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IL TROVATORE GIUSEPPE VERDI
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IL TROVATORE GIUSEPPE VERDI Dramma lirico in vier Teilen | Libretto von Salvatore Cammarano und Leone Emanuele Bardare, nach dem Drama El trovador (1836) von Antonio García Gutiérrez In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln PREMIERE SA, 27. JAN 2018 19:30, STADTTHEATER
merci! Partner Maske Aesop & Dr. Hauschka
BESETZUNG musikalische leitung Jochem Hochstenbach regie Markus Bothe bühne Kathrin Frosch kostüme Justina Klimczyk video Fritz Gnad lichtgestaltung Bernhard Bieri chor Zsolt Czetner dramaturgie Christian Kipper Chor Konzert Theater Bern Extrachor Konzert Theater Bern Berner Symphonieorchester
Lana Kos, Amber Opheim
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DIE HANDLUNG TEIL I
(DAS DUELL)
Bürgerkrieg in Spanien. Ferrando, ein Befehlshaber des Conte di Luna, erzählt seinen Soldaten eine Familientragödie, die dem Vater seines Dienstherrn, dem alten Grafen, widerfuhr: Eines Tages entdeckt die Amme am Bett des zweiten Sohnes eine fremde Frau, angeblich eine Zigeunerin, die, bevor sie verhaftet werden kann, die Flucht ergreift. Als das Kind daraufhin schwer erkrankt, wird die Zigeunerin auf dem Scheiterhaufen als Hexe verbrannt. Doch deren Tochter nimmt Rache, indem sie den mittlerweile wieder gesunden Knaben entführt. Obwohl man später die verkohlten Knochen eines Kindes findet, glaubt der alte Graf nicht an den Tod seines Sohnes. Er beauftragt dessen älteren Bruder, den Conte di Luna, mit der Suche nach dem Vermissten. Bis jetzt jedoch konnte die vermeintliche Mörderin nicht gefasst werden. Leonora, wie der Conte di Luna im aktuellen Herrscherhaus hoch positioniert, hängt ihren Gedanken an einen unbekannten Fremden nach. Ihrer Vertrauten Ines erzählt sie, wie sie sich unrettbar in einen mysteriösen Soldaten und Troubadour verliebte, dessen Spur sie allerdings im Zuge der Kriegsereignisse verlor. Da nähert sich der Conte di Luna dem Haus in der Hoffnung auf ein Rendezvous mit Leonora, die er leidenschaftlich begehrt. Diese erscheint, als plötzlich der Gesang des Troubadours erklingt. Bald erkennt der Conte in dem Rivalen um Leonoras Liebe seinen politischen Widersacher Manrico. Der Streit eskaliert.
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TEIL II (DIE ZIGEUNERIN)
Azucena singt im Kreis ihrer Leute ein Lied, das von einer Hexenverbrennung handelt. Ihr Sohn Manrico, noch geschwächt vom letzten Kampf mit dem Conte, fragt nach den Hintergründen der im Lied angedeuteten Geschichte. Sie berichtet daraufhin von ihrem Trauma, den Feuertod ihrer Mutter miterlebt und im Zuge ihrer Rache nicht das Kind des alten Grafen, sondern ihr eigenes in die Flammen geworfen zu haben. Verwundert fragt Manrico nach seiner Identität, doch Azucena wiegelt ab: Bei dieser schaurigen Erinnerung bringe sie gelegentlich Dinge durcheinander. Da erhält Manrico die Nachricht, dass Leonora ihn fälschlicherweise für tot halte und deswegen einem Kloster beitreten wolle. Trotz der Bitten und Warnungen seiner Mutter zieht er los, um seine Geliebte wiederzusehen. Auch der Conte di Luna hat von Leonoras Absichten erfahren und ist fest entschlossen, sie vom Altar weg zu entführen. Doch kaum tritt er aus seinem Versteck, taucht auch Manrico auf. Gemeinsam können die Liebenden fliehen.
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TEIL III (DER SOHN DER ZIGEUNERIN)
Im Lager des Conte di Luna bereitet man eine Schlacht gegen jene feindliche Stellung vor, in der sich auch Manrico und Leonora aufhalten. Da ergreifen Soldaten eine Frau, die Ferrando als vermeintliche Mörderin des schon so lange vermissten Grafensohnes identifiziert. Als der Conte erfährt, dass es sich dabei um Manricos Mutter handelt, beschliesst er, sich mit ihrem Tod an seinem Rivalen zu rächen. Leonora und Manrico wollen trotz des bevorstehenden Kampfes im Lager heiraten. Da trifft die Nachricht von Azucenas Gefangennahme und ihrer Verurteilung zum Scheiterhaufen ein. Manrico offenbart daraufhin Leonora seine Abkunft und zieht in den Kampf, um Azucena zu befreien.
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TEIL IV (DIE HINRICHTUNG)
Leonora hat sich in das Lager des Conte di Luna begeben, um ihren mittlerweile dort gefangen gesetzten Geliebten zu retten – selbst um den Preis ihres eigenen Lebens. Im Gespräch mit dem Conte verspricht sie diesem die Ehe unter der Voraussetzung, dass Manrico begnadigt wird. Nachdem der Graf eingewilligt hat, nimmt sie heimlich ein tödliches Gift. Im Gefängnis versucht Manrico, seine Mutter zu trösten. Im Gedenken an ihre Heimat schläft Azucena schliesslich ein. Da erscheint Leonora, um Manrico zur Flucht zu verhelfen. Bald errät er den Preis seiner Freiheit und verflucht die Geliebte. Entsetzt erfährt er daraufhin von ihrem Opfer und baldigen Tod. Doch auch der Conte erkennt Leonoras Strategie und vollzieht wütend vor den Augen Azucenas seine Rache. Dann begreift er, den eigenen Bruder getötet zu haben.
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Martin Muehle, Lana Kos, Jordan Shanahan
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EXPLOSIVER BELCANTO Gedanken zum Dramma lirico Il trovatore von Giuseppe Verdi
Der italienische Komponist Giuseppe Verdi ahnte bald, dass er mit seinem Dramma lirico Il trovatore ein Erfolgsstück geschrieben hatte. Schnell trat es seinen Siegeszug über die Bühnen im In- und Ausland an, doch breitete sich neben zum Teil enthusiastischem Lob für die Musik gleichzeitig eine Librettokritik aus, die bis heute zur gängigen Meinung zählt. Grund genug folglich, sich nach dem ästhetischen Konzept der Autoren zu fragen.
EIN SCHAUSPIEL DER SPANISCHEN ROMANTIK
In der Tat handelt es sich bei Il trovatore um ein Werk, das Verdi ohne Auftrag in Angriff nahm, weshalb er in der Wahl des Stoffes noch mehr Freiheit als sonst besass. Wie er mit dem Schauspiel El Trovador des spanischen Autors Antonio García Gutiérrez in Berührung kam, liegt im Dunkeln. Womöglich lernte er es über eine in Paris erschienene Sammlung spanischer Theaterstücke in Originalsprache kennen. Nachweisen lässt sich hingegen der fulminante Triumph, mit dem das Werk am 1. März 1836 am Teatro del Príncipe in Madrid seine Uraufführung erlebte. Das fünfaktige, in Versen und Prosa geschriebene Drama zählt zu den bedeutendsten Beiträgen der spanischen Romantik und enthält so gut wie alle Elemente, die jener Epoche am Herzen lagen: diverse pittoreske Schauplätze zur Zeit eines düsteren Mittelalters, aussergewöhnliche Figuren wie Zigeuner (Azucena) und Troubadoure (Manrico), eine geheimnisvolle Familienkonstellation, eine unmögliche Liebe zwischen Menschen aus gegensätzlichen sozialen Sphären sowie eine aufgrund unübersichtlicher Kriegswirren als Chaos erlebte Umwelt. Mit der Ausgefallenheit der Ereignisse, deren äusserer Schauwert
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mehr Bedeutung erhält als die innere Logik, korrespondiert eine an William Shakespeare geschulte offene Form, die bewusst auf die Einheit von Ort, Zeit und Handlung verzichtet, die auslässt und zuspitzt, die das Geschehen weniger diskursiv als vielmehr sprunghaft entwickelt. Dementsprechend unterteilte Gutiérrez sein Drama nicht in Akte, sondern in «jornadas» (Tage), welchen er ebenso plakative wie effektvolle Titel – «Das Duell», «Das Kloster», «Die Zigeunerin», «Die Enthüllung», «Die Folter» – verlieh.
