Magazin #37 der Kulturstiftung des Bundes

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Magazin

Herbst  ⁄ Winter 2021

krisen w   issen

37 Nr.


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Editorial Wie können wir Krisen erkennen und so nut­ zen, dass wir Handlungsmaximen für die Zukunft gewinnen? Dies ist die Leitfrage die­ ser Magazinausgabe. Sie bezieht sich auf unser gesellschaftliches Lernverhalten in Pha­ sen von Umbrüchen und in Notsituationen – auf unser „Krisenwissen“, unsere Ressource für die Zukunft. Je mehr Menschen wir die Frage stellten, desto klarer zeichnete sich ab: Unser Krisenwissen ist – noch – nicht zukunftsfähig. Wir kommen durch einschneidende Er­ fahrungen von und mit Veränderungen zu neuen Erkenntnissen, die uns für kommende Krisen besser wappnen könnten. Doch diese Erkenntnisse finden nicht selbstverständlich Eingang in politische Prioritäten, kulturelle Gewohnheiten und ganz persönliches Verhal­ ten. Ob wir von den langfristigen Folgen der Klimakrise sprechen oder vom akuten Pan­ demieverlauf, vom kommenden Umbau digi­ taler Demokratien in den nächsten 20 Jah­ ren oder von Fragen des ökonomischen Gemeinwohls: Es klafft eine Lücke zwischen Wissen und Handeln; treffende Kritik stößt auf Hindernisse, die einer grundlegenden Veränderung unseres Zusammenlebens ent­gegenstehen. Die Gesprächspartner dieser Magazin­ ausgabe – der Rechts- und Kulturwissen­ schaftler Jedediah Purdy, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats Alena Buyx, die Tech­ niksoziologin Elena Esposito und das Medien­ kunstkollektiv Laokoon, vertreten durch Cosima Terrasse – beschreiben unsere Ge­ genwart als eine Periode großer ökonomi­ scher, politischer und kultureller Verände­ rungen, die neue Formen des sozialen Zusammenlebens erfordern – lokal wie global. Wir wollten von ihnen erfahren: Wo gibt es Beispiele für eine gelungene Umsetzung von Krisenwissen in Krisenhandeln? Welche po­ litischen, zivilgesellschaftlichen und kultu­ rellen Akteure vermögen es, die Hemmnisse durch etablierte Institutionen und unreflek­ tierte Konventionen zu thematisieren? Wo schaffen es Institutionen, sich erfolgreich von innen heraus zu reformieren? Woher kann die politische Energie für eine bewuss­ te Gestaltung der notwendigen großen Ver­ änderungen kommen, die uns – ob wir wollen oder nicht – in Europa und darüber hinaus bevorstehen? Wir haben uns entschieden, das Thema dieser Magazinausgabe in Interviews und Gesprächen zu diskutieren. Diese Entschei­ dung darf als Plädoyer verstanden werden, Widersprüchen und offenen Fragen Raum zu geben. Krisenwissen kann keine abgeschlos­ sene Wissensform sein, es ist ein lautes Nach­ denken, gerne im Dialog. Hierbei tauchen Motive und Themen auf, die für alle unsere Gesprächspartner von grundlegender Be­ deutung waren. Dank einer grafischen Spur können Sie diese Themen in jedem Text entdecken. Die Klimakrise ist Jedediah Purdys Ar­ beitsschwerpunkt. Seite 2 Auch wenn ihre Auswirkungen auf unseren Lebensraum be­ reits ganz unmittelbar für jeden und zugleich als globale Herausforderung erfahren wer­ den und die Dringlichkeit von Gegenmaß­ nahmen nicht mehr bestritten wird, betont Purdy, dass wir das Ausmaß dieser Krise weiterhin weder intellektuell noch emotional erfasst haben. Immerhin gehe es bei der Umweltpolitik um die Verantwortung dafür, wer leben dürfe und wer sterben müsse. Im

Interview fragt Purdy auch nach der Rolle, die Realpolitik für die notwendige Etablie­ rung einer Ordnung globaler Gerechtigkeit spielt. Es brauche Bildwelten, die uns begrei­ fen und erfahren lassen, dass mit dem Klima­ wandel letztendlich die gesamte Infrastruk­ tur des Lebensraums Erde instabil wird: eine Art „Welttheater“. Das Gespräch zwischen Elena Esposito und Cosima Terrasse vom Kollektiv Laokoon Seite 6 dreht sich um die Veränderung unse­ rer Kultur unter dem zunehmenden Einfluss algorithmischer Datenauslese. Gefährden die Rückschlüsse, die Unternehmen, Versiche­ rungen oder politische Organisationen aus individuellen Datenspuren im Internet zie­ hen, unsere Vorstellung von der Freiheit und Autonomie der Person so dramatisch, wie Elena Espositos Forschung es nahelegt? Das Kollektiv Laokoon hat zu dieser Frage im Rahmen des Projekts Made to Measure in Kooperation mit der Kulturstiftung des Bun­ des eine interaktive Storytelling-Website entwickelt. Ihr künstlerisches Experiment der Datenanalyse macht den schmalen Grat sichtbar, der zwischen dem determinierenden Einfluss des algorithmischen Profilings und dem menschlichen Begehren nach Deutungs­ hoheit über die eigene lebensgeschichtliche Erzählung verläuft. Gemeinsam überlegen Esposito und Terrasse, warum Menschen trotz besseren Wissens durch ihr Verhalten im Internet zum Aufbau eines datengetrie­ benen Kapitalismus beitragen. Und auch sie suchen nach Ansätzen für technische und politische Interventionen. Alena Buyx schließlich, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, berichtet dem Polit­ ökonomen Robert Lepenies über die prak­tische Seite des Krisenmanagements, den Wissens­ zuwachs sowie die Angst- und Ohnmachtser­ fahrungen der letzten eineinhalb Pandemie-­ Jahre. Seite 10 Ihr persön­liches Resümee betont die Notwendigkeit, gesellschaftliche Lernerfahrungen vor Verschleppung im politischen Alltag zu bewahren und sie zu stabilisieren. Wesentlich dafür sei ein neues positives Verhältnis zu staatlichen Institu­ tionen. Deren regulierende Kraft müsse in Krisenzeiten gestärkt werden und ihre Fach­ expertisen über Legislaturperioden hinaus Einfluss gewinnen können. Buyx richtet den Blick auf den Übergang in eine Epoche, in der Ausnahmesituationen Teil der Normalität und wechselnde Anpassungsleistungen regel­mäßig nötig werden. Stefanie de Velasco fragt in einem litera­ rischen Beitrag, Seite 9 welche Anpassung auch die Künste leisten müssen, um in einer von Krisen geprägten Wirklichkeit Orien­ tierung bieten zu können: „Was brauche ich für Texte, um die Gegenwart zu stemmen, zu ertragen, zu verstehen, zu fühlen, zu ge­stalten?“ Die Malereien, Zeichnungen und perfor­ mativen Arbeiten des Künstlers Nicholas ­Grafia erzählen auf sehr persönliche Weise von Krisenerfahrungen, denen seine Figuren oft nur durch Transformation, durch Anpas­ sung und Tarnung, begegnen können. Und doch scheint selbst in dieser transformati­ ven Kraft die Möglichkeit zur Selbstermäch­ tigung zu liegen, wenn Krisenwissen zu Kri­ senhandeln wird.

Zu den Bildern von Nicholas Grafia

Hortensia Völckers, Kirsten Haß Vorstand Kulturstiftung des Bundes

Der 1990 in Angeles City/Philippinen ge­ borene Nicholas Grafia hat sich nicht auf ein künstlerisches Medium spezialisiert. Seine Malereien können als eigenständi­ ge Werke betrachtet werden, dienen aber genauso oft auch als Kulissenelemente in seinen Filmen und P ­ erfor­mances oder nehmen mit weiteren skulpturalen Ob­ jekten die Form räum­licher Installatio­ nen an. Seine Zeichnungen fungieren als Moodboards zur Entwicklung und Visualisierung neuer Ideen oder werden vom Künstler zu Storyboards für die Er­ probung szenischer Abfolgen verknüpft. Nicht selten ist es die bei seinen Live-Auftritten gemachte Erfahrung mit dem Pu­ bli­kum, die er zu neuen Motiven für seine musikalischen Stücke oder in bildner­ ischen Gestaltungsverfahren weiter­ver­ arbeitet. Mit seiner cross­me­di­alen Praxis schafft Grafia detailreiche „Settings“ voll von kunsthistorischen, politischen und popkulturellen Referenzen, die er oftmals um autofiktionale Elemente ergänzt. In ihnen begegnen sich mythi­ sche Sagengestalten, Berühmt­heiten aus Film, Fernsehen und dem Internet, historische Persönlichkeiten aus ver­ schiedenen Kulturräumen und mitunter auch das Alter Ego des Künstlers selbst. Indem er sie in einer einzigen Bildwelt zusammenfließen lässt, offenbart ­Grafia die transtemporale Konstruktion von ­Typen, Figuren und Identitäten. Er thema­ tisiert die In- und Exklusion bestimmter Individuen aus einer westlich geprägten Globalgeschichtsschreibung und zeigt, welchen Einfluss ihre mediale Darstel­ lung und Repräsentation auf den Einzel­ nen nehmen kann. Auf den Seiten des Magazins schlän­ geln sich viskos gewordene Gliedma­ ßen von einem Rand zum anderen und klappen sich Arme, Beine und Hände wie das Besteck eines Schweizer Taschen­ messers auf und ein. Stets scheint der Künstler die Gestalten im Moment ihrer jeweiligen Transformation abzubilden und damit der Vieldeutigkeit von Gefahr und Bedrohung durch Anpassung und Tarnung Ausdruck zu verleihen. Wenn sich Mund, Ohren, Nase im Spiegelbild zu grotesken Auswüchsen verlängern oder wächserne Maskengesichter davon­zuschmelzen drohen, dann scheint sich neben der Absurdität, die individu­ elle Einpassungsversuche mit sich brin­ gen mögen, auch die psychische und physische Belastung zu transportieren, die es bedeuten kann, ein anderer als

man selbst sein zu wollen oder werden zu müssen. Wie der Rotorkopf eines Hubschraubers umlaufen Augenpaare auf einer weiteren Zeichnung das Haupt ihres Trägers, der seinen Blick auf diese Weise gleichzeitig überall halten kann. Eine Vorsichtsmaßnahme? Die große Kraftanstrengung der permanenten Maskierung bedeutet für viele Angehörige stigmatisierter und diskriminierter Min­ derheiten jedenfalls notwendige Über­ lebensstrategie, wenn das Ausstellen von sexueller Identität, Geschlecht oder Hautfarbe eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben darstellt. Grafia zeigt, dass sie auch zum Akt der Selbstermäch­ tigung avancieren und das Los­sagen von repressiven Konventionen und Nor­ men bedeuten kann. Seit 2014 arbeitet Grafia regelmäßig mit dem 1989 in Posen/Polen geborenen Künstler Mikołaj Sobczak zusammen. Im Dialog entwickeln sie zumeist aus der Tradition slawischer und philippinischer Mythologien und Überlieferungen gene­ rierte Filme und Performances, in denen ein vermeintlicher „Volksglaube“ auf ak­ tuelle gesellschaftspolitische Debatten trifft. In ihrer im Magazin in Auszügen ab­ gedruckten Performance „The Lip Sync Sculpture“ von 2017 sind sie dafür in die Rollen der Transgender-­Aktivistinnen und Ikonen der New Yorker Stonewall-­ Unruhen der 1960er und 70er Jahre ­Marsha P. Johnson und Sylvia ­Rivera ge­ schlüpft. Nach ihrem Vorbild ringen sie hier um ge­gen­wärtige Männlichkeits­ modelle und kehren die Rolle der Opfer von Homophobie und Rassismus damit in eine der neuen Sichtbarkeit und Hand­ lungsmacht um. Ihre gemeinsame Arbeit wurde bereits europaweit ausgestellt und war zuletzt im Museum of Modern Art in Warschau (2018), bei Tramway in Glasgow (2019), beim Steirischen Herbst in Graz, im KW Institute for Contempo­ rary Art und im Haus der Kulturen der Welt in Berlin (alles 2021) zu sehen. Grafia ist ab Dezember 2021 Teil des Residenz­ programmes Art Explora – Cité internationale des arts in Paris, S ­ obczak ist Resident an der Rijksakademie in Ams­terdam. Für die Kultur­stiftung des Bun­ des waren sie 2021 im Rahmen der Ver­ anstaltungsreihe Z2X – Festival der neuen Visionäre aktiv. Stephanie Regenbrecht Kunsthistorikerin


Ja zur Angst.  Überlegungen Gefühl, das uns  Aufmerk­samk Interview mit Jedediah Purdy Neue ­E xpertinnen und neue Kulturtechniken

Der Kultur- und Rechtswissenschaftler Jedediah Purdy (JP) ist ein Theoretiker der Klimakrise — und gibt sich als solcher keinen Illusionen hin. Nur durch tief­­greifende Einschnitte in unsere Lebensweise könne es den westlichen Demo­kratien gelingen, an einer fairen Verteilung der Ressourcen auf dem Planeten mitzuwirken. Jedoch ist er auch zuversichtlich: Die Menschen hätten ihr Verhältnis zur Natur bereits so oft neu imaginiert — warum sollte uns gerade jetzt die dringend nötige Vorstellungskraft ausgehen? Ein Plädoyer für den Mut zum kulturellen Wandel.

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Herr Purdy, aktuell drehen sich viele Debatten der Klimakrise um den Erhalt und den Schutz der Natur. Sie argumentieren, dass dieses Ziel eine Wunschvorstellung sei, die wenig mit unserer tatsächlichen Situation auf dem Planeten zu tun habe. Inwiefern müssen wir unsere Vorstellungen anpassen? JP Eine wichtige Rolle spielt in der Um­ weltpolitik die Vorstellung, die Natur sei rein und unberührt gewesen, bevor wir sie zerstört hätten. Diese Vorstel­ lung ist eine Romantisierung aus einer privilegierten Perspektive. Sie blendet in ihrer Imagination einer ganzheit­ lichen Harmonie die gegenseitige Ab­ hängigkeit und die Konkurrenz aus, die um das Überleben auf diesem Planeten akut herrscht und immer schon eine Rolle gespielt hat. Für den Menschen ging es immer um die Bearbeitung von Lebensraum und um den Zugang zu Ressourcen – und damit für viele auch um einen Überlebenskampf. Aber man kann das Verhältnis auch technischer beschreiben: Wir haben das Anthropozän oder das Zeit­ alter der Menschheit erreicht, in dem alle Lebenswelt fortlaufend durch menschliches Handeln verändert wird. Für jeden Einzelnen von uns stehen circa 2.000 Tonnen bebauter und transformierter Umwelt zur Verfü­ gung. Über diesen Lebensraum sollten wir nachdenken, in ihm liegen die po­ litischen Aufgaben unserer Zukunft. Denn diese hergestellte Welt der menschlichen Gesetze, der Städte, der Transportnetze und der Energiesyste­ me ist der Ort, an dem wir eine Ge­ rechtigkeit unter den Menschen und


Nimmersatt?

zu einem sere eit schärft mit den anderen Spezies dieses Plane­ ten werden herstellen müssen. Alle Entwicklungen darin machen be­ stimmte Personengruppen mächtig und andere vulnerabel. Ob das nun lo­ kal ein neues Autobahn- oder Strom­ versorgungsnetz ist oder global die Veränderung der Erdatmosphäre und der weltweiten Wetterverhältnisse. Was wir für eine Umweltpolitik halten, dreht sich eigentlich um Ver­ antwortung. Es geht darum, und das lässt sich nun nicht mehr ohne Emo­ tionen beschreiben, wer im 21. Jahr­ hundert leben darf und wer sterben muss.

Müsste unsere sogenannte Umwelt­ politik sich also als neue politische Ethik verstehen? JP Sehr oft beinhaltet die Politik, die sich mit dem Verhältnis des Menschen zu seiner Lebenswelt auseinandersetzt, eine Hoffnung auf eine moralische und kulturelle Reform. Diese Hoffnungen sind ein sehr großer Bestandteil aktu­ eller grüner Politik und gehen ideen­ geschichtlich Jahrhunderte zurück. Ich rechne dieser Politik hoch an, eine Auseinandersetzung mit einem Teil der menschengemachten Krisen erst ermöglicht zu haben. In dieser Hin­ sicht war die romantische Natur­vor­ stellung nicht nur ein Irrtum, son­ dern auch eine produktive Erfindung. Gleichzeitig glaube ich nicht daran, dass etwa die Klimakrise Gelegenheit für moralische Neuerung geben wird. Zumindest in den nächsten Jahrzehn­ ten werden wir vor allem harte Ein­ schnitte in unsere gewohnte Lebens­ weise erleben. Mit dem rasanten Tempo eines kurzfristigen Verlustge­ fühls kann kein moralischer Wandel Schritt halten.

Worauf sollten wir dann setzen, wenn nicht auf Moral in der Krise? JP Wenn sich Menschen dem Fortschrei­ ten der Klimakrise tagtäglich stellen müssen, dann müssen sie grundlegend neue Erzählungen entwickeln, was Na­ tur und unser Leben mit ihr ausmacht. Die Bewältigung kommender Krisen wird u. a. stark von der Kraft dieser Selbsterzählungen abhängen. Und um sie zu entwickeln, brauchen wir, hier wird es fast schon dialektisch, starke physische Vorbilder aus unserer rea­ len Umwelt. Ein historisches Beispiel dafür ist die stark romantisierte, aber auch sehr produktive Politik der Wild­ nis in der US-Geschichte des 20. Jahr­ hunderts. Gegenwärtig gibt es rund 445.000 Quadratkilometer Land, die dem Wildnis-Statut von 1964 unter­ liegen und die nicht maschinell bear­ beitet werden. Das bringt messbare ökologische Gewinne. Dieser Wildnis­ status hätte sich niemals so durchset­ zen lassen, wenn es in den USA wäh­ rend derselben Jahrzehnte nicht eine so hohe Wertschätzung für National­ parks gegeben hätte. Die Nationalparks, mit ihrer etwas kruden ästhetischen Verbindung aus Vorstellungen der eu­ ropäischen Romantik, den Idealen des amerikanischen Westens und des repu­ blikanischen Patriotismus, wurden zum produktiven, vielversprechenden Vorbild für eine neue progressive staat­ liche Bodenpolitik. Solche Bilder brau­ chen wir auch für unser heutiges Kri­senmanagement.

Wie könnten solche Bilder aussehen? JP Um unser Denken für die aktuellen Krisen zu rüsten, brauchen wir kom­ plexere Bildwelten als die der National­ parks, welche die sonst abstrakten

politischen Zusammenhänge sichtbar machen: eine Art Welttheater. Nah­ rungskreisläufe und unsere Metho­ den der globalen Nahrungsmittelpro­ duktion wären beispielsweise ein sehr passendes Sujet für dieses Theater. Niemand weiß, in welches Leid er verwi­ckelt ist oder was er Gutes tut, bis er seinen grundlegenden täglichen Metabolismus mit der Welt verstan­ den hat. Auch die Pandemie hat diese thea­ tralen Eigenschaften. Sie hat wie ein medizinisches Kontrastmittel gewirkt, das für Untersuchungen in die Blut­ bahn, also in ein gesellschaftliches System, gespritzt wird und Vulnera­ bilität in Zeiten der Gefahr sichtbar macht. Angst und Rationalität in der Krise

Glauben Sie, dass wir aufgrund der Abstraktheit mancher Krisen­ phänomene nicht die nötige Angst verspüren, die es für konsequentes Handeln bräuchte? JP Thomas Hobbes vertrat die These, dass die Notwendigkeit für politische Steue­ rung in Gemeinschaften in deren An­ fälligkeit für Furcht und Angst läge. Und dass wir Institutionen erschaffen müssten, die uns dabei unterstützen, diese Angst sinnvoll zu regulieren, also auf reale Auslöser angemessen zu re­ agieren und unsere konfuse Angst­erfahrung zu überwinden. Angst kann eine Basis für kollektive Aktionen bil­ den oder zu Misstrauen und Rückzug führen. Diese beiden Prozesse laufen immer parallel. Also sage ich Ja zur Angst! Wenn Angst richtig verstanden wird, lenkt sie Aufmerksamkeit auf das, was uns am wichtigsten ist. Aber

Wie lange reichen unsere Mittel noch für den Wohlstand aller? Die Ausbeutung un­ serer Ressourcen wurde lange als not­wen­ diger Teil des kapitalistischen Systems in Kauf genommen, wird aber seit der Co­ rona-Krise erneut vielfach hinterfragt. In Münster nimmt die dreiteilige Ausstellung Nimmersatt? Gesellschaft ohne Wachstum denken dieses Moment zum Ausgangspunkt, um über alternative Formen des Handelns nachzudenken, und fragt mittels künstleri­ scher Arbeiten: Haben wir Möglichkeiten zu einem Neuanfang, einer anderen Logik, einer systemischen Umkehr und einer Neuord­ nung? Sind wir fähig, andere Wege zu gehen und den totalen Kollaps abzuwenden? Wie könnten diese aussehen?
Nimmersatt? wird diese komplexen Fragen im LWL-Museum für Kunst und Kultur, in der Kunsthalle Münster, im Westfälischen Kunstverein sowie im öf­ fentlichen Raum Münsters verfolgen. Im Fo­ kus stehen Werke, die neue Betrachtungs­ weisen und Denkfiguren vorschlagen und andere politische und soziale Modelle ins Gespräch bringen. Die Ausstellung debat­ tiert, wie eine Zeit des Postwachstums aus­ sehen könnte und reflektiert dabei auch, wie das „Betriebssystem Kunst“ samt sei­ ner Produktions- und Transportkosten in ei­ ner Zeit des Postwachstum sinnvoll gestal­ tet werden kann.

Ausstellung: 27.11.2021 – 27.2.2022
 → www.lwl-museum-kunst-kultur.de

wenn wir uns unserer Angst nicht be­ wusst werden, dann kann sie dazu verleiten, die Welt wie die Bilder eines Schattentheaters zu sehen.

Sie haben sich viel zu wahnhaften Ängsten geäußert, die in den letzten Jahren in der US-amerikanischen Gesellschaft an Einfluss gewonnen haben. Auf welche Akteure und Kräfte setzen Sie, um diesen ent­gegenzuwirken? JP Erst einmal sind meine Hoffnungen be­ grenzt, denn in den USA sind demo­ kratische Verabredungen für bis zu 40 Prozent der Bevölkerung nicht län­ ger verbindlich. Ich glaube, dass diese Entwicklung zukünftig auch andere westliche Staaten betreffen könnte. Wenn ich aber doch auf etwas setze, dann auf die erlebbaren Erfolge einer neuen Real­politik. Denn nur diese Real­ politik kann die positiven Möglichkeiten der Staatlichkeit erlebbar machen, die in der Lüge von der gestohlenen

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Global Angst Angst ist in Krisenzeiten, ob in Bezug auf Wirtschaft, Klima oder Pandemie, ein globa­ les und entgrenztes Phänomen, das sich weder lokalisieren noch isolieren lässt, son­ dern längst alle gesellschaftlichen Bereiche durchdrungen hat. Dieses Phänomen und die Überlegungen des Philosophen Paul Virilio zur „Administration of Fear“ macht der Kulturanthropologe Julian Warner zum Ausgangspunkt und Leitmotiv für die künstleri­ sche Konferenz Global Angst. An verschie­ denen Orten im Münchener Stadtraum insze­ niert Warner eine „Versammlung der Angst“ in drei Akten: Im „Parlament der Angst“ tref­ fen kritische Denkerinnen und Theoretiker wie Bini Adamczak, Klaus T ­ heweleit und Timnut Gebru auf internationale Künstler­­ (-kollektive), darunter Elaine Mitchener und The Notwist, um in Vorträgen, Diskussionen und Performances unterschiedliche Facet­ ten globaler Ängste zu verhandeln und Me­ chanismen ihrer Instrumentalisierung frei­ zulegen. Ein Umzug („Angstmarsch/Sich­erheitsparade“) durch die Münchener Innen­ stadt soll im zweiten Teil des Projekts den Bayerischen Flüchtlingsrat, die feministi­ sche Burschenschaft Molestia und andere zivilgesellschaftliche Akteure mit Künstler­innen und Aktivisten sowie Vertreterinnen der Münchener Polizei zu einer „Koalition der Angst“ zusammenbringen. Höhepunkt und Abschluss der dreitägigen Konferenz ist die zeremonielle Verbrennung eines fünf Meter hohen „Wicker Man“ auf dem Olympiaberg durch die Künstlerin Anna McCarthy.

Um unser Denken für die aktuellen Krisen zu rüsten, brauchen wir komplexere Bildwelten — eine Art Welttheater.

Künstlerische Konferenz / Performance: 22.10.– 6.11.2021
 → www.spielart.org

Wahl symbolisch zur Disposition ge­ stellt wurde. Die aktuelle Regierung weiß, dass ihr nur wenig Zeit bleibt, um möglichst vielen Bürgern vorzu­ führen, wie funktionstüchtig dieser Staat auch in Krisenzeiten bleibt. Hier muss also eine realistische Angst vor einer autoritären Entwicklung ab jetzt Regierungshandeln und gesellschaft­ liche Innovation vorantreiben. Neue Institutionen und neue Regierungsstile

Wie müsste diese Innovation in den kommenden Jahren aussehen? JP Wichtig sind zum einen infrastruktu­ relle Maßnahmen und Investitionen, deren Erfolge für alle sichtbar und motivierend sind. Der Green New Deal spielt hier eine entscheidende Rolle, weil er die soziale Dimension der Klima­ krise berücksichtigt. Ebenso wichtig ist die Art der Kommunikation über

die Krise. Das mag sich verrückt an­ hören, aber Politik auf US-Bundesebene muss endlich wieder langweiliger wer­ den! Sie muss konkrete Probleme best­ möglich analysieren und über prag­ma­ tische Maßnahmen informieren, statt große weltanschauliche Konfliktlinien zu zelebrieren. Das wäre eine Erleichterung.

