DIE JUNGEN SCHWEIZER MACHER: HANDWERK 2014 HANDWERK 1/2014 SONDERAUSGABE SWISSSKILLS BERN 2014
INHALTSVERZEICHNIS IMPRESSUM
2
MIRIAM
Holzhandwerkerin EFZ, Fachrichtung Drechslerei
4
CHRISTIAN
Holzhandwerker EFZ, Fachrichtung Weissküferei
6
JO ELIO
Küfer EFZ
8
CLAUDIA
Korb- und Flechtwerkgestalterin EFZ
10
PRISKA
Holzbildhauerin EFZ
12
IMPRESSUM
MARIE Geigenbauerin
14
Handwerk 1/2014
3
JACOB
Musikinstrumentenbauer EFZ, Fachrichtung Klavierbau
16
KILIAN
Musikinstrumentenbauer EFZ, Fachrichtung Blasinstrumentenreparatur
18
PAVEL
Musikinstrumentenbauer EFZ, Fachrichtung Orgelbau
20
2
EDITORIAL
Gesamtverantwortung: Christine Davatz, Daniela Christen
PHILIPP
Steinbildhauer EFZ
22
Redaktion: Daniela Christen, Adrian Knüsel
CÉLIA
Gewebegestalterin EFZ
24
Texte: Marianne Grossenbacher, Patrick Lucca, Corinne Remund
JANINE
Bekleidungsgestalterin EFZ, Schwerpunkt Pelzbekleidung
26
Bilder: André Albrecht, www.fotografie-albrecht.ch
ERICK
Fachmann Leder und Textil EFZ, Fachrichtung Feinlederwaren
28
Gestalterisches Konzept: Margret Omlin, Stans
MAURO
Fachmann Leder und Textil EFZ, Fachrichtung Fahrzeuge und Technik
30
REBECCA
Fachfrau Leder und Textil EFZ, Fachrichtung Pferdesport
32
RETO
Hufschmied EFZ
34
JOSHUA
Goldschmied EFZ
36
LAURA
Graveurin EFZ
38
GILLES
Büchsenmacher EFZ
40
JANA
Textiltechnologin EFZ, Fachrichtung Seil- und Hebetechnik
42
CEDRIC
Seilbahn-Mechatroniker EFZ
44
Herausgeber: Schweizerischer Gewerbeverband sgv CH-3001 Bern Kurszentrum Ballenberg CH-3858 Hofstetten Copyright: Schweizerischer Gewerbeverband sgv
Layout/Satz: Thomas Küng, Luzern Korrektorat: Daniela Christen Druck: Paul Büetiger AG, Biberist
Die Kraft im Hintergrund. Wir sind Partner des Kurszentrums Ballenberg. Weil das Handwerk stimmen muss. Überall und in jeder Branche.
Bild: Nina Mann, Zürich
HANDWERK MIT ZUKUNFT
merksam liest, der wird sowohl die soziale,
Wir sind stolz, Ihnen eine ganz andere
Es fällt mir derzeit sehr leicht, mein
wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung
Ausgabe von «Handwerk» vorlegen zu kön-
Gewerblerherz höher schlagen zu lassen.
des dualen Bildungssystems, als auch jene
nen.
2014 ist nämlich das Jahr der Berufsbil-
des traditionellen Kleinhandwerks für sich
dung, und vieles deutet darauf hin, dass
neu definieren müssen.
ihren umsichtigen Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern realisieren. Wir danken allen Beteiligten dieser Ausgabe: Marianne Grossenbacher, Patrick
Handwerk 1/14 ist das Resultat einer
Lucca und Corinne Remund für die Texte,
intensiven erfolgreichen Zusammenarbeit
André Albrecht für das wunderbare Bild-
dieser Anlass mehr bringt als schöne Phra-
Die Berufsbildung trägt dazu bei, dass
mehrerer Akteure – bei den Vorbereitungs-
material, Thomas Küng für die grafische
sen und allgemeine Schulterklopferei. Den
unsere Jugendlichen Werte wie Mut, Kre-
arbeiten von SwissSkills Bern 2014 war
Umsetzung und Christine Davatz vom sgv
grossen Höhepunkt stellen im September
ativität, Selbstdisziplin, Toleranz und Stolz
schon früh klar, dass auch die Kleinstbe-
und Daniela Christen, die die vorliegende
zweifellos die SwissSkills Bern 2014 dar,
kennenlernen und umsetzen. In diesem
rufe eine Stimme, ein Podium mit der ent-
Dokumentation realisiert haben. Auch den
die erste gemeinsame Schweizermeister-
Sinne ist sie unentbehrlich, weil sie für
sprechenden Exposition erhalten sollten.
Lernenden und ihren Ausbildnern danken
schaft der jungen Berufsleute. Bei aller
die Zukunft und den Wohlstand unseres
Freude über diesen spektakulären Anlass
Landes mitentscheidend ist.
Das Kurszentrum Ballenberg wurde
wir für die Zeit und Energie, die sie in-
2013 vom Bundesamt für Kultur (BAK)
vestiert haben. Ein besonderer Dank geht
in der Bundesstadt: für mich ist ebenso
beauftragt, die Datenbank der traditionel-
auch an das Bundesamt für Kultur, das
wichtig, dass auch das traditionelle Hand-
len Handwerke zu publizieren und zu er-
diese Publikation unterstützt.
werk nicht vergessen wird. Deshalb stehe
gänzen. So war es naheliegend, über den
Last but not least gilt unser Dank den
ich voll und ganz hinter dem Projekt «Tra-
Kontakt des Schweizerischen Gewerbever-
Vertreterinnen und Vertretern der Berufs-
ditionelles Handwerk mit Zukunft», das
bandes mit den Vertreterinnen und Ver-
verbände, die sich mit vielen unbezahlten
der sgv zusammen mit dem Eidgenössi-
Nationalrat Jean-François Rime
tretern der Kleinstverbände während einer
Stunden für die Anliegen ihres Berufstands
schen Hochschulinstitut für Berufsbildung
Präsident Schweizerischer
EHB IFFP IUFFP Tagung ins Gespräch zu
einsetzen und unermüdlich dafür kämp-
EHB IFFP IUFFP, dem Freilicht museum
Gewerbeverband sgv
kommen und eine nachhaltige Zusammen-
fen, dass diese Berufe auch in Zukunft
arbeit in die Wege zu leiten.
noch gelebt und gelernt werden können.
Ballenberg und dem Kurszentrum Ballenberg sowie den engagierten Berufsverbänden lanciert hat.
Im «Handwerk» lernen Sie junge Menschen kennen, die sich für das Handwerk
Wir wünschen erfolgreiche
In der Schweiz gibt es heute rund 220
entschieden haben. In der heutigen Zeit
SwissSkills Bern 2014.
Lehrberufe, viele davon mit besten Zu-
ein Handwerk zu erlernen, setzt eine eigen-
Herzlich
kunftsaussichten und entsprechend heiss
ständige und selbstbewusste Grundhal-
begehrt. Doch es gibt auch viele Tätigkei-
tung voraus – lesen Sie, was 21 angehende
ten, die auf den ersten Blick weniger «cool»
Berufsleute denken und hoffen.
sind, aber den Menschen, die sie erlernen,
Handwerkliche Intelligenz braucht
grosse Befriedigung bringen. Wer die 21
Trägerinnen und Träger, die Zukunft im
Adrian Knüsel
teils sehr ungewöhnlichen und faszinieren-
Handwerk sehen und diese gemeinsam mit
Leiter Kurszentrum Ballenberg
Handwerk 1/2014
den Geschichten in dieser Publikation auf-
3
GESCHICHTEN AM RANDE DES SPEKTAKELS
E
s riecht nach frischem Holz in der Werkstatt der Drechslerei
Handwerk 1/2014
und meine «holzigen» Ideen verwirklichen»,
Genauso wichtig wie die Handfertigkeit
hängt in der Luft und überzieht als dünne Schicht Kehl-, Hobel-
seien bei dieser Tätigkeit das räumliche
und Fräsmaschine. Die unzähligen von der Decke herabhängen-
Vorstellungsvermögen und die Fingerfer-
den Schablonen und Sprossenmuster sind weitere Zeichen dafür,
tigkeit. «Ich habe einen zweidimensiona-
Jedoch nicht nur die Erfahrungen in
dass hier mit Massivholz gearbeitet wird. Konzentriert steht eine
len Plan und muss mir dann vorstellen,
der Praxis, sondern auch der theoretische
kleine, robuste Frau an der Drehbank. Mit geschmeidigen, siche-
wie das fertige Werkstück aussieht. Dies
Unterricht an der Berufsfachschule in
ren Bewegungen bearbeitet sie millimetergenau mit der Röhre
erfordert nicht nur ein ausgezeichnetes
Brienz machen einen wichtigen Teil ihrer
die Kante des rotierenden Werkstücks, so dass die Späne fliegen.
räumliches Vorstellungsvermögen, son-
Ausbildung aus: «Hier bekommen wir das
«Dies ist eine Gedulds- und Konzentrationsaufgabe. Ich muss 150
dern auch ein sensibles inneres Auge»,
Fachwissen vermittelt, das uns vom Heim-
Abdeckhütchen für ein Treppengeländer, sogenannte Rosetten,
betont die aus dem zürcherischen Rikon
werker unterscheidet. Auch der Austausch
drechseln, eine gute Routine-Übung», erklärt Miriam Foster.
stammende Lernende. Die grösste Her-
mit anderen Lernenden von verwandten
ausforderung sei, die Formen im Kopf mit
Berufen ist sehr wertvoll.» Ebenso berei-
den Händen umzusetzen. «Man muss viel
chernd seien die überbetrieblichen Kurse.
Holz ist das Element der jungen Frau, die hier ihre zweite
Gefühl für das Holz entwickeln. Am Anfang
Dort könne sie seltene Arbeitstechniken
Ausbildung als Drechslerin absolviert. «Ich habe schon eine
braucht es Geduld und Übung bis man
erlernen und sich ein fundiertes Know-
Schreinerlehre hinter mir, deshalb konnte ich gleich im zweiten
die Bewegung für die Drehung des Holzes
How aneignen.
Lehrjahr einsteigen.» Im Vergleich zum Schreiner-Metier, wo sie
intus hat. Diese Fertigkeit muss man sich
viel mit Holzwerkstoffen gearbeitet habe, könne sie hier mit Mas-
selbst beibringen, erfahren und ausloten.
sivholz, einem lebendigen Material arbeiten. «Das Arbeiten mit
Deshalb produziert man zuerst viel Brenn-
Ihr Berufsbildner Ruedi König freut
den Händen und die unmittelbare Nähe zum Werkmaterial sind
holz – aber hat man den Dreh einmal raus,
sich sehr über seine motivierte Lernende.
mir sehr wichtig. Als Drechslerin muss ich auf das Holz einge-
dann macht es richtig Spass», lacht die
«Solange es junge Leute gibt, die mit einer
hen, es fühlen, beurteilen und dann entsprechend verarbeiten
junge Holzhandwerkerin. «Diese typischen
solchen Leidenschaft und Passion diesen
können. Ich muss das Holz mit allen Sinnen wahrnehmen und
Drehbewegungen haben auch etwas sehr
Beruf erlernen, wird dieses Gewerbe nicht
das macht diesen Beruf so einzigartig und spannend», erklärt die
Meditatives an sich.»
aussterben. Gerade Frauen interessieren
LEBENDIGES HOLZ
4
EIN GEFÜHL FÜR DAS HOLZ
Bietenholz + Müller GmbH in Wil (SG). Feiner Holzstaub
27-Jährige ihre Leidenschaft für diese Arbeit.
HOLZHANDWERKERIN EFZ, FACH RICHTUNG DRECHSLEREI – Wenn es darum geht Massivholz zu Einzelstücken oder Serienprodukten zu verarbeiten, dann sind Fingerfertigkeit, Geduld und Ausdauer der Drechslerin gefragt. Vom Bettpfosten für den Nachbarn bis zum Zubehör für die Medizinalindustrie in China – die Produktepalette ist breitgefächert.
MIRIAM:
so die junge Frau.
FUNDIERTES KNOW-HOW
BERUF MIT ZUKUNFT
sich sehr dafür.» Obwohl die Verarbeitung
KREATIVITÄT AUSLEBEN
von Massivholz im Sinne von Nachhaltig-
Ihr Beruf sei abwechslungsreich und
keit und «zurück zur Natur» im Trend liege,
spannend und biete immer wieder neue
müsse dieser Gedanke in der breiten Öf-
Herausforderungen. «Was aus Massiv-
fentlichkeit noch besser verankert sein, ist
holz hergestellt wird, egal ob Serien für
Miriam Foster überzeugt. «Es wäre wirk-
die Industrie oder individuelle Werkstücke
lich toll, wenn die Leute vermehrt Einblick
für den Privatkunden – alles wird bei uns
in unser schönes Handwerk erhalten. Mein
entworfen, geplant und produziert.» Span
Bruder zum Beispiel wusste nicht, welchen
um Span nimmt der Rohling allmählich
Beruf ich hier erlerne, da ist also schon
seine Form an und wird zum Endprodukt
noch etwas Aufklärungsarbeit nötig.»
verarbeitet: Tisch- und Stuhlbeine, Treppensprossen, Säulen und andere Innenausbauteile, Schalen, Schüsseln, Teller, Werkzeuggriffe, Kunstobjekte und vieles mehr. Gerade bei freien Arbeiten komme der kunsthandwerkliche Aspekt dieses Berufs besonders zum Ausdruck: «Da kann ich meiner Kreativität freien Lauf lassen
ICH MUSS DAS HOLZ MIT ALLEN SINNEN ERFASSEN.
”
Für Miriam Foster ist die unmittelbare Nähe zum Werkstoff Holz sehr wichtig.
WAS BRAUCHT ES? - Handwerkliches Geschick - Ausgeprägtes Formengefühl - Gutes räumliches Vorstellungsvermögen - Zeichnerische Fähigkeiten - Exakte Arbeitsweise
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - Schulische Bildung an der Schule für Holzbildhauerei in Brienz/BE (4 Blöcke à 2 Wochen pro Lehrjahr) - Überbetriebliche Kurse zu verschiedenen Themen - Berufsmaturität bei guten schulischen
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Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
Mit Hilfe des Berufsbild ners Ruedi König erlernt Miriam Foster auch seltene Arbeitstechniken: «Man muss viel Gefühl für das Holz entwickeln.»
W
er den Laden der Weissküferei von Werner Stauffacher im
seinen letzten Lernenden ausgebildet hat.
sich eine gewisse Fingerfertigkeit aneig-
toggenburgischen Ennetbühl (SG) besucht, taucht ein in
Mit Christian Fust kommt wieder frischen
nen, um die runden Formen aus dem Holz
eine Oase jenseits von Hektik, Stress und Schnelllebigkeit. Hier
Wind in das Traditionsunternehmen. Der
herauszuholen», erklärt Christian Fust,
bestimmen handwerkliche Arbeit und die tiefe Verbundenheit
16-Jährige aus dem St. Gallischen Dreien
der im ersten Lehrjahr ist. Auch die feine
zur Natur, den Tieren, der Landwirtschaft sowie das Kulturgut
folgt mit der Wahl dieses traditionellen Be-
Schnitzarbeit gehöre zu seinem Job. «Beim
der Sennen und Bergler den Tagesrhythmus. Die mit viel Geduld
rufes dem Rat seines Grossvaters. «Er riet
Schnitzen und Verzieren der Gerätschaften
und Liebe zum Detail geschnitzten Gegenstände der Milchwirt-
mir, einen Beruf zu ergreifen, der einzigar-
mit natursymbolischen Ornamenten oder
schaft strahlen ein Stück «Heile Welt» aus: Die verzierten Sen-
tig ist und nicht oft ausgeübt wird. Da ich
Inschriften kann ich mich kreativ ausle-
nengeschirre wie Fahreimer, Butterfass, Buttermodel, Sauerfass,
gerne mit den Händen und mit Holz ar-
ben.»
Brente, Betruftrichter (Volle), Motteli, Melkstuhl, Tragreff und
beite und mein Vater meinen Lehrmeister
Nebst der Praxis gehört für Christan
Käsegeschirr dokumentieren die noch heute gelebte Tradition
gut kennt, war die Verbindung hergestellt
Fust auch die Theorie zu seiner Ausbil-
der Alpauf- und Alpabfahrt. Zu den traditionellen Gegenständen
und ich ging schnuppern», erinnert sich
dung. In der Berufsfachschule in Brienz
der Weissküferei, die noch immer die Wohnkultur in ländlichen
Christian Fust. Das Arbeiten mit Massiv-
kann er nicht nur sein Grundwissen auf-
Regionen bereichern, gehören zudem viele Ziergegenstände wie
holz habe ihm grossen Spass gemacht. «Es
bauen sowie spezielle Arbeitsgänge ver-
Schirmständer, Käse- und Fleischplatten, Blumenkistli, Wetter-
hat mir gleich den Ärmel reingenommen,
tiefen, sondern sich auch mit Klassen
stationen, Schmuckkästli und vieles mehr.
das exakte, sorgfältige Arbeiten mit dem
kameraden der artverwandten Berufe
Schnitzmesser oder an der Drehbank ist
Holzhandwerker Fachrichtung Drechsle-
genau mein Ding», so der Ostschweizer.
rei, Holzbildhauer, Korb- und Flechtwerk-
«Das Handwerk des Weissküfers wird nicht mehr viel prakti-
«Es ist ein cooler Beruf, am Ende hat man
gestalter und Küfer austauschen. «So be-
ziert», betont Werner Stauffacher. Seit rund 30 Jahren führt er
einen wunderschönen Gegenstand in den
komme ich einen guten Gesamteinblick
zusammen mit seiner Frau Jolanda den Betrieb, einer der noch
Händen.»
über die verschiedenen Berufe des Holz-
6
Handwerk 1/2014
EINZIGER LERNENDER IN DER SCHWEIZ
vier Lehrbetriebe in der Schweiz. Rund 20 Jahre ist es her, seit er
CHRISTIAN:
AM ENDE HAT MAN EINEN WUNDER SCHÖNEN GEGENSTAND IN DEN HÄNDEN.
”
HOLZHANDWERKER EFZ, FACHRICH TUNG WEISSKÜFEREI – Der Beruf des Weissküfers ist ein traditionelles altes Holz-Handwerk, das eng mit dem Brauchtum und Kulturgut der Sennen verbunden ist. Nach einer langen Pause gibt es in der Schweiz wieder einen Lernenden.
Handwerks.»
MIT DEM SENNENBRAUCHTUM VERKNÜPFT EIN NISCHENBERUF «Weissküfer stellen Gegenstände für
Werner Stauffacher freut sich, endlich
den vielfältigen Sennenalltag her. Dazu
wieder einem jungen Menschen die Kunst
verwenden wir einheimisches Holz wie
des Weissküfers beizubringen. «Wir sind
Ahorn und Fichte. Der Name «weiss»
auf junge Leute, die ausgebildet werden,
kommt vom hellen Holz und von der wei-
angewiesen. So können wir unser Know-
ssen Milch, die es zu verarbeiten gilt»,
How wie auch dieses Schweizer Kulturgut
erörtert Christian Fust die Geschichte
an die nächste Generation weitergeben.
dieses Kunsthandwerks. Seine Arbeit sei
Nur so kann dieser Beruf erhalten blei-
nicht nur spannend und abwechslungs-
ben.» Er sei überzeugt, dass der Weisskü-
reich, sondern habe auch viel mit dem
fer immer ein Nischenberuf bleiben werde.
noch gelebten Brauchtum der Sennen zu
«Dank unseren langlebigen Gegenständen
tun. Er fühle sich hier in der Werkstatt
und dem damit verbundenen Brauchtum,
wohl zwischen Hobelbank, Drehbank und
die den Bauern bis zum Bundesrat faszi-
Holzspänen. «Auch zwischenmenschlich
nieren, werden wir immer Kunden haben»,
stimmt für mich das Umfeld dieser Aus-
ist der passionierte Weissküfermeister
bildungsstätte.» Das Holz sei ein leben-
überzeugt.
diges, warmes Material, das sich gut anfühle. «Man muss ein Gespür für diesen Werkstoff entwickeln. Wenn ich beispielsweise einen Holzreif herstelle, dann muss ich beim Rundholz darauf achten, dass es beim Beugen nicht bricht. Oder man muss
Respekt vor dem Brauchtum: Christian Fust mit dem Weissküfermeister Werner Stauffacher.
