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Kurszentrum Ballenberg Heimatwerk, CH-3855 Brienz Telefon 033 952 80 40, Fax 033 952 80 49 info@ballenbergkurse.ch, www.ballenbergkurse.ch Handwerk, traditionelles Bauhandwerk und zeitgenรถssische Gestaltung.

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BAUJAHR 2006.

Erleben Sie lebendiges altes Bauhandwerk! Wir bauen ein Haus nach Plänen von 1800 – mit den damaligen Techniken und den alten Bräuchen. Daneben öffnen 100 Originalgebäude aus allen Teilen der Schweiz Tür und Tor. Webcam mit aktuellen Bildern vom Bauplatz: www.ballenberg.ch So, 30. April

Holzerznüni

So, 7. Mai

Schwellenkranzlegung

So, 2. Juli

Internationales Treffen der Zimmermanns-Wandergesellen

Di, 1. August

Aufrichte und Firstweinausschank

So, 29. Oktober

Bauabschlusstrunk

Ganzes Jahr

Kurse: www.ballenbergkurse.ch

April

Materialbeschaffung: Holzschlag, Steine

Mai

Grundstein, Schwelle bearbeiten und setzen

Juni und Juli

Holzbearbeitung durch die Zimmerleute

August

Aufrichte, Kalkbrand, Maurerarbeiten, Lehm

September

Schreinerarbeiten, Fenster, Türen, Riegel, Sandsteinofen

Oktober

Beschläge und Schlösser

www.ballenberg.ch


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Speziell und das Besondere an diesem Projekt ist aber die Öffnung für

Ballenberg

Publikum, Fachleute und Laien: Als Teil-

arbeitet für die Saison 2006 zusammen

nehmende an unseren Spezialkursen

Das

Freilichtmuseum

mit dem Kurszentrum Ballenberg Hei-

können Sie Teil des Projektes sein – Sie

matwerk: Wir bauen! Bauen wie die Vor-

können innerhalb der ausgeschriebenen

fahren … ein echtes altes neues Haus. Ein Hausbau war schon früher ein Zusammenspiel von Vielen: Von der

Kurse aktiv mitarbeiten, das neue alte Haus

Schritt

für

Schritt

entstehen

sehen, entstehen lassen. Oder ganz ein-

Köchin, die für das Wohl der Helferinnen

fach als Besucherin, als Besucher mit

und

dabei sein. Live vor Ort oder per Webcam

Helfer

besorgt

war,

über

den

Holzer, Maurer, Zimmermann, Schrei-

unter www.ballenberg.ch

ner, Schmied, Glasmacher, Steinmetz

Bauen ist Gestaltung, Veränderung,

bis zum Ofensetzer und Dachdecker

Konstruktion – wir sind gespannt, wie

schaffte man – Hand in Hand –, bis das

sich dieses ungewöhnliche Bauprojekt

Bauwerk bezugsbereit und «fertig» war.

entwickeln wird. Wir freuen uns auf

Bauen wie die Vorfahren im Freilicht-

eine – wortwörtlich gemeinte – konstruk-

museum Ballenberg ist ein komplexes

tive Zusammenarbeit. Das Handwerk

Unterfangen: Von der Planung, der Bera-

1/2006 soll ganz diesem Bauprojekt zur

tung über das Was, Wie und Wo bis zur

Verfügung stehen – neben historischen

Aufteilung und Verteilung der einzelnen

Texten und Bildern sehen Sie Pläne,

Arbeitsschritte und Arbeitsaufträge sind

Zeichnungen, Werkzeug, Leute … Sind

auch hier Menschen mit den unterschied-

Sie dabei?? Wir freuen uns! n

lichsten

Fähigkeiten

involviert.

Einige

Kurszentrum Ballenberg Heimatwerk

Adrian Knüsel, Leiter Wir bauen ein neues altes Haus Seite 3

SPEZIALKURSE BAUEN Handholzen 19. bis 23.04.2006 Lebende Bauwerke aus Weidenruten 21. bis 23.04.2006 Holzrücken mit Pferden 26. bis 30.04.2006 Schreinern im Hausbau 12. bis 14.05.2006 Schmieden – Bauhandwerkzeug 12. bis 14.05.2006 Lehmofenbau – Brot- und Pizzaofen 10. und 24.06.2006, 2. und 16.09.2006 Bauen mit Lehm und Kalk 15. bis 17.06.2006 Traditionelle Pflästerung 21. bis 23.06.2006 Trockenmauerbau 26. bis 30.06.2006 Kalkbrennen und Kalkmörtel 2. bis 6.08.2006 Woche der Wandergesellen 26.06. bis 2.07.2006 Kalklöschen 10.08.2006 Lehmbau 16. bis 20.08.2006 Kalkfarben und Kalkanstriche 1. bis 3.09.2006 Drechseln – Wippdrehbank 4. bis 8.09.2006 Dachschindeln 14. bis 16.09.2006 Ornament und Relief, Steinmetzarbeiten 13. bis 16.09.2006 Schreinern 18. bis 22.09.2006 Schmieden 16. bis 20.10.2006 Holzrücken mit Pferden 23. bis 26.11.2006 Dachschindeln 1. bis 2.12.2006 Traditionelles Zimmern 3. bis 7.05.2006 (Block 1) 14. bis 18.06.2006 (Block 2) 5. bis 9.07.2006 (Block 3) 30.7 bis 1.08.2006 (Block 4)

Handwerk 1/2006

davon stellen wir Ihnen in diesem Heft vor.

1

EIN HAUS BAUEN ... EINEN BAUM PFLANZEN ... SEHNSUCHT NACH EWIGKEIT

Mehr Informationen über die Kurse finden Sie unter: www.ballenbergkurse.ch

Bauen ist keine Privatsache Seite 6 Aufrichte im Heimiswil Seite 8

NACHDEM ICH SO VIEL THEORETISCHES WISSEN ZUSAMMENGETRAGEN HABE, BIN ICH SEHR GESPANNT AUF DIE PRAKTISCHE UMSETZUNG.

Glück im Haus Seite 11

Architektur ohne Architekten Seite 16 Das Werkzeug des Zimmermanns Seite 19 Handwerk 1/2006 Redaktion: Adrian Knüsel und Edwin Huwyler Texte: Edwin Huwyler (eh) Barbara Gerhardt (bg) Anton Reisacher (ar) Herausgeber: Kurszentrum Ballenberg 3855 CH-Brienz, Telefon 033 952 80 40 www.ballenbergkurse.ch info@ballenbergkurse.ch Druck: Gisler Druck AG, Altdorf Auflage 3200 / 3 Ausgaben jährlich Abo Inland Fr. 28.– / Ausland Fr. 38.–

Edwin Huwyler, Ballenberg Ist beim Bauprojekt für die wissenschaftliche Aufarbeitung verantwortlich


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Handwerk 1/2006

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Zimmerleute auf der Baustelle (um 1920), Giswil, Obwalden

Ein Widerspruch, der sich leicht

einerseits optimal Einblick in verschie-

erklären lässt. Als Jahresthema 2006

dene Konstruktionsweisen gewährt und

haben wir das Bauhandwerk ausge-

anderseits gut wieder zerlegbar ist. Denn

wählt. Im Trockenen üben oder etwas

es war für uns von Anfang an klar, das

Handfestes in Angriff nehmen? Warum

Haus nicht an Ort stehen zu lassen.

nicht ein ganzes Haus bauen? Holzstück

Dem

um Holzstück bearbeiten und zu einem

rekonstruierten Gebäude zu zeigen, wol-

Grundsatz,

im

Museum

keine

Ganzen zusammenfügen. Nachdem wir

len wir treu bleiben.

uns vom Schreck vor dem eigenen Mut erholt hatten, nahmen wir die Planung in Angriff. Was wollen wir bauen, eine Holzkonstruktion oder eine aus Stein,

EIN TRADITIONELLER HAUSBAU WIRFT GRUNDSÄTZLICHE FRAGEN AUF

einen Blockbau oder einen Ständerbau?

