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HANDWERK: HANDWERK 1/13

DIE INFORMATION DES KURSZENTRUMS BALLENBERG

Kurszentrum Ballenberg, CH-3858 Hofstetten Telefon 033 952 80 40, Fax 033 952 80 49 info@ballenbergkurse.ch, www.ballenbergkurse.ch Handwerk, traditionelles Bauhandwerk, zeitgenรถssische Gestaltung

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ANMERKUNG 1: ES KÖNNEN WOLLEN. «Ich komme ins Kurszentrum Ballenberg, weil ich es selber können und aus erster Hand kennenlernen will». So oder ähnlich hat es Franziska Beeli formuliert,

BEI EINEM GROSSTEIL DESSEN, WAS WIR HEUTZUTAGE WISSEN UND LERNEN NENNEN, HANDELT ES SICH NICHT UM DIE AUFNAHME EINER DIREKTEN BEZIEHUNG ZU FAKTEN, REGELN UND DINGEN, SONDERN ZU ‘OBJEKTIVIERTEM’ WISSEN.

Nico Stehr, Reiner Grundmann; Expertenwissen, Velbrück Wissenschaft, 2010

als sie kürzlich bei uns im Kurs war. Die Studentin der Hochschule der Künste Bern HKB, Studiengang Konservierung und Restaurierung im 4. Semester, hat von unseren 50% Rabatt profitiert: Sie besuchte den Kurs Schreinern/Einführung und machte unter Anwendung grundlegender handwerklicher Verbindungstechniken eine Kiste, die sie als Holzmustersammlung ausbauen will. Eine private Stiftung macht es möglich, dass Lernende und Student/-innen nur das halbe Kursgeld bezahlen müssen. Salopp ausgedrückt könnte man sagen, dass sie sich mit dieser Hälfte bei uns die andere Hälfte holen: zum Wissen auch noch das Können. Das Kurszentrum kann noch mehr leisten: Massgeschneidertes aller Art für besondere Zielgruppen. Beispielsweise sind wir auch parat für überbetriebliche Kurse in verschiedensten Berufsfeldern. Rufen

Sie uns an: Telefon 033 952 80 40. ■

Die zukünftige Holzmustersammlung von Franziska Beeli entsteht.


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Adrian Knüsel, Leiter Kurszentrum Foto: Nina Mann

ANMERKUNG 3: STÖRFALL HANDWERK?

ihrer traurig hohen Jugendarbeitslosigkeit.

Der jährlich stattfindende Kursleitertag,

Kurse, Symposien und Lehrveranstaltun-

Ein Metzger ist heutzutage ein «Fleisch-

diesmal am 9. März 2013 hier im Kurszen-

gen zusammen, mit dem immer gleichen

fachassistent». Eine Berufslehre heisst neu-

Hat Fachkompetenz heute die Aner-

trum, stand unter der Frage: Was bedeutet

Ziel: Begeistern für handwerkliches Ler- erdings «Berufliche Grundbildung». Dop-

kennung, die sie verdient? Das deutsche

Verkehrte Welt? Störfall Handwerk?

Vermittlung im Handwerk für uns – Orga- nen. Begeistern fürs Können. Begeistern

pelt so viele Buchstaben – aber letztendlich

nisatoren, Kursleiterinnen und Kursleiter?

für Bildung, die nur in der Konfrontation

Aufwertung oder Abwertung? Alle Welt

Wirtschaftsmagazin «brand eins» (www. brandeins.de) hat einmal ein ganzes Heft

Dabei ging es uns um zwei zentrale

mit den Materialien, mit dem Widerstand

spricht davon, dass man sein Handwerk

den Könnern gewidmet, einer, wie sie sag-

Punkte: Wir wollten herausfinden, ob es

und dem möglichen Scheitern in dieser Art

können muss. Lernt dann jemand sogar

ten, «unterschätzten Minderheit». Wir im

«kurszentrumtypische» Unterschiede gibt

geschehen kann. Wichtigste Partner in die-

noch einen handwerklichen Beruf, wird

Kurszentrum schätzen unsere Könnerin-

in der Vermittlung im Vergleich zu anderen

sem Lernsetting sind neben den interes-

tröstlich vermerkt, dass man sich ja zum

nen und Könner ausserordentlich und ha-

Schulen und Kursangeboten. Immerhin

sierten Teilnehmenden immer die Kurslei-

Glück später noch weiterbilden könne und

ben zu den Leitsätzen Material zusam-

führt

www.berufsbe-

terinnen und Kursleiter. Sie haben eine

nicht dort stehen bleiben müsse. Kein Zim-

mengestellt, das für die Macherinnen und

ratung.ch mittlerweile über 30’000 Bil-

die

Homepage

Könnerschaft erworben, die sie zu Experten

mermann muss Zimmermann bleiben

Macher spricht. Ganz und gar unausgewo-

dungsangebote im Sortiment. Grund ge-

ihres Fachs werden liess. Und sie sind be-

müssen, nein, nein. Die Credit Suisse iden-

nug also, um über die Abgrenzung nachzu-

reit und stolz darauf, ihr Können zu teilen,

tifiziert im Sommer 2012 in ihrer Studie

denken. Und dann wollten wir der Frage

weiterzugeben, zu vermitteln.

«Erfolgsfaktoren für Schweizer KMU – Um-

auf den Grund gehen, ob bei uns alle Kurs-

Und noch dies: In der Erwachsenenbil- gang mit volkswirtschaftlichen Risiken» den

leitenden nach Schema F (oder eben

dung begegnen sich reiche Erfahrungs- Mangel an spezifischen Fachkräften als ge-

Schema Kurszentrum) unterrichten sollen,

schätze. Ein grosser Teil des Lernens pas-

radezu alarmierend für die Schweizer Wirt-

oder ob unsere Stärke nicht eine andere ist.

siert auch durch Austausch zwischen den

schaft. Während die Denkfabrik Avenir

Nämlich die Individualität, Professionali-

Teilnehmenden, denn Lebenserfahrung ist

Suisse erst kürzlich dazu aufgerufen hat,

tät und Leidenschaft unserer Kursleiter/

praktisch und angewandt.

das Berufsspezifische in der Berufslehre

-innen, die sich nicht einfach schematisieren lässt.

Willkommen, liebe Leserin, lieber Leser,

im Kurszentrum Ballenberg! ■

Titelbild: Kursleitertag, 9. März 2013: Ueli Kehrli unterrichtet Drechseln. Martha Angehrn, unsere Filzfachfrau, ist Kursteilnehmerin. Und sie hat den Geheimauftrag, den Kursleiter mit zwei linken Händen und unzähligen Fragen zu fordern.

zurückzunehmen und dafür die Allgemeinbildung auszubauen. Gleichzeitig

Wir fragten uns. Und wir fanden neun

weist Ex-Nationalrat und Preisüberwacher

Antworten, die unseren Qualitätsanspruch

Rudolf Strahm in seinem Buch «Warum

an die Vermittlung illustrieren. Wir stellen

wir so reich sind» nach, dass die Berufs-

Ihnen unsere Leitsätze in diesem Heft vor.

gen, weil es einfach gesagt werden muss. ■

lehre – das duale System – den Unterschied

Handwerk 1/2013 Handwerk Text und Konzept dieser Ausgabe: Margret Omlin Fotos Kursleiterinnen und Kursleiter, Adrian Knüsel und Nina Mann Herausgeber: Kurszentrum Ballenberg CH-3858 Hofstetten Telefon 033 952 80 40 Fax 033 952 80 49 www.ballenbergkurse.ch info@ballenbergkurse.ch

macht. Dass es nämlich darum gehe, von Grund auf Handlungskompetenz zu erwerben. Während Spanien, Portugal und Griechenland, Länder mit europaweit höchsten Maturitätsquoten, ratlos sind mit

HANDWERK: EINE KLEINE AUSLEGEORDNUNG UND EINE ART PLÄDOYER

Handwerk 1/2013

Seit nunmehr 17 Jahren stellen wir

1

ANMERKUNG 2: ZAUBER DER VERMITTLUNG

Margret Omlin, Autorin dieser Ausgabe

Satz, Bildbearbeitung und Druck: Gisler Druck AG, Altdorf Layout: Margret Omlin. Auflage 2700 3 Ausgaben jährlich Abo Inland Fr. 38.–/ Ausland Fr. 48.–.


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DIE HEIMATWERKSCHULE: 1930 – DER ZEIT VORAUS

von dort, wo kein Kurs durchgeführt wer- spricht sich der SHS gegen die «Neue Sachden kann, kommen die Bergler nach Rich-

lichkeit» aus und gerät – im Vorfeld der

terswil. Im Schulzentrum erfolgt auch die

Landi 39 – auf Konfrontationskurs mit der

über ziemlich genau 80 Jahre Erfahrung in

Ausbildung und Weiterbildung der Kurs-

neuen Gestaltergeneration des Werkbun-

der Vermittlung. Angefangen hatte alles in

leiter (…).»

des. Die Richtungskämpfe um den SHS

Das Kurszentrum Ballenberg verfügt

der Krisenzeit der Zwischenkriegsjahre: Der

Die Kombination von Verkaufsgeschäf- prägten bis 1985 die Diskussion um Tra-

Vermittlung im Schweizerische Bauernverband in Brugg

ten und Präsenz an erstklassigen Adressen,

gründete 1930 das Schweizer Heimatwerk

um aus dem Erlös eine Bildungsorganisa- setzung rund um die geplante Landesaus-

dition und Moderne. In der Auseinander-

Kurszentrum Ballenberg in 9 Punkten:

1 Das Kurszentrum Ballenberg ist das führende Schweizer

tion mit Hilfe zur Selbsthilfe zu betreiben,

stellung CH91, welche 1987 an den Urnen

den Berggebieten zu fördern», wie Peter

war eine eigentliche Pioniertat und eine

und Landsgemeinden der Innerschweizer

Ziegler 1981 die Anfänge im Schweizeri-

Vorwegnahme des Kulturprozents der Mi-

Kantone abgelehnt wurde, wurde intensiv

schen Kunstführer «Mühlenen Richterswil»

gros, das 1957 eingeführt worden war.

beschreibt1: «Vorerst ermöglichte der Grün-

In den 1980er-Jahren kam dann die

der und Leiter, Dr. Ernst Laur, in Be-

Wende. Mit der modernen Dienstleistungs-

sion rund um die Abschaffung der Armee

Zentrum zur Vermittlung von

gesellschaft sank auch der Bedarf von bäu-

(1985 Veröffentlichung der Initiative im

Zusatzverdienst. Im Laden des Heimat-

erlicher Seite, und junge Landwirte erhiel- Bundesblatt; 1989 eidgenössische Abstim-

traditionellem Handwerk,

werks in Zürich bot man deren Erzeug-

ten bereits während ihrer Ausbildung einen

nisse aus Volkskunst und ländlichem

breiten handwerklichen Rucksack. 1995

Die Krise der Heimatwerkschule, die

Handwerk zum Kauf an. 1943 begannen

schliesslich übernahm der Kanton Zürich

schlussendlich 1995 zum Verkauf der

und zeitgenössischer Gestaltung im Handwerk.

mung) verschärfte den Ton zusätzlich.