Wenn die Kommunikation in der Krise so wichtig ist, müssen wir dann nicht auch ehrlich darüber sprechen, wie unzureichend viele Maßnahmen zur Krisenbewältigung tatsächlich sind? JP Innovation entsteht im Kleinen, Ver­ trauen in den Staat ebenso. Große, öf­ fentlich zur Schau gestellte Ideale er­ zeugen immer Misstrauen – und nicht zu Unrecht. Klimapolitik beispielswei­ se wurde in der Vergangenheit entwe­ der mit dem Framing der großen Wie­ dergutmachung an der Natur oder der bevorstehenden Apokalypse behandelt. Weder noch wird eintreten. Es wird eine Politik der aufeinanderfolgenden Krisen und eines Krisenmanagements geben, dem es nur gelegentlich gelin­ gen wird, einige Dinge besser zu ma­ chen. Es kann in der Summe aber viel mehr getan werden, wenn man es kleinteiliger angeht.

Was wird das für unser individuelles Leben bedeuten?

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JP Wir werden uns ökologisch gesehen privaten Wohlstand auf globalem Ni­ veau nicht leisten können. Wofür wir aber genug verfügbare Ressourcen ha­ ben, sind öffentlicher Wohlstand und geteilte Infrastrukturen. Daher ist ein Teil meiner Vorstellung von Commonwealth, unser politisches Leben dar­ auf auszurichten, gemeinschaftliche

Ideen vom Umgang mit unseren Res­ sourcen und öffentlichen Gütern zu erzeugen. Hier reicht es tatsächlich nicht, Ver­­ änderungen politisch pragmatisch zu steuern: Wir brauchen andere Grund­ satzfragen. Ich sehe Commonwealth als etwas, das Aufmerksamkeit auf die faktische wechselseitige Abhängigkeit für unser Überleben lenkt, um konkret zu hinterfragen, was das Wirtschafts­ system überhaupt produziert. Auch, welche Art von Leben es produziert. Was für Beziehungen? Wie viel Schaden verursachen wir dadurch, dass wir da­ rin leben? Ist es für uns möglich, in die­ sem System zu leben und anderen da­ bei zu helfen, auch gut zu leben? Und wie viel tragen wir dazu bei, das abzu­ nutzen und wegzuessen, was für alle da ist? Neue ­E xpertinnen und neue Kulturtechniken

Viele Menschen verbinden mit einer solchen Vorstellung von Vergemein­ schaftung auch Enteignungen – und lehnen ein solches Vorgehen grund­ sätzlich ab. JP Natürlich sind die Vorbehalte riesig, das ist gerade mir als Amerikaner sehr bewusst. Aber es gibt bereits ein ande­ res, unbelastetes Vokabular und Gedan­ ken, die den Weg ebnen könnten. Kaum jemand stellt infrage, dass kritische Infrastruktur wie Wasserversorgung in staatlicher Hand am besten aufge­ hoben ist. Und im Zuge von Debatten zur Dekolonisation normalisieren wir gegenwärtig die Forderung, dass Mu­ seen und Sammler ihren Besitz an Raubgütern an die Staaten der ehema­ ligen Kolonien zurückgeben sollten. Wie weit ist der Weg denn eigentlich,

diese Überlegungen auf knappe Res­ sourcen wie Grundbesitz oder auf neue öffentliche Orte wie Soziale Medien im Internet anzuwenden? Ist das so uner­ reichbar, so weit weg von unseren Wertvorstellungen?

Solche Wertvorstellungen entwickeln sich oft zunächst in überschau­baren Zirkeln, bevor sie in breiten Debatten aufgegriffen werden. Braucht es für die kommenden Veränderungen vor allem Vordenker oder breite Mehrheiten? JP Ich denke, der moderne Staat mit ­allen seinen ökonomischen Verflechtungen ist derzeit so kompliziert strukturiert, dass Teile einer Neuausrich­tung im Sinne des Commonwealth nur durch seine Regierung und Expertenein­ schätzungen voranzubringen sind. Die Biden-Regierung hat beispielsweise Analysten damit beauftragt, für die sinnvolle Abwägung zwischen Umwelt-, Handels- und Geldpolitik neue Modelle zu entwickeln, die nicht die Funktions­ weise der Märkte doublieren, sondern Alternativen zu Kosten-­Nutzen-Rechnungen vorschlagen. Die hierfür benö­ tigte fachliche Spezialisierung macht solche Alternativen natürlich zunächst zu elitären Projekten. Ohne die bereits angesprochenen neuen Erzählungen und realen Erfahrungen, wie ein zu­ künftiges Zusammenleben denn funk­ tionieren könnte, gewinnen diese Ex­ perteneinschätzungen aber keinen breiten Rückhalt. Und hierfür braucht es sehr unterschiedliche Stimmen, Ge­ meinschaften und Vorbilder. Entscheidend ist für alle Beteilig­ ten, dass wir eine bewusste politische Veränderung unserer Bewertungs­maßstäbe anstrengen müssen. Unsere Ökonomien sind derzeit an sich amoralisch,


wir brauchen aber, um eine alte deut­ sche Unterscheidung zu bemühen, eine ökonomische Moral für sich, die sich aus den durch uns festgelegten Zwe­ cken, aus den Erfordernissen unser aller Überlebens ableitet – das wird ein Kraftakt! Neue Institutionen und neue Regierungsstile

Sie beschreiben, dass entscheidende Handlungsspielräume und politische Einflussmöglichkeiten an den Natio­ nalstaat gebunden sind. Gleichzeitig sehen wir immer wieder, wie fragil die staatlichen Infrastrukturen sind. Wo liegen also die Gefahren, wenn wir uns auf den Staat verlassen, und wie kann man ihnen begegnen? JP In den USA haben wir in den letzten Jahrzehnten vor allem gesehen, wel­ ches Gefahrenpotenzial ein Staat birgt, wenn er gegenüber den Prozessen der Monopolisierung neutral bleibt. Das Resultat war die massive Anhäufung von politischer und kultureller Einfluss­nahme durch neue Plattformen wie ­Facebook oder Twitter, die ausschließ­ lich kulturellen und marktwirtschaft­ lichen Mechanismen unterliegen und damit staatlicher Informationsinfra­ struktur Konkurrenz machen. Zu einem gewissen Grad hat die Trump-­Regierung eine Markenkampagne lanciert, die außer Kontrolle geraten ist und aus Versehen den Staat eingenommen hat. Aber das bedeutet natürlich nicht im Umkehrschluss, dass dem „klassi­ schen“ Staat vertraut werden kann. Ich tendiere zu folgender Sichtweise: In unserer transatlantischen liberalen Kultur der letzten Jahrzehnte haben wir Angst, Misstrauen und Verach­ tung gegenüber dem Staat kultiviert.

Angesichts seines Angriffs durch pro­ fitorientierte Akteure haben wir jetzt keine andere Möglichkeit, als seine In­ stitutionen neu zu gestalten. Sie kön­ nen uns nur schützen, wenn wir es ih­ nen zutrauen.

Beziehen sich diese Gedanken vor­ nehmlich auf die westlichen Demo­ kratien oder haben die starken Institutionen, die wir etwa in China sehen können, mit Ihren Überle­ gungen etwas gemeinsam? JP Ich beanspruche in dieser Frage keine Autorität. Es scheint mir so – und das ist überhaupt kein origineller Gedan­ ke – dass die Kommunistische Partei Chinas, die natürlich nicht die chine­ sische Nation oder die mehr als eine Milliarde umfassende chinesische Be­ völkerung abbildet, es sich zur Aufgabe gemacht hat, zu einer historischen He­ rausforderung für die liberalen Demo­ kratien zu werden. Dieses Vor­haben wird ­begünstigt durch eine weitere Herausforderung der Demokratien, nämlich durch den Klima­wandel. Durch ihn müssen Regierungen ein anderes politisches Zeitgefühl entwickeln. Maßnahmen müssen in einem Umfang und mit einem Nachdruck umgesetzt wer­ den, der den geologischen Krisen ge­ wachsen ist. Es ist keineswegs klar, dass wir das demokratisch leisten kön­ nen. Es hat sich bisher noch nicht he­ rausgestellt, dass irgendeine Politik das kann. Aber ein Staat mit viel Macht über schnelle Entwicklungen, wie sie der chinesische Staat seit 25 Jahren hat, ist dafür einmalig gut aufgestellt. Die chinesische Wirtschaft ist in ihrer aktuellen Verfasstheit noch sehr jung und so konstruiert, dass sie diesen He­ rausforderungen in Zukunft besser gewachsen sein wird. Momentan pas­ siert in China genau das, was ein Staat

braucht, um sich für die kommenden Krisen zu wappnen: Investitionen wer­ den im Bereich Infrastruktur und Energie getätigt. Wir wissen, dass der Wes­ ten genau das auch tun müsste. Zum Beispiel müssten zwei bis drei Prozent der jährlichen Investments in Fonds umgelenkt werden, durch die man etwa neue Branchen der Energiewirtschaft aufbauen könnte. Solch eine Investiti­ onstätigkeit hält sich in autoritären Staaten jedoch auch nur für eine ge­ wisse Zeitspanne. Das Scheitern an der Krise

„Der Westen müsste so handeln,“ sagen Sie. Klingen hier Zweifel mit, ob der Westen, sprich der demokra­ tische Kapitalismus, solche neuen Handlungsmuster entwickeln kann? JP Die Demokratien der Nordhalbkugel sind unvollkommen und fehlerhaft. Was sie aber weiterhin von allen anderen Gesellschaftsmodellen unterscheidet, sind ihre Forderungen nach kollektiver Entscheidungsfindung und nach der Gleichberechtigung aller Menschen. In einer Welt, die wir, ob wir wollen oder nicht, fortwährend füreinander gestal­ ten, gilt es weiterhin, genau danach zu streben. Deshalb ist der einzig sinnvol­ le Weg derzeit, die Demokratien hin­ sichtlich ihrer Effektivität in Krisen zu reformieren. Wir haben keine andere Wahl, als uns auf das offene Experi­ ment einer demokratischen Lösungs­ findung einzulassen. Die Fragen stellte Jeanne Bindernagel. Aus dem Englischen von Emma Hughes

Es lässt sich nun nicht mehr ohne Emotionen beschreiben: Es geht darum, wer im 21. Jahrhundert leben darf und wer sterben muss. Jedediah Purdy ist Professor für Rechts­wissenschaften an der Columbia Law School in New York. Er beschäftigt sich mit der Natur im Anthropozän, dem Zustand der amerikanischen Gesellschaft und der gemeinwohlorientierten Commonwealth-­Demokratie aus juris­tischer wie aus kulturwissenschaftlich-philosophischer Perspektive. Dabei nimmt er immer wieder Bezug auf klassische amerikanische Denker wie Henry David Thoreau und Ralph Waldo Emerson, deren transzendentalistische Ansätze er auf das aktuelle politische Klima der USA überträgt und im Geiste derer Purdy selbst als Teil einer selbstversorgenden Aussteiger-Community aufgewachsen ist. Zu seinen Veröffentlichungen zählen Das ist Amerika: Freiheit, Geschäft und Gewalt in der globalisierten Welt (Europäische Verlagsanstalt, 2003) und zuletzt Die Welt und wir: Politik im Anthropozän (Suhrkamp, 2020).

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Der Google­Instinkt Elena Esposito & Laokoon Die Wette gilt! Das Kollektiv Laokoon hat mit dem künstlerischen Daten­ experiment Made to Measure behauptet, die letzten fünf Jahre im Leben eines Menschen ausschließlich anhand seiner im Netz hinterlassenen Datenspuren rekonstruieren zu können. Ihr Versuch gibt einen Ausblick in eine Zukunft, in der Datensammlungen massiv an politischem und markt­wirt­schaftlichem Einfluss gewinnen werden. Die Forschung der Soziologin Elena Esposito (EE) war Laokoon Inspiration für ihr Projekt. Hier diskutieren Cosima Terrasse von Laokoon (L) und Esposito über die Kulturtechniken, die wir für ein kommendes „Zeitalter der algorithmischen Prophezeiung“ als einer Krise der Freiheit und Autonomie des Individuums entwickeln müssen.

Neue ­E xpertinnen und neue Kulturtechniken

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Liebe Elena Esposito, Ihre Arbeit hat uns in der Entwicklung unseres aktu­ ellen Projekts Made to Measure sehr beschäftigt. In dem Projekt arbeiten wir mit Vorhersagen, die Algorithmen über individuelle Zukunftsentwick­ lungen auf der Grundlage von Daten­ spuren aus dem Internet treffen. Was glauben Sie, wie sich unsere Vorstel­ lung von der Zukunft in den nächsten Jahren hierdurch verändern wird?

EE Vorweg etwas Grundsätzliches: An un­serem Umgang mit Zukunft hängt unser ganzes Verständnis moderner menschlicher Individualität und Selbst­ bestimmtheit. Dass wir die Zukunft durch unsere Entscheidungen und Handlungen erst selbst erschaffen, ist seit der europäischen Moderne eine Überzeugung, die zu unserem heuti­ gen menschlichen Selbst­bewusstsein entscheidend beigetragen hat. Aber

an diesem hart erkämpften Selbstver­ ständnis ändert sich in naher Zukunft eventuell einiges, weil wir in ein neues kulturelles Zeitalter eintreten könn­ ten, das über Zukunft grundsätzlich anders nachdenkt: Ich nenne es das Zeitalter der Prophezeiung. L

EE Ja. Ich beschäftige mich mit den sozi­ alen Konsequenzen des Maschinen­ lernens. Es hat unter anderem das ex­ plizite Ziel, unsere individuelle und kollektive Zukunft präzise voraus­zu­­ sagen. Das ist zunächst eine Behaup­ tung. Aber bereits eine solche verän­ dert fundamental, wie wir mit der Unsicherheit umgehen, die eine offene Zukunft immer auch bedeutet. Ich glaube, man kann die Tragweite der sich hier anbahnenden kulturel­len Ver­änderung am besten verstehen, wenn man die Analogie zu den Praktiken der Prophezeiung aus der antiken Mytho­ logie eingeht. L

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Und Big Data spielt hierbei eine ent­ scheidende Rolle.

Wie damals der Flug der Vögel und der plötzliche Wetterumschwung zur Vor­ hersage der Zukunft ausgedeutet wur­ den, wird es heute unsere Suchhistorie bei Google?

EE In etwa, ja. Mein Vergleich beruht auf drei Aspekten, die beschreiben, was die zweifelhafte Qualität der algorith­ mischen Vorhersagen ausmacht und warum diese unseren modernen An­ forderungen an Prognostik eigentlich nicht standhalten. Der erste Aspekt

ist, dass wir den hohen Grad an Zufäl­ ligkeit von Vorhersagen ausblenden: Algorithmen nutzen alle möglichen zu­ fällig ähnlichen Daten aus dem Inter­ net, um Vorhersagen über die Zukunft zu produzieren. Trotzdem werden diese Vorhersagen teilweise behandelt, als stünde hinter ihnen ein sinnhafter, strukturierter Analyseprozess. Auch antike Naturbeobachtungen haben aus Ähnlichkeiten grundsätzliche Schlüs­ se ziehen wollen: „Immer, wenn das Wetter umschlägt, sind die Götter er­ zürnt und die Schlacht wird in einer Niederlage enden“. So erklären uns Al­ gorithmen im Prinzip heute wieder die Zukunft und wir nutzen solche Infor­ mationen tatsächlich bereits ganz ernsthaft! Ein zweiter Aspekt meines Ver­ gleichs betrifft die Individualisierung von Zukunftserwartungen: Algorith­ mische Prognosen sollen für ein ganz bestimmtes Individuum zutreffend sein – so, wie die seherische Prophe­ zeiung auch. Wenn das Orakel von ­Delphi in den mythologischen Erzäh­ lungen um eine Prophezeiung gebeten wurde, dann durch eine spezifische, personenbezogene Frage: „Wird meine Heirat durch Kinder gesegnet sein?“ oder „Wird die Schlacht für mich gut ausgehen?“. Es war nicht die Rede von Durchschnittswerten, Wahrscheinlich­ keiten oder allgemeinen Entwicklungs­ trends. Und auf Fragen von solch einer individuellen Qualität versprechen sich beispielsweise Unternehmen heute al­ gorithmische Antworten: „Wer wird sich am 2. August in Berlin ein rotes Kleid kaufen? Das werden Sie sein!“

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Vermutlich! Wenn Sie das sagen …

EE Nicht ich. Wenn es der Algorithmus vorhersagt! Das Beispiel zeigt auch, wie unsicher eine solche individualisierte Vorhersage ist, von welcher Menge an nicht einrechenbaren Faktoren ihre Verwirklichung tatsächlich abhängt. Aber genau solche Vorhersagen werden getroffen und Firmen zahlen dafür. Und der dritte Aspekt sind die per­ formativen selbsterfüllenden Eigen­ schaften sowohl der antiken Prophe­ zeiung – denken Sie an Ödipus – als auch der algorithmischen Prognose. Der französische Soziologe Dominique Cardon sagt, dass der Algorithmus die durch ihn vorhergesagte Zukunft pro­ duziert. Ihnen werden Produkte, poli­ tische Überzeugungen und soziale Kontakte im Netz vorgeschlagen, weil der Algorithmus sie für passend hält. Sie lernen diese vielleicht so erst ken­ nen und ihr Konsumverhalten oder sogar ihr Weltbild verändert sich Stück für Stück. Der Algorithmus baut an der Zukunft, die er vorhersagen will. Insofern wird es am Ende sogar wirklich wahrscheinlicher, dass Sie das rote Kleid kaufen – weil eine Viel­ zahl von vorgeschlagenen Bildern und Artikeln im Netz es ihnen im Vorfeld immer wieder nahegelegt haben. Das Scheitern an der Krise

L In unserem Projekt Made to Measure hat uns interessiert, wie sich diese neuen Qualitäten der algorithmischen Vorhersage auf ein individuelles Leben


auswirken. Deshalb sind wir ein Ex­ periment eingegangen: Ist es möglich, für eine Person einen perfekten Dop­ pelgänger zu erschaffen, für den die Grundlage allein Daten bilden, die die­ se Person über die Zeit von fünf Jahren hinweg bei Google, Facebook und Co. hinterlassen hat? Diese Daten hat die so genannte Datenspenderin bei den genannten Firmen angefordert und uns zur Analyse übergeben. Wir haben dann allein auf Grundlage der Daten, die wir gemeinsam mit Spezialistinnen ausgewertet haben, ein Double der Per­ son erstellt und wichtige Stationen aus den fünf Jahren mit einer Schauspie­ lerin filmisch inszeniert – von Bezie­ hungsenden über neue Wohnorte und Tagesabläufe, große mentale Tiefs und Neuanfänge der Person, alles möglichst detailgenau. Am Ende hat unsere Da­ tenspenderin dann zu unserem Rekon­ struktionsversuch Stellung genommen und ihre Version der eigenen Lebens­ geschichte beigetragen. Wir konnten anhand der Daten und vor allem der Google-Suchanfragen nachverfolgen, wie sich Vorlieben, Ein­ stellungen und Interessen der Person über die Zeit hinweg entwickelt und sehr grundlegend verändert haben. Der Algorithmus hat hier zunächst viele Aspekte treffsicher identifiziert. Zu Beginn des Datensatzes standen Stra­ tegien zur körperlichen Selbstoptimie­ rung und für gesellschaftliche Anerken­ nung im Zentrum der Google-­Suchen. Angezeigt und von ihr geklickt wurden Angebote von Nahrungsmittelergän­ zungen über Diätprogramme bis hin zu Fitnesskursen. Das sind für Google finanziell relevante Produkte und des­ halb spielten diese Aspekte im Profiling unserer Datenspenderin durch den Algorithmus eine wichtige Rolle. Zu­ nächst lag die Vorhersage auch richtig: Das Interesse der Person an genau den angezeigten Inhalten wuchs lange wei­ ter, wurde sogar obsessiv. Als sich aber die Wertvorstellun­ gen und Wünsche der Person sukzessi­ ve veränderten, sie sich beispiels­weise nach beruflichen Veränderungen und Weiterbildungsmöglichkeiten umsah, basierten die ihr angezeigten Empfeh­ lungen weiterhin auf ihren alten, luk­ rativeren Gewohnheiten und konfron­ tierten sie immer wieder mit den für sie selbst schädlichen Mustern. Man kann nicht mal sagen, dass der Algo­ rithmus ab hier falsch lag, denn tat­ sächlich verfiel die Datenspenderin durch die Konfrontation mit bestimm­ ten Produkten immer wieder in eben diese Muster – das berührt den drit­ ten Aspekt Ihres Vergleichs, die selbst­ erfüllende Prophezeiung, und bestä­ tigt, dass der Einfluss des Algorithmus in unserem Beispiel sich tatsächlich äußert machtvoll auf die Entwicklung eines individuellen Lebens ausgewirkt hat und das auch bis heute weiter tut. Aber gleichzeitig verfügte unsere Datenspenderin eben auch über Ressourcen, um ihr Leben zu verändern: wach­ sende Neugier auf ein anderes Lebens­ umfeld, Selbstbewusstsein durch Erfolge im Studium. Zum Glück ist jedes Leben doch komplexer und vielfältiger als das Modell, das der Algorithmus von ihm anlegt. EE Das ist ein faszinierendes Projekt, weil es einen Prozess zeigt, der einen in be­ stimmten verletzlichen Lebensphasen regelrecht in die eigene Vergangenheit zurückversetzt. Es wäre naheliegend, die Großkonzerne und ihre Program­ mierer dafür verantwortlich zu ma­ chen. Aber es gibt in der Forschung viele Anhaltspunkte dafür, dass diese Schuldzuweisung zu kurz greift. Das konservative Moment stammt aus den Daten selbst, die wir im Netz hinter­ lassen. Menschliches Verhalten wird sehr oft eben nicht durch innovative, sozial verantwortliche und selbst­ reflexive Muster geleitet. Grundsätz­ lich neigen wir im Gegenteil dazu,

dieselben Trends immer wieder zu verstärken. Das bedeutet, dass Inno­ vation auch in der digitalen Kultur eine Ausnahme ist. Neue ­E xpertinnen und neue Kulturtechniken

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Zum Glück ist jedes Leben komplexer und vielfältiger  als das Modell, das der Algorithmus von ihm anlegt.