DIE DRAMATURGIE DES SCHÖNEN GESANGS
Dass Verdi ausgerechnet auf eine derartige Vorlage für eine Oper verfiel, die gegenüber einem Schauspiel grundsätzlich kürzen, zusammenfassen und verdichten muss, lässt sich vor allem mit den Konventionen des damaligen Musiktheaters erklären. In den ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts hatte sich unter Vincenzo Bellini und Gaetano Donizetti, den wichtigsten Vertretern des italienischen Belcanto, ein vierteiliges Formmodell etabliert, das fast ausnahmslos allen Gesangsnummern zugrunde lag: Auf eine einleitende Scena im Rezitativ folgt ein langsames Cantabile, dessen Magie vor allem auf gross gewölbten Melodiebögen und suggerierter Schwerelosigkeit beruht. Ein Handlungswendepunkt, als formal offenes Rezitativ und nicht selten mit Einbezug des Chores vertont, motiviert die anschliessende schnelle Cabaletta, in deren Vordergrund wirkungsvolle Virtuosität steht. Eine das Tempo weiter anziehende Stretta sorgt in der Regel für einen packenden Abschluss der gesamten Szene. Der durch dieses Schema garantierte regelmässige Wechsel von ruhigen, kantabel ausgeformten Abschnitten mit solchen dramatisch aufgeladener Brillanz, von Reflexionen innerer Zustände mit anschaulichen äusseren Vorgängen verleiht dem Melodramma der Romantik eine Ausdrucksvielfalt, die für lange Zeit keiner Korrektur bedurfte – zumal die Librettisten
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die Dramaturgie ihrer Texte zur Wirkungssteigerung auf jene musikalischen Mechanismen ausrichteten. Ihre Devise zur inhaltlichen Legitimierung des Belcanto: Nur ein Ausnahmezustand rechtfertigt ausnehmend schönes Singen. Dementsprechend rückte bald die Primadonna in den Mittelpunkt des Interesses, die – ähnlich wie die Primaballerina im zeitgleich erfundenen Spitzentanz – als femme fragile durch eine ihren Lebenssehnsüchten feindlich gesinnte Umwelt unter Druck gerät und damit musikalisch in «unerhörte» Ausdrucksbereiche findet. Dem Liebes- und Lebensglück des Soprans mit dem Tenor steht dabei in der Regel ein Bariton im Weg, dessen mit keiner Vernunft zu besänftigender Furor schliesslich in die fatale Katastrophe führt.
KOMPONIST VERSUS DICHTER
Verdi hat dieses bewährte Opernmodell seiner Zeit – sowohl die Dramaturgie des Librettos als auch den Bauplan der Vertonung – zunächst übernommen und mit dem Fokus auf eine expressiv gestaltete Gesangsstimme zu intensivieren versucht. In dem Melodramma Rigoletto indes, dem Vorgängerwerk zu Il trovatore, lassen sich deutliche Bemühungen ausmachen, die etablierten Schemata aufzubrechen und mit originären Formen Musik und Szene enger zu verzahnen. Als Beispiel lassen sich etwa das vielteilige Duett Gilda – Rigoletto im ersten Akt oder die Umkehrung der Cantabile-Cabaletta-Reihenfolge in der Arie des Rigoletto im zweiten Akt anführen. Für sein neues Werk suchte Verdi nach einem Weg, um konsequent mit allen Traditionen zu brechen. Umso gelegener kam ihm daher eine Vorlage, die auf den ersten Blick völlig quersteht zu den Anforderungen an ein idealtypisches italienisches Opernlibretto um 1850. Voller Begeisterung schlug Verdi das Drama El trovador dem Librettisten Salvatore Cammarano zu Beginn des Jahres 1851 als neues gemeinsames Projekt vor. Zwei
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Monate später schickte er ihm eine wahrscheinlich aus der Feder von Giuseppina Strepponi stammende Übersetzung zu. Ganz besessen von dem Wunsch nach radikalen Neuerungen plante er, Azucena als Primadonna für einen Mezzosopran anzulegen und die Sopranpartie der Leonora als eine Nebenrolle zu behandeln. Am 4. April 1851 präzisierte er in einem Brief an den Librettisten: «Was die Verteilung der Nummern betrifft, möchte ich Euch sagen, dass für mich, wenn ich auf Poesie treffe, die man in Musik setzen kann, jede Form, jedes Arrangement gut ist; mehr noch, je neuartiger und ausgefallener diese sind, um so glücklicher bin ich. Wenn es in den Opern weder Cavatine noch Duette und Terzette, weder Chöre noch Finali usw. gäbe und die ganze Oper (sozusagen) nur eine einzige Nummer wäre, dann würde ich das für vernünftiger und richtiger halten.» Cammarano jedoch, der für den Komponisten bereits die Textbücher zu den Opern Alzira, La battaglia di Legnano und Luisa Miller verfasst hatte, glaubte nicht recht an Verdis Ideen und schickte diesem ein Szenarium, das wiederum den Komponisten enttäuschte. Dieser skizzierte daraufhin selbst einen Handlungsablauf, der im wesentlichen die Grundlage des späteren Librettos bildete. Die fünf «jornadas» des Schauspiels fasste er in vier Teilen mit den Überschriften «Das Duell», «Die Zigeunerin», «Der Sohn der Zigeunerin» und «Die Hinrichtung» zusammen, wobei er die Hauptfiguren und die Grundzüge der Handlung weitgehend unverändert beliess. Im Folgenden arbeitete Cammarano ein Textbuch aus, das die Wünsche des Komponisten nicht nur nicht berücksichtigte, sondern im Grunde negierte, weist es doch eine geradezu strenge und durchaus an der Tradition orientierte Form auf. Aufgrund umfangreicher Erfahrungen kam er wohl zu der Überzeugung, dass dem ebenso sprunghaften wie romanesken Verlauf nur mit systematischen und tendenziell geschlossenen Strukturen beizukommen war.
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NEUE DRAMATURGIE MIT ÜBERLIEFERTEN FORMEN
Als Salvatore Cammarano am 17. Juli 1852 überraschend verstarb, setzte der junge neapolitanische Autor Leone Emanuele Bardare die Arbeit am Libretto nach den Anweisungen des Komponisten fort. Dabei fällt auf, in welchem Masse Verdi den Ansatz Cammaranos weiterverfolgte, anstatt, was jetzt auch möglich gewesen wäre, wieder verstärkt in die Richtung des eigenen ursprünglichen Konzepts zu gehen. Es liegt nahe, dass er im Zuge der Auseinandersetzung selbst erkannte, welch kraftvolle Verbindung gerade die neue Dramaturgie mit den überlieferten Modellen der Personenkonstellation und Formgestaltung eingehen konnte. Dementsprechend behielt er zwar Azucena als zentrale Figur bei und etablierte mit dieser Aufwertung eines Mezzosoprans ein Novum in der Operngeschichte, doch gestand er nun auch der Sopranpartie eine ebenbürtige Position zu, indem er für sie mit der Hinzufügung des Cantabile Tacea la notte placida zur bereits vorhandenen Cabaletta Di tale amor che dirsi die konventionelle vierteilige Anlage der Musiknummer im ersten Akt vervollständigte und im vierten Akt mit D’amor sull’ali rosee eine weitere Arie für Leonora vorsah. Daneben verlegte er die Arie des Conte di Luna Il balen del suo sorriso aus dem dritten in den zweiten Akt und modifizierte die dazugehörige Cabaletta; auch nahm er Änderungen in der Canzone Stride la vampa der Azucena im zweiten Akt vor, strich die Stretta am Ende desselben Aktes und kürzte das Finale.
