Das Resort – Ein Singspiel über das tragische Ende der Selbstoptimierung

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schauspiel

DAS RESORT EIN SINGSPIEL ÜBER DAS TRAGISCHE ENDE DER SELBSTOPTIMIERUNG

JÜRG HALTER & ELIA REDIGER

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Irina Wrona, Nico Delpy


DAS RESORT EIN SINGSPIEL ÜBER DAS TRAGISCHE ENDE DER SELBSTOPTIMIERUNG

JÜRG HALTER & ELIA REDIGER Uraufführung

PREMIERE 04. April 2019, Vidmar 1

Partner Maske Aesop & Dr. Hauschka

DAUER DER VORSTELLUNG ca. 2 h 30 min, eine Pause


BESETZUNG regie Antje Schupp musikalische leitung Ken Mallor bühne Christoph Rufer kostüme Diana Ammann licht Rolf Lehmann video Jonas Mettler, Michael Ryffel dramaturgie Fadrina Arpagaus regieassistenz & abendspielleitung Natalie Broschat regiehospitanz Jan Müller bühnenbildassistenz Kim Zumstein bühnenbildhospitanz Ellen Luginbühl kostümassistenz Anina Eberhard soufflage Gabriele Suremann inspizienz Miklós Ligeti

technischer direktor Reinhard zur Heiden leiter bühnenbetrieb Claude Ruch leiter werkstätten Andreas Wieczorek leiterin kostüm und maske Franziska

Ambühl produktionsleiterin bühnenbild Konstantina Dacheva produktionsleiterin kostüm Sarah Stock bühnenmeister David Glöckner tontechnik Carlos Aguilar, Breandan Davey, Valentin Mayans requisite Gabriela Hess maske Anja Wiegmann, Martina Jans Die Ausstattung wurde in den Werkstätten und Ateliers von Konzert Theater Bern hergestellt. co-leitung malsaal Susanna Hunziker, Lisa Minder leiter schreinerei Markus Blaser leiter schlosserei Marc Bergundthal leiter dekoration Daniel Mumenthaler leiterin maske Carmen Maria Fahrner gewandmeisterinnen Mariette Moser, Irene Odermatt, Gabriela Specogna leiter requisite Thomas Aufschläger leiter beleuchtung Bernhard Bieri leiter audio und video Bruno Benedetti leiter vidmar Marc Brügger

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sebastian, concierge Nico Delpy john c. (cosmopolitan), ceo eines weltkonzerns Stefano Wenk andy, künstler Gabriel Schneider charda, psychologin & politikwissenschaftlerin Florentine Krafft karl, arbeitsloser Bernhard Schneider mustafa, küchenhilfe Luka Dimic frau merther, vorstandsmitglied eines technologieunternehmens Irina Wrona ha, chinesischer integrationswissenschaftler Grazia Pergoletti smartphone, namenloses, selbständiges wesen wunschlos, reines, schönes, ideales kind das fortschritts-orchester Fióna-Aileen Kraege, Violine Matteo Burci, Kontrabass Gábor Horváth, Klarinette, Flöte Norihito Nishinomura, Fagott, Otamaton Milko Raspanti, Trompete Stanley Clark, Posaune, Tuba Mihaela Despa, Marimba, Perkussion Nicolas Stocker, Schlagzeug, Drumcomputer Luk Zimmermann, Gitarre Ken Mallor, Piano, Synthesizer

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STÖSSCHEN, DUDE! Warum sich das Menschsein lohnt — ein Gespräch zum Stück

Ein Smartphone kann ganz schön unauffällig sein. Auch im Luxusresort fortschritt wird es von den übrigen Gästen erst einmal links liegen gelassen – zu sehr sind die Überlebenden des Bergsturzes mit dem Mangel an Netz und der Überfülle von Schlafmitteln beschäftigt. Die eigene Selbstabschaffung braucht ihre Zeit. Unbeaufsichtigt und effizient wie es ist, nutzt das Smartphone den Freiraum für ein Training in Menschlicher Interaktion (MI). Zum Treffen mit den morgenfrischen Herren Jürg Halter und Elia Rediger im Berner Café «Pyri» erscheint es gut eingestellt und frisch programmiert. Es sieht alles nach einer freundlichen Begegnung aus – auch wenn der erste Handshake aus technischen Gründen wegfällt. Smartphone: Herr Halter, Herr Rediger, ich möchte gleich zu Beginn einige Schwellenängste abbauen. Haben Sie sich denn schon einmal persönlich mit einem Smartphone unterhalten? Rediger: Ich habe heute in mein Smartphone gesprochen und gehofft, dass es die Person am anderen Ende der Leitung tatsächlich gibt. Aber ich weiss es bis jetzt nicht. Halter: Ich bin alte Schule. Ich rede noch mit Wänden und Bäumen, das fällt aber leider zunehmend auf. Überhaupt, eigentlich weiss ich gar nicht, was so smart an einem Smartphone sein soll …? Smartphone (erkennt den Angriff zwischen den Zeilen nicht): Ich weiss umgekehrt gar nicht, was ein Mensch ist. Sie haben mir eine Rolle in Ihrem Singspiel zugedacht, ja sogar den letzten Song zugeeignet: einen Abgesang auf die Menschheit. Aber was ist ein Mensch?

