berner symphonieorchester
NEUJAHRSKONZERT PARIS
Foto: © Alberto Venzago
WIR FÖRDERN MUSIK ! Werden Sie Mitglied im Verein Freunde des Berner Symphonieorchesters und gehören auch Sie zum exklusiven Kreis von kulturverbundenen Persönlichkeiten und Unternehmen, die durch Beiträge an das BSO das kulturelle Leben in Stadt und Kanton Bern unterstützen! WIR BERATEN SIE GERN! Freunde des Berner Symphonieorchesters c/o Konzert Theater Bern | Claudia Zürcher-Künzi | Nägeligasse 4 | 3011 Bern Tel 031 329 51 19 | claudia.zuercher@konzerttheaterbern.ch
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NEUJAHRSKONZERT PARIS
und ten adt merci! Für die langjährige Unterstützung unserer Konzerte bedanken wir uns bei der Burgergemeinde Bern. Dem Kanton Bern, der Stadt Bern, der Regionalkonferenz Bern Mittelland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft danken wir für die Subventionen.
NEUJAHRSKONZERT CHRISTOPH WILLIBALD GLUCK 1714–1787 Orchestersuite aus Armide (arr. von Mario Venzago, 2014) (1776) (18') GIOACCHINO ROSSINI 1792–1868 Ouvertüre zu Semiramide (1823) (12') NICCOLÒ PAGANINI 1782–1840 Variazioni di Bravura über ein Thema von Rossini aus der Oper Mosè in Egitto (Bearbeitung für Violoncello und Orchester von Fredrik Zeller, 2017) (10') FRITZ KREISLER 1875–1962 Liebesleid (publiziert 1910) (Bearbeitung für Violoncello und Orchester von Fredrik Zeller, 2017) (05') PAUSE
GEORGE GERSHWIN 1898–1937 An American in Paris (Schweizer Erstaufführung der ungekürzten Urfassung) (1928) (20') FLORENT SCHMITT 1870–1958 Rapsodie viennoise op. 53 / 3 (1903 / 04) (08') MAURICE RAVEL 1875–1937 La Valse. Poème chorégraphique pour orchestre (1906, 1919 / 20) (12')
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MARIO VENZAGO DIRIGENT & MODERATION MAXIMILIAN HORNUNG VIOLONCELLO BERNER SYMPHONIEORCHESTER ALEXIS VINCENT KONZERTMEISTER
KONZERTE Mo, 01. Jan 2018, 17:00 Di, 02. Jan 2018, 17:00 kursaal, arena
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MARIO VENZAGO CHEFDIRIGENT BERNER SYMPHONIEORCHESTER
Mario Venzago ist Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Berner Symphonieorchesters und Artist in Association bei der finnischen Tapiola Sinfonietta. Mario Venzago leitete als Chefdirigent bzw. Generalmusikdirektor das Musikkollegium Winterthur, das Orchester und das Theater der Stadt Heidelberg, die Deutsche Kammerphilharmonie Frankfurt (heute Bremen), die Grazer Oper und das Grazer Philharmonische Orchester, das Sinfonieorchester Basel, das Baskische Nationalorchester San Sebastián, Göteborgs Symfoniker und das Indianapolis Symphony Orchestra. Von 2000 bis 2003 war er als
Nachfolger von Pinchas Zukerman und David Zinman Künstlerischer Leiter des Baltimore Music Summer Fest. Von 2010 bis 2014 war er Principal Conductor der Royal Northern Sinfonia. Mario Venzago dirigierte u.a. die Berliner Philharmoniker, das Gewandhausorchester Leipzig, die Orchester von Philadelphia und Boston, das London Philharmonic Orchestra, das Orchestre Philharmonique de Radio France, die Filarmonica della Scala und das NHK Symphony Orchestra. Er ist regelmässiger Gast international renommierter Symphonieorchester (u.a. Finnish Radio Symphony Orchestra, Danish National Symphony Orchestra, Göteborgs Symfoniker und Nederlands Philharmonisch Orkest) sowie namhafter Kammerorchester wie der Tapiola Sinfonietta und des Orchestre de Chambre de Lausanne. Mario Venzago konzertierte mit den berühmtesten Solisten der Welt, darunter Martha Argerich, Gidon Kremer, Lang Lang, Radu Lupu, Anne-Sophie Mutter, Christian Tetzlaff, Jean-Yves Thibaudet, Maxim Vengerov, Thomas Zehetmair, Krystian Zimerman und Frank Peter Zimmermann. Mehrere seiner CDs wurden mit internationalen Preisen wie dem Grand Prix du Disque, dem Diapason d’or und dem Prix Edison ausgezeichnet. Die Einspielungen der Opern Venus und Penthesilea sowie die Aufnahme aller Chorwerke von Othmar Schoeck mit dem MDR Chor und Sinfonieorchester fanden grosse internationale Anerkennung und erhielten höchste Auszeichnungen, so auch sein erster Kinofilm, «Mein Bruder der Dirigent» von Alberto Venzago, der europaweit in den Kinos lief und auf DVD erschien. Im Frühjahr 2015 wurde das gemeinsame Projekt «Der andere Bruckner» von Mario Venzago und dem Label CPO mit der Gesamtaufnahme aller zehn Bruckner-Symphonien abgeschlossen. Die von der internationalen Kritik hoch gelobten Einzelveröffentlichungen ebenso wie die gesamte CD-Box und ein Dokumentarfilm sind bei CPO (www.jpc.de) erhältlich.