Natürlich sind wir es selbst, die im Netz Datenspuren hinterlassen und Entscheidungen in eigener Verantwor­ tung treffen. Aber diese Spuren prä­ gen sich nicht auf neutralem Grund ein. Wir hinterlassen sie in einem digi­ talen Universum voller programmier­ ter Vorentscheidungen darüber, wel­ che unserer Angewohnheiten für Dritte ökonomisch relevant sind. Be­ vor wir im Netz irgendeine Entschei­ dung treffen können, hat der Algorith­ mus unsere Möglichkeiten schon auf eine sehr überschaubare Auswahl eingeschränkt. Außerdem findet un­ sere persönliche Entwicklung in Co-­ Abhängigkeit mit der digitalen Umge­ bung statt, die uns ebenso prägt wie die analoge. Manchmal gehe auch ich trotz besseren Wissens zur Suchma­ schine Google zurück. Ich bin mit ihr aufgewachsen und habe einfach einen Instinkt dafür entwickelt, wie ich mich innerhalb dieses vertrauten Systems bewege. Es gibt sogar den Wunsch, diesem System zu gefallen – wenn es persönlich und ökonomisch relevant wird. Zum Beispiel, wenn Youtuber ihre Zuschauer regelmäßig auffor­ dern: „Bitte hinterlasst einen Kom­ mentar, das liebt der Algorithmus.“

EE In beide Richtungen – bei Mensch und Algorithmus – werden dabei aber vor allem Informationen angesammelt, es findet kein Lernen im Sinne von Inno­ vation statt. Nur sehr bewusste Um­ gangsweisen mit dem Internet, die Manipulationen von Technik, verän­ dern das. Solche bezeichnet man als Reverse-Engineerings und sie beru­ hen zum Beispiel auf der Parodie er­ wartbaren Verhaltens, auf Humor und auf klugen Tricks – auf Kunst im al­ lerweitesten Sinne. Im Moment liegt der einzige Zugang zu solchen Umgangsweisen mit dem Internet im kulturellen Vermögen und Wissen von Individuen. Aber eine durchschnittlich informierte Person kann nicht ansatzweise überblicken, zu welcher Form der Datenerhebung sie ihre Zustimmung gibt. Unsere Da­ tenspenderin hat ihre Zustimmung etwa an Google gegeben – und dann später an unser Experiment. Aber war ihr klar, dass sich aus diesen Da­ ten fünf Jahre später das Muster ei­ ner Essstörung ableiten lassen würde? Rückblickend zeichnet sich das in den Daten ab und spielt auch tatsächlich für die Biografie der Datenspenderin eine Rolle – doch das war fünf Jahre zuvor für sie noch nicht absehbar. Zu Beginn hat diese Person einfach auf „Cookies akzeptieren“ geklickt und hatte keine Vorstellung davon, dass ein Modell, eine Typisierung ihrer Persönlichkeit erstellt werden würde und wie stark dieses Modell sich unter anderem auch durch die folgenden personalisierten Produktangebote und vorgeschlagenen Inhalte aus dem Internet immer stärker selbst ver­ wirklichen sollte. Wie sollen wir uns verändern, wie können wir uns selbst entkommen, wenn wir uns in technisch selbstver­ stärkenden Mustern bewegen, die sich zuallererst auf die kommerziali­ sierbaren Aspekte unseres Verhaltens beziehen? Unser Wissen über diese Modellbildung wird deren Wirksam­ keit unter Umständen auch gar nicht brechen, sondern psychologisch sogar noch verstärken. Ist es also vielleicht sogar besser, das Wissen der Inter­ netkonzerne über uns einfach zu ignorieren? L

Angst und Rationalität in der Krise

EE In der Medizin gibt es, dem vergleich­ bar, das Recht auf Nichtwissen. Es gibt Fälle, in denen Personen beispiels­ weise nicht mit ihrer vermutlichen Lebenserwartung angesichts einer schweren Krankheit konfrontiert wer­ den möchten. Aber Dritte, etwa Versi­ cherungen, werden uns auf Grundlage von so genanntem kontextuellen Pro­ filing anders behandeln, weil sie plötz­ lich mehr über unsere Krankheit zu wissen meinen als wir. Es gibt auch Situationen, in denen Dritte tatsäch­ lich ein moralisches Anrecht auf diese Informationen und Daten haben. In unserem Beispiel wären das Angehö­ rige, die vom Risiko einer vererbbaren Krankheit wissen sollten. Hier zwischen verschiedenen Rechten an Daten abzu­ wägen, wird eine der großen künfti­ gen Rechtsherausforderungen an un­ sere Gesellschaften sein. L

Was diese Fragen noch komplizierter macht, ist, dass individuelle Schick­ sale darin nur als Verantwortung ver­ einzelter Menschen – und nicht als geteilte gesellschaftliche Aufgabe – betrachtet werden. Neue Institutionen und neue Regierungsstile

EE Bisher mussten und konnten sich viele europäische Gesellschaften auf eine Infrastruktur verlassen, die man als geteilte Unsicherheit bezeichnet. Diese

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beruhte etwa im Versicherungswesen auf allgemeiner Statistik statt auf in­ dividueller Prognose. In Europa ver­ stehen wir diese Vergesellschaftung von Risiko bislang als Motor für Inno­ vation, denn Absicherung ist ein Ak­ tivator für menschliche Risikobereit­ schaft. Wenn aber die Konsequenzen meines individuellen Lebensstils vor­ aussagbar wären, wer wäre dann noch bereit, meine Sicherheit finanziell soli­ darisch mitzutragen? Wer lässt sich wissentlich mit einer Person mit Ess­ störung auf eine kollektive Kranken­ versicherung ein, wenn für eine Seite hohe Behandlungskosten wahrschein­ lich sind und für die andere nicht? Wir können niemandem verbieten, sich lieber auf seine individuelle Ana­ lyse durch Big Data als auf die Absi­ cherung in der Gemeinschaft verlas­ sen zu wollen – aber die Konsequenzen berühren Grundannahmen unseres Zusammenlebens.

des Internets zukünftig stärker Ein­ fluss darauf nehmen lassen, was genau Maschinen über sie lernen – Individu­ en sollen den Algorithmus bewusst mit von ihnen ausgewählten Informatio­ nen etwas über ihre Vorlieben und Er­ wartungen lernen lassen. Mich würde aber auch interessie­ ren, ob die Protagonistin Ihres Pro­ jekts einen ganz persönlichen Weg gefunden hat, sich von den Prophe­ zeiungen der Algorithmen über sie freizumachen? L

Neue ­E xpertinnen und neue Kulturtechniken

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Gibt es auch technische Innovationen, die uns helfen könnten, innerhalb von Big Data solidarische Infrastrukturen zu entwickeln?

EE Es gibt ein riesiges Forschungsfeld zu Explainable AI, das vor allem auf das bessere Verstehen von Algorith­ men und der Art zielt, in der sie ihre Informationen aus Daten sammeln. Aus ­diesem größeren Wissen über algorith­ mische Lernprozesse will die internati­ onale Forschung dann Souveränität über Algorithmen gewinnen. Ich glaube, man sollte hier anders vorgehen und vor allem Künstliche Intelligenzen (KI) schaffen, die Datensätze in genau der Form liefern, die wir als gesellschaft­ liche Zielvorgabe formulieren. In der Programmierung solcher völlig neuer Kontrollmechanismen für KI stehen wir aber noch ganz am Anfang. Die Methode des so genannten Co-Con­ structing, die wir zum Beispiel in ei­ nem Forschungsprojekt der Universi­ tät ­Bielefeld untersuchen, will Nutzer

Die Person hat sich im Zuge des Pro­ jektverlaufs sehr intensiv damit be­ schäftigt, welch starke Veränderung sie in fünf Jahren durchlaufen hat – das in einem künstlerischen Experi­ ment abgebildet zu sehen, war für sie wie für uns auch eine sehr emotionale Erfahrung. Aber erst vor einigen Ta­ gen hat uns die Datenspenderin er­ zählt, dass ihre Nutzung des Internets sich eigentlich nicht grundlegend ver­ ändert habe. Sie fragt sich nur heute bei einer Google-Suche: Was würde wohl Laokoon daraus ableiten? Offen­ bar hat sie kürzlich Google gefragt: Wie kann ich eine Nonne werden?

EE Und welche Schlussfolgerungen ziehen Sie über Ihre Aufgabe als Künstlerin­ nen aus dem Projekt? L

Made to Measure findet auf einer in­ teraktiven Storytelling-Website statt – einer digitalen Bühne, wenn man so will. Mit der Funktionsweise der Web­ site verkörpern wir die sonst verdeck­ te Logik von Algorithmen. Wir machen diese sichtbar und eignen sie uns an – durch künstlerische Reproduktion und die probeweise Umprogrammierung nach unseren eigenen Regeln. Welches Erlebnis sich damit für die Besucherin­ nen der Website verbindet, und was man dabei über die Funktionsweise von Algorithmen lernt, kann man im Vorfeld nicht verraten. Nur so viel: Es ist unser Versuch, Löcher in die Black­ box von Big Data zu stanzen, indem wir uns selbst zu Autorinnen einer Lebens­ geschichte gemacht haben – auf der Grundlage eines Datensatzes.

Elena Esposito ist Professorin für Kommunikationssoziologie an den Universitäten Bologna und Bielefeld. 1990 bei Niklas Luhmann promoviert, erforscht sie als Systemtheoretikerin das Problem der Zeit in sozialen Systemen. Dabei beschäftigt sie sich u. a. mit Tech­nologien der Erinnerung, des Vergessens und der Zukunfts­vor­ hersage, sowie Mode, Fiktionen und dem Nutzen von Unberechenbarkeit im Finanzsystem. Ihr Schwerpunkt liegt dabei seit einigen Jahren auf der Erforschung der sozialen und politischen Tragweite der Implementierung algorithmischer Vorhersagesysteme – ihrem Wandel von Instrumenten zur bloßen Risikoabschätzung zu solchen der Zukunftsprognostik und schließlich zur autopoietischen Re-­ produktion alternativloser Gegenwartsszenarien. Die Gruppe Laokoon verbindet in ihren Arbeiten investigative und wissenschaftliche Recherche mit verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen. So entstehen Essays, Dokumentarfilme, Theaterproduktionen, Vorträge und Hörspiele, in deren Zentrum stets die Frage steht, wie sich unsere Vorstellung von Mensch und Gesellschaft im digitalen Zeitalter verändert.

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Die französische Künstlerin und Landschaftsarchitektin Cosima Terrasse entwickelt partizipative Performance-Projekte und lehrt seit 2018 am Social Design Studio der Universität für angewandte Kunst in Wien. Der Dokumentarfilm The Cleaners der Regisseure und Autoren Hans Block und Moritz Riesewieck über die Schatten­ industrie der digitalen Zensur in Manila hatte seine Weltpremiere auf dem Sundance Film Festival 2018 und erhielt unter anderem den Prix Europa und den Grimme Publikumspreis. 2020 ist ihr Essay Die digitale Seele im Goldmann Verlag erschienen.

Labore des Zusammen­ lebens In ihrer Veranstaltungsreihe Labore des Zusammenlebens versammelt die Kulturstif­ tung des Bundes seit Januar 2021 digitale Gespräche und künstlerische Projekte. Dazu sind Künstlerinnen und Theoretiker, Wissen­ schaftlerinnen und Akteure der kulturellinsti­tutionellen Praxis eingeladen, Szenarien unseres zukünftigen Zusammenlebens zu imaginieren und zu diskutieren. Die Form der einzelnen Labore folgt dem, was Erkenntnis­ gewinn verspricht. Das kann eine moderierte Kontroverse um schmerzliche Zerwürfnisse in der kulturellen Praxis sein; ein anderes Mal ein schneller partnerschaftlicher Aus­ tausch zu Überlegungen im Entstehen, für die in der öffentlichen Debatte weitere Mitden­ kende gewonnen werden sollen. Das Herz­ stück der Labore bilden digitale Projekte, die Künstlerinnen und Künstler im Dialog mit der Kulturstiftung als Reallabore entwi­ ckeln. Eine dieser Arbeiten ist das künstle­r­ische Datenexperiment Made to Measure, das von Laokoon und der Kulturstiftung des Bundes initiiert wurde. Bisher fanden in der Reihe Labore des Zusammenlebens fünf digitale Veranstaltun­ gen zu den Themen menschliche Selbst­ bestimmung, Erinnerungskultur im globa­ len Kontext, ostdeutsche Identitäten und Wahrheit in der Informationsgesellschaft statt. Als Gäste waren dazu u. a. der Histori­ ker Michael Rothberg, die Schriftstellerin Olivia Wenzel, der Theaterregisseur Arne ­Vogelgesang oder die Choreografin Floren­ tina Holzinger geladen. Alle bisherigen Epi­ soden können auf YouTube nachgeschaut werden.

→  w ww.kulturstiftung-des-bundes.de/ labore
 #LabZusammenleben

Made to Measure Für das künstlerische Datenexperiment Made to Measure hat die Künstlergruppe Laokoon allein auf Basis der Datenspuren einer anonymen Person eine Doppelgänge­ rin aus Fleisch und Blut erschaffen. Zusam­ men mit einer Schauspielerin und einer Da­ tenanalystin rekonstruierte und verfilmte die Gruppe wichtige Stationen im Leben dieser Person auf der großen Bühne von PACT Zoll­ verein. Einige Monate später kam es dann zur Begegnung zwischen dem Original und seinem datafizierten Double. Erlebbar ist das innovative Experiment seit Ende August 2021 auf einer interaktiven Storytelling-­ Website, die auf neuartige Weise erfahrbar macht, welche Schlüsse Algorithmen über die Persönlichkeit eines Menschen und sein künftiges Verhalten ziehen. Laokoon hat mit der Webexperience ein komplexes digitales Erzählen im und über das Netz kreiert. Made to Measure, das neben der Web­site auch eine TV-Dokumentation umfasst, macht auf eindrucksvolle Weise deutlich, wie weitrei­ chend die Einblicke in unser Seelenleben und unsere intimsten Geheimnisse sind, die wir Google, Facebook & Co. jeden Tag ge­ währen. Made to Measure wurde initiiert und gemeinsam entwickelt von Laokoon und der Kulturstiftung des Bundes. Premiere feierte das Projekt am 29. August 2021 im Rahmen von Labor #5 unserer Reihe ­Labore des Zusammenlebens.

Storytelling-Website: 
 → www.madetomeasure.online 
 TV-Dokumentation: 
 verfügbar in der ARD Mediathek und bei Play SRF → www.kulturstiftung-des-bundes.de/ made2measure
 #MadetoMeasureonline


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A Pi ndre Sk chl – a u l p t u re

S t r e e t V i e w

in g st v er , Y n r r e : spa em  •  K stle . Zo ere agho elhof Sofia nen: r a essen auf ikani So b tation n l in M obi f, E L em Ph ünst is d s e R tán ren de d v f u s c a z r ü e o ­ i t h i s L c nch arah a s, Cy ong leri n v e “ n en: u. a alit ardo esi u war on ih Groß Lebe en Kü hen Hy thia Nguy . . n b P n Z r D sic ät im orti d de Der r pro mutt ihr nst­ eut ide V imm e l d h e D H r e sc a i h g r mi die Spor ho gr r bra unga uzier er, we r jü­ b st land ns t W E ita e s , 20 l i e n i tur den 22 Mo ene t in d ifen ilian risch ten S lche Ra e Inte Panik e is en da eri r im ve u e r , 1 m N rste Kün v 9 s Th che Lyr k urz übe entio Polar Be Die A ation ckten stler 30er ema Küns iker isi en rT n n g a K u me leit­ usste lsozi Cod in Len auf, Inter tler ris nd echn im öf erung s a e e lan olo fen na n wi und llun lism s le a Ro wäh exu­ wa n, s g t un g d s g e V l r l e s u b i n Ver ndel d o zeig tur ität, D lokal ermi wird s bef isch a Hä end Kri ie in Z chen Krise en eu er nd tt se e a : u e r u d häl i C t n t t n S e l e n o i d F ag so r Sta lung mrah sst. r ub le c nd dt → sp ku ilm w ne ung is zu h, s rona m er : i t l ­ e ­ . Kü www qu gesch rogra t von A n Daten Einer Techn ellen Pand eer Ka nstle .ns-d mm ein em da al se b o e ich l y s r o Za thari risch okuz s s c g Ide te, In zu em e asis its c h ie v gese ie un Um Le kary na Ai e Lei entru nti ter Th du wert und ung scha or s lls d K g se e t s f e u. a i, He Dru ner, tung: m-m c ä d t c e in L ektio ­ Um ng un die In Vern kann ft ein eine haft lima­ r S tzung zen . •  A nrik ker, Max Karo uenc an e n Her lich etz te lina hen tru uss Ole Phi imil d fo ite ­ di ei U s i i l t s . a i m e r i r e e o s r a Mü ellun en, K pp G ne B Kühn de ll ese füh rma un Mö ung ner S p ­ d au u a g a nc we es be prob rt m tions g, an glichk agew sfor­ für rüng he und rol R fler, umg  •  Kü de kul d n p l i l a l n L a fl P c i e t e : d r e r s e d l r 2 u m h d i u s ä K e z t u 4 e n i e n ie P ich e t r e s na tne tler uns a . 3 og n ­ r r z R t n e r d t d . e – 9.1 amm ewsk osa , Cas innen die der, N räsen als re th Tac d Tec ie in Inter ische r zu ie Me rseit der H 0.2 , N s i : se ve te Ro 02 S-D , Wu ändl ils, in h ti V z 196 orw tat ine n c n e r u r 2 i m l o a n ku Tsan e, Zo l it g r­ s ige N 9 erö egen on de Aus T olo nat tion le d rze m g l s t g r e e i d á e eu st n ch nt a ffn B su r erl em H chno ie­N onale Stre r Tec rung bil­ tio ins et ihr ichte bau e ete K nd I Bienn e hn log on en nsA K ­ V s U o . u y P d l i se er B der ines uns lan al wä Zugl urch Hebb Colle rofit nst­, ew ge ogie d a e Da s K u r k DD f h u tha e k s plä rend ich a ühre el am ctive ­Org Bildu hen, ten aum u ultu R und nstm lle R on Ku Aus a r a o t n s n int zen v der P ußen wir Ufer in Ko nisa ngs­ 50 J usge nd d . Die dam useu sto gen stha tellu ie ri d in er ti o a it o u a ms i n p . n u n m m c h o n t n e a d e h d e a von össis s Sy gpro e S t m io Bege em d on ta rati n ti älde, ren u tete hema rnat uch e in k d v io Sa in ke n ls D t en Publ nalen gnun ie vor line, in P kultu che K er Vo jekt i rau on he m ik al ch n so ruck d um mm soz nal au D g, K m B tio i n a e w l Ge ositio relle unst rwer nie g e n r wir um a ünst soll e rrsch so an rV zei Au ie Sk rafik fasst ung w listis f de k – der ph lins n le en in b d g ne i un ß g n t c h r e a t e d y D i ü i we inte elfalt ersu Zent sächs gon Im R enbe ulptu en, Z eute ächs hen ca. sisch uf zw ber stoß nnen ialog en Sc den rde rna , Id cht ru eic re re ah ne za t se en d , e 2 h e z m isc n z We tiona entitä die B für hen eig 0 Ob n Au i Ebe rei W wer Expe wisch au­ wird nen men ich. n im hnun hlrei it üb öff sst gen ch t, w jek den rte rke ler ne zur die San de oc tu ze en ez v e e r n v t on Gege nd H iehun it­ m irtue ähre te von ellun n sta hen i . Die n und lich und G ein gepl Berli ierun im S lle ttfi m gs nw erk elf nd ne an Pla g e In e g F e z u r g e erf n wie n Aus Zus otog archi nden Zent ter­ und Skul ten W r Kü der ptem äng s no artsk unft K ra ru n o ch p a t s m : b u r e P s u u K t t li­ i I fi s m ier nst. ne b chen rivat ellun auer e bi ktur n ein m k unst ßena ur an edere tlerin nsth er 20 a r h t 2 r h f u A l c e a e ö l 0 yb reite kön sph g we in d s Sk wer er h l n e spr turh lle au itekt rtige ffnun ndrea Ros be­ geh ride Öffe nen. äre u itere er zu ulptu den is to n f o g ü g g A , n P d r t n U n n I e n d b usst tlich m d d M nhal ehör ge­ bäud glich orisc reift. ische mit Anfa ichl ck M a s O rri ellun keit ie Int edie te zu igen ym e ge en D he B In d Elem der ng 2 bis nn e ere g fr zu Kr un boli scha DR- rück ieser ent sie in 023 u The a ö rve f e f t e B s r n d ­ f i n f z e c f e F e a t d d z n u e N i i u o urc e n e r n g n ub he Ve n wer u und zwis orm er alt n­ g u n h egi sol ch d u ängli , find für e rb en de te Die d m

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Die interdisziplinäre Jury der Allgemeinen Projektförderung hat auf ihrer letzten Sitzung im Frühjahr 2021 26 neue Förderprojekte ausgewählt. Die Fördersumme beträgt insgesamt 4,1 Mio. Euro. Die Mitglieder der Jury sind: Marius Babias Direktor n.b.k. – Neuer Berliner Kunstverein, Prof. Dr. Manuela Bojadzijev Juniorprofessorin für Globalisierte Kulturen Leuphana Universität Lüneburg, Michael Dreyer Künstlerischer Leiter Morgenland Festival Osnabrück, Thomas Christoph Heyde Vorsitzender Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig e.V., Sabine Himmelsbach Leiterin des Haus der elektronischen Künste Basel, Tarun Kade freier Dramaturg, Bettina Masuch Direktorin Tanzhaus NRW, Heike Munder Leiterin Migros Museum für Gegenwartskunst, Dr. Katrin Schumacher Redaktionsleiterin Literatur, Film, Bühne Mitteldeutscher Rundfunk

Bild & Raum

Künstlerpersönlichkeiten u. a. von Delaine Le Ein Austausch soll darüber hinaus durch ein Bas, Manaf Halbouni und Ahmet Ögüt. In den partizipatives Rahmenprogramm aus Work­ präsentierten Arbeiten setzen sich die Künst­ shops, Screenings und Führungen erfolgen. lerinnen kritisch sowohl mit historischen als auch mit aktuellen kulturell geprägten Kons­ → www.hebbel-am-ufer.de truktionen menschlichen Zusammenlebens Künstlerische Leitung: Stephanie Hankey, Marek Tuszynski, Annemie Vanackere • Kuratoren: Stephanie Hankey, und asymmetrischen Machtverhältnissen Marek Tuszynski • Produzentin: Christy Lange auseinander. Allen beteiligten Künstlern ist • Produktion: Tactical Technology Collective & HAU Hebbel am Ufer • Hybrid-Ausstellung, HAU Hebbel am Ufer, gemein, dass sie in verschiedenen Kulturen Berlin: Sommer 2022 zuhause sind und das Anliegen verfolgen, alte Vorstellungen, Bilder und Machtstrukturen zu überwinden. So soll mit der Schau ein von Vielfalt und Freude an der Differenz gepräg­ tes Kulturverständnis vermittelt werden, das die bisherigen symbolischen Repräsentations­ ordnungen kritisch hinterfragt und dekon­ struiert. Mit Beyond Homogeneity möchte das Ein transnationales Projekt Kunsthaus neue Publikumsschichten der zeitgenössischer Kunst mit Migrationsgesellschaft ansprechen und wird Ausstellungen und Kunstprojekten dazu u. a. in Zusammenarbeit mit dem Zent­ im Stadtraum in Dresden rum für Performance Studies der Universität Bremen ein umfangreiches Vermittlungspro­ gramm mit neuen Formaten für Künstlerge­ Das transnationale Projekt Nordost Südwest spräche, Vorträge und Workshops entwickeln. widmet sich, ausgehend von den Himmelsrich­ Ein umfangreicher Katalog mit theoretischen tungen als den ältesten Orientierungsmarken Reflexionen und einer Fotodokumentation be­ der Menschheit, den subtilen kulturellen und gleitet das Vorhaben. politischen Koordinatensystemen und Gren­ zen, die sowohl zwischen Ost und West als → www.syker-vorwerk.de auch zwischen dem Globalen Süden und dem Künstlerische Leitung: Alejandro Perdomo Daniels Globalen Norden verlaufen. Während sich die­  • Künstlerinnen: Marwa Arsanios, Delaine Le Bas, Helen Cammock, Andrew Gilbert, Manaf Halbouni, se Beziehungs­ und Konfliktlinien im Laufe der Jasleen Kaur, Mónica de Miranda, Harold Offeh, Ahmet Geschichte verschieben können, leben die da­ Ögüt, Lerato Shadi • Ausstellung, Syker Vorwerk – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Syke: 30.1.–8.5.2022 ran geknüpften Denk­ und Handlungsweisen nicht selten in Gesellschaften fort, die starke Transformationsprozesse durchlebt haben. Hier setzen die Partnerinstitutionen mit den beteiligten Kuratorinnen und Künstlern aus Deutschland, Polen, Bosnien­Herzegowina und dem Libanon an: Im Laufe des kollektiven künstlerischen Produktionsprozesses nehmen sie die wechselhaften geo­ und soziopolitischen Koordinatensysteme der eigenen jüngeren Ver­ gangenheit in den Blick und versuchen trauma­ tische Erfahrungen von Krieg, Genozid, Migra­ tion und politischem Umbruch zu verarbeiten und Lösungsstrategien für ein konstruktives Zusammenleben zu finden. Die einzelnen kura­ torischen Ansätze gehen in Nordost Südwest von den jeweils regional unterschiedlichen Er­ fahrungen aus. Der künstlerische Forschungs­ prozess mündet in hybride Workshops und Re­ sidenzaufenthalte und schafft Formate für ein diverses Publikum: Themen und Orte sollen vernetzt und Beziehungen für einen künstle­ rischen und wissenschaftlichen Austausch ge­ schaffen werden. Die im Projekt entstandenen Arbeiten und performativen Interventionen sind schließlich in einer gemeinsamen Ausstel­ lung im Stadtraum Dresdens zu sehen. Ergänzt wird diese um ein Beteiligungs­ und Vermitt­ lungsprogramm mit gemeinsam entwickelten Veranstaltungen in Beirut, Bihać und War­ schau. Ein Projekt mit HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste, dem Beirut Art Center, der Revizor Foundation/KRAK in Bihac und dem Performing Arts Institute, Warschau.