Als nächstes stellte sich die Frage:

Der Entscheid fiel auf eine Variante, die

Ein Museumsgebäude kopieren oder eine Art «Idealtyp» kreieren? Wir haben

Wir haben im Schweizerischen Freilichtmuseum Ballenberg schon zahlreiche Gebäude aufgerichtet, zurzeit sind es 100, das älteste ist fast 700 Jahre alt. Doch jetzt bauen wir selber: Von Grund auf, von A bis Z. Wir machen alles selber, inklusive das Glas – wir bauen ein neues altes Haus. Ein Widerspruch?

uns für den Mittelweg entschieden und bauen, wie es einfache Bauersleute in der Zeit um 1800 im schweizerischen Mittelland getan haben. Unser Taglöhnerhaus,

ein

Hochstudgebäude

aus

Leutwil, Kanton Aargau, diente uns dabei als Vorlage. Es weist die im

WIR BAUEN EIN NEUES ALTES HAUS

Getreideanbaugebiet

weit

verbreitete

Einteilung mit Wohnteil, Tenne und Stall auf. Seine Konstruktionsweise ist vielfältig. Im Wohnteil finden wir Fachwerk-


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und Ständerbau mit Balken gefüllt und im

Wirtschaftsteil

Bohlenständerbau

(Bohlen: 5–8 Zentimeter dicke Bretter). Der geplante Bau misst 12 Meter in der Länge und je 7 Meter in der Breite und in der Höhe. In der Baukammer des östlichen Mittellandes bietet sich der ideale Baugrund für das Unterfangen. Das Gelände ist gross genug für das Gebäude selber, für den Abbundplatz (Vorbereiten der Hölzer für den Einbau) und für einen gedeckten Unterstand. Zudem sind der Werkhofschopf von Aarau und unser Wasser betriebenes Sägewerk in unmittelbarer Nähe.

VOM HOLZBAU ZUM FENSTERGLAS Im Winter haben wir in den umliegenden Waldungen den grössten Teil des benötigten

Holzes

geschlagen.

Eine

Anzahl Stämme fällen wir am Anfang der Museumssaison

in

Handarbeit

und

führen sie nachher mit Pferden auf den Platz. Die Zimmerleute sind bereits mit dem

Behauen

der

Balken

für

die Handwerk 1/2006

Schwelle beschäftigt. Das Setzen der Schwelle ist eine heikle und anspruchsvolle Arbeit, die früher von unterschiedlichem Brauchtum begleitet war. Die nächsten Monate sind ganz der Holzbearbeitung gewidmet. Auf dem Reissbo-

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den legen die Zimmerleute die Gefache, die Ständer und die Verstrebungen aus. Doch nicht nur das Holzwerk wird in Handarbeit erstellt. Parallel zu den Zimmerleuten

fertigt

der

Nagelschmied

Nägel und Klammern und der Schmied arbeitet

am

Beschläg

und

an

den

Schliessvorrichtungen für Türen und Fenster. Die Türen selber wie auch die Fensterrahmen gehören in den Arbeitsbereich der Schreiner oder Tischler, wie sie früher genannt wurden. Eine besondere Herausforderung wird das Herstellen von Putzen und das Fassen der kleiSkizze des geplanten Taglöhnerhauses (Damian Widmer)

nen runden Glasscheiben in Blei sein. Nur noch ganz wenige Leute beherrschen dieses Handwerk.

MIT DEN BALLENBERGBESUCHERINNEN UND -BESUCHERN FEIERN Ein bedeutendes Ereignis im Bauablauf findet am 1. August statt: die Aufrichte. Hunderte von Arbeitsstunden haben die Zimmerleute aufgewendet. Alles ist fein säuberlich ausgelegt und Balken für Balken nach alter Methode gekennzeichnet. So ist es möglich, innerhalb kurzer Zeit ein ganzes Bauwerk bis

Holzschnitte von Paul Bösch


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Die Feuerstelle in der Küche ist offen und ohne Kamin. Der Eisenherd war um 1800 zwar schon bekannt, aber bei der ländlichen Bevölkerung noch nicht verbreitet, da zu kostspielig. Ende Oktober ist das Haus fertig. Wie fertig? Wie eingangs erwähnt, wollen wir das Gebäude wieder abbauen. So macht es keinen Sinn, das ganze Dach mit Stroh oder Schindeln einzudecken, da es sich bei beiden um Materialien handelt, die gar nicht oder nur sehr schwierig wieder verwendet werden können. So decken wir nicht das ganze Dach, sondern nur kleine Abschnitte, um das Handwerk zeigen zu können. Das sorgfältig errichtete Werk soll nicht einfach «verholzt», nein, es soll wieder verwendet werden. In welcher Form wird sich zeigen.

ZUSAMMENARBEIT MIT DEM KURSZENTRUM UND INTERESSIERTEN KREISEN Beim Bau des Hauses arbeiten wir eng mit dem Kurszentrum zusammen. Dort sind zum Beispiel Kurse für die traditionelle Holzbearbeitung ausgeschrieHandwerk 1/2006

ben, die dann auf dem Bauplatz stattfinden.

Auch

spezielle

Schmiedekurse

richten sich 2006 nach unseren Bedürfnissen,

das

nehmer/innen

heisst,

die

schmieden

KursteilBeschläge

usw. Ein bis zwei Handwerker begleiten

4

das Projekt vor Ort von Anfang bis Schluss. Wollen Sie als Handwerker, Lehrzum First aufzurichten. Auf der Säge lingsbetreuer oder Berufsverband aus liegen

inzwischen

die

Bodenbretter dem Bauhandwerk mit dabei sein? Mel-

bereit, die der Zimmermann einfügt, wie den Sie sich unter: früher, mit einem von aussen eingeschopaul.fischer@ballenberg.ch, wir freuen benen Keilladen. uns auf Sie! (eh) n

VERSCHIEDENE HANDWERKE EXEMPLARISCH ZEIGEN Ist der Bau unter Dach, beginnen die Holztransport im kleinen Melchtal (um 1900), Obwalden

Maurer mit dem Aufsetzen der Feuerwände in der Küche. Die Steine haben

Holztragen im Lötschental (um 1930), Wallis Foto: Marx

sie in der näheren Umgebung zusammengesucht und mit speziellen Steinkarren und Pferdegespannen auf den Platz geführt. Als Bindemittel können sie auf den selber gebrannten Kalk zurückgreifen. Gleichzeitig sind die Lehmbauer damit beschäftigt, die Gefache des Fachwerks auszufüllen und auf den Böden im Tenn- und Stallbereich den Lehm einzustampfen. In der Stube ist als nächstes der Ofenbauer am Werk. Geplant ist ein einfacher Wärmeofen aus Sandstein. Für diese Aufgabe haben wir einen qualifizierten Steinmetz gefunden, der auch die Ofenplatten selber herstellen kann.