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MAXIMILIAN HORNUNG VIOLONCELLO
Der Verlauf der Karriere Maximilian Hornungs ist – wie der Künstler selbst – in vielerlei Hinsicht aussergewöhnlich. Er machte bereits in sehr jungen Jahren weitreichende Erfahrungen auf höchstem Niveau. Dieser Werdegang begann mit dem eingehenden Studium in Zürich und Berlin bei den renommierten Professoren Eldar Issakadze, Thomas Grossenbacher und David Geringas. Die intensive Auseinandersetzung mit Kammermusik führte 2007 mit dem Tecchler Trio, dem er bis 2011 angehörte, zum Gewinn des ARD-Wettbe-
werbs, einem der international bedeutendsten Wettbewerbe. Mit nur 23 Jahren wurde er Erster Solocellist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks – eine Position, die unter Cellisten zu den begehrtesten überhaupt zählt. Kurze, aber sehr prägende vier Jahre verbrachte Maximilian Hornung in diesem Spitzenorchester, bevor er sich entschloss, sich fortan ganz auf eine Karriere als Solist und Kammermusiker zu konzentrieren. Zweifellos traf er damit die richtige Entscheidung, denn in den letzten Jahren eroberte Maximilian Hornung mit seiner bestechenden Musikalität, einer instinktiven Stilsicherheit und mit einer außergewöhnlichen musikalischen Reife kontinuierlich die Konzertpodien dieser Welt. «Alles richtig gemacht», resümierte nicht nur das Magazin Crescendo. Zu den Höhepunkten der Saison 2017.2018 gehören Debüts beim MDR Sinfonieorchester unter Kristjan Järvi, beim Orchestre National de France unter Semyon Bychkov, bei der Tapiola Sinfonietta unter Mario Venzago und beim Swedish Radio Symphony Orchestra unter Daniel Harding. Ausserdem kehrt Maximilian Hornung zurück zum Berner Symphonieorchester unter Mario Venzago, zum Florida Orchestra unter Michael Francis, zur Kammerakademie Potsdam unter Antonello Manacorda und zum Münchener Kammerorchester, diesmal unter John Storgårds. Im September 2018 wird er künstlerischer Leiter des Festivals VivaCello in Liestal sein. Seine nicht nur aufgrund seines jungen Alters erstaunlich umfangreiche und vielseitige Diskographie umfasst sowohl Solokonzerte als auch äusserst prominent besetzte kammermusikalische Einspielungen bei Sony (ECHO Klassik-Preise 2011 und 2012), Genuin, Linn Records, NEOS, Bridge Records und CPO. Maximilian Hornung ist zum zweiten Mal zu Gast beim BSO unter Mario Venzago. Im Dezember 2015 spielte er das Cellokonzert von Victor Herbert.