BE HO YON M O D G E N E I T Y

Notes on A Golden Age: Beirut (1943–1975)

Mit der Ausstellung Notes on a Golden Age: Beirut 1943–1975 greift der Gropius Bau in Berlin die bisher selten erzählte Geschichte von mehr als 30 Jahren künstlerischer Produkti­ on und politischem Engagement in der liba­ nesischen Hauptstadt auf. Als „Goldenes Zeit­ alter“ werden häufig die Jahre nach der Un­ abhängigkeit von der französischen Mandats­ herrschaft 1943 bis zum Ausbruch des Bürger­ kriegs 1975 bezeichnet – drei dynamische Jahr­ zehnte der wirtschaftlichen und kulturellen Blüte, in denen Beirut zum überregionalen Treffpunkt von Künstlerinnen und Intellektu­ ellen avancierte. Statt eines nostalgischen Rückblicks bietet die Schau allerdings eine kritische Perspektive auf die romantisierende Erzählung dieser Epoche. Im Vordergrund steht eine Betrachtung der Zusammenhänge zwischen der bewegten Vergangenheit und den enormen Herausforderungen des Libanons heute. Notes on a Golden Age veranschaulicht mit Gemälden, Fotografien und Skulpturen den bedeutenden Beitrag, den die Beiruter Kunst­ szene zur Formulierung mehrerer Modernis­ men in der arabischen Welt und darüber hinaus geleistet hat. In einem vielseitigen Begleitpro­ gramm geben Akteure der gezeigten Epoche und aktuelle Vertreterinnen der libanesischen Kunstwelt einen vertiefenden Einblick in die Themen der Schau. Nach der Präsentation in Berlin wird Notes on a Golden Age im Rahmen der 16. Lyon­Biennale im Musée d’Art Contem­ porain (MAC) zu sehen sein. → www.gropiusbau.de Künstlerische Leitung/Kuratoren: Till Fellrath und Sam Bardaouil   Künstlerinnen: Shafic Abboud, Etel Adnan, Dia Al Azzawy, Huguette Caland, Saloua Raouda Choucair, Helen El Khal, Aref El Rayess, Paul Guiragossian, Joana Hadjithomas & Khalil Joreige, Nadia Saikali-Thomas

• Ausstellung, Gropius Bau, Berlin: 22.4.–10.7.2022

Internationales Symposium „CURRENCY“ zur 8. Triennale der Photographie Hamburg 2022

Nordost Südwest

Kameelah Janan Rasheed (AT)

In Form komplexer Textzusammenstellungen kommentiert die in Kalifornien geborene Künstlerin Kameelah Janan Rasheed die gesell­ schaftlichen und politischen Konflikte in den USA. Als Schwarze Frau und gläubige Muslima ist sie, ebenso wie Millionen andere Amerika­ nerinnen, von Ungleichbehandlung und Diskri­ minierung betroffen. Diese Erfahrungen ver­ arbeitet sie in großformatigen, oft collage­ artigen typographischen Werken, die Text und Sprache als Ausgangspunkt und Arbeitsma­ terial begreifen. Kameelah Janan Rasheeds Arbeiten werden hauptsächlich mithilfe von XEROX­Druckern produziert und wie politische Pamphlete in Ausstellungräumen, auf Plakat­ wänden, an Bushaltestellen oder in Schaufens­ tern v. a. im öffentlichen Raum präsentiert. Rasheed nutzt Sprache nicht nur als Informa­ tionsträger, sondern billigt dem Text eine eigene ästhetische Qualität zu, die mit langgezogenen glänzenden Buchstaben auf unterschiedlichen Materialien wie Papier, Vinyl oder Nylon zum Tragen kommt. Die Betrachter werden mit Fragen und Aussagen konfrontiert, die die Illusion der Selbstermächtigung des Einzelnen in einer von Kapitalismus und Rassismus ge­ prägten Gesellschaft entlarven. Mit ihrer Ausstellung im Kunstverein Hannover präsentiert die Künstlerin ihr Werk erstmalig auf institutioneller Ebene einer deutschen Öffentlichkeit. Dabei knüpft sie konsequent an ihre bisherigen Botschaften

→ www.kunsthausdresden.de Künstlerische Leitung: Christiane Mennicke-Schwarz, Ahmad Ghossein, Haig Aivazian, Irfan Hošic, Marta Keil, Grzegorz Reske • Künstlerinnen: Petra Serhal, Omar Mismar, Caroline Tabet, Irma Markulin, Selma Selman, Darija Radaković, Ingrid Vranken, Janek Turkowski & Iwona Nowacka, Zorka Wollny u. a. • Präsentation, Stadtraum Dresden: Kunsthaus Dresden, HELLERAU: 2.9.–20.11.2022; Veranstaltung/Präsentation, KRAK

ergebnisse zur Geschichte der Kunsthalle Rostock wird Pichl zusammen mit der Ideen­ entwicklung und Umsetzung der Skulptur in einer Publikation dokumentieren. → www.kunsthallerostock.de Künstlerische Leitung: Andrea Pichl • Inszenierung einer künstlerischen Arbeit, Kunsthalle Rostock: 1.7.2021–28.2.2023

Lu Yang Mit ihrer ersten Einzelausstellung im deutsch­ sprachigen Raum will das Kunstpalais Erlan­ gen der 1984 geborenen chinesischen Multime­ dia­Künstlerin Lu Yang ein breites Publikum in Europa erschließen. Thematisch durchbrechen Lus Arbeiten die scheinbaren Gegensätze von Virtuellem und Realem, Mensch und Maschine, Mann und Frau, Religion und Wissenschaft: In Videokunst und Augmented­Reality­Installati­ onen schafft sie immersive, fantastisch über­ bordende Erfahrungen, welche Elemente traditioneller chinesischer Kultur mit der glo­ balisierten Bildsprache von Mangas und Inter­ net­basierter Popkultur verbinden. Gerade diese transkulturelle Komponente sowie ihre Reflexion von aktuellen Themen wie Non­Bi­ narität und Gamification machen Lu zu einer Künstlerin, die für ein internationales Publikum großen Reiz birgt. Die Ausstellung im Kunstpalais wird neben Multimedia­Arbeiten auch Malerei und somit die ganze Spannbreite von Lu Yangs künstleri­ schem Werk präsentieren. Sie findet in Koope­ ration und Co­Kuration mit dem Konfuzius­In­ stitut Nürnberg­Erlangen statt und beinhaltet ein mehrsprachiges, vielfältiges Vermittlungs­ und Begleitprogramm. Zentraler Bestandteil dessen wird eine gemeinsam organisierte Vor­ tragsreihe sein, in der Expertinnen u. a. aus Sinologie, Kunsttheorie und Religionswissen­ schaft Aspekte von Lu Yangs Kunst bearbeiten. In Form des Begleitkatalogs entsteht parallel dazu Lu Yangs erste eigenständige Monografie. → www.kunstpalais.de Künstlerische Leitung: Malte Lin-Kröger • Kuratorin: Nora Gantert • Künstlerin: Lu Yang • Referenten: Tania Becker, Bernd Dolle-Weinkauff, Popo Fan, Marc Matten, Zairong Xiang, Mi You • Ausstellung, Kunstpalais Erlangen: 29.1.–2.5.2022

Musik & Klang

SMAK! SuperMacho AntiKristo – A Headless 100-Act Opera Die Live­Musiktheater­Inszenierung SMAK! SuperMacho AntiKristo – A Headless 100-Act





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Die fahrende Plastikschamanin 40 Jahre irrten die Israeliten durch die Wüste, nachdem sie aus Ägypten ausgezogen waren – 40 Jahre. Das ist mein ganzes Leben. Dieses Herumirren war eine Strafe Gottes, er ließ die Israeliten im Kreis laufen, immer wieder vorbei am gelobten Land zurück in Richtung Wüste, weil sie latent undankbar waren und diesen Gott, der sie aus der Sklaverei befreit hatte, oft kränkten, durch goldene Kälber, die sie sich schmiedeten, Bambis zum Anbeten, wenn der lange Marsch nach Kanaan sie langweilte, erschöpfte. 40 Tage verbrachte Jesus in der Wüste, wurde nach seiner Taufe von einem Geist auf den Berg der Versuchung getrieben. Er fastete, ließ sich vom Teufel alle Königreiche der Welt anbieten. All das bekommst du, all die Pracht, sagte der Teufel, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest. 40 Jahre regierte der belgische König Leopold über den Kongo. Geschätzt 10 Mil­li­onen Kongolesen kamen unter seiner Herrschaft ums Leben, die Hälfte der Bevölke­ rung. Wer nicht genügend Kautschuk ern­ tete, dem wurden die Hände abgehackt. Im heutigen Leopoldpark in Brüssel liegt die Solvay-Bibliothek, die auch Europabibliothek genannt wird, „in the heart of the European District“ – so steht es auf der Website. Als Kind habe ich mir gern den Welt­atlas angeschaut. Afrika hieß immer nur Afri­ka, so haben wir es von klein auf gelernt, ein Wort so präzise, wie das Wort Scheide oder Obst – als sei es nicht mehr als ein Haufen Erde, Fleisch und Früchte: Gold, Versklavte und Bananen. Diese geraden Linien, die den Kontinent durchziehen und ihn in Staa­ ten teilen, verwunderten mich als Kind. Was für ein ordentlicher Kontinent, dachte

The White White West? Gemeinsam mit einer vielstimmigen Gruppe von Autorinnen, Übersetzern und Literatur­ kollektiven war Stefanie de Velasco Teil der künstlerischen Besetzung des Literaturpro­ jekts The White White West?, welches von Mai bis September 2021 auf der Burg Hüls­ hoff in Westfalen stattfand. Am Geburtsort der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff untersuchte das Burg Hülshoff — Center for Literature gemeinsam mit dem internationa­ len AutorInnenkollektiv foundintranslation den deutschen Literaturbetrieb und entwi­ ckelte einen Entwurf für eine multilinguale, transnationale und diverse Literaturwelt.
 Audiovisuelle Beiträge des Projekts können in der Mediathek des Center for Literature ab­ gerufen werden; zudem wird im Dezember 2021 eine Publikation mit Beiträgen aus dem Gesamtprojekt erscheinen.

→ www.burg-huelshoff.de

ich, wieso ist das in Europa nicht so, wieso sind die Grenzen hier so unordentlich und zittrig gezogen? Da stimmt was nicht. Da war wer dran, da ist wer mit dem Geodrei­ eck drüber, von oben aus, hat einfach auf Papier die Erde gespalten, so wie der Gott der Israeliten das Rote Meer – hat Blut­ vergießen gebracht. 40 Tage, so lange saß ich vor der Akade­ mie der Künste, streikend, um irgendwie darauf zu kommen, was jetzt Texte der Zeit sind, was literarisch derzeit was bringt und was nicht, und damit meine ich keine Preise oder Nominierungen oder Longlist­ platzierungen oder einfach nur Klicks, all die verführerischen Königreiche, die Pracht, mit der sich alle schmücken wollen, die schreiben, sondern der Frage nachzugehen, was wir eigentlich brauchen, wollen – wie wir das angerichtete Chaos, die angerichtete Gewalt und unendliche Vernichtung, wie wir damit leben, wie wir darüber sprechen und erzählen sollen. Was will ich für Texte schreiben? Was brauche ich für Texte, um die Gegenwart zu stemmen, zu ertragen, zu verstehen, zu fühlen, zu gestalten? Wie kann ich mit diesem westlichen Erbe – mit diesen Leopolds und Wilhelms, die alles kaputt gemessen haben, Menschen, Tiere, Pflanzen, – mit mir selber, meiner eigenen Kultur umgehen? Deswegen habe ich mich da hingesetzt, weil ich nicht weiter wusste. Nicht als Zei­chen, sondern der Pariser Platz war meine Wüste. Die Leute dort gingen zur Arbeit, in die Bank, die Leute, die in die Akademie gingen, starrten – genauso wie die, die in die Bank gingen. Was macht die hier? Ist die überhaupt Schriftstellerin? German Writer on Climate Strike, wer weiß, ob die das

nur behauptet, was da auf dem Schild steht, um sich wichtig zu machen. Wieso sitzt die denn nicht daheim und schreibt, macht ihre Arbeit? Ich schämte mich. Ich saß da wie eine Plastikschamanin auf der Suche nach dem allwissenden Müllhaldenorakel. Ich habe den Müll befragt, der da rumlag, Snickersver­ packungen, leere Patronen von E-Zigaretten, Togo-Kaffeebecher … ich meine … To Go. Jeden Schaumstern. Eines Morgens flogen über dem Brandenburger Tor Schaumster­ ne. Neben der Akademie stand ein Mann, der aussah wie ein Eismann, jedoch hielt er einen Badmintonschläger in die Eisbox vor ihm. Ich rieb mir die Augen, stand auf, um besser sehen zu können. Da stand keine Eis­box, sondern ein mit Schaum gefüllter Behälter, der nur aussah wie eine Eisbox und der Eismann war gar keiner, sondern ­grinste nur wie einer, wie jemand, der was verkauft, was alle für ganz kurz glücklich macht, so was wie Eis oder Ladykracher. Der Badmin­ tonschläger war ein Sternenschaumschläger und der Mann hielt den Sternenschaum­ schläger in die Luft, nachdem er ihn in die Box getaucht hatte, in der Schaum war. Ich weiß, wie irre das klingt, aber es ist die Wahrheit. Unglaublich, aber genau so ist es passiert. Der Schaum in Sternform segelte hoch in den Himmel, und die Leute lächel­ ten und hielten ihre Telefone hoch, und fanden das schön, diesen totalen Müll, und dann – es ist die Wahrheit – fuhr ein Auto vor, und die Kanzlerin stieg aus und ver­ schwand in dem Gebäude. Später fuhr sie an mir vorbei, aber sie sah mich nicht, sie hat sich auf den Rücksitz gesetzt und ihr Tele­fon rausgeholt. Später kam jemand vorbei und meinte, da wäre so eine Sache gewesen – mit Sport und Integration. Die Scham, die Kälte und die Langeweile versetzten mich in Trance. Einmal sah ich mich durch eine zerstörte Landschaft mit einem sehr seltsamen Fahrrad fahren. Das Rad sah aus wie ein Miniplanwagen und war mit ewigem Kohl bepflanzt. Ich hatte niemanden, ich fuhr durch gelbe vertrock­ nete Felder, vorbei an Bächen, die ohne Vor­warnung zu Wassermonstern werden kön­ nen, die alles mit sich reißen. Ich sah mich Trüffel sammeln, die mein Hund aufspürte (er kann das wirklich, ich habe es ihm beige­ bracht mit Überraschungseiern und Trüffel­öl), ich sah mich sie verkaufen, an Festungen, in denen sich die Oberen verbarrikadierten, Klöster und Schlösser ohne Kontakt zur Außenwelt. Die Trüffel tauschte ich wie die Kekse bei den Klausurnonnen von Santa

Stefanie de Velasco

Clara durch eine Holzdrehtür, ohne je wen zu Gesicht zu bekommen. Ich weiß nicht, gegen was ich die Trüffel tauschte. Ich habe mir mein Schild unter den Arm geklemmt und bin nach Hause. Ich bin nach Kiel und habe das Fahrrad gebaut. Viel­ leicht hätte ich auf diesen Müll nicht hören sollen. Ich habe darauf gehört, ich habe aus Müll dieses Fahrrad gebaut – aus Zeltstan­ gen, Bundeswehrplanen, Fahrradwracks und alten Betten – ich habe versucht es so zu bauen, wie es in Trance aussah. Dass ich es kaum vom Fleck kriegen würde, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht, dass dieses Lastrad eine Last werden würde, eine riesige Bürde, das alles habe ich nicht geahnt. Beim Fahren fragte ich mich, was liegt da hinten bloß drin, dass ich kaum in die Gänge komme, und je länger ich fuhr, desto klarer wurde mir: Da liegt alles drin, die ganze Entdeckerscheiße, diese Aben­ teuer- und Eroberungslust liegt darin, all die Ermordeten, all die Bodenschätze, die Bananen und natürlich diese Schaumsterne, dass die so schwer sein können. Ich habe lange nach einem Namen gesucht für dieses Fahrrad, ich hatte eigentlich vor, es Sternen­schaum zu nennen, mein Glitzerpferd mit dem ich durch Grauland reise, weil es das Rad ohne die Schaumsterne womöglich gar nicht geben würde, aber dann habe ich das Rad Europa genannt. Ich fuhr durch die Gegend, ich wusste nicht, wonach ich suchte. Ich habe darüber geschrieben, über die Reise und über diese Ratlosigkeit – wie sonderbar es ist zu wis­ sen, dass ich etwas suche, aber nicht weiß was. Ich kam mir vor wie Don Quijote, verlo­ ren in La Mancha. Ich habe keine Trüffel gefunden, der Hund hat keine Trüffel gefun­ den, er wollte nicht ins Fahrrad, hat sich geweigert. Ich bin gefahren, solange bis ich geblutet habe, meine Regelblutung kam, immer und immer früher, zuerst eine Woche zu früh, dann zwei Wochen, irgendwann dann kam sie so früh, dass sie gleich wieder kam, nachdem sie grad gegangen war. Athletinnen passiert das. Ich habe mich in das Rad gelegt. Ich war so müde. Es war wie tot sein, wie Probe­ liegen im Sarg. Ich habe im Rad gelegen. Ich habe geschrieben, alles aufgeschrieben. Ich habe das Müllorakel befragt. Snickers­ verpackungen, Togobecher, leere Patronen von E-Zigaretten. Immer und immer wieder. Wonach suche ich, habe ich gefragt? Wo­ nach suchen wir? Irgendwo draußen sang sich eine Nachtigall in Rage, sie klang wie eine Geisteskranke.

Die Schriftstellerin und Übersetzerin Stefanie de Velasco wuchs als Kind spanischer Einwanderer im Rheinland auf, studierte Euro­ päische Ethnologie und forschte zum Thema Klimawandel in urbanen Kulturen. Ihr Debütroman Tigermilch (2013) wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und für das Kino verfilmt. In ihrem zweiten Roman Kein Teil der Welt (2019) erzählt sie vom Aufwachsen bei den Zeugen Jehovas. Von November 2019 bis Februar 2020 streikte sie vor der Akademie der Künste in Berlin für eine gerechtere Klima­ politik. Daraus entstand der Gedanke, aus Schrott ein Wohnfahrrad zu bauen und damit durch die Republik zu fahren, als eine Art Pilger- und Bildungsreise. Derzeit promoviert sie bei Prof. Dr. Stephan Porombka zu diesem Thema an der Universität der Künste und schreibt ein Buch über die Erfahrungen und Erlebnisse der Fahrt.

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Sollbruchstelle kommen­der Kr B   rauchen wir e unserer Institut den Ernstfall? Aus persönlicher Erfahrung kann die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats Alena Buyx (AB) beschreiben, welche Hemmnisse zwischen Lernerfahrungen in Krisensituationen und der Anpassung gesellschaftlichen Verhaltens bestehen. Im Interview mit dem Politökonomen Robert Lepenies (RL) spricht sie über die Chancen institutioneller Veränderungen im Krisenmodus, ver­pflichtendes Lernen und die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Beteiligung für das Staatswesen der nächsten Jahre.

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en risen: einen Umbau utionen für Alena Buyx & Robert Lepenies

Angst und Rationalität in der Krise

RL Liebe Frau Buyx, vor ein paar Tagen hat für diese Ausgabe des Magazins be­ reits ein Interview mit dem New Yorker Rechts- und Kulturwissenschaftler ­Jedediah Purdy stattgefunden. Ein wichtiges Gesprächsthema war die ­­Rolle von Angstgefühlen in gesellschaft-­ lichen Krisensituationen. Welche Rol­­le spielt Angst, wenn Sie Zukunfts­ verläufe prognostizieren und daraus Rat­schläge für die Bundesregierung ab­leiten? AB Es gibt diesen schönen und richtigen Satz: Angst ist ein schlechter Berater. Wenn man wie ich eine Rolle in der Politikberatung übernimmt und sich an die Öffentlichkeit wendet, muss man zunächst einmal die Angst spü­ ren – um authentisch zu bleiben und um die Situation überhaupt verstehen zu können. Diese Krise war und ist eine für mich und für sehr viele nie dage­ wesene Situation, etwas völlig Außer­ gewöhnliches. Die eigene Angst hat hier die Funktion, auf diesen Ausnahme­ zustand hinzuweisen. Das muss man spüren können, sonst verliert man Em­ pathie und das Bewusstsein, dass es Gruppen gibt, die aus guten Gründen noch ängstlicher und verletzlicher sind als man selbst. RL Zu welchen gesellschaftlichen Grup­ pen und zu welchen Ängsten haben Sie denn einen besonderen Zugang? AB Ich war im positiven Sinne von vielen Angstkulissen isoliert. Unser Wohn­ raum war nicht winzig klein. Ich hatte keine Angst – obwohl – ich hatte schon zwischendurch kurz Angst, gebe ich

offen zu, dass uns unser ganzes Sys­ tem um die Ohren fliegt. Solche End­ zeitgedanken hatte ich auch und ich glaube, das ist als initiale Reaktion auf die ersten Bilder dieser Pandemie völ­ lig normal. Mein persönlicher, sehr realer Angstmoment war unter dem Eindruck der Bilder aus Bergamo zu Beginn der Pandemie. Zu diesem Zeit­ punkt gab es eine denkwürdige Telko mit über 900 Teilnehmern aus der Me­ dizinethik, in der bereits begonnen wurde, ein Triageprotokoll vorzuberei­ ten. Das war im März 2020. Und ich erinnere Anfang April, wir hatten das Protokoll mehr oder weniger fertigge­ stellt, kam die Situation, in der unser Chef der Intensivmedizin der Münch­ ner Uniklinik sinngemäß sagte: „Wir haben noch eine Stufe in unserem Hand­ lungsprotokoll. Und wenn wir die er­ reichen, dann ist Schicht. Dann kön­ nen wir nicht mehr alle behandeln.“ München war extrem betroffen. Die­ sen Moment werde ich wahrscheinlich nie vergessen, denn in den schwieri­ gen Fällen der Triage hätte ich die Kol­ leginnen und Kollegen mit einem kli­ nischen Ethik-Ad-hoc-Team beraten. Dass es wirklich sein kann, dass das deutsche Gesundheitssystem, dass ein Uniklinikum an die absoluten Kapazi­ tätsgrenzen kommt – das ist schon sehr prägend. Und ich glaube, die meis­ ten von uns hatten und haben im Ver­ lauf der Krise vergleichbare Momente. RL Wie kann man in solchen Krisenmo­ menten trotzdem handlungsfähig blei­ ben? Was hilft hier? AB Man darf sich in meiner Verantwor­ tung nicht von der Angst überman­ nen lassen. Die Schwere der Situation nicht läppisch abzutun, sich aber auch

vor überhasteten Entscheidungen zu schützen – das ist die Aufgabe. Diese notwendige Balance ist mir sehr be­ wusst und ich habe ganz früh schon immer wieder gebetsmühlenartig be­ tont: Wir sind alle, alle in einer emoti­ onalen Ausnahmesituation und spre­ chen überhaupt nicht darüber! Wir machen alle so weiter, als wäre das völlig normal. Wir stellen um auf Zoom, auch wir vom Ethikrat, zack, und dann machen wir einfach an der Oberfläche unbeirrt weiter. In Zukunft würde es uns sicher helfen, Ausnahmesituatio­ nen auch als solche zu benennen und bewusst zu durchleben. In vielen Arbeitskontexten war ich in den letzten Monaten außerdem die einzige Ethikerin in extrem hochrangi­ ger Politikberatung. Der Austausch zwischen Medizin-Ethikern in Europa hat geholfen, dieses Gefühl von uner­ hörter Unsicherheit zu bewältigen. RL Glauben Sie, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht mitbekommen hat, wie nahe wir dieser Entscheidung einer Triage mancherorts schon waren? Hatten Sie manchmal das Gefühl‚ wir müssten klarer kommunizieren, wo wir eigentlich wirklich stehen? AB Gesagt wurde das meiner Einschät­ zung nach sehr deutlich. Aber verschie­ dene sozialwissenschaftliche Studien zeigen, dass vor allem die persönliche Betroffenheit den Blick auf die Krise prägt, der direkte Kontakt mit einer erkrankten Person etwa. Natürlich ist man dann auch weniger anfällig für die Narrative von Corona-Leugnern. Ich glaube, insgesamt gab es tat­ sächlich viel Angst. Und je mehr der Ernst der Lage durch offizielle Stel­ lungnahmen unterstrichen wird, desto

stär­ker fällt auch die Abwehrreaktion von Leuten aus, die das nicht aushal­ ten und dann als Folge leugnende Nar­ rative suchen. Das feine Maß zwischen ehrlich zugelassenen Emotionen und einer Emotionalisierung muss gefun­ den werden. Dieses Maß bietet Schutz davor, dass in gesellschaftlichen De­ batten Rationalitätsprinzipien außer Kraft gesetzt werden. Neue Institutionen und neue Regierungsstile

RL Wenn Sie auf die letzten Monate zu­ rückblicken – was folgt aus dieser Krise für kommende? Haben sich unser „Kri­ senwissen“ und damit unsere Hand­ lungsfähigkeit und Krisenresilienz ver­ bessert? Was gilt es zu tun, damit wir besser aufgestellt sind, auch aus Sicht des Ethikrats? AB Wir müssen aufarbeiten, wir müssen lernen, wir müssen heilen. Aufarbei­ ten bedeutet zu schauen, wo Dinge gut gelaufen sind – und es sind viele Dinge gut gelaufen. Und dann müssen wir se­ hen, wo es gerade bezüglich der staat­ lichen Corona-Politik Fehler und Pro­ bleme gab. Den kritischen Diskurs über