Kurse für Holzhandwerk im Urnerland.

die denkmalgeschützte Liegenschaft Müh-

Mühlenen führte, war natürlich auch Aus-

Während einigen Wochen ging ein Kurslei-

lenen, ursprünglich mit der Absicht, dort

druck dieses Zwiespalts um das traditio-

ter lernwilligen Männern und Burschen an

ein Drogentherapiezentrum zu eröffnen2.

nelle Erbe. Dass Zukunft auch Herkunft

die Hand; jeder machte nach kurzer

1996 zog die Schule auf den Ballenberg, wo

braucht, wie es der deutsche Philosoph

Grundausbildung das, was er in Haus und

sie sich als Kurszentrum Ballenberg Hei-

Odo Marquard 1988 erstmals formuliert

Hof am nötigsten hatte. Die Kurse spra-

matwerk und seit dessen Rückzug 2004 als

und 1991 ausführlich begründet hatte,

chen sich herum, immer weitere wurden

Kurszentrum Ballenberg etabliert hat.

dürfte als eigentliche Befreiung einer festgefahrenen Diskussion verstanden worden

verlangt. Das gab Dr. Laur den Mut, eine 2

zum Begriff «Heimat» gestritten. Heimat als Reduit? Die gleichzeitig geführte Diskus-

drängnis geratenen Bauernfamilien einen

historischem Bauhandwerk

Handwerk 1/2013

mit dem Ziel, «die bäuerliche Selbsthilfe in

Heimatwerkschule zu gründen. Mit dem Erwerb der historischen Baugruppe Müh-

KNACKPUNKT TRADITION UND SELBSTVERSTÄNDNIS

lenen im Jahr 1948 erhielt man passende

Das Schweizer Heimatwerk war ur-

Räume.» Ab 1960 war das Kursprogramm

sprünglich aus dem Schweizer Heimat-

erweitert worden, auch fanden «zur Som-

schutz SHS entstanden3. 1926 hatte sich

sein.

EXPO 02, ECHOS, LEBENDIGE TRADITIONEN UND SCHWEIZ TOURISMUS 2013

merszeit Ferienkurse für jedermann statt».

die «Trachten- und Volksliederkommission»

Seit der fulminanten Expo 02 scheint

Bereits in den Anfängen des Heimatwerks

des SHS neu als Schweizerische Trachten-

die Schweiz versöhnt zu sein mit ihrem

war in Brugg eine Webschule eröffnet wor-

und Volksliedervereinigung selbstständig

Heimatbegriff und die Auseinandersetzung

den, an der sogar eine zweieinhalbjährige

gemacht. 1929 wurde die entsprechende

mit ihren Traditionen entspannter zu erle-

Lehre zur Berufsweberin absolviert werden

Verkaufsgenossenschaft aufgelöst, worauf

ben. Im Sommer 2002 gab es in Murten so-

konnte. Die Webschule zog 1957 ebenfalls

deren Aufgaben 1930 vom neu gegründeten

gar eine Heimatfabrik und die Auseinan-

in die Mühlenen nach Richterswil. Wie Pe-

Schweizer Heimatwerk übernommen wur- dersetzung mit verschiedensten Bezügen

ter Ziegler schreibt, seien nach wie vor die

den. Dr. Ernst Laur amtete sowohl beim

zur Schweiz wurde unverkrampft geführt.

meisten Kurse (ausser die Webkurse) in

Schweizer Heimatwerk wie beim Schweizer

Auch wenn die Pro Helvetia4 beim Start

den Dörfern durchgeführt worden. «Nur

Heimatschutz als Geschäftsführer. 1934

ihres Zweijahresprojekts «echos – Volks-

VERMITTLUNG AM KURSZENTRUM BALLENBERG: WURZELN, HINTERGRUND, IDENTITÄT


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kultur für morgen» 2006 vermerkte: «Die

dige Traditionen» eingerichtet und erkannt,

Schweiz hat ein gespaltenes Verhältnis zu

was im Bereich traditionelles Handwerk

ihren kulturellen Traditionen. Die Rollen

im Ballenberg und im Kurszentrum geleis-

sind verteilt: Tradition bedeutet Brauch-

tet wird. 2011 ist ein ausführlicher For-

tum, Kunsthandwerk und Folklore. Inno-

schungsbericht5 erschienen, bei dem Dr.

vation wird dem zeitgenössischen Kunst-

Edwin Huwyler, der vorherige wissen-

schaffen zugeordnet. Aber was ist wirklich

schaftliche Leiter des Ballenbergs, und

neu und was nur frisch aufgekocht? Ist

Adrian Knüsel, Leiter des Kurszentrums

die zeitgenössische Kunst so frei von Ver- Ballenberg, massgeblich mitgewirkt haben. gangenheit, wie sie vorgibt? Orientiert sich

Das neue Kompetenzzentrum traditionelles

die traditionelle Kultur nur an gestern oder

Handwerk (S. 16) zeigt, was hier weiter

blickt sie nicht nach allen Seiten?». Das

möglich ist. Ob der Trend Richtung Tradi-

«echos»-Projekt kann als eine Reaktion der

tionen und Handwerk anhält? Schweiz

Pro Helvetia auf den Skandal um die In-

Tourismus will es offensichtlich wissen und

stallation «Swiss-Swiss Democracy» von

hat die aktuelle Kampagne für den Schwei-

Thomas Hirschhorn im Schweizer Kultur- zer Sommertourismus unter das Motto zentrum Paris 2004, die im Nationalrat zu heftigen Reaktionen geführt hatte, gese-

«Sommer der lebendigen Traditionen» gestellt. Man darf gespannt sein! ■

hen werden. Das Kurszentrum hatte 2006 im dem Ballenberg den modernen Umbau des Ballenberg-Hauses Matten begleitet und gezeigt, was zeitgenössische Gestaltung und traditionelles Bauhandwerk heute in einem grossen Selbstverständnis zu leisten

ZUKUNFT BRAUCHT HERKUNFT.

Odo Marquard, Philosophische Betrachtungen über Modernität und Menschlichkeit, 1988

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«echos»-Projekt in Zusammenarbeit mit

für Kultur sogar den Schwerpunkt «Leben-

1 Peter Ziegler, Mühlenen Richterswil, Schweizerische Kunstführer. Herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizer Kunstgeschichte, 1981 2 Tages-Anzeiger, 4. Dezember 2008 3 Chronik 100 Jahre Schweizer Heimatschutz, 1905–2005 4 www.prohelvetia.ch/echos 5 Interface, Forschungsmandat «traditionelles Handwerk» 2011

3

vermögen. Mittlerweile hat das Bundesamt


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Vermittlung im Kurszentrum Ballenberg in 9 Punkten:

2 Das Kurszentrum Ballenberg lebt von der besonderen Konzentration des Ortes, von der Nähe zum Museum und von der Beziehung der Menschen, die sich hier – Leidenschaft, dem Lernen und Kennenlernen, dem Erforschen und Erfinden verschreiben.

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Handwerk 1/2013

auf Zeit – der gemeinsamen

Jetzt Ballenberg-App herunterladen! Die Ballenberg-App enthält auf einer Karte die Übersicht der aktuell im Ballenberg ausgeübten Handwerke und mehr zum Jahresthema. App Store von Apple, Stichwort Ballenberg.

BALLENBERG: ORT, MARKE, MUSEUM, TRADITION, AUSSTRAHLUNG


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ALS OB ES IHN SCHON EWIG GÄBE

Das Jahresthema 2013 «Handwerker-

ken lebendig. Das Jahresthema ist so

leben – Handwerk erleben» ist nicht nur

angelegt, dass darüber hinaus zukünftige

facettenreich, sondern auch farbig: Alle

innovative und nachhaltige Vermittlungs- Aktivitäten werden in einer klaren visuellen

lenberg verbracht und in der Gegend von

formate für das traditionelle Handwerk im

Sprache und in beerenroter Farbe auf dem

Brienz und Hofstetten gewohnt hat, wird

Freilichtmuseum Ballenberg entwickelt

Gelände und in allen Medien kommuni-

das Freilichtmuseum von einer völlig neuen

und ausprobiert werden.

ziert. Mit modernen Gestaltungselementen

Seite kennenlernen und eine besondere

In diesem Jahr werden die Museums-

Beziehung zu ihm aufbauen, lebensläng-

gäste an mehreren Standorten und auf un-

seum Ballenberg deutlich, dass es seine

lich. Wer zudem das Glück hat, bei Regen-

terschiedliche Art und Weise zum Mitma-

Fragen an die Vergangenheit aus der Ge-

wetter im Gelände unterwegs zu sein, erst

chen aufgefordert: Sägen, Bohren, Hobeln,

genwart stellt.

recht. Denn die Stimmung ist auch dann

Stricken, Weben, Spinnen, Nägel schmie-

Der in diesem Jahr eingeschlagene Weg

nuanciert grossartig – der Ballenberg ist

den oder Klöppeln im Grossformat. Auf

wird in der kommenden Saison fortgesetzt:

auf dem Gelände macht das Freilichtmu-

prädestiniert für den ersten und den ge-

spielerische Art und Weise können die Mu-

Das Freilichtmuseum Ballenberg richtet

naueren zweiten Blick. Verschiedene Kurse

seumsgäste handwerkliche Techniken auf

im Jahr 2014 den Fokus ganz auf die Be-

können im Gelände des Museums selber

dem Museumsgelände erproben.

deutung und Situation des Handwerks in

«Hallo Zämä. Ich bin gester im Ballen-

stattfinden. Zudem findet sich im Museum

berg gsi! Es isch mega schön gsi und us-

Material für den Anschauungsunterricht –

lebnisorientierten Zugang werden an zwei

sammenarbeit mit Berufsverbänden und

serdäm händ mir au ganz guets Wetter

Handwerk in jeder Ausprägung.

Standorten auf dem Gelände historische

holt Handwerker und Handwerkerinnen

Als wichtige Ergänzung zu diesem er- der Gegenwart. Es sucht eine intensive Zu-

gha!!! Wogöiht dir denn gern here? Ich bin

2013 will das Museum nun mit dem

Handwerksfilme aus dem Filmbestand «Al-

auf das Museumsgelände, um die traditio-

no nie im Europapark gsi!!! Und ich wett

Schwerpunkt «Handwerk erleben» an die

tes Handwerk» der Schweizerischen Ge-

nellen Handwerke in ihrer heutigen Form

gern mal dert häre gha, aber was hets de

Tradition der erfolgreichen Jahresthemen

sellschaft für Volkskunde gezeigt. Sie geben

dert so cools?! Chöntet dir wo villecht scho

anknüpfen. Mit dem konsequenten Fokus

Einblick in das Handwerkerleben ver-

sit gsi mir chli öpis verzelle? Ich freue

auf der Vermittlung soll es jetzt auch den

gangener Zeiten – als die traditionellen

mich!!! Eui Fanni.» Der Eintrag vom 19.