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« LIFE IS A LOT LIKE JAZZ … IT’S BEST WHEN YOU IMPROVISE. » George Gershwin
PARIS Zweimal hatte der englische Musikgelehrte Charles Burney (1726–1814) in den 1760er-Jahren Paris besucht, um seinen beiden Töchtern vor Ort Französischunterricht zu ermöglichen. Nun, am 11. Juni 1770, traf er zum dritten Mal in der Stadt an der Seine ein, diesmal in der Absicht, Materialien für seine General History of Music zu sammeln, die ab 1776 in vier Bänden publiziert werden sollte. Sein besonderes Augenmerk galt dabei gerade auch dem Pariser Opernbetrieb, dem er in seinem Reisetagebuch indes ein erbärmliches Zeugnis ausstellte: In ganz Europa, heisst es in der deutschsprachigen Ausgabe des Journals (1772), habe sich «die musikalische Schreibart […] völlig verändert», die Franzosen aber seien «seit dreyßig oder vierzig Jahren in der Musik unveränderlich geblieben». Ja, man könne «noch weiter gehen und kühnlich behaupten», dass ihre Tonkunst in der «ernsthaften Oper seit Lülli’s [Lullys] Zeiten, das ist, seit hundert Jahren nur wenige Veränderungen erlitten» habe. Zumal «in Ansehung zweyer wesentlicher Dinge», nämlich «der Melodie und des Ausdrucks», stecke die französische Oper «noch immer in ihrer Kindheit». Dies ganz im Gegensatz zur italienischen Gesangskunst, darf man ergänzen. Bereits auf den ersten Seiten seines Berichts gibt sich Burney als ein glühender Verehrer musikalischer Italianità und wenig später als Parteigänger Jean-Jacques Rousseaus zu erkennen. Letzterer hatte im Zuge der sogenannten Querelle des Bouffons, einem hitzigen Verbalgefecht zwischen Anhängern der französischen und der italienischen Oper, klar Position für die Italiener bezogen und im Gegenzug der französischen Sprache gesangliche Eigenschaften bzw. musiktheatralische Eignung rundweg abgesprochen: «Ich glaube dargelegt zu haben», resümierte er 1753 in seiner Lettre sur la musique françoise, «daß es in der französischen Musik weder Takt noch Melodie gibt, weil die Sprache sich dazu
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nicht eignet; daß es sich beim französischen Gesang nur um ein unaufhörliches Gebell handelt […]; daß die französischen Arien keine Arien sind, so wie das französische Rezitativ mitnichten ein Rezitativ ist.»
Allein, rund zwanzig Jahre später sollte Rousseau sein Verdikt punktuell revidieren. Anlass war Iphigénie en Aulide, CHRISTOPH WILLIBALD GLUCKS erste französische, für die Académie Royale de Musique geschriebene Oper, die im April 1774 im Palais Royale uraufgeführt wurde. Während man sich zuvor in Paris über der Frage nach den Vorzügen des italienischen bzw. französischen Musiktheaters heillos zerstritten hatte, war Gluck in Wien produktivere Wege gegangen. Bereits seine italienischsprachigen ‹Reformopern› Orfeo ed Euridice (1762) und vor allem Alceste (1767) zeugen von einer Synthese italienischer und französischer Ästhetik bzw. von Charakteristika der Opera seria und der Tragédie lyrique. Mit Iphigénie en Aulide war ihm nun, Rousseau zufolge, das Unmögliche gelungen, nämlich eine sehr «anhörliche» ernste Oper auf einen französischen Text zu komponieren. Dergestalt beflügelt ging Gluck später gleichsam aufs Ganze: Mit dem Ziel vor Augen, Lullys Erbe an der Pariser Opéra anzutreten, wagte er sich an ein Libretto, das jener bereits 1686 in Musik gesetzt hatte: Philippe Quinaults «drame-héroïque» Armide, das seinerseits auf einer Episode aus Torquato Tassos Gerusalemme liberata (1575) basiert und die Tragödie der in Liebe zum Kreuzritter Rinaldo entbrannten und daran zerbrechenden sarazenischen Zauberin Armida erzählt. Am 23. September 1777 ging Glucks Neuvertonung der nur geringfügig veränderten Textvorlage Quinaults erstmals über die Bühne. Der Publikumszuspruch war so überwältigend, dass 27 weitere Aufführungen in Serie folgten. Allerdings war das Gezänke in den Feuilletons um die ‹richtige› Opernästhetik mit
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CHRISTOPH WILLIBALD GLUCK * 02. Juli 1714 in Erasbach bei Berching, Oberpfalz †15. November 1787 in Wien
« WENN’S ALTE JAHR ERFOLGREICH WAR, DANN FREUE DICH AUFS NEUE, UND WAR ES SCHLECHT, JA DANN ERST RECHT. » Karl-Heinz Söhler