WAS BRAUCHT ES? - Handwerkliches Geschick - Gutes Augenmass - Ausgeprägtes Formgefühl - Körperkraft - Zeichnerische Fähigkeit
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - Schulische Bildung an der Schule für Holzbildhauerei in Brienz/BE (4 Blöcke à 2 Wochen pro Lehrjahr) - Überbetriebliche Kurse zu verschiedenen Themen - Berufsmaturität bei guten schulischen
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Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
Sorgfältiges Arbeiten mit dem Schnitzmesser ist sein Ding: Das Verzieren der Gerätschaften mit natursymbolischen Ornamenten ist eine kreative Tätigkeit.
JO ELIO:
chen werde. «Beim Abbrechen eines alten, morschen 3000-Liter Fasses müssen wir schnell, besonnen und sorgfältig agieren, damit wir nicht von einem Reifen oder vom
MANCHMAL ÜBERKOMMT MICH FAST EIN WENIG EIN MYSTISCHES GEFÜHL. KÜFER EFZ – Die Küferei ist eine Kombination aus schwerer körperlicher Arbeit und viel Fingerspitzengefühl. Dieses Handwerk wird noch in wenigen Küfereien in der Schweiz gepflegt und gefördert. Nach einer langen Pause wird wieder ein Lernender ausgebildet.
Handwerk 1/2014
”
werden.» Die theoretische Ausbildung in der Schule für Holzbildhauerei in Brienz gehöre auch zur dreijährigen Lehre. Doch er arbeite lieber im Betrieb mit den Händen oder gehe auf Kundenbesuch. «Als Küfer
zu Grossvaters Zeiten.» Handwerkliches
lernt man die ganze Schweiz kennen, das
Geschick und logisches Denken, gepaart
ist ein schöner Nebeneffekt dieses Berufes»,
mit Geduld und Ausdauer seien Voraus-
strahlt der angehende Berufsmann. Zur
setzungen für diesen Beruf. «Wir müs-
Sonnenseite dieses Handwerks gehören für
sen sowohl kräftig zupacken, aber auch
ihn des Weiteren die Weinbearbeitung und
gleichzeitig millimetergenau arbeiten kön-
die Weinpflege. «Ich freue mich darauf, in
nen», erklärt Jo Elio Wiesner. Die Arbeit
die Weintechnologie eingeführt zu werden.
sei abwechslungsreich und fasziniere ihn:
Das eröffnet mir für später tolle Perspekti-
«Am Anfang hat man das Gespür für die
ven. Ich kann beispielsweise auf der gan-
üfer ist mehr als ein Beruf, es ist eine Tradition, ein altes
einzelnen Handgriffe sowie für das Holz,
zen Welt in einem Weingut arbeiten.»
Schweizer Kulturgut. Ich möchte mithelfen, es weiter zu
das ein lebendiges Material ist, noch nicht
erhalten und zu fördern», erklärt Jo Elio Wiesner. Seit dem letzten
so. Doch das kommt mit der Routine».
August lernt der 16-Jährige das jahrhundertealte Handwerk in
Man entwickle schnell ein Gefühl dafür,
der Küferei Suppiger in Küssnacht am Rigi. Das Traditionsunter-
wie stark das Werkmaterial bearbeitet
Die Anzahl der Küfereien in der Schweiz
nehmen, das von Roland Suppiger in vierter Generation geführt
werden dürfe, dass beispielsweise keine
wird immer kleiner. «In der Schweiz gibt es
wird, ist der einzige Lehrbetrieb in der Schweiz. «Ich bin der siebte
Dellen entständen. Seine Arbeiten in der
gerade noch fünf Küfereien», stellt Jo Elio
Küferlehrling, der in den letzten 30 Jahren hier ausgebildet wird.»
Werkstatt sind unterschiedlich. Der junge
Wiesner fest. Dennoch sind er und sein
Jo Elio Wiesner, der aus dem luzernischen Escholzmatt stammt,
Luzerner wird im Küfereialltag voll mitein-
Chef überzeugt, dass dieser Berufsstand
ist bei Roland Suppiger in den besten Händen: Als kompetenter
bezogen, seien es Serienarbeiten wie das
nicht aussterben wird. Beide sind sich aber
Berufsbildner und Prüfungsexperte führt er mit viel Herzblut
Hineinbinden von Böden, das Fügen von
einig, dass ein Auftritt gegen Aussen sehr
und Liebe zum Detail dieses alte Handwerk erfolgreich aus und
Fassdauben oder detailreiche Kleinstar-
wichtig sei. «Wir müssen daran arbeiten,
lässt den Funken der Begeisterung auf seinen Lernenden über-
beit wie das Ausfeuern eines Barriques.
dass wir entsprechend mehr wahrgenom-
springen. «Er ist ein toller Chef, bescheiden, verständnisvoll und
«Die Nachfrage nach Holzfässern ist immer
men werden. Die Leute sollen realisieren,
mit beiden Füssen fest auf dem Boden. Zudem ist er ein Meister
noch gross. Wir stellen Eichenfässer von
dass erstens dieses traditionelle Handwerk
seines Faches. Wir betreiben hier dieses alte Kunsthandwerk mit
10 bis 17’000 Liter Inhalt her: Barriques
in der Schweiz noch betrieben wird und es
viel Weitsicht und Innovation, was uns auch nicht alltägliche
für Winzer, Metzgereien, Mostereien und
zweitens noch Lehrstellen hat.
Aufträge einbringt. Ich kann hier sehr viel lernen», betont der
Brennereien, Badewannen, Pools und Bot-
junge Entlebucher. Bereits nach zwei Tagen Schnuppern hätte
tiche für den Wellnessbereich sowie diverse
er gewusst: «Das ist es, dieses Handwerk will ich auch können.»
Geschenkartikel», so Jo Elio Wiesner.
ARBEIT WIE ZU GROSSVATERS ZEITEN
AUF DER GANZEN WELT ARBEITEN
K
8
auseinanderbrechenden Holz erschlagen
Zwischen Hauer, Setzer, Messer, Knospenhacke, Zugeisen, Amboss, Hobel, frisch verarbeitetem Holz und gehobelten Spä-
Besonders schätzt er Kundenbesu-
nen fühlt sich der junge Mann wohl. «Manchmal überkommt
che im Wallis oder im Jura. Es sei immer
mich fast ein wenig ein mystisches Gefühl. Es ist toll, einen der
ein besonderes Erlebnis, wenn bei einem
ältesten Berufe der Welt zu erlernen. Die Arbeit ist dieselbe wie
Winzer ein Fass aufgestellt oder abgebro-
AKTIVER AUFTRITT GEGEN AUSSEN
Jo Elio Wiesner muss sowohl kräftig zupacken als auch millimetergenau arbeiten.
WAS BRAUCHT ES? - Handwerkliches Geschick - Räumliches Vorstellungsvermögen - Robuste Gesundheit und Körperkraft - Sinn für saubere und exakte Arbeit - Hygienebewusstsein
WIE LÄUFT ES? - 3 Jahre Grundbildung - Schulische Bildung an der Schule für Holzbildhauerei in Brienz/BE (4 Blöcke à 2 Wochen pro Lehrjahr) - Überbetriebliche Kurse zu verschiedenen Themen - Berufsmaturität bei guten schulischen
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Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
Bereits im ersten Lehrjahr bekommt Jo Elio einen umfassenden Einblick in die Arbeiten der Küferei, wobei ihm sein Berufsbildner Roland Suppiger tatkräftig zur Seite steht. Eine Hilfe ist ihm auch Stefan Sodota, der als gelernter Schreiner eine Zweitlehre als Küfer macht.
C
laudia Maag absolvierte in den 1990-er Jahren eine Lehre
Erkenntnisse und Erfahrungen umsetzen:
Lehre als Korb- und Flechtwerkgestalterin
als Malerin und arbeitete einige Jahre auf diesem Beruf.
sie schuf einen zusammenklappbaren Ve-
und den dazu nötigen Lehrgängen auftun.
Durch ihr Hobby, den Bienen, machte die Zürcherunterländerin
lokorb aus geschälten Weiden und eine
Diese Ausbildung kann erstaunlich viele
in einem Imker-Kurs Bekanntschaft mit historischen Aufnahmen
dazu passende Tasche aus geflochtenen
weitere Türen öffnen.»
schöner alter Bienenkörbe, die geflochten wurden. Die Kreativität
Lederstreifen.
und Vielfalt des Flechtens weckten ihr Interesse.
nur sehr wenige Korb- und Flechtwerk-
VIELE BERUFSFELDER
Handwerk 1/2014
DREI AUSBILDUNGSSTÄTTEN
10
Anzufügen bleibt, dass gegenwärtig gestalter/innen ausgebildet werden. 2012
Claudia Maag schliesst in diesem Som-
und 2013 gab es keine Lehrabschlüsse.
Durch eine Anfrage bei der IGK SCHWEIZ (Interessengemein-
mer ihre dreijährige Lehre ab. Wie soll es
Dieses Jahr werden neben Claudia Maag
schaft Korbflechterei) fand Claudia Maag heraus, dass Grund-
weitergehen? «Eigentlich gibt es viele Mög-
zwei weitere Lernende zur Abschlussprü-
ausbildungen zur Korb- und Flechtwerkgestalterin an drei Orten
lichkeiten, Selbstständigkeit ist nur eine
fung antreten.
angeboten werden: In den Blindenheimen von Basel und Horw
davon. Dazu braucht es Mut, viel Energie
LU sowie im Wohn- und Arbeitsheim Wangen bei Dübendorf. Sie
und auch ein gutes finanzielles Polster.»
hatte Glück: Nach erfolgreichen Schnuppertagen wurde sie im
Stellen in der Werkstatt eines freiberufli-
für sie verkehrsgünstig gelegenen Wangen als Lernende ange-
chen Korb- und Flechtwerkgestalters gebe
Geflochtenes ist aktuell, vor allem weil
nommen.
es zurzeit nicht, weil es meistens Einmann-
Naturmaterialien wie Weide, Binse, Rat-
MASSARBEIT WIRD HONORIERT
Die 1928 als Blindenheim gegründete Institution bietet heute
betriebe seien. Eine weitere Variante seien
tan und diverse Schnüre im Trend sind.
erwachsenen Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung
Behindertenwerkstätten wie der Lehrbe-
Gefragt sind aber auch Antiquitäten, es
35 betreute Wohnplätze und 41 geschützte Arbeitsplätze an.
trieb in Wangen. Auch eine agogische oder
sind beliebte Objekte, die zurzeit eine
Neben der Korb- und Stuhlflechterei wird auch eine Bürsten-
eine ergotherapeutische Weiterbildung wä-
Renaissance erleben. Allerdings: Billigpro-
und Besenbinderei betrieben; zudem besteht eine Abteilung für
ren denkbar. «Möbeldesign, Innenarchitek-
dukte aus Osteuropa und China machen
Industriearbeit. Die Flechterei befasst sich nicht nur mit Repa-
tur oder Gartenbau sind weitere Berufs-
der hiesigen Branche schwer zu schaffen.
raturen, sondern stellt selbst Massanfertigungen nach Kunden-
felder, die sich mit einer abgeschlossenen
Claudia Maag lässt sich jedoch nicht ent-
wünschen her. Dies sind neben Körben etwa Sichtschutzwände
mutigen: «Wer etwas Spezielles und Mass-
oder Deko-Artikel. «Diese breite Palette ist eine gute Basis für eine
Von ihrem Zweitberuf kann die 39-Jäh-
geschneidertes in sauber gearbeiteter und
umfassende Ausbildung», hält Claudia Maag fest. Sie habe im
rige nur schwärmen: «Schon bald stellte
solider Ausführung wünscht, der findet
langjährigen Werkstattleiter Fred Hunger zudem einen fachlich
ich fest, dass es unendlich viele Möglich-
den Weg zu einer Korb- und Flechtwerk-
bestens ausgewiesenen Lehrmeister gefunden.
keiten zum Flechten gibt, sei es durch
gestalterin.» Die angehende Fachfrau ist
Formen, Materialien oder Techniken. Es
überzeugt, dass ihr Beruf nicht ausstirbt.
entstand und entsteht fortlaufend Neues,
«Es wird immer Leute geben, die sich für
und es gibt für mich Raum, einen eigenen
das vielfältige und anspruchsvolle Hand-
Stil zu entwickeln. Es ist toll, ein derart ur-
werk begeistern.»
KORB- UND FLECHTWERKGESTALTE RIN EFZ – Seit mehr als 10’000 Jahren stellen die Menschen Körbe, Matten und Käfige her. Auch heute ist dieser Beruf als traditionelles Handwerk mit vielen gestalterischen Möglichkeiten noch attraktiv.
sprüngliches Handwerk zu erlernen. Mich faszinieren vor allem die Arbeit mit dem Naturprodukt Weide und die Vielseitigkeit des Handwerklichen.» In ihrer Projektarbeit zum Lehrabschluss konnte sie ihre
CLAUDIA: ”
DIESE AUSBILDUNG KANN VIELE WEITERE TÜREN ÖFFNEN.
Claudia Maag fasziniert an ihrer Zweitausbildung die Vielfalt der Materialien, Formen und Techniken.
WAS BRAUCHT ES? - Abgeschlossene Volksschule - Handwerkliches Geschick - Freude mit Naturmaterialien zu arbeiten - Kreativität - Sinn für saubere und exakte Arbeit
WIE LÄUFT ES? - 3 Jahre Grundbildung - Schulische Bildung an der Schule für Holzbildhauerei in Brienz/BE (4 Blöcke à 2 Wochen pro Lehrjahr) - Überbetriebliche Kurse zu verschiedenen Themen - Berufsmaturität bei guten schulischen
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Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
In der Werkstatt des Wohn- und Arbeitsheims Wangen werden nicht nur Reparaturen erledigt, sondern auch Massanfertigungen nach Kundenwünschen hergestellt. Berufsbildner Fred Hunger steht seiner kreativen Lernenden zur Seite.
Kunst. Diese Arbeit braucht Geduld, Aus-
– ihr Vater ist Zimmermann und ihr Bru-
dauer und Mut um einen zügigen Schnitt
der macht eine Schreinerlehre. «Da war es
auszuführen», erklärt Priska Bieri. Dafür,
naheliegend, dass ich mich beruflich auch
dass sie im ersten Lehrjahr erst am Anfang
mit diesem wunderbaren lebendigen Ma-
ihrer vierjährigen Ausbildung steht, hat sie
terial beschäftige», meint Priska Bieri mit
schon viel Routine und führt Hohleisen,
einem Augenzwinkern.
Schnitzmesser, Holzraspeln, Feilen und Ziehklingen mit sicherer Hand. Zügige wie
EIGENE HANDSCHRIFT
auch schöne glatte Schnitte, aber auch der
«Dieses Handwerk ist sehr vielseitig
dreidimensionale Blick und eine geschulte
und ich kann meine Leidenschaft für das
Vorstellungskraft seien die grössten He-
Werkmaterial Holz sowie meine Kreativi-
rausforderungen beim Schnitzen, so die
tät voll ausleben und mich verwirklichen.»
16-Jährige.
Vier bis fünf Stunden pro Tag sei sie am
LEBENDIGES MATERIAL
Schnitzen. Aber auch Zeichnen, Entwer-
12
Handwerk 1/2014
HOLZBILDHAUERIN EFZ – In diesem Metier vereinen sich Idee, Material und Technik zu einem Kunstwerk. Handwerkliches Geschick, gestalterische Fähigkeiten sowie viel Geduld und Fingerspitzengefühl sind Voraussetzungen für diesen Beruf, der mittlerweile von sehr vielen Frauen ausgeübt wird.
PRISKA: ES BRAUCHT VIEL GEDULD, AUSDAUER UND MUT UM EINEN ZÜGIGEN SCHNITT AUSZUFÜHREN.
”
D
ie zierliche junge Frau steht an der Werkbank, in der ein Holzstück mit
«Ich kann mein Modell noch nicht im-
fen, Modellieren, Lackieren und Beizen der
dem groben Umriss eines Esels einge-
mer so umsetzen, wie ich das gerne tun
Oberflächen sowie das Arbeiten mit der
spannt ist. Mit dem Schlegel, einem zylin-
würde. Aber auch hier gilt: Übung macht
Motorsäge, um sogenannte Stammfiguren
drischen Holzhammer, schlägt sie auf das
die Meisterin.» Wenn sie die fertigen Kunst-
direkt aus dem Holz zu sägen, gehörten
Heft des Schnitzeisens. Mit jedem Arbeits-
objekte ihrer Kolleginnen und Kollegen
zu ihrer Tätigkeit im Bildhaueratelier des
schritt werden die Konturen klarer und die
sehe, bleibe ihr immer noch oft der Mund
über 100-jährigen Traditionsunterneh-
verwendeten Bildhauereisen feiner. Kraft-
offen vor Bewunderung. «Ich will das un-
mens der Familie Huggler in Brienz. Für
voll und dennoch mit Gefühl stösst sie mit
bedingt auch so perfekt hinkriegen», hat
Priska Bieri ist es immer wieder faszinie-
dem Handballen gegen das Schnitzeisen
sich die junge Berner Oberländerin zum
rend, wie aus einem Stück Holz ein Ob-
und schneidet Span um Span weg, bis die
Ziel gesetzt. Sie wollte immer schon einen
jekt entsteht. «Jedes Stück Holz hat eine
gewünschte Form und Wirkung erreicht
Beruf ergreifen, der handwerkliche wie
Geschichte, die man lesen kann.» Von der
ist. «Ich lerne hier viel über die Anatomie
auch künstlerische Elemente beinhalte.
ersten Skizze bis zum Endprodukt sei es
der Tiere, den Aufbau des Holzes sowie die
Sie stamme aus einer «hölzigen» Familie
oft ein langer und steiniger Weg.
«Die Idee auf dem Papier ist nicht im-
der gefragt und zeige wie geschätzt dieses
WAS BRAUCHT ES?
WIE LÄUFT ES?
mer so realisierbar wie der Kunde das
Kunsthandwerk heute noch sei. «Unser
- Sinn für Gestaltung,
- 4 Jahre Grundbildung
gerne hätte. Oft müssen wir zuerst sorg-
Beruf wird immer mehr im künstlerischen
fältig prüfen, wie die Idee umgesetzt wer-
Bereich angeordnet. In den Köpfen der
- Gute Beobachtungsgabe
Schule für Holzbildhauerei
den kann. Dazu wird das Objekt modelliert
jungen Leute ist es leider nicht so prä-
- Zeichnerische Begabung
in Brienz/BE (4 Blöcke à
und grob ausgerüstet, natürlich unter Be-
sent, dass hier eine Lehre existiert», stellt
- Gute körperliche
rücksichtigung der optimalsten Position»,
die angehende Holzbildhauerin fest und
erklärt die junge Frau. «Manchmal müs-
ergänzt: «Die Jungen sollten mehr für die-
sen wir halt auch etwas ausprobieren und
ses schöne Kunsthandwerk sensibilisiert
- Berufsmaturität bei
experimentieren, bis wir eine machbare
werden, aber dafür müsste man den Beruf
guten schulischen
Lösung gefunden haben. Aber das ist ein
des Holzbildhauers im BIZ auch unter der
Leistungen möglich
spannender Prozess nach dem Motto: der
Rubrik Handwerk finden.» Viele Holzbild-
Weg ist das Ziel». Meistens werde mit dem
hauereien arbeiteten in Einmannbetrieben
gut bearbeitbaren Linden- oder Eichenholz
und es gebe nicht so viele Stellen. Doch da-
gearbeitet. «Ich lerne hier viel über die ein-
rüber zerbricht sich Priska Bieri nicht den
zelnen Schnitztechniken, jeder Holzbild-
Kopf, denn sie hat klare Zukunftspläne:
hauer hat seine eigene Handschrift.»