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Handwerk 1/2006

Sägen von Brettern (um 1930), Wallis Foto: Nyfeler

Zimmerleute auf dem Abbundplatz (um 1920), Roggwil, Aargau Foto: Archiv für Bauernhausforschung

Hausbau 2006 Pläne: P. Fischer

DIE HOLZBEARBEITUNG MIT SCHMALAXT, SPALTAXT, BREITAXT IST KNOCHENARBEIT. OHNE EINGESPIELTES TEAMWORK WÄRE EIN SOLCHES PROJEKT UNDENKBAR – AUF DEM BAUPLATZ GIBT ES NOCH VIEL ZU TUN, BEVOR WIR LOSLEGEN KÖNNEN …

Hermes Thöni, Ballenberg Ist beim Bauprojekt für die Zimmerarbeit verantwortlich


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Handwerk 1/2006

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Bedingung für jeden Hausbau war die Bereitschaft der Gemeinschaft, mit Hand anzulegen. Vor allem bei Häusern, die durch Brandfall oder ein anderes Unglück zerstört wurden, konnte man bei damals fehlender Brandversicherung mit der grosszügigen Unterstützung der Nachbarschaft und der Verwandtschaft rechnen.

BAUEN GREIFT SOZIALE STRUKTUREN AUF Pfarrer Ris schildert einen Hausbau im Emmental im Jahre 1772 auf besonders eindrückliche Weise: «Da die Woh-

Der Bau eines Hauses war ein Dorfereignis und die Mithilfe der Nachbarschaft eine Verpflichtung: Arbeit und Baumaterial gegen Essen und Trinken.

nungen und Gebäude im Emmental ganz hölzern sind, so kann in kurzer Zeit ein grosses Haus aufgebaut werden. Wer ein Haus bauen will und nicht eigene genugsame oder gar keine Waldung hat, der ersuche diejenigen seiner Nachbarn und

BAUEN IST KEINE PRIVATSACHE: DAS GANZE DORF BAUT MIT


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Bekannten, die Waldungen besitzen um

gebaut

ein Fuder Bauholz, und sehr selten wird

Geschenke erworben haben, als das

und

vielleicht

mehr

durch

eine solche Bitte abgeschlagen. Im Win-

ganze Gebäude gekostet hat.»1

ter, wann man das Holz auf Schlitten

Bilder linke Seite: Aufrichte (um1920), Glarus Foto: Glarner-Fieger «Bau einer Sennhütte ob Weissenburg» (um 1920) Foto: Bürgerbibliothek Bern

Bild unten: Holztragen im Lötschental (um 1930), Wallis Foto: Marx

GESCHRIEBENE UND UNGESCHRIEBENE REGELN

hat, jeglicher ein Fuder Holz zum Haus

Bei der nachbarschaftlichen Hilfe

bringt und die Fuhrleute nach jedes Ver-

gab es allerdings auch eine Kehrseite der

mögen mit einer Mahlzeit bewirthet wer-

Medaille. Treffend hat dies Jeremias

den. Dies heisst man eine Holzfuhr

Gotthelf 1838 in seinem Werk «Leiden

anstellen. … Auf diese Weise bekommt

und Freuden eines Schulmeisters» for-

jeglicher, der ein neu Haus bauen will,

muliert: «Die Waldbesitzer bringen [es,]

ohne grosse Kosten Holz genug. Nachher

jedes Rafetannli mit drei Mann und drei

im Frühling, wann das Holz durch die

Rossen, und essen und trinken, dass

Zimmerleute zuerst behauen und dann

man es mit einer Mäsb’stryche oben ab

das Gebäude selbst soll gemacht wer-

machen könnte, wenn es nicht von

den, so kommen die Benachbarten und

selbst oben ab liefe. Und wenn der Bauer

helfen in der Zimmerarbeit, die auch ein

rechnet, so hat er grusam anhalten, gru-

jeglicher Bauernknecht soviel versteht,

sam danken, grusam z’Essen und z’Trin-

dass ihn der Zimmermeister nützlich

ken geben müssen, und so lange sein

gebrauchen kann.

Haus steht, werden die, welche ihm Holz

Diese Benachbarte, wann sie entwe-

gebracht, sagen, wenn sie beim Hausbau

der selbst kommen, oder ihre Söhne und

vorbei gehen: zu dem Haus habe ich

Knechte zur Hilfe bey der Zimmerarbeit

auch eine Tanne brunge.» 2

senden, bringen Brod, Milch, Butter,

Aus Gotthelfs Zeilen geht hervor,

gedörrtes Obst, geräuchertes Fleisch

dass die Nachbarschaftshilfe nicht nur

oder andere Speisen, und jeglicher mehr,

eitel Freude war. Noch über Jahre wird

als er zu seiner Mittagsmahlzeit braucht.

einem vorgerechnet, wie viel Hilfe man

… Hiezu kommt noch, wann das Haus

damals bekommen habe. So basiert das

aufgerichtet

steht,

so

schenken

die

Benachbarten, entweder aus eigener

Prinzip

der

Nachbarschaftshilfe

Gegenseitigkeit. Obwohl offiziell

auf

weder

Bewegung oder dann erbeten, der eine

mit Stunden noch mit Geld gerechnet

ein Fenster, der andere eine Haus-, Stu-

wird, ist man streng auf einen längerfris-

ben- oder Kellertür mit vollem Beschläg.

tigen Ausgleich bedacht, der über Gene-

Der dritte bringt ein Geschenk an Geld

rationen reichen kann. (eh) n

oder andere Sachen und die Schindeln zur Dachung werden den Unbemittelten von den Nachbarn geschenkt, sodass viele Hausarme eine neue Wohnung

DIESMAL BAUT NICHT NUR DAS DORF, SONDERN AUCH DAS GANZE KURSZENTRUM MIT! WOLLEN SIE ALS EINZELPERSON ODER GRUPPE MIT DABEI SEIN? WWW.BALLENBERGKURSE.CH Adrian Knüsel, Ballenberg Ist beim Bauprojekt für die Kurse verantwortlich

1 Affolter, Heinrich Christoph. Die Bauernhäuser des Kantons Bern. Band 2. S. 284 2 ebenda

Handwerk 1/2006

man soviel Bauernzüge, als man erbeten

7

führen kann, wird ein Tag bestimmt, da


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«Auf dem Reissboden, gross wie ein Tanzboden, war der Polier tätig. Er kannte jedes Holz. Winkel, Blei, Reisschnur und Metermass brauchend, zeichnete er die Balkenkonstruktion auf den Boden.»1 So beschreibt Walther Stauffer im Begleitheft zum Film «Aufrichte» in Heimiswil den Mittelpunkt des Bauplatzes. Sowohl der Film als auch seine Fotografien dokumentieren und veranschaulichen eindrücklich, wie früher ein Haus mit viel Handarbeit und ohne Kran gebaut worden ist.