Glucks Eroberung der Pariser Opéra keinesfalls beigelegt. Seine Gegner (und wohl auch Neider) gingen vielmehr dazu über, publizistisch den italienischen Komponisten Niccolò Piccinni (1728–1800) als wahren Vertreter jenes italienischen Geschmacks aufzubauen, den man bei Gluck angeblich gänzlich vermisste. Und selbst diese Pamphletschlacht, die als Querelle des Gluckistes et des Piccinnistes in die Annalen einging, sollte, wie wir weiter unten sehen werden, noch nicht die letzte ihrer Art gewesen sein. Für das Neujahrkonzert des BSO hat Chefdirigent Mario Venzago, der die Armide im Herbst 2014 am Berner Stadttheater dirigierte, aus Glucks Partitur eine Orchestersuite erstellt. Wir haben ihn gebeten, seine profunden Kenntnisse des Werks in einem Kommentar zusammenzufassen: «Lully und der fast fünfzig Jahre jüngere Händel-Zeitgenosse Rameau sind die grossen Komponisten des französischen Barocks. Ihre Opern waren nach strengen, unumstösslichen ästhetischen Regeln komponiert. Wie ein Blitz schlugen daher um 1777 die neuen Ideen des Kosmopoliten Christoph Willibald Gluck in Paris ein und führten dort zu einem richtigen Kunstkrieg. Die erhaltenen Partituren barocker Komponisten (und Gluck steht mit einem Bein noch in deren Welt) beschränken sich im Wesentlichen auf die Gesangsstimmen und ein Partiturskelett, das den Musikern von damals viele Freiheiten liess. Wie reich z.B. die Orchesterbesetzung von Glucks Armide war, wird nicht aus der Partitur ersichtlich, sondern aus den Gehaltszetteln der Académie Royale de Musique Paris. Diese Zettel sind bis heute aufbewahrt, denn die Bürokraten waren seit jeher besser organisiert als die Musiker. Abendhonorare wurden demzufolge an Hornisten, Posaunisten, Harfenisten, Trompeter und viele mehr ausbezahlt, alles Instrumente, die zum Teil im Manuskript nicht einmal erwähnt werden. Dass Musiker damals fürs Nichtspielen bezahlt wurden, ist ebenso unwahrscheinlich, wie
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GIOACCHINO ROSSINI * 29. Februar 1792 in Pesaro, Kirchenstaat, heute Marken †13. November 1868 in Passy, Paris
es für uns ist … Unsere kleine Suite basiert auf der von mir für Konzert Theater Bern erstellten Armide-Opernpartitur und bildet den Reichtum des damaligen Pariser Opernorchesters ab. Obwohl dieses auf Naturinstrumenten spielte, überwältigen einen die Klänge immer wieder ob ihrer Modernität und radikalen emotionalen Wucht. Die Suite zeichnet rudimentär die auf der Bühne erzählte Geschichte nach und endet in einem Weltuntergangs-Sturm, wenn Armide, die sich für die Liebe und nicht die Macht entschieden hat, alles verliert: den Geliebten und ihre Zauberkraft.» (Mario Venzago, Dezember 2017)
Paris, im frühen 19. Jahrhundert. 1821 erschien in der Zeitschrift L’Abeille eine mehrteilige musikästhetische Betrachtung zum Thema De la musique mécanique et de la musique philosophique. Als Verfasser zeichnete ein gewisser Henri-Montan Berton, der offenbar eifrig bestrebt war, die Streitereien um die französische und italienische Oper aus der vorrevolutionären Zeit erneut anzuheizen. Die tiefgründige, moralischen Werten verpflichtete musique philosophique: Das war nach Ansicht Bertons die französische Musik, die es gegen die oberflächliche italienische musique mécanique – gemeint waren die Opern GIOACCHINO ROSSINIS – zu verteidigen galt. Doch das europäische Rossini-Fieber war mit einiger Verspätung inzwischen selbst in der französischen Metropole ausgebrochen und auch mit Pamphleten nicht mehr zu stoppen. Noch bevor Rossini in Paris persönlich in Erscheinung trat, hatte das Théâtre Italien zahlreiche seiner in Italien uraufgeführten Opern inszeniert. 1824 dann ernannte ihn die französische Regierung zum «Directeur de la musique et de la scène du théâtre Royal Italien». Im Zuge dieses Engagements feierte 1825 unter anderem auch das «melodramma tragico» Semiramide seine Pariser Premiere. Das auf Voltaires Tragédie de Sémiramis (1748) fussende
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Stück um die babylonische Königin Semiramis, die ihren Gatten aus Machtkalkül beseitigen liess und am Ende durch dessen eigenes Schwert, geführt durch den gemeinsamen Sohn, fällt, war 1823 erstmals in Venedig auf die Bühne gelangt. Obwohl sich die Semiramide in der Folge in Italien, aber auch Paris und London bis nach 1850 im Repertoire halten konnte und 1962 mit einer Neuinszenierung an der Mailänder Scala (in der Hauptrolle: Joan Sutherland) wiedererweckt wurde, teilt sie letztlich das Los vieler Rossini-Opern: Wesentlich bekannter als die ganzen Werke sind deren Ouvertüren, die sich in den Konzertsälen längst verselbständigt haben und dort das Klischee des musikalischen ‹Mechanikers› oder ‹Motorikers› Rossini bisweilen nach wie vor nähren.