«Ich möchte danach noch eine zweite Lehre
Formen und Proportionen
Konstitution
2 Wochen pro Lehrjahr) - Überbetriebliche Kurse zu verschiedenen Themen
13
Handwerk 1/2014
- Selbstständigkeit
- Schulische Bildung an der
als Schreinerin absolvieren, dann bin ich
SCHNITZEN FÜR DIE GANZE WELT
optimal ausgebildet und kann beide Berufe kombinieren.»
Die Aufträge seien genauso breitgefächert wie die Arbeit selbst. «Wir schnitzen Figuren für Privatkunden und Touristen aus der ganzen Welt von China bis Amerika. Aber auch die öffentliche Hand bestellt bei uns Figuren», so Priska Bieri. Das Schnitzen von Möbeln, Reliefs, Schriften und Hausdekorierungen sei immer wie-
Priska Bieri strebt nach Perfektion und einer eigenen Handschrift, die auch ihr Berufs bildner Markus Flück als ein «Muss» erachtet.
GEIGENBAUERIN – Nicht zuletzt wegen der Ausbildungsstätte in Brienz gibt es in der Schweiz qualitativ hochstehende Streichinstrumente. Die Berner Oberländer «Meisterwerkstätte» ist in ihrer Art einzigartig.
MARIE:
liche Objekte, sondern um Instrumente
Streichinstrumentenbauern wie Stradivari
handle, gerade den Reiz ausmache. «Eine
und Amati, sondern auch bei Malern und
Geige ist eben kein Schrank! Jede tönt an-
Bildhauern wie Tizian und Bernini. An
ders, weil jeder Geigenbauer immer anders
diesem Ausbildungsmodell orientieren wir
vorgeht.» Freude hat die zierliche junge
uns weitgehend.» Die extrem konzentrierte
Frau inzwischen auch am wöchentlichen
Ausbildung hoch motivierter Schüler sei
– obligatorischen – Geigenunterricht sowie
zweifellos für das Ansehen mitverantwort-
an der Theorie (etwa 20 Prozent des Pen-
lich, das die 1944 gegründete Institution
sums). Noch mehr Spass werde sie jedoch
im In- und Ausland heute geniesse.
erst haben, wenn sie die deutsche Sprache noch besser beherrsche. «Immerhin
Die Tätigkeiten beschränken sich na-
dank der Wohngemeinschaft, in der ich im
türlich nicht auf Violinen, sondern umfas-
Dorf mit zwei Kolleginnen lebe.» Marie hat
sen alle Streichinstrumente wie Bratschen,
MIT EINEM STARKEN WILLEN LÄSST SICH ALLES LERNEN.
14
Handwerk 1/2014
A
DIE BRANCHE HAT ZUKUNFT
habe ich schon viel gelernt, nicht zuletzt
”
Celli und Kontrabässe. Da der Neubau von Instrumenten immer mehr zurückgeht, wird vermehrt das Augenmerk auf Wartung, Reparatur und Restaurierung gelegt; in Brienz werden entsprechende
m Anfang stand der pure Zufall: Hätte Marie Rossier am
keine Wahl, denn in der Westschweiz gibt
Modulkurse für Aussenstehende als se-
Musikfestival in Sitten 2011 den Vortrag von Amnon Wein-
es keine derartige Einrichtung. Es besteht
parate Weiterbildungen angeboten. Stets
stein verpasst, würde sie heute wohl an der Universität fleissig
aber die Möglichkeit, die praktische Aus-
wichtiger werde zudem die Pflege der Kun-
Punkte für den Bachelor sammeln. Doch die Ausführungen des
bildung in einem Privatbetrieb bzw. Ate-
denbeziehungen, zumal Verkauf und Ver-
bekannten israelischen Geigenbauers über Violinen, die in den
lier und den schulischen Teil in Brienz zu
mietung an Bedeutung gewinnen. «Wenn
Konzentrationslagern und Gettos gespielt wurden, faszinierten
absolvieren.
die Branche sich laufend an die veränder-
sie so, dass sie eine Ausbildung als Geigenbauerin dem Studium vorzog. Die Aussichten standen zwar für die Maturantin, die zu-
ten Bedürfnisse anpasst, wird sie keine
BERUFUNG STATT BERUF
Existenzprobleme haben», ist Hans Rudolf
vor nie Geige (sondern Blockflöte) gespielt hatte, eher schlecht.
Wer die in einem verwinkelten Brien-
Klassische Lehrstellen gibt es nur sehr wenige, und die Alterna-
zer Chalet untergebrachte Vollzeit-Berufs-
Hösli zuversichtlich. Marie Rossier teilt den Optimismus ih-
tive, die Geigenbauschule Brienz, ist für ihre strengen Aufnah-
fachschule besucht, ist kein gewöhnlicher
res Ausbildners. Sie setzt voll auf diesen
meprüfungen bekannt. Da werden die Interessenten während
Lernender. Das merkt man spätestens am
Beruf und möchte daher «irgendwann viel
zwei Tagen sorgfältig durchleuchtet und geprüft, es werden auch
Abend oder am Wochenende, wenn man
später» ein eigenes kleines Atelier eröff-
ihre Sozialkompetenzen getestet. Doch die Unterwalliserin aus
in die grossräumige Werkstatt reinschaut
nen. Und, so fügt sie schmunzelnd hinzu,
Grône war erfolgreich. «Ich habe einen harten Kopf, was ich mir
und nicht selten mehrere Schüler antrifft.
vielleicht einmal eine so gute Geige bauen
vornehme, will ich auch durchziehen», sagt die 20-Jährige, die
«Unsere Leute sind mit enorm viel Engage-
können, dass man später von einer «echten
nach anderthalb Lehrjahren ihren Entschluss auf keinen Fall
ment bei der Sache», betont der langjährige
Rossieri» spricht ...
bereut. «Ich habe den absoluten Wunschberuf, der mich ausfüllt
Schulleiter Hans Rudolf Hösli, «sie sehen
und herausfordert.»
ihren Beruf vielmehr als eine Berufung an.» Der Geigenbau – «auf der Schnittstelle
JEDE GEIGE TÖNT ANDERS
von Physik, Musik, Handwerk und Gestal-
Man könne alles lernen, es brauche «nur einen starken Willen
tung» – übe eben eine besondere Faszina-
und viel Selbstdisziplin», ist Marie Rossier überzeugt. Sie komme
tion aus. Der Fachlehrer erachtet auch die
auch ohne eine ausgeprägte handwerkliche Begabung ans Ziel,
einzigartige Form der Schule als besonde-
und müsse sich manchmal halt mehr Mühe geben und besser
ren Anreiz. «In früheren Zeiten waren die
konzentrieren als ihre Mitschüler. Aber die Arbeit mit Holz sei
Lehren in ‹Meisterwerkstätten› das Übli-
grossartig, wobei die Tatsache, dass es sich nicht um gewöhn-
che. Es gab sie nicht nur bei den besten
Für sie ist die Grundbildung an der Geigenbauschule eine Herzensangelegenheit: Marie Rossier hat ihren Wunschberuf gefunden.
WAS BRAUCHT ES? – Handwerkliches Geschick – Exakte Arbeitsweise – Räumliches Vorstellungsvermögen – Musikalität – Geduld und Ausdauer – Gute Umgangsformen
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung an der Geigenbauschule Brienz oder in einem Atelier - Allgemeinbildung an der regionalen Berufsfachschule - Berufskunde als Blockunterreicht in Brienz - Berufsmaturität bei guten schulischen
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- Meisterprüfung möglich
Handwerk 1/2014
Leistungen möglich - Musikunterricht von Profis
Bis der Himmel voller Geigen hängt, braucht es viel Engagement und Können. Hans Rudolf Hösli, der Leiter der Meisterwerkstätten, legt grossen Wert auf Qualität.
E
twas fällt sofort auf, wenn man in der grossen Pianowerk-
insgesamt sieben Klavier-Werkstätten ver-
beit, bei der man sieht, was man gemacht
statt von Musik Hug im zürcherischen Bülach steht: die
teilt über das ganze Land. «Ja, wir haben
hat.» Nebst dem Regulieren und Justieren
anwesenden Mitarbeitenden grüssen freundlich – und mehrheit-
fast eine Art Monopol bei der Ausbildung
der Mechanik müssen Klavierbauer auch
lich in reinem Hochdeutsch. Darauf angesprochen bringt Rainer
von Klavierbauern», bestätigt Rainer Matz.
kleine Schreinerarbeiten beherrschen –
Matz, der aus dem norddeutschen Kiel stammende Werkstattleiter
«Darauf sind wir nicht stolz; es ist schade,
und natürlich das berühmte Stimmen des
und Ausbildner, es gleich auf den Punkt: «Die Schweiz hat einen
dass es nicht mehr Lehrstellen gibt.» So
Instruments.
grösseren Bedarf an Klavierbauern, als hier ausgebildet werden.»
muss auch er jedes Jahr mehreren inte-
In Deutschland mit seiner Klavierindustrie bilde man hingegen
ressierten Schulabgängern eine Absage
in grossem Ausmass aus und habe daher einen Überschuss an
erteilen.
Fachkräften, die sich dann gerne Richtung Schweiz orientierten.
JACOB: Handwerk 1/2014 16
Das Klavierstimmen (früher ein eigenständiger Beruf) ist heute voll in die
HANDWERK VOR MUSIKALITÄT
Klavierbauerausbildung integriert und ein
Als langjähriger Berufsbildner umreisst
wichtiger Bestandteil. «Ziel wäre es», so
Matz die Kriterien für einen zukünftigen
Rainer Matz, «dass man einen Lernenden im vierten Jahr alleine zum Stimmen zur
ICH WOLLTE SCHON IMMER ETWAS BESONDERES MACHEN. MUSIKINSTRUMENTENBAUER EFZ, FACHRICHTUNG KLAVIERBAU – Pianos sind immer noch das Hausmusikinstrument Nummer eins und werden oft als «tönendes Mobiliar» wahrgenommen. Doch für ihr hoch kompliziertes Innenleben braucht es gut ausgebildete Spezialisten.
FAKTOR «FEUER FANGEN»
”
Kundschaft losschicken kann. Doch das ist eine Frage der Belastbarkeit.» Denn das Stimmen sei sowohl von der Körperhaltung als auch vom Gehör und der Konzentration her eine intensive Belastung. Wer es als Klavierbauer mechanisch
Lernenden: «Wir schauen nicht primär auf
und akustisch nach Jahren – Matz: «Es
die Schulnoten, sondern auf das Verhalten
braucht mindestens zehn» – an die berufli-
und Auftreten während des Schnupperns.»
che Spitze gebracht hat, kann als Konzert-
In erster Linie ausschlaggebend sei der Zu-
techniker den Sprung auf die Bühnen der
gang zum Handwerklichen, erst danach
grossen Virtuosen wagen. Möchte Jacob
folgten das Hören und die Töne.
Ullrich denn nicht mal einen Weltklasse-
Für den Laien ist ein Piano einfach ein
pianisten betreuen? «Vielleicht ein einzi-
Instrument mit Tasten. Ähnlich sah es
ges Mal, um eine Erfahrung zu machen;
früher auch Jacob Ullrich: «Ich habe das
aber ich denke, die Aufgaben in der Werk-
Klavier mehr oder weniger als Möbelstück
statt sind viel schöner.» Doch sein Lehr-
gesehen und gar nicht gewusst, was da
meister Matz weiss, dass dabei der Faktor
In diesem Umfeld fällt auch Jacob Ullrich, angehender Kla-
drinsteckt», erzählt er heute leicht verle-
des «Feuer Fangens» eine Rolle spielt. Und
vierbauer im zweiten Lehrjahr, automatisch in seine Mutterspra-
gen. «Was drinsteckt» musste er bald er-
«Feuer gefangen» hat Jacob schon, ohne
che Hochdeutsch zurück, obwohl ihm der Dialekt keine Mühe
fahren – nämlich eine hoch komplizierte
dass es ihm wohl voll bewusst ist. «Ich
macht. Der 2004 aus Dresden mit seiner Familie zugezogene
Feinmechanik, die vom Klavierbauer un-
durfte neulich ganz alleine einen Flügel
Sohn eines Musiklehrers absolvierte nämlich die Hälfte seiner
endlich viel Geduld, Präzision und Kon-
nach Bern liefern und installieren. Das hat
Schulzeit in Engelberg. Hier trat er auch ins Gymnasium über,
zentration verlangt. «Wenn ich stunden-
mir echt Spass gemacht.»
merkte aber bald, «dass das nicht zu mir passt». Seine Suche
lang an einem Instrument arbeitete, und
nach einer Ausbildung, die ihm besser entspricht, hatte ein Ende,
das Resultat war genauso wie vorher, war
als ein Klavierbauer im Unterricht die Revision eines Pianos
das schon ein Frust», fasst er seine An-
demonstrierte. «Ich habe mich mit ihm unterhalten und Inter-
fangsschwierigkeiten zusammen. Doch mit
esse an diesem Beruf gefunden. Ich wollte schon immer etwas
fortschreitendem Können und Wissen be-
Besonderes machen», erzählt der 21-Jährige. Es folgten erste
komme man immer mehr Spass an der Sa-
Erkundigungen, Schnuppern und schliesslich die Lehrstelle bei
che. Noch mehr Freude macht dem jungen
Musik Hug in Bülach. Das grösste Piano-Haus der Schweiz mit
Berufsmann aber beispielsweise die Re-
rund 340 Mitarbeitenden betreibt nebst den Musikgeschäften
paratur eines Resonanzbodens. «Eine Ar-
WENIGE LEHRSTELLEN
Jacob Ullrich befasst sich mit dem hoch komplexen Innenleben von Pianos. Mit fortschreitendem Können und Wissen hat er immer mehr Spass an der Sache.
WAS BRAUCHT ES? - Handwerkliches Geschick - Bezug zum Musizieren (idealerweise Klavier) - Körperliche Fitness, intaktes Gehör - Wille zur Präzision - Geduld und Ausdauer
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - Jährlich 5 Blockkurse à 1 bis 2 Wochen im Berufsbildungszentrum Arenenberg (TG) - Überbetriebliche Kurse in Wochenblöcken - Berufsmaturität bei guten schulischen Leistungen möglich der Fachschule für Musikinstrumentenbau in
17
Ludwigsburg (Deutschland)
Handwerk 1/2014
- Meisterprüfung an
Ausser dem Regulieren und Justieren der Mechanik müssen Klavierbauer auch kleine Schreinerarbeiten beherrschen und das Instrument stimmen können.
E
s ist schon ein sehr spezieller Beruf, den sich Kilian T hévenoz
lebnis. «Da wusste ich, was ich machen
zentrum (mit Internatsbetrieb) der Schweiz
da ausgesucht hat. Als eine der fünf Fachrichtungen des
wollte.» Zweimal konnte er bei Servette
für Musikinstrumentenbauer. Tage und
Musikinstrumentenbauers wird die Blasinstrumentenreparatur
Music SA schnuppern und war danach
Wochen, die Kilian schätzt, kann er sich
nochmals in die Kategorien Holz- und Blechblasinstrumente
so Feuer und Flamme, dass er mehrmals
dann doch mit seinen wenigen Berufskol-
unterteilt. Als Spross einer sehr musikalischen Familie begann
beim künftigen Lehrmeister anrief, ob er
legen – vier bis fünf pro Jahrgang – aus-
der junge Genfer bereits mit neun Jahren Fagott zu spielen. «We-
nun kommen dürfe. «Ich liess ihn etwas
tauschen. René Hagmann ist hier übrigens
gen der Milchzähne ging es nicht früher», unterstreicht er heute
zappeln, denn Motivation ist alles», gibt
als nebenamtlicher Fachlehrer tätig. Und
lachend seine Begeisterung für das seltene Instrument. So war
Hagmann schmunzelnd zu.
noch etwas schätzt der ehemalige Gymna-
es nur folgerichtig, dass er sich für den Schwerpunkt Holzblas-
siast: dank seiner Vorbildung ist er vom
MANUELLES GESCHICK UND BEOBACHTUNGSGABE
instrumente entschied.
18
Handwerk 1/2014
GESUCHTE FACHLEUTE Eine Entscheidung, die sein Patron und Berufsbildner René
wenn er morgens seinen Arbeitsplatz einnimmt. Er schweisst, verleimt, ölt, richtet
altehrwürdigen Ateliers der Firma Servette Music SA in Genf sind
Klappen, ersetzt Ventile und Federn, fabri-
alle auf bestimmte Holz- oder Blechblasinstrumente eingeschwo-
ziert Einzelteile, schneidet und poliert und
ren. «Sie sind Spezialisten des Speziellen», fasst Hagmann die an-
muss am Schluss mit viel Feingefühl die
spruchsvolle Tätigkeit zusammen. Dabei gehören gerade Fagott
Mechanik justieren. «Vor allem in der Me-
und Oboe zu den selteneren und heikelsten Holzblasinstrumen-
chanik habe ich sehr viel entdeckt», meint
ten. Heikel schon deshalb, weil die Preisspanne bei einem Fagott
der Lernende, der sich früher selber als
von 6’000 bis 50’000 Franken reichen kann und bei einer Oboe
«manuell nicht sonderlich begabt» einge-
immerhin von 2’500 bis 10’000 Franken. In der ganzen Schweiz
stuft hat.
gibt es laut Hagmann gerade mal drei bis vier Fachgeschäfte, die
René
Hagmann
erkannte
jedoch
oder sogar Finnland finden ihren Instru-
Kilians schlummernde Fähigkeit und, was
Dementsprechend international ist die Kundschaft der Ser-
menten zuliebe den Weg nach Genf. «Für
noch wichtiger sei, dessen gute Beobach-
vette Music SA. Nicht nur Musikerinnen und Musiker aus der
einen Spezialisten wie Kilian wird immer
tungsgabe. Denn oft geht es darum, Inst-
ganzen Schweiz, sondern auch aus Frankreich, Belgien, Italien
Bedarf bestehen», ist sein Lehrmeister
rumente – darunter auch viele neue – zu
KILIAN: ”
überzeugt.
diagnostizieren und dann den Musiker-
WIR SIND SPEZIALISTEN DES SPEZIELLEN. MUSIKINSTRUMENTENBAUER EFZ, FACHRICHTUNG BLASINSTRUMENTEN REPARATUR – Was tun, wenn am Saxophon eine Klappe abgebrochen ist oder die wertvolle antike Oboe einen Riss hat? Man geht zum Blasinstrumentenreparateur, dem Superspezialisten.
absolvieren müsste, dispensiert.
Und motiviert ist Kilian Thévenoz,
Hagmann sehr begrüsst. Denn die zwölf Mitarbeitenden in den
diese Instrumente restaurieren können.
Allgemeinunterricht, den er sonst in Genf
wünschen entsprechend anzupassen und
MUSIK MIT BERUF KOMBINIERT
zu optimieren. Ein bisschen stolz erzählt der junge Mann von der neuen Bassklari-
Der angehende Spezialist sieht das sel-
nette, für die er die Diagnostik alleine ma-
ber genauso und ist rundum happy mit
chen durfte. Am liebsten sind ihm jedoch
seinem Beruf, zu dem ihm nichts Negatives
Totalrevisionen, die auch mal zwei oder
einfallen will. «Musik machen ist eigentlich
drei Tage dauern können. «Es ist enorm
Luxus. Und wenn man das mit Arbeit und
befriedigend, wenn das Instrument wieder
Beruf kombinieren kann, entspricht das
wie neu ist, und man sieht, was man ge-
einem Ideal», schwärmt Kilian Thévenoz.
schaffen hat.»