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letztere brauchen wir, gar keine Frage. Aber viel zu wenig wird auf das geblickt, was zivilgesellschaftlich passiert ist. Es ist erstaunlich: Bis heute erlebt man ständig Leute, die irgendwo zu Höchst­ leistungen auflaufen. Wieder ein eige­ nes Beispiel: In München hatten wir eine gewisse Vorwarnung durch den allerersten Ausbruch in Deutschland in der Webasto-Zentrale im Januar. Wir haben damals innerhalb von drei Tagen ein Krankenhaus, ein riesiges Unikli­ nikum mit vielen Instituten, komplett pandemiefest gemacht. Es war beein­ druckend zu sehen, wie schnell die Patientenströme umgeleitet wurden, wie – zack, zack – Schutzkleidung und Hygienekonzepte organisiert wurden. Da flogen auch manchmal die E-Mails morgens um vier durch die Gegend. Dass solche schnellen Antworten und Leistungen in unserer Erzählung der Krise nicht stärker vorkommen, finde ich falsch. RL An welchen Stellen müssen wir denn aufarbeiten, was nicht gut gelaufen ist? AB Man muss sich angucken, wie die Ins­ titutionen zusammengearbeitet haben, wie das Verhältnis zwischen Wissen­ schaft und Politik funktioniert hat. Wir haben festgestellt, dass Verwaltung und Bürokratie riesige Implementati­ onsprobleme haben, dass Entschei­ dungswege einfach nicht funktionieren. Wir haben Topwissenschaft, wir haben sehr gute Ideen, aber diese auf den Bo­ den zu bringen, war zum Teil erschüt­ ternd schwierig. Das komplexe Ver­ hältnis zwischen Digitalisierung und Datenschutz und unsere Kultur des Umgangs mit Daten müssen sich un­ be­dingt verändern. Und die hinkende Digitalisierung der Schulen natürlich auch. Wir haben deutlich gemerkt, wo unsere gesellschaftlichen Sollbruch­ stellen liegen. Und die müssen ange­ gangen werden durch konsequentes Lernen aus der Krise: Wie können wir das besser machen? Was für Instituti­ onen brauchen wir? Das ist für mich als Ethikerin ein ethisches Desiderat aus der Krise. Wir brauchen pandemic preparedness. Das sage ich, das sagen meine Kolleginnen und Kollegen schon seit Ewigkeiten. Das wussten wir alles im Prinzip schon vor Covid. Ich denke an dieses herrli­ che Bonmot von Ross Upshur, einem kanadischen Kollegen, über die Ebola-­ Bekämpfung in Westafrika: „The most powerful lesson learned […] was that we do not learn our lessons“ [dt.: „Die bedeutsamste Lehre ist, dass wir kei­ ne Lehren ziehen“], und das ist in der Tat richtig. Aber wenn wir von selbst keine Lehren ziehen, muss das Lernen eben verpflichtend werden. Es muss institutionalisiert werden. RL Und wie könnte das funktionieren? AB Durch den Einbau von Lernkaskaden. Es darf nicht passieren, dass Lerner­ folge innerhalb von einer Legislatur­ periode wieder verschwinden können. Wir haben jetzt ein günstiges Gelegen­ heitsfenster, um uns neue Strukturen zu schaffen. Das muss man nutzen. Ich finde etwa die Institution eines Bundesgesundheitsamtes, die in der Vergangenheit abgewickelt und jetzt wieder neu diskutiert wurde, einen absoluten no brainer. Es ist nun of­ fensichtlich geworden, dass wir sie

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gebraucht hätten, ebenso wie eine bessere Ausstattung des öffentlichen Ge­sundheitsdienstes. Das verbindet sich auch mit einer grundsätzlichen Denk­ aufgabe für uns: wie man Institutionen, die ganz klar für den Frieden gedacht und für einen ruhigen Alltagsmodus aufgestellt sind, in den Krisenmodus versetzt. RL Sie meinen, wir brauchen einen weit­ reichenden Umbau der Institutionen für den Ernstfall? AB Wir müssen klären, ob es zusätzliche Strukturen, eine Art übergreifende Reserve, eine Art Task Force braucht, die dann ganz schnell aus ganz unter­ schiedlichen Bereichen zusammentritt. Hier stoßen wir aber an Grenzen durch die Kurzfristigkeit und durch das Zy­ klische der politischen Entscheidungs­ findung. Deswegen muss es gelingen, jenseits von Legislaturperioden Insti­ tutionen zu stärken, die nicht direkt politisch sind. Die WHO ist ein gutes Beispiel. Wir brauchen aber auch neue internationale, übergreifende Organi­ sationen, die paritätisch finanziert sind und die über gewisse Durchgriffsmög­ lichkeiten verfügen. Richtig gut wird das nie funktionieren, ich hoffe aber, es wird besser funktionieren. Das ist die Quadratur des Kreises, eine riesige Herausforderung. Doch ich bin insge­ samt optimistisch. Neue ­E xpertinnen und neue Kulturtechniken

RL Sie haben über die Rolle öffentlicher In­ stitutionen gesprochen – was ist Ihre Botschaft an private Akteure und Unternehmen? AB Auch diese müssen natürlich an der Gestaltung dieser neuen Institutionen mitwirken. Wir haben in Deutschland einige der weltbesten Logistiker, abso­ lute Spitzenunternehmen. Die konnten in der Impfkampagne ihren Sachver­ stand nicht einbringen und das verste­ he ich überhaupt nicht. Natürlich darf man solche staatlichen Prozesse nicht einfach einem Unternehmen überant­ worten. Stattdessen sollte es Struktu­ ren geben, die es ermöglichen, die Ex­ pertise aus der Privatwirtschaft für solche extrem wichtigen Aufgaben gezielt in Anspruch nehmen zu können. Das Scheitern an der Krise

RL Wie schaffen wir es, gesellschaftliche Gräben zu überbrücken? Sie sprachen von der Notwendigkeit des Heilens ... AB Das ist schwierig, weil Solidarität über lange Zeit, vor allen Dingen, wenn sie nicht ganz freiwillig ist, über indirekte Gegenseitigkeit stabilisiert wird. Und diese Reziprozitätserwartungen in der Gesellschaft, die sich auf Anerkennung und auf finanziellen Ausgleich ­beziehen, wurden verletzt. Jetzt gerade sind die Jungen sauer. Nachvollziehbar. Aber wir müssen diesen gesellschaftlichen Zusammenhalt entgegen einer Lager­ bildung, die in der Krise entstanden ist, wieder verbessern. RL Ist diese Lagerbildung auch im Ver­ hältnis zwischen Staat und Bürgern entstanden? AB Diesbezüglich brauchen wir mehr Dia­ log und Möglichkeiten bürgerschaftli­ cher Beteiligung. Dieser seltsame Ein­ druck, als gäbe es da oben nur den Staat und da unten uns, also die „willfährige Masse der Bürger“, trifft auf unsere sonstigen politischen Verhältnisse nicht zu. Aber kurzfristig gab es ein sehr di­ rektes Durchregieren. Das hat viele nachvollziehbarerweise sehr verstört. Jetzt müssen wir wieder ein stärkeres

Wir haben deutlich gemerkt, wo unsere ge­­sellschaft­lichen Sollbruch­stellen liegen. Und die müssen ­­­angegangen werden durch konsequentes Lernen aus der Krise: Wie können wir das besser machen? Was für Institutionen brauchen wir?


Verständnis für die eigene Selbstwirk­ samkeit herstellen. Und auch anerken­ nen, dass viele absolut konstruktive Initiativen aus der Bevölkerung nicht wirklich eingebunden wurden. RL Angenommen, Sie hätten alle Ressour­ cen für Ihre Arbeit, und weiter ange­ nommen, Sie hätten die Zeit anhalten können – was hätten Sie im Ethikrat anders gemacht? Hätten Sie andere Methoden gewählt, andere Themen bearbeitet? AB Ich habe zwei Versäumnisse, die ich bedauere. Beide waren der realen Ka­ pazität geschuldet. Das eine ist, dass wir uns zunächst nicht spezifischer mit den ethischen Herausforderungen an die junge Generation beschäftigt haben. Dieses Bedauern bezieht sich aber auf ein früheres Stadium der Pan­ demie. Das Problem hat sich erst über die Zeit akkumuliert. Wir kriegen jetzt erst die großen Studien zu psychischen Erkrankungen, Bildungsausfällen, so­ zialen Effekten und häuslicher Gewalt. Wir und ich haben im Verlauf der Pan­ demie versucht, zu den Anliegen der jungen Generation eine öffentliche De­ batte anzuregen. Neue Expertinnen und neue Kulturtechniken

Und das zweite ist das Versäumnis der Partizipation. Das habe ich auch immer wieder angesprochen, aber dennoch ist diesbezüglich aus meiner Sicht vie­ les vernachlässigt worden. Wie viel man da hätte erproben und implementie­ ren können! Recht früh gab es ja auch z. B. den Hackathon #WirVsVirus, der war super, ein tolles Event. Da waren 70.000 Leute beteiligt. Ich war wirk­ lich schwer beeindruckt. Aber das Er­ arbeitete dann auch wirklich umzu­ setzen, dieser Prozess funktioniert in den bestehenden politischen Struktu­ ren nicht so gut. Und da muss man ran: Wie institutionalisiert man das, damit Ideen nicht versanden? Ein anderes

Feld der Partizipation betrifft die von Anfang an wirklich gute sozialwissen­ schaftliche Forschungslage. Auch die­ se müsste schneller für die politische Entscheidungsfindung verstoffwech­ selt werden. Und über die Zeit werden rückbli­ ckend sicher noch mehr Versäumnisse erkennbar werden. Es gab und gibt in der Krise so viele ethische Fragen und mit vielen davon haben wir uns wirk­ lich beschäftigt. Aber man kann eben leider nicht alles schaffen. Angst und Rationalität in der Krise

RL Sind Sie eigentlich froh, in Deutsch­ land Teil des Ethikrats zu sein und nicht zum Beispiel in einem noch stär­ ker polarisierten Kontext wie in Groß­britannien? AB Stellen Sie sich mal vor, Sie wären Ethi­ ker im Amerika von Trump. Die Kolle­ gen haben keine lustige Zeit gehabt, glaube ich. Und meine Kollegen in Eng­ land, mit denen ich viel im Austausch bin und war, sind schon auch frustriert gewesen. Wir haben in Deutschland aber dafür andere Probleme: Wir sehen unsere Erfolge nicht so gut und uns fehlt eine gewisse Pragmatik, ebenso wie Infrastrukturen für Krisen. Aber natürlich ist es so, dass wir eine ins­ gesamt – darf ich mal sagen – vernünf­ tige Politik haben. Und bei uns glaubt ein Großteil der Bevölkerung an den Wert von Wissenschaft und an Ratio­ nalitätsstandards. Da war ich schon dankbar, in Deutschland zu sein. Gleichzeitig gab es Momente, in de­ nen ich echt erschüttert war: bei unse­ rem Vorschlag zur Impfpriorisierung zum Beispiel. Selten habe ich ein Papier erarbeitet, bei dem es nicht nur eine breite argumentative Basis aus ethi­ scher Perspektive gab und diese dann auch noch mit dem übereinstimmte, was epidemiologisch geboten war. Da­ rüber hinaus gab es in der Bevölkerung eine wahnsinnig breite Unterstützung

dafür. Über 90 % fanden die Priorisie­ rung zunächst genau so richtig. Und dann geht sie als Entwurf in die Um­ setzungsphase und Impfeinladungen werden nach Altersschätzung entspre­ chend den Vornamen verschickt … Da gab es Momente, in denen ich dachte: Ich kann das nicht glauben. Neue Institutionen und neue Regierungsstile

RL Ich bin immer wieder erstaunt, wie häufig wir in Deutschland – in einer globalen Pandemie – eine Debatte über das Leid anderer über unsere Landes­ grenzen hinaus vermeiden: zum Beispiel in Bezug auf unzureichende multi­ laterale Antworten auf Impfstoffpro­ duktion und -verteilung. Müssen wir nicht viel stärker die distant others in moralischen Abwägungen berücksich­ tigen? Wo ist der deutsche Kosmopolitismus? AB Ich habe da eine Antwort für den Kos­ mopoliten. Ich denke diesbezüglich ­re­alethisch. Wir sind ja der Deutsche Ethikrat. Selbstverständlich hat uns in der Priorisierung der Impfreihefolge auch sofort die globale Perspektive der Krise beschäftigt. Ich argumentiere deswegen für zwei Dinge gleichzeitig  – und das ist schwierig auszuhalten: Wir müssen diese Pandemie weltweit beenden, sonst ist sie bei uns nicht zu Ende. Das Argument einer globalen Solidarität, der Hinweis auf das Leid in anderen Ländern, sollte eigentlich schon für sich genügen. Aber wenn man das nicht als Motivation anerkennt, dann sollte man wenigstens im Eigen­ interesse verstehen, dass die Mutatio­ nen, die andernorts entstehen, dann auch zu uns kommen. Das ist also auch eine selbstinteressierte, sehr instru­ mentelle Solidarität. Gleichzeitig haben Nationalstaa­ ten und insbesondere Regierungen zunächst einen Schutzauftrag für ihre eigene Bevölkerung. Bei uns ist das verfassungsrechtlich verbrieft. Das ist

völlig richtig, aber natürlich entsteht daraus ein Widerspruch zu einer tiefen ethischen Überzeugung vieler: „Wir sind als Menschen alle gleich wichtig.“ Im Staatswesen geht die eigene Bevöl­ kerung ganz klar vor den distant others. Das heißt nicht – und so bringt man das dann zusammen –, dass wir Menschen uns nicht auch über Grenzen hinweg umeinander kümmern müssten. Wenn man die eigene Bevölkerung versorgt hat, dann muss man die anderen mitversorgen. Neue ­E xpertinnen und neue Kulturtechniken

RL Sie haben schon früh über andere He­ rausforderungen und potentielle glo­ bale Gesundheitskrisen nachgedacht, wie z. B. in Ihren Schriften über mul­ tiresistente Keime oder die Auswir­ kungen des Klimawandels auf unsere Gesundheit. Nun merken wir – Sie ha­ben es gesagt –, dass wir eigent­ lich nicht besonders viel lernen. Was wäre Ihnen also besonders wichtig, als jemand, die diesen Weitblick durch Fachexpertise hat? Wie müssen wir weitermachen? AB Ich bin niemand, die sagt: Uns ste­hen jetzt Krisen ins Haus, die noch viel schlimmer werden als das hier. Das wäre Katastrophisieren. Die Antibiotika­ resistenz ist ein riesiges Problem, aber ich erwarte in den nächsten zwei Jah­ ren keine Situation, die diese hier in irgendeiner Weise überschreitet. Aber ja, so etwas wird wieder passieren, das war nicht die letzte Pandemie. Und wir haben darüber hinaus die Klimakrise. Der Punkt ist: Es sind schon so viele Ide­ en für einen Umgang damit da. Es gibt in der modernen Pandemiebekämpfung eine dreißig- oder vierzigjährige Lite­ ratur zu genauen Abläufen mit Hand­ lungsempfehlungen. Ich hoffe, dass in der Politik und darüber hinaus der In­ novationsschub dieser aktuellen Erfah­ rung genutzt werden wird. Der Druck sollte da sein.

Die Ärztin und Medizinethikerin Alena Buyx ist Professorin für Ethik und Medizin der Gesundheitstechnologien der TU München und seit 2020 Vorsitzende des Deutschen Ethikrats. In dieser Funktion berät sie die Bundesregierung zum Krisenmanagement in der Corona-Pandemie. Letztere veränderte ihre Arbeit grundlegend: Über Nacht wurde ihr Forschungsthema „Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitswesen“ von einem vorrangig theoretischen Problem zur politischen Realität. Nicht nur das: Neu waren auch das Tempo der vom Ethikrat ge­for­derten Beratungen und das für eine Ethikerin eher unübliche Interesse der Medienhäuser, welches Buyx zu einem der markantesten Gesichter der deutschen Krisenkommunikation in der Pandemie machte. Buyx ist Mitglied in der Sektion „Wissenschaftstheorie“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina sowie im Fachbeirat zur Entwicklung globaler Standards zur Kontrolle und Aufsicht des Genome Editing der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Robert Lepenies ist Professor für heterodoxe und plurale Ökonomik an der Karlshochschule Karlsruhe. Er befasst sich mit dem Verhältnis von Ethik und (Sozial-)Wissenschaft sowie der Rolle von wissenschaftlicher Politikberatung. Aktuell forscht er zu den „Zielen für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen und zum Einsatz verhaltensökonomischer Nudges in der Regierungsführung. Nach seiner Promotion an der Hertie School of Governance in Berlin hat Lepenies am Wissenschaftszentrum Berlin sowie als Fulbright-Stipendiat an der Yale-Universität gearbeitet und war Max-Weber-Postdoktorand am Euro­ päischen Hochschulinstitut in Florenz. Er ist Mitglied der Global Young Academy an der Leopoldina.

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#gefördert Einreichtermine für antragsgebundene Förderung

Allgemeine Projektförderung

31.1.2022

TURN2 1.3.2022  Künstlerische Zusammenarbeit zwischen  Deutschland und afrikanischen Ländern

Jupiter 30.6.2022 Darstellende Künste für junges Publikum

Tanzland   Programm für Gastspielkooperationen

Vom Stiftungsrat bewilligt

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Kontrapunkte Mit dem mehrjährigen, sparten- und einrich­ tungsübergreifenden Projekt Kontrapunkte unternehmen die Staatlichen Kunstsammlun­ gen Dresden eine exemplarische Sichtung und Einordnung ihrer Bestände im Sinne ei­ ner „transkulturellen DDR-­Kunstgeschichte“ und schaffen damit den Anschluss an die Ge­ genwart. Welche Spuren zieht die deutsche Teilung auch dreißig Jahre nach der friedli­ chen Revolution von 1989 nach sich? Vor die­ sem Hintergrund zielt das Projekt auf eine breite Mitwirkung der Dresdner Bürgerinnen und Bürger ab. Im Frühjahr 2022 startet eine gemeinsam mit der Stadtgesellschaft, Zeit­ zeuginnen und Wissenschaftlern erarbeitete Veranstaltungs­reihe, die bislang ausgespar­ te Themen der deutsch-deutschen Vergan­ genheit, wie etwa auch die kritische Retro­ spektion der globalen Reichweite staatlicher Museumspolitiken im Zusammenhang der Außenkulturpolitik der DDR, thematisiert. Zudem entsteht ein innovatives Digitalfo­ rum, das als Open-Access-Angebot pro­ grammiert wird und von Beginn an interna­ tionale Akteure einbindet. Im Herbst 2023 findet außerdem die Ausstellung Revolutionary Romances im Albertinum statt, die sys­ tematisch erforscht, welche Wirkungen die Programmatik einer weltumspannenden So­ lidarität sozialistischer Staaten in der kon­ kreten institutionellen Praxis des Sammelns, Bewahrens und Ausstellens der Kunstsamm­ lungen Dresden gezeitigt hat.

→ www.kulturstiftung-des-bundes.de/ kontrapunkte

DOMiDLabs

Labore für partizipative Museumsgestaltung (AT) Im Jahr 2025 wird in Köln-Kalk das Haus der Einwanderungsgesellschaft (AT) eröff­ net, welches die Geschichte der Einwande­ rung nach Deutschland seit der Nachkriegs­ zeit präsentieren soll. Um dabei die Vielfalt gesellschaftlicher Stimmen, Weltbilder und Lebensgeschichten von Migrantinnen und Migranten im neuen Museum aufzunehmen, ist das Prinzip Partizipation ein Leitgedanke der Konzeption. Die Kulturstiftung des Bun­ des fördert bis 2024 eine experimentelle Entwicklungsphase des Projekts von ­DOMiD e. V.: In den so genannten D ­ OMiDLabs soll erprobt werden, wie eine solche Bürgerbeteiligung aussehen könnte. Wie lassen sich die Pers­ pektiven der Zeitzeugen einbringen? Welche Raumgestaltung animiert zu Interaktion? Wie kann ein Museum gestalterisch flexibel auf aktuelle Debatten reagieren?

→ www.kulturstiftung-des-bundes.de/ domidlabs #DomidLabs

15.7.2022


Nachrichten aus den Programmen und Projekten

dive in

Programm für digitale Interaktionen Mit dem Programm dive in unterstützt die Kulturstiftung des Bundes derzeit 68 Häuser bei der Entwicklung von innovativen Vermittlungsangeboten, die analog wie digital neue Formen der Interaktion und Teilhabe er­ proben. Programmbegleitend startete die Bundesakademie Wolfenbüttel im Juli 2021 ein Fortbildungsprogramm, das die geför­ derten Institutionen bei der nachhaltigen digi­talen Transformation ihrer Häuser und der Erschließung neuer Möglichkeitsräume begleiten soll. Die HoloLabs – digitale Ideenwerkstätten, die an drei Terminen im Herbst 2021 stattfinden – öffnen das Programm für Interessierte und ermöglichen den Aus­ tausch zu aktuellen Diskursen und Trends rund um Digitale Kunst und Vermittlung. Im Dezember entscheidet eine unabhängige Jury, welche Projekte in der zweiten För­ derrunde mit einer Gesamtfördersumme von bis zu 21,3 Mio. Euro aus NEUSTART KULTUR gefördert werden.

Kultur Digital Das neu erschienene Infoheft Kultur Digital stellt die Programm-Module und die im Fonds Digital geförderten Projekte vor. Neben Tex­ ten, Fotos und Social-Media-Beiträgen fin­ den sich darin auch Statements der Kultur­ einrichtungen u. a. zu folgenden Fragen: Was bedeutet Digital Leadership? Welche Veran­t­ wortung haben Kulturinstitutionen im digi­ talen Raum? Abrufbar unter: www.kulturstiftung-bund.de/kulturdigital. Im Juni 2021 fand das Digital Lab #2 – Akademie im Fonds Digital zum Thema Co-­ Creation in Digitalprojekten statt. Eröffnet vom Künstlerkollektiv ruangrupa, diskutier­ te es internationale Ansätze und Beispiele von Co-Creation. Alle Vorträge und Gesprä­ che unter: ­­ www.kulturstiftung-des-bundes.de/­digitallab.

→ www.kulturstiftung-bund.de/ kulturdigital #KulturDigital #DigitalLab

→ www.kulturstiftung-des-bundes.de/ dive-in #ProgrammDiveIn #HoloLabs #NeustartKultur

360°

Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft Im Programm 360° findet jährlich eine Akademie statt, die den beteiligten Akteuren und Institutionen eine Plattform für Diskurs und Austausch bietet. 2021 wird das Forum erstmals erweitert: Unter dem Titel „Ungeduld“ veranstaltet 360° eine digitale Tagung, zu der im Sinne des Wissenstransfers neben Fachpublikum aus Kulturbetrieb und -politik auch eine interessierte Öffentlichkeit einge­ laden ist. Aufbauend auf die im Programm im Frühjahr veröffentlichten Empfehlungen wird am 25. und 26. November diskutiert und in Workshops gemeinsam erarbeitet, wie der Zukunftsfaktor Diversität in Kulturinstitutio­ nen verstetigt werden kann. Informationen zu Programm und Anmeldung sind auf der Website der Veranstaltung abrufbar: www.360-Grad-Ungeduld.de. Mit dem Podcast KulturDivers begibt sich die Journalistin und Diversity-Trainerin Sou-Yen Kim in den Maschinenraum des Programms 360° und spricht mit Akteurin­ nen aus den geförderten Institutionen. Aus erster Hand berichten Programmverant­ wortliche und Diversitätsagentinnen aus Museen, Theatern, Bibliotheken und ande­ ren Kultureinrichtungen über die Öffnungs­ prozesse in ihren Häusern. Wie diversifiziert man z. B. die Personalstruktur einer Biblio­ thek? Wie erreicht ein Theater ein vielfälti­ ges Publikum? Und welche Modelle haben sich für die Arbeit der Diversitätsagenten bewährt? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt es bei KulturDivers. Alle Folgen zum Nachhören unter: www.kulturstiftungdes-bundes.de/kulturdivers

Klimabilanzen in Kultur­institutionen CO²-Emissionen sind einer der zentralen Faktoren für den Klimawandel und ihre Re­ duktion damit eine der wichtigsten Heraus­ forderungen des 21. Jahrhunderts. Auch Künst­lerinnen und Kulturinstitutionen reflek­ tieren inzwischen vermehrt die eigenen be­ triebsökologischen Produktionsbedingun­ gen, beklagen aber zugleich unzureich­endes Handlungswissen, um konkrete Maßnahmen umzusetzen. Vor diesem Hintergrund hat die Kultur­ stiftung des Bundes im Winter 2020 mit Klimabilanzen in Kulturinstitutionen ein bun­ des­weites Pilotprojekt initiiert, das 19 Kultur­einrichtungen aus verschiedenen Sparten dabei unterstützte, den eigenen CO²-Fußab­ druck zu ermitteln. Ziel war es, modellhaft den Prozess der Klimabilanzerstellung im Kulturbereich zu erproben, um Kultureinrich­ tungen ein Instrument auf dem Weg zur Kli­ma­neutralität aufzuzeigen. Eine Dokumen­ tation des Vorhabens mit Auswertungen, Er­fahrungsberichten, Handlungsempfeh­ lungen und Arbeitsmaterialien steht auf Deutsch und Englisch auf der Website der Kulturstiftung zum Download zur Verfügung.

TRAFO

Modelle für Kultur im Wandel Kulturakteure in ländlichen Regionen brau­ chen professionelle Ansprechpartnerinnen – Netzwerker, die zwischen Verwaltung und Akteuren vermitteln, Engagierte in Austausch bringen und Initiativen beraten. Diesem An­ satz folgt das Pilotprojekt „Regionalmanager*in Kultur“, welches im Rahmen des Mo­ dellvorhabens Lernende Kulturregion Schwäbische Alb in einer Kooperation des TRAFO-­ Programms und des Ministeriums für Wis­ senschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg entstanden ist. Es soll Koordinationsstellen schaffen, die das regi­ onale Kulturangebot durch strategische Be­ ratung und Vernetzung weiterentwickeln und regionale Kulturkonferenzen veranstal­ ten. Eine Handreichung stellt das Projekt und die sechs teilnehmenden Regionen vor und bündelt die Praxiserfahrungen zu einem kompakten Leitfaden mit Übersichten, Tipps und Empfehlungen für Kommunen, Verbän­ de und Förderer. Einen größeren Überblick zum Thema mit Lösungsansätzen aus ganz Deutschland gibt außerdem das umfangrei­ che digitale Dossier Die Neuen Netzwerker. Beides ist online auf der TRAFO-Website ver­ fügbar.