SPRUNGHAFTE HANDLUNG IN KONZENTRIERTEN BILDEN
Das Ergebnis der Textarbeit ist ein Libretto, das sich in vier gleich gebaute Teile gliedert, wobei jeder Akt wiederum aus zwei Bildern besteht. Die Handlung entwickelt sich nicht stringent narrativ, sondern sprunghaft in zugespitzten dramatischen Situationen.
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Vieles ereignet sich zwischen den Bildern, bleibt unerklärt oder wird in Form von kurzen Erwähnungen nachgereicht. Die bereits im Schauspiel angelegte Diskontinuität der Handlung bestimmt auch die Konstruktion der Oper und erfährt dort insofern eine Intensivierung, als jedes Bild innerhalb einer kaleidoskopischen Reihe quasi zusammenhangslos für sich steht und lediglich eine extrem zugespitzte Momentaufnahme des Geschehens abgibt. Erst in der Summe sämtlicher Bilder setzt sich eine nachvollziehbare Geschichte zusammen. Und auch die Frage nach Logik und Wahrscheinlichkeit erscheint irrelevant innerhalb einer Ästhetik, die konsequent jede Szene zu einem emotionalen Kulminationspunkt zuspitzt. Nun weist das italienische Melodramma seit 1800 ohnehin die Tendenz auf, die Handlung in Tableaux zu verdichten und effektvolle Höheund Wendepunkt nicht nur textlich und musikalisch, sondern auch visuell erfahrbar zu machen. Neu hingegen erscheint im Libretto zu Il trovatore die Konsequenz, mit der die Autoren jedes Bild auf einen hochexplosiven, dramatisch unmittelbar wirksamen Moment zuschneiden und in szenische Prägnanz überführen. Das Werk entledigt sich quasi fast jeder narrativen, argumentativen und reflexiven Komponente, um völlig im Hier und Jetzt existenzieller Krisen aufzugehen. Und weil das Libretto ganz Drama ist und damit das Singen als emotional gesteigertes Sprechen vollständig begründet, verhilft es dem Gesang insbesondere mit seiner strengen Form – Cammarano behielt die vierteilige Abfolge von Rezitativ – Cantabile – Rezitativ – Cabaletta für so gut wie alle Arien und Ensembles bei – zu höchstem, weil sinnvoll komprimiertem Ausdruck.
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ROMANTISCHE TOPOI ZUR WIRKUNGSSTEIGERUNG
In der Tat bot das Schauspiel von Gutiérrez eine Vielzahl an interessanten Aspekten, die zudem etliche Topoi der Romantik bedienen. Dementsprechend finden sich auch in der Oper von der Romantik stark bevorzugte Schauplätze wie etwa ein Palast mit Spuk, ein nächtlicher Schlossgarten mit Minnesänger, Edeldame und Nebenbuhler, ein Zigeunerlager mit Lagerfeuer, ein Klosterkreuzgang mit Nonnen, ein Kriegslager mit Soldaten und Gefangenen, eine Kirche mit Seitenkapelle, ein Burghof mit Gefängnisturm sowie ein finsterer Kerker. Hinzu kommen exotische Figuren wie die Zigeunerin Azucena und der Troubadour Manrico. Dass es sich bei diesen Zuordnungen, die häufig als Romantik-Clichés abqualifiziert werden, vor allem um Chiffren einer sozialen Aussenseitersituation handelt, macht schon ihr Anachronismus deutlich: Um 1400, jener Zeit folglich, in der sich die Handlung des Schauspiels wie auch der Oper vollzieht, gab es in Spanien einerseits noch keine Zigeuner und andererseits keine Troubadours mehr.
DAS LEBEN EIN CHAOS
Die neue Dramaturgie, die Verdi mit Hilfe Cammaranos und Bardares nach dem Vorbild Victor Hugos zu realisieren trachtete, wird häufig unter dem Begriff der «varietà» zusammengefasst und meint ihre wesentlichen Faktoren: vielfältige Schauplätze, exotisches Personal, pointierte Situationen, kontrastreiche Affekte, diskontinuierliche Handlung. Es gilt, überspitzt gesagt, das Leben in all seinen Extremen, Widersprüchen und Gegensätzen abzubilden. Dass eine derartige, auf szenische Schlagkraft ausgelegte Dramenkonzeption kaum Raum für psychologische Nuancen und Entwicklungen lässt, versteht sich von selbst. In der Tat erscheinen alle handelnden Figuren ohne Befähigung zu vernünftiger Re-
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flexion auf ihre emotionalen Zustände reduziert. Als holzschnittartig gezeichnete Charaktere lassen sie sich ausschliesslich von oft stereotyp wirkenden Grundaffekten wie Liebe, Hass, Eifersucht und Rachedurst treiben und entbehren so einer eigentlichen individuellen Ausgestaltung. Obgleich diese plakative Leidenschaftlichkeit des Personals der dramaturgischen Anlage entspringt und einer musikalischen Dramatik entgegenkommt, geriet sie bald in das Kreuzfeuer der zeitgenössischen Kritik. Verkannt wurde dabei, dass das gezeigte Versagen der Affektkontrolle wesentlich zur Quintessenz der dargestellten Ereignisse gehört.
LIEBE UND HASS
Die Figurenkonstellation entspricht – auch aufgrund der von Verdi gewünschten Korrekturen Bardares – in einigen Punkten dem überlieferten Melodramma. So steht auch in Il trovatore dem Lebensglück zwischen Sopran und Tenor ein Bariton entgegen, wobei alle drei Partien, der Tradition entsprechend, ein ungefähr gleich grosses Gewicht erhalten. Völlig ungewöhnlich hingegen erscheint die ebenso prominente Rolle der Azucena. An den kontrastierenden Frauenfiguren machen sich zudem die beiden Handlungsfäden fest, die auf raffinierte Weise miteinander verwoben sind und sowohl den regelmässigen Wechsel als auch die Gegensätzlichkeit der acht Szenen begründen. Mit Leonora verbindet sich einerseits eine traditionelle Liebeshandlung, die im zweiten Bild mit dem sehnsuchtsvollen Warten der Hofdame auf den noch unbekannten Troubadour und Ritter beginnt und im letzten Bild mit ihrem Opfertod endet. Andererseits führt Azucena parallel dazu eine alles dominierende Racheintrige ein, die bereits in der Erzählung des Ferrando zu Beginn der Oper aufscheint und sich erst mit dem Tod der Titelfigur und den letzten Worten der Zi-
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geunerin erfüllt. Zwischen diesen beiden Polen agieren die unwissenden Brüder Manrico und der Conte di Luna. Dass das Prinzip der Rache im Zentrum der Oper steht, beweisen nicht nur Anfang und Ende der Oper, sondern auch die beiden unterschiedlichen Perspektiven auf die auslösenden Hintergründe: Im ersten Bild stellt Ferrando die Mutter Azucenas als eine heimtückische Hexe dar, die zurecht den Feuertod erlitt. Im dritten Bild erläutert Azucena ihr Trauma vom Verlust der Mutter und dasjenige ihrer missglückten Rache: Anstatt Manrico, den jüngeren Sohn des Grafen, ins Feuer zu werfen, stiess sie in einem Anfall von Wahnsinn ihr eigenes Kind hinein. Diese umständliche Vorgeschichte rief aufgrund ihrer mangelnden Plausibilität vielfach Spott hervor. Den Autoren indes lag nicht an Wahrscheinlichkeit, sondern an einer komplexen emotionalen Abhängigkeit der Figuren, die sich auf andere Weise nicht herstellen liess. Wer alle Elemente des Romantisch-Pittoresken beiseiteschiebt, dem erschliesst sich ein Geschehen, das durchaus archetypische Züge trägt: Azucena, die gesellschaftliche Aussenseiterin, erleidet willkürliche Gewalt an ihrer Mutter durch die herrschende Klasse. Die Rache, der sie sich daraufhin blind verschreibt, nimmt ihr bald das eigene Kind, später den heimlichen Stiefsohn. Ihr Gegner ist nach dem Tod des alten Grafen dessen erstgeborener Nachfahre, der Conte di Luna, der sich nicht weniger hartnäckig sowohl für den vermeintlichen Tod seines Bruders als auch für Leonoras Desinteresse rächen will. Zwischen die Fronten dieses gewaltbereiten Hasses geraten die Liebenden, die vergeblich um einen Platz ihrer Idylle in der sie umgebenden Kriegsrealität kämpfen. Gerade weil aber die Oper als Quintessenz das alles vernichtende Resultat einer Rachespirale vor Augen führen will, profitiert sie von jenen affektgetriebenen Figuren, wie sie das ästhetische Prinzip der «varietà» und das Erzählen in dramatisch zugespitzten Bildern naturgemäss generieren.