Tagesgästen möglich sein, sich eigenhändig

Handwerke für Bauern- und Handwer-

April

zu betätigen.

2013

auf

dem

Internetportal

www.zambo.ch der gleichnamigen KinderRadiosendung auf SRF1 zeigt: Das neue Jahresthema «Handwerk erleben» 2013 ist angekommen!

DIE SPÄNE FLIEGEN, DIE FUNKEN SPRINGEN, DER WEBSTUHL RATTERT

zu präsentieren. ■

Einnahmequelle waren. Die Stummfilme

ES GIBT NICHTS GUTES, AUSSER MAN TUT ES.

aus der Zeit zwischen 1945 und 1970 sind

Erich Kästner

kerfamilien eine nicht wegzudenkende

von hohem dokumentarischem Seltenheitswert.

Das 1978 gegründete Freilichtmuseum

Beatrice Tobler, Ausstellungskuratorin

Auch in der Sonderausstellung «Ge-

Ballenberg gehört mit jährlich zwischen

und Projektleiterin «Handwerkerleben –

schichten einer Tracht» im dritten Stock

200 000 und 300 000 Besucherinnen und

Handwerk erleben», Schweizerisches Frei-

des Wohnhauses von Burgdorf (Chalet

Besuchern zu den grössten und wichtigs-

lichtmuseum Ballenberg, beschreibt das Jah-

Schafroth) stehen die Handwerkerinnen

ten Museen der Schweiz. Die Marke Bal-

resthema 2013 so: Das Freilichtmuseum

und Handwerker im Zentrum: Die Aus-

lenberg ist enorm stark etabliert. Dass der

Ballenberg nimmt die Lancierung des

stellung erzählt die Geschichte und Ge-

Begriff Ballenberg hin und wieder auch

«Kompetenzzentrums traditionelles Hand-

schichten rund um die Herstellung einer

verwendet wird, um etwas als «gestrig» zu

werk Ballenberg» zum Anlass, das Jahres-

Tracht. Am Beispiel der Festtagstracht von

bezeichnen – oder darf sportlich genommen

thema dem traditionellen Handwerk zu

Appenzell Innerrhoden werden alle Hand-

werden – eine solche Bekanntheit und Mar- widmen. Seit Jahren üben im Museum in

werke und die beteiligten Handwerkerinnen

kenwirkung muss man sich erst erarbeitet

den alten Werkstätten die Handwerkerin- und Handwerker vorgestellt.

haben.

nen und Handwerker täglich ihr Handwerk

Handwerk 1/2013

Wer einige Tage im Kurszentrum Bal-

aus und halten die traditionellen Techni-

5

HANDWERK – SCHWERPUNKT 2013 UND JEDE MENGE ANKNÜPFUNGSPUNKTE


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HANDWERK – LEBENDIGE TRADITION ODER MEHR?

sich das Handwerk vor allem als Kunsthandwerk präsentierte. Die Bauhausbewe-

Welchen Stellenwert hat das Handwerk

gung 1919 bis 1933 brachte dann grund-

im Heute? Darüber wird seit Beginn der In-

legende Bewegung in die Diskussion – mit

dustrialisierung im 19. Jahrhundert heftig

Auswirkungen bis heute. Die sogenannten

und grundsätzlich debattiert.

Vorkurse an den Schulen für Gestaltung

Vermittlung im Einerseits bedeuteten damals indus-

gehen auf das Bauhaus zurück, damals

Kurszentrum Ballenberg in 9 Punkten: triell produzierte Güter plötzlich Fort-

3 Das Handwerk wird im Kurszentrum Ballenberg in jeder Dimension ausgelotet: als Passion in Perfektion; als Tradition und Kulturgut;

6

Handwerk 1/2013

als Fertigkeit, die sich erlernen lässt; als Tätigkeit, die Freude macht. als lebendige Profession, die sich weiterentwickelt; als Handschrift, als Gestaltungs-

Vorlehre genannt.

schritt, Rationalisierung und Vergünsti-

Das Ausbildungsschema (unten) am

gung. Andererseits führte die europaweite

Bauhaus von 1922: Grundlage der Ausbil-

Industrialisierungswelle zu riesigen sozia-

dung ist eine Lehre, «die elementare Pro-

len und kulturellen Umwälzungen. Dieser

bleme des Materials und der Gestaltung

Spagat zeigt sich exemplarisch anhand

berücksichtigt»2. Als «unerlässliche Grund-

der Weltausstellungen. Diese «gelten seit

lage für alles bildnerische Schaffen» wurde

ihrem Bestehen als Schaufenster des kul-

die «gründliche handwerkliche Ausbildung

turellen und technischen Fortschritts und

in Werkstätten» postuliert.

als Erfahrungsort einer wirtschaftlichen

Ziel des Bauhauses war, dass «Künstler

und zivilisatorisch zusammengewachsenen

und Handwerker gemeinsam den Bau der

Weltgemeinschaft. Gleichzeitig ermöglichen

Zukunft errichten». Bau- und Wohnformen,

sie die Inszenierung von nationalen Be-

die Gestaltung und Materialwahl bei In-

sonderheiten.»1. Im Rahmen der ersten

neneinrichtungen, Gerätschaften, Wohn-

Weltausstellung, die 1851 in London statt-

textilien, aber auch modernste technische

fand, plädierte der kulturkritische Beob-

Errungenschaften in Küchen und Bade-

achter und Schriftsteller John Ruskin für

zimmern sollten für die Menschen der Zu-

die Rückkehr zur mittelalterlichen Ar-

kunft die richtige Umgebung schaffen.

beitsweise2. Schliesslich setzte sich bei den

Bauen und Häuser wurden als Gesamt-

Länderpräsentationen an den Weltausstel-

kunstwerk verstanden – bis ins Detail.

lungen eine Art Zweiteilung durch: Hier

Was uns wieder auf den Ballenberg

die Innovation und da die Folklore, wobei

bringt: Auch hier zeigen die verschiedenen Gebäudegruppen das Selbstverständnis ih-

prozess und als Gestaltungswille;

rer jeweiligen Zeit, ihrer Region und ihrer

als intelligence de la main und

Bewohner.

transfert du savoir-faire.

HANDWERK – «LOB DER TAT» Die Diskussion um das Handwerk neu

Das Handwerk schärft die Wahr-

angekurbelt hat schliesslich der amerikanische Soziologe Richard Sennett3. In sei-

nehmung, schult das Auge und

nen zwei Büchern «Handwerk» (2008) und

steuert die Kreativität.

planten Trilogie hat er grundlegende Qua-

«Zusammenarbeit» (2012) und seiner gelitäten des Handwerks neu ausgelotet. Es gehe um nicht weniger als «eine Arbeit um

HANDWERK ALS HALTUNG. MACHEN KÖNNEN ALS LEBENSPRINZIP.

ICH BIN EINE BASTELTANTE.

Cynthia Wolfensberger, Schönheitschirurgin und Kursteilnehmerin im Interview mit der Zentralschweiz am Sonntag, 17. Februar 2013

Das Kurszentrum Ballenberg an der BEA 2013: Franz Kälin und Tiziana Fässler bei der Arbeit in der Ausstellungshalle 4


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ihrer selbst willen gut zu machen». Die

Kooperation und fachübergreifende Zu-

dass Zusammenarbeit und Produktion zu-

wahr? Das ist wahr, aber was ich noch viel

NZZ4 schrieb dazu: «für Virtuosen ist Tech-

sammenarbeit als Notwendigkeit, um als

sammenspielen. Sie hat untersucht, wie

ernsthafter in Erwägung zog, war der Beruf

nik identisch mit Ausdruck. Richard Sen-

Gesellschaft und Wirtschaft überhaupt wei-

17 Schweizer Marktführer vom Kleinun-

des Schuhmachers.

nett verfolgt hier die These, dass alle Fer- terzukommen. Wobei Sennett darauf auf-

ternehmen bis zum Grosskonzern ihre In-

Was faszinierte Sie denn genau an diesen

merksam macht, dass sich unterschied- novationen entwickeln. Resultat: In erster

Berufen? Beim Automech war es wohl, dass

unabhängig

von

ihrem

Abstraktionsgrad – aus einer körperlichen

lichste

auf

Linie durch «Learning on the Job» dank

man herausfinden muss, was nicht läuft,

Praxis entstehen. Das Wissen der Hände,

Augenhöhe begegnen müssen, damit der

der funktionierenden internen Zusam-

und dann versuchen, die Funktion wieder

ein Wissen polymorpher Berührungen und

Austausch wirklich gelingt. Seine Beob-

menarbeit quer durch alle Abteilungen, ge-

herzustellen. Bei den Schuhen kommt zur

Bewegungen, ist vermutlich älter als das

achtung wurde erst kürzlich durch eine

folgt von der Kooperation mit externen

Funktion noch die Form dazu. Denn

Wissen der Augen, Zungen und Ohren (...).

Kontroverse in amerikanischen Medien

Fachleuten. Forschung und Entwicklung

Schuhe, die schön sind, aber unbequem,

Als Schlüsselbegriff der Analysen Richard

rund um das iPhone bestätigt5. Mit der

also als dauernder Prozess in der fachli-

sind genauso blöd wie solche, die wahn-

chen Auseinandersetzung.