EIN PROFI DOKUMENTIERT PROFIS Walther

Stauffer

(1915-1989)2

wuchs in Burgdorf auf und arbeitete nach der Lehre in einem Fotografenatelier in der Stadt. 1956 zog er nach Genf als

Korrespondent

für

ausländische

Zeitungen und Radiostationen bei der UNO. In dieser Zeit entstanden Kinderporträts,

Landschaftsaufnahmen

und

Reportagen aus dem Emmental. So fotografierte er beispielsweise die Versetzung der Wintersei-Brücke bei Hasle-RüegHandwerk 1/2006

sau. Später spezialisierte er sich auf die Berichterstattung aus dem Nahen Osten und Nordafrika. Im Alter zogen seine Frau und er wieder nach Burgdorf zurück. Der Film «Aufrichte in Heimiswil» von

8

Walther Stauffer führt uns ins Emmental der 1940er-Jahre. Genauer 1947, zwei Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges. Zwischen Burgdorf und der Lueg in Heimiswil lag der Hof Hanfgarten. Er gehörte der Bauernfamilie Widmer und umfasste 70 Jucharten 3. Das Bauernhaus war 1770 gebaut worden, der Stall später, und über das dazugehörige

Stöckli

wissen

wir

nichts.

(Heute trägt ein ganzes Quartier den Namen Hanfgarten.) Walther Stauffer, damals 32-jährig, war ein Freund der Familie und erlebte ihr Schicksal in jenem Jahr mit. Es war ein Jahr der Dürre und Wasserknappheit. Am 5. August 1947 war der Bauer Walter Widmer auf der Genossenschaftsweide im Jura zu Besuch, als

Von den Bauhandwerken ist vor allem die Holzverarbeitung reich dokumentiert. Sorgfältig illustrierte Publikationen wie Charpente/Assemblages aus Charpenterie (Seite 18) dienten als eigentliche Lehrwerke und zeigten präzise die Details und erforderlichen Arbeitsschritte. Kaum dokumentiert dagegen ist das Entstehen konkreter Bauwerke. Doch es gibt faszinierende Ausnahmen.

«AUFRICHTE» IN HEIMISWIL

um zwei Uhr nachmittags ein Feuer auf seinem Hof Hanfgarten ausbrach. Die Nachbarn konnten glücklicherweise das Vieh retten. Wir können uns nur vorstellen, welchen Schock die Familie Widmer bei ihrer Heimkehr erlebte.


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VOM UNGLÜCK ZUM GLÜCKSFALL Der

Wiederaufbau

angegangen

und

wurde

mit

dem

sofort

Zimmer -

meister Hans Stalder und dem Maurermeister Fritz Aeschlimann das Vorgehen besprochen. Damit möglichst schnell mit dem Sägen der Bretter begonnen werden konnte, wurde vor Ort eine mobile Säge eingerichtet. (Es war eine Säge der Firma Müller in Wasen i.E., welche lange Zeit ein guter Exportartikel nach Südamerika und Afrika war.) Walter Stauffer ist es gelungen, ab Beginn des Wiederaufbaus sämtliche Schritte im Bild festzuhalten und ein modernes Dokument über das jahrhundertealte Wissen im Holzbau zu schaffen.

HILFE AN BRANDGESCHÄDIGTE – ALS BRAUCH VERANKERT Haus und Hof durch einen Brand zu verlieren ist auch heute noch ein schlimmes Ereignis. Bevor es Brandversicherungen gab, bedeutete dies für viele das Ende ihrer Existenz. Aus jener Zeit Handwerk 1/2006

stammte der im Emmental 1947 noch übliche, schöne Brauch der Hilfeleistung über die Dörfer hinweg. Die Gemeindemannen der Geschädigten sprachen bei den Nachbargemeinden vor und baten um Unterstützung. Aus dem Allmend-

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wald stifteten dann die angefragten Gemeinden ein Fuder Holz für den Neubau. Von allen Seiten erhielten die Geschädigten Holz, Hilfe bei der Fütterung des Viehs und auch Unterstützung zur Verköstigung der Handwerker und Freiwilligen beim Wiederaufbau.

EIN HALBER WALD FÜR EINEN GANZEN HOF Für einen Hof wie den Hanfgarten brauchte es 400 bis 500 Tannen. 240 Tannen

wurden

gespendet

und

der

Rest wurde im eigenen Hofwald gefällt. «Sogar Eichenholz für den Schwellenkranz wurde gespendet.» Die besondere Erwähnung in Walther Stauffers Bericht weist auf die Kostbarkeit dieses Holzes hin. Die Arbeit begann mit dem Sägen, Hauen und Abbinden der Balken auf dem Bauplatz. Söhne und Knechte von anderen Höfen kamen und leisteten Tagwerk. Es halfen täglich 10 Freiwillige aus der Gemeinde. Alle wurden verköstigt und

die

geschenkte

Bauersfrau

war

Speckseiten

froh

und

um

andere

Lebensmittel. Ein befreundeter Bauer aus der Waadt stiftete 350 Flaschen Wein, die von den Helfern gerne angenommen wurden.

DIE ARBEIT DES ZEICHNERS UND DES BAUFÜHRERS IST IMMER MEHR VOM COMPUTER UND VON STRENGEN NORMEN BESTIMMT. ICH SCHÄTZE MICH GLÜCKLICH, BEI DIESEM BAUVORHABEN KREATIV MITWIRKEN ZU KÖNNEN. Paul Fischer, Ballenberg Ist beim Bauprojekt für die Pläne verantwortlich


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GROSSBAUSTELLE MIT MEILENSTEINEN In vier Monaten bereiteten 15 Zimmerleute und 5 Maurer zusammen mit den Freiwilligen das Holz vor, bis alle Teile

sorgsam

aufgestapelt

für

die

«Ufrichtig» (Aufrichte) bereitlagen. An einem Montag im Dezember war es soweit: Sie begannen das neue Haus auf-

1 Stauffer, Walther: Zimmermannsarbeit – Hausbau im Emmental. Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde, Abteilung Film, Reihe: Altes Handwerk, Heft Nr. 50. 2 Schürpf, Markus: Fotografie im Emmental, Idyll und Realität. Kunstmuseum Bern 2000, S. 160. 3 2310 Aren, 1 Jucharte = 33 Aren = 23 Hektaren

zustellen/aufzurichten. Jetzt waren 100 Freiwillige zur Hand und gehorchten den Befehlen des Poliers Ernst Flückiger von Heimiswil. Am Abend ertönte zum ersten Mal das «Fürobetopple». Dabei wurde ein astiges Balkenstück rechtwinklig über zwei andere gelegt und die Männer schlugen mit dem Rücken ihrer Axt im Dreschertakt schneller und langsamer werdend darauf. Weithin war das Zeichen des gemeinsamen Hausbaus hörbar. Ein erster Höhepunkt erreichte die «Ufrichtig», wenn der schwere, lange Firstbalken hochgezogen und -gestossen und in die vorbereiteten Zapfenlöcher gehämmert war. Dann genossen alle

Handwerk 1/2006

einen Schluck Firstwein.

ZUSAMMENARBEIT HAND IN HAND Als Nächstes wurden die «Rafen» und darüber die Dachlatten als letzte Teile des Dachstuhls befestigt. Dieser

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Moment wird noch heute vielerorts mit dem Aufrichtetännchen über dem Gerschild signalisiert. In Heimiswil hing an einer Schnur am Tännchen eine Flasche Apfelschnaps («Bätzi»), mit der man so tat, als würde man den Bau nach vier Tagen «Ufrichtig» senkeln. Dann wurde die Flasche reihum gegeben und alle tranken einen Schluck bis die Flasche leer war. Um das Dach mit den 20’000 Ziegeln zu bestücken, halfen die Dorfbuben mit. Auf den beiden Traufseiten bildeten die Helfer je eine lange Kette und reichten einander bis zu den Dachdeckern die Ziegel. In zwei Tagen war das ganze Dach gedeckt und das Haus fertig für den Innenausbau. Nun versammelten sich über 300 Leute, die am Bau mitgeholfen hatten. Auch Nachbarn und Freunde kamen herbei. Alle zusammen feierten das Richtfest. Der Pfarrer hielt eine Ansprache und erbat Gottes Schutz und Segen für den Bau. Alle waren sonntäglich gekleidet, teilweise in Tracht, und es wurde gesungen, gejodelt und musiziert. Zum Abschluss gab es noch ein mal ein «Fürobetopple». (bg) n

«Aufrichte» in Heimiswil (Zimmermannsarbeit – Hausbau im Emmental) Ein Film von Walther Stauffer (Kamera und Schnitt), 1947 aufgenommen, schwarz-weiss, stumm, Dauer 29 Minuten. 1979 von der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde, Abteilung Film, erworben und regeneriert. Ausleihe: Sekretariat SGV, Spalenvorstadt 2, Postfach, CH-4001 Basel, +41 (0)61 267 11 63.


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Geschmückter Firstbaum (um 1910) Stein Appenzell Ass. Nr. 153, aus «Die Bauernhäuser beider Appenzelle» Isabell Herrmann

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Handwerk 1/2006

Zimmermannsembleme an einem Tenntor Killwangen, Aargau Foto: Archiv für Bauernhausforschung

Der traditionelle Hausbau war von einem

lebendigen

und

diesen Ereignissen musste der Bauherr

vielfältigen

auch einen kulinarischen Beitrag an die

Brauchtum begleitet. Als Höhepunkte

Bauarbeiter leisten: den Grund- oder

des weltlichen und religiös-kultischen

Steinwein, den Schwellenwein und den

Brauchtums galten die drei markantes-

Aufrichte- oder Firstwein.

des

Der eigentliche Hausbau beginnt mit

Grundsteins, das Setzen der Schwelle

ten

Bauabschnitte:

das

Legen

dem ersten Spatenstich. Was heute für

und als wichtigster, die Aufrichte. Bei all

Politiker eine beliebte Gelegenheit bietet, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen, war früher kaum von Bedeutung. Den Aushub, sozusagen die «Dreckarbeit», zählte man noch nicht zum eigentlichen Hausbau. Die Ankunft des Maurermeisters mit seinen Gesellen auf der Baustelle

Wer schon jemals einen Hausbau miterlebt hat, weiss, dass neben den planerischen und technischen Aspekten noch ganz andere Fragen (vielleicht unausgesprochen) im Raum stehen: Die Einmaligkeit des Unterfangens betrifft den ganzen Menschen – Bräuche und Traditionen spielten eine wichtige Rolle.

markierte den offiziellen Beginn. Über Bräuche bei der Grundsteinlegung in der Schweiz ist wenig Konkretes bekannt. In verschiedenen

Kulturen

war

dieses

Ereignis mit einem tierischen Opfer verbunden. Ein Huhn, eine Ziege, ein Schaf oder selten ein Rind wurden bei dieser Gelegenheit geschlachtet und Blut unter den Grundstein gespritzt. In der Schweiz vorgefundene Tierskelette, vorwiegend

GLÜCK IM HAUS

von Katzen, liessen sich nicht eindeutig als Bauopfer einordnen.


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EINE ART DOPPELTEN BODEN SCHAFFEN Belegt für die Schweiz ist das Einmauern oder das Unterlegen von Gegenständen

aus

dem

religiös-kultischen

Bereich oder aus dem Kreis der Fruchtbarkeitssymbole. Gefunden wurden kleine Kreuze,

Medaillons

der

Gottesmutter

Maria und Getreideähren, Wachholderzweige, Eierschalen oder auch Münzen. Sie alle sollen zu einem guten Bauabschluss verhelfen, Böses abwehren und Glück und Wohlstand ins Haus bringen. Mit grösster Sorgfalt setzen die Zimmerleute1

den

untersten

Schwellen-

kranz, der sozusagen das Fundament für den Holzbau bildet. Hier entscheidet sich die Stabilität des gesamten Hauses. Schwellen sind aus solidem Eichenholz gefertigt, wenn immer in der Umgebung vorhanden oder finanziell verkraftbar. Über die Schwelle betritt man später das Haus, die Schwelle bildet die Grenze zwischen der häuslichen Geborgenheit und der feindlichen Aussenwelt, die Schwelle ist zudem der Sitz der Hausgeister. 2 So Handwerk 1/2006

spielt die Schwelle auch beim religiösen Brauchtum rund um wichtige Ereignisse im Leben eine bedeutende Rolle. In der französischen Schweiz wurde bei Hochzeiten die Schwelle des Bräutigams mit Öl eingerieben. Vielleicht eine Besänfti-

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gung der Geister, um sie günstig auf ein neues Mitglied in der Hausgemeinschaft einzustimmen. Das «Über-die-SchwelleTragen» der Braut könnte ursprünglich einen ähnlichen Hintergrund aufweisen. In katholischen Gebieten hat man früher die Bahre der Toten beim Verlassen des Hauses über der Schwelle abgestellt und Gebete verrichtet, um zu vermeiden, dass die Seelen der Toten ins Haus zurückkehren und Unruhe stiften.

DAS HAUS NIMMT FORMEN AN Die Aufrichte ist in jeder Beziehung der Höhepunkt des Hausbaus und das Aufsetzen des Firstbalkens eine spektakuläre und nicht ungefährliche Aktion. Noch einmal sind alle Helfer der Dorfgemeinschaft aufgeboten und gefordert. Je nach Grösse des Bauwerks stehen bis zu 100 Menschen auf dem Bauplatz bereit. Nicht verwunderlich, dass auch dieses Ereignis von einer Vielfalt von religiösem und weltlichem Brauchtum begleitet wird: dem Zimmermannsklopfen, dem Firstwein und dem Firstbaum. Der First bildet sozusagen den Abschluss des Hauses, er ist der höchste Punkt, dem Unbill von Wetter und Dämonen schutz-


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los ausgesetzt. Es gilt die bösen Mächte abzuhalten, zu vertreiben oder mindestens günstig zu stimmen. Das

Zimmermanns-

oder

Feier-

abendklopfen ist ein wichtiger Brauch im hölzernen Handwerk. Es besteht aus einem

gemeinsamen,

rhythmischen

Schlagen auf einen Balken: «Die Teilnehmer setzen sich zu je zwei, drei oder vier Mann in eine Reihe, wobei dann die beiden am rechten Ende sich gegenübersitzenden Männer den Takt angeben. Zum Klopfen dienen Beile und Äxte, die man auf ein dickes Stück trockenes Buchenholz, einen sogenannten Post, der auf die oberste Balkenlage gelegt

Haussegen, Freilichtmuseum Ballenberg

wird, niedersausen lässt. … Durch verschiedenes Wechseln dieser Schlagarten entsteht

grosse

Vielseitigkeit,

Fotos Seite 12: Tor und Türriegel, Ernst Brunner

und

geschickte Gesellen können die Zuhörer bis tief ins Land hinein – denn der Schall klingt weit über Berg und Tal – unterhalten. Von Zeit zu Zeit wird eine Pause gemacht; in der ersten Pause beginnt für gewöhnlich der Zimmergeselle oder der

Zimmermeister

eine

Rede.»

So Handwerk 1/2006

beschreibt Walter Tobler in seinem Buch «Von Bräuchen beim Hausbau» 3 diese Zeremonie,

die

ursprünglich

wahr-

scheinlich auch dazu diente, mit dem Lärm böse Geister zu vertreiben.

Ist

der

Abschlussbalken

13

DER FIRSTBAUM IST BIS HEUTE ERHALTEN GEBLIEBEN gesetzt,

bekrönt der Zimmermeister das gelungene Werk mit einem Nadelbaum, dem

Die Gefahren beim Holzen. Exvoto von 1664, Hist. Museum Stans

Firstbaum. Als Schmuck dienen weithin sichtbare farbige Bänder oder Nastücher als Gabe für den Zimmermann und seinen Gesellen. Mancherorts war es auch Brauch, Süssigkeiten oder leere Eier aufzuhängen. Das Entführen des Firstbaums war wie das Stehlen des Maibaums, ein beliebter Brauch bei den Jungmannschaften. genannten

Bei

diesem

«Heischbrauch»

ging

so es

darum, für das Bäumchen vom Bauherren ein möglichst hohes Lösegeld zu bekommen. Ohne eine fürstliche Bewirtung liessen sich die Diebe auf keinen Handel ein. Zurück zu den Zimmerleuten: Akrobatisch auf dem First des Hausskeletts balancierend trinkt der Zimmermeister Wein oder Schnaps aus dem Glas oder aus der Flasche und wirft

sie leer

getrunken zu Boden. Zerbersten sie nicht in tausend Stücke, bedeutet dies Unglück. Neben dem weltlichen oder magischen Brauchtum spielte vor allem

GUTES WERKZEUG IST DIE HALBE ARBEIT

Nidwaldner Bauer beim Schleifen einer Breitaxt (um 1940) Foto: L. von Matt, Stans


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in katholischen Gegenden die feierliche Einsegnung des Neubaus durch den Pfarrer eine wichtige Rolle.

ERLEICHTERT GEMEINSAM ANSTOSSEN AUF DAS GELUNGENE Beim Firstwein waren die Vorratskammern des Bauherrn einer harten Prüfung ausgesetzt. Hören wir dazu einen Bericht aus der damaligen Zeit: «In Münchenbuchsee haben 70 ‹Mannspersonen › am 6. April 1766 das Haus von Christen

Rufener

aufgerichtet;

zum

Festmahl spendete der Bruder des Bauherrn zwei Fass Wein, weiter wurden 15 Schinken und 25 Körbe mit kleinen Kuchen geschenkt. Diesälbige Nacht haben wir uns lustig gemacht bis morgens Nachmittag.» 4 Der Firstwein ist das aufwändigste Fest des Hausbaus. Alle, die tatkräftig oder mit Spenden am Bau beteiligt waren, sind eingeladen. Der Firstwein gehört als fester Bestandteil zum meist per Handschlag besiegelten ArbeitsverHandwerk 1/2006

trag und muss, fällt er aus, durch Geld ersetzt werden. Zudem ist der Firstwein für den Bauherrn eine Prestigesache. Geizt er, bekommt er statt eines Firstbaums einen Besen oder einen umgekehrten Becher auf das Haus und von

14

den Zimmerleuten böse Sprüche wie: «Die Schnur ist gerissen, der Herr ist beschissen und wir vom Platz geschmissen» 5

zu

hören.

Im

Goms,

Kanton

Wallis, hat der Hausherr nach Bezug des neuen Gebäudes aus jedem Fenster einen Alpkäse gehängt, um zu zeigen, dass ihn der Hausbau und der Firstwein nicht ruiniert haben. 6 In die gleiche Kategorie gehört der in der Innerschweiz verbreitete Spruch: «Lieber aus einem alten Haus kotzen, als aus einem neuen gähnen.» Was meint, lieber in einem alten Haus über so viele Lebensmittel zur

verfügen,

dass

man

erbrechen

könnte, als in einem neuen vor Hunger gähnen zu müssen.

RESPEKT VOR DEM «FINISH» Wenn ein Hausbau nicht aus der Not eines Brandes oder sonstigen Unglücks geschah, eilte es den Bewohnern nicht sonderlich, das neue Haus zu beziehen. «Zuerst der Feind, dann der Freund, und dann selber ins neue Heim», so heisst eine Bauernregel. Vor allem in Regionen mit Blockbauweise war das frische, nasse Holz noch sehr «lebendig». In stillen Nächten konnte der Lärm des schwindenden

Türband aus der Zeit um 1800 Fotos: Ernst Brunner Zimmerleute (um 1920), Glarus Foto: Glarner-Fieger


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Handwerk 1/2006

Die Predigt des Pfarrers nach dem Holztragen (um 1930), Lötschental, Wallis Foto: Marx

Holzes sehr laute und unangenehme Nebengeräusche erzeugen. Wenn immer möglich hat man den Bezug des Hauses etwas hinausgeschoben. Das Einräuchern des neuen Hauses mit brennenden Wacholderzweigen oder durch den Pfarrer als Einsegnung mit Weihrauch war ein weit verbreiteter Brauch. In Frutigen im Berner Oberland gehörte zur Hausräuke ein letztes Festmahl mit geräuchertem Fleisch für die Helferinnen und Helfer.7 (eh) n

SICH 200 JAHRE ZURÜCKZUVERSETZEN UND EINEN BAU VON ANFANG BIS ENDE ZU PLANEN UND ZU BERECHNEN IST FÜR MICH EINE BESONDERS REIZVOLLE HERAUSFORDERUNG.

Walter Trauffer, Ballenberg Ist beim Bauprojekt für die technische Abwicklung verantwortlich 1 Die Berufsgattung der Zimmerleute ist sehr ausgeprägt mit unterschiedlichstem Brauchtum verbunden. Es würde zu weit führen hier näher auf den Themenkreis rund um das Zunftwesen und die Wanderschaft einzugehen. 2 Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Band 7. Berlin und Leipzig 1935/36. S. 48 ff. 3 Tobler, Walter. Von Bräuchen beim Hausbau. Zürich 1970. S. 16 4 Affolter, Hans-Christoph: Die Bauernhäuser des Kantons Bern. Band 2. Basel 2001. S. 284 5 Tobler, Walter. Von Bräuchen beim Hausbau. Zürich 1970. S. 22 6 Ebenda S. 37 7 Ebenda S. 47


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Handwerk 1/2006

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Bauplan eines Bauernhauses um 1770 Staatsarchiv Zürich

Pläne im Kopf, Ressourcenorientie-

Baumaterial, bestimmt war. Eine wich-

rung und fast rituell strukturiertes Vor-

tige Rolle spielten natürlich auch die

gehen beim Bauverlauf: Obwohl schrift-

Baugewohnheiten

liche Quellen zu den Raritäten gehören,

Hauslandschaft. Wer will sich schon mit

in

der

regionalen

kann man davon ausgehen, dass das

einem unüblichen Stil der Kritik oder

Bauen auch früher in geordneten Bah-

dem Spott der Gemeinschaft aussetzen?

nen verlief und wie heute von Normen, d. h. einerseits von Bauvorschriften, obrigkeitlichen

Verordnungen,

ander-

VORLÄUFER DER SCHWEIZER WALDGESETZGEBUNG

seits von den finanziellen Verhältnissen

Die für die damaligen Verhältnisse

des Bauherren und vom vorhand enen

strengen Bauvorschriften kommen nicht von ungefähr. Der Holzverbrauch für Neubauten war beträchtlich und die Übernutzung

der

Wälder

bis

ins

20. Jahrhundert ein gewichtiges Pro-

Pläne von Bauernhäusern sind nur ganz selten zu finden und scheinen in der Regel auch nicht vorhanden gewesen zu sein. Auch schriftliche Vereinbarungen mit Zimmerleuten sind höchstens bei öffentlichen oder kirchlichen Bauten zu finden.

blem. Hochrechnungen haben ergeben, dass man für einen Blockbau mit Steildach bis zu einer Hektar Wald benötigte. Besonders zurückhaltend verhielt man sich

gegenüber

zusätzliche

Neuzuzügern.

Haushalt

braucht

Jeder neben

dem Baumaterial jährlich eine grosse

ARCHITEKTUR OHNE ARCHITEKTEN

Menge an Feuer- und Hagholz. Auch wollte man nicht das Risiko eingehen, eine weitere Familie aus der Armenkasse verpflegen zu müssen.


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Handwerk 1/2006

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REGELWERKE BEIM BAU UND VERBINDLICHKEIT IN DER VORBEREITUNG Leider sind nur wenige Belege von

Rat von Bern, der bereits drei Tage später den harten Rechtsspruch fällte, dass

Bauernhaus in Büelisacker, Aargau Zeichnung: E. Gladbach 1868

«es by dem alten Schürli Verbleibens habe». Dieses

Bewilligungsverfahren für Hausbauten

Urteil,

überliefert. Aus dem Jahre 1607 ist aus

Schweiz auch heute noch

welches

in

der

Eriswil, Kanton Bern, die Vorschrift

als Vorbild dienen könnte,

bekannt, dass niemand ohne amtliche

bleibt allerdings ein Einzel-

Bewilligung ein Haus bauen durfte. Die

fall in den einschlägigen

Baugesuche verkündete der Pfarrer am

Akten. (eh) n

Sonntag von der Kanzel herab. 1 Dass man die Vorschriften in manchen Fällen auch rigoros eingehalten hat, bezeugt der Fall Hans Äbi von Grüt bei Affoltern im Kanton Bern, der im Sommer 1682 entgegen

seines

Versprechens

eine

Scheune zu einem Wohnhaus umgebaut hatte. Die Gemeindeversammlung zeigte zwar Erbarmen und segnete das Bauprojekt nachträglich ab, wären da nicht vier Gemeindegenossen gewesen, die den Fall an die nächste Instanz weiterzogen, indem sie die Übernutzung der Wälder geltend machten. Da Verhandlungen zur Vermittlung scheiterten, überwies der Landvogt J. F. Ryhner den Fall an den

1 Affolter, Hans Christoph: Die Bauernhäuser des Kantons Bern.

OHNE WERKZEUG IN DER HAND KANNST DU MICH NICHT FOTOGRAFIEREN!

Niklaus Maurer, Ballenberg Ist im Bauprojekt für die Schmiedearbeiten verantwortlich


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4 2

3 5

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6

1 Schadwinkel, Hans Tewes: Die Arbeit der Zimmerleute. Köln 1988, Abb. 121

Das Bild «Zimmerleute und Zimmer-

neren. Wir finden häufig die Begriffe

gerät» der Esslinger Gewerbeblätter aus

Zimmermannsaxt und Zimmermanns-

der Zeit um 1835 bietet eine anschauli-

beil sowie Breitaxt und Breitbeil, ohne

che Übersicht über die Werkzeuge der

dass dabei ihre Handhabung berück-

Zimmerleute. 1

sichtigt wird.

Äxte und Beile sind die wichtigs1

ten Werkzeuge des Zimmermannes, ihre Formenvielfalt ist gross und ihre Bezeich-

Zimmermannsaxt, auch Bundaxt ge-

nungen sehr uneinheitlich. Häufig findet

nannt: Mit ihr werden die Kerben in den

man jedoch folgende Definition: Eine Axt

Stamm geschlagen und dann das Holz

wird zweihändig gebraucht, ein Beil ein-

von Kerbe zu Kerbe abgeschlagen. Sie ist

händig. Mit der Axt werden die gröberen

beidseitig geschärft und wird zweihändig

Arbeiten ausgeführt, wie das Zurichten

geführt. Beim Aufrichten findet sie ein-

der Balken, mit dem Beil dagegen die fei-

händig

auch

zum

Einschlagen

von

Nägeln oder zum Zusammentreiben von

Das geeignete Werkzeug zeichnet den Fachmann aus und ist gleichzeitig seine Investition in sein berufliches Schaffen und damit in sein Auskommen.

Holzverbindungen Verwendung. 2 Breitaxt oder Breitbeil, Beschlagbeil genannt: Sie dient ausschliesslich zum Glätten der Holzoberflächen. Sie ist einseitig geschärft (links oder rechts) und

DAS WERKZEUG DES ZIMMERMANNS

ihr

Stiel

ist

abgewinkelt.

zweihändig geführt.

Sie

wird


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3

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Kreuzaxt, scherzhaft auch «Selten-

Ketschhobel:

Oberfläche

Gattersäge, Klobsäge: Mit der gespann-

treff» genannt: Mit ihr werden Zapfen-

besonders glatt werden soll, kommt der

ten Säge werden die Stämme in der

Wenn

eine

löcher ausgeschlagen. Das eine Ende ist

Hobel zum Zug. Ketschhobel werden von

Längsrichtung der Fasern zu Brettern,

als zweiseitig geschliffene Axtklinge, das

zwei Zimmerleuten bedient, die oft ritt-

Bohlen und Balken aufgetrennt. Die

andere als einseitig geschliffene Beitel-

lings auf dem Werkzeug sitzen und an

Arbeit geschieht auf Böcken oder in

klinge geformt.

den Griffen den Hobel ziehen. Auch Rau-

Sägegruben und es braucht mindestens

bank und Profilhobel werden vom Zim-

zwei Männer dazu.

4

mermann eingesetzt.

Stossaxt: Sie wird zweihändig geführt

Schottsäge: Diese ungespannte Säge

und

wird wie die Gattersäge gebraucht.

zum

Glattputzen

von

kleinen

Flächen verwendet, vor allem beim Ein-

Auf der Zeichnung fehlende

passen von Holzverbindungen.

Werkzeuge des Zimmermanns:

Gestellsäge:

Diese

kleine

Handsäge

braucht der Zimmermann für kleinere 5

Handbeil: Mit ihm führt der Zimmer-

Sägearbeiten. Sie hat ein gespanntes

mann leichtere Arbeiten wie das Ein-

Blatt und nur eine begrenzte Schnitt-

mannsäge werden Rundhölzer und Bal-

schlagen von Nägeln oder Stemmeisen

tiefe.

ken abgelängt. Die Zahnung des Säge-

aus. Es ist zweiseitig geschärft und wird

blattes wirkt auf Stoss und Zug.

einhändig geführt.

Bundsäge: Mit der ungespannten Zwei-

Masse: Zum Messen benötigt der Zimmermann noch weitere Werkzeuge wie

6

Dechsel: Wie das Breitbeil dient der

das Schrägmass oder die Schmiege, den

Dechsel zum Glätten des Bauholzes, der

Gliedermeter, den Zollstock und das

die zu bearbeitenden Werkstücke auf

Hohldechsel zum Aushöhlen und zum

Senkblei. (ar) n

den Lagerböcken.

Aushauen von Profilen. Seine Schneide

Bundhaken: Mit Bundhaken fixiert man

ist quer zum Stiel angebracht.

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Handwerk 1/2006

7 Schlagschnur oder Spickschnur: Mit

Stemmeisen: Mit dem Stemmeisen wer-

ihr werden gerade Linien auf die Werk-

den Zapfenlöcher herausgearbeitet.

stücke gezeichnet. Die Schnur wird an einem Ring gezogen und vom Haspel

Stechbeitel: Der Zimmermann verwen-

abgewickelt. Dabei drückt man sie mit

det den Stechbeitel für feinere Arbeiten.

dem Einhalter in die Farbe, die sich in

Es hat seitlich gefaste (abgeschrägte)

der Russkiste befindet. Zwei Zimmer-

Kanten und wird auch mit dem Holz-

leute spannen die Schnur fest, während

hammer geschlagen.

ein dritter sie genau senkrecht anhebt und dann spicken lässt. Dadurch wird der Farbstoff auf das Holz aufgetragen. 8 Schlangenbohrer: Mit ihm werden die Zapfenlöcher bebohrt. Er hat eine Zentrierspitze und das Gewinde zieht den Bohrer

ins

Holz.

Der

ältere

Löffelbohrer dagegen benötigte ständigen Druck und konnte nicht sicher geführt werden. 9 Winkel: Mit ihm werden die zahlreichen rechten Winkel an den Bauteilen angerissen und geprüft. Er ist immer aus Eisen, da sich Holz verziehen würde. Er ist etwa 60–80 cm lang und mit Anreisslöchern am kurzen Ende versehen. 10 Setzwaage: Mit ihr wird die Waagrechte geprüft. Sie ist häufig ein gleichschenkliges, rechtwinkeliges Dreieck mit kleinem Senkblei. Die Wasserwaage ersetzte ab Ende des 19. Jh. die Setzwaage.

ALS MUSEUMSPÄDAGOGIN BIN ICH VON DIESEM PROJEKT BESONDERS ANGETAN. WIE KÖNNTE MAN EINEN HAUSBAU IN FRÜHEREN ZEITEN BESSER VERMITTELN ALS AN EINEM KONKRETEN BEISPIEL.

Barbara Gerhardt, Ballenberg Ist beim Bauprojekt für die Vermittlung verantwortlich


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1. VORBEREITUNG UND HOLZSCHLAG n Massnehmen am Bau (Fundament). n Förster und Zimmermann bezeichnen die zu fällenden Bäume im Spätsommer. n Holzschlag im Spätherbst oder Winter.

2. VOM BAUM ZU BALKEN UND BRETTERN n Schälen und Lagern bis zum Frühjahr und Transport auf Werkplatz. n Behauen der Balken im Walde oder auf dem Werkplatz. n Sägen der Bohlen und Bretter mit der Schott- oder Gattersäge.

3. BAUBEGINN: AUF DEM REISSBODEN n Die Wand wird auf dem Reissboden in wirklicher Grösse (1:1) aufgezeichnet. Der Reissboden ist ein grosser, vielfach nur behelfsmässiger Bretterboden auf dem Vorplatz der Zimmerei oder direkt auf dem Werkplatz. n Alle Hölzer werden auf den Reissboden gelegt und gerissen (angezeichnet), wobei die Oberseite (Bundflucht) die Hausaussenseite ist.

4. SCHWELLE UND RÄHMBALKEN n Die Bundflucht ist immer eben (bündig). Eventuell dünnere Kanthölzer, wie Riegel oder Streben, müssen so weit unterlegt werden, dass die Bundflucht stimmt. n Reissen, Schneiden, Stemmen der Schwelle und des Rähmbalkens. n Schneiden der Ständer und Zusammenstecken.

WIE EINE FACHWERKWAND FRÜHER ENTSTAND ...


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5. STREBEN UND RIEGEL n Streben auflegen, Reissen und Schneiden. n Zuletzt Riegel auflegen, Reissen, Schneiden, Ständer und Streben stemmen.

6. ZAPFEN, TRANSPORT n Die Zapfen werden auf der auf dem Reissboden fertig zusammengesetzten und angezogenen Wand verbohrt. Die Holznägel werden während des Aufrichtens eingeschlagen. n Die fertig abgebundene Wand kann nun gezeichnet, auseinandergenommen und bis zur Aufrichte gelagert werden. Einzelne Hölzer werden für den Abbund der anderen Wände benötigt.

7. AUFRICHTE n Beim Aufrichten werden viele Hände benötigt. Manchmal half früher die ganze Dorfgemeinschaft mit. Spezielle Kommandos (z. B. Holz her!), Nummerierung und Bezeichnung der Hölzer sind auch jeder Hilfsperson bekannt.

Weiss, Walter: Fachwerk erleben. Winterthur 1992

Das Haus, welches wir im Sommer 2006 auf dem Ballenberg aufrichten ist ein Mischbau aus Fachwerk- und Ständerbau. Die Wände um die Feuerstellen sind gemauert.

... KURZANLEITUNG IN 7 SCHRITTEN


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