Hatte Rossini die Semiramide für deren Pariser Aufführung in italienischer Sprache belassen, so adaptierte er seinen Mosè in Egitto, der bereits in zwei Fassungen vorlag, 1826/27 erneut und grundlegend für die Opéra. Aus der dreiaktigen italienischen «azione tragico-seria» wurde die französische «Opéra en quatre actes» Moïse et Pharaon ou Le Passage de la Mer Rouge. Schon 1819 jedoch, unmittelbar nach der Uraufführung der (zweiten) italienischen Fassung, hatte sich Rossinis Freund NICCOLÒ PAGANINI das Thema der im Finale des dritten Aktes von Moses vorgetragenen Preghiera «Dal tuo stellato soglio» gewissermassen ausgeliehen und daraus eine Sonata a preghiera für Solo-Violine – genauer: für die G-Saite der Violine – gefertigt. Publiziert wurde die Sonata später unter Bezeichnungen wie Moses-Fantasie oder Mosè (Variazioni di Bravura). Heute Abend hören Sie Rossinis Moses-Thema samt den virtuosen Variazioni von Paganini in einer Fassung für Violoncello und Orchester, die der Tübinger Geiger und Komponist Fredrik Zeller eigens für das Berner Symphonieorchester erstellt
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NICCOLÒ PAGANINI * 27. Oktober 1782 in Genua † 27. Mai 1840 in Nizza
FRITZ KREISLER * 02. Februar 1875 in Wien †29. Januar 1962 in New York
hat. Wird Maximilian Hornung Paganinis originale Vorgabe für die Violine beherzigen und die schwindelerregenden Läufe auch auf dem Cello mit lediglich einer Saite bewältigen? Wir dürfen gespannt sein – und uns anschliessend bei einer weiteren Komposition eines grossen Geigers entspannen: dem berühmten Charakterstück Liebesleid von FRITZ KREISLER, das Fredrik Zeller ebenfalls für Cello und Orchester arrangiert hat. Liebesleid, gehalten im «tempo di Ländler», hatte Kreisler, der übrigens ein Absolvent des Pariser Conservatoire war, original für Violine und Klavier gesetzt und 1910 zusammen mit Liebesfreud und Schön Rosmarin unter dem Titel Alt-Wiener Tanzweisen veröffentlicht.
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GEORGE GERSHWIN * 26. September 1898 in Brooklyn, New York City †11. Juli 1937 in Hollywood, Los Angeles
Von seinem Freund und späteren Biographen Louis Lochner danach gefragt, in welchem Land aus seiner Sicht die Zukunft der Musik liege, antwortete Kreisler 1924 ohne Umschweife: «In Amerika! Amerika ist ein junges Land mit ungeahnten Zukunftsmöglichkeiten. Ich erwarte in künstlerischer Hinsicht Großes von Amerika.» Dachte er dabei auch an GEORGE GERSHWIN? Einige Monate zuvor war Kreisler nämlich unter den illustren geladenen Gästen, als Gershwin seine Rhapsody in Blue in der New Yorker Aeolian Hall taufte. Die Rhapsody bescherte ihrem jungen Komponisten, der bis anhin Songs für die Tin Pan Alley und Musicals für den Broadway geschrieben hatte, seinen ersten durchschlagenden Erfolg im Konzertsaal. Und uns beschert Gershwin heute eine Schweizer Erstaufführung. Doch von vorne. Im März 1928 begab sich Gershwin, der inzwischen weitherum bekannt war, mit seinen Geschwistern Frances und Ira sowie dessen Frau Leonore auf eine mehrmonatige Reise nach Europa. Die erste Station war London, gefolgt von Paris, Berlin, Wien und erneut Paris. Hier arbeitete Gershwin intensiv an einem Orchesterwerk, das seit seinem ersten Abstecher in die französische Hauptstadt im Jahr 1926 in seinem Kopf herumgeisterte und ein klingendes Porträt eines American in Paris werden sollte. Bis zu seiner Rückreise in die USA hatte Gershwin die Klavierfassung des American weitgehend beisammen. Die Orchestrierung, die übrigens auch vier Taxihupen berücksichtigt, erfolgte später in New York, wo das Werk am 13. Dezember 1928 vom New York Philharmonic uraufgeführt wurde. Am Pult stand Walter Damrosch. Über Inhalt und Form des Amercian äusserte sich Gershwin in einem Radiointerview folgendermassen: «Das Stück beschreibt einen Amerikaner, der die fröhliche und schöne Stadt Paris besucht. Wir beobachten ihn, wie er, bewehrt mit Spazierstock und Strohhut, über die Champs Elysées schlendert, Sehenswürdigkeiten und andere Dinge bestaunend.