Kompetenzpartner

quasi

Sennetts firmiert das Materialbewusstsein

Auslagerung der Produktion in den fernen

des Handwerkers: ‹Sein ganzes Bemühen

Osten verschwand plötzlich jede Menge

um qualitativ hochwertige Arbeit hängt

Know-how aus dem Entwicklungsprozess:

letztlich ab von der Neugier auf das bear- «Es passiert in der Produktion. Der Prozess beitete Material.›»

IPHONE: «IT HAPPENS ON THE FACTORY FLOOR»

sinnig bequem sind, aber hässlich (...). Zu Hause habe ich mir ein Atelier eingerichtet,

SCHÖNHEITSCHIRURGIN UND SCHUHMACHERIN

wo ich eine Menge Leder und Werkzeug habe und eigene Schuhe herstelle, die aus-

des Machens hilft, neue Produkte zu ent-

Dass Handwerk im eigentlichsten Sinn

wickeln und zu verstehen, worum es ei-

immer entscheidend ist, zeigt sich nicht

viel Freude daran, aber für ein Paar brau-

gentlich geht», stellte das «Time Magazine»

zuletzt beim Zahnarzt, bei der Coiffeuse,

che ich mindestens 80 Stunden. Sehen Sie, ich trage gerade ein fertiges Paar!

sehen wie gekaufte. Ich habe wahnsinnig

fest. Und der Kommentator folgert, dass

am Zustand von Hoch- und Tiefbauten, im

In seinem zweiten Buch «Zusammenar- man nicht nur Forschung und Entwick-

Konzertsaal oder in der Chirurgie. Kurs-

Ich bin beeindruckt. Gibt es da Parallelen

beit – was unsere Gesellschaft zusammen-

lung auf Topniveau brauche, «ob es einem

teilnehmerin Cynthia Wolfensberger, die in

zu Ihrem heutigen Beruf? Ja. Die Ausbil-

hält» geht Richard Sennett noch einen

gefällt oder nicht: wir brauchen eine ei-

unserem Schuhmacherkurs von Franz Kä-

dung zur plastischen Chirurgin erfordert

Schritt weiter. Er versteht Handwerk als

gentliche Produktionspolitik, damit wir

lin das Rüstzeug mitbekommen hat, zeigt

einige handwerkliche Fertigkeiten, das kön-

das, was einerseits entsteht und aber auch

überhaupt wettbewerbsfähig bleiben». Und:

dies im Interview mit Annette Wirthlin in

nen Sie mir glauben. Es gefällt mir, Men-

notwendig ist, wenn Leute aus unter- «Wir müssen Dinge wieder in den USA sel-

der «Zentralschweiz am Sonntag»7 exem-

schen helfen zu können, indem ich ihre

plarisch auf:

Ästhetik verbessere, ohne dabei die Funk-

ber herstellen können». Auch die Schweizer Nationalfondsstudie «Innovative Unterneh-

Problem sachgerecht zu lösen. Er sieht

men brauchen

Wissen»6

kam zum Schluss,

Ich habe gelesen, dass Sie als Kind einst

tion zu vergessen. ■

Automechanikerin werden wollten. Ist das

7

schiedlichsten Berufsgruppen intensiv zusammenarbeiten, um gemeinsam ein

Handwerk 1/2013

tigkeiten

1 Historisches Lexikon der Schweiz, http://www.hls-dhs-dss.ch 2 Bauhaus, Magdalena Troste, 1993 3 Richard Sennett: «Handwerk», Berlin Verlag, 2008; «Zusammenarbeit», Hanser Verlag, 2012 4 NZZ, Thomas Macho, 24. Januar 2008 5 The Case for Making it in the USA, Time Magazine, 6. Februar 2012 6 Innovative Unternehmen brauchen Wissen, NFPNR 43, 2004 7 «Ich bin eine Basteltante», Cynthia Wolfensberger im Interview mit der Zentralschweiz am Sonntag, 17. Februar 2013


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WIE ZEIGT SICH KOMPETENZ?

cherweise gibt es kaum Naturtalente. Wer

petenzprofile Bachelor/Master, Beispiel

Nach welchen Kriterien werden neue

es in seinem Fach wirklich zu etwas brin-

Business Administration», der Berufsfeld-

Kursleiterinnen und Kursleiter ausge-

gen will, braucht (neben dem Glück, zur

orientierung einer Fachhochschule3:

wählt? Die Zeitschrift «Beobachter»1 hat

richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein) vor

vor Kurzem mit ihrer Titelgeschichte «Der

allem die Ausdauer zum Üben und zur

Diplom-Wahn» den Schweizer Aus- und

Auseinandersetzung mit der Materie. Mal-

Weiterbildungsmarkt kritisch unter die

colm Gladwell zitiert den Hirnforscher Da-

Lupe genommen und festgestellt, dass ei-

niel Levitin: «… Untersuchungen zeigen,

Vermittlung im Kurszentrum Ballenberg in 9 Punkten:

4 Am Kurszentrum Ballenberg unterrichten ausschliesslich erfahrene Kursleiterinnen und Kursleiter mit höchster Passion für ihr Handwerk und mit

Handwerk 1/2013

ausgewiesener Kompetenz im Handwerk und in der Gestaltung des Handwerks.

nerseits enormer Wildwuchs bei Ausbil-

dass 10’000 Übungsstunden erforderlich

dungsgängen und -abschlüssen herrscht,

sind, um sich dieses hohe Mass an Kom-

auf der anderen Seite eine eigentliche Jagd

petenz zu erarbeiten (…). Egal, ob es sich

nach möglichst vielen Diplomen in Gang ist

um Komponisten, Basketballspieler, Ro-

– angetrieben vom Gewinnversprechen

manautoren, Schlittschuhläufer, Konzert-

«Karriere durch Weiterbildung». Das Kurszentrum hat eine klare Politik:

pianisten, Schachspieler oder Verbrecher-

Reflexion und Urteil, Ausdruck und

genies handelt, sämtliche Untersuchungen

Präsentation, Analyse und Organisations-

Wir orientieren uns am individuellen Schaf-

kommen immer wieder auf diese Zahl».

stärken sind massiv höher gewichtet als die

fen, Wissen und Können der Kursleiterin-

Malcolm Gladwell macht in seinem Buch

fachliche Basis in einem spezifischen Be-

nen und -leiter. Wir erwarten: sehr hohe

auf den unabdingbaren Faktor Leiden-

reich. Eine ähnliche Entwicklung stellt

handwerkliche Kompetenz; eine gestalteri-

schaft aufmerksam: Nur wer sich wirklich

auch das Hochparterre4 bei der Neubeset-

sche Handschrift, die eine wache Ausei-

interessiert, wer sich fokussieren kann und

zung von Führungspositionen an den

nandersetzung mit den Themen des

mit hoher Eigenmotivation ans Werk geht,

Schulen für Gestaltung fest: «Haben Sie es

Faches zeigt; überdurchschnittliche Lei-

wird sich 10’000 Stunden mit der Materie

bemerkt? Alle drei Rektoren haben einen

denschaft und Engagement für den eigenen

befassen. Genau dieser Mix zwischen Üben,

geisteswissenschaftlichen Hintergrund, mit

handwerklichen Bereich; Interesse über

Enthusiasmus und dem Drang, immer bes-

starker Neigung ins Gewerbe der Kultur-

das eigene Fach hinaus; Freude und Ta-

ser zu werden, macht das Expertentum –

vermittler (…). Auffälliger noch: Alle haben

lent, das eigene Wissen und Können wei-

den Meister/die Meisterin, die wir suchen.

8

terzugeben. Der Auswahlprozess läuft also über das vertiefte, persönliche Kennenlernen möglicher Kursleiterinnen und Kursleiter.

KONZENTRATION AUF DAS EIGENTLICHE KERNGESCHÄFT Gesucht sind also Expertinnen und Experten. Wobei das Kurszentrum zwingend

DIE GESCHICHTE MIT DEN 10’000 STUNDEN

sie keine gestalterische Ausbildung genossen.» Wer am Kurszentrum Ballenberg un-

die hohe Fach- und Handlungskompetenz in Handwerk und Gestaltung verlangt. Die-

Die Diskussion um Kompetenz ist 2008

ser Fokus prägt auch den Unterricht. Es

vom amerikanisch-kanadischen Wissen-

geht immer ums Machen, es geht immer

schaftsjournalisten Malcolm Gladwell mit

um den Kompetenzerwerb im eigentlichen

seinem stark beachteten Buch «Überflie-

Kerngeschäft. Damit wird ein eindeutiger

ger»2 bereichert worden. Malcolm Gladwell

Kontrapunkt zu aktuellen Entwicklungen

hat konkret mit Hilfe verschiedener Wis-

im Bildungswesen gesetzt, das Wissen und

senschaftern untersucht, wie erfolgreiche

Beschreiben über das Können und Ma-

Menschen in Sport, Kultur und Wirtschaft

chen zu setzen. Exemplarisch zeigt sich

so erfolgreich geworden sind. Erstaunli-

diese Tendenz anhand dieser Grafik «Kom-

KÖNNEN? 10’000 STUNDEN BEFASSEN MIT DER MATERIE …

terrichten will, muss wissen und können.

EIN MUSIK- ODER LITERATURKRITIKER, EIN KUNSTHISTORIKER ODER UNTERNEHMENSBERATER MAG ALLES ÜBER DEN GEGENSTAND WISSEN, MIT DEM ER SEINEN LEBENSUNTERHALT VERDIENT – DIESES WISSEN IST ABER NOCH KEINE GARANTIE, DASS ER DAS, WORÜBER ER SCHREIBT, AUCH KANN.

Christine Ax, in «Die Könnensgesellschaft», GDI Impuls Nummer 1, 20106)


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LEBENSLANGES LERNEN? JA, ABER WIRKLICH! Der «Beobachter» moniert im erwähnten Heft, das der Bevölkerung seit 20 Jahren «mantrahaft» eingetrichterte «lebenslang Lernen» sei mit ein Grund für die Flut von Diplomen und Zertifikaten. Wird das eigentliche Tun, Üben und Arbeiten – die 10’000 Stunden persönliche Auseinandersetzung mit der Materie – als Lernfeld unterschätzt? Möglich – und möglicherweise fatal, um wirkliche Qualitäten zu erkennen. Das Bundesamt für Statistik definiert in seiner Bestandesaufnahme «Lebenslanges Lernen und Weiterbildung»5 das Lernen wie folgt: «Die berücksichtigten Lernaktivitäten gehen von formaler Bildung und Ausbildung im regulären Bildungswesen über institutionalisierte Formen der nichtformalen Bildung wie Weiterbildungskurse, Lernaktivitäten wie selbstständiges Lernen mit Hilfe von Büchern, Computerprogrammen und ähnlichen Aktivitäten aus. Immer aber geht es um Aktivitäten, deren Zweck

9

das Lernen ist.» ■

Handwerk 1/2013

Seminarien und Kongresse zu informellen

1 Beobachter, Ausgabe 26, 21. Dezember 2012 2 Malcolm Gladwell, «Überflieger: Warum manche Menschen erfolgreich sind – und andere nicht», Campus-Verlag 2009, Originalausgabe «Outliers» 2009 3 Gezeigt an der Veranstaltung an der Berner Fachhochschule BFH vom 19. Oktober 2011, im Rahmen der Roadshow von FH Schweiz 4 Hochparterre, Meret Ernst 9/2009 5 Lebenslanges Lernen und Weiterbildung, Bundesamt für Statistik, 2006 6 Siehe auch: Christine Ax, «Die Könnensgesellschaft – mit guter Arbeit aus der Krise», Rhombos 2009

Durchbrochenes Drechseln, Moiré-Effekt durch Verschieben des Zentrums, Joachim Weissflog, Meisterdrechsler


