musiktheater – –
REIGEN PHILIPPE BOESMANS
REIGEN PHILIPPE BOESMANS Libretto von Luc Bondy nach dem gleichnamigen Drama von Arthur Schnitzler In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln
PREMIERE SO 31. MRZ 2019, 18:00, STADTTHEATER Partner Maske Dr. Hauschka
BESETZUNG musikalische leitung Kevin John Edusei regie Markus Bothe bühne Kathrin Frosch kostüme Justina Klimczyk licht Bernhard Bieri dramaturgie Katja Bury Berner Symphonieorchester
DIE HANDLUNG Über zehn Szenen entspinnt sich ein Reigen problematischer Begegnungen, die allesamt zum Scheitern verurteilt sind – an traumatischen Kriegserfahrungen, an perversen sexuellen Orientierungen, an pseudokünstlerischen Lebensansprüchen oder an schrägen Vorstellungen über Notwendigkeiten, die das jeweilige Gegenüber zu erfüllen habe. Noch bevor sich die jeweiligen Partner abseits ihrer selbstauferlegten Rollenmuster wirklich begegnen können, zerbricht der Kontakt …
1. SZENE. DIE DIRNE UND DER SOLDAT SPÄT ABENDS. BRÜCKE. [...]
Nach einem erfolglosen Tag erhofft sich die Dirne im Soldaten den langersehnten Freier, um ihre Existenz für diesen Tag zu erfüllen – doch dieser ist nicht bereit, für ihre Dienste zu bezahlen. 2. SZENE. DER SOLDAT UND DAS STUBENMÄDCHEN SONNTAGABEND. EIN WEG, DER VOM PRATER AUS IN DIE DUNKLEN ALLEEN FÜHRT. [...]
Das Stubenmädchen gerät während einer ausgedehnten Feier in die gewaltsamen Fänge des traumatisierten Soldaten. 3. SZENE. DAS STUBENMÄDCHEN UND DER JUNGE HERR FÜNF UHR NACHMITTAG. ES IST HEISS. [...]
Völlig unerfahren liefert sich der junge Herr den Annäherungsversuchen des dominanten Stubenmädchens aus.
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4. SZENE. DER JUNGE HERR UND DIE JUNGE FRAU ABEND. ES REGNET. [...]
Auf der Suche nach ausserehelicher Bestätigung begibt sich die junge Frau zum Rendezvous mit dem abermals überforderten jungen Herrn. Um unerkannt zu bleiben, erscheint sie zunächst in Verkleidung – doch das Maskenspiel bringt ihr keine Befriedigung. 5. SZENE. DIE JUNGE FRAU UND DER GATTE EIN BEHAGLICHES SCHLAFZIMMER. ES IST HALB ELF UHR NACHTS. [...]
Der Gatte doziert seiner plötzlich gar nicht mehr selbstbewusst und autonom auftretenden Ehefrau über Moral und bürgerliche Ideale. Beim Ritual des Zubettgehens entfaltet sich die Tristesse ihrer Ehe. 6. SZENE. DER GATTE UND DAS SÜSSE MÄDEL CHAMBRE SÉPARÉE. BEHAGLICHE, MÄSSIGE ELEGANZ. [...]
Die Kupplerin begleitet das süsse Mädel zum Gatten und bietet es für sexuelle Dienste feil. In ihrer kindlichen Naivität weiss das süsse Mädel nicht, wie ihm geschieht. 7. SZENE. DAS SÜSSE MÄDEL UND DER DICHTER DER GLEICHE ORT WIE DIE VORIGE SZENE: CHAMBRE SÉPARÉE. [...] ES IST DUNKEL. VOM RESTAURANT FÄLLT LICHT IN DEN RAUM. [...]
Der Dichter empfängt das süsse Mädel zusammen mit seiner Kupplerin, um sich in dieser Ménage à trois künstlerisch inspirieren zu lassen. Es entspinnt sich ein perfides Spiel um Ablehnung und erkaufte Zuneigung, bei dem die Kupplerin mehr und mehr ins Hintertreffen gerät.
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8. SZENE. DER DICHTER UND DIE SÄNGERIN EIN ZIMMER IN EINEM GASTHOF AUF DEM LAND. FRÜHLINGSABEND, AUF DEN WIESEN UND DEN HÜGELN LIEGT DER MOND, DIE FENSTER STEHEN OFFEN. GROSSE STILLE. [...]
Die Beziehung zwischen den beiden Künstlern ist von gegenseitiger Abhängigkeit und Hassliebe geprägt. Einzig in der künstlerischen Projektion innerhalb des Spiels ist es ihnen möglich, eine Vorstellung von Zuneigung zu entwickeln. 9. SZENE. DIE SÄNGERIN UND DER GRAF ES IST ZWÖLF UHR MITTAGS. [...]
Durch seine andauernde Präsenz setzt der Dichter das vorhergehende Machtspiel mit der Sängerin fort, indem er ihre Annäherungsversuche gegenüber dem Grafen erschwert. Als Gipfel der Erniedrigung greift der Dichter in die Gewalttätigkeit des Grafen gegen die Sängerin nicht ein. 10. SZENE. DER GRAF UND DIE DIRNE MORGENDÄMMERUNG. [...]
Nach einer langen Nacht im Drogenrausch bleibt der Graf orientierungslos zurück. Er begegnet der Dirne, doch auch diese Begegnung muss scheitern – an gesellschaftlichen Schranken.
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SIE KONNTEN ZUSAMMEN NICHT KOMMEN, DAS WASSER WAR VIEL ZU TIEF Markus Bothe und Kevin John Edusei im Gespräch mit Katja Bury Katja Bury: Schnitzler attestierte seinem eigenen Werk die Unaufführbarkeit – wie geht man als Regisseur mit solch einer Aussage um?
DAS KOMPLETTE PROGRAMMHEFT IST FÜR CHF 5,– AM VORSTELLUNGSABEND ODER AN DER BILLETTKASSE ERHÄLTLICH.
Markus Bothe: Ich bin der Meinung, dass sich die Werke von Schnitzler und Boesmans so sehr unterscheiden, dass man fast schon von zwei Stücken sprechen müsste. Schnitzler wirft einen sehr ironischen und oft satirisch-komischen Blick auf eine Gesellschaft um 1900, deren Dysfunktionialität an einer ganz anderen Stelle liegt, als es bei Boesmans der Fall ist. Bei letzterem habe ich eher den Eindruck, es sind die Beziehungsansprüche der Menschen selbst, die sie scheitern lassen. Schnitzler geht mit dem Tabu der Darstellung von Sexualität ironisch um, wenn er den eigentlichen Geschlechtsverkehrt mit einem schwarzen Balken im Text quasi selbst zensiert. Boesmans hingegen vertont diese Passagen ganz konsequent, formuliert auf musikalischer Ebene in aller Deutlichkeit den teils ernüchternden Geschlechtsverkehr aus und beschreibt so eine ernstzunehmende Beziehungsunfähigkeit innerhalb der heutigen Gesellschaft. KB: Wie verhält sich die Musik zu diesem Scheitern? Kevin John Edusei: Ich höre bei allem Scheitern der Figuren in ihren dysfunktionalen Beziehungen dennoch eine grosse Sympa-
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