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« ICH KANN FREILIC SAGEN, OB DAS N BESSER WERDEN WENN ES ANDER ABER SO VIEL KA ICH SAGEN, ES MU WERDEN, WENN WERDEN SOLL. » Georg Christoph Lichtenberg
ILICH NICHT S NEUE JAHR DEN WIRD, ERS WIRD; KANN MUSS ANDERS NN ES GUT L.
Der französische Wein entfaltet derweil seine Wirkung und befördert die Sehnsucht nach Amerika. Und hier beginnt der Blues», der unter anderem von der Trompete und drei Saxophonen «gesungen» wird. «Endlich aber erwacht der Amerikaner aus seiner Versunkenheit, realisiert, dass er sich ‹in the gay city of Paree› befindet, lauscht den Taxihörnern und dem Lärm auf den Boulevards und sagt sich: ‹Home is swell! But after all, this is Paris – so let’s go!» Was aber hat es mit besagter Schweizer Erstaufführung auf sich? Noch vor der Uraufführung des Amercian in Paris tilgten Damrosch und Gershwin rund 120 Takte aus der autographen Partitur. 1930 wurde die dergestalt gekürzte Version publiziert und in der Folge von fremder Hand zumal im Bereich der Orchestrierung erneut verändert. Die originale und ungekürzte Fassung erschien erst Anfang 2016 im Druck – und ist in dieser Gestalt bislang nirgends im Lande aufgeführt worden.
Noch vor seiner Europareise im Jahr 1928 war Gershwin in New York übrigens erstmals MAURICE RAVEL persönlich begegnet und soll ihn bei dieser Gelegenheit – indes erfolglos – um Unterricht gebeten haben. Zu einem weiteren Treffen kam es wenig später in Paris, wo auch Gershwins Concerto in F für Klavier und Orchester gegeben wurde. Das Werk dürfte Ravel – einige Passagen in dessen später komponiertem Klavierkonzert in G deuten darauf hin – nicht ganz uninspiriert zurückgelassen haben. Ravel sorgt nun auch für das Schlussbouquet dieses Neujahrsprogramms, allerdings nicht mit dem Konzert in G, sondern mit dem «Poème chorégraphique pour orchestre» La Valse. Auf den Walzerrhythmus eingestimmt werden wir vorab von der fulminanten Rapsodie viennoise, die Ravels Pariser Kollege FLORENT SCHMITT 1903/04 zunächst für zwei Klaviere geschrieben und
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MAURICE RAVEL * 07. März 1875 in Ciboure † 28. Dezember 1937 in Paris
FLORENT SCHMITT * 28. September 1870 in Blâmont † 17. August 1958 in Neuilly-sur-Seine
vermutlich gleich im Anschluss daran mit reichen Orchesterfarben versehen hatte. Derzeit arbeite er, schrieb Ravel im Februar 1906 an Jean Marnold, «an einem grossen Walzer, einer Art Hommage an den grossen Strauss, nicht Richard, den anderen, Johann.» Das Risiko, mit den «wunderbaren Rhythmen» und der im Tanz ausgedrückten «joie de vivre» einige «sauertöpfische» Kollegen aus dem Lager der ‹Franckistes› vor den Kopf zu stossen, war nicht gering. «Mais ça m’est égal», liess Ravel, der den Nonkonformismus seit langem geprobt hatte, den Freund wissen. Empfindlich treffen sollte ihn dann allerdings die ablehnende Haltung von Serge Djagilew, der zunächst Interesse an einer Aufführung von La Valse mit seinen Ballets Russes bekundet hatte. Nachdem Ravel die Arbeit nach dem Krieg endlich hatte abschliessen können, präsentierte er sie dem Impresario 1920 in einer Klavierfassung. Die Reaktion kam prompt: Das Werk sei kein Ballett, sondern das Bild eines Balletts. Damit war die Sache erledigt. Die Uraufführung erfolgte konzertant, und erst 1929 brachte Ida Rubinstein La Valse auch auf die Ballettbühne. Doch so enttäuschend sich Djagilew auch geäussert hatte: In der Sache selbst lag er nicht ganz falsch. Denn nicht zufällig hatte Ravel den bestimmten Artikel La in den Werktitel gesetzt. La Valse – das bezeichnet etwas anderes als die schlichte Gattungsbezeichnung Valse. Der Wiener Walzer, das Genre selbst, ist hier Sujet. Pointierter formuliert: La Valse ‹ist› weniger ein Walzer als vielmehr die fulminante, von zahlreichen Verfremdungseffekten Gebrauch machende Darstellung eines solchen. Und in diesem Sinne darf man das Stück auch hören, wenn es lediglich konzertant, eben als «poème chorégraphique pour orchestre» gegeben wird. Dr. Doris Lanz
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« IHR SOLLT NIEMALS AUFHÖREN ZU LEBEN, EHE IHR GESTORBEN, WELCHES MANCHEM PASSIERT UND EIN GAR ÄRGERLICHES DING IST. » Jacques Offenbach
DAS BERNER SYMPHONIEORCHESTER CHEFDIRIGENT: MARIO VENZAGO 1. VIOLINE
Teodora Dimitrova
Alexis Vincent (1. Konzertmeister)
Katia Giubbilei Alvarez
N. N. (1. Konzertmeister)
Cornelia Hauser-Ruckli
Isabelle Magnenat
Regula Hunger
(2. Konzertmeisterin)
Romain Hürzeler
Fióna-Aileen Kraege
Georg Jacobi
(2. Konzertmeisterin)