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AUF DER WALZ, ZIEL BALLENBERG Plötzlich waren sie da: junge Männer in

sammenzuschliessen»: Zum Thema Be-

dungsaustausch folgendes: «Ihre Heimat

rufsausbildung schreibt sie: «Die typische

durften sie in einem Bannkreis von 50 Ki-

Dreigliederung des Handwerks in Lehr- lometern während zweier Jahre und ge-

schwarzer Samt- oder Manchester-Klei-

linge, Gesellen und Meister ist seit dem

nau einem Tag nicht betreten. Je nach Ge-

dung, mit Schlaghose, Weste, im weissen

Hochmittelalter nachweisbar. Die Auf-

gend waren sie sogar sechs Jahre und

Hemd, mit Hut. Diese Kleider trugen sie

nahme in den Kreis der Gesellen erfolgte oft

einen Tag unterwegs. Sinn und Zweck der

praktisch Tag und Nacht, jedenfalls auch

mit einem Ritual im Anschluss an die Lehr- Walz war und ist es, das Handwerk nach

Vermittlung im Kurszentrum Ballenberg in 9 Punkten:

5 Das Kurszentrum Ballenberg

immer, wenn sie auf der riesigen Holzkon-

zeit und endete mit dem Erwerb des Zunft-

struktion herumturnten, die sich bald als

rechts und der Niederlassung als Meister.

niken zu erlernen, Berufserfahrung zu

neues Haus entpuppen sollte. Sommer

Im 14. Jahrhundert bildete sich bei den Ge-

sammeln. Als Geselle bei unterschied-

2006 auf dem Ballenberg: Ein Haus wird

sellen ein eigenes Standesbewusstsein he-

lichsten Meistern, in fremden Regionen

der Lehre weiter zu verfeinern, neue Tech-

mit der vorindustriellen Technik von anno

raus, womit sich die 15- bis 25-jährigen

und Ländern, unter erschwerten Umstän-

1800 neu gebaut. Die jungen Männer sind

Handwerker gleichzeitig von den übrigen

den. An diesem jahrhundertealten Brauch

Zimmerleute auf Wanderschaft aus halb

Gruppen abhoben, die in einem bezahlten

hat sich bis heute nichts geändert (…). Im

tradition im Handwerk: Meister

Europa, die vom Vorhaben gehört hatten

Dienstverhältnis standen (Tagelöhner,

Holzbau wird auch heute noch grossen

und sich dieses einmalige Ereignis nicht

Hilfsarbeiter, städtisches Dienstpersonal,

Wert auf die Tradition der Walz gelegt (…).

zeigen ihr Können, geben Anleitung

entgehen

(Handwerk

Hausgesinde). Die Gesellen zeichneten sich

Lange Zeit war die Walz bei den Handwer-

1/2006). Auf dem Ballenberg wurde damit

ausserdem durch ihre Mobilität als Wan-

kern Voraussetzung, um Meister ihres

nicht nur der Hausbau, sondern auch die

dergesellen, ihre familiäre Ungebundenheit

Fachs zu werden. Früher kreuzten Tischler,

Präsenz der exotisch anmutenden Zim-

und ihre grossräumigen Organisationen

Maurer, Dachdecker, Steinmetze, Holzbild-

mergesellen zum Ereignis. Und sie erin-

aus. Grundlage ihres Zusammenschlusses

hauer, Buchbinder, Schneider, Gold-

nerten im Zeitalter von Bologna-System

war meist eine Bruderschaft (…).»

orientiert sich an der Ausbildungs-

und Sicherheit – die Lernenden

Handwerk 1/2013

erwünscht.

10

holen sich, was sie brauchen.

Begreifen und Üben ist der Boden.

Nachmachen gehört zum Lernprozess und ist ausdrücklich

lassen

wollten

folgreiche Ausbildungstradition mit Zünften, Meistern, Lehrlingen und Gesellen, die

DAS WISSEN ABHOLEN, ERFAHRUNGEN SAMMELN

weit noch rund 600 bis 800 Gesellen unterwegs (…). Seit ein paar Jahren nimmt

oft dank der Walz vielfältigste Erfahrun-

Das Grundsystem der Lehr- und Wan-

die Zahl der Wandergesellinnen und -ge-

gen in Handwerk und Kultur mit nach

derjahre fasziniert. Die meisten unserer

sellen zu (…). Trotz der Vorschrift, dass

Hause brachten.

Fehler machen ist Pflicht. Aus Fehlern lernen führt zur Kür.

schmiede oder Instrumentenbauer die Wege der Zimmerleute. Heute sind welt-

mit Bachelor und Master an die höchst er-

Kursleitenden haben für sich das Thema

man nur zu Fuss, notfalls per Anhalter

«Walz» neu definiert und sind laufend auf

unterwegs sein darf. Selber fahren ist ver-

ZÜNFTE, BERUFE, AUSTAUSCH

den Spuren ihres Handwerks am Reisen,

boten, das Benutzen öffentlicher Ver-

Im historischen Onlinelexikon der

Recherchieren und Dazulernen. Auch und

kehrsmittel verpönt – ausser, um auf einen

Schweiz1 schreibt Katharina Simon-Mu-

gerade die Meister ihres Faches pflegen

anderen Kontinent zu gelangen. Reizvoll

scheid zu den Zünften: «Die Bildung der

den internationalen Austausch. Im Kurs-

scheint vielen auch die Gratwanderung

Zünfte steht in engem Zusammenhang mit

zentrum bieten wir mit Veranstaltungen

zwischen Dazugehören und Ausgeschlossensein (…), selten mit vollem Portemon-

der Entstehung des Stadtbürgertums, das

wie Secrets of Fire punktuell Treffen an, wo

seit dem Ende des 13. Jahrhunderts nach

auf hohem Niveau der Austausch gepflegt

naie. Ohne zu wissen, was übermorgen

Beteiligung an der politischen Macht

wird.

sein wird, wo es sein wird (…). Ehre und

strebte. Schon seit dem 12. Jahrhundert

Der Verband der Schweizer Holzbau-

Kameradschaft sind ihnen immens wichtig.

begannen sich Handwerker in den west-

unternehmen, Holzbau Schweiz, hat zu

Und sie sind stolz auf ihren Berufsstand.

und mitteleuropäischen Städten nach Ge-

seinem 100-Jahr-Jubiläum die Festschrift

So stolz, dass sie den Mut haben, sich auf

werbe oder Gewerbegruppen zu genossen-

«WALZ2» herausgegeben. Darin schreibt er

ein entbehrungsreiches, dafür umso span-

schaftlich organisierten Verbänden zu-

zu diesem besonderen kulturellen Bil-

MEISTER UND GESELLEN (M/W), LEHR- UND WANDERJAHRE

nenderes Abenteuer einzulassen.» ■


A63546_Handwerk_1_13_9_A63546_Handwerk_1_13 22.05.13 16:01 Seite 13

Handwerk 1/2013

Fotografiert in der Ausstellung «Vergessenes Handwerk – Kremser Einblicke». Das Museum Krems (Wachau, Österreich) hatte in seiner temporären Ausstellung die Geschichte der Zünfte und der Walz aufgearbeitet (Sommer 2012).

11

Unten: Sommer 2006 auf dem Ballenberg. Hermes Thöni leitet eine Gruppe mit Zimmergesellen.

BEI DIESER ERSTEN PHASE DER ANALYSE MUSST DU DICH GANZ FREI MACHEN VON JEDER VORGEFASSTEN MEINUNG. JE MEHR DU ÜBER STRUKTUREN UND TECHNIKEN WEISST, DESTO EHER BIST DU GENEIGT, DAS ZU SEHEN, WAS DU ZU SEHEN ERWARTEST ODER SEHEN MÖCHTEST.

Noémi Speiser, die legendäre Meisterin3 ihres Faches bei ihrer ebenso legendären Schulung im Kurszentrum Ballenberg, 10. Oktober 2009

1 Historisches Lexikon der Schweiz, http://www.hls-dhs-dss.ch 2 WALZ, Unterwegs durch 100 Jahre Holzbau Schweiz, 1906–2006, Festschrift 3 Handwerk 3/09, Noémi Speiser, Braiding – die Systematik des Flechtens


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Vermittlung im Kurszentrum Ballenberg in 9 Punkten:

6 Lehren heisst: Einblick geben und zeigen. Vormachen und anleiten sind die wesentlichen Aspekte des Unterrichts, der von der Professionalität und der individuellen Kursleiterinnen geprägt ist. Sie verstehen sich als Begleiterin-

ADRIAN KNÜSEL: FORMEN ALS LEBENSAUFGABE

nen und Begleiter und geben ihre

trum Ballenberg, so wie wir es heute kennen,

Adrian, Du hast seit 1997 das Kurszenaufgebaut. Von Haus aus bist Du Keramiker,

Fachkompetenz weiter.

ein Handwerker von Grund auf. Warum Ke-

12

Handwerk 1/2013

Persönlichkeit der Kursleiter und

ramik, warum nicht zum Beispiel Musik? Bei der Matura musste man sich für eine Abschlussarbeit in Gestaltung oder Musik entscheiden. In der Musik sah ich meine Limiten, trotz Begeisterung. Deshalb entschied ich mich für die zweite Leidenschaft: die Auseinandersetzung mit der Form. Ich bestand dann auch die Aufnahmeprüfung für den Vorkurs der Schule für Gestaltung Luzern und war drauf und dran, Zeichnungslehrer zu werden. Bis mich dann die Auseinandersetzung mit dem Material gepackt hat.

«OHNE MATERIAL IST ALLES THEORIE.» Auf den Punkt gebracht am Kursleitertag im Kurszentrum Ballenberg, 9. März 2013.


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waltung, der aber nicht lange blieb. Hans-

dankbar, dass es uns dank grosszügiger

jörg Budliger war auch Leiter des Formfo-

Unterstützung möglich ist, das Kurszen-

und Textildesign zu sein … Ja. Über einen

einem gewissen Niveau betreibt, einen welt-

rums und kannte mich als Keramiker und

trum baulich und inhaltlich weiterzuent-

Zufall kam ich nach dem Vorkurs nach

weiten fachlichen Austausch pflegen kann.