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Agnieszka Rehlis, Martin Muehle
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DIE WURZEL DER GEWALT
Verdis Dramma lirico Il trovatore gilt zurecht als Nachtstück. Ob im Schlossgarten oder am Lagerfeuer, ob im Klosterkreuzgang oder Kerker – immer wieder evoziert die Situation entweder explizit oder suggestiv eine düstere, spukhafte und gefahrenvolle Atmosphäre. So wenig das Tageslicht an jene Orte einzudringen vermag, die neben ihrer pittoresken Qualität vor allem als Spiegel für die inneren Zustände der Akteure fungieren, so wenig erhellt die Vernunft deren von dunklen Leidenschaften befeuerte Taten. Die hohe Anzahl der Toten am Ende der Oper wurde denn auch des öfteren beklagt. Gleichwohl schiesst über das Ziel hinaus, wer das Werk als ein «Theater des Todes» beschreibt, in dem sämtliche Figuren scheitern müssen. Die Autoren relativieren diesen Eindruck nämlich in der Gegenüberstellung der beiden die Vernichtung vorantreibenden Kräfte. Azucena erscheint in erster Linie als ein Opfer, das aufgrund einer instabilen politischen Situation, eigener Machtlosigkeit und sozialer Stigmatisierung den gewaltsamen Tod der Mutter erleben muss. Diese Erfahrung prägt ihr weiteres Leben und verstärkt sich mit ihrer missglückten Rache. So manifestiert sich an Azucena exemplarisch und auf raffiniert gemachte Weise das fatale Ineinandergreifen von Schlag und Gegenschlag. Ihre Unfähigkeit, aus dieser Kette der Gewalt auszubrechen, liegt in ihren traumatischen Erlebnissen begründet, die genau deswegen mehrmals und sehr ausführlich berichtet werden. Anders sieht die Situation bei ihrem Gegenspieler, dem Conte di Luna, aus. Zwar hat auch er mit dem plötzlichen Verlust seines jüngeren Bruders ein Trauma zu verarbeiten, doch richtet sich seine Vernichtungsenergie nicht gegen dessen Entführerin, sondern gegen den Rivalen in der Liebe und der Politik. Verbissen fordert er Leonoras Liebe ein, formuliert Besitzansprüche und arbeitet, um an das Ziel seines erotischen Begehrens zu gelangen, an der Beseitigung seines Konkurrenten.
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Dass es sich bei ihm im Gegensatz zu Azucena eben nicht um eine mit einem Trauma begründete Zwangsneurose, sondern um mit den Mitteln der Macht durchgesetzte Triebbefriedigung handelt, zeigt sich bei der Ergreifung Azucenas. Als Ferrando in ihr die lange gesuchte Entführerin des Grafensohnes erkennt, bleibt der Conte di Luna gelassen. Erst als er erfährt, dass er mit ihr die Mutter seines Nebenbuhlers in der Gewalt hat, beschliesst er, um sich an diesem zu rächen, beglückt ihren Tod. Am Conte di Luna beweist sich nicht nur – ex negativo – die Möglichkeit zu einem alternativen humanen Verhalten, die Figur weitet als Repräsentant einer Dynastie, die bereits in der Vergangenheit Unrecht verübte, die politischen Dimensionen: Ein Staat, in dem Egoismus, Willkür und Unrecht herrschen, sieht sich bald in eine Kette von Gewalt verstrickt, die alle ins Unglück stürzt. Nicht umsonst bildet den Hintergrund für die geschilderten Einzelschicksale ein Bürgerkrieg, der sich zwar als Konflikt zwischen Kronprinz Fernando von Kastilien und Graf Jaime von Urgel konkret benennen lässt, aber absichtsvoll im Unklaren bleibt. Die Not im Land ist das Ergebnis der politischen Verhältnisse und zeigt sich in Nahaufnahme an den handelnden Figuren.
LEONORA: EIN SPIELBALL DER KRÄFTE
Wenngleich Verdi zunächst die Standardkonzeption einer Primadonna im Melodramma seiner Zeit nicht bedienen und die Sopranpartie daher als Comprimaria anlegen wollte, erkannte er doch bald, dass er im Rahmen der Figurenkonstellation an einer Person auch die Auswirkung jener Rachehandlung zeigen musste, die der gesamten Oper zugrunde liegt. Als passiv leidendes Opfer, das bereits zu Beginn der Ereignisse unter Druck steht und am Ende nur noch einen Ausweg im Selbstmord sieht, bot sich niemand besser
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an als Leonora, Hofdame der Prinzessin von Aragon. Kein Wunder folglich, dass der Komponist ihre Rolle später nicht nur aufwertete, sondern auch im Sinne der Gattungstradition ausgestaltete. Dementsprechend teilte er Leonora zwei grosse vierteilige Arien zu, deren Cantabile mit ausgreifenden Kantilenen, die sich langsam einem Segelflugzeug gleich gen Himmel erheben, genau jene Wirkungsmagie entfaltet, die Verdi bei seinem älteren Kollegen Vincenzo Bellini so bewunderte. In beiden Fällen handelt es sich um sehnsuchtsvoll ausformulierte Gedanken an den entfernten Geliebten, um eine emphatische Geistesbewegung folglich, die mit der Kathedralenarchitektur des musikalischen Satzes in völligem Einklang steht. Wie bravourös Verdi überlieferte Formmodelle mit grosser szenischer Wirkung zu verbinden wusste, zeigt die zweite Scena ed Aria der Leonora im siebten Bild. Nachdem diese von Ruiz zum Gefängnisturm gebracht worden ist, in dem Manrico festsitzt, hofft sie – vertont als Cantabile – auf die Kraft der Liebe zur Rettung ihres gemeinsamen Glücks. Für den Übergang zur abschliessenden Cabaletta setzt der Komponist einen Männerchor ohne Orchesterbegleitung hinter der Bühne ein, ein «Miserere» der Mönche aus einer angrenzenden Kapelle, das die räumliche Dimension schlagartig weitet und Leonora mit dem Hinweis auf Manricos bevorstehenden Tod aus den Träumen reisst. Doch noch während Leonora den entfernten Gesang kommentiert, vernimmt sie von anderer Seite die Stimme des Geliebten, der in seiner Zelle vom Leben Abschied nimmt. Verdi setzt hier nicht nur klar profilierte Kirchenmusik und Troubadourlyrik gegeneinander und verschraubt am Ende beides mit dem Kommentar der allein auf der Bühne befindlichen Protagonistin, er erzielt auch mit der Gleichzeitigkeit dreier Klangereignisse an unterschiedlichen Orten eine Weitung des akustischen Raumes, die in der Operngeschichte ihresgleichen sucht. Der Gesang des Troubadours wiederum löst bei Leonora neuen Mut aus und motiviert damit die folgende
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Cabaletta, die den Triumph der Liebe über das Leben feiert. Nicht nur in diesem Moment lässt sich die fast manische Fixierung Leonoras auf ein Gegenüber ausmachen, das sie zwar kaum kennt, dem sie sich aber völlig anvertraut. In einer Welt, die sich als gewaltdominiertes, rechtfreies Chaos präsentiert und die permanente Flucht vor den Nachstellungen eines ungeliebten Potentaten erfordert, bleibt Leonora nur eine Hoffnung: Manrico.