→ www.trafo-programm.de #TRAFO

Neue Auftraggeber Wir gratulieren: Die Gesellschaft der Neuen Auftraggeber erhielt im Juli 2021 den erst­ mals ausgelobten Zukunftspreis KULTURGE­ STALTEN der Kulturpolitischen Gesellschaft in der Kategorie „Initiativ- und Netzwerkpro­ jekte“. Die Neuen Auftraggeber von Friedland  – eines der Projekte der fünfjährigen Pilot­ phase, die seit 2017 von der Kulturstiftung des Bundes gefördert wird – sind außerdem Preisträger des Ideenwettbewerbs „Engagiert in Ostdeutschland – MACHEN!2021“, ausgelobt vom Bundesministerium für Wirt­ schaft und Energie. Das Modell Neue Auftraggeber vereint auf besondere Weise bürgerschaftliches En­ gagement mit den Möglichkeiten der zeit­ genössischen Künste. Die digitale Publikati­ onsreihe Im Auftrag – Kunst in Beziehung beleuchtet die gesellschaftlichen Potenziale einer Kunst im Bürgerauftrag, monatlich unter neueauftraggeber.de.

→ www.neueauftraggeber.de #NeueAuftraggeber

→ www.kulturstiftung-des-bundes.de/ klimabilanzen #Klimabilanzen

→ www.kulturstiftung-des-bundes.de/­ 360-fonds #Programm360Grad #KulturDivers #TgUngeduld

Coronakrise
 Aktuelle Informationen für Projektträger:
 www.kulturstiftung-des-bundes.de/coronakrise

TURN2

Künstlerische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und afrikanischen Ländern Die Jurys der TURN2 Residencies haben sich im Juni 2021 für die Förderung von 15 Nachwuchskuratorinnen und -kuratoren an den Standorten Lagos, Nairobi, Johannesburg und Berlin entschieden. Die Residencies bie­ ten den Fellows die Möglichkeit zu kuratori­ schen Recherchen und nachhaltiger interkontinentaler Vernetzung. Die Jury des Fonds TURN2 empfahl im Juni 2021 neun Kooperationsprojekte mit einem Fördervolumen von 1,3 Mio. Euro zur Förderung. An den künstle­ rischen Kooperationen sind u. a. 17 Partner­ einrichtungen aus elf afrikanischen Ländern beteiligt. Gefördert werden Projekte aus den Bereichen Musiktheater, Bildende Kunst, Kul­ turgeschichte, Musik sowie spartenübergrei­ fende Vorhaben. Weitere Infos zu den 15 Fellows und den geförderten Projekten finden Sie auf unserer TURN2-Webseite.

→ www.kulturstiftung-des-bundes.de/ turn2 #FondsTURN2 #TURN2Residencies

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Kulturstiftung des Bundes Stiftungsrat

Stiftungsbeirat

Die Stiftung

Der Stiftungsrat trifft die Leitentscheidungen für die inhaltliche Ausrichtung, insbesondere die Schwerpunkte der Förderung und die Struktur der Kulturstiftung. Der aus 14 Mitgliedern bestehende Stiftungsrat spiegelt die bei der Errichtung der Stiftung maßgebenden Ebenen der politischen Willensbildung wider. Die Amtszeit der Mitglieder des Stiftungsrats beträgt fünf Jahre.

Der Stiftungsbeirat gibt Empfehlungen zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Stiftungstätigkeit. In ihm sind Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik vertreten.

Vorstand Hortensia Völckers Künstlerische Direktorin Kirsten Haß Verwaltungsdirektorin

Vorsitzende des Stiftungsrats Prof. Monika Grütters Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien für das Auswärtige Amt Michelle Müntefering Staatsministerin für internationale Kulturpolitik für das Bundesministerium der Finanzen Bettina Hagedorn Parlamentarische Staatssekretärin

Olaf Zimmermann Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats e.V. Vorsitzender des Stiftungsbeirats Prof. Markus Hilgert Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder Prof. Ulrich Khuon Deutscher Bühnenverein Prof. Dr. Eckart Köhne Präsident des Deutschen Museumsbunds Prof. Martin Maria Krüger Präsident des Deutschen Musikrats Prof. Dr. Carola Lentz Präsidentin des Goethe-Instituts

für den Deutschen Bundestag Prof. Dr. Norbert Lammert Bundestagspräsident a.D. Burkhard Blienert Entsandter des Deutschen Bundestages Marco Wanderwitz Bundestagsabgeordneter

Dr. Franziska Nentwig Geschäftsführerin des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI e.V.

als Vertreter der Länder Rainer Robra Staats- und Kulturminister, Chef der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Carsten Brosda Senator der Behörde für Kultur und Medien Hamburg

Dr. Regula Venske Präsidentin PEN-Zentrum Deutschland

als Vertreter der Kommunen Klaus Hebborn Deutscher Städtetag Uwe Lübking Deutscher Städte- und Gemeindebund als Vorsitzender des Stiftungsrats der Kulturstiftung der Länder Michael Müller Regierender Bürgermeister von Berlin

Christoph Schmitz Leiter des Fachbereichs Medien und Kultur der Gewerkschaft ver.di

Jurys & Kuratorien Rund 60 Experten aus Wissenschaft, Forschung und Kunst beraten die Kulturstiftung des Bundes in verschiedenen fach- und themenspezifischen Jurys und Kuratorien. Weitere Informationen zu diesen Gremien finden Sie auf unserer Website unter www.kulturstiftung-bund.de bei den entsprechenden Projekten.

Wenn Sie dieses Magazin regelmäßig beziehen möchten, können Sie Ihre Bestellung auf unserer Website unter www.kulturstiftung-bund.de/ magazinbestellung aufgeben. Sie erreichen uns außerdem auch telefonisch unter +49 (0) 345 2997 131. Wir nehmen Sie gern in den Verteiler auf!

Herausgeber Kulturstiftung des Bundes Franckeplatz 2 / 06110 Halle an der Saale Tel. +49 (0) 345 2997 0  Fax +49 (0) 345 2997 333 info@kulturstiftung-bund.de www.kulturstiftung-bund.de

Um Ihnen den Bezug dieses Magazins zu ermöglichen, verarbeiten wir (Kontakt siehe Impressum) Ihre personenbezogenen Daten auf Grundlage Ihrer in der Vergangenheit erteilten Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO). Nur unsere Mitarbeiterinnen und am Magazinversand beteiligte Dienstleister haben Zugriff auf Ihre Daten. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie unter www.kulturstiftung-bund.de/datenschutz und von unserem Datenschutzbeauftragten ( datenschutz@kulturstiftung-bund.de, Postanschrift siehe Impressum).

Vorstand Hortensia Völckers / Kirsten Haß (verantwortlich für den Inhalt)

Die Kulturstiftung des Bundes unterhält eine umfangreiche zweisprachige Website, auf der Sie sich über die Aufgaben und Programme der Stiftung, die Förderanträge und geförderten Projekte und vieles mehr informieren können. Besuchen Sie uns unter

→ www.kulturstiftung-bund.de → facebook.com/kulturstiftung → twitter.com/kulturstiftung → instagram.com/kulturstiftungdesbundes

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Kommunikation Friederike Tappe-Hornbostel (Leitung), Hannah Crass, Sabine Eckardt, Tinatin Eppmann, Sarah Fritzsche, Juliane Köber, Julia Liebetraut, Kathrin Mergel, Arite Studier Programmentwicklung Dr. Jeanne Bindernagel, Christopher Krause (Volontär), Stephanie Regenbrecht, Uta Schnell Referentin für Evaluation Ursula Bongaerts Programme & Förderung Antonia Lahmé (Leitung), Dr. Sebastian Brünger, Teresa Darian, Clara-Michaela Dvořák, Anne Fleckstein, Dr. Marie Cathleen Haff (Leitung Allgemeine Projektförderung), Karin Kirchhoff, Julia Mai, Friederike Zobel, Anna Zosik Programmsachbearbeitung Hassan Soilihi Mzé (Leitung), Elif Müjen Alhamoud, Anja Bauer, Marcel Gärtner, Bärbel Hejkal, Sarah Holstein, René Kaiser, Constanze Kaplick, Laura Klopf, Dörte Koch, Anja Lehmann, Basel Khadir Omar, Sandra Rutke, Saskia Seidel, Anne-Kathrin Szabó, Gisela Tatsi, Claudia Wenzel Projektprüfung Steffen Schille (Leitung), Franziska Gollub, Frank Lehmann, Fabian Märtin, Antje Wagner

Auszubildende Friederike Glasse

Impressum

online

Justiziariat, Vertragsabteilung Justus Duhnkrack (Leitung), Katrin Gayda, Alexandra Kluschke, Anja Petzold

Verwaltung Torsten Klement (Leitung), Margit Ducke, Maik Jacob, Gregor Pietruschka, Steffen Rothe

Das Magazin

Im Sinne der Barrierefreiheit bemühen wir uns um einen möglichst uneingeschränkten Zugang unserer Leserinnen und Leser zu diesem Magazin. Unter www.kulturstiftung-bund.de/magazin können die Ma­gazin-Beiträge direkt und barrierefrei gelesen werden.

Referent des Vorstands Dr. Lutz Nitsche

Personalreferent Andreas Heimann

als Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur Prof. Dr. Bénédicte Savoy Professorin für Kunstgeschichte Wolfgang Tillmans Künstler Prof. Dr. Dr. h.c. Wolf Lepenies Soziologe

Einzelne Beiträge des Magazins Nr. 37 können Sie auch in englischer Sprache abrufen unter www.kulturstiftung-bund.de/magazine.

Sekretariate Beatrix Kluge, Beate Ollesch (Büro Berlin), Franziska Schöppe, Sabrina Bachmann

Redaktion Dr. Jeanne Bindernagel Christopher Krause Schlussredaktion Hannah Crass Gestaltung Bureau Est (Leipzig / Paris) Ondine Pannet, Lisa Petersen, Sebastian A. Schmitt

© Kulturstiftung des Bundes — alle Rechte vor­behalten. Vervielfältigung insgesamt oder in Teilen ist nur zulässig nach vorheriger schriftlicher Zustimmung der Kulturstiftung des Bundes. Wir verwenden in unsystematischer Abfolge mal die grammatisch männliche, mal die weibliche Form bei personenbezogenen Substantiven im Plural. Wir legen Wert darauf, dass in allen Fällen Menschen jedweden Geschlechts (m/w/d) gemeint oder angesprochen sind. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Kulturstiftung des Bundes wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

Nicholas Grafia Titel Tunnel Vision (Going Tru Da Motions) Acryl, Öl, Gouache & Sprühfarbe auf Leinwand, 2018

Schriften Print Dialogue von Manuel von Gebhardi Oracle von Dinamo

1

Lithografie Print Marius Brüggen

Bulan’s Twins (Shape Sisters) Acryl auf Leinwand, 2021

2

At the Gym II (Selfportrait in a B ­ athrobe) Acryl, Gouache, Tusche, Öl & Sprühfarbe auf Leinwand, 2017

3

The Lip Sync Sculpture Performance mit Mikołaj Sobczak (20 min), 2017

4

I See, You See, We Scream (Fear in the Eye of the Beholder II) Acryl auf Holz, 2017

5

The Ambush II Acryl auf Leinwand, 2021

6

Decisive Tan Acryl auf Leinwand, 2021

7

Triple Threat (Payday Posers) Acryl auf Leinwand, 2019

8

It’s 10 PM. Do you know where your children are? Performance mit Mikołaj Sobczak (40 min), 2019

Druck Mundschenk Druck+Medien

Redaktionsschluss 6. August 2021

Auflage Print 22.000

© Nicholas Grafia. Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers. 1 6 7 Foto Matthias Kolb (Berlin); 2 Foto Anne Gold (Aachen)




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Jedediah Purdy, Elena E ­ sposito, Laokoon, Stefanie de Velasco, Alena Buyx, ­Robert Lepenies, Nicholas Grafia