Verantwortlichen unseres Berufsverban- wickeln. Gerade der Prix Jumelles, der

England, an die Bath Academy of Art. Eine

Man kann auch da immer noch voneinan-

des. Er kam auf mich zu und fragte, ob ich

2012 zum vierten Mal verliehen werden

Hochburg der Keramik. Hier habe ich den

der lernen.

mich bewerben wolle. Was ich dann tat. Ich

konnte, hat inzwischen schweizweite Aus-

betrat Neuland als Schulleiter und absol-

strahlung. Dann könnten wir hier in Zu-

Bachelor absolviert und eine Fellowship

Du hast Werkbeiträge der Stadt und des

erhalten, was mir ermöglichte, noch ver- Kantons Luzern gewonnen, dazu das eidge-

vierte dann auch noch den eidg. FA als Er- kunft in verschiedenen Berufsfeldern die

tiefter an der Schule zu arbeiten und erste

nössische Stipendium für angewandte Kunst

Erfahrungen in der Lehre zu sammeln.

und Gestaltung und den Förderpreis des

Weshalb der Beitritt zum Label EduQua?

neuen Ausbildungsgang «Handwerk in der

Was war denn das Prägende in Bath? Am

Kantons Bern in Kunst und Design. Hat Dir

Aus zwei Gründen. Unsere Teilnehmenden

Denkmalpflege» konnten wir eine übergrei-

Departement Keramik ging es immer um

das Türen geöffnet? Es hat geholfen, mich

haben ein Recht darauf, in einer aner- fende Partnerschaft eingehen.

den ganzen Prozess. Inklusive das Bren-

als Keramiker, Lehrer und Experte zu etab-

kannten Schule zu sein, deren Qualität re-

Auch der Ballenberg hat sich das Thema

nen. Wir haben gelernt, die unterschied- lieren. Sehr inspirierend sind dabei immer

gelmässig kontrolliert wird. Für uns selbst

«Handwerk» für zwei Jahre zum Schwerpunkt

lichsten Öfen zu bauen, den Brennprozess

haben wir profitiert, sinnvolle und gleich-

genommen. Das freut uns natürlich ganz

die Begegnungen – sei es hier im Kurszen-

wachsenenbildner.

überbetrieblichen Kurse anbieten. Mit dem

zu steuern, alles aus dem Material he-

trum oder wenn ich für eine kurze Gast-

wohl effizient-pragmatische Strukturen

besonders, die Zusammenarbeit liegt auf

rauszuholen. Diese intensive Auseinan-

professur ins Ausland eingeladen werde.

aufzubauen.

der Hand. Denn alles, was in einer Kultur-

dersetzung mit Gestaltung, Handwerk und

Reisen, Lehren und Lernen verbinden ist

Wie positionierst Du das Kurszentrum

landschaft entsteht, hat handwerklichen Hintergrund. Ich könnte mir auch vorstel-

Technik hat mich sehr fasziniert. Ein wei-

etwas Beglückendes. So durfte ich nach

Ballenberg? Am besten kann ich es anhand

terer Aspekt war die ausgeprägte Meister-

Syrien, Indien, Ägypten und kürzlich nach

der Unterschiede definieren: Bis vor Kur- len, dass wir mit unseren Baukursen einen

/Schüler-Beziehung: Wir wollten lernen

Südafrika.

zem habe ich in Kleinstpensen sporadisch

und unsere Profs wollten uns alles beibringen, was sie konnten.

Was ist Dein Geheimnis – hast Du eines?

wesentlichen Beitrag zum Unterhalt der

an Hochschulen für Gestaltung unterrich- Ballenbergbauten leisten könnten – mit beidseitigem Gewinn.

Vielleicht ist es der Mix, sich einerseits voll

tet. Da gibt es viele Studierende, die einfach

Faszination pur … Ja. Und genau diese

auf etwas zu konzentrieren und auf der

kurz hineinschauen – schnuppern, wie Ke-

Adrian, Dein Wunsch an die Zukunft?

Faszination war Motor und Motivation zu-

anderen Seite immer offen zu bleiben und

ramik etwa funktioniert und um nebenbei

Ich will ein Haus mit Ecken, Kanten und

gleich. Diese Freude am Beruf ist etwas

dazulernen zu wollen. Neugier, Freude und

ihre Credits zu sammeln. Hier auf dem

Ausstrahlung führen – eines, das Freude

Entscheidendes im Leben. Eine Erfahrung,

Experimentierfreude, aber auch eine ge-

Ballenberg ist das anders. Hierhin kom-

macht, das Handwerk, Lernerlebnisse und Freiräume vermittelt. Und wenn wir ein

die ich allen nur wünschen kann. Zurück in

wisse Demut vor dem Material und vor Tra-

men Menschen, die ihre Freizeit einsetzen,

der Schweiz habe ich dann begonnen, als

ditionen. Ich freue mich jeden Tag, wenn es

um eine elementare Lernerfahrung zu ma-

Projekt für Teilnehmer-Unterkünfte auf die

freiberuflicher Keramiker zu arbeiten und

gelingt, Türen zu öffnen, Menschen zu be-

chen. Sie wollen lernen, Neues entdecken

Beine stellen könnten, bei dem das Bauen

habe eine eigene Werkstatt gegründet.

geistern, Freude am eigenhändigen Tun

und vertiefen. Hier geht es um sehr viel Mo-

mit Holz neu ausgelotet wird, dann wäre

und der unmittelbaren Erfahrung zu ver- tivation und Leidenschaft. Ich tue alles,

das so ein Wunsch. Es wurde uns sogar

Was bestimmt nicht ganz einfach war. Auch das stimmt. Es ist hart, braucht Disziplin und soziale Strukturen, wo sich Be-

mitteln. Was uns zum Kurszentrum bringt. Wie

um hier einen Ort zu schaffen, wo Handwerk, Kunsthandwerk und zeitgenössische

rufsleute zusammenfinden können. Ich

kamst Du hierher? Durch Hansjörg Budli-

Gestaltung unmittelbar erlebt und gelehrt

habe lange den Berufsverband Schweizer

ger, der leider vor einigen Jahren gestorben

werden können.

Keramiker präsidiert, Gemeinschaftsaus-

ist. Der ehemalige Direktor der Kunstge-

Also irgendwo zwischen Beruf und Berufung? Ja, wir wollen hier das Zentrum und

stellungen mitorganisiert, war und bin als

werbeschule Zürich war fasziniert von der

Prüfungsexperte unterwegs. Hier im Kurs-

Heimatwerkschule Mühlenen und hat sich

Expertenzentrum für das Handwerk sein.

zentrum versuchen wir mit sporadischen

dort engagiert. Als die Schule dann 1996

Mit unserer Tradition, unseren Ausbild-

Veranstaltungen wie beispielsweise «Se-

auf den Ballenberg zog, war der erste Lei-

nern und den Möglichkeiten hier haben

crets of fire» Berufsleute zusammenzu-

ter ein Organisationsspezialist aus der Ver- wir einiges zu bieten. Ich bin auch sehr

Bilder links: Arbeiten aus dem Schaffen von Adrian Knüsel, sind in privaten und öffentlichen Kunstsammlungen im In- und Ausland. Adrian Knüsel, *1957, Keramiker, seit 1997 Leiter des Kurszentrums Ballenberg 1991–1997 Präsident der ASK, Arbeitsgemeinschaft Schweizer Keramik Ausstellungen und Lehraufträge im Inund Ausland, Jurymitglied und Prüfungsexperte, Mitarbeit in Berufsund Ausbildungskommissionen Auszeichnungen: Förderbeitrag Kanton Bern, Werkbeiträge Stadt und Kanton Luzern, eidg. Stipendium für angewandte Kunst und Gestaltung, Honorary Fellowship, Bath Academy of Art, UK

aus dem Freundeskreis des Kurszentrums

namhafte Unterstützung signalisiert. ■

DIE WAHL DES MATERIALS PRÄGT DEN CHARAKTER EINES PRODUKTS.

Raphael Hegglin, NZZ am Sonntag, 10. März 2013, Immobilienteil zum Thema «Material»

Handwerk 1/2013

bringen. Speziell faszinierend finde ich, dass man im Handwerk, wenn man es auf

13

Luzern hatte damals den Ruf, die Schule für Grafik, Bildhauerei, Zeichnungslehrer


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«BEI ABB HABEN WIR LERNEN SO DEFINIERT».

Schülerinnen und Schüler merklich ab. Es

Mit seiner Beweisführung, dass das

sei denn, sie tippen gleichzeitig unter der

Machen unabdingbar zum Lernen gehört,

In der Wirtschaftsgruppe des Beirates

Pultplatte ein SMS. Kommt die Pause,

gibt Manfred Spitzer auch interessante

von FH Schweiz1 wurde wieder einmal in-

steigt die messbare Hirnaktivität wieder

Hinweise zur aktuellen Gender-Diskussion

tensiv über die Dualität der Fachhoch-

an. Manfred Spitzer erklärt in seinem Buch

an den Schulen: Gut ist heute, wer fleissig

schulen und des Schweizer Berufsbil-

«Lernen»3, wie genau unser Hirn und Kör- und ruhig Wissen anhäufen kann (eher die

Vermittlung im dungssystems diskutiert. Geht dies alles in

per Erkenntnisse aufnehmen, verdrahten,

Mädchen); zunehmend Boden verliert, wer

die richtige Richtung? Wird Praxislernen

verinnerlichen. Die komplexen Regeln der

aktiv sein möchte und daran gehindert

nicht nur theoretisch vermittelt, sondern

Sprache lernt das Kleinkind quasi von sel-

wird (eher die Buben).

wirklich gelebt und genutzt? Wie lernt der

ber – nicht durch die Vermittlung eben die-

Mensch überhaupt? Plötzlich steht das

ser Regeln, sondern durch das Erlernen

Kurszentrum Ballenberg in 9 Punkten:

7 Lernen heisst: hinschauen und erfassen wollen. Sich anleiten

Handwerk 1/2013

und Erfassen der Sprache in der laufenden

Praxislernen, wie es bei der ABB verstan-

Anwendung. Erst in der Schule werde

den wird, anlehnend an die Lerndefinition

Sprache und manches mehr mittels Regeln

lassen zum Selbermachen.

der Princeton University2:

gelehrt, mit mässigem Erfolg, da oft jede

70% lernt der Mensch anhand des

Motivation fehle. Ist aber Motivation da,

Ausprobieren, fragen, üben und

wirklichen Lebens und bei den «on-the-job»

bringen sich Kinder innert Kürze sogar

Erfahrungen beim Lösen von Aufgaben und

komplizierteste Regelwerke selber bei – so

vertiefen, entdecken und entwickeln

14

Konzept 70/20/10-Modell in der Runde –

Problemen. Dies sei der wichtigste Aspekt

Manfred Spitzer anhand von «Pokemon»,

sind die wesentlichen Aspekte des

eines jeden Lern- und Entwicklungsplans.

einem Spiel, bei dem Hunderte von Cha-

20% lernt man aus konkreten und geziel-

rakteren erkannt und erlernt werden

Erlernens einer neuen Profession.

ten Feedbacks und aus der Beobachtung

mussten.