Filipe Johnson
N. N.
Wen Lu-Hu
(2. Konzertmeisterin)
Julien Mathieu
Anara Baimukhambetova
Ingrid Schmanke
Sandrine Canova
Fedyuk Nazar **
Daniele D’Andria
Ekaterina Kanareva **
Jeanne de Ricaud Aina Hickel Anna Holliger Alexandru Ianos Zoia Kuianova Stefan Meier Mariam Nahapetyan Michael Rubeli Christian Scheurlen György Zerkula N. N.
VIOLA Yutaka Mitsunaga (Solo) Julia Malkova (Solo) Thomas Korks (stv. Solo) Yang Lu (stv. Solo) Olivier Bertholet Johannes von Bülow Emanuel Bütler Christoph Enderle Friedemann Jähnig Christa Jardine
2. VIOLINE
Bettina Kurz
Anouk Theurillat (Solo)
Ulrike Lachner
Theresa Bokány (Solo)
Dominik Klauser *
Wei-Zhong Lu (stv. Solo)
Paula Romero Rodrigo *
Francis Roux (stv. Solo)
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VIOLONCELLO
OBOE
Constantin Negoita (Solo)
Adam Halicki (Solo)
Alexander Kaganovsky (Solo)
Doris Mende (Solo)
Peter Hauser (stv. Solo)
Stilian Guerov (stv. Solo, Englischhorn)
Valeriu Verstiuc (stv. Solo)
Catherine Kämper (Englischhorn Solo)
Andreas Graf
Michele Batani *
Pavlina Iorova Christina Keller-Blaser Eva Lüthi Árpád Szabó Eva Wyss-Simmen Saniya Durkeyeva * Alessandro Sica *
KLARINETTE Walter Stauffer (Solo) Bernhard Röthlisberger (Solo, Bassklarinette) Calogero Presti (Solo, Es-Klarinette) Gábor Horváth (Es-Klarinette)
KONTRABASS
Nils Kohler (Bassklarinette)
Gabriel Duffau (Solo)
Anna Gagane *
Magor Szász (Solo) N. N. (stv. Solo) Matteo Burci Manuel Kuhn Cordula Mundhenk Mátyás Vinczi Luca Rovero *
FAGOTT Monika Schindler (Solo) Heidrun Wirth-Metzler (Solo) Daniel Casal Mota (Solo) Norihito Nishinomura (stv. Solo, Kontrafagott) N. N. (Kontrafagott)
FLÖTE
Miguel Ángel Pérez-Diego *
Christian Studler (Solo) Kurt Andreas Finger (Solo) Sakura Kindynis (stv. Solo, Piccolo) Cornelia Zehnder (Piccolo) Anna Zimmermann (Piccolo) Chikara Sugano * Johanna Schwarzl *
HORN Olivier Alvarez (Solo) Olivier Darbellay (Solo) Christian Holenstein (Solo) Sebastian Schindler (stv. Solo) Denis Dafflon Daniel Lienhard Matteo Ravarelli Peter Szlávik Alejandro Cela Camba *
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TROMPETE
ORCHESTERTECHNIK
Jean-Jacques Schmid (Solo)
Elisabeth Niederhäuser
Milko Raspanti (Solo)
Matteo Pellerino
Olivier Anthony Theurillat (stv. Solo)
Marcello Pragasa Rasan
Renato Martins Longo
Kaspar Helbling
Simon Pellaux * KONZERT- UND OPERNDIREKTOR POSAUNE
Xavier Zuber
Stanley Clark (Solo, Altposaune) Wassil Christov (Solo, Altposaune) Vicente Climent Calatayud (Solo, Altposaune) Justin Clark (Bassposaune)
ASSISTENTIN DES KONZERT- UND OPERNDIREKTORS Lisa Katharina Holzberg
Benjamin Jacob Green (Bassposaune) Arno Tri Pramudia *
ORCHESTERMANAGER / STELLVERTRETENDER KONZERTDIREKTOR
TUBA
Axel Wieck
Daniel Schädeli Gaudard (Solo) Sophia Nidecker *
KONZERTDRAMATURGIE / KÜNSTLERISCHES BETRIEBSBÜRO BSO
HARFE
Barbara Honegger
Line Gaudard (Solo) Cornelia Lootsmann (Solo)
PRODUKTIONSLEITUNG KONZERT