Als 20-Jähriger befindet er sich erst im zweiten der vier Lehrjahre, weil er etwas auf Umwegen zu seiner Lieblingstätigkeit
BILDUNGSZENTRUM AM BODENSEE
gefunden hat. Er besuchte zuerst in Genf
Mehrmals jährlich muss Kilian Thé-
das Gymnasium, war in der Mittelschule
venoz für Tage oder auch Wochen quer
aber nicht besonders glücklich. Ein Vor-
durch das ganze Land nach Salenstein am
trag von René Hagmann im Musikunter-
Bodensee reisen. Hier befindet sich mit
richt wurde für den Schüler zum Aha-Er-
Arenenberg das einzige Berufsbildungs-
Der passionierte Fagottspieler Kilian Thévenoz ist auf dem Weg zum «Spezialisten des Speziellen».
WAS BRAUCHT ES? - Handwerkliches Geschick - Sorgfalt, Genauigkeit - Ruhige Hände, ausgeprägte Feinmotorik - Musikalität, Musikgehör - Spielen eines Blasinstrumentes - Bereitschaft weitere Blasinstrumente zu erlernen - Geduld und Ausdauer
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - Jährlich 5 Blockkurse à 2 Wochen im Berufsbildungszentrum Arenenberg (TG) - Überbetriebliche Kurse in
schulischen Leistungen
19
möglich
Handwerk 1/2014
Wochenblöcken - Berufsmaturität bei guten
Berufsbildner und Patron René Hagmann freut sich über die Fortschritte seines Lernenden, der sich früher als «manuell nicht sonderlich begabt» eingestuft hat.
F
ür Schweizer Lernende sind Auslandeinsätze die grosse Aus-
Pavel Jezdiks Lernpensum ist ent-
Musikalität spielt überraschenderweise
nahme, die meistens stolz in den Medien vermeldet werden.
sprechend breit gefächert und reicht von
keine Hauptrolle, auch wenn die Ausbil-
Für Pavel Jezdik hingegen gehören sie «einfach zum Job». Schon
klassischen Schreinerarbeiten bis zur Be-
dung im Spielen eines Instruments er-
im zweiten Lehrjahr hiess es für den heute 19-Jährigen für fünf
arbeitung von Leder und Metallen. «Die
wünscht ist. Berufsbildner Franz Höller:
Wochen nach Taiwan zur Endmontage einer grossen Kirchenor-
Arbeit ist enorm vielseitig, eintönig kann
«Ein spezielles Musikgehör ist weniger
gel zu fliegen. Und es geht so weiter: 2014 ist ein sechswöchiger
es höchstens dann werden, wenn Vor-
wichtig als gutes Augenmass, aber die
Aufenthalt im mährischen Brünn angesagt. Immerhin ein klei-
ratsarbeiten für viele Kleinteile anstehen»,
Nähe zur Musik macht die Arbeit leichter.»
nes Heimspiel für den St. Galler, dessen Familie tschechische
meint der angehende Berufsmann, der
Pavel Jezdik verfügt als langjähriger passi-
Wurzeln hat.
im dritten Lehrjahr schon viele Arbeiten
onierter Geigenspieler zweifellos über diese
selbstständig erledigen kann. Dennoch ist
Nähe. Und so verwundert es nicht, dass
er immer noch beeindruckt vom perfekten
er dem Beruf auch nach Lehrabschluss
Regelmässige Auslandaufenthalte sind die Begleiterscheinung
Zusammenspiel des Mathis-Teams, ohne
treu bleiben möchte. «Ich werde mir auf
der Spitzenposition, die Jezdiks Lehrbetrieb, die Mathis Orgelbau
das eine Orgel nicht gebaut werden kann.
jeden Fall die betriebsintern angebotenen
AG im glarnerischen Näfels, seit Jahren auf dem Weltmarkt be-
Die bis zu neun Meter hohen Instrumente
Weiterbildungen im Bereich der Intonation
legt. Seit seiner Gründung im Jahr 1960 verfolgte das Familien-
werden in Näfels samt Gehäuse komplett
und Restauration genauer anschauen.»
unternehmen eine erfolgreiche Strategie. «Im Vordergrund stand
aufgebaut und danach zerlegt auf die Reise
stets die Rückbesinnung auf die Werte barocken Orgelbaus, also
geschickt. Am Bestimmungsort erfolgen
Um die berufliche Zukunft muss er sich
beste handwerkliche Qualitätsarbeit und optimaler Klang», weiss
dann die anspruchsvolle Endmontage und
nicht sorgen. Franz Höller liefert die Be-
Berufsbildner Franz Höller. Sein Kollege Pascal Seiler sieht einen
das Abstimmen des Klangbildes. Diese Ar-
gründung: «Es gibt wohl nicht mehr so viele
weiteren Vorzug in der Anpassungsfähigkeit der schlank pro-
beit mag Jezdik ganz besonders: «Es ist
Aufträge für Neubauten, weil sowohl Kir-
duzierenden Unternehmung, die rund 20 Personen beschäftigt,
schon cool, in einem Weltklassebetrieb
chen als auch Orgelmusik heute nicht ge-
davon in der Regel vier Lernende. Zu diesen zählte in den 1970er-
zu arbeiten, die Auslandeinsätze sind die
rade boomen. Aber die bestehenden Orgeln
Jahren auch der heutige Betriebsinhaber Hermann Mathis.
Sahne auf der Torte.» Der Bau einer durch-
brauchen regelmässigen Unterhalt, wenn
schnittlich grossen Orgel (etwa für eine
sie funktionstüchtig bleiben sollen, und
«Die neuen Mathis-Orgeln werden komplett bei uns in Näfels
Dorfkirche) beansprucht nicht weniger als
alle paar Jahrzehnte sind grössere Sanie-
entworfen und produziert», betont Höller. Konkret heisst dies
10’000 Arbeitsstunden. Allein für die End-
rungen fällig. Die Schweizer Orgelbauer-
individuelle Planung, das Bereithalten eines grossen Vorrates
montage braucht eine Drei-Mann-Equipe
Branche hat in Sachen Restauration und
an erstklassigem, naturtrockenem Schnittholz (meist Fichte),
ohne das aufwendige Stimmen rund sechs
Service genauso die Nase vorn wie bei den
Wochen. Das Glarner Unternehmen hat
Neubauten.»
20
Handwerk 1/2014
VOM LEHRLING ZUM FIRMENCHEF
Als Lernender in der grossen weiten Welt des Orgelbaus unterwegs: Für Pavel Jezdik gehören Reisen «einfach zum Job».
PAVEL:
seit seiner Gründung gegen 400 Orgeln neu gebaut und viele historisch wertvolle Instrumente restauriert. Damit gehört es
ES IST SCHON COOL, IN EINEM WELTKLASSEBETRIEB ZU ARBEITEN. MUSIKINSTRUMENTENBAUER EFZ, FACHRICHTUNG ORGELBAU – In vielen Bereichen gehören Schweizer Handwerksfirmen zu den Besten. Die Orgelbauer schafften es bis in die Champions League.
zu den grösseren Schweizer Orgelbaufir-
”
men.
MUSIKALITÄT HILFT Den schulischen Teil der Grundbildung absolvieren die Orgelbauer und die
das Giessen der heiklen Zinnpfeifen (ist
(gar nicht wenigen) Orgelbauerinnen in
eine eigenständige Fachrichtung) sowie die
Form von mehrtägigen Blockkursen am
Intonierung und das Stimmen der Instru-
Berufsbildungszentrum Arenenberg im
mente. «Jede Orgel ist ein Unikat», sagt
thurgauischen Salenstein. Im Zentrum
Seiler, «die Einzelteile müssen deshalb mit
stehen neben Mechanik, Werkzeug- und
Ausnahme der wenigen elektronischen
Materialkunde sowie Bearbeitungstechni-
Komponenten jeweils extra bei uns ange-
ken auch Fachzeichnen, Akustik, Instru-
fertigt werden.»
menten- und Stilkunde. Der Aspekt der
WAS BRAUCHT ES? - Handwerkliches Geschick - Räumliches Vorstellungsvermögen - Zeichnerisches Talent - Ästhetisches Empfinden - Geduld und Ausdauer
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - Jährlich 5 Blockkurse à 2 Wochen im Berufsbildungszentrum Arenenberg (TG) - Überbetriebliche Kurse in Wochenblöcken - Berufsmaturität bei guten schulischen Leistungen möglich - Meisterprüfung an
Ludwigsburg (Deutschland)
Pavel Jezdiks Lernpensum ist breit gefächert und umfasst neben klassischen Schreinerarbeiten auch die Bearbeitung von Leder und Metallen. Sein Betreuer Pascal Seiler sorgt dafür, dass der 19-Jährige zum richtigen Teamplayer wird.
21
Musikinstrumentenbau in
Handwerk 1/2014
der Fachschule für
D
ie Frage, ob er nach der Berufslehre Künstler werde, lässt
rei sei übrigens auch für Frauen kein gro-
Philipp Lüthi ausdrücklich unbeantwortet. Doch wenn es
sses Problem, denn Körperkraft sei kein
um seine berufliche Zukunft geht, da wird der klare Wunsch des
Muss, weil maschinelle Hilfsmittel zur
Solothurners nach künstlerischer Betätigung deutlich spürbar.
Verfügung stünden. Der Frauenanteil bei
Man braucht ihn nur nach seinem Lieblingsstein zu fragen, und
den Lernenden gehe jedoch nach einem
schon berichtet er mit leuchtenden Augen über die vielen Vorzüge
Zwischenboom vor einem Jahrzehnt (bis
und die Lebendigkeit des heimischen Jura-Kalksteins und die
zu einem Drittel der jährlich beginnenden
kühle Eleganz und abweisende Sterilität des italienischen Mar-
rund zehn Lernenden) zurück.
mors. Mit Stolz zeigt er auch eines seiner ersten Werke, ein kleine
RESTAURIERUNG ALS NEUE BASIS
Plastik, die einen Weisheit und Ruhe ausstrahlenden schwarzen Raben darstellt. Der 18-Jährige ist aber Realist genug, um die handfesten Vorteile der Berufslehre zu schätzen. «Das handwerk-
Philipp sei begabt, für sein Alter sehr
liche Rüstzeug kann man sich auch im Thurgau an der Bildhau-
reif und selbstständig und investiere viel
erschule Müllheim oder an einer Fachhochschule holen, doch
Herzblut in die Arbeit. «Welchen Weg er
eine Grundbildung gibt zusätzliche Sicherheit.» Entsprechend
auch geht, ein gutes Auskommen in un-
nimmt der junge Mühledorfer widerspruchslos auch die weniger
serem Metier ist ihm sicher, zumal er
reizvollen Seiten seiner Ausbildung in Kauf: «Ich bin kein grosser
ein gesundes Selbstbewusstsein hat», ist
Fan von Grabsteinen und mag auch nicht alle Renovationen, aber
der Berufsbildner überzeugt. Zuber sieht
das gehört einfach dazu.»
das grosse Potenzial im Bereich der Altbausanierungen. «Wer genau hinschaut,
22
Handwerk 1/2014
IMMER WENIGER GRABSTEINE
der kann sehen wie historisch wertvolle
Für seinen Berufsbildner Hans Peter Zuber ist die Vielseitig-
Gebäude verlottert sind. Man kann die
keit ein absolutes Muss. Früher habe man recht bequem von der
nötigen Restaurationen nicht ewig auf-
«Friedhofsbildhauerei» leben können, die bis zu 80 Prozent der
unternehmen – Chef, Lernender, eine
schieben, denn der Stein – vor allem der
Auftragsbestände ausmachte, heute komme man «mit Glück» auf
temporäre Aushilfskraft – Bausanierun-
sensible Jura-Kalkstein, der bei uns vor-
mehr als 40 Prozent. «Die Bestattungskultur hat sich in jüngster
gen und die Herstellung von Brunnen eine
herrschend ist – verzeiht nichts.»
Zeit enorm verändert, die traditionellen Grabsteine sind weniger
immer wichtigere Rolle. Nicht u nwichtig ist
Auch wenn es sich bei den Restaura-
gefragt. Angesagt sind heute Gemeinschaftsgräber, vielfach wird
auch das Angebot von künstlerisch gestal-
tionen beileibe um kein simples Steinqua-
die Asche auch einfach in der Natur gestreut», hält Zuber fest.
teten Bronzearmaturen für Brunnenan-
der-Stapeln handelt: der Steinbildhauer-
Sein in Luterbach bei Solothurn ansässiger Betrieb hat sich dem
lagen, einer Spezialität des Patrons. «Wer
beruf rückt damit unweigerlich in die Nähe
wohl unvermeidlichen Wandel angepasst: neben Rohsteinbear-
sich auf die reine Steinbearbeitung kon-
der Ausbildung zum Steinmetz, der im We-
beitung (Sägen, Fräsen und Schleifen) spielen für das Mikro
zentriert, der hat es schwer, und es wird
sentlichen mit klaren Vorgaben arbeitet
nicht besser.»
und somit wenige Gestaltungsfreiheiten
STEINBILDHAUER EFZ – Die Nähe zur Kunst ist in vielen handwerklichen Berufen deutlich spürbar. In der Steinbild hauerei spielt die kreative Gestaltung tatsächlich eine sehr wichtige Rolle.
Zuber wurde vor 21 Jahren zur Aus-
hat. Für Zuber ist klar: «Wer künstleri-
bildung quasi «genötigt»: Eine 23-jährige
sche Standards setzt, der muss schon ein
Frau habe ihn bekniet, sie als Lernende
wenig zurückbuchstabieren.» Für Philipp
aufzunehmen. «Es wurde ein Erfolg, weil
Lüthi ist klar: er will nach der Grundbil-
ich mein Wissen gerne weitergebe und
dung eine Zusatzausbildung im Bereich
junge Menschen mag». Die Steinbildhaue-
der Restauration absolvieren. Bis dahin
PHILIPP:
ist ein wenig Träumen aber erlaubt. Das zeigen jedenfalls die vielen Zeichnungen und Skizzen für die SwissSkills Bern 14. Der vorgesehene weibliche Akt verspricht ein wahrer Meilenstein zu werden…
”
EINE GRUNDBILDUNG GIBT ZUSÄTZLICHE SICHERHEIT.
WAS BRAUCHT ES? - Handwerkliches Geschick - Gestalterische Begabung und Kreativität - Räumliches Vorstellungsvermögen - Gesunden Rücken - Geduld und Ausdauer
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - 1 Tag Berufsfachschule pro Woche - Überbetriebliche Kurse 1 – 2 Wochen pro Lehrjahr - Berufsmaturität bei guten schulischen
23
Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
Während früher die «Friedhofs bildhauerei» im Vordergrund stand, werden heute andere Bereiche – etwa der Brunnenbau – immer wichtiger. Entsprechend legt Berufsbildner Hans Peter Zuber viel Wert auf die Vielseitigkeit. Philipp Lüthi enttäuscht ihn nicht, wobei seine Hauptstärke bei den Figuren liegt.
CÉLIA:
Mussard unumwunden zu. Die umtriebige Geschäftsfrau hat sich ihre übrigen Standbeine denn auch gezielt aufgebaut. Trotzdem findet sie «Weben den schönsten Beruf der Welt» und sieht sich als eine Art
ICH WERDE FÜR MICH IRGENDWANN EINE NISCHE FINDEN.
«Hüterin» des altehrwürdigen Handwerks.
”
GEWEBEGESTALTERIN EFZ – Gewebe gestalten ist ein überaus komplexer Beruf. Es braucht Sinn für Technik und Handwerkliches, viel Materialwissen, ein präzises Gefühl für Farben und Ästhetik. Und Geschäftstüchtigkeit!
Handwerk 1/2014
Die Kunden von Filambule sind vor allem Leute, die präzises Handwerk und
LOGIK GEFRAGT
hochwertige, umweltgerechte Materialien
Doch dass Weben – oder Gewebegestal-
zu schätzen wissen. Lachend zitiert Dani-
ten, wie es heute treffender heisst – gar
èle Mussard ein Sprichwort: «Ein nackter
nicht so einfach ist, wurde Célia Lutangu
Weber ist ein glücklicher Weber» – wolle
recht schnell klar. «Die Arbeit an sich, aber
heissen, er habe seine Produkte verkauft,
auch die Fachausbildung sind sehr kom-
denn persönlich könne er sie sich nicht
plex und zum Teil kompliziert.» – «Oh ja,
leisten. Hält man jedoch beispielsweise
und es braucht Logik. Man muss wirklich
einen wunderbar weichen, in prächtigen
rechnen können», wirft Patronne Danièle
Grautönen changierden Schal aus Mo-
it ihren 26 Jahren ist Célia Lutangu nicht gerade das, was
Mussard ein. Konkret heisst das: zuerst
hair, Angora und Seide in den Händen,
man sich unter einer typischen Lernenden im zweiten Jahr
muss ein Projekt auf Papier oder am Com-
scheinen einem die 200 Franken für dieses
vorstellt. Doch bei den Gewebegestalterinnen/-gestaltern ist es
puter entworfen werden, danach gilt es
Auf einem ländlichen Anwesen im
eher die Regel als die Ausnahme, dass die jungen Leute erst auf
die Materialien und die Gewebestruktur
französischen Burgund betreibt Filambule
dem zweiten Bildungsweg zu ihrem Beruf finden.
zu bestimmen. Bevor man mit dem eigent-
zudem noch eine Art Filiale, wo während
Célia Lutangu liebt es denn auch,
lichen Weben beginnen kann, wird zur
der Sommermonate diverse kreative Kurse
wenn sie für Kundschaft auf Bestellung et-
M
24
DEN PREIS WERT
VORKENNTNISSE VON VORTEIL
handwerkliche Meisterstück mehr als nur angemessen.
Qualitätsprüfung meist ein Muster erstellt.
angeboten werden. «Sofern man nicht in
was entwerfen und produzieren darf: Vor-
Das ist Danièle Mussard, Berufsbildnerin und Inhaberin des
Es folgen die Kalkulation für das Material,
einer geschützten Werkstätte, wo Weben
hänge, Kissen, Tischdecken oder auch mal
Ateliers Filambule in Lausanne, nur recht. «Ich habe immer
dessen Bereitstellung und die Einrichtung
unterrichtet wird, arbeitet oder für die
eine Stola. Angst, in ihrem Beruf später
Lernende mit Erfahrung und bereits einer Ausbildung gesucht.
des Webstuhls, was insgesamt mehrere
Industrie oder einen Couturier tätig ist,
kein Auskommen zu finden, hat sie keine.
Denn in unserem Beruf ist es von Vorteil, wenn man Vorkennt-
Tage dauern kann.
kann man vom Verkauf handgewebter
«Ich werde für mich irgendwann eine Ni-
Produkte allein nicht leben», gibt Danièle
sche finden», ist sie überzeugt. Bereits hat
nisse aus einer verwandten Branche mitbringt», ist sie überzeugt. Und an Vorkenntnissen mangelte es Célia, der in Morges auf-
MEHRERE STANDBEINE
gewachsenen Tochter einer Schweizerin und eines Angolaners,
Der eigentliche Webprozess ist es, der
wirklich nicht. Nach der regulären Schulzeit absolvierte sie zuerst
Célia am meisten Spass macht. «Stimmt,
an einer Privatschule in Lausanne das zweijährige Diplomstu-
es ist repetitiv, aber ich mag das. Ich würde
dium Couture/Modélisme/Stylisme. Es folgten mehrmonatige
am liebsten tagelang ruhig weben.» Das
Stages in Paris und Brüssel im Bereich Textildesign, dazwischen
geht bei Filambule aber nur beschränkt.
war sie als Stylistin und auch als Geschäftsführerin in Boutiquen
Denn Danièle Mussards Firma ist nicht
tätig. «Doch eigentlich hat mir dieser Weg nicht mehr gefallen»,
nur eine Produktionsstätte, sondern auch
erzählt die aufgeweckte junge Frau. «Ich habe mich während all
eine Schule für Textilkunst und eine Ga-
dieser Zeit umgeschaut, was ich wirklich machen möchte, und
lerie. Mehrmals wöchentlich finden Kurse
schliesslich das Weben gefunden.» Via Lehrstellenbörse ergatterte
für Anfänger und Fortgeschrittene statt,
sie den Ausbildungsplatz bei Filambule und ist sehr glücklich
bei denen die Lernende assistiert. «Wenn
darüber: «Weben gefällt mir von allen bisherigen Sachen weitaus
es dabei um etwas geht, das ich noch nicht
am besten.»
kenne, lerne ich gleich mit», erläutert Célia Lutangu.
sie die Weichen für die Zeit nach der beruflichen Grundbildung vorgestellt und in Berlin eine Stagiaire-Stelle organisiert.
