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Stürmische Leidenschaft

Ein Portrait meiner Oma

von Lara Bösche

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Kennt ihr das? Ihr seid draußen unterwegs, sitzt in der Bahn oder geht durch die Straßen spazieren. Euch begegnen viele Menschen. Vielleicht sitzt ihr auch auf einer Bank und beobachtet

einfach eure Umgebung. Ich frage mich dann häufig, wo die Menschen herkommen. Welche Geschichte ihr Leben schreibt

und was ihre Leidenschaft ist.

„Leidenschaft“ wird im Duden wie folgt definiert: „Große Begeisterung, ausgeprägte (auf Genuss ausgerichtete) Neigung, Passion für etwas, was man sich immer wieder zu verschaffen, was man zu besitzen sucht, für eine bestimmte Tätigkeit, der man sich mit Hingabe widmet.“

Ich finde es unglaublich spannend und vielfältig, wofür Menschen sich begeistern können, deshalb möchte ich euch von einer Person erzählen. Ihre Leidenschaft hat mich und meine Lebensgeschichte immens inspiriert und geprägt. Meine Oma ist 1939 in Bremerhaven geboren, weshalb sie schon früh eine Verbindung zur See und zu Schiffen aufbaute. Ihr Vater arbeitete sein Leben lang als Konditor auf einem Schiff und auch ihr späterer Ehemann, mein Opa, arbeitete als Ingenieur auf einem Schiff. 1957 wanderte die Schwester meiner Oma in die USA aus. Oma besuchte sie unter anderem im Jahre 1980. Dort kam sie das erste Mal mit Farben, Leinwänden und einem Pinsel in Kontakt. Die Schwester meiner Oma malte hobbymäßig Landschaftsbilder auf Leinwände. Meine Oma war begeistert und wollte es ebenfalls ausprobieren.

Als Oma wieder zu Hause war, hat sie sich sofort eine Leinwand und die Grundfarben gekauft. Nach und nach brachte sie sich die Handgriffe der Kunst selbst bei. Inspiriert von einem Bild, welches über dem Bett ihrer Eltern hing, begann sie zu malen. Das Bild, auf dem ein Segelschiff und viel Wasser abgebildet war, hatte ihre Schwester damals gemalt. Meine Oma hat viele Farben für ihr erstes Bild gebraucht. Sie sagt heute, dass sie all die Bilder gemalt hat, die ihre Sinne ansprachen und in die sie ihr Gefühl hineinlegen konnte. So entwickelte sie eine große Leidenschaft für Schiffe auf hoher See. Aber auch Blumen und Portraits brachte sie auf Leinwände. Inspirieren ließ sie sich dabei oftmals von den „alten Meister*innen“ der Kunst.

Auf dem Foto seht ihr meine Oma neben einem Bild stehen, welches sie 1982 malte. Dieses Motiv malte sie unzählige Male, doch jedes Bild war einzigartig.

Ich erinnere mich heute noch gerne an die Tage zurück, an denen ich gemeinsam mit Oma vor einer Leinwand saß und sie mir ihre Tipps und Tricks beibrachte. Überall bei uns zu Hause hingen Meisterwerke, die mit der Signatur meiner Oma unterschrieben waren. Ich fand es immer bewundernswert, wie detailliert sie die Schiffe malte und wie gefühlvoll sie das Wetter in Farben auf die Leinwand brachte. Denn meistens befanden sich die Schiffe auf stürmischer See.

So brachte Oma mir ihre Begeisterung nahe und auch in mir entwickelte sich eine Leidenschaft für Farben und künstlerischem Ausdruck. Ich bin dankbar!

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