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Rediger: Ein Mensch ist ein Phantasiewesen, das singen kann – das wäre meine Definition. Halter: Ein Mensch ist die Wahnvorstellung eines Smartphones … Rediger: … ein digitaler Fiebertraum! Oh, ich glaube, das Smartphone ist gerade ein bisschen warm geworden. Es errötet …! Smartphone: Ich stelle einen Temperaturanstieg fest. Wir machen weiter. Soll der Mensch gerettet werden oder ist er unrettbar verloren? Halter: Auf sehr lange Sicht ist der Planet Erde sowieso unbewohnbar, Klimawandel hin- oder her. Ob es sich lohnt …? Da müssten wir in zwei Milliarden Jahren noch einmal zusammenkommen für eine Lagebesprechung. Smartphone: Haben Sie vor, unsterblich zu werden, Herr Halter? Halter: Nein danke. Vielleicht ein ausgelagertes Halter Ego von mir? Rediger: Also du meinst: digital sterben, aber analog überleben. Smartphone: Warum soll sich der Mensch optimieren? Soll er das überhaupt? Halter: Der perfekte Mensch bedeutet den Untergang der Menschheit. Er ist die Maschine, die keinen Schlaf mehr braucht, ewig jung bleibt, nicht mehr aufmuckt, nur noch funktioniert – das Ideal des Postkapitalismus. Aber was ist an einer Maschine noch menschlich? Smartphone: Lassen Sie mich die Optimierung von einer positiven Seite betrachten – man kann sich auch einen Menschen vorstellen, der sich besser erinnern kann, eine gesteigerte Kognition hat, empathischer auf andere reagiert, schneller komplexere Strukturen versteht, weniger leidet – ist ein solcher Mensch

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Ensemble

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«ACH, EWIGKEIT, DU GEILES GEFÜHL, GUTMENSCH, HEY, STELL UNS DEN CHAMPAGNER KÜHL.» Ha

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nicht eine wünschenswerte Entwicklung? Was ist so bedeutsam am gegenwärtigen Menschsein? Halter: Alle diese Fähigkeiten, die du jetzt genannt hast, Smartphone, kann man auch negativ auslegen. Es kann ziemlich anstrengend sein, sich an alle zu erinnern, die einem etwas angetan haben. Künstliche Intelligenz kann auch tödlich für uns alle werden. Bei KI-Waffensystemen, die autonom handeln könnten, wird mir schwarz vor Augen. Smartphone: Ist Ihr Stück eine Kritik an der Gegenwart oder an der Zukunft?

DAS KOMPLETTE PROGRAMMHEFT IST FÜR CHF 3,– AM Halter:VORSTELLUNGSABEND Das Stück ist eine Entschuldigung an die Zukunft. Smartphone: HerrODER Halter, Herr Rediger, sind Sie ein Algorithmus? AN DER Und wenn nicht, warum? BILLETTKASSE Rediger: Mein Kopf explodiert bei dieser Frage. Wenn ich mit ERHÄLTLICH. meinem Therapeuten spreche und an meiner Optimierung arRediger: Ich würde sagen, es ist ein Hoffnungsschimmer für den Moment, in dem alles bachab geht. Wir wollten der Menschheit vor dem Totalkollaps noch ein Werk widmen. Und der Künstlichen Intelligenz klarmachen, dass wir sie willkommen heissen – entweder als Alter Ego oder als Archiv.

beite, bekomme ich tatsächlich das Gefühl, dass ich erstaunlich algorithmisch aufgebaut bin. Smartphone: Hat das etwas mit Musik zu tun? Rediger: Ich glaube, Musik ist das einzige Chaos, das der Mensch noch vollumfänglich in sich aufnehmen kann. Die Geräuschhaftigkeit von Harmonien, ihre Umkehrungen, diese ganze symbiotische Sauce der Klänge – das ist eine Welt, in die der Mensch immersiv hineinschlüpfen und sagen kann: «Hier kann ich sein.»

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