AZUCENA: EIN MENSCH IN NOT
Im Zentrum der Oper steht Azucena. Sie ist einerseits die originellste Figur des Stücks, entspringt keinen Gattungstraditionen und weist die differenzierteste psychologische Ausarbeitung auf. Andererseits manifestiert sich an ihr auf exemplarische Weise die Wirkung gegenseitiger Rachereflexe: Sie befördert diese und wird gleichzeitig ihr Opfer. Dabei legten die Autoren besonderen Wert darauf, die von ihr begangenen Verbrechen mit einem Kindheitstrauma zu erklären, das sich den herrschenden Verhältnissen verdankt. Dementsprechend nimmt ihre Erzählung im dritten Bild nicht nur einen breiten Raum ein, sie erhält auch eine ganz individuelle musikalische Gestalt. Verdi gliedert Azucenas Racconto nach der einleitenden Scena in sechs Abschnitte, die jeweils eigene erkennbare Motive und Strukturen ausprägen – wobei auch die inhaltlich verbundene Auftritts-Canzona der Figur anklingt –, aber im fliessenden Übergang immer dicht am Berichteten bleiben. Dass sich Azucena bei der Erinnerung der vergangenen Ereignisse zunehmend verliert und am Ende erst wieder zu sich kommen muss – mit chromatischen Auf- und Abwärtsbewegungen sinnfällig illustriert –, verdeutlicht das Ausmass der ihr damit zugefügten Beschädigung. Nicht zufällig verknüpften die Autoren mit zwei klar ausformulierten Höhepunkten den Racheruf der
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sterbenden Mutter mit der Erkenntnis ihrer Tochter, das eigene Kind getötet zu haben. Hier beweist sich die Relevanz der Vergangenheit für die Gegenwart: Ein Gewaltakt bleibt selten ohne Konsequenz für den Täter. Zur Tragödie Azucenas gehört neben dem Vergeltungszwang ihre Mutterliebe, die sie uneingeschränkt von ihrem eigenen toten Kind auf den heimlichen Stiefsohn Manrico überträgt. Die Spannung zwischen den gegensätzlichen Anforderungen der vorausgehenden und nachfolgenden Generation prägt ihre gesamte Existenz. Obgleich Verdi einerseits die krankhafte Obsession Azucenas benötigte, um sie als Mörderin beider Kinder zu entschuldigen – ihren eigenen Sohn stösst sie versehentlich in die Flammen, Manrico bewahrt sie nicht mit einer rechtzeitigen Aufklärung des Conte di Luna vor der Hinrichtung – lag ihm andererseits sehr daran, sie am Ende der Oper, im Augenblick des Rachetriumphs, nicht wahnsinnig erscheinen zu lassen. Warum? Azucena sollte kein pathologischer Fall werden, sondern ein Paradigma bleiben: das Beispiel eines normalen Menschen, der unter dem Eindruck von Gewalt selbst gewalttätig wird.
IL CONTE DI LUNA: EIN BÖSEWICHT PAR EXCELLENCE
Das charakterliche Pendant zu Azucena bildet der Conte di Luna. Wie jene hat er mit einem Kindheitstrauma zu kämpfen, das ihn womöglich prägte, aber in der Gegenwart kaum mehr beschäftigt. Mit seiner aggressiven Leidenschaft zu Leonora und seinem blinden Hass auf Manrico steht er zwar grundsätzlich in der illustren Tradition der Baritonbösewichte, doch gleicht er vielmehr der affektgesteuerten Herrscherfigur einer Barockoper. Der Grund für diese Eindimensionalität, die den Conte di Luna auffällig abhebt etwa von Rigoletto und Giorgio Germont, den Äquivalenten der direkt vor und nach Il trovatore entstandenen Opern, und die der Librettist gegenüber der literarischen Vorlage noch mit zusätzlicher Bru-
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talität und Rücksichtslosigkeit anreicherte, liegt in seiner Funktion als Kontrastfolie für Azucena begründet. Während diese als ein Opfer der dargestellten Verhältnisse erscheint, übernimmt er die Rolle des Täters, dessen Hybris in der Herausforderung Gottes gipfelt: «Selbst er kann mir die Geliebte nicht rauben», triumphiert der Conte bei der Realisierung seines Planes, Leonora noch während der Nonnenweihe zu entführen. Gerade aber weil er im Gegensatz zur Zigeunerin grundsätzlich frei und mächtig ist, beweist sich an ihm die Möglichkeit zur guten Tat.
MANRICO: DER ERFOLGLOSE RETTER
Eine ebenso konventionell angelegte wie originell ausgeführte Figur gibt Manrico als Tenor ab. Stehen seine Liebe zum Sopran, seine Unfähigkeit zur Verwirklichung eines gemeinsamen Glücks und der eigene Untergang ganz in der Gattungstradition, so überrascht zunächst seine anachronistische Künstlerexistenz, die ihn einerseits ebenso zum gesellschaftlichen Aussenseiter macht wie Azucena und andererseits die Schnittmenge bildet aus seiner aristokratischen Abkunft und seiner Sozialisierung als Zigeunerjunge. Vor allem aber gerät Manrico im Laufe des Stückes zur Projektionsfläche für die Sehnsüchte aller ihn umgebenden Figuren: Leonora sieht in ihm ihren Retter, Azucena ihren Kindersatz, der Conte di Luna den Schuldigen für seine Liebesnöte. So erscheint er zunehmend aufgerieben und zerrissen zwischen diversen Aufträgen und Herausforderungen. Nicht zufällig korrespondiert das dritte Bild mit dem sechsten. Im ersten Fall verlässt Manrico, noch schwer verletzt vom letzten Kampf mit dem Conte di Luna, gegen den Willen der Mutter sein Lager, um die Geliebte von einer unbedachten Tat abzuhalten; im zweiten muss er kurz vor der Trauung mit Leonora losziehen, um Azucena aus den Händen seines Gegners zu befreien. Die Pole seiner Existenz, die Konflikte zwischen seinen
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Verpflichtungen gegenüber Leonora und Azucena verdichten sich in Manricos Scena ed Aria am Ende des sechsten Bildes. Während das Cantabile ein Bekenntnis zur Geliebten über den Tod hinaus formuliert, fungiert die Cabaletta als ein Schlachtruf zur Rettung der Mutter. Immer wieder erscheint der Troubadour als ein Gehetzter, dem es letztlich nicht gelingt, den Lauf der Dinge aufzuhalten.
EINE STRENG ORGANISIERTE FÜLLE AN MELODIEN
Zu den Eigentümlichkeiten der Partitur gehört ein vielgerühmter Melodienreichtum, der auf Verdis Verfahren beruht, bei Ensembles jedem Teilnehmer eine individuelle Stimme zu verleihen, anstatt, wie bis dahin üblich, dasselbe Thema auch von unterschiedlichen Figuren aufgreifen zu lassen. Das zeigt sich exemplarisch etwa in dem Duett Manrico – Azucena im dritten Bild, wo der Komponist sowohl im Cantabile als auch in der Cabaletta die gegensätzlichen Standpunkte mit stark kontrastierenden Einfällen ausformuliert. Dabei einigen sich die streitenden Parteien am Ende in beiden Abschnitten auf einen gemeinsamen Gedanken: Zunächst gibt Manrico dem Drängen seiner Mutter nach, später muss diese den Sohn gegen ihren Willen ziehen lassen. Diese Vielfalt der Vertonung kam zwar einerseits dem auch die Dramaturgie der Oper prägenden Prinzip der «varietà» entgegen, doch musste Verdi andererseits auch vor dem Hintergrund der disparaten Handlungsführung in besonderem Masse für einen inneren Zusammenhalt der Partitur sorgen. So legte er etwa mit Bezug auf die beiden gegensätzlichen Frauenrollen unterschiedliche Parameter fest, die er im Laufe der Komposition konsequent beibehielt. Dementsprechend beansprucht Leonora vorzugsweise B-Tonarten sowie einen geraden Takt, während sich Azucena hauptsächlich in Dreierrhythmen sowie in e-Moll und a-Moll beziehungsweise G-Dur äussert. Die beiden Sphären, in welchen die Frauen leben, heben sich folglich
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nicht nur gesellschaftlich, sondern auch musikalisch voneinander ab. Zudem mass Verdi der Feuermetapher, der im Libretto eine wichtige Rolle zukommt, eine kaum weniger grosse Bedeutung in der Partitur bei. Die Gesangslinie Azucenas zeichnet sich in deren Canzone Stride la vampa etwa ebenso durch eine melodische Flammenassoziation aus wie diejenige Manricos in dessen Cabaletta Di quella pira, zumal in beiden Fällen Feuer explizit erwähnt wird.