Célia Lutangu hat Freude am komplexen Webprozess. Ihre Berufsbildnerin Danièle Mussard sieht sich als eine Art «Hüterin» des alten Handwerks, vernachlässigt jedoch auch den wirtschaftlichen Aspekt nicht.
WAS BRAUCHT ES? - Handwerkliches Geschick - Zeichnerische Begabung, Kreativität - Logik, gute Leistungen im Rechnen - Räumliches Vorstellungsvermögen - Technisches Verständnis - Farben- und Formensinn - Geduld und Ausdauer - Kundenorientiertes Denken
WIE LÄUFT ES? - 3 Jahre Grundbildung - 3 Lektionen Berufsfachschule pro Woche (Allgemeinbildung) - 3 Blockkurse à 2 Wochen pro Jahr an
à 1 Woche pro Jahr - Kanton Tessin: CSIA (Centro scolastico per le industrie artistiche) Via Brentani 18 6900 Lugano Für Célia Lutangu ist klar: «Ich würde am liebsten tagelang ruhig weben.»
25
Sta. Maria/Val Müstair - 1 überbetrieblicher Kurs
Handwerk 1/2014
der Berufsfachschule in
W
as lange währt, wird manchmal doch noch gut», spottet
lich wichtig sei, welche Kleidungsstücke
produkte eignet. Zuvor wurden alljährlich
Janine Räber selbstkritisch, wenn sie auf ihre bisherige
sie entwerfe, bearbeite oder repariere. «Am
an die 30’000 Felle von den Jägern als
berufliche Laufbahn zurückschaut. Die 25-Jährige hat zuerst
liebsten mache ich Jacken für jüngere
Müll entsorgt.
eine Grundbildung als Pelznäherin absolviert und einige Zeit
Frauen, doch auch Mäntel, Mützen oder
als solche gearbeitet. Dann folgte ein Neuanfang in Form einer
Bordüren sind nicht ohne.» Die angehende
klassischen kaufmännischen Lehre. «Mir wurde aber mit der Zeit
Kürschnerin findet es ideal, wenn sie ihre
Ein dickes Fell habe er mit der Zeit
bewusst, dass mich das Büro einengt und ich so meine Kreativi-
Ideen zusammen mit ihrer Kundschaft
bekommen, meint Aus der Au. Allerdings
tät nicht ausleben kann. Mir fehlten die gestalterische Freiheit,
entwickeln kann: «Die Menschen sind sehr
staune er immer wieder über die Unwahr-
der Reiz der modischen Eleganz und die Handarbeit mit den
unterschiedlich und je nach Typ sollten sie
heiten, die in den Medien erscheinen.
schönen Naturmaterialien», schildert die Schwyzerin die Motive,
die zu ihnen passenden Pelze tragen. Es
«Unsere Gesellschaft akzeptiert eine res-
die sie zum nochmaligen Kurswechsel bewogen hatten. Und da
ist auch nicht gut, wenn diese als Futter
pektvolle Nutztierhaltung. Dazu gehören
sie sich auch noch mehr Fachwissen aneignen wollte, begann
verwendet werden.»
nun mal die Jagd und die Pelztierzucht
sie eine Zusatzlehre als «Bekleidungsgestalterin Schwerpunkt
Unsichtbarkeit als Schutz vor Angriffen
sowie die Freiheit, Pelze zu tragen», be-
Pelzbekleidung». Hinter dieser Sprachschöpfung versteckt sich
der vielfach recht aggressiven Pelzgegner-
tont der Unternehmer, der zu den wenigen
heute der uralte Kürschnerberuf. Janine wurde dabei ein Lehr-
schaft? Janine Räber reagiert ungehalten,
Ausbildnern in der Schweiz zählt. Er tritt
jahr geschenkt, weil sie ja schon gelernte Näherin ist.
weil sie sich in ihrem Stolz verletzt fühlt:
für strenge Kontrollen der Zuchtbetriebe
«Ich respektiere Leute, die das Tragen und
ein, «wie sie heute auf jedem Bauernhof
Verarbeiten von Pelzen aus prinzipiellen
und auf jeder Hühnerfarm durchgeführt
Von Pelzen schwärmen mag die erdverbundene Frau nicht
Gründen ablehnen. Aber ich kann nicht
werden». «Im Fachhandel wird heute nur
ausdrücklich, doch man spürt, welche Freude ihr der Umgang
akzeptieren, dass wegen falscher Informa-
ein kleiner Teil der Pelzprodukte verkauft.
mit den «Rauchwaren» macht. «Ich kann häufig selbst bestimmen,
tion ein ganzer Berufsstand angefeindet
Die Kunden sollten deshalb genauer hin-
welche Felle ich bearbeite. Und das geschieht je nach Lust und
wird. Es ist eine bodenlose Gemeinheit,
schauen, wenn sie importierte Waren in
Laune: für den Fuchs mit den teils lästigen langen Haaren muss
die Schweizer Kürschner als Tierquäler
Boutiquen, Warenhäusern oder gar im In-
ich recht aufgestellt sein, Nerz und Persianer sind hingegen ir-
hinzustellen.»
ternet erwerben.»
FUCHSPELZE SIND KEIN MÜLL
des Schweizer Pelzhandwerks: «Individu-
Handwerk 1/2014
EINE FRAGE VON LUST UND LAUNE
26
TEIL DER NUTZTIERHALTUNG
gendwie tröstlich, und Lammfell wärmt.» Es sei zudem wirklich spannend, Fellstücke zusammenzustellen, die bezüglich Dichte,
Der 57-Jährige glaubt an die Zukunft
Farbe, Grösse und Haarlänge zueinanderpassen. Nicht sonder-
Gegen Vorurteile und Fehlinformati-
elle Kreationen statt Massenerzeugnisse
JANINE:
onen kämpft Räbers Berufsbildner Tho-
sind immer gefragt, dazu kommen Service
mas Aus der Au seit langem. Der Besitzer
und Reparaturen. Es gibt also ein echtes
eines traditionellen Familienbetriebs mit
Potenzial, und wir brauchen gute Berufs-
drei Angestellten in Zürich-Wiedikon gilt in
leute.» Aus der Au weist darauf hin, dass
der Branche als Vorreiter in Sachen Tier-
Fachkräften viele Weiterbildungen und
ICH KANN ES BIS AN DIE DESIGNSCHULE SCHAFFEN. BEKLEIDUNGSGESTALTERIN EFZ, SCHWERPUNKT PELZBEKLEIDUNG – Das Kürschner-Handwerk ist eines der ältesten überhaupt. Jüngeren Datums sind die Diskussionen zum Thema Tierschutz. Die Branche lässt sich aber nicht entmutigen.
Möglichkeiten für attraktive Auslandein-
”
sätze offen stehen. Seine Lernende Janine Räber sieht für sich jedenfalls viele Chancen: «Wenn ich will, kann ich es nach der Meisterprüfung bis an die Designschule
schutz. Er war massgeblich beteiligt an der
schaffen. Aber ich könnte auch ein Atelier
Einführung der Warendeklaration durch
auf die Beine stellen, in Teilzeit arbeiten
die Mitglieder des Schweizerischen Pelz-
oder mein Geld daheim mit Aufträgen ver-
fachverbandes SwissFur 1996 (ein Geset-
dienen.»
zesobligatorium gilt offiziell erst seit dem 1. März 2014!). Aus der Au war mit die treibende Kraft hinter der Modekollektion «SwissRedFox», die den Beweis liefert, dass sich einheimischer Rotfuchs für edle Pelz-
Janine Räber findet es spannend, passende Fellstücke zusammen zustellen.
WAS BRAUCHT ES? - Modisches Flair - Sinn für Formen und Farben - Geschickte Hände - Zeichnerische Begabung - Geduld und Ausdauer - Kontaktfreudigkeit
WIE LÄUFT ES? - 3 Jahre Grundbildung - 1 Tag Berufsfachschule pro Woche - Mehrtägige überbetriebliche Kurse zu Spezialthemen - Berufsmaturität bei guten schulischen
27
Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
Thomas Aus der Au kämpft seit Jahrzehnten gegen ungerechte Kritik und setzt sich für Tierschutz-Anliegen ein. Janine Räber teilt seine Meinung und findet deshalb die Verwendung von heimischen Fuchsfellen sinnvoll.
FACHMANN LEDER UND TEXTIL EFZ, FACHRICHTUNG FEINLEDERWAREN – Es braucht eine ausgewogene Mischung aus modischem Flair und reifer Handwerkskunst, um in diesem feinen Beruf Erfolg zu haben.
die Lederbearbeitung nicht, er war quasi
plette Tasche anfertigen kann. Er passt
Stammgast in den Stadttheater-Werkstät-
bestens zu unserem kleinen Team», freut
ten, wo er stundenweise «schnuppern»
sich Ursula Häni. Der Betrieb an der his-
konnte.
torischen Münstergasse, der auch ein Verkaufslokal umfasst, bietet in erster Li-
ECHTE BEREICHERUNG
klasse an. Es sind alles eigene Modelle,
Lehrjahr und bereut seinen «Neustart»
die nach Meinung von Modeexperten de-
auf keinen Fall. «Ich empfinde mein Le-
signmässig durchaus mit den Weltmarken
ERICK: ” B
ben heute viel intensiver, die Lehre ist eine
mithalten können. Verarbeitet wird prin-
echte Bereicherung. Mir gefällt, dass ich
zipiell nur pflanzlich gegerbtes und daher
konkret sehen kann, was ich produziere.»
ungiftiges Rindsleder. Die Verwendung von
In seinem Freundeskreis habe das anfäng-
Krokodil- und Schlangenleder ist absolut
liche Staunen einem gewissen Respekt
tabu, ebenso die Auslagerung von Pro-
Handwerk 1/2014
ICH EMPFINDE MEIN LEBEN HEUTE VIEL INTENSIVER.
28
nie Damenhandtaschen der oberen Preis-
Erick Guillard steht nun im zweiten
duktionsteilen ins billigere Ausland. Dafür wird viel Wert auf Service gelegt, was bei den «Grossen» kaum der Fall ist. «Wir haben für uns eine Nische mit ausreichendem Potenzial gefunden, in der wir seit
ern hat in den letzten Jahren einige recht spektakuläre
Platz gemacht. «Es gibt aber auch Leute,
bald zehn Jahren gut leben können. Wir
Berufs-Umsteiger gesehen. Da gab es den über 50 Jahre
die es als eine Art Abstieg sehen. Das sehe
setzen nicht auf Luxus, sondern auf Qua-
alten Wirt der wohl angesagtesten Szenenbeiz, der eine Lehre als
ich anders, wichtig ist, dass ich mit mir im
lität», betont die Sattlerin. Das fünfköpfige
Offsetdrucker dem Alkoholausschank vorzog. Oder den Chefre-
Reinen bin. Ich ziehe die neue Bescheiden-
Team sei ausgelastet, deshalb sei es wich-
daktor einer wichtigen Tageszeitung, der seinen Lebenstraum
heit den alten Ambitionen vor.» Ihn schau-
tig, dass auch die Lernenden mitziehen.
verwirklichte und Buschauffeur wurde. Erick Guillard erregte
dere es vielmehr, wenn er an seine «leider
Für Erick Guillard stellt sich die Frage
hingegen nicht so viel Aufsehen, obwohl sein beruflicher Neu-
häufigen» Auftritte in Operetten oder gar
nach der Rückkehr in die Ballettwelt nicht
anfang sicher nicht weniger ungewöhnlich ist: der langjährige
als Statist in Opern zurückdenke.
mehr. Weil er noch sehr viel zu lernen
Tanzsolist des Berner Stadttheaters absolviert derzeit eine Lehre
Einen schönen Teil seiner Zufrie-
habe, möchte er nach der Grundbildung
als Feinsattler und stellt Taschen, Mappen, Etuis und Portemon-
denheit führt der Wahlberner auf seinen
noch eine Zeitlang zumindest teilweise im
naies her.
Arbeitsplatz in der kleinen Werkstatt in der
Atelier an der Münstergasse Erfahrungen
Berner Altstadt zurück. Die Geschäftsphi-
sammeln, vorab in Arbeitstechnik und
losophie der beiden Besitzerinnen Fiona
Design. Dass er sich einmal selbstständig
Dass er die Ballettschuhe nach 23 Jahren gegen Nadel und
Losinger und Ursula Häni gefällt ihm,
macht, schliesst er jedenfalls nicht aus.
Ahle ausgetauscht hat, war kein Zufall. Nachdem seine Karriere
weil sie grossen Wert auf Kreativität legt.
«Die Investitionen für ein eigenes Ate-
als aktiver Tänzer 2011 geendet hatte – was durch einen Unfall
«Fast jeder Auftrag ist für mich eigentlich
lier sind mit rund 30’000 Franken nicht
und eine Hüftverletzung beschleunigt wurde –, erwartete man,
ein Projekt, das ich von der Materialwahl
riesig. Aber das Ganze müsste für mich
dass Guillard der Szene als Choreograf und Tanzpädagoge treu
bis zur letzten Naht selbstständig steuern
stimmen.»
bleibt. Der gebürtige Franzose, der in Paris und La Rochelle klas-
kann.»
RADIKALER BRUCH
sischen Tanz studierte und unter anderem acht Jahre im Ballet National de Nancy unter Pierre Lacotte mitwirkte, entschied sich
MITSPIELER IM TEAM
für den radikalen Bruch mit der Vergangenheit – und für eine
Die Chefinnen sind mit ihrem unge-
Berufslehre. «Ich wollte eine Wiedergeburt, ein komplett neues
wöhnlichen «Stift» höchst zufrieden. «Erick
Leben, abseits des Rampenlichts und der enormen Zwänge des
ist ein guter Mann, begabt und handwerk-
Balletttheaters», begründet er den unerwarteten Wechsel. «Und
lich schon jetzt ziemlich weit. Es kommt
ich entschied mich für eine Arbeit, von der ich wusste, dass sie
selten vor, dass ein Lernender bereits am
mir zusagt.» Denn ganz unbekannt war dem heute 41-Jährigen
Ende des ersten Lehrjahres eine kom-
Erick Guillard hat die Tanzbühne gegen die Sattler-Werkstatt eingetauscht: «Die Lehre ist eine echte Bereicherung meines Lebens.»
WAS BRAUCHT ES? - Modisches Flair - Sinn für Formen und Farben - Zeichnerische Begabung - Handwerkliches Geschick - Geduld und Ausdauer
WIE LÄUFT ES? - 3 Jahre Grundbildung - 1 Tag Berufsfachschule pro Woche - Mehrtägige überbetriebliche Kurse - Berufsmaturität bei guten schulischen
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Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
Im kreativen Team des Ate liers in der Berner Altstadt blüht Erick Guillard auf: Berufsbildnerin Ursula Häni ist mit ihrem ungewöhnlichen «Stift» höchst zufrieden.
E
s kribbelt schon ein wenig, wenn man bei der Restaura-
der solche Verantwortung wahrnehmen
bezeichnet. Der 48-jährige gelernte Reit-
tion eines wertvollen Sportwagens helfen darf», gibt Mauro
dürfe. Grenzen gibt es allerdings: Bei der
sport- und Carrosseriesattler, der seine
Limacher ohne Zögern zu. Der 17-Jährige steht zwar erst im
Restauration eines edlen Maserati Zagato
Meisterprüfung schliesslich als Carrosse-
zweiten Lehrjahr, doch er hat die meisten Haupttätigkeiten schon
durfte er (noch) nicht mitmachen; für die
riesattler absolvierte, ist überzeugt, dass
kennengelernt. Denn sein Ausbildungsbetrieb – das Lederatelier
Türverkleidung an einem Porsche reicht
die Berufsaussichten «für engagierte Leute
Schuler in Einsiedeln – gehört zu den vielseitigsten der Branche.
es hingegen schon heute. «Das Wichtigste
sehr gut sind und bleiben werden». Die
Klassische Sattlerarbeiten an Möbelstücken folgen auf Aufträge
ist Präzision, die Masse müssen perfekt
im Alltag geforderte Vielseitigkeit erlaube
für Auto- und Bootspolsterungen sowie Restaurierungen von
stimmen, entsprechend braucht es volle
es, sich immer wieder attraktive Marktni-
Verdecken. Ein weiteres Standbein sind Lagerungskissen für
Konzentration.»
schen zu suchen. Seinem vor 20 Jahren
Operationstische, die das dynamische Unternehmen in die ganze
Die schulischen Anforderungen findet
gegründeten Atelier habe es nie an Aufträ-
Schweiz liefert. Limacher schätzt diese Vielfalt: «Langweilig wird es
der ehemalige durchschnittliche Real-
gen gefehlt, im Gegenteil – er habe sich ge-
mir nie, praktisch jeder Auftrag ist eine Einzelanfertigung. Zudem
schüler absolut erfüllbar, zumal er beim
gen eine mögliche Expansion entschieden.
arbeiten wir im Allgemeinen nicht nur mit Leder, sehr häufig kom-
Unterricht im aargauischen Zofingen gute
«Mit fünf Vollzeitangestellten und drei Teil-
men auch Materialien wie Textilstoffe und Metalle zum Einsatz.»
Kolleginnen und Kollegen treffe. «Ich bin
zeitmitarbeiterinnen ist der Betrieb noch
froh, dass ich auf meine Eltern hörte und
überschaubar. Zudem ist die Nachfolge-
bei Schuler schnupperte. Es ist wirklich
regelung unklar, weil meine zwei Töchter
Einen weiteren Vorteil sieht der im nahen Schindellegi woh-
der Beruf, der meinen Fähigkeiten, mei-
sich kaum darum reissen werden.»
nende Schwyzer in den kreativen Freiräumen, die ihm viele Auf-
nem Wunsch nach Kreativität und meiner
Leo Schuler ist es wichtig, fähigen
träge lassen: «Es gibt Kunden, die genau wissen, was sie wollen,
Art entspricht», zieht Mauro Limacher eine
Nachwuchs für die Branche zeitgemäss
doch häufig haben sie nur die Grundidee, und da kann ich meine
positive Bilanz. So erstaunt es kaum, dass
und praxisnah auszubilden. Nur dadurch
eigenen Vorstellungen einbringen und realisieren.» Er schätze
er seine berufliche Zukunft schon jetzt
könne die Zukunft gesichert werden, findet
diese Selbstständigkeit; es sei wohl selten, dass ein Lernen-
ziemlich klar sieht: «Während ein paar
der erfahrene Berufsmann, der die Ent-
MAURO:
Wanderjahren in der Branche Erfahrun-
wicklung im Rahmen der Interessenge-
gen sammeln, die Höhere Fachprüfung
meinschaft im Bereich Leder und Textil (IG
machen und irgendwann einen eigenen
LETEX) persönlich massgeblich mitgestal-
Betrieb gründen.»
tet. «Unser Beruf ist ein nicht unwichtiger
30
Handwerk 1/2014
FREIRÄUME UND KREATIVITÄT
PRAKTISCH JEDER AUFTRAG IST EINE EINZELANFERTIGUNG. FACHMANN LEDER UND TEXTIL EFZ, FACHRICHTUNG FAHRZEUGE UND TECHNIK – Darf es eine Bootsabdeckung, eine neue Polsterung für den Oldtimer oder ein Motorradsattel nach Mass sein? Auf Fahrzeuge und Technik spezialisierte Lederfachleute sind auf Abwechslung programmiert.
Teil der KMU-Wirtschaft und darf deshalb
BERUF MIT ZUKUNFT
”
nicht einfach verschwinden. Er umfasst
Sein Berufsbildner Leo Schuler freut
heute auch High-Tech-Produkte wie Spe-
sich über die Pläne seines Schützlings, den
zialfilter und textile Bespannungen, wel-
er als «echten Gewinn für unsere Firma»
che die Betriebe zu wichtigen Zulieferern machen.»