Zeitinsel Ondřej Adámek In Form einer Zeitinsel als innovativer Festival-­ Reihe für Neue Musik widmet sich das Konzert­ haus Dortmund in der Saison 2021/22 mit ei­ nem vielfältigen Programm dem tschechischen Komponisten Ondřej Adámek. Dieser inte­griert in seine Kompositionen musikalische Einflüsse verschiedener Kulturen, indem er die Klang­ sprachen eigens bereister Länder wie Frank­ reich, Afrika, Spanien, Japan, Indien, Italien und Deutschland einander in einer charakte­ ristischen Mixtur gegenüberstellt. Darüber hinaus experimentiert Adámek mit den Klang­ qualitäten alltäglicher und selbst gebauter Gegenstände. Die Mitglieder der Jury: Marius Babias Direktor n.b.k. – Neuer Berliner Kunst­verein, Prof. Dr. Manuela Bojadzijev Institut für Europäische Ethnologie, HU Berlin, An fünf Tagen widmet sich das in enger Zusammenarbeit mit Ondřej Adámek erarbei­ Michael Dreyer Künstlerischer ­Leiter Morgenland Festival Osnabrück, Thomas Christoph Heyde Vorsitzender Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig e.V., tete Zeitinsel-Festival seinem Schaffensspek­ Sabine Himmelsbach Leiterin des Haus der elektronischen Künste Basel, Tarun Kade freier Dramaturg, ­Bettina Masuch Direktorin Tanzhaus NRW, Heike Munder Leiterin ­ trum: Den Auftakt des Komponistenporträts Migros Museum für Gegenwartskunst, Dr. Katrin Schumacher Redaktionsleiterin Literatur, Film, Bühne, Mitteldeutscher Rundfunk macht im September 2021 das London Sympho­ ny Orchestra unter Leitung von Simon Rattle Künstlerpersönlichkeiten u. a. von Delaine Le Ein Austausch soll darüber hinaus durch ein ergebnisse zur Geschichte der Kunsthalle mit Opernsängerin Magdalena Kozená und der Bas, Manaf Halbouni und Ahmet Ögüt. In den partizipatives Rahmenprogramm aus Work­ Rostock wird Pichl zusammen mit der Ideen­ Aufführung von Adámeks Liederzyklus „Where präsentierten Arbeiten setzen sich die Künst­ shops, Screenings und Führungen erfolgen. entwicklung und Umsetzung der Skulptur in are you?“. Das Kernfestival umfasst neben in­ ternational besetzten Aufführungen der Haupt­ lerinnen kritisch sowohl mit historischen als einer Publikation dokumentieren. werke Adámeks auch eigens für das Dort­ auch mit aktuellen kulturell geprägten Kons­ →    www.hebbel-am-ufer.de munder Konzerthaus konzipierte Projekte und truktionen menschlichen Zusammenlebens Künstlerische Leitung: Stephanie Hankey, Marek Tuszynski, →    www.kunsthallerostock.de Annemie Vanackere • Kuratoren: Stephanie Hankey, Künstlerische Leitung: Andrea Pichl • Inszenierung Workshops. und asymmetrischen Machtverhältnissen ­Marek Tuszynski • Produzentin: Christy Lange einer künstlerischen Arbeit, Kunsthalle Rostock: In ihrer interaktiven Ausrichtung wendet auseinander. Allen beteiligten Künstlern ist • Produktion: Tactical Technology Collective & HAU Hebbel 1.7.2021–28.2.2023 am Ufer • Hybrid-Ausstellung, HAU Hebbel am Ufer, sich die Zeitinsel Ondřej Adámek an ein brei­ gemein, dass sie in verschiedenen Kulturen Berlin: Sommer 2022 tes Publikum und fördert den künstlerischen zuhause sind und das Anliegen verfolgen, alte Austausch innerhalb der Neuen Musik. Vorstellungen, Bilder und Machtstrukturen zu überwinden. So soll mit der Schau ein von →    www.konzerthaus-dortmund.de Vielfalt und Freude an der Differenz gepräg­ Künstlerische Leitung: Raphael Hoensbroech, Marie-Sünje tes Kulturverständnis vermittelt werden, das Schade • Komponist: Ondřej Adámek • Künstlerinnen: die bisherigen symbolischen Repräsentations­ Mit ihrer ersten Einzelausstellung im deutsch­ London Symphony Orchestra, Sir Simon Rattle, Magdalena Kožená, Chor Accentus, Roméo Monteiro, ­Éric Oberdorff, ordnungen kritisch hinterfragt und dekon­ sprachigen Raum will das Kunstpalais Erlan­ Jean-Guihen Queyras, Éric Soyer, Léo Warynski, Ensemble struiert. Mit Beyond Homogeneity möchte das gen der 1984 geborenen chinesischen Multime­ Resonanz • Konzerthaus Dortmund: Orchesterkonzert LSO, Rattle, Kožená, Adámek “Where are you?”: Ein transnationales Projekt Kunsthaus neue Publikumsschichten der dia-Künstlerin Lu Yang ein breites Publikum in 24.9.2021; Oper Seven Stones für vier Solisten und zeitgenössischer Kunst mit Migrationsgesellschaft ansprechen und wird Europa erschließen. Thematisch durchbrechen zwölf Chorsänger Koproduktion mit Festival d’Aix-enAusstellungen und Kunstprojekten dazu u. a. in Zusammenarbeit mit dem Zent­ Lus Arbeiten die scheinbaren Gegensätze von Provence: 28.1.2022, Konzert Ensemble Resonanz, Queyras, Oberdorff, Adámek Uraufführung neues Werk: rum für Performance Studies der Universität im Stadtraum in Dresden Virtuellem und Realem, Mensch und Maschine, 29.1.2022, Community Music Workshop mit Ondřej Bremen ein umfangreiches Vermittlungspro­ Mann und Frau, Religion und Wissenschaft: In Adámek: 30.1.2022; Improvisationskonzert Airmachine, Adámek Conséquences particulièrement gramm mit neuen Formaten für Künstlerge­ Das transnationale Projekt Nordost Südwest Videokunst und Augmented-Reality-Installati­ Monteiro, blanches ou noires: 30.1.2022 Mit der Ausstellung Notes on a Golden Age: spräche, Vorträge und Workshops entwickeln. widmet sich, ausgehend von den Himmelsrich­ onen schafft sie immersive, fantastisch über­ Beirut 1943–1975 greift der Gropius Bau in Ein umfangreicher Katalog mit theoretischen tungen als den ältesten Orientierungsmarken bordende Erfahrungen, welche Elemente Berlin die bisher selten erzählte Geschichte von Reflexionen und einer Fotodokumentation be­ der Menschheit, den subtilen kulturellen und traditioneller chinesischer Kultur mit der glo­ politischen Koordinatensystemen und Gren­ balisierten Bildsprache von Mangas und Inter­ mehr als 30 Jahren künstlerischer Produkti­ gleitet das Vorhaben. zen, die sowohl zwischen Ost und West als net-basierter Popkultur verbinden. Gerade on und politischem Engagement in der liba­    www.syker-vorwerk.de auch zwischen dem Globalen Süden und dem diese transkulturelle Komponente sowie ihre nesischen Hauptstadt auf. Als „Goldenes Zeit­ → Künstlerische Leitung: Alejandro Perdomo Daniels Globalen Norden verlaufen. Während sich die­ Reflexion von aktuellen Themen wie Non-Bi­ alter“ werden häufig die Jahre nach der Un­­-  • Künstlerinnen: Marwa Arsanios, Delaine Le Bas, Helen se Beziehungs- und Konfliktlinien im Laufe der narität und Gamification machen Lu zu einer ­abhängigkeit von der französischen Mandats­ Cammock, Andrew Gilbert, Manaf Halbouni, Jasleen Kaur, Mónica de Miranda, Harold Offeh, Ahmet Geschichte verschieben können, leben die da­ Künstlerin, die für ein internationales Publikum Mit Kapitän Nemos Bibliothek wagen die herrschaft 1943 bis zum Ausbruch des Bürger­ Ögüt, Lerato Shadi • Ausstellung, Syker Vorwerk Schwetzinger SWR Festspiele eine ungewöhn­ ran geknüpften Denk- und Handlungsweisen großen Reiz birgt. kriegs 1975 bezeichnet – drei dynamische Jahr­ – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Syke: 30.1.–8.5.2022 nicht selten in Gesellschaften fort, die starke zehnte der wirtschaftlichen und kulturellen Die Ausstellung im Kunstpalais wird neben liche Adaption des gleichnamigen Romans von Transformationsprozesse durchlebt haben. Multimedia-Arbeiten auch Malerei und somit Per Olov Enquist, welche zeitgenössisches Mu­ Blüte, in denen Beirut zum überregionalen Hier setzen die Partnerinstitutionen mit den die ganze Spannbreite von Lu Yangs künstleri­ siktheater, modernes Puppentheater und Neue Treffpunkt von Künstlerinnen und Intellektu­ beteiligten Kuratorinnen und Künstlern aus schem Werk präsentieren. Sie findet in Koope­ Musik kombiniert. Inhaltlich folgt das Stück ellen avancierte. Statt eines nostalgischen Rückblicks bietet die Schau allerdings eine Deutschland, Polen, Bosnien-Herzegowina und ration und Co-Kuration mit dem Konfuzius-In­ der Romanhandlung: Im Schweden der 1940er dem Libanon an: Im Laufe des kollektiven stitut Nürnberg-Erlangen statt und beinhaltet Jahre werden zwei Nachbarsjungen bei der kritische Perspektive auf die romantisierende künstlerischen Produktionsprozesses nehmen ein mehrsprachiges, vielfältiges Vermittlungs- Geburt vertauscht; die Entdeckung löst in bei­ Erzählung dieser Epoche. Im Vordergrund sie die wechselhaften geo- und soziopolitischen und Begleitprogramm. Zentraler Bestandteil den Familien eine Verkettung von Verlust, Tra­ steht eine Betrachtung der Zusammenhänge Koordinatensysteme der eigenen jüngeren Ver­ dessen wird eine gemeinsam organisierte Vor­ gödie und Tod aus. Die Themen dieses psycho­ zwischen der bewegten Vergangenheit und gangenheit in den Blick und versuchen trauma­ tragsreihe sein, in der Expertinnen u. a. aus logisch scharf beobachteten Gesellschaftsden enormen Herausforderungen des Libanons heute. In Form komplexer Textzusammenstellungen tische Erfahrungen von Krieg, Genozid, Migra­ Sinologie, Kunsttheorie und Religionswissen­ panoramas – Identität, Dopplung, Entfremdung Notes on a Golden Age veranschaulicht mit kommentiert die in Kalifornien geborene tion und politischem Umbruch zu verarbeiten schaft Aspekte von Lu Yangs Kunst bearbeiten. und Außenseitertum – werden in der Bear­ Gemälden, Fotografien und Skulpturen den Künstlerin Kameelah Janan Rasheed die gesell­ und Lösungsstrategien für ein konstruktives In Form des Begleitkatalogs entsteht parallel beitung des renommierten Komponisten bedeutenden Beitrag, den die Beiruter Kunst­ schaftlichen und politischen Konflikte in den Zusammenleben zu finden. Die einzelnen kura­ dazu Lu Yangs erste eigenständige Monografie. Johannes Kalitzke musikalisch aufgegriffen: So spiegelt sich etwa das Erwachsenwerden szene zur Formulierung mehrerer Modernis­ USA. Als Schwarze Frau und gläubige Muslima torischen Ansätze gehen in Nordost Südwest der Protagonisten in einer Serie klanglicher men in der arabischen Welt und darüber hinaus ist sie, ebenso wie Millionen andere Amerika­ von den jeweils regional unterschiedlichen Er­ →    www.kunstpalais.de Metamorphosen, während die Komposition geleistet hat. In einem vielseitigen Be­gleit­pro­ nerinnen, von Ungleichbehandlung und Diskri­ fahrungen aus. Der künstlerische Forschungs­ Künstlerische Leitung: Malte Lin-Kröger • Kuratorin: Nora Gantert • Künstlerin: Lu Yang • Referenten: Tania das Thema der Entfremdung in surreal anmu­ gramm geben Akteure der gezeigten Epoche minierung betroffen. Diese Erfahrungen ver­ prozess mündet in hybride Workshops und Re­ Becker, Bernd Dolle-Weinkauff, Popo Fan, Marc Matten, und aktuelle Vertreterinnen der libanesischen arbeitet sie in großformatigen, oft collage- sidenzaufenthalte und schafft Formate für ein Zairong Xiang, Mi You • Ausstellung, Kunstpalais Erlangen: tende Klangkonstruktionen und elektronisch 29.1.–2.5.2022 verformte Alltagsgeräusche und Tierlaute Kunstwelt einen vertiefenden Einblick in die ­ar­tigen typographischen Werken, die Text und diverses Publikum: Themen und Orte sollen übersetzt. Dieses unwirkliche Moment wird Themen der Schau. Nach der Präsentation in Sprache als Ausgangspunkt und Arbeitsma­ vernetzt und Beziehungen für einen künstle­ durch die Beteiligung des Puppentheaters Hal­ Berlin wird Notes on a Golden Age im Rahmen terial begreifen. Kameelah Janan Rasheeds rischen und wissenschaftlichen Austausch ge­ le und dessen besondere Spielweise noch ver­ der 16. Lyon-Biennale im Musée d’Art Contem­ ­Arbeiten werden hauptsächlich mithilfe von schaffen werden. Die im Projekt entstandenen stärkt: Die Puppenspieler agieren dabei nicht porain (MAC) zu sehen sein. XEROX-Druckern produziert und wie politische Arbeiten und performativen Interventionen nur als verdeckte „Beweger“, sondern auch Pamphlete in Ausstellungräumen, auf Plakat­ sind schließlich in einer gemeinsamen Ausstel­ →    www.gropiusbau.de wänden, an Bushaltestellen oder in Schaufens­ lung im Stadtraum Dresdens zu sehen. Ergänzt ­offen sichtbar oder gar als Doppelgänger und Künstlerische Leitung/Kuratoren: Till Fellrath und Spielpartner. Sam Bardaouil • Künstlerinnen: Shafic Abboud, Etel Adnan,­ tern v. a. im öffentlichen Raum präsentiert. wird diese um ein Beteiligungs- und Vermitt­ Dia Al Azzawy, Huguette Caland, Saloua Raouda Choucair, Die Inszenierung mit einem Libretto von Rasheed nutzt Sprache nicht nur als Informa­ lungsprogramm mit gemeinsam entwickelten Helen El Khal, Aref El Rayess, Paul Guiragossian, Julia Hochstenbach und einer Instrumen­ tionsträger, sondern billigt dem Text eine eigene Veranstaltungen in Beirut, Bihać und WarJoana Hadjithomas & Khalil Joreige, Nadia Saikali-Thomas  • Ausstellung, Gropius Bau, Berlin: 22.4.–10.7.2022 tierung des Ensemble Modern wird bei den ästhetische Qualität zu, die mit langgezogenen ­schau. Schwetzinger SWR Festspielen 2022 uraufge­ glänzenden Buchstaben auf unterschiedlichen Ein Projekt mit HELLERAU Europäisches führt. Internationale Sichtbarkeit verspricht Materialien wie Papier, Vinyl oder Nylon zum Zentrum der Künste, dem Beirut Art Center, zudem die geplante Zusammenarbeit mit den Tragen kommt. Die Betrachter werden mit der Revizor Foundation/KRAK in Bihac und Bregenzer Festspielen. Fragen und Aussagen konfrontiert, die die dem Performing Arts Institute, Warschau. Illu­sion der Selbstermächtigung des Einzelnen →    www.schwetzinger-festspiele.de in einer von Kapitalismus und Rassismus ge­ →    www.kunsthausdresden.de Künstlerische Leitung: Heike Hoffmann • Komposition: Künstlerische Leitung: Christiane Mennicke-Schwarz, prägten Gesellschaft entlarven. Johannes Kalitzke • Libretto: Julia Hochstenbach Ahmad Ghossein, Haig Aivazian, Irfan Hošic, Marta Keil, • Regie: Christoph Werner • Künstlerinnen: Ensemble Mit ihrer Ausstellung im Kunstverein Grzegorz Reske • Künstlerinnen: Petra Serhal, SuperMacho AntiKristo – Modern, Noa Frenkel, Ines Heinrich-Frank, Rinnat Hannover präsentiert die Künstlerin ihr Werk Omar Mismar, Caroline Tabet, Irma Markulin, Selma A Headless 100-Act Opera Moriah, Johanna Zimmer, Lars Frank, luri lushkevich, Selman, Darija Radaković, Ingrid Vranken, Janek Turkowski Reuben Willcox u. a. • Uraufführung, Rokokotheater, erstmalig auf institutioneller Ebene einer & Iwona Nowacka, Zorka Wollny u. a. • Präsentation, zur 8. Triennale der Schwetzingen: 21.3.–2.5.2022; Vorstellungen in der deutschen Öffentlichkeit. Dabei knüpft sie Stadtraum Dresden: Kunsthaus Dresden, HELLERAU: Photographie Hamburg 2022 Die Live-Musiktheater-Inszenierung SMAK! Werkstattbühne, Bregenz: 23.–29.7.2022 2.9.–20.11.2022; Veranstaltung/Präsentation, KRAK konsequent an ihre bisherigen Botschaften SuperMacho AntiKristo – A Headless 100-Act Center for Contemporary Culture, Bihac: 7.9.2022– Mit einer großen Anzahl an Foto-Ausstellungen und Arbeitsweisen an, u. a. durch die umwelt­ 11.1.2023; Bühnenpräsentationen/Führungen, HELLERAU, Opera ist die erste genreübergreifende Bühnen­ und begleitenden Veranstaltungen in Hambur­ schonende Produktion ihrer Arbeiten vor Ort Dresden 23.–25.9.2022; Veranstaltung/Präsentationen, produktion des philippinischen Künstlers, Fil­ Beirut Art Center: 11.10.2022–16.1.2023 ger Museen, Ausstellungshäusern und Galeri­ und die Konzeption eines Ver­mitt­lungspromemachers, Musikers und Performers Khavn, en wirft die international beachtete Triennale gramms. die er in der ersten Spielzeit des neuen Inten­ der Photographie einen globalen Blick auf danten René Pollesch (2020/21) an der Volks­     www.kunstverein-hannover.de ­gegenwärtige Entwicklungen der Fotografie. → bühne am Rosa-Luxemburg-Platz realisieren Künstlerische Leitung: Sergey Harutoonian • Künstler: Unter dem Titel CURRENCY untersucht nun Kameelah Janan Rasheed • Einzelausstellung, wird. Gemeinsam mit internationalen Künst­ ein internationales Kuratorinnen-Team den Kunstverein Hannover: 4.2.–3.4.2022 lerinnen und Künstlern möchte Khavn Inhal­ Private Fotos von DDR-Migrant:innen. Wert der Fotografie im 21. Jahrhundert, dem te und Strategien jenseits des Kanons entwi­ Die Spur der Bilder sogenanntem „retinalen Zeitalter“: Seit mehr ckeln und präsentieren. Seine Vorgehens­als hundert Jahren schreiten die Produktion, weise erinnert dabei teils an Christoph Das mediale Erbe der DDR ist bislang vor allem Schlingensief, insbesondere mit Blick auf die Verbreitung und der Konsum fotografischer weiß. Migrantinnen und „Ostdeutsche of Co­ Sichtbarmachung und Mobilisierung margi­ Bilder voran – die Welt wird durch die Linse lour“ sind kaum präsent, ihr Alltagsleben in nalisierter Inhalte und Stimmen mithilfe der betrachtet und begriffen. Fotografien schrei­ der DDR wenig sichtbar und wenn doch, re­ Kunst. SMAK! ist eine Reflexion der künstleri­ ben sich in bestimmte Vorstellungen von Wahr­ Kollektive Befragung von produzieren die vorhandenen Archivfotos schen Theorie und Praxis des großen Theater­ heit oder Geschichte ein. Sie zirkulieren und Geschichtsschreibungen im Kontext nicht selten Stereotype. Im kollektiven Bild­ avantgardisten des 19. Jahrhunderts Alfred schaffen Werte wie monetäre Währungen, so gedächtnis der DDR sind vor allem zwei Topoi Jarry, der eine literarische Reanimation des des Kunstverein München lautet die These der 8. Triennale der Photo­ vorherrschend: Die visuelle Idealisierung des unvollendeten Romans Makamisa des philip­ graphie in Hamburg. Zum Auftakt der Triennale werden etwa Mit dem zweijährigen Veranstaltungs- und Dis­ proletarischen Internationalismus, wie in den pinischen Nationalhelden José Rizal gegen­ 30 internationale Fotografie- und Kunstexper­ kursprogramm The Stories We Tell Ourselves weit verbreiteten Fotos der DDR-Bildagentur übergestellt wird. Khavn, der sich seit Jahr­ ten, Wissenschaftlerinnen und Autorinnen zu verfolgt der Kunstverein München das Ziel, in Zentralbild, und die Darstellung von Migranten zehnten unerschrocken mit dem kolonialen einem dreitägigen Symposium nach Hamburg einem gemeinsamen Reflexionsprozess seine als Opfern bzw. Verliererinnen der Geschichte. Erbe seines Landes auseinandersetzt, möchte eingeladen. Mit Vorträgen und Diskussionsrun­ eigene Geschichte kritisch aufzuarbeiten und Das interdisziplinäre Forschungsprojekt mit der Inszenierung die Relevanz kolonialer den lädt das Programm zum kritischen Aus­ zugleich Ideen zu entwickeln, wie die Institu­ De-Zentralbild will mit einer digitalen Ausstel­ Zusammenhänge für die gewaltvolle National­ Der Dichter, Zeichner, Musiker, Theaterdirek­ tausch darüber ein, wie Fotografien Wahrneh­ tion aktualisiert werden kann. Der Kunstver­ lung eine Plattform für die fotografische und geschichte der Philippinen ins Zentrum rücken. tor und Jurist E.T.A. Hoffmann gehörte zu den mungen formen und Erfahrungen prägen. Das ein rekonstruiert seine Geschichte anhand biografische (Selbst-)Repräsentation von DDR-­ Das Projekt findet in Zusammenarbeit beliebtesten Autoren seiner Zeit. Heute jedoch Symposium wird online und live in englischer thematischer Schwerpunkte und beleuchtet Migrantinnen schaffen: Anhand von privaten philippinischer und deutscher Autorinnen, ist sein Einfluss auf Musik, Science-Fiction, Li­ Versäumnisse und Chancen in enger Zusam­ Fotos soll das Leben in der DDR aus migranti­ Musiker, Schauspielerinnen und Bühnenbild­ teratur und Kunst kaum mehr bekannt. Zum Sprache übertragen. menarbeit mit lokalen und internationalen schem Blickwinkel (neu) erzählt und die All­ ner statt. Text und Musik entstehen in Manila Anlass seines 200. Todestags im Jahr 2022 →     www.deichtorhallen.de Künstlerinnen, Wissenschaftlern und Institu­ tagswirklichkeit von Menschen verschiedener und Berlin, Proben, Aufführungen sowie das will die Staatsbibliothek zu Berlin nun Leben Künstlerische Leitung: Koyo Kouoh • Kuratorinnen: ­ tionen. Das passende Setting hierfür bietet der Herkunft sichtbar gemacht werden. Begleiten­ begleitende Rahmenprogramm finden in Ber­ und Werk des Universalkünstlers mit dem um­ Rasha Salti, Gabriella Beckhurst, Oluremi C. Onabanjo • Künst­le­rinnen: Ariella Azoulay, Nancy Adajania, fangreichen Jubiläumsprogramm Unheimlich seit 2020 existierenden Archivraum des Hau­ de Texte, Illustrationen und Videoportraits lin statt. Tina Campt, Ariel Goldberg, Kapwani Kiwanga, Elias Sanbar, zeichnen ihre Geschichte bis in die Gegenwart Fantastisch in die Gegenwart holen und insbe­ ses: Anhand des hier gesammelten Materials Walid Raad u. a. • Internationales Symposium, Hamburg:     www.volksbuehne.berlin.de 30.9.–2.10.2021 sondere einem jungen Publikum erschließen. wird der 200-jährigen Institutionsgeschichte nach. Wie leben DDR-Migranten und ihre Fa­ → Regie: Khavn • Künstlerische Leitung: Anna Heesen und ihren Leerstellen nachgespürt. Neue Per­ milien heute in Deutschland? Wie ist es denje­  • Komponist: Brezel Göring • Bühnen- und Kostümbild: Dazu soll etwa seine Beschäftigung mit künst­ licher Intelligenz, mit den Grenzen des Realen spektiven eröffnen sich bei der Verknüpfung nigen ergangen, die in ihre Herkunftsländer Leeroy New • Schauspielerinnen: Lilith Stangenberg, Margarita Breitkreiz, Kerstin Graßmann, Bernhard Schütz, oder der Persönlichkeitsentwicklung im Span­ von Archivmaterial mit zeitgenössischen Kunst- zurückgekehrt sind? Maximilian Brauer u. a. • Aufführung, Volksbühne nungsfeld gesellschaftlicher Zwänge aufgezeigt Die Inhalte des digitalen Archivs werden am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin: 21.4.–31.5.2022 ­ausstellungen. werden. In Zusammenarbeit mit dem Zentralinsti­ vom Team um Regisseurin Julia Oelkers und Um den gattungsübergreifenden, synästhe­ tut für Kunstgeschichte und dem NS-Doku­ Historikerin Isabel Enzenbach gemeinsam mit Queer Lives 1900–1950 tischen Aspekten bei E.T.A. Hoffmann gerecht mentationszentrum München werden im dis­ jungen Künstlerinnen und Aktivisten der zu werden, ist eine innovative Ausstellung in Die Sichtbarkeit queerer Personen ist zentra­ kursiven Programm bisher wenig beleuchtete 2. Generation von DDR-Migranten sowie inter­ Form eines „Exploratoriums“ (Arbeitstitel) ge­ ler Teil gegenwärtiger Debatten rund um Iden­ Themen wie die Rolle von Frauen innerhalb der nationalen Partnern erarbeitet und in fünf plant. Unter künstlerischer Gesamtleitung des tität und Diversität, doch gleichzeitig hat sie Institution, die Entwicklung des Klassenbe­ Sprachen übersetzt. Begleitende Veranstal­ Studios TheGreenEyl werden vier Räume ent­ eine historische Perspektive: Bereits während griffs oder das Agieren des Vereins im National­ tungen in Leipzig, Hanoi, Maputo, Havanna und stehen, die gestalterisch die Brüche, Verzer­ der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erleb­ sozialismus erforscht. Ergänzt wird diese Aus­ online tragen zur internationalen Sichtbarkeit rungen, Spiegelungen, Wahrnehmungstäu­ ten queere Menschen in Deutschland ein tra­ einandersetzung durch eine Summer School, des Projekts bei. Die recherchierten Materiali­ schungen und Perspektivwechsel in Hoffmanns gisches Wechselspiel von Widerstand, Blüte, die Publikationsprojekte „Fußnoten“ und en werden anschließend in die Sammlung des Werk aufgreifen. Ergänzt wird dies durch Unterdrückung und Vergessen. Mit der Aus­ „Edit-a-Thon“ sowie eine internationale Film­ DOMiD | Dokumentationszentrum und Museum partizipative Elemente und junge künstleri­ stellung TO BE SEEN begibt sich das NS-Do­ produktion blicken jeweils hinter die Vereins­ über die Migration in Deutschland überführt. Eine Serie zwischen Konzert, Installation, Environment und Performance sche Perspektiven. kumentationszentrum München auf die Suche geschichte und wollen vorhandene Wissenslü­ Das Exploratorium wird im neuen Mu­ nach dieser wenig bekannten Historie und er­ cken schließen. →    www.videowerkstatt.de Künstlerische Leitung: Isabel Enzenbach, Julia Oelkers forscht sie im Austausch von Wissenschaft, Zwischen Konzert, Installation, Environment seum der Staatsbibliothek zu Berlin, in der  • Künstlerinnen: Susanne Beer, Thanh Nguyen, Thúy Kunst und Aktivismus. Die Vielfalt queerer → und Performance präsentiert singuhr – pro­ Staatsbibliothek Bamberg und im geplanten     www.kunstverein-muenchen.de Phuong Nguyen, Caterina Simão, Alejandro Vega Baró, Cynthia Zimmermann • Digitale Ausstellung: ab 1.7.2022; Identitäten und ihre Teilhabe an gesellschaft­ Künstlerische Leitung: Maurin Dietrich • Künstlerinnen: jekte unter dem Titel MODULAR MUSIC drei Deutschen Romantik Museum in Frankfurt Tony Cokes, Europa Frohwein, Lena von Geyso, Sofia Lemos, Hybride Veranstaltungen mit Protagonistinnen in lichen Entwicklungen soll so für ein breites Kirsten Loyd, Doreen Mende, Bea Schlingelhoff, Eva Werke der Neuen Musik, die musikalisch-kom­ am Main gastieren. Flankiert wird die hybride Deutschland, Mosambik, Vietnam und Kuba im Sommer/ Wilson & Adam Gibbons, Hengameh Yaghoobifarah u. a. Publikum sichtbar gemacht werden. positorische Aspekte und bildnerisch-skulptu­ Ausstellung von einem internationalen wissen­ Herbst 2022 In Kooperation mit Historikerinnen und • Diskursives Programm, Kunstverein München: rale Praxis verbinden. Durch die Zusammen­ schaftlichen und kulturellen Begleitprogramm, 1.7.2021–30.6.2023 Künstlern eröffnet TO BE SEEN einen Dialog arbeit von 26 deutschen und internationalen einem Podcast und einer Publikation. zwischen Geschichte und zeitgenössischer Musikerinnen, Komponisten und Klangkünst­     www.preussischer-kulturbesitz.de Kunst, auch in Form einer Intervention in der lerinnen erprobt das Projekt neue Formen der → →     www.etahoffmann.net Dauerausstellung und im Außenbereich. Inter­ genreübergreifenden Musik- und Kunst­pro- Künstlerische Leitung: Christina Schmitz, TheGreenEyl  • Kuratoren: Benjamin Schlodder, Ursula Jäcker, Bettina nationale künstlerische Positionen ergänzen duktion. Wagner, Wolfgang Bunzel   Künstlerinnen: TheGreenEyl, die Archivmaterialien des NS-Dokumentations­ Mit der Neuinterpretation eines Klassikers Oliver Chanarin, Jón Thor•Gíslason, Claire Illouz, Oliver Laric, Digitale Panik, Polarisierung und Krise: zentrums um neue Perspektiven: So beziehen der Neuen Musik, dem performativen elektro­ Kyle McDonald, Shinseungback Kimyonghun, Monica Eine Intervention im öffentlichen sich Collagen der US-amerikanischen Künst­ nischen Musikstück „Rainforest IV“ (1973) Giovinazzi, Metheor • Ausstellung, Staatsbibliothek Berlin: 24.3.–25.6.2022; Ausstellung, Staatsbibliothek Bamberg: Umsetzung einer Skulptur im Zuge lerin Zackary Drucker auf das Leben ihrer jü­ Raum über Technologie in Zeiten der würdigt MODULAR MUSIC einen der zentra­ 24.7.–29.10.2022; Ausstellung, Deutsches Romanik Museum, kurzen und langen Krisen der Sanierung der Kunsthalle dischen, cross-dressenden Großmutter, welche len Wegbereiter der experimentellen Musik, Frankfurt am Main: 24.11.2022–12.2.2023 bereits Thema der von ihr produzierten Serie den Komponisten David Tudor. Auf die Spur „Transparent“ war. Der ungarische Lyriker Krisen, so zeigen Corona-Pandemie und Klima­ Ursprünglich als reiner Ausstellungspavillon aktueller Tendenzen begibt sich das Projekt Zoltán Lesi und der brasilianische Künstler wandel deutlich, stellen das gesellschaftliche für die Präsentation der Biennale der Ostsee­ mit zwei Uraufführungen: Phillip Sollmanns Ricardo Portilho greifen das Thema Intersexu­ Verhältnis zu Technologie vor eine Herausfor­ länder, Norwegens und Islands konzipiert, ist und Konrad Sprengers experimentelles elekt­ alität im Sport in den 1930ern auf, während derung: Einerseits schafft eine nie dagewese­ die 1969 eröffnete Kunsthalle Rostock der ein­ ronisches Stück „Modular Organ System“ und sich die Wiener Künstlerin Lena Rosa Händle ne Datenbasis ungekannte Möglichkeiten der zige Neubau eines Kunstmuseums in der Ge­ „Myriad II – eine Konzertinstallation“ von Rebecca mit den versteckten Codes lesbischer Subkul­ Analyse und Vernetzung, andererseits er­ schichte der DDR und damit auch ein Denkmal Saunders. schwert die Informationsflut die Meinungsbil­ ihrer Baukultur. Die international auf den Ost­ tur im Nationalsozialismus befasst. Das Publikum soll Teil der Inszenierung Creating and presenting new works Die Ausstellung wird umrahmt von einem dung und führt mitunter zu Verzerrungen. seeraum und die ehemals sozialistischen Staa­ von MODULAR MUSIC werden. Auf diese Wei­ of speech-music literature Begleit- und Vermittlungsprogramm zu The­ Um diese problematische Rolle der Technologie ten ausgerichtete Sammlung wächst seit über se begibt sich das Projekt auf ein bisher wenig men wie lokaler Stadtgeschichte, Intersektio­ soll es bei der Intervention Street View gehen, 50 Jahren und umfasst heute zahlreiche Ge­ erforschtes Terrain: Abseits einer theoreti­ Literatur und Musik werden traditionell als nalität, Drag sowie queerer Identität in Litera­ welche die internationale Kunst-, Bildungs- mälde, Druckgrafiken, Zeichnungen und Plas­ schen Analyse und innerhalb der Veranstal­ unabhängige künstlerische Sparten betrachtet. und Technologie-Non-Profit-Organisation tiken sowie Skulpturen im öffentlich zugängli­ tungspraxis erkunden Interpretinnen und Welches künstlerische Potential darin steckt, tur und Film. Tactical Technology Collective in Kooperation chen Außenbereich. ­Publikum, was genau sich im Zusammenspiel wenn man die Grenzen zwischen beiden ver­ →     www.ns-dokuzentrum-muenchen.de Im Rahmen der im September 2020 be­ mit dem HAU Hebbel am Ufer im Stadtraum der verschiedenen Genres entwickeln kann. wischt und Sprache zum kompositorischen Künstlerische Leitung: Karolina Kühn • Künstlerinnen: gonnenen Sanierung der Kunsthalle Rostock ­MODULAR MUSIC wird in Berlin, Bochum, Gegenstand wird, erprobt The Poets‘ Sounds. Berlins durchführen wird. Katharina Aigner, Maximiliane Baumgartner, Cassils, Zackary Drucker, Philipp Gufler, Lena Rosa Händle, ­Zoltán Zugleich außen und online, also an beiden wird die Berliner Künstlerin Andrea Pichl bis Krakau, Brüssel und Riga zu erleben sein und Sechs internationale Künstlerinnen und Künst­ Lesi, Henrik Olesen, Karol Radziszewski, Wu Tsang während der Pandemie vorherrschenden Schau­ zur geplanten Wiedereröffnung Anfang 2023 durch begleitende Künstlergespräche ergänzt. ler mit hauptsächlich literarischem Schwer­ u. a. • Ausstellung und Programm, NS-Dokumentationszentrum München: 24.3.–9.10.2022 punkt werden mit der Komposition je eines plätzen von Begegnung, soll ein Dialog zwischen eine Skulptur anfertigen, mit der sie innensprachmusikalischen Werkes beauftragt, das internationalen Künstlerinnen, Experten und und außenarchitektonische Elemente der alten  → www.singuhr.de Künstlerische Leitung: Carsten Seiffarth, Markus von den Musikern des Sprachkunsttrios dem Publikum angestoßen werden. Die Inter­ Kunsthalle aufgreift. In dieser Form soll eine Steffens • Beteiligte Künstler/Musiker: Part 1: „sprechbohrer“ aufgeführt wird. Im Sinne eines vention wird über drei Wochen im Zentrum kulturhistorische Brücke zwischen dem ur­ Matt Rogalsky und hans w. koch (Ltg.), Jessica Ekomane, erweiterten Literaturverständnisses betrach­ Berlins auf zwei Ebenen stattfinden: In einer sprünglichen DDR-Bau und dem sanierten Ge­ ­Hanna Hartman, Robert Lippok, Iona Vrema Moser, Zsolt Sőrés, Michael Winter und Miki Yui; Part 2: physischen Ausstellungsarchitektur werden bäude geschaffen werden und somit auch eine Phillip Sollmann & Konrad Sprenger (Ltg.), Ellen Arkbro, tet das transdisziplinäre Projekt den Grenzbe­ reich zwischen den Sparten als Möglichkeits­ ca. 20 Objekte von Fotografie bis Skulptur ge­ symbolische Verbindung zwischen Abschied Will Guthrie, Stephen O’Malley, Kali Malone, Tashi Wada, Ensemble Zinc & Copper; Part 3: Rebecca Saunders spektrum literarischer Produktion an der zeigt, während Zuschauer in der zugehörigen und Neubeginn. (Ltg.), Marco Blaauw, Chatschatur Kanajan, Theo Nabicht, Schnittstelle zur Neuen Musik. Die in Ost-Berlin aufgewachsene und in­ Caleb Salgado, Simon Strasser, Ernst Surberg  Das Ausstellungprojekt im niedersächsischen virtuellen Ausstellung weitere Inhalte zu The­ Kunsthaus Syker Vorwerk – Zentrum für zeit­ men wie Privatsphäre und Mediennutzung ternational aktive Künstlerin beschäftigt sich • Part 1 David Tudor – Rainforest IV: radialsystem V, In produktionsbegleitenden Workshops Berlin: 11.–22.8.2021 (unter Vorbehalt); Part 2 Phillip stellen die beteiligten Künstlerinnen einander genössische Kunst untersucht die Beziehung erforschen können. Um die Intervention für ei­ in ihren Arbeiten mit Gestaltungsmerkmalen Sollmann & Konrad Sprenger: Modular Organ System ihre jeweiligen Zugänge und Ansätze vor, un­ von kultureller Vielfalt, Identität und Herkunft ne breite Öffentlichkeit zu öffnen, findet die des öffentlichen und privaten Raumes der DDR (MOS): Betonhalle, silent green, Berlin: 20.1.–30.1.2022; Part 3 Rebecca Saunders – Myriad II – eine Konzerttersuchen gemeinsam das klangliche Potential in Positionen internationaler Gegenwartskunst. hybride Ausstellung frei zugänglich und weit­ sowie mit den Umbauprozessen nach der deut­ installation: radialsystem V, Berlin: 10.–21.3.2022 von Sprache sowie verschiedene Formen der Gezeigt werden Werke von elf renommierten gehend barrierefrei rund um die Uhr statt. schen Wiedervereinigung. Ihre Recherche­- (unter Vorbehalt)

Die interdisziplinäre Jury der Allgemeinen Projekt­förderung hat auf ihrer letzten Sitzung im Frühjahr 2021 26 neue Förder­projekte ausgewählt. Die Förder­summe ­beträgt ­insgesamt 4,1 Mio. Euro.