EIN MEISTERWERK MIT UNGEBROCHENER RELEVANZ
Noch während der Arbeit an der Oper beschäftigte sich der Komponist mit den Möglichkeiten ihrer Uraufführung. Nachdem Verhandlungen zunächst mit dem Teatro Comunale di Bologna, später mit dem Teatro San Carlo di Napoli gescheitert waren, wandte sich Verdi im Juni an Vincenzo Jacovacci, den Impresario des Teatro Apollo in Rom. Höchste Priorität besass dabei die Frage der Sängerbesetzung. Als Elena Rosina Penco für die Partie der Leonora und eine ebenbürtige Primadonna für diejenige der Azucena zugesichert werden konnten, genehmigte Verdi die Produktion an jenem Haus. Die Komposition entstand vorwiegend im Herbst 1852 und wurde Anfang Dezember abgeschlossen. Am 19. Januar 1853 ging das Werk erstmals vor Publikum über die Bühne und geriet zu einem ebenso triumphalen wie anhaltenden Erfolg. Erst später traf die Oper das Verdikt der Unverständlichkeit, ein Vorwurf, der mit der Kategorie der Wahrscheinlichkeit am Kern des Werkes vorbeizielt. Wer die dem Zeitgeschmack verpflichteten äusseren Elemente beiseite lässt und sich auf das innere Drama konzentriert, erkennt in Il trovatore eine exemplarische Belcanto-Oper, die mit ausdrucksstarkem Schöngesang aktuelle Realitäten beschreibt: die Verlorenheit des Menschen in einer aus den Fugen geratenen Welt. Christian Kipper
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BIOGRAFIEN MARKUS BOTHE REGIE
studierte Musiktheaterregie in Hamburg und brachte an zahlreichen Häusern, darunter die Deutsche Oper Berlin, die Staatsoper Stuttgart, die Semperoper Dresden, die Washington National Opera, die Opéra national du Rhin in Strassburg, die Oper Köln, das Schauspiel Frankfurt, das Düsseldorfer Schauspielhaus und das Deutsche Schauspielhaus Hamburg sowohl Musiktheater- als auch Schauspielproduktionen auf die Bühne. Zu seinen Arbeiten gehören zahlreiche Ur- und Erstaufführungen, darunter Franz Schrekers Flammen und Salvatore Sciarrinos Infinito Nero. Für seine Frankfurter Inszenierung von Roter Ritter Parzival wurde er 2010 mit dem Deutschen Theaterpreis «Der Faust» in der Kategorie «Regie Kinder- und Jugendtheater» ausgezeichnet. Markus Bothe war von 2004 bis 2008 Mitglied der künstlerischen Leitung und Festivalmanager der Theaterbiennale «Neue Stücke aus Europa» am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. Für Konzert Theater Bern inszenierte er bereits die beiden Schauspiele Mass für Mass und Cyrano de Bergerac sowie die Opern Das schlaue Füchslein, Rusalka und Le nozze di Figaro. Zu seinen letzten Arbeiten zählen Neuproduktionen von Norma und Il ritorno d’Ulisse in patria am Nationaltheater Mannheim.
ANDRES DEL CASTILLO UN MESSO
stammt aus Peru, studierte Gesang am Conservatorio Nacional de Música in Lima und absolvierte ein Aufbaustudium am Königlichen Konservatorium für Musik in Madrid. Weitere Studien folgten bei Dennis Hall in Bern und Umberto Finazzi in Italien. 1997 gab er sein Debüt in der Rolle des Siébel in Faust. Engagements führten ihn an die Theater in Luzern und St. Gallen, zudem trat er bei Konzerten in Salzburg und Rom auf. Als Ensemblemitglied des Chores Konzert Theater Bern war er bereits als Offizier und Perückenmacher in Ariadne auf Naxos sowie in den Neuproduktionen von Salome, Die Zauberflöte, Un ballo in maschera und Im weissen Rössl solistisch auf der Bühne zu erleben.
KATHRIN FROSCH BÜHNE
studierte Theatre Design an der Slade School of Fine Art in London und ist seit 1994 freiberuflich für Film, Fernsehen und Theater tätig. Engagements führten sie u.a. an Häuser in Hannover, Stuttgart, Hamburg, Berlin, Leipzig, Köln, Frankfurt und Basel. Dabei arbeitete sie mit renommierten Regisseuren wie etwa Konstanze Lauterbach, Christoph Schlingensief, Armin Petras und Sebastian Baumgarten zusammen. 2011 war sie mit der Produktion Der Kirschgarten von Anton Tschechow am Schauspiel Köln in der Regie von Karin Henkel zum Theatertreffen eingeladen. Daneben erhielt sie Einladungen zu Workshops und Gastdozenturen vom Goethe-Institut in Santiago de Chile, dem Theatertreffen und der Akademie der Darstellenden Künste Maastricht. Kathrin Frosch, die von der Zeitschrift «Theater heute» mehrfach für das beste Bühnenbild nominiert wurde, wirkte in Bern bereits bei der Produktion der Schauspiele Beute Mensch und Cyrano de Bergerac sowie der Oper Le nozze di Figaro mit. Zuletzt entwarf sie für Konzert Theater Bern die Bühne für die Neuinszenierung von Don Giovanni.
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FRITZ GNAD VIDEO
arbeitet als Motion Designer und Medienkünstler an den Schnittstellen von Design, Film und audiovisueller Gestaltung im Raum. Neben künstlerischen Produktionen für Festivals, Fernsehen und Bühnen, erforscht er experimentelle und interaktive Installationsformen. Fritz Gnad lebt und arbeitet in Köln.
JOCHEM HOCHSTENBACH MUSIKALISCHE LEITUNG
stammt aus den Niederlanden und studierte Klavier in Utrecht, Freiburg und Prag sowie Dirigieren bei Uroš Lajovic an der Hochschule für Musik in Wien. Ab 1997 arbeitete er für fünf Jahre als Korrepetitor, Kapellmeister und zuletzt als Assistent des Generalmusikdirektors Dennis Russell Davies am Landestheater Linz, wo er zahlreiche Produktionen leitete. 2004 wechselte er als Erster Kapellmeister und Stellvertreter des Generalmusikdirektors ans Badische Staatstheater Karlsruhe. Daneben gastierte er in Lübeck, Münster, Augsburg, Gera, Detmold und Oldenburg. Seit 2012 ist Jochem Hochstenbach Musikalischer Leiter der Sinfoniekonzerte beim Festival Esterházy. Auf dem Konzertpodium stand er Formationen wie dem Bruckner-Orchester Linz, der Badischen Staatskapelle Karlsruhe, dem Radio-Symphonieorchester Wien, dem BBC Concert Orchestra, der Camerata Salzburg, der Slowakischen Philharmonie, der Philharmonie Thüringen und der Neubrandenburger Philharmonie vor. Gastverpflichtungen für Oper und Konzert führten ihn nach Italien, Japan, Korea und Taiwan. Seit der Saison 2016.2017 ist er Erster Kapellmeister bei Konzert Theater Bern, wo er bisher die musikalische Leitung bei den Produktionen Callas, Faust, The Turn of the Screw und Anna Karenina übernahm.