Joanna Thalmann *
Judith Schlosser
PAUKE / SCHLAGZEUG
BIBLIOTHEK
Franz Rüfli (Solopauke)
Dorothea Krimm
Mihaela Despa (Solopauke) Peter Fleischlin (stv. Solopauke) Michael Meinen Sylvain Andrey *
* Praktikanten | ** Praktikanten 1. und 2. Violine
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NACHWEISE IMPRESSUM Liebe Konzertbesucher, liebe Konzertbesucherinnen, bitte achten Sie darauf, dass Ihr Mobiltelefon während des Konzertes ausgeschaltet bleibt. Bild- und Tonaufnahmen sind nicht gestattet. Besten Dank für Ihr Verständnis. Preise: Einzelheft: chf 5,– im Vorverkauf und an der Abendkasse
TEXTNACHWEISE Die Texte wurden exklusiv für dieses Programmheft geschrieben.
BILDNACHWEISE Freunde des Berner Symphonieorchesters Inserat, © Alberto Venzago | Mario Venzago, © Alberto Venzago | Maximilian Hornung, © Marco Borggreve | Christoph Willibald Gluck, 1775, Porträt von Joseph Siffred Duplessis, wikicommons | Gioachino Rossini, um 1820, public domain | Niccolò Paganini, ca. 1831, Porträt von Georg Friedrich Kersting, wikicommons | Fritz Kreisler, undatierte Photographie, wikicommons | George Gershwin, ca. 1937, Photographie von Carl von Vechten, public domain | Florent Schmitt, 1937, in seinem Zuhause, wikicommons | Maurice Ravel, ca. 1925, public domaine
KONZERT THEATER BERN intendant Stephan Märki konzert- und operndirektor Xavier Zuber chefdirigent & künstlerischer leiter berner symphonieorchester Mario Venzago spielzeit 2017.2018 redaktion Barbara Honegger konzept & gestaltung formdusche, Berlin layout Murielle Bender, Konzert Theater Bern druck Haller + Jenzer AG, 3400 Burgdorf redaktionsschluss 20. Dezember 2017 Änderungen vorbehalten.
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8 1 0 8 rrr 2 1 0 a 2 8 rrru 1 b 0 a e 2 u 8Uhr F 1 . b 0 a 2 e 2 u F r . b a 2 e u r F rrr . b 0 h 2 e ag || 1 .3 U 9 0 h 2F.rF .3 U 9 0 1 h .3 U it 9 g e 0 1 a | .3 it 9 g e 1 r a F F itsaagall| B erit e FKrrue n rrrrn e B n e a a B n s l r e a u a B K s l r a u a K s r u K
ja k s ja in a h ka s ttc a in a p h o s K jan a in atija p ia h ks o c slik ic ttc K r a t in p a ia h o c P n ic o K r ti S a t s , p a ia li g oit P n o n Ke rric ti u s ,, S ia,, L li g P n ic o n ti S u s e it aiottli li g n e PVa o n L S u , e it g n e n li L u , io e it V n e li L t , p io e e V n z li t n on p Vuio zep dK n Ko n u eptt d nzze nd on u Ko dK li un sli o o L n os a o L tth a n n a o li Lle sli a n or s n a oo o h L tth JJJo a n n a o h ie a r p n s le u JSoc ie a rr p h s le u ie a p h s c le u S ie a p h .ch chaus S rrn h e b .c n Sc tta e rra b .c e a n r m h a e a b .ch e .c a n t r w m a e a w r b e .c ww a t w m a a r e .c w w m a w .c w w w w ff u ka rrk e u a rr v o h ff ckett.c V e u v a k o r h V e u v a r k o r u k V e c lt .c v ti u rw ett.c .ku h urrrr ti ke Vwow c lt .ch ti e .k u k c w lt ti u w .k w u w lt w ww.ku ww
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