinterliess vor allem in den scherzohaften Sätzen von Mahlers eigenem symphonischen Werk deutliche Spuren. Und er zollte ihm ungeschminkte Anerkennung und bezeichnete Rott als «Begründer der neuen Sinfonie…, wie ich sie sehe.» Schon der Beginn von Rotts Symphonie überrascht mit der Exposition eines 49 Takte langen, in dreiteiliger Liedform gesetzten magischen ersten Themas. Ruhig und weit ausladend in elementaren Grundintervallen erklingt es in Trompete und Horn und weckt sogleich die hochgespannte Neugierde auf dessen Fortsetzung. Diese lässt vorerst auf sich warten, die Musik scheint an Ort zu treten, um erst nach einer gewissen Zeit und fast demonstrativ ein neues Register zu suchen. Dabei handelt es sich bereits um das formal geforderte zweite Thema, kontrastreich in flacher Wellenbewegung in die erste Flöte gesetzt. Kein eigentlicher Übergang somit, keine im traditionellen Sinn zwingende Entwicklung, sondern eine eher additiv verstandene Disposition, welche ein bekannter heutiger Dirigent denn auch als nicht ganz überwundene kompositorische Unreife des damals 18-Jährigen bezeichnete. Nicht erstaunlich auch, dass der Eröffnungssatz trotz der vom ersten Thema hochgespannten Erwartungen als kürzester der Symphonie schon nach knappen 10 Minuten endet. Nicht viel länger dauert der zweite Satz in A-Dur (Sehr langsam). Hier dominieren vorerst die Streicher mit einer eher flach gehaltenen, leise und sehr legato zu spielenden liedhaften Melodie. In der Folge steigert sich das Spiel, sucht vermehrt die Dissonanz

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und die satztechnische Komplexität und erreicht zur Satzmitte den dynamischen Höhepunkt. Aus diesem entwickelt sich im zweiten Teil ein von Blechbläsern vorgetragener Choral, unverzichtbarer Höhepunkt einer spätromantischen Symphonie. Am meisten Beachtung fand aber sogleich der dritte Satz (Scherzo), dies sowohl hinsichtlich seiner unkonventionellen musikalischen Sprache wie der Tatsache, dass Gustav Mahler sich hier einiges entlieh, um es ungeschminkt in seine eigenen ScherzoSätze (1. und 5. Symphonie, 1895/1904) einzubauen. Mahler kannte die handschriftliche Partitur und zögerte nicht, sich von gewissen Wendungen und thematischen Einfällen seines Kollegen inspirieren zu lassen: Zu denken ist an den stellenweise derben, volkstümlichen Menuett-Charakter («mit toller Ausgelassenheit»), an die unvermittelten Brüche und scheinbar zusammenhangslosen Charakterwechsel sowie an ganz konkrete motivische Prägungen. Der Satz von Rott verlangt vom Hörer die ständig wache Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, sich in den Erwartungen täuschen und überraschen zu lassen. Der letzte und längste Satz (Sehr langsam / Belebt) folgt einer nicht immer leicht einsehbaren Satzlogik: Zitate aus Vorangegangenem, ein dominierender Choral, immer wieder das unvermittelte Aufeinanderprallen von scheinbar Zufälligem: All das verlangt vom Zuhörer die volle Aufmerksamkeit und bereitwillige Neugierde. Dass Johannes Brahms als einflussreiches Jury-Mitglied der Beethoven-Stipendienstiftung das vom Komponisten vorgelegte Werk zur Ablehnung empfahl, ist ob all dem Erwähnten nicht ganz unverständlich. Ihn deswegen als «Mörder» von Rott anzuklagen, wie Hugo Wolf es tat, ist freilich absurd … Victor Ravizza

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« ER IST MEINEM EIG SO VERWANDT, DA ICH MIR WIE ZWE VON DEMSELBEN SCHEINEN. »

Gustav Mahler über Hans Rott


EIGENSTEN T, DASS ER UND WEI FRÜCHTE BEN BAUM ER-


DAS BERNER SYMPHONIEORCHESTER CHEFDIRIGENT: MARIO VENZAGO 1. VIOLINE

Cornelia Hauser-Ruckli

Alexis Vincent (1. Konzertmeister)

Regula Hunger

N. N. (1. Konzertmeister)

Romain Hürzeler

Isabelle Magnenat (2. Konzertmeisterin)

Georg Jacobi

Fióna-Aileen Kraege (2. Konzertmeisterin)

Filipe Johnson

N. N. (2. Konzertmeisterin)

Wen Lu-Hu

Anara Baimukhambetova

Julien Mathieu

Sandrine Canova

Ingrid Schmanke

Daniele D’Andria

Fedyuk Nazar **

Jeanne de Ricaud

Sergey Chesnokov**

Aina Hickel

Ekaterina Kanareva **

Anna Holliger

Károly Artúr Papp **

Alexandru Ianos Zoia Kuianova Stefan Meier Mariam Nahapetyan Michael Rubeli Christian Scheurlen György Zerkula N. N.