JUSTINA KLIMCZYK KOSTÜME
stammt aus Polen und studierte Bühnen- und Kostümbild bei Jürgen Rose in Stuttgart. Es folgten feste Ausstattungsassistenzen am Schauspiel Stuttgart und am Thalia-Theater in Hamburg. Seit 2003 arbeitet Justina Klimczyk als freie Kostüm- und Bühnenbildnerin in den Bereichen Oper und Schauspiel. Engagements führten sie u.a. an die Staatsoper Stuttgart und die Komische Oper Berlin sowie an Schauspielhäuser in Düsseldorf, Bochum, Graz, Frankfurt, Dresden und Hamburg. Bei Konzert Theater Bern wirkte sie zusammen mit Markus Bothe bereits bei den Produktionen Das schlaue Füchslein, Rusalka und Le nozze di Figaro sowie Cyrano de Bergerac mit. Zu ihren letzten Arbeiten gehören die Kostümbilder zu Produktionen von Norma und Il ritorno d’Ulisse in patria am Nationaltheater Mannheim sowie von Krabat bei Konzert Theater Bern.
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LANA KOS LEONORA
stammt aus Kroatien und erhielt ihre Gesangsausbildung an der Musikakademie in Zagreb. Bereits mit siebzehn Jahren debütierte sie als Königin der Nacht in Die Zauberflöte am Kroatischen Nationaltheater in Zagreb, eine Rolle, die sie kurz danach auch am Nationaltheater in Ljubljana interpretierte. Nach ihrem Studium folgte ein Festengagement an die Bayerische Staatsoper, wo sie mit Partien wie Najade in Ariadne auf Naxos, Frasquita in Carmen, Karolka in Jenůfa, Gretel in Hänsel und Gretel, Papagena in Die Zauberflöte und Tebaldo in Don Carlo zu erleben war. Die Preisträgerin verschiedener Wettbewerbe arbeitete mit Dirigenten wie Kent Nagano, Marco Armiliato, Fabio Luisi, Kirill Petrenko und Daniele Gatti zusammen. Zu ihrem umfangreichen Repertoire zählen Rollen wie Manon, Violetta in La traviata, Mimì in La Bohème, Juliette in Roméo et Juliette, Lucia, Desdemona in Otello, Rosina in Il barbiere di Siviglia, Luisa Miller, Donna Anna in Don Giovanni, Leonora in Il trovatore und Elvira in Ernani. Internationale Gastengagements führten sie u.a. an Opernhäuser in Madrid, Tel Aviv, Athen, Palermo, Bejing, São Paulo, Verona, Stockholm, Triest, Maribor, Florida und Split. Zuletzt war Lana Kos als Leonora auf Bühnen in Belgrad und Graz sowie als Marguerite in Faust am Opernhaus in Vilnius zu erleben.
YOUNG KWON FERRANDO
wurde in Seoul geboren, studierte Gesang am Konservatorium seiner Heimatstadt und absolvierte anschliessend die Opernschule der Hochschule für Musik in Frankfurt. Meisterkurse bei Theo Adam und Christoph Prégardien, ein Diplom an der Accademia Chigiana bei Renato Bruson sowie die Liedklasse von Hartmut Höll und Mitsuko Shirai in Karlsruhe rundeten seine Ausbildung ab. Nach Gastauftritten am Hessischen Staatstheater Wiesbaden folgte er 2006 für sechs Jahre einem Festengagement an die Staatsoper Hannover, wo er u.a. Banco in Macbeth und Osmin in Die Entführung aus dem Serail interpretierte. Es folgten Einladungen an das Theater Erfurt, zum Burgfest Schwerin und zu den Opernfestspielen Heidenheim sowie an das Landestheater Niederbayern. Von 2015 bis 2017 trat er als Ensemblemitglied am Theater Augsburg u.a. als Lindorf, Coppélius, Dr. Miracle und Dapertutto in Les Contes d’Hoffmann, als Boris Ismailow in Lady Macbeth von Mzensk und als Dulcamara in L’elisir d’amore auf. Seit der Saison 2017.2018 gehört Young Kwon fest zum Ensemble von Konzert Theater Bern, wo er bereits als Sarastro in Die Zauberflöte für Kinder, als Il Commendatore in Don Giovanni und als Graf Karenin in Anna Karenina zu hören war.
MARTIN MUEHLE MANRICO
wurde in Porto Alegre geboren und erhielt seine Ausbildung an der Musikhochschule in Lübeck. Ab 2013 gehörte er für zwei Spielzeiten fest zum Ensemble des Nationaltheaters Mannheim, wo er wichtige Rollen seines Faches wie Faust in La Damnation de Faust, Gabriele Adorno in Simon Boccanegra, Calaf in Turandot, Pinkerton in Madama Butterfly, Don José in Carmen und Stiffelio interpretierte. Gastengagements führten ihn zum Teil regelmässig auf Bühnen in St. Gallen, Köln, Bielefeld, Detmold, Freiburg, Berlin, Graz und Verona. Dabei war er mit Partien wie Faust in Mefistofele, Fritz in Der ferne Klang, Pollione in Norma, Arrigo in I vespri siciliani, Lohengrin und Andrea Chénier auf der Bühne zu erleben. Auch wirkte er 2017 als Don José bei der Neuproduktion von Carmen bei den Bregenzer Festspielen mit. In grossen Metropolen Südamerikas wie Brasilia, São Paolo, Buenos Aires und La Plata verkörperte der Sänger u.a. Des Grieux in Manon Lescaut, Turiddu in Cavalleria rusticana, Alfonso in Violanta, Siegmund in Die Walküre und Guido in Eine florentinische Tragödie. Vor kurzem stand Michael Muehle als Maurizio in Adriana Lecouvreur neben Angela Gheorghiu auf der Bühne des Teatro Massimo in Palermo.
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AMBER OPHEIM INES
stammt aus den USA, erhielt ihre Gesangsausbildung an der DePaul University in Chicago und sammelte Bühnenerfahrungen an der Portland Opera, der Music Academy of the West und der Chautauqua Institution. Auch war sie Preisträgerin beim Lotte-Lenyawettbewerb der Kurt-Weill-Stiftung sowie bei den Opernfestspielen in Bad Hersfeld. Seit 2010 tritt sie als freischaffende Künstlerin in den Bereichen Oper, Operette, Musical und Konzert zwischen Barock und Neue Musik im gesamten deutschsprachigen Raum auf. Engagements führten sie dabei u.a. zum Lucerne Festival, an das Konzerthaus Wien, die Rheinische Philharmonie, die Philharmonie Luxembourg, zum Berner Sinfonieorchester, zum Sinfonieorchester Liechtenstein, an das Theater Koblenz und die Operettenbühne Vaduz. Ihr Repertoire umfasst wichtige Partien ihres Faches wie etwa Ellen Orford in Peter Grimes, Marie in Die verkaufte Braut, Saffi in Der Zigeunerbaron, Donna Elvira in Don Giovanni, La Contessa Almaviva in Le nozze di Figaro, Erste und Zweite Dame sowie Pamina in Die Zauberflöte, Marguerite in Faust, Musetta in La Bohème, Die Erzählerin in The Rape of Lucretia sowie die Hauptpartie in Hello, Dolly! Seit der Saison 2016.2017 ist sie Mitglied des Chores Konzert Theater Bern.