IMMER MEHR FRAUEN Eine akute Gefahr besteht nach Expertenmeinung glücklicherweise nicht, denn gegenwärtig stecken gegen 40 junge Berufsleute in der Grundbildung. Diese recht hohe Zahl ist vorab jungen Frauen zu verdanken, die heute ein wichtiges Rekrutierungspotenzial darstellen, Tendenz steigend. Mauro Limacher schätzt an seiner Ausbildung die Vielseitigkeit und die Kundenkontakte. Die Palette reicht von Oldtimer-Auffrischung bis zu klassischen Sattler-Arbeiten an Möbelstücken.
WAS BRAUCHT ES? - Handwerkliches Geschick - Sinn für Formen und Farben - Zeichnerische Begabung - Körperliche Beweglichkeit - Geduld und Ausdauer
WIE LÄUFT ES? - 3 Jahre Grundbildung - 1 Tag Berufsfachschule pro Woche - Mehrtägige überbetriebliche Kurse in den verschiedenen Fachrichtungen - Berufsmaturität bei guten schulischen
Mauro Limacher lernt im Lederatelier von Leo Schuler, einem der bekanntesten Berufsbildner der Branche. Der Lehrmeister ist überzeugt, dass sein Beruf als wichtiger Teil der KMU-Wirtschaft nicht verschwinden darf.
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Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
FACHFRAU LEDER UND TEXTIL EFZ, FACHRICHTUNG PFERDESPORT – Das Reiten als Freizeitsport gewinnt in der Schweiz immer mehr an Bedeutung. Diese Entwicklung eröffnet der Branche neue Chancen, die sie auch zu packen weiss.
fertigt manchmal auch Gürtel und nimmt
Berufsbildner und Patron Urban
Handarbeit und am Werken mit dem duf-
Truniger freut sich über die vielen Fort-
tenden Leder ist sie oft froh um die Unter-
schritte, die er Rebecca attestiert. «Sie
stützung durch mechanische Geräte wie
mag halt die Arbeit und den Arbeitsplatz»,
beispielsweise die Abspaltmaschine, die
begründet der Thurgauer, der selbst pas-
das Leder dünner macht. «Die Maschinen
sionierter Reiter und Gespannfahrer ist.
REBECCA: ” R
Seine achtköpfige Belegschaft in Bürglen
COMPUTER UND BÜRO SIND NICHT MEIN DING.
besteht ausschliesslich aus Frauen (EquiNomic hat auch eine kleine Niederlassung in Deutschland für die EU-Kundschaft). «Früher war der Sattler fast ausschliesslich ein Männerberuf. Doch heute haben die Buben generell wenig Interesse an handwerklichen Berufen, während die Mädchen einen Bezug über das Reiten haben.» Truniger ist überzeugt, dass seine
ebecca Ammann liebt Pferde und lässt daran keine Zweifel
haben den Vorteil, dass sie exakt arbeiten,
Branche – in der Schweiz gibt es rund
aufkommen. «Ich reite schon seit ich laufen kann», kommen-
was für mich noch teilweise schwierig ist.»
50 Betriebe – die Zukunft nicht fürchten
tiert die 18-Jährige ihre Leidenschaft. Bereits mit acht Jahren
Rebecca schätzt auch das Fachsimpeln
muss: «An Aufträgen wird es uns kaum
hat sie ihr erstes Turnier geritten, wobei sie zuerst vom Springen
mit den Kunden: «Es geht ja meistens um
fehlen. Der Pferdesport wird immer popu-
angetan war. Heute steht für sie das vielseitige CC-Reiten im
Pferde und Reiten.» Keine Probleme hat sie
lärer, und es gibt ständig neue Disziplinen
Vordergrund: das ehemalige «Military» besteht aus drei Teilprü-
in der Schule, in der neben Fachkennt-
wie etwa das Western- oder Trailreiten.
fungen in den Disziplinen Dressur, Geländeritt und Springen.
nissen auch viel Wissen im Bereich der
Entsprechend wird in diesem Bereich kräf-
«Ich bin nicht schlecht, aber zum richtigen Erfolg braucht es sehr
allgemeinen Leder- und Textilbearbeitung
tig investiert. Denn zu guten Tieren gehört
gute Pferde – und die kann ich mir leider nicht leisten», sagt die
vermittelt werden. Sehr interessant seien
eben auch gutes Reitzubehör.»
junge Zürcherin. «Aber es macht trotzdem viel Spass.»
die Blockkurse, die im österreichischen
Für Rebecca Ammann ist die Zukunft
Vorarlberg stattfinden (für die Romands
«derzeit nicht so wahnsinnig wichtig». Nach
in Vevey).
Lehrabschluss würde sie – nach heutigem
32
Handwerk 1/2014
FRAUEN IM VORMARSCH
Reparaturen vor. Bei aller Freude an der
LIEBER HANDARBEIT Als gute Sekundarschülerin hätte Rebecca so ziemlich alle
Wenn sie nach der Lehre genügend Er-
Ermessen – gerne bei Urban Truniger in
Lehrberufe ergreifen können. Doch für sie stand fest, dass sie ein
fahrungen gesammelt hat, kann sie den
Bürglen bleiben und mit der Zeit an Wei-
Handwerk lernen wollte, möglichst im Bereich des Pferdesports.
kompletten Sattelbau in Angriff nehmen.
terbildung und Höhere Fachprüfung den-
«Zudem sind Computer und Büro überhaupt nicht mein Ding, ich
Das Kundengespräch wird dann zu ei-
ken. «Aber vielleicht ergibt sich eine andere
arbeite gern mit den Händen.» Weil ihre Eltern langjährige Kun-
nem zentralen Bestandteil ihrer Tätigkeit.
Gelegenheit, nur muss es etwas mit Pfer-
den der Sattlerei EquiNomic im thurgauischen Bürglen waren,
Denn der Pferdesitz ist stets individuell
den zu tun haben.»
lag es nahe, in diesem Betrieb eine Schnupperlehre zu machen.
gestaltet, weil die jeweilige Anatomie des
Nach einer Woche stand ihr Entschluss fest, «Pferdesattlerin»
Reiters für die Form ausschlaggebend ist.
(heute: Fachfrau Leder und Textil, Fachrichtung Pferdesport) zu
Schlecht passende Sättel können durch-
werden. Dafür nimmt sie auch das tägliche Zugpendeln – rund
aus zu Haltungsschäden und Rückenpro-
100 Minuten – von ihrem Wohnort in Riet bei Neftenbach in Kauf.
blemen führen. Hier liegt auch der grosse
In ihrem Bekanntenkreis gilt ihre Berufswahl übrigens als «echt
Vorteil der handwerklichen Sattler: ihre
cool», obwohl die wenigsten Freunde über ihre Arbeit genauer
Massprodukte sind höchstens 20 Prozent
Bescheid wissen.
teurer als Serienware, was den Preisunter-
Als Zweitjahr-Lernende kann Rebecca Ammann schon allerlei Aufträge selbstständig erledigen. Die Bandbreite reicht von Zaumzeug über Steigbügelriemen bis zu Sattelgurten, doch sie
schied nach Ansicht von Experten durchaus rechtfertigt.
Die Pferdeliebhaberin Rebecca Ammann hat ihren Traumberuf gefunden. Das Fachsimpeln über Pferde und Reiten gehört natürlich dazu.
WAS BRAUCHT ES? - Flair für Rechnen und Geometrie - Handwerkliches Geschick - Kontaktfreudigkeit - Sinn für Formen und Farben - Zeichnerische Begabung - Geduld und Ausdauer
WIE LÄUFT ES? - 3 Jahre Grundbildung - 1 Tag Berufsfachschule pro Woche - Mehrtägige über betriebliche Kurse - Berufsmaturität bei guten schulischen
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Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
Bereits im zweiten Lehrjahr kann Rebecca Ammann viele Aufträge selbstständig erledigen. Berufsbildner Urban Truniger freut sich über die vielen Fortschritte seiner Lernenden.
RETO: ”
ANGST HABE ICH NIE, RESPEKT IMMER. HUFSCHMIED EFZ – Die Arbeit mit T ieren weckt Emotionen. Entsprechend gross ist das Interesse am Beschlagen von Pferden & Co. Doch der Beruf stellt hohe Anforderungen.
34
Handwerk 1/2014
R
NACHWACHSENDER ARBEITSVORRAT
Die Arbeit dauert rund eine Stunde. Der 50-Jährige besitzt in Wiesendangen bei Winterthur ein Unternehmen
Für Reto Eggenberger gab es bei der
mit zwei Mitarbeitenden und zwei Ler-
Berufswahl nie Zweifel: er machte es ein-
nenden. Da Urs Teuscher einen Misch-
fach seinem Vater nach, der in Amriswil
betrieb hat, also auch Schlosserarbeiten
TG eine Hufschmiedewerkstatt betreibt.
ausführt, dürfen seine Lernenden beides
«Mir gefällt gerade die Kombination von
tun. «Das Beschlagen ist harte Arbeit, die
Hufbeschlag und Metallarbeiten», sagt der
viel Kraft und Können erfordert. Durch
19-Jährige. Hat er vor den Pferden nie
die Arbeit in gebückter Haltung wird der
Angst gehabt? «Angst habe ich nie, Res-
Körper stark belastet. Die Schmiede- und
pekt immer», zitiert er das Motto seines
Metallbauerarbeiten sorgen für den nöti-
Ausbildners. Wenn Pferde oder Esel nicht
gen Ausgleich.» Urs Teuscher ist deshalb
still stehen oder gar ausschlagen woll-
nicht «ganz glücklich» mit Teilen der 2008
ten, habe dies meistens einen konkreten
durchgeführten Reform der Ausbildung,
Grund, etwa Schmerzen oder schlechte Er-
die eine Trennung der bisherigen Schmied-
fahrungen vom früheren Beschlagen.
eto Eggenberger ist nun im dritten Lehrjahr. Am Anfang war
Hufschmied-Kombilehre und die Speziali-
Eggenberger hat klare Vorstellungen
ihm die Helferrolle zugeteilt. Er musste jeweils die Beine
sierung auf den Hufbeschlag brachte. Ge-
für die Zeit «danach»: nach einem nicht
der Tiere hoch halten. Denn in der Schweiz ist es Tradition mit
rechterweise müsse man aber festhalten,
allzu langen Auslandaufenthalt möchte er
einem «Aufhalter» Pferde zu beschlagen. «Ferrer à la française»
dass die Fokussierung auf die Pferdekunde
ins väterliche Geschäft einsteigen. An Ar-
heisst dieses Vorgehen; die übrige Welt zieht die Methode «ferrer à
auch klare Vorteile habe. «Die nach dem
beit dürfte es ihm nicht fehlen: Die Zahl
l’anglaise» vor, bei der der Hufschmied auf sich allein gestellt ist.
neuen System ausgebildeten Berufsleute
der Hufträger steigt seit Jahren unaufhör-
haben ein viel breiteres Wissen im Hufbe-
INTENSIVER LERNPROZESS
lich. Laut aktuellen Statistiken leben in
schlag, sowohl theoretisch als auch prak-
Spezialkenntnisse den Tierarzt ergänzen
der Schweiz derzeit etwa 110’000 «Equi-
Das Anbringen des Eisens verlangt eine ausgiebige Erfah-
tisch.» Man müsse sich auch vor Augen
und allfällige Missbildungen, Erkrankun-
den», also Pferde, Ponys, Esel, Maultiere
rung – «Man kann den Huf ja nicht messen, man muss mit
halten, dass erst seit 2004 an den Lehrab-
gen sowie Verletzungen an Beinen und
und Maulesel. Und jedes dieser Tiere
Augenmass die Form erkennen. Das ist ein intensiver Lernpro-
schlussprüfungen mit lebenden Pferden
Hufen rechtzeitig diagnostizieren. Mit der
braucht durchschnittlich alle sechs bis
zess», erläutert Eggenbergers Berufsbildner Urs Teuscher. Zuerst
gearbeitet werde, vorher wurde an toten
Wahl der richtigen Eisen – und ihrer fach-
acht Wochen vier neue «Schuhe».
kontrolliert der Schmied den Gang des Tieres. Das alte Eisen
Hufen beschlagen.
gerechten Anbringung – oder verschiede-
Einen Wunsch hätte der 19-Jährige: er
nen Alternativbeschlägen und Hufschuhen
möchte an nationalen und internationalen
stellt man sicher, dass sich die Tiere wohl
Berufswettbewerben mitmachen. Das er-
fühlen. Die Pferde tragen diese ‹Schuhe› ja
staunt nicht, denn die Eidgenossen pflegen
24 Stunden am Tag.»
fast bei allen Wettkämpfen Spitzenränge
wird entfernt und der wachsende Huf wird in die von der Natur vorgegebene Form zurückgeschnitten und zurechtgeraspelt. Das
DEN TIERARZT ERGÄNZEN
passende Fabrikeisen wird ausgewählt und in der Esse oder im
Für Urs Teuscher ist klar: «Der Huf-
Gasofen erhitzt und durch Schläge auf dem Amboss in die rich-
schmied ist heute nicht einfach der ‹Ross-
tige Form gebracht. Danach wird es aufgerichtet und aufgenagelt.
besohler›, er kann und soll aufgrund seiner
zu belegen.
WAS BRAUCHT ES? - Abgeschlossene Volksschule - Freude an der Arbeit mit Pferden und mit Metall - Geschickte Hände - Kraft und körperliche Fitness - Einfühlungsvermögen - Interesse an Kundenkontakten
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - 1 Tag pro Woche an der Berufsfachschule - Berufsmaturität bei guten schulischen Leistungen möglich - Weiterbildung zum Qualifizierten Hufschmied
35
Handwerk 1/2014
- Höhere Fachprüfung
Reto Eggenberger profitiert vom enormen Wissen seines Berufsbildners Urs Teuscher. Für den Hufschmied ist nicht nur das Beschlagen wichtig, sondern auch die Kenntnis von Anatomie und Fusskrankheiten der Pferde.
E
nde des dritten Lehrjahrs weiss Joshua Ritler wovon er
zu Missgeschicken kommen. «Edelmetall
mag. Hinzu kommt die fast unendliche
spricht, wenn er behauptet: «Goldschmieden ist definitiv ein
kann man wenigstens wieder einschmel-
Vielfalt an Materialien und Steinen und
handwerklicher Beruf. Am Anfang bohrt, schneidet und feilt man
zen», weiss auch Joshua Ritler aus Erfah-
deren Verwendungsmöglichkeiten. Er,
sich in die Finger. Doch das ist normal», fügt er schulterzuckend
rung. «Aber Steine sind sehr heikel, kosten
der sich ursprünglich stark von der grafi-
hinzu. – Und nimmt damit gleich vielen Schulabgängern, die mit
schnell mal Tausende von Franken. Und
schen Branche angezogen fühlte, ist heute
dem Goldschmiedeberuf liebäugeln, weil sie sich künstlerisch
wenn ein Stein kaputt ist, ist nichts zu
rundum zufrieden mit seiner Berufswahl:
und kreativ betätigen möchten, eine grosse Illusion.
machen», bringt er es auf den Punkt.
«Diese Verbindung des Gestalterischen
Akzeptieren musste der junge Berner
36
Handwerk 1/2014
JAHRELANG GEDULD HABEN
und Technischen ist perfekt für mich.»
auch, dass es etwa zwei Jahre dauert,
COMPUTER ALS HELFER
Seine Berufsbildnerin, Claudia Neuburger, eidgenössisch dip-
bis man überhaupt die Fähigkeiten hat,
lomierte Goldschmiedemeisterin und langjährige Prüfungsexper-
ein einfaches Schmuckstück von A bis Z
In der Technik sieht Joshua denn
tin und Lehrbeauftragte der Schule für Gestaltung Bern, doppelt
selber herzustellen. «Vielleicht beherrscht
auch eine Zukunftsmöglichkeit für die
nach: «Der Beruf weckt viele romantische – falsche – Vorstellun-
man erst nach zehn Jahren alles so, wie
Goldschmiede-Branche, betont aber, dies
gen von Selbstverwirklichung und Kreativität, doch das steht erst
man möchte. Vorher muss man sich mit
sei seine ganz persönliche Meinung: «Ich
an zweiter Stelle. In erster Linie ist es ein technischer Beruf, der
den eigenen Grenzen abfinden, auch wenn
glaube, CNC- und CAD-Programme und
sehr viel Geduld, Ausdauer und Sitzleder braucht.»
man weiss, dass es besser ginge», gibt er
3-D-Drucker werden auch in unserer
Gerade mit der Geduld hatte es der 19-jährige Joshua früher
sich erstaunlich abgeklärt. Ein Frust sei
Branche an Bedeutung gewinnen. Man
nicht so: «Eigentlich bin ich von der Persönlichkeit her nicht
das nicht: «Es ist eher der innere Perfekti-
wird sich als Goldschmied damit befas-
geduldig, doch wenn ich an der Arbeit sitze, ist es plötzlich an-
onist, der leidet, doch das geht vielen Gold-
sen müssen.» Vielleicht werde man in ein
ders.» Er kann sich jedoch gewaltig über sich selbst ärgern,
schmieden so.»
paar Jahren ein Schmuckstück zuerst am
wenn er stunden- oder gar tagelang an einem Schmuckstück
Am schönsten ist es für Joshua, wenn
Computer entwerfen und danach nur noch
gearbeitet hat und dieses kurz vor Ende noch verpfuscht, nur
er ohne Kompromisse bei Material und Zeit
von Hand fertig machen. «Als Goldschmied
weil er sich nicht genügend Zeit genommen hat. «Man ist immer
ein möglichst perfektes Stück herstellen
muss man sich wohl entscheiden, welchen
selber schuld.»
darf – und der Kunde natürlich auch wil-
Weg man gehen will – Tradition, Moderne
lens ist, den Preis dafür zu bezahlen.
oder Kunst.» Seine eigene Zukunft sieht
EIGENE GRENZEN AKZEPTIEREN Damit eine Ausbildung für den Betrieb nicht zu kostenintensiv wird, arbeiten die Lernenden anfänglich monatelang nur mit Messing-Übungsstücken. Doch auch danach kann es noch
GOLDSCHMIED EFZ – Für viele Leute ist es der kreative Traumberuf. Doch ohne Durchhaltevermögen, sehr viel Geduld und handwerkliches Geschick geht gar nichts. Erst danach ist Raum für Schönheit.
er ganz klar in der Moderne, wobei es ihm
VIELFÄLTIGE ARBEIT UND MATERIALIEN
besonders die 3-D-Techniken angetan haben. Die Berufsmaturität ist für den
Die Kundschaft in Claudia Neuburgers
jungen Berner jedoch kein Thema. «Ich
Goldschmiedeatelier Punctum Aureum in
war schon froh, als ich die obligatorische
der Berner Altstadt ist grösstenteils weib-
Schule hinter mir hatte.» Eher hält er es
lich, aber bunt gemischt. Dementspre-
für möglich, dass er nach der Lehre für die
chend vielfältig ist die anfallende Arbeit:
Weiterbildung die Goldschmiedeschule im
nebst neu zu kreierenden Stücken gibt
deutschen Pforzheim besucht.
es auch Reparaturen und Änderungen zu erledigen. Diese Abwechslung ist es, die Joshua Ritler an seinem Beruf besonders
JOSHUA:
ES IST DEFINITIV EIN HANDWERKLICHER BERUF.
”
Joshua Ritler muss neben den handwerklichen Fertigkeiten auch noch Geduld lernen: «Der Goldschmied ist ein technischer Beruf, der viel Ausdauer und Sitzleder braucht.»
Berufsbildnerin Claudia Neuburger sorgt dafür, dass Joshua Ritler sämtliche Grundtechniken erlernt. In der Zukunft wird jedoch die computergesteuerte Technik eine noch wichtigere Rolle spielen.