Die Teilnehmenden lernen, indem sie etwas selber tun. Sie holen die Fachkompetenz ab.

und Orientierung an Vorbildern. 10% lernt

Über die reine Vermittlung des Wissens

man bei der formalen, vermeintlich «richti-

durch das Herunterbrechen auf die Theo-

gen» Ausbildung. Zusammenarbeit und

rie sagt Manfred Spitzer: «Es mag eigenar-

tägliche Arbeit also als ewiges Lernfeld des

tig klingen, aber es ist dennoch so: Fast al-

lebenslangen Lernens? Aber warum läuft

les, was wir gelernt haben, wissen wir

dann so vieles in die andere Richtung –

nicht. Aber wir können es.» Manfred Spit-

Richtung Schullernen, Richtung Anhäu-

zer zeigt in seinem Buch, wie das Lernen

fen von Wissen, das heruntergebrochen

gestaltet sein müsste, um effektiv zu sein.

wird auf die Theorie? Wo bleibt das Tun?

Er kommt mit seinem Ideal eines Lernmodelles der Vermittlungssituation in der Be-

REZEPT GEGEN DEN STANDBY-MODUS IN DER SCHULSTUNDE

rufslehre verblüffend nahe: Der Mix von Theorie und Praxis – das eigene Tun – die Relevanz der eigenen Arbeit für das Ganze

Der Mediziner und Hirnforscher Man-

– das Lernen in der Beziehung – die Moti-

fred Spitzer hat nach ernüchternden deut-

vation, etwas beitragen zu können und et-

schen Pisa-Resultaten das schulische Ler- was gut zu können – die Erfahrung aus nen unter die Lupe genommen. Seine

Fehlern zu lernen, auch weil man unmit-

verblüffende Erkenntnis: Sobald die Schul-

telbar sieht, welche Auswirkungen etwas

stunde auf Stufe Gymnasium beginnt,

wieder auf das Ganze haben kann – Be-

sinkt die individuelle Hirnaktivität der

greifen, wie etwas funktioniert.

70/20/10. ODER: WIE LERNT DER MENSCH DENN EIGENTLICH?

SO, WIE HEUTE AN SCHULEN GELERNT WIRD, IST ES FÜR EIN DAUERHAFTES LERNEN DAS INEFFEKTIVSTE ÜBERHAUPT.

Manfred Spitzer, Hirnforscher, im Interview mit der Badischen Zeitung, 17. Mai 2003


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URSPRING – DAS EXPERIMENT Schulisches Lernen geht auch anders. Aus vielen reformpädagogischen Experimenten sticht ein besonderes Beispiel hervor: die Urspring-Schule4 in Schelkingen, in der Nähe von Ulm. Die Schule gewann 2008 den deutschen Bundesschulpreis «Fit for the job». Das Besondere am UrspringKonzept: Hier wird als Schulabschluss das Abitur (Matura) mit einem Gesellenbrief (Lehrabschluss) kombiniert. Im Unterschied zu Ausbildungskonzepten, die «nur» eine verstärkte praktische Betätigung vorsehen, wird mit der Berufslehre ein wichtiges Motivationselement eingebaut: Das eigene Tun ist relevant, die Produkte werden gebraucht und müssen im Endeffekt funktionieren. Das eigene Tun ist nicht einfach eine Abwechslung, sondern hat das Ziel, etwas selber gut zu können. Die Schule beschreibt dies so: «Durch qualifiHandwerk 1/2013

zierte handwerkliche Ausbildung in den Werkstätten bieten wir den Schülern die ressieren sich 13-Jährige wirklich fürs

ganzheitlicher Weise ihr Leben mit dem

Haushalten? Oder wäre 16 oder 17 nicht

Lernen zu verbinden. Gleichzeitig erhalten

das ideale Alter, um sich – junge Frauen

sie Einblick in unternehmerische Prozesse

und junge Männer – mit Haushaltsführung

und qualifizieren sich so in hervorragender

zu befassen? Auffallend ist, wie positiv sich

Weise für das Arbeitsleben. Die Symbiose

genau diese Altersgruppe zur «Husi» äus-

Schule und Lehre ermöglicht eigene Fä-

sert: Sie sind begeistert von den Kurswo-

higkeiten und Kompetenzen im praktischen

chen und erfahren aus erster Hand, dass

sowie im theoretischen Bereich zu entwi-

ihr Tun immer eine Konsequenz hat. Eine

ckeln und auszubauen.»

Kursleiterin schildert dies so: «Nach ein

Vormachen Nachmachen, ein unterschätztes Vermittlungskonzept

15

Möglichkeit, sich selbst zu erfahren und in

paar Tagen Zusammenleben entwickeln sie

STREIT UM DIE «HUSI» Am 3. März 2013 hat der Kanton Zürich

eine ganz neue Sensibilität (…). Dann hört man plötzlich Sätze wie ‹Jetzt habe ich hier

an der Urne dafür votiert, den hauswirt-

geputzt, und du läufst durch›». Selberma-

schaftlichen Intensivkurs, die «Husi», von

chen macht lebenstauglich. Handlungs-

der vierten Gymiklasse auf die erste Gymi-

kompetenz hält eine Volkswirtschaft fit – ei-

klasse vorzuverlegen. Im Pro-und-KontraVergleich im Tagesanzeiger5 wurde der Faktor Motivation intensiv diskutiert: Inte-

gentlich. ■

1 www.fhschweiz.ch 2 www.princeton.edu/hr/learning/philosophy 3 Lernen – Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Manfred Spitzer, Spektrum 2008 4 www.urspringschule.de 5 Beliebte Lebensschule, Tages-Anzeiger, 7. Februar 2013


A63546_Handwerk_1_13_9_A63546_Handwerk_1_13 22.05.13 16:01 Seite 18

DAS KURSZENTRUM KANN NOCH MEHR

Traditionen entstanden. Das traditionelle

werk der Schweiz und hat sich zum Ziel ge-

Handwerk nimmt darin einen hohen Stel-

setzt zu einem wichtigen Ansprechpartner

Das Kurszentrum ist in seiner Vermitt-

lenwert ein (siehe hierzu: http://www.le-

für Fachleute und Interessierte zu werden.

lungsarbeit immer der Treffpunkt der Ex-

bendige-traditionen.ch/). Neben der bera-

Ins erste Jahr startet das Kompetenz-

pertinnen und Experten und der interes-

tenden Tätigkeit für das BAK wurde das

zentrum gleich mit mehreren Projekten,

sierten Kursteilnehmenden gewesen. Die

Kurszentrum Ballenberg auch Partner des

die hier vorgestellt werden.

Betonung des Kurswesens hat das Lehren

Amtes für Kultur des Kantons Bern, das

und Vermitteln in den Vordergrund ge-

die Erfassung des immateriellen Kulturer-

rückt. Das Freilichtmuseum und das Kurs-

bes beim Kurszentrum Ballenberg in Auf-

Im November 2012 hat der Schweizeri-

zentrum können aber noch mehr leisten:

trag gab (die entstandene Sammlung kann

sche Gewerbeverband eine Tagung zum

Hier findet der Austausch von Experten

als Liste der lebendigen Traditionen auf

Thema «Kleinstberufe» organisiert. Auch das Kurszentrum Ballenberg war im Rah-

Vermittlung im Kurszentrum Ballenberg in 9 Punkten:

8 Die Kursteilnehmenden werden ohne Selektion und Quervergleich in die Kurse aufgenommen.

statt, hier ist die gebündelte Kompetenz im

dem Internet eingesehen werden: http://

traditionellen Handwerk und im Bauhand-

www.erz.be.ch/erz/de/index/kultur/kul-

men des neuen Kompetenzzentrums tradi-

werk vorhanden. Hier tun sich Türen auf:

turfoerderung/LebendigeTraditionen.html).

tionelles Handwerk an dieser Tagung prä-

Zeit für den nächsten Schritt! Daniela Christen, die Verantwortliche

Erwartet wird Interesse, Offenheit,

sent. Eine wichtige Gruppe unter den Kleinstberufen sind die Kleinsthandwer-

des Kompetenzzentrums tradtionelles Hand-

Kurszentrum Ballenberg mit einzelnen be-

ker. Ein zentrales Anliegen und eine He-

fristeten Projekten erste Erfolge verbuchen.

rausforderung dieser Berufe sind die Kom-

Die zusätzliche Arbeitsbelastung des Teams

munikation und der direkte Kontakt zum

führte zum Entschluss, dass eine neue

Publikum. Im September 2013 findet nun

50%-Stelle geschaffen werden kann für den

eine Folgetagung statt, an der sich das

setzung mit Materie, Material und

KOMPETENZZENTRUM TRADITIONELLES HANDWERK, EINE KOOPERATION DES KURSZENTRUMS BALLENBERG UND DES FREILICHTMUSEUMS BALLENBERG

Werkzeug.

tungsrat der Stiftung Heimatwerkschule

Lernen und sich Vertiefen. Plus eine Handwerk 1/2013

Neben der Ausarbeitung umfassender Konzepte und Strategiepapiere konnte das

werk, stellt vor:

Präsenz, Leidenschaft, Freude am

16

TAGUNG KLEINSTHANDWERKE

gewisse Toleranz und Geduld mit sich selber in der Auseinander-

Seit 2008 beschäftigt sich der Stif-

Aufbau des Kompetenzzentrums traditio-

Kompetenzzentrum wiederum beteiligen

nelles Handwerk Ballenberg. Schon die Be-

wird. Als Folge der Tagung werden Pro-

zeichnung zeigt, dass das neue Kompe-

jekte realisiert, welche die Möglichkeiten

tenzzentrum eine nicht zu unterschätzende

des Freilichtmuseums und das breite Pu-

Komplexität und Vielfalt der Themen auf

blikumsinteresse nutzen, die Kleinsthand-

sich vereinigt.

werke bekannt und zugänglich zu machen.

Ballenberg und die Leitung des Kurszen-

Und nun ist es endlich so weit: 2013

trums Ballenberg intensiv mit möglichen

wird das Kompetenzzentrum traditionelles

Entwicklungsszenarien, dem Ausbau und

Handwerk Ballenberg als Kooperation des

der Erweiterung der Tätigkeitsfelder. Das

Kurszentrums Ballenberg und des Frei-

Im Forschungsmandat «traditionelles

Kurszentrum Ballenberg soll ein Kompe-

lichtmuseums Ballenberg lanciert. Das

Handwerk» hat Interface eine Bestandes-

DATENBANK KLEINSTHANDWERKE

tenzzentrum entwickeln für Fragen des tra-

Kompetenzzentrum will in Zusammenar- aufnahme der traditionellen Handwerks-

ditionellen Handwerks, der Dokumenta-

beit mit unterschiedlichen Partnern aus

tion, Archivierung, der Information und der

Wirtschaft, Bildung und der Wissenschaft

macht und gleichzeitig eine Datenbank

Vermittlung von Können und Wissen.

die Bedeutung des Handwerks für die Ge-

geschaffen. Für jedes traditionelle Hand-

berufe und -fertigkeiten in der Schweiz ge-

Fast zeitgleich wurde von der Unesco

schichte, die Gegenwart sowie Zukunft der

werk ist ein «factsheet» erstellt worden, das

die Konvention zur Bewahrung des imma-

Schweizer Kultur und Wirtschaft aufzei-

zahlreiche Informationen zu den einzelnen

teriellen Kulturerbes lanciert. Der Bund

gen und im Bewusstsein der Öffentlichkeit

Berufen enthält: Eine kurze Beschreibung

hat die Konvention ratifiziert und daraus

neu verorten und verankern. Das Kompe-

des Berufs und der wichtigsten Tätigkeiten,

sind die Verzeichnisse des immateriellen

tenzzentrum erforscht, dokumentiert und

in welchen Sprachregionen der Schweiz

Kulturerbes, resp. die Listen der lebendigen

vermittelt Wissen über traditionelles Hand-

und von wie vielen Akteuren der Beruf

VOM EINSTIEG ZUR KOMPETENZ. VOM KURSZENTRUM ZUM KOMPETENZZENTRUM.