DAVID PARK UN VECCHIO ZINGARO
stammt aus Seoul und studierte Gesang am Konservatorium seiner Heimatstadt sowie am Citrus College in Kalifornien und an der California State University in Fullerton. 2004 folgte eine Ausbildung in Musikdramatischer Darstellung in Graz. Ab 2007 erhielt der Bariton Unterricht bei Christine Whittlesey, ab 2009 bei Claudia Rüggeberg. Im Berliner Theater im Palais wirkte er unter anderem als Dr. Körner bei der Uraufführung von Mia Schmidts Oper Der Fall Franza, als Conte Almaviva in Le nozze di Figaro und als Don Giovanni in der gleichnamigen Oper von Mozart mit. Im Haus für Musik und Musiktheater der Kunstuniversität Graz trat er als Al Kasi in Hans Werner Henzes L’Upupa und der Triumph der Sohnesliebe, als Kaiser in Le Rossignol von Igor Strawinsky sowie als Gianni Schicchi in der gleichnamigen Oper von Giacomo Puccini auf. Auch war er als Germano in La scala di seta von Gioacchino Rossini im Grazer Musikverein zu erleben. Seit der Saison 2015.2016 ist er Mitglied des Chores Konzert Theater Bern und war zuletzt als Fürst Schtscherbatzky in Anna Karenina solistisch auf der Bühne zu erleben.
AGNIESZKA REHLIS AZUCENA
stammt aus Polen und studierte Gesang an der Karol-Lipiński-Musikakademie in Breslau. Meisterkurse bei Krystyna Szostek-Radkowa, Adele Stolte, Christian Elsner und Gerhard Kahry rundeten ihre Ausbildung ab. Von 1996 bis 2007 war sie als festes Ensemblemitglied an der Oper Breslau in Rollen wie Fenena in Nabucco, Maddalena in Rigoletto, Siébel in Faust, Cherubino in Le nozze di Figaro und Dorabella in Così fan tutte zu erleben. 2003 debütierte sie am Grossen Theater in Warschau als Fenena, später verkörperte sie dort auch Azucena in Il trovatore, den Komponisten in Ariadne auf Naxos, Maffio Orsini in Lucrezia Borgia und Lisa in Die Passagierin von Weinberg. 2014 übernahm die Sängerin bei der Neuproduktion von Die Passagierin bei den Bregenzer Festspielen die Partie der Hannah, eine Rolle, die sie in Folge auch am Lincoln Center New York und an der Houston Opera interpretierte. Besondere Aufmerksamkeit widmet Agnieszka Rehlis dem Schaffen Krzysztof Pendereckis, unter dessen Leitung sie in vielen seiner Kompositionen mitwirkte, so etwa im Te Deum, Credo, Polnischen Requiem sowie in seiner siebten und achten Sinfonie.
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NAZARIY SADIVSKYY RUIZ
stammt aus der Ukraine und erhielt zunächst eine Ausbildung in Klavierspiel und Gesang, bevor er 2006 ein Gesangsstudium an der Nationalen Ukrainischen Musikakademie in Kiew aufnahm. Zwischen 2008 und 2012 wirkte er bei mehreren Konzertreisen mit dem Kiewer Symphonieorchester nach Kanada, USA, Polen, Kirgisien und Estland mit. Als Mitglied des Opernstudios an der Nationalen Ukrainischen Musikakademie interpretierte er Partien wie Lensky in Eugen Onegin und Don Basilio in Le nozze di Figaro. 2016 nahm er am Festival der jungen Stimmen in der Schweiz teil, worauf Auftritte in Basel, Bern (Kulturcasino) und Zürich (Tonhalle) folgten. In demselben Jahr nahm Nazariy Sadivskyy ein Engagement als Ensemblemitglied an der Staatsoper Kiew an, auch war er mehrfach bei der Kammerphilharmonie Graubünden – zuletzt als Belmonte in Die Entführung aus dem Serail – zu Gast. Seit der Saison 2017.2018 gehört der Sänger fest zum Ensemble von Konzert Theater Bern, wo er bereits als Tamino in Die Zauberflöte für Kinder und Leutnant Jaschwin in Anna Karenina zu erleben war.
JORDAN SHANAHAN IL CONTE DI LUNA
wurde auf Hawaii geboren und studierte zunächst Posaune und Komposition, bevor er an der Universität seiner Heimatstadt eine Gesangsausbildung aufnahm. Weitere Studien folgten u.a. an der Temple University in Philadelphia, am Opernstudio der Nederlands Opera und am Ryan Opera Center der Lyric Opera of Chicago. Inzwischen gastierte er an renommierten Häusern wie etwa der Metropolitan Opera New York, der Lyric Opera of Chicago, dem Teatro San Carlo in Neapel und der Bayerischen Staatsoper München. Zu seinen wichtigsten Partien zählen Figaro in Il barbiere di Siviglia, Germont in La traviata, Marcello in La Bohème, Scarpia in Tosca, Ecamillo in Carmen sowie Alberich in Der Ring des Nibelungen. Jordan Shanahan gewann erste Preise bei diversen Gesangswettbewerben, auch erhielt er für seine Interpretation des Rigoletto 2015 am Opera Theatre of St. Louis die Auszeichnung «Outstanding Actor in a Musical Drama». Zuletzt war er als Telramund in Lohengrin, Figaro in Le nozze di Figaro und Wolfram von Eschenbach in Tannhäuser bei Konzert Theater Bern sowie als Scarpia in Tosca und Graf Andrae Vitelozzo Tamare in Die Gezeichneten am Theater St. Gallen auf der Bühne zu erleben.
technischer direktor Reinhard zur Heiden leiter bühnenbetrieb Claude Ruch leiter werkstätten Andreas Wieczorek leiterin kostüm und maske Franziska Ambühl produktionsleiterin bühnenbild Konstantina Dacheva produktionsleiterin kostüm Maya Däster bühnenmeister Vinzenz Kocher schnürmeister Jürg Streit, Roger Grandi tontechnik Urs Haller, Peter Teszas videotechnik Michael Ryffel requisite Barbara Salchli dekoration Vinzenz Herrmann maske Carmen Maria Fahrner, Sibylle Langeneck, Heike Bechtold Die Ausstattung wurde in den Werkstätten und Ateliers von Konzert Theater Bern hergestellt. co-leitung malsaal Susanna Hunziker, Lisa Minder leiter schreinerei Markus Blaser leiter schlosserei Marc Bergundthal leiter dekoration Daniel Mumenthaler leiterin maske Carmen Maria Fahrner gewandmeisterinnen Mariette Moser, Gabriela Specogna leiter requisite Thomas Aufschläger leiter beleuchtung Jürgen Nase leiter audio und video Bruno Benedetti
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NACHWEISE IMPRESSUM TEXTNACHWEISE Der Text «Explosiver Belcanto» ist ein Originalbeitrag von Dr. Christian Kipper für dieses Heft. Gerhard, Anselm: Giuseppe Verdi, München, Beck, 2012 Gerhard, Anselm und Uwe Schweikert (Hrsg.): Verdi-Handbuch, 2. Auflage, Stuttgart, Metzler, 2013 Meier, Barbara: Giuseppe Verdi, Reinbek, Rowohlt, 2000 Schweikert, Uwe: «Das Wahre erfinden». Verdis Musiktheater, Würzburg, Königshausen & Neumann, 2013
BILDNACHWEISE Die Klavierhauptprobe am 15. Januar 2018 wurde fotografiert von Philipp Zinniker.
KONZERT THEATER BERN intendant Stephan Märki konzert- und operndirektor Xavier Zuber spielzeit 2017.2018 redaktion Dr. Christian Kipper konzept und gestaltung formdusche, Berlin layout Murielle Bender, Konzert Theater Bern druck Haller + Jenzer AG, 3400 Burgdorf Redaktionsschluss 18. Januar 2018 | Änderungen vorbehalten. Liebe Besucherinnen und Besucher! Bitte achten Sie darauf, dass Ihr Mobiltelefon während der Vorstellung ausgeschaltet bleibt. Bild- und Tonaufnahmen sind nicht gestattet. Besten Dank für Ihr Verständnis. Preis: chf 5,– im Vorverkauf und an der Abendkasse
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? L E Z T I RVENKLEND EINFACH!
E E N NS – SPI U I E B R BESSE
ROULETTE, BLACK JACK, POKER & SLOTMACHINES Ab 18 Jahren. Ausweispflicht