VIOLA Yutaka Mitsunaga (Solo) Julia Malkova (Solo) Thomas Korks (stv. Solo) Yang Lu (stv. Solo) Olivier Bertholet Johannes von Bülow Emanuel Bütler

2. VIOLINE

Christoph Enderle

Anouk Theurillat (Solo)

Friedemann Jähnig

Theresa Bokány (Solo)

Christa Jardine

Wei-Zhong Lu (stv. Solo)

Bettina Kurz

Francis Roux (stv. Solo)

Ulrike Lachner

Teodora Dimitrova

Dominik Klauser *

Katia Giubbilei Alvarez

Paula Romero Rodrigo *

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VIOLONCELLO

OBOE

Constantin Negoita (Solo)

Adam Halicki (Solo)

Alexander Kaganovsky (Solo)

Doris Mende (Solo)

Peter Hauser (stv. Solo)

Stilian Guerov (stv. Solo, Englischhorn)

Valeriu Verstiuc (stv. Solo)

Catherine Kämper (Englischhorn Solo)

Andreas Graf

Michele Batani *

Pavlina Iorova Christina Keller-Blaser Eva Lüthi Árpád Szabó Eva Wyss-Simmen Saniya Durkeyeva * Alessandro Sica *

KLARINETTE Walter Stauffer (Solo) Bernhard Röthlisberger (Solo, Bassklarinette) Calogero Presti (Solo, Es-Klarinette) Gábor Horváth (Es-Klarinette)

KONTRABASS

Nils Kohler (Bassklarinette)

Gabriel Duffau (Solo)

Anna Gagane *

Magor Szász (Solo) N. N. (stv. Solo) Matteo Burci Manuel Kuhn Cordula Mundhenk Mátyás Vinczi Luca Rovero *

FAGOTT Monika Schindler (Solo) Heidrun Wirth-Metzler (Solo) Daniel Casal Mota (Solo) Norihito Nishinomura (stv. Solo, Kontrafagott) N. N. (Kontrafagott)

FLÖTE

Miguel Ángel Pérez-Diego *

Christian Studler (Solo) Kurt Andreas Finger (Solo) Sakura Kindynis (stv. Solo, Piccolo) Cornelia Zehnder (Piccolo) Anna Zimmermann (Piccolo) Chikara Sugano * Johanna Schwarzl *

HORN Olivier Alvarez (Solo) Olivier Darbellay (Solo) Christian Holenstein (Solo) Sebastian Schindler (stv. Solo) Denis Dafflon Daniel Lienhard Matteo Ravarelli Peter Szlávik Alejandro Cela Camba *

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TROMPETE

ORCHESTERTECHNIK

Jean-Jacques Schmid (Solo)

Elisabeth Niederhäuser

Milko Raspanti (Solo)

Matteo Pellerino

Olivier Anthony Theurillat (stv. Solo)

Marcello Pragasa Rasan

Renato Martins Longo

Kaspar Helbling

Simon Pellaux * KONZERT- UND OPERNDIREKTOR POSAUNE

Xavier Zuber

Stanley Clark (Solo, Altposaune) Wassil Christov (Solo, Altposaune) Vicente Climent Calatayud (Solo, Altposaune) Justin Clark (Bassposaune)

ASSISTENTIN DES KONZERT- UND OPERNDIREKTORS Lisa Katharina Holzberg

Benjamin Jacob Green (Bassposaune) Arno Tri Pramudia *

ORCHESTERMANAGER / STELLVERTRETENDER KONZERTDIREKTOR

TUBA

Axel Wieck

Daniel Schädeli Gaudard (Solo) Sophia Nidecker *

KONZERTDRAMATURGIE / KÜNSTLERISCHES BETRIEBSBÜRO BSO

HARFE

Barbara Honegger

Line Gaudard (Solo) Cornelia Lootsmann (Solo)

PRODUKTIONSLEITUNG KONZERT

Joanna Thalmann *

Judith Schlosser

PAUKE / SCHLAGZEUG

BIBLIOTHEK

Franz Rüfli (Solopauke)

Dorothea Krimm

Mihaela Despa (Solopauke) Peter Fleischlin (stv. Solopauke) Michael Meinen Sylvain Andrey *

* Praktikanten | ** Praktikanten 1. und 2. Violine

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NACHWEISE IMPRESSUM Liebe Konzertbesucher, liebe Konzertbesucherinnen, bitte achten Sie darauf, dass Ihr Mobiltelefon während des Konzertes ausgeschaltet bleibt. Bild- und Tonaufnahmen sind nicht gestattet. Besten Dank für Ihr Verständnis. Preise: Einzelheft: chf 5,– im Vorverkauf und an der Abendkasse

TEXTNACHWEISE Die Texte wurden exklusiv für dieses Programmheft geschrieben.

BILDNACHWEISE Inserat Freunde des Berner Symphonieorchesters, © Alberto Venzago | Sebastian Weigle, © Monika Rittershaus | Daniel Müller-Schott, © Maiwolf (Cover), Christine Schneider | Hans Pfitzner, Foto von Wanda von Debschitz-Kunowski, 1910, wikicommons | Dmitrij Schostakowitsch, Photographie von 1925, public domain | Hans Rott, aus dem Buch, Hans Rott mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Uwe Harten (Internationale Hans Rott Gesellschaft Wien)

KONZERT THEATER BERN intendant Stephan Märki konzert- und operndirektor Xavier Zuber chefdirigent & künstlerischer leiter berner symphonieorchester Mario Venzago spielzeit 2017.2018 redaktion Barbara Honegger konzept & gestaltung formdusche, Berlin layout Murielle Bender, Konzert Theater Bern druck Haller + Jenzer AG, 3400 Burgdorf

redaktionsschluss 22. Februar 2018 Änderungen vorbehalten.

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