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zu Aus- und Weiterbildung u.a.m. Im Auftrag des Bundesamtes für Kultur wird nun

HANDWERK IN DER DENKMALPFLEGE – GEFRAGTE FÄHIGKEITEN

DANIELA CHRISTEN Im April 2013 hat Daniela Christen den Aufbau und die Leitung des Kompetenz-

die Datenbank aktualisiert und in die Web-

Der eidgenössisch anerkannte Ab-

zentrums traditionelles Handwerk über-

seite des Kurszentrums Ballenberg inte-

schluss Handwerker/-in in der Denkmal-

nommen. Selber in einer Handwerkerfami-

griert. Ausserdem ergänzt das Kompetenz-

pflege FA richtet sich an engagierte Be-

lie aufgewachsen, hat sie einen anderen

zentrum die Datenbank mit Bildmaterial

rufsleute aus verschiedenen Bauberufen

Berufsweg gewählt: Nach einer kaufmän-

und anderen relevanten Informationen.

und mit Interesse an historisch bedeuten-

nischen Ausbildung und anschliessender

den Objekten. Mit dieser zusätzlichen Qua-

Matura auf dem zweiten Bildungsweg hat

EURO-PROJEKT ALPBC MIT BREITER UNTERSTÜTZUNG

lifikation können sie ihr fachliches Wissen

sie Sprachen an der Universität Basel stu-

in einem attraktiven Tätigkeitsbereich er- diert. Sie freut sich darauf, ihre vielfältige

Auch das Projekt «AlpHouse» geht in

weitern und spannende Aufträge ausfüh-

Berufs- und Projektmanagementerfahrung

eine nächste Runde: 2010–2012 war das

ren. So haben sie als Fachleute in einem

in das Kompetenzzentrum einzubringen:

Kurszentrum an diesem europäischen Pro-

handwerklichen Betrieb oder als selbst-

«Ich bin sehr gespannt auf die neue Auf-

jekt beteiligt, in dem in ausgewählten Re-

ständige Unternehmerinnen und Unter- gabe. Es reizt mich, gemeinsam mit dem

gionen des Alpenraums traditionelle alpine

nehmer ausgezeichnete berufliche Per- Kurszentrum und dem Freilichtmuseum

Architektur erforscht und Empfehlungen

spektiven.

entsprechend

Ballenberg, die schon vielfältige Vorarbeit in

an Handwerker, Architekten, Planer sowie

ausgebildeten Mitarbeitenden haben klare

diesem Bereich geleistet haben, das Kom-

Bauherren und Entscheidungsträger ge-

Wettbewerbsvorteile. Mit Hilfe dieses Lehr- petenzzentrum aufzubauen und es zu einer

Firmen

mit

macht wurden. «AlpHouse» vermittelt Wis-

gangs können die Teilnehmenden in ihrer

wichtigen Anlaufstelle für das traditionelle

sen und Lösungsansätze zur Sanierung

Fachrichtung:

Handwerk zu machen. Für mich persönlich

von Gebäuden im Alpenraum und orientiert

– historische Bauwerke fachgerecht unter- wird es eine grosse Entdeckungsreise und

Architektur, landschaftsbezogene Siedlungsformen und der Gebrauch von regionalen Handwerkstechniken und Materialien sollen erhalten und weiterentwickelt,

suchen und einordnen; – stilgerechte Lösungen planen und sich mit anderen Fachleuten absprechen;

ich freue mich besonders auf die Begegnungen mit Handwerkerinnen und Handwerkern und den Mitarbeitenden der bei-

den Ballenberg-Institutionen.» ■

– anspruchsvolle Arbeiten mit traditionel-

gleichzeitig aber auch die Energieeffizienz

len Techniken, Werkzeugen und Mate-

der Gebäude und Siedlungen optimiert und

rialen an Bauten ausführen und doku-

an moderne Technologien angepasst wer-

mentieren.

den. Das Fortsetzungsprojekt AlpBC (Laufzeit 2013–2015) regt überregionale Zu-

Das Kompetenzzentrum traditionelles

sammenarbeit und Projekte an. Wiederum

Handwerk berät Interessentinnen und In-

wird das Projekt vom Amt für Raument-

teressenten und sammelt die Anmeldungen

wicklung und verschiedenen Kantonen un-

und Bewerbungsunterlagen, prüft die Do-

terstützt.

kumente und leitet sie an die entsprechenden Ausbildungsanbieter weiter.

17

sich dabei an zwei Zielen: die traditionelle

Daniela Christen, neu im Kompetenzzentrum Handwerk im Ballenberg Foto: Annette Boutellier

Handwerk 1/2013

noch ausgeübt wird, sowie Informationen

DIE STUDENTEN LERNEN HIER, IHRE ERKENNTNIS AUF ERFAHRUNG UND EXPERIMENT ZU STÜTZEN.

Über die medizinische Fakultät der Universität Leiden, der damals fortschrittlichsten in Europa, wo der Berner Gelehrte Albrecht von Haller (1708–1777) lehrte. Zitat aus der Ausstellung 2008 in Bern.


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Nationalfondsstudie2 geht noch einen Schritt weiter: Innovationen entstehen in der täglichen Arbeit, bei der Zusammenarbeit in der Problemlösung. Und das unabhängig, ob eine Firma gross oder klein ist. Forschung und Entwicklung ist also in den Vermittlung im Alltag integriert und findige Köpfe sind Kurszentrum Ballenberg in 9 Punkten: nicht nur in Labors und Forschungszen-

9

tren zu finden.

Das Kurszentrum Ballenberg steht

WETTBEWERBSVORTEILE DES KMU-LANDES SCHWEIZ

für Sorgfalt und Respekt. Wissen

Schweiz 97,6% der Unternehmen3 weniger

Speziell interessant ist, dass in der als 50 Mitarbeitende beschäftigen. Die Cre-

und Können. Auseinandersetzung

dit Suisse hat mit ihrer KMU-Studie4 auf-

und Widerstand. Augenmass und

gezeigt, dass in dieser Betriebsstruktur die besondere Stärke der Schweizer Wirtschaft

Präzision. Spielfreude und LeidenGrafik NZZ, Samstag, 27. Oktober 20121

Und für das Verständnis, dass Qualität Zeit braucht. Die Kurse vermitteln den Einstieg.

18

Handwerk 1/2013

schaft. Innovation und Vertiefung.

begründet ist. Kleine Unternehmen können

WIR MÜSSEN Forscher WERDEN. WIR MÜSSEN forscher WERDEN. Adrian Knüsel

agil an den Märkten agieren und rasch auf

QUALITÄT ENTSTEHT BEIM ÜBEN, INNOVATION BEIM TUN

Kundenanliegen reagieren. Sie verfügen über eine hohe Handlungskompetenz auf

Die Schweiz ist auch 2012 wieder In-

allen Stufen und wenig organisatorischen

novationsweltmeister geworden. Sie hat mit

Überbau – sie sind effizient auf das Machen

Abstand am meisten Patentanmeldungen

und Entwickeln ausgerichtet. Und sind erst

weltweit pro 1000 Einwohner (Grafik). Die

noch eine strukturelle Absicherung, indem

NZZ1 hat die Situation untersucht und

sie die regionale Volkswirtschaft nicht durch

spricht von einer ungewöhnlichen Aus-

Klumpenrisiken belasten. Auch wenn die

nahmestellung der Schweiz und bezeich-

Bekanntheit grosser Firmen anziehend

nen sie als «ein Patentwunder», das pro

wirkt, so zeigt die Credit Suisse auf, was

Kopf im Vergleich mit praktisch gleichem

kleine attraktiver macht: das tendenziell ab-

Einsatz ein Mehrfaches an Patentanmel-

wechslungsreichere Aufgabenfeld mit indi-

dungen heraushole: «Die vier Spitzenreiter

viduellem Spielraum, flexiblere Abläufe und

bei den Patentanmeldungen geben – bezo-

Mitsprachemöglichkeiten. Aber auch die

gen auf das Bruttoinlandprodukt – alle das

Credit Suisse stellt fest, dass das Thema

15-Fache (und mehr) der Schweiz aus, in

«Lohn und Fachkompetenz» ein Thema für

absoluten Zahlen pro Kopf (zu Kaufkraft-

sich ist. Fachkompetenz ist einerseits eine

paritäten umgerechnet) mindestens das

unterschätzte und unterbezahlte Grösse –

10-Fache», so die NZZ. Und sie vermerkt,

auf der anderen Seite sind Fachkräfte drin-

dass eben «von nichts nichts komme» und

gendst gesucht. Ein Mangel, der von der

die Firmen selber in Forschung und Ent-

Credit Suisse als eines der Hauptrisiken der

wicklung investieren. Die bereits erwähnte

Schweizer Wirtschaft festgestellt wird.

HANDLUNGSKOMPETENT PUNKTEN. MIT FINDIGEN KÖPFEN, QUALITÄT, INNOVATIONSKRAFT


A63546_Handwerk_1_13_9_A63546_Handwerk_1_13 22.05.13 16:01 Seite 21

Engagement an der Basis sei gefragt

gendlichen an der Mathematik und den Naturwissenschaften, wurde jüngst an ei-

… UND FÖRDERN. BEISPIEL PRIX JUMELLES.

ner Tagung in Olten, die sich dem Fach-

Mit dem Prix Jumelles hat das Kurs-

kräftemangel in den sogenannten Mint-

zentrum eine eigene Förderplattform

und etwas müsse getan werden gegen «ver- Fächern (Mathematik, Informatik, Natur- schaffen können, um handwerkliche Innodorbene Freude», hält Michael Schoenen-

wissenschaft, Technik) widmete, moniert.

berger in der NZZ5 fest und stellt ein span-

Schüler machten vielfach negative Erfah- zuzeichnen. Der Preis