Bild & Raum

Nordost Südwest

Notes on A Golden Age: Beirut (1943–1975)

Lu Yang

Kapitän Nemos Bibliothek

Kameelah Janan Rasheed (AT)

Musik & Klang

Internationales Symposium „CURRENCY“

SMAK!

De-Zentralbild

Wort & Wissen

The Stories We Tell Ourselves

Unheimlich Fantastisch – E.T.A. Hoffmann 2022

TO BE SEEN

singuhr – proȷekte: MODULAR MUSIC

Street View

Andrea Pichl – Skulpturenbau

The Poets’ Sounds

BEYOND HOMOGENEITY

Notation. So werden die Grenzen der eigenen spezialisierten Praxis erweitert oder gar ge­ sprengt, um neue ästhetische Möglichkeiten für die Schöpfung sprechmusikalischer Litera­ tur zu eröffnen. Die entstandenen Werke werden im Lite­ raturhaus Lettrétage in Berlin uraufgeführt und anschließend im Rahmen verschiedener Literaturfestivals international präsentiert und live gestreamt. Zusätzlich wird aus dem entstehenden Material eine multimediale On­ line-Präsentation erarbeitet, die die künstle­ rischen Ergebnisse dauerhaft zugänglich macht.

democratic boot camp

­(dt. Trotzige Musen; engl. Defiant Muses) zu­ sammen und produzierte Videos, die zu einem Medium des politischen Aktivismus wurden. Defiant Muses skizziert die Geschichte des Feminismus als Mediengeschichte und be­ leuchtet Netzwerke von kreativen und politi­ schen Akteurinnen um 1968 in ihrer bewusst paneuropäischen Ausrichtung. Die Ausstellung zeigt Videos, Fotografien, Filme und Archiv­ dokumente gleichgesinnter Künstlerinnen aus Seyrigs persönlichem Umfeld, welche politische Forderungen vermitteln, die nach wie vor ak­ tuell sind: Sexismus in der Filmindustrie, man­ gelnde Sichtbarkeit von Frauen in Kultur und Gesellschaft, erschwerte Selbstbestimmung von Frauen. Die in Kooperation des Württem­ bergischen Kunstvereins Stuttgart und der Kunsthalle Wien konzipierte Ausstellung wird in adaptierter Form vom Museo Nacional Cen­ tro de Arte Reina Sofía in Madrid übernommen und weiterentwickelt.

Die Arbeit in einem Performance-Kollektiv äh­ nelt dem Zusammenleben in einer Demokratie: In beiden Verbünden müssen konträre Inter­ essen ausgehandelt und eine Zusammenarbeit trotz vermeintlich unüberwindbarer Differen­ zen sichergestellt werden. Sogenannte inklu­ sive Theatergruppen, in denen oftmals eine große Spannweite nicht nur an ästhetischen Vorlieben, sondern auch an Sprech-, Denk und →     www.lettretage.de Wahrnehmungsweisen zu finden sind, haben Künstlerische Leitung: Florian Neuner, Harald Muenz, sich zu Experten in der Interessenmoderation Georg Sachse, Sigrid Sachse • Künstlerinnen: Tone Avenstroup, Eduard Escoffet, Katalin Ladik, entwickelt. Freie Performance-Kollektive sind Morten Søndergaard, Miia Toivio u. a. • Aufführungen: im Vergleich zwar homogener, arbeiten aber Literaturhaus Lettrétage, Berlin: 5.3.2022; Hausacher Leselenz, Hausach: 4.6.2022; Poetry Moon Festival, zum Teil über einen sehr langen Zeitraum zu­ Helsinki: 6.8.2022; Forum Stadtpark, Graz: 13.8.2022; sammen und sind somit Fachleute für Durch­ Internationales Literaturfestival PESTEXT, haltevermögen. Im democratic boot camp soll Budapest: 3.9.2022     www.kunsthallewien.at das Wissen dieser Kollektive über die gelin­ → Kuratorinnen: Nataša Petrešin-Bachelez und Giovanna gende Gestaltung von Arbeitsprozessen zu­ Zapperi • Künstlerische Leitung: What, How & for sammengebracht und im Rahmen einer „per­ Whom/WHW – Ivet Ćurlin, Nataša Ilić & Sabina Sabolović, Hans D. Christ, Iris Dressler   Künstlerinnen: formativen Spielshow“ auf aktuelle Fragen des Etel Adnan, Chantal Akerman,•Marguerite Duras, Liliane Zusammenlebens in einer sich immer weiter de Kermadec, Babette Mangolte, Ulrike Ottinger, Nadja ausdifferenzierenden Gesellschaft angewandt Ringert, Carole Roussopoulos, Delphine Seyrig, Ioana Wieder • Ausstellung Kunsthalle Wien / Württemwerden. bergischer Kunstverein, Wien / Stuttgart; Projektzeitraum: Nach einer Austauschphase zwischen den 15.5.2021 – 31.12.2023; in Kooperation mit Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid Kollektiven wird die Spielshow erarbeitet, für welche die Teams aus jeweils einer „inklusiven“ und einer „freien“ Gruppe Szenen gestalten: Vom Reenactment kollektivinterner Auseinan­ dersetzungen bis zur Saalwette mit Publi­ kumsbeteiligung ist alles möglich. Ergänzt wird die Spielshow durch ein Rahmenpro­ At the edges of documentary gramm aus Diskussionsrunden, Workshops und Inputs von internationalen Expertinnen An der Schnittstelle von Kunst und Bewegt­ aus dem Bereich des kollektiven Arbeitens. bild überführt die Videokunst-Ausstellung paradoks in Zusammenarbeit mit dem WRO Art →     www.eucrea.de Center in Breslau, der Cinémathèque Leipzig, Künstlerische Leitung: Jutta Schubert, Lis Marie Diehl der Hochschule für Grafik und Buchkunst  • Dramaturgische Mitarbeit: Nele Jahnke • Beteiligte Künstlerinnen: Doris Dean, i can be your translator, Leipzig und Werkleitz dokumentarische For­ Meine Damen und Herren, Melanie Hinz / Frl. Wunder AG, mate vom Kinosaal in den Kunstraum. Als er­ Notizen aus der Unterwelt Sasa Asentic (Per Art / Tanzerei), She She Pop, SKART, Theater Hora, Turbo Pascal • Aufführungen: gänzendes Angebot zum klassischen Doku­ mentarfilm und parallel stattfindend zum In unzähligen Bearbeitungen liegt der antike Kampnagel Internationale Kulturfabrik, Hamburg: 28.–30.10.2022; Münchner Kammerspiele: 1.–30.11.2022 Internationalen Festival für Dokumentar- und Stoff um die (un)sterbliche Liebe zwischen Animationsfilm DOK Leipzig präsentiert das ­Orpheus und Eurydike vor. Das nimmt kaum Projekt neue Rezeptionsformen und künstle­ wunder, sind es doch die elementaren Motive rische Formate, die das Faktische durch mit­ des Menschlichen, die hier verhandelt werden: unter fiktionalisierende, journalistische oder Liebe, Kunst und Tod. Der populäre Mythos kriminalistische Techniken verändern. In ins­ selbst leitet sich aus der noch älteren Erzäh­ gesamt neun installativen Arbeiten sowie in Eine künstlerische Konferenz lung um Demeter und den Verlust ihrer Toch­ von Julian Warner Performances, Screenings, Kurzfilmwande­ ter Persephone an Hades ab, der zu Ehren im rungen und einem Club-Abend versammelt antiken Griechenland dreitägige ausschwei­ fende Mysterien gefeiert wurden, von denen Der Kulturanthropologe Julian Warner nimmt paradoks lokale und internationale Kollektive Männer ausgeschlossen waren. Überlegungen des Philosophen Paul Virilio zur und Künstlerinnen. Gebündelt in drei Themen­ In einer Verschränkung antiker, isländi­ „Administration of Fear“ zum Leitmotiv für ei­ komplexen konzentrieren sich die Arbeiten auf scher und alemannischer Sagen sowie zeitge­ ne künstlerische Konferenz, die Angst als glo­ nicht wahrgenommene Opfererzählungen nössischer Stoffe interpretiert die transdiszi­ bales und entgrenztes Phänomen untersuchen (WITNESSING), koloniale Strukturen und de­ plinär arbeitende Universalkünstlerin Erna will; ein Phänomen, das in Zeiten von kriege­ ren Auswirkungen (EMPOWERMENT) sowie Ómarsdóttir den Orpheus-Mythos aus der rischer Auseinandersetzung und Terrorismus, Bewusstseinsveränderungen durch kulturelle Perspektive Eurydikes neu. Mit einem ge­ Wirtschaftskrisen und Klimakatastrophen, Techniken (PSYCHEDELIC ANTHROPOLOGY). mischten Ensemble aus Schauspielerinnen und Flucht, Vertreibung, Migration und nicht zu­ Formal beschäftigen sich die Arbeiten mit der Opernsängern aus dem Ensemble des Theater letzt der weltumspannenden Covid-19-Pande­ Frage, wo und inwieweit dokumentarische Bil­ Freiburg und Tänzerinnen der Iceland Dance mie längst alle gesellschaftlichen Bereiche der dem Anspruch nach Wirklichkeit und ­Authentizität gerecht werden und wann sie Company untersucht sie die Metamorphose, durchdrungen und umgedeutet hat. An der Schnittstelle von Performance Art, störanfällig sind. Durch ein umfangreiches die im Laufe der Zeit aus der Göttin Demeter einen berühmten Musiker und aus ihrer Toch­ Wissenschaft und Diskurs inszeniert Warner Vermittlungsprogramm werden die Formate ter seine tragische Braut gemacht hat, die ih­ mit Global Angst an verschiedenen Orten im erfahrbar gemacht und kontextualisiert. rem Mann auf leisen Sohlen und mit absoluter Münchener Stadtraum eine „Versammlung der Hingabe folgt. Eine zentrale Rolle in der Per­ Angst“ in drei Akten: Im „Parlament der Angst“ →     www.para-doks.de formance spielt die Musik: Als Grundlage treffen kritische Denkerinnen und Theoretiker Künstlerische Leitung: Amos Borchert, Sebastian Gebeler, Kathrin Lemcke, Jonas Matauschek, Ginan Seidl dient die Komposition „Orphée“ des Golden-­ auf internationale Künstler(-kollektive), dar­ • Kuratorinnen: Amos Borchert, Sebastian Gebeler, Globe-Preisträgers Johann Jóhannsson. Eury­ unter Slavs and Tatars, Heba Y. Amin, Elaine Kathrin Lemcke, Jonas Matauschek, Ginan Seidl  Künstlerinnen: Bani Abidi, Karrabing Film Collective, dikes Stimme soll durch eine klangliche Inter­ Mitchener und The Notwist, um in Vorträgen, • Chloé Galibert-Laîné, Peter Hermans, Rainer Kohlberger, pretation der oscarprämierten Komponistin Diskussionen und Performances unterschied­ Ben Russel, Ginan Seidl, Barbara Wagner & Benjamin Hildur Ingveldardóttir Guðnadóttir Ausdruck liche Facetten globaler Ängste zu verhandeln de Burca • Videokunstausstellung: paradoks; Leipzig 22.10.–7.11.2021; WRO Art Center, Wroclaw: 10.–28.2.2022 und Mechanismen der Instrumentalisierung verliehen werden. und affektpolitischen Steuerung von Angst →     www.theater.freiburg.de freizulegen. Ein Umzug („Angstmarsch/Sicher­ Regie und Konzeption: Erna Ómarsdóttir • Musik und heitsparade“) durch die Münchener Innenstadt Komposition: Jóhann Jóhannsson, Hildur Ingveldardóttir Guðnadóttir • Bühnen- und Kostümbild: Gabriela soll im zweiten Teil des Projekts den Bayeri­ Fridriksdóttir • Videodesign: Valdimar Jóhannsson  schen Flüchtlingsrat, die feministische Bur­ • Text und Übersetzung: Bjarni Jónsson • Vocal Coach: Sofia Jernberg • Vorstellungen, Theater Freiburg: schenschaft Molestia und verschiedene andere 26.–30.11.2021; Vorstellungen, Kampnagel / NORDWINDzivilgesellschaftliche Akteure mit Künstlerin­ Festival, Hamburg: 1.12.2021–17.1.2022 nen und Aktivisten sowie Vertreterinnen der Münchener Polizei zu einer „Koalition der Angst“ zusammenbringen. Höhepunkt und Ab­ schluss der dreitägigen Konferenz ist die zere­ monielle Verbrennung eines fünf Meter hohen ‚Wicker Man‘ (Figur aus Weidengeflecht) auf dem Olympiaberg durch die Künstlerin und Musikerin Anna McCarthy. ChoreoLab x Stations

Bühne & Bewegung

paradoks

ORPHEUS UND EURYDIKE

Global Angst

Nachhaltigkeit & Zukunft

Come Together

Nach der Coronakrise erscheint unsere Gesell­ schaft gestaltungsbedürftiger denn je: gesell­ schaftliche Missstände wurden verschärft, ­soziale und politische Spannungen noch ver­ stärkt. Unweigerlich wurde eine Zäsur im Denken und Arbeiten eingeleitet, die auch im globalen Kunst- und Kulturbetrieb einen har­ ten Kurswechsel einfordert: Wie können nach­ haltige und translokale Formate künstleri­ scher Produktion und Kollaboration entwickelt werden? Mit Come Together will HELLERAU einen einjährigen künstlerischen Forschungsprozess initiieren, der neue Wege der künstlerischen Zusammenarbeit, Vernetzung und Begegnung mit Publikum erprobt. Im Mittelpunkt soll die gemeinsame Suche nach Werten unseres Zu­ sammenlebens und der Dialog zu Fragen rund um Care, Empathie und Well-being stehen. Das ChoreoLab lädt internationale Künst­ ler aus den Performing Arts, Compagnies, Ku­ ratoren und Choreografinnen dazu ein, ihre künstlerischen Positionen in verschiedenen Formaten der Begegnung, der Entwicklung und Präsentation von kollaborativen Arbeits­ prozessen öffentlich zu machen. In „X Stations“ werden digitale Austauschforen, Residenzen, Vermittlungs- und Austauschformate, Diskur­ se, Open Studios und gemeinsame Produktio­ nen realisiert, die sich im Herbst 2022 zu ei­ ner 10-tägigen Veranstaltung mit öffentlichem Programm verdichten. Mit Expertinnen der Dresdner Stadtgesellschaft, Jugendlichen und lokalen Künstlern soll darüber hinaus ein Ver­ mittlungsprojekt entwickelt werden, das den künstlerischen Forschungsprozess von Anfang an begleitet und in eine interdisziplinäre For­ schungsakademie zur Zukunft des Wohlbefin­ dens mündet. →     www.hellerau.org Künstlerische Leitung: André Schallenberg, Carena Schlewitt • Künstlerinnen: Agata Siniarska, Yasmeen Godder, Claire Cunningham, Gizem Aksu, Boglárka Börcsök, Reut Shemesh, Lia Rodrigues, Ngô Thanh Phương • Residenzen, Workshops, Gespräche, Aufführungen, Festspielhaus HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste, Dresden und online: 2021 bis 2022, Fokus: 15.–25.9.2022

Bodies, un-protected Internationale Programmreihe zu Körpern, Kunst und Schutz Körper sind zentrale Austragungsorte von ide­ ellen und ideologischen Konflikten. Als Projek­ tionsflächen und Symbolträger, als Zeugen und Handelnde werfen sie die Frage auf: Wel­ che Körper sind (uns) schützenswert und auf welcher Grundlage? Auch die Art des gewähr­ ten Schutzes unterscheidet sich: Je nach Körper geht es um die bloße physische Unversehrtheit oder um die symbolisch-metaphorische Inte­ grität. Die Art und Weise, wie wir Körper wahr­ nehmen und sie in Bilder, Bewegungen, Worte und Ideen übersetzen, ist eng an ihre Hand­ lungsfähigkeit gebunden. Die zugestandene Schutzwürdigkeit ist verknüpft damit, wie wir Hautfarben, Gesten, körperliche Markierungen von Klasse, Alter, Geschlecht und Ethnizität interpretieren. Kunst kann in diesem Deu­ tungsprozess einerseits Sichtbarkeit für ver­ schiedene Körper und ihre Schutzbedürftig­ keit herstellen und andererseits beobachtbar, erfahrbar und beschreibbar machen, wie nor­ mative Zuschreibungen Schutz für einen Kör­ per gewähren oder verweigern. Diese Verbindung zwischen Ästhetik und gesellschaftspolitischem Handeln nimmt die Programmreihe Bodies, un-protected am Künstlerhaus Mousonturm in den Blick, bei der künstlerische Produktion, Präsentation, Reflexion, Vermittlung und Dokumentation in­ einandergreifen. Im Zentrum der Reihe steht die Entwicklung und Präsentation von vier Auftragsarbeiten zum Komplex Körper und Schutz, die von interdisziplinären Teams aus Künstlern und Expertinnen verschiedener Fel­ der entwickelt werden. Um das Thema mög­ lichst multiperspektivisch zu beleuchten, sind neben den Programmen in Frankfurt vier wei­ tere internationale Veranstaltungsmodule so­ wie Fellowships und studentische Labs mit jüngerer Zielgruppe geplant. →     www.mousonturm.de Künstlerische Leitung: Sandra Noeth • Künstlerinnen/ Projektbeteiligte: Basel Abbas, Ruanne Abou-Rahme, Omar Al-Dewachi, Núria Güell, Bharati Kapadia, Shahram Khosravi, James Martel, Sophie Mendelsohn, Hakan Topal u. a.  • Auftaktveranstaltungsprogramm, Künstlerhaus Mousonturm, Frankfurt a. M.: 11.–14.11.2021; Veranstaltungsmodule, diverse Städte: 7.3.–26.6.2022; Abschlussveranstaltungsprogramm, Künstlerhaus Mousonturm, Frankfurt a. M.: 6.–10.7.2022

→     www.spielart.org Künstlerische Leitung: Julian Warner • Projektbeteiligte: Bini Adamczak, Heba Y. Amin, Chto Delat, Slavs and Tatars, Bayerischer Flüchtlingsrat, Chicks* on Speed, Der Plan, Burschenschaft Molestia, Anna McCarthy, Joana Tischkau u. a. • Künstlerische Konferenz/Performance/Parade, Muffathalle und Stadtraum, München: 22.10.–6.11.2021

Breaking the Spell Feminist Performance and Practises of Being-With Das künstlerische Langzeitprojekt Breaking the Spell entwickelt, präsentiert und reflek­ tiert neue feministische Sprachen sowie politi­ sche Perspektiven auf Theater und darstellen­ de Künste. Den inhaltlichen Anknüpfungspunkt bildet das Motiv der „Hexerei“, die als nicht-­ normativ anerkanntes gelebtes und gemeinsam entwickeltes Wissen verstanden wird – ohne Wert für den Markt, aber mit großer Wirkmacht. Dem in den performativen Künsten vor­ herrschenden Prinzip der Hypermobilität setzt Breaking the Spell die Idee des Containers ent­ gegen. Er ist gleichzeitig physischer Raum und metaphorische Logik: Konzipiert als temporä­ res und bewegliches Hybrid aus Produktion, Austausch, Präsentation, Forschung und Ver­ mittlung ermöglicht er einerseits einen länge­ ren und nachhaltigeren Aufenthalt von Künst­ lerinnen in lokalen Kontexten statt kurzer Tour-­ Stopps und dient andererseits im übertrage­ nen Sinne der Sammlung von Ideen und Mate­ rialien, die im Verlauf des Projekts entstehen. In Form von Künstlerinnenresidenzen tref­ fen Agata Siniarska, Kate McIntosh, ­Samara Hersch, Lina Majdalanie und Ivana Müller in Leipzig, München, Warschau und Gent auf lo­ kale Künstler und verwandeln gemeinsam die jeweils gastgebende Institution in einen Con­ tainer, in dem sie Projekte konzipieren und weiterentwickeln. An allen vier Stationen wird ­eine künstlerische Arbeit koproduziert und gezeigt, die ihren eigenen, lokal relevan­ ten Ansatz zum Thema „feministische Perfor­ mance und Praktiken des Zusammen-Seins“ vorschlägt. Zusätzlich werden die Arbeiten durch Gast-Theoretikerinnen und eine umfas­ sende Buchpublikation kontextualisiert. →     www.schauspiel-leipzig.de Künstlerische Leitung: Thomas Frank • Kuratoren: Grzegorz Reske, Marta Keil, Matthieu Goeury, Olivia Ebert, Thomas Frank • Künstlerinnen: Agata Maszkiewicz, Agata Siniarska, Enis Maci, Ivana Müller, Kate McIntosh, Lina Majdalanie, Samara Hersch, Sarah Vanhee, u. a. • Performance/Container Leipzig, Residenz Schauspiel Leipzig: März 2022; Performance/Container München, Münchner Kammerspiele: Mai 2022; Performance/ Container Warschau, Performing Arts Institute Warsaw: November 2022; Buch-Perfomance NOTES International, Schauspiel Leipzig, Münchner Kammerspiele, Performing Arts Institute Warsaw, Vooruit Arts Center Gent: März 2023; Performance/Container Gent, Vooruit Arts Center Gent: März 2023

Film & Neue Medien

Defiant Muses

The Future of Cities. Not for Granted Verspekulieren wir die Zukunft unserer Städte?

Bei den Bemühungen um die Begrenzung des Klimawandels ist die Rolle von Städtebau und Architektur bisher vergleichsweise wenig be­ rücksichtigt worden. Menschen sind weltweit auf der Flucht, um den Folgen der Erderwär­ mung in ihren Heimatländern zu entkommen, ihr Ziel sind hauptsächlich urbane Zentren und insbesondere Städte in Europa. Migration, die mit der Diversifizierung der Zuwanderungs­ gesellschaften einhergeht, die Digitalisierung mit ihrem massiven Einfluss auf das soziale Leben sowie die Herausforderungen durch den Klimawandel müssen die Stadtplaner künftig stärker in den Blick nehmen. Eine auf Effizienz und Profit setzende Architektur dient der Spekulation mit urbanem Grund statt der Ein­ wohnerschaft. Das Projekt beschäftigt sich in mehreren Formaten – einer Gruppenausstellung, einem zweitägigen internationalen Symposi­ um und parallel dazu einem ein junges Publi­ kum adressierenden Vermittlungsprojekt – mit einer Reihe von Fragen: Was kann die Archi­ tektur in Verbindung mit Stadtplanung und im Austausch mit der Bevölkerung zu einer neuen Kultur des Zusammenlebens, die die Herausfor­derungen durch Klimawandel, Mi­ gration und Digitalisierung zusammendenkt, beitragen? Welche Rolle spielen dabei neue Modelle von Eigentum und zeitgenössische Formen von Arbeit? Welche Lösungsansätze gibt es bereits? Das Projekt begibt sich auf die Spur der Überlegungen des italienischen Ar­ chitekten Raul Pantaleos und diskutiert un­ terschiedliche Perspektiven auf neue Hand­ lungsspielräume in den Städten, entwickelt von Expertinnen und Anwohnern, von Kin­ dern und Erwachsenen aus elf Ländern aus fünf Kontinenten. →     www.halle14.org Künstlerische Leitung: Michael Arzt • Künstlerinnen und Architektinnen: Studio Forage, Falk Haberkorn, Anna Heringer, Isola Art Center, Kadir van Lohuizen, Keiichi Matsuda, Christoph Schäfer & Margit Czenki, TAMassociati u. a. • Ausstellung, HALLE 14 – Zentrum für zeitgenössische Kunst Leipzig: Symposium: 10.–11.9.2021; Ausstellung: 11.9.2021–29.1.2022

Bildnachweis Plakat (von links oben nach rechts unten) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Eating the Hand That Feeds You Tusche auf Papier, 2020 Hate Page Xerox Tusche auf Papier, 2020 Lonely at the Top II Tusche auf Papier, 2020 Grape Expectations Tusche auf Papier, 2020 Lonely at the Top Tusche auf Papier, 2020 Trap Born (Lady Arachne´s Plan I) Tusche auf Papier, 2020 Good Lighting Won’t Do Tusche auf Papier, 2020 Test Sleep (Lady Arachne’s Plan II) Tusche auf Papier, 2020 Taskforce Asparagus (Saving the Festivities), Tusche auf Papier, 2020 A Leader for Some (The Drummer) Tusche auf Papier, 2020 The Library of Hate Tusche auf Papier, 2020 Back Talk Tusche auf Papier, 2020 Teary Face Crack Tusche auf Papier, 2020 Mephistofailures (24/7 Sylvia Plath Kind of Bugger) Tusche auf Papier, 2020 La Petite Mort (Little Death Winning at Life) Tusche auf Papier, 2020 Sign without Signs Tusche auf Papier, 2020

Delphine Seyrig und feministische Videokollektive im Frankreich der 1970er und 1980er Jahre Die Ausstellung erforscht die historische Über­ schneidung zwischen der Geschichte des Ki­ nos, des Videos und des Feminismus mit dem Vermächtnis der französischen Schauspielerin Delphine Seyrig als Ausgangspunkt. Seyrig machte sich international als ein Star des Au­ torenkinos in den 1960er und 70er Jahren einen Namen, u. a. in Alain Resnais‘ Letztes Jahr in Marienbad oder in Luis Buñuels Der diskrete Charme der Bourgeoisie. Wenig be­ kannt ist, dass Delphine Seyrig sich seit den 70er Jahren als Aktivistin in der feministi­ schen Bewegung engagierte. 1975 schloss sie sich mit Carole Roussopoulos und Ioana Wieder zu dem Kollektiv „Les Insoumuses“


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