WAS BRAUCHT ES? - Manuelles, feinmotorisches Geschick - Technisches Verständnis - Gestalterisches Flair, Kreativität, Sinn für Schönheit - Dreidimensionales Vorstellungsvermögen - Gutes Sehvermögen (auch mit Brillen) - Geduld, Sorgfalt, Ausdauer
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - 1 Tag Berufsfachschule pro Woche - 1 überbetrieblicher Kurs pro Jahr (anfangs Lehre 7 Wochen, dann reduziert
guten schulischen Leistungen möglich - Weiterbildung: Höhere Fachprüfung Goldschmiedemeister/in, Höhere Fachschule (z. B. Produktedesign)
37
- Berufsmaturität bei
Handwerk 1/2014
bis auf 2 Wochen)
GRAVEURIN EFZ – Es gibt kaum einen Beruf, der durch das Aufkommen der Computertechnik so verwandelt wurde. Doch die Wurzeln dieser uralten handwerklichen Kunst sind trotzdem noch intakt.
LAURA:
Berufsbildner Beat Heidersberger be-
men, zumal der Beruf für Frauen geeignet
treibt seit 1995 sein kleines Atelier (mit
ist, die wir vermehrt ansprechen könnten.»
Hilfe einer Vollzeit- und einer Teilzeitkraft
Der 47-jährige Graveur, der sich im nörd-
sowie der Lernenden) hinter dem Aargauer
lichen Nachbarland den Meistertitel holte,
Kunstmuseum. Gerade in diese Zeit fiel
findet das heutige Ausbildungsniveau
der grosse Umbruch in der Branche. Ein-
in der Schweiz «sicher genügend». Dass
geläutet wurde er durch technologische
kein zweiter Albrecht Dürer dabei heraus-
Fortschritte und neue Arbeitsinhalte. «Die
komme, sei zwar logisch, doch die Jungen
CNC-, Laser- und Pantograf-Gravierma-
bekämen eine gute Basis. «Danach steht
schinen stellten unsere eher gemächliche
der Weg zur Spezialisierung offen. Sogar
Welt tatsächlich auf den Kopf. Zudem
mit klassischen Gravuren kann man sich
änderten sich auch die Arbeitsinhalte.
eine zukunftsträchtige Existenz aufbauen.»
So wurde etwa die klassische Gravur an
IM ZWEITEN ANLAUF HAT ES DOCH GEKLAPPT.
”
Laura teilt diesen Optimismus. Sie will denn auch ihrem Traumberuf die Treue halten, obwohl die behaglichen Zeiten des eindrucksvollen Graveurtisches, des Binokulars und der Kopflupe weitgehend vorbei sind. «Wichtig ist mir, dass die Kreativität
anchmal braucht es halt mehrere Versuche, bis man das
während neue Arbeiten, hauptsächlich für
nicht erdrückt und die Vielfältigkeit nicht
Richtige gefunden hat», sagt Laura. Die 23-Jährige, die
die Industrie, hinzukamen.» So müssten
durch geistlose Massenproduktion abge-
das letzte Lehrjahr absolviert, hat ihr Praktikum als Fotofachfrau
viele Produkte, insbesondere im Medtech-
löst werden.»
«schon längst vergessen». Dieser Beruf sei für sie – die Digital-
Bereich, wegen Rückverfolgbarkeit heute
kamera lässt grüssen – zu einer Sackgasse geworden. Bei einem
klare Herkunftsangaben aufweisen. Ein
gestalterischen Vorkurs hatte sie das Gravieren entdeckt, und es
Beispiel dafür sind etwa die Zahnimplan-
war Liebe auf den ersten Blick. «Ich habe sofort gesehen, dass
tate, die von den Graveuren mit einem
mich die allermeisten Arbeitsinhalte ansprechen», blickt die ge-
Code versehen werden. Strenge Sicher-
bürtige Kolumbianerin gern zurück.
heitsvorschriften zwingen aber auch die
38
Handwerk 1/2014
M
Zinnkannen und Pokalen zur Nebensache,
Hersteller von Kabelsträngen und Steck-
HANDARBEIT UND TECHNIK Laura mag an ihrem Beruf vor allem die Kombination zwi-
dosen für Grossanlagen wie Flughäfen zur Beschriftung ihrer Produkte.
schen der kreativen Handarbeit und dem Einsatz moderner Technik, also von Computern, Lasergeräten und 3-D-Graviermaschinen. «Die Apparate übernehmen heute weitgehend die Se-
FRAUEN VERMEHRT ANSPRECHEN
rienfertigung, sodass uns viel mehr Zeit für die eigentliche gestal-
Der engagierte Berufsbildner («dieser
terische Arbeit bleibt.» Und daran fehlt es nicht: es werden immer
uralte schöne Beruf darf nicht ausster-
noch Gegenstände und Schmuckstücke mit Gravuren (etwa Or-
ben») trauert der Vergangenheit nicht
namenten, Signeten, Schriftzügen und Logos) versehen. Dazu
nach, auch wenn er den ständigen Zwang
braucht man nicht selten auch selbst hergestellte Stanz- und
zu Neuinvestitionen nicht sonderlich
Prägewerkzeuge sowie Originalschablonen. «Wir setzen meistens
schätzt. In der Endabrechnung überwögen
Kundenwünsche um, und das lässt uns häufig viel Spielraum. Im
die Vorteile: «Für die einzelnen Graveure
Idealfall ist ein Auftrag ein Projekt, das wir gemeinsam mit dem
ist das Spektrum breiter geworden, sie
Auftraggeber entwickeln», betont die junge Frau in lupenreinem
haben in der Regel mehrere Standbeine.»
Aargauer Dialekt. Als ihre Lieblingsschrift bezeichnet sie wohl
Entsprechend hofft der gebürtige Basler,
nicht ganz zufällig die Helvetica («genial einfach und trotzdem
dass künftig wieder mehr Lehrstellen an-
elegant»). Nach zehn Jahren in der Schweiz ist für sie Integration
geboten würden. «Es wäre schade, wenn
«absolut kein Thema»; hier ist ihr Lebensmittelpunkt.
wir einen Mangel an Fachkräften bekä-
WAS BRAUCHT ES? - Abgeschlossene Volksschule - Gute Leistung im Zeichnen und Rechnen - Handwerkliches Geschick und technisches Verständnis - Freude an Computerarbeit - Selbstständigkeit
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - 1 Tag pro Woche an der Berufsfachschule - Berufsmaturität bei guten schulischen Leistungen möglich - Modulare Weiterbildung - Meisterprüfung (nur in
39
Handwerk 1/2014
Deutschland möglich)
Laura ist froh, dass die Apparate die Serienfertigung übernehmen, so dass mehr Zeit für die eigentliche gestalterische Arbeit bleibt. Berufsbildner und Patron Beat Heidersberger sorgt dafür, dass sie die verschiedenen Techniken von Grund auf erlernt.
I
ch will möglichst viel lernen, weil ich das Wissen und die Er-
dem werde sein Deutsch immer besser,
nicht optimal geklappt. Fachleute fehlen
fahrungen ganz konkret für meine Zukunft brauche», sagt Gil-
sodass er die Blockkurse in Lenzburg AG
aber auch in der Armee. Für Abhilfe sor-
les Dufaux. Der 19-Jährige steht tatsächlich etwas unter Druck,
nicht mehr so fürchte. Eine Wahl hat er
gen soll nun eine kombinierte Ausbildung,
denn er wird in ein paar Jahren in die Familienfirma in Granges-
ja nicht, in der Romandie gibt es nämlich
die im kommenden Sommer beginnt. Da-
Paccot eintreten, weil sich sein Vater Pierre-Alain pensionieren
keine Fachschule.
bei werden die Lernenden sowohl in den
lassen will. Zu diesem gewichtigen Schritt muss der junge Berufsmann nicht gezwungen werden: «Mir gefällt das Metier, ich
Handwerk 1/2014
Lehrwerkstätten in Meiringen im Einsatz
schiesse sehr gern, und das Team in der Firma ist super.» Als
Die Wissenspalette ist vielleicht noch
stehen. Daniel Wyss wird diese Premiere
Pistolenschütze (10 und 25 Meter) gehört Dufaux junior bereits
ein gutes Stückchen grösser, weil sein Be-
zusätzlich mit einer anderen kombinie-
zum Nachwuchskader.
rufsbildner Daniel Wyss ist. Der Burgdorfer
ren – er wird erstmals eine Frau ausbilden.
Unternehmer gilt in der Branche, die etwa
«Es gibt absolut keinen Grund, warum die
100 Betriebe zählt, als Perfektionist und
Waffentechnik den Männern vorbehalten
Sein Einstieg in die Büchsenmacherei – als Romand hat er
Tüftler. Seine Erfindungen und Spezialan-
werden sollte.»
mit dieser Bezeichnung ziemlich Mühe und spricht lieber von
fertigungen machten ihn über die Grenzen
Vorurteile und Anfeindungen sind
Waffentechnik – ist sorgfältig geplant. Zuerst hat Gilles eine
der Schweiz hinaus bekannt. Letztes Bei-
Wyss nichts Neues, auch Dufaux kennt sie
dreijährige Grundbildung als Produktionsmechaniker hinter sich
spiel für die Innovationskraft von (Nicht-
zur Genüge. «Leidenschaftliche Jagdgeg-
gebracht, jetzt macht er die zweijährige Zusatzlehre als Büch-
jäger) Wyss ist sein Fangschussgeber, der
ner werden wir kaum je bekehren können,
senmacher. Das Pflichtenheft ist eine Herausforderung: neben
dank einem kleineren Kaliber das Fleisch
aber wir hoffen auf eine Art Waffenstill-
der Metall- und Holzbearbeitung gilt es auch Optik, Ballistik,
der Tiere schont. Auch in Sachen Sport-
stand, weil wir ihre Ansichten respektie-
Elektro- und Steuerungstechnik sowie technisches Englisch und
schiessen setzt er die Latte hoch: er hat
ren.» Eher schwieriger sei die Argumenta-
Kundenbetreuung (im Laden oder im firmeneigenen 100-Meter-
ein eigenständiges Kleinkalibersystem für
tion gegenüber Leuten, die grundsätzlich
Schiesskeller) zu lernen. Ebenso brauche es für die Reparaturen
die legendäre Pistole SIG 210 entwickelt.
alle Schusswaffen ablehnten. «Sie müss-
viele Spezialkenntnisse. Für den Freiburger ist klar: «Möglicher-
Jährlich baut er etwa 50 Exemplare des
ten begreifen, dass nicht das Gewehr oder
weise werde ich noch ein drittes Jahr anhängen, weil das Pen-
«Kleinkalibersystems Modell Wyss», die
die Pistole das Problem sind, sondern der
sum sehr umfangreich und anspruchsvoll ist.» Er habe aber
in Fachkreisen einen hervorragenden Ruf
Mensch, der den Finger am Abzug hat.»
viel Freude an der Arbeit, vorab an der handwerklichen. «Man
haben. Für die komplizierten Entwicklun-
hat plötzlich konkrete Resultate vor sich. Es ist beispielsweise
gen verlässt sich Wyss auf den Mitarbeiter
schön, wenn ich einen Holzschaft fehlerfrei machen kann.» Zu-
namens Computer, mit dem er seine Ideen
GILLES: ”
in dreidimensionale Bilder verwandelt. In
ANSPRUCHSVOLLES PENSUM
40
Meisterbetrieben als auch in den Militär-
INNOVATIVER AUSBILDNER
DAS IST KEIN JOB FÜR WAFFENNARREN. BÜCHSENMACHER EFZ – Die Schweiz mit ihrer Milizarmee braucht und pflegt das Schiesswesen. Neben Soldaten und Sportschützen sind auch die zahlreichen Jäger auf gute Waffen und modernes Zubehör angewiesen.
der Werkstatt, in der ein Facharbeiter und zwei Lernende beschäftigt sind, werden die Prototypen angefertigt. «Ein langwieriger Prozess», findet der Patron, «Aber sehr spannend», kontert Lehrling Dufaux, der es gar nicht mag, wenn man ihn nach der Faszination der «Büchsen» fragt. «Das ist kein Job für Waffennarren, es hat wohl genug Platz für eine kontrollierte Vorliebe, aber sicher keinen für Exzesse.»
MEHR NACHWUCHS GEWINNEN Die Büchsenmacherei gilt wegen ihrer Vielseitigkeit als eine krisensichere Branche. Dennoch hat es in den letzten Jahren mit der Nachwuchsrekrutierung
Gilles Dufaux weiss heute, dass die Büchsenmacherei ein sehr komplexer Beruf ist, bei dem die Technik wichtiger ist als das Schiessen.
WAS BRAUCHT ES? - Technisches Flair und handwerkliches Geschick - Exakte Arbeitsweise - Hohes Verantwortungs bewusstsein - Sichere, ruhige Hand
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - 1 bis 1,5 Tage Berufsfachschule pro Woche (zusammen mit Polymechanikern) - Blockkurse für Fachkunde in Lenzburg (je 8 bis 10 Tage im 3. und 4. Lehrjahr) - Berufsmaturität bei guten schulischen
41
Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
Der junge Freiburger hat das Glück bei Daniel Wyss seine Ausbildung zu absolvieren. Der Burgdorfer Waffenmeister gilt in der Branche als der grosse Tüftler.
TEXTILTECHNOLOGIN EFZ, FACHRICH TUNG SEIL- UND HEBETECHNIK – Die Seilherstellung ist eines der ältesten Gewerbe überhaupt. Der technische Fortschritt hat das traditionelle Handwerk sehr verändert, doch die Faszination bleibt.
schrieben wurde. Die Grundbildung trägt
Die Flexibilität und Offenheit der Jungen
heute den Namen Textiltechnologin EFZ,
sei notwendig, denn die Arbeitsinhalte
Fachrichtung Seil- und Hebetechnik. Ihre
der Firma veränderten sich teils rasend
Berufsbildnerin Daniela Studer absolvierte
schnell, und die reine Seilproduktion trete
ab 2001 noch eine Lehre als Seilerin. Die
in den Hintergrund. «Wer hätte gedacht,
Beiden waren eigentliche «Pionierinnen»,
dass wir in nur drei Jahren 30 Prozent
die jeweils ersten weiblichen Lernenden,
des Umsatzes im Bereich der Fallschutz-
die diesen Beruf in der Schweiz erlernen
netze für die Bauwirtschaft erzielen, die
wollten. Studer war gar (neben den Gat-
wir nicht nur produzieren, sondern auch
JANA:
tinnen der Patrons) die erste Frau im zuvor
vermieten und warten? Oder dass wir bei
rein männlichen «Berger-Team», das heute
den Spielplatzgeräten eine solche Kompe-
«geschlechtsparitätisch» bestückt ist. «Es
tenz entwickeln, dass sogar Prominente
hat sich schnell gezeigt, dass Frauen in
sie für ihre Sprösslinge erwerben und wir
dieser Branche mit der gleichen Fingerfer-
schöne Exportaufträge haben?» Der Mut
IN EINEM BÜRO WÄRE ICH TOTAL VERLOREN.
42
Handwerk 1/2014
L
zur Diversifizierung und die stetige Suche nach neuen Exklusivitäten hätten sich
”
gelohnt: «Unser aktuelles Sortiment ist pfiffig und spricht eine breite Kundschaft an. Viele unserer Produkte sind Einzelstü-
ässt man sich von Jana Nützi durch die verwinkelten Räume
tigkeit arbeiten und den männlichen Fach-
cke, die auch etwas kosten dürfen», hält
der Seilerei Berger GmbH in Laupersdorf führen, so meint
kräften ebenbürtig sind», sagt die 29-Jäh-
Berger fest. Sein Fazit: «Die Branche hat
man, die Firmenchefin selbst zeige ihren Betrieb. Dabei ist eine
rige, die heute die Konfektionsabteilung
Zukunft, wenn sie nicht stehen bleibt und
erst 17-jährige Lernende am Werk – allerdings eine, die sich mit
leitet. Jana bestätigt es: «Das Geschlecht
dem Nachwuchs freien ‹Auslauf› lässt.» In
«ihrem» Unternehmen voll identifiziert und mit Begeisterung bei
ist bei uns kein Thema, wir ziehen alle
der Sache ist. Da preist sie Seile aus Polypropylen an – «besser
am gleichen Seil – und in die gleiche Rich-
Alleingang erledigen kann, etwa eine Liefe-
viel von der geplanten zweijährigen beruf-
als Hanf, leicht, wasserdicht und schwimmfähig» –, schildert die
tung.»
rung von Alpseilen. Da nehme ich gerne in
lichen Grundbildung, die mit dem eidge-
Kauf, dass ich am Abend vor lauter Kno-
nössischen Berufsattest (EBA) abgeschlos-
tenmachen steife Finger habe», sagt Jana
sen werden kann und die 2015 erstmals durchgeführt werden soll.
Vorzüge der Naturfasern wie Sisal, Jute und Baumwolle und vermeldet stolz, dass die Basler Fasnachtstrommler ihre Inst-
REEPERBAHN IN ZOFINGEN
diesem Zusammenhang verspricht er sich
rumente mit Spezialschnüren «natürlich von Berger» festzurren.
Für die angehende Berufsfrau ist die
mit hörbarem Stolz. Sie mag auch den
Dass Schweizer Freizeitcowboys ihre Lassos in Laupersdorf be-
gute Betriebsatmosphäre genauso wichtig
Theorieunterricht, der zu Beginn der Lehre
Mit ihren 17 Jahren denkt Jana Nützi
stellen, ist ihr nur eine kurze Bemerkung wert. «Die Seile müssen
wie die abwechslungsreiche Tätigkeit im
bis zu zwei Tage pro Woche beansprucht.
nicht sonderlich intensiv an die Zeit nach
weich sein, das ist nichts für Chemiefasern, da kommt Hanf zum
Alltag. «In einem Büro wäre ich total verlo-
Besondere Erlebnisse sind für die Solo-
der Ausbildung. Sie wolle sicher vorerst
Einsatz.»
ren, ich brauche die Handarbeit und den
thurnerin die überbetrieblichen Kurse, die
auf dem erlernten Beruf und in der Berger-
Janas Engagement ist gross – sie ist Seilerin mit Leib und
direkten Bezug zu den Produkten, die ich
teilweise an der Staatlichen Berufsschule
»Seili» bleiben. «Die Weiterbildung kommt
Seele. Und sie hat das Glück, dass sie in einem Unternehmen
herstelle.» Sie sei als Lernende privilegiert,
für Textilberufe im bayrischen Münchberg
automatisch; in diesem Beruf wird es im-
arbeitet, das auch im Zeitalter der Globalisierung und der Tech-
weil sie in allen Abteilungen eingesetzt
stattfinden.
mer wieder Neues geben.»
nologierevolution «altmodisch» funktioniert. Konkret heisst dies
werde, also sowohl bei der maschinellen
Patrons, die zupacken statt abzocken, keine Hetze, familiäre
Fertigung als auch in der Konfektionie-
Atmosphäre der 20-köpfigen Belegschaft und individuelle Förde-
rung. Besonders fasziniert ist sie von der
Oswald Berger, der die Firma zusam-
rung durch Weiterbildung.
Produktionsanlage in Zofingen, wo die
men mit seinem Bruder Simon erfolgreich
Firma eine 130 Meter lange Seiler-Bahn
führt, ist von der Notwendigkeit der beruf-
(im Fachjargon Reeperbahn genannt) be-
lichen Grundbildung überzeugt. «Die Ler-
Zweitjahr-Lernende Jana Nützi kommt aus Neuendorf, wo
treibt, in der extrem lange Seile gedreht
nenden sind später die besten Mitarbeiten-
die Firma vor dem Umzug nach Laupersdorf ihren Sitz hatte. Sie
werden. Aber die Erledigung grosser Auf-
den, sie kennen den Betrieb fast besser als
kannte die «Seili» von Ferienjobs, es war daher nur logisch, dass
träge mag sie am liebsten. «Es ist schon
die Chefs. Ich möchte deshalb möglichst
sie sich um die Lehrstelle bewarb, als diese in der Zeitung ausge-
befriedigend, wenn ich eine Bestellung im
viele Ausgelernte weiter beschäftigen.»
GESCHLECHT IST KEIN THEMA
AUSBILDUNG IST EIN MUSS
Ein Berufsleben als Seilakt: Jana Nützi braucht für ihre Ausbildung kein Auffangnetz.
