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Ein Update ist verfügbar

Eine Einschätzung von Mirjam Beitz

Sieben Thesen – Im Vergleich zu den 95 Thesen von Martin Luther klingt das auf den ersten Blick unrelevant und nichtig. Aber inhaltlich geht es keinesfalls um weniger als damals! Ob Martin Luther vor rund 500 Jahren tatsächlich in Wittenberg die Thesen angeschlagen hat, ist umstritten. Aber feststeht, dass die symbolische Bedeutung eine entscheidende Wirkung hatte und immer noch hat! Ziel des Theologieprofessors war es damals, einen Missstand in der Kirche zu beenden. Käufliche Ablassbriefe verbreiteten sich, die für die Menschen die Beichte ersetzen. Statt in dem Sakrament der Beichte ihre Sünden loszuwerden, kauften sich die Bürger*innen ihr Seelenheil und somit die Gnade vor dem hohen Gericht. Es war damals üblich, Thesen an die Schloss/Universitätskirche anzuschlagen, wenn man zur akademischen Auseinandersetzung mit einem Thema anregen wollte, heißt es in einigen Quellen. Mit seinen 95 Thesen, die Martin Luther veröffentlichte, hat er eine Diskussion angestoßen. Im weiteren Verlauf führte das sogar zur Kirchenspaltung. Luther hat neue Denkweisen ausgesprochen, verbreitet und den Grundstein für eine Reformation der Kirche gelegt.

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Maria 2.0 ist vor Version 1 erschienen

Eine nochmalige Erneuerung der Kirche - oder mit heutigen Worten - ein Update der Kirche – fordert die Bewegung „Maria 2.0“. Nach einem halben Jahrtausend könnte ein Update ganz guttun – da hätten Apple-Gründer Steve Jobs und Microsoft-Chef Bill Gates sicherlich zugestimmt. Die Gruppe Maria 2.0 setzt sich für die Aufhebung des Pflichtzölibats ein. Weitere Forderungen sind der Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern und die Aufklärung sexueller Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche. Wenn es eine Version 2.0 gibt, muss es auch eine Version 1.0 geben. Das sagt der menschliche Verstand, das zeigen Beispiele: USB 3.0 statt 2.0, Windows 10 statt 8, iPhone 12 statt X, Maria 2.0 statt 1.0. Das dachte sich Johanna Stöhr, Initiatorin von ‚Maria 1.0‘. Dies ist eine Bewegung, die kein Update will. Alles soll so bleiben, wie es bisher war. Maria 1.0 und Maria 2.0 sind zwei Versionen, die nicht wie bei USB 2.0 und 3.0 oder Windows 8 und 10 aufeinander folgen. Sie existieren nebeneinander, aber Maria 2.0 gab es zuerst.

Nein zu These 4

Sieben Thesen und damit sieben Forderungen verbreiteten die Anhänger*innen von Maria 2.0 Anfang 2021. Sie fordern, …

1)…dass alle Menschen alle Ämter in der Kirche bekleiden können: gleiche Würde – gleiche Rechte! 2)…dass Macht geteilt wird: gemeinsame Verantwortung! 3)…dass sexuelle Vorfälle aufgeklärt und bestraft werden: respektvoller Umgang und Transparenz! 4)…dass die Sexualität und Partnerschaft von jedem und jeder gleichwertig behandelt wird: leben in gelingenden Beziehungen! 5)…dass das Zölibat für die Amtsbekleidung keine Voraussetzung ist: ohne Pflichtzölibat! 6)…dass die Kirche mit dem Geld, das ihr zur Verfügung steht, verantwortungsbewusst und transparent umgeht: nachhaltiges Wirtschaften! 7)…dass der Auftrag Jesu Christi gelebt wird, also die Verbreitung der frohen Botschaft: für Menschen, Gesellschaft und Umwelt!

Zahlreiche Bischöfe, Erzbischöfe und Verbünde, wie der Katholische Deutsche Frauenbund, äußerten sich zu den Thesen. Eine Glaubenskongrega-

tion im Vatikan bestätigte wenige Tage nach der Aktion von Maria 2.0 die bisherige Regelung: Homosexuelle Paare dürfen nicht gesegnet werden. In ihrer vierten These mit der Überschrift ‚Bunt: Leben in gelingenden Beziehungen‘ hatten die Engagierten Bezug auf Sexualität und Partnerschaft genommen.

Bildquelle: Maria 2.0 (www.mariazweipunktnull.de)

Gerät zu alt für das Update?

Die Kirche entwickelt sich nicht so schnell weiter, wie die technischen Geräte der heutigen Zeit: Das Letzte, das Zweite Vatikanische Konzil, fand von 1962 bis 1965 statt. Der Katechismus der Katholischen Kirche, in dem die grundsätzlichen Glaubensfragen geklärt sind, wurde erst vor Kurzem veröffentlicht: 1992. Das war doch gefühlt erst gestern! ;-) Aber jetzt steht im übertragenen Sinne ein Update in den Startlöchern und ist bereit zur Installation. Die Menschen fordern danach. Dass sich Technologien weiterentwickeln müssen, ist Standard in unserer Gesellschaft. Aber was ist mit der Institution ‚Kirche‘? Ist das Gerät, auf dem das Update installiert werden soll, einfach schon zu alt? Wie lange werden die User auf die Installation des Updates warten? Wann werden sie die Geräte-Marke wechseln?

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