WAS BRAUCHT ES? - Abgeschlossene Volksschule - Handwerkliches Geschick und technische Begabung - Exakte Arbeitsweise - Geduld und Ausdauer
WIE LÄUFT ES? - 3 Jahre Grundbildung - Pro Woche bis zu 1,5 Tage an der Berufsfachschule - Monatlich 1 Tag Fachunterricht - Berufsmaturität bei guten schulischen
43
Handwerk 1/2014
Leistungen möglich
Zwei Frauen, die im SeilmacherBeruf als «Pionierinnen» gelten können: Jana Nützi und ihre Berufsbildnerin Daniela Studer waren jeweils die ersten weiblichen Lernenden.
H
ochseilartisten müssen wir nicht sein, aber Leute mit Hö-
ten eben weniger Fehler zu begehen, weil
also der Kundenkontakt mit Billettverkauf,
henangst wären bei uns sicher fehl am Platz», meint Cedric
sie auch bei Wind und Schneefall improvi-
Erteilen von Auskünften und Fahrtbeglei-
sieren könnten.
tung. «Diese kürzere Ausbildung eignet
Aellig. Der 20-jährige Berner Oberländer korrigiert sofort das romantische Bild der wagemutigen Kerle, die vor einer atemberau-
Für Aellig ist die jetzige Lehre die
sich auch als Zweitausbildung für Leute,
benden Bergkulisse tarzanmässig von Mast zu Mast hüpfen. «Wir
Zweitausbildung. Sein Erstberuf war
die Teilzeitarbeit vorziehen», ist Nägeli
halten uns je nach Aufgabe 60 bis 80 Prozent im Freien auf, und
Spengler «und eigentlich ganz recht».
überzeugt. Sie sei aber auch ein wichti-
da gehört die Kontrolle der teils sehr hohen Masten und der dort
Dann habe er im Fernsehen eine Repor-
ger Schritt zur Verbesserung des Gäste-
angebrachten Rollen dazu. Aber in der Regel machen wir keine
tage über die neue Seilbahn-Grundbildung
services. «Die Seilbahnbranche hat heute
‹Kletterpartien›, sondern steigen von der Lastenbarelle auf. Wir
gesehen und war davon sofort angetan.
leider nicht das beste Image. Die beiden
arbeiten natürlich ausreichend gesichert und immer zu zweit.»
Bei den Meiringer Bergbahnen habe man
Grundbildungen könnten für eine Korrek-
Der etwas wortkarge Kandertaler verweist auf die Tatsache, dass
ihn mit offenen Armen empfangen. Weil er
tur sorgen, weil sie die nötige Professiona-
solche Einsätze vorab im Rahmen der üblichen Revisionen in den
bereits eine technische Lehre hinter sich
lisierung garantieren», meint Nägeli.
Monaten Mai und November erfolgen. «Notfälle gibt es eigentlich
hat, braucht er nur drei statt der vorge-
sehr selten, weil der sorgfältige Unterhalt sie auf ein Minimum
schriebenen vier Jahre «abzudienen». Im
reduziert.»
Mittelpunkt der Ausbildung stehen Seil-
Cedric Aellig ist sich bewusst, dass
bahntechnik sowie Mechanik, Hydraulik
der Lehrabschluss «zugleich der Anfang
44
Handwerk 1/2014
SICHERHEIT GEHT STETS VOR
ROSIGE AUSSICHTEN
und Elektrik. Die theoretische Schulung
der ständigen Weiterbildung ist». Neben
Heikel könnte es dennoch werden, vor allem wenn das Wetter
erfolgt in Form von Blockwochen-Unter-
einer breiten Palette von Kursen im Aus-
stürmisch wird. Das ist bei den Bergbahnen der Region Meirin-
richt, der im Ausbildungszentrum Seilbah-
bildungszentrum Meiringen (etwa für den
gen-Hasliberg, wo Aellig seine Lehre macht, keine Seltenheit, denn
nen Schweiz in Meiringen stattfindet (die
Bereich Pisten- und Rettungsdienst) steht
hier bläst der Föhn häufig enorm stark. «Der jeweils verantwort-
Westschweizer werden in Sion geschult).
der Weg zum Seilbahnfachmann (Berufs-
liche technische Leiter entscheidet schliesslich, ob die Bahnen in Betrieb genommen werden können. Aber auch dabei steht die Sicherheit unserer Leute an erster Stelle.», betont Cedrics Berufs-
prüfung mit Fachausweis) und zur Höhe-
ATTRAKTIVE ATTESTAUSBILDUNG
ren Fachprüfung als Seilbahnmanager mit eidg. Diplom offen. Stefan Nägeli beurteilt
bildner Stefan Nägeli (35). Für den Vize-Betriebschef des Haslita-
Die duale Ausbildung der Bergbahn-
die Chancen auf dem Arbeitsmarkt jeden-
ler Unternehmens, das mit rund 50 Ganzjahresstellen (während
spezialisten mit Fähigkeitsausweis ist
falls überaus positiv: «Die Ausgelernten
der Saison bis zu 120) zu den grössten Arbeitgebern im Südosten
noch jung. Sie wurde erst 2006 einge-
sind bei den über 1’700 Schweizer Berg-
des Kantons Bern zählt, könne es «Unfälle nur geben, wenn zuvor
führt. Unter den Lernenden finden sich
bahnen gefragt. Auch im Ausland – so-
Fehler gemacht worden sind.» Und gut ausgebildete Leute pfleg-
auch einige (eher wenige) Frauen. Stefan
gar in den USA und in Kanada – gibt es
Nägeli ist überzeugt, dass der Anteil noch
verlockende Beschäftigungsmöglichkei-
etwas zunehmen werde, auch «wenn dieser
ten. An Mechatronikern fehlt es so ziem-
Job etwas für zupackende Frauen ist und
lich überall, natürlich sind sie ebenfalls
nichts für Damen». Wer mit Einsätzen in
bei den Seilbahnherstellern sehr begehrt.»
der rauen Natur weniger am Hut hat, kann
Entsprechend möchte er Aellig in Meirin-
auf die zweijährige berufliche Grundbil-
gen halten: «Der eigene Nachwuchs ist für
dung als Seilbahner(in) EBA mit Berufs-
uns besonders wertvoll.» Der junge Berufs-
attest ausweichen. Hier steht der nicht-
mann hält sich allerdings vorerst bedeckt.
technische Bahnbetrieb im Vordergrund;
«Nach Nordkorea gehe ich jedenfalls nicht»,
SEILBAHN-MECHATRONIKER EFZ – Ohne Bergbahnen würde das Tourismusland Schweiz anders aussehen. Für einen sicheren Betrieb und für eine gästefreundliche Betreuung braucht es aber speziell ausgebildete Fachleute.
CEDRIC: ”
GUT AUSGEBILDETE LEUTE MACHEN WENIGER FEHLER.
verspricht er schmunzelnd.
Bei allen Unterhaltsarbeiten geht die Sicherheit vor. Um wagemutige Kletterpartien kommt Cedric Aellig aber nicht herum.
WAS BRAUCHT ES? - Abgeschlossene Volksschule (mindestens mittlere Stufe) - Gute Leistungen in Mathematik und Physik - Technisches Flair - Fitness und Belastbarkeit
WIE LÄUFT ES? - 4 Jahre Grundbildung - Schulische Blockkurse in Meiringen BE - Mehrere überbetriebliche Kurs pro Jahr - Berufsmaturität bei guten schulischen Leistungen möglich - Höhere fachliche
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Handwerk 1/2014
Weiterbildung
Mechatroniker haben im In- und Ausland gute Beschäftigungsmöglich keiten. Als Spezialist ist Cedric Aellig überall begehrt.
HANDWERK VERMITTELN – IM FREILICHTMUSEUM! «Aus der Vergangenheit lernen, die Gegenwart verstehen, die Zukunft gestalten.» So lautet ein Kernsatz der neuen Strategie des Freilichtmuseums Ballenberg. Bereits seit Jahren werden hier rund dreissig verschiedene historische Handwerke gezeigt. 2013 widmete das Freilichtmuseum sein Jahresthema dem Handwerk, förderte die Eigenaktivitäten der Museumsgäste und rief zusammen mit dem Kurszentrum Ballenberg das Kompetenzzentrum für traditionelles Handwerk Ballenberg ins Leben. Damit setzt es ein starkes Signal für das Handwerk – auch für das gegenwärtige Handwerk. 2014 geht diese Leidenschaft
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Handwerk 1/2014
weiter: Das Jahresthema 2014 lautet Kick-Off Meeting in Aarberg: Im Januar 2014 werden von den Lernenden konkrete Pläne für SwissSkills Bern 2014 geschmiedet.
KÖNNEN IST BESSER WISSEN – VERMITTLUNG IM KURSZENTRUM BALLENBERG!
«Handwerk – heute». In dieser Saison vermittelt das Freilichtmuseum Handwerk nicht nur mit Ausstellungen, historischen Vorführungen und Mitmachmöglichkeiten,
schaffen wurde, übernommen, publiziert
das Interesse und die Freude für Hand-
zusätzlich sind junge Berufsleute eingela-
und werden diese in den nächsten ein
werk wecken und fördern. Handwerk ist
den, ihr Handwerk den Museumsgästen
bis zwei Jahren kontinuierlich ausbauen
eine Haltung: Aus diesem Grund haben
vorzustellen. Die Lernenden von Kleinst-
Seit 1996 hat das Kurszentrum Bal-
und ergänzen. Auch andere Projekte im
wir in Zusammenarbeit mit dem Schwei-
berufen, die ihre Berufe bei SwissSkills
lenberg in rund 2500 Kursen schon über
Bereich der Vermittlung von traditionel-
zerischen Gewerbeverband sgv, dem
Bern 2014 präsentieren, sind vom 23. bis
25’000 Menschen für Handwerk begeistern
lem Handwerk werden vom Bundesamt
Eidgenössischen Hochschulinstitut für
29. Juni zu Gast im Freilichtmuseum Bal-
können. Neben den Kursen, die im eigens
für Kultur unterstützt: die Generationen-
Berufsbildung EHB IFFP IUFFP, dem Frei-
lenberg. Begeisterung ist ansteckend. Die
dafür gebauten Gebäude sowie im unmit-
kurse, die Jung und Alt einladen «Hand
lichtmuseum Ballenberg und engagierten
jungen Berufsleute werden ihr Feuer für
telbar angrenzenden Freilichtmuseum Bal-
anzulegen», aber auch die Tagungen für
Berufsverbänden (Interessengemeinschaft
das Handwerk weitergeben an die Muse-
lenberg durchgeführt werden, realisieren
Handwerkerinnen und Handwerker, die
Musikinstrumentenbauer IGMIB, Interes-
umsgäste. Wer weiss, ob der eine oder die
wir im Rahmen des Kompetenzzentrums
ihre Vermittlungskompetenz weiterentwi-
sengemeinschaft Korbflechterei IGK, Inte-
andere der jüngeren Gäste danach viel-
traditionelles Handwerk Ballenberg weitere
ckeln möchten.
ressengemeinschaft Kunsthandwerk Holz
leicht selbst einen Handwerksberuf wählen
Ausserdem wird alle zwei Jahre in
IGKH, Verband Schweizer Bildhauer- und
wird?
Zusammenarbeit mit der Fondation Ju-
Steinmetzmeister VSBS) an verschiedenen
2008 wurde von der Unesco die Kon-
melles der «Prix Jumelles» für gutes Hand-
Teilprojekten gearbeitet, die auf die Swiss-
vention zur Bewahrung des immateriellen
werk und gute Vermittlung im Handwerk
Skills Bern 14 hin initiiert wurden. Eines
Kulturerbes lanciert. Der Bund hat die
vergeben. Und für den Lehrgang, der auf
dieser Projekte ist die Publikation «Hand-
Konvention ratifiziert und daraus sind die
die höhere Berufsprüfung «Handwerker/
werk», die wir Ihnen hier mit Stolz vorlegen
Listen der lebendigen Traditionen entstan-
in in der Denkmalpflege FA» vorbereitet,
können. In den 21 ganz unterschiedlichen
den. Das traditionelle Handwerk nimmt
wirken wir als erste Anlaufstelle für In-
Porträts von Lernenden lesen Sie, dass
darin einen hohen Stellenwert ein. Im Auf-
teressentinnen und Interessenten und
Handwerk Zukunft hat.
trag des Bundesamtes für Kultur haben
beraten diese.
Projekte der Vermittlung und der Dokumentation.
wir die Datenbank, die bei der Erstellung
Wir wollen Anstoss zu Veränderun-
der Studie «Traditionelles Handwerk» ge-
gen und neuen Sichtweisen geben und
Daniela Christen, Leiterin Kompetenzzentrum traditionelles Handwerk
Beatrice Tobler, Leiterin Ausstellung/Sammlung des Schweizerischen Freilichtmuseums Ballenberg
Holzhandwerker/in EFZ, Fachrichtungen - Drechslerei - Weissküferei Küfer/in EFZ Korb- und Flechtwerkgestalter/in EFZ Holzbildhauer/in EFZ IG KunstHandwerk Holz Untersteckholzstr. 40 4900 Langenthal 062 923 14 52 ig@kunsthandwerk-holz.ch www.kunsthandwerk-holz.ch
Gewebegestalter/in EFZ Interessengemeinschaft Weben IGW Müseggstrasse 10 8915 Hausen am Albis info@textilforum.ch www.igw-uta.ch
Folgende Organisationen haben das Projekt «Traditionelles Handwerk mit Zukunft» mit einer Patenschaft ab CHF 500 unterstützt (Stand 15.03.14):
Graveur/in EFZ Schweizerischer Verband der Graveure 8000 Zürich info@graveurverband.ch www.graveurverband.ch
- Seilerei Berger GmbH, 4712 Laupersdorf
- KWO Kraftwerke Oberhasli AG, 3862 Innertkirchen - BodenSchweiz Verband Bodenbelagsfachgeschäfte, 5036 Oberentfelden - Jakob AG, 3555 Trubschachen - Meister & Cie AG, 3415 Hasle-Rüegsau
- TVS Textilverband Schweiz, 8022 Zürich - Geflechtfabrik Tressa AG, 5612 Villmergen - Gebr. Thomann AG, 4253 Liesberg - Altmann Casting AG, 2563 Ipsach
Geigenbauer/in Geigenbauschule Brienz Oberdorfstrasse 94 3855 Brienz 033 951 18 61 info@geigenbauschule.ch www.geigenbauschule.ch
Bekleidungsgestalter/in EFZ, Schwerpunkt Pelzbekleidung SwissFur – Schweizerischer Pelzfachverband Dr. Markus Hugentobler, Geschäftsführer Kapellenstrasse 14 Postfach 5236 3001 Bern 031 390 99 00 secretary@swissfur.ch www.swissfur.ch
Musikinstrumentenbauer/in EFZ, Fachrichtungen - Blasinstrumentenbau - Blasinstrumentenreparatur - Klavierbau - Orgelbau - Orgelpfeifenbau Interessengemeinschaft Musikinstrumentenbauer IGMIB c/o Elin Office AG Amthausgasse 3
Fachmann/frau Leder und Textil, Fachrichtungen - Fahrzeuge und Technik - Feinlederwaren - Pferdesport IG LETEX Postfach 6252 Dagmersellen 062 756 49 43 info@ig-letex.ch www.ig-letex.ch
3011 Bern 031 313 20 00 info@igmib.ch www.igmib.ch
Goldschmied/in EFZ Verband Schweizer Goldschmiede und Uhrenfachgeschäfte VSGU Schmiedenplatz 5 Postfach 258 3000 Bern 7 031 329 20 72 info@zvsgu.ch www.detail.ch
Hufschmied/in EFZ Schweizerische Metall-Union Bildungszentrum Chräjeninsel 2 3270 Aarberg 032 391 99 44 flt@smu.ch www.smu.ch
Büchsenmacher/in EFZ Schweizerischer Büchsenmacherund Waffenfachhändlerverband Rütschelengasse 7 3400 Burgdorf 034 422 12 20 wysswaffen@bluewin.ch www.sbv-asa.ch Textiltechnologe, Textiltechnologin EFZ, Fachrichtung Seil- und Hebetechnik TVS Textilverband Schweiz Fürstenlandstrasse 142 Postfach 352 9014 St. Gallen 071 274 90 90 stgallen@swisstextiles.ch www.swisstextiles.ch Seilbahn-Mechatroniker/in EFZ Seilbahner/in EBA Ausbildungszentrum Seilbahnen Schweiz Zeughausstrasse 19 3860 Meiringen 033 972 40 00 ausbildungszentrum@seilbahnen.org www.seilbahnen.org
- Artsupport GmbH, 8153 Rümlang - Eichenberger AG, 5734 Reinach
Folgende Organisationen haben das Projekt «Traditionelles Handwerk mit Zukunft» mit einem Sponsoringbeitrag ab CHF 500 unterstützt (Stand 15.03.14): - Standortmarketing und Regionalentwicklung Region Haslital Brienz, Gemeinden: Brienz, Brienzwiler, Guttannen, Hasliberg, Hofstetten, Innertkirchen, Meiringen, Schattenhalb, Schwanden, Oberried - Mügeli Metalltechnik AG, 2575 Täuffelen
Im Projektteam «Traditionelles Handwerk mit Zukunft» haben mitgewirkt: - Walter Leist (Präsident IGMIB) – Projektleitung - Pepito Zwahlen (Vertreter IGK und IGKH) – Koordination Ausstellung SwissSkills - Eliane Spycher (Geschäftsleiterin IGMIB) – Projektoffice - Monika Brandenberg Schmid (Vertreterin VSBS) – Finanzen - Christine Davatz (Vizedirektorin sgv) – Projektlancierung/ Unterstützung - Hans-Heini Winterberger (Projektverantwortlicher EHB IFFP IUFFP) – Begleitung/Moderation von Anlässen - Daniela Christen (Kompetenzzentrum traditionelles Handwerk Ballenberg) – Dokumentation/Anlässe im Ballenberg
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Möchten Sie gerne mehr über diese Berufe erfahren? Weitere Informationen finden Sie unter www.berufsberatung.ch oder direkt bei folgenden Institutionen:
Steinbildhauer/in EFZ Verband Schweizer Bildhauerund Steinmetzmeister VSBS Birkenweg 38 3123 Belp 031 819 08 20 vsbs@vsbs.ch www.vsbs.ch
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INTERESSIERT?
SWISSSKILLS BERN 2014 Vom 17. bis 21. September 2014 finden in Bern die ersten, zentral durchgeführten Schweizer Berufsmeisterschaften statt: SwissSkills Bern 2014! 80 Berufe messen sich an Schweizermeisterschaften und 60 weitere Berufe präsentieren sich in anderer Form, darunter auch die sogenannten Kleinstberufe. Kleinst berufe sind vielseitige, innovative und attraktive Handwerksberufe mit weniger als 80 Lernenden über alle Lehrjahre. Sie vermitteln und bewahren ein grosses Fachwissen, das für den Werkplatz Schweiz Handwerk 1/2014
und für die kulturelle Vielfalt unverzichtbar ist. Die engagierten Berufsverbände, der Schweizerische Gewerbeverband sgv, das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB IFFP IUFFP, das Freilichtmuseum Ballenberg und das Kurs-
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zentrum Ballenberg wollen gemeinsam diese Berufe stärken und ihre vielfältigen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten bekannter machen. Wollen Sie mehr über diese Berufe erfahren? Besuchen Sie uns an der SwissSkills Bern 2014 in der Halle 1.1 auf dem BERNEXPO-Gelände. Wir freuen uns auf Sie. Öffnungszeiten Donnerstag, 18. September 14, 9 – 18 Uhr Freitag, 19. September 14, 9 – 18 Uhr
DAS PROJEKT «TRADITIONELLES HANDWERK MIT ZUKUNFT» WIRD UNTERSTÜTZT VON
Samstag, 20. September 14, 9 – 18 Uhr Sonntag, 21. September 14, 9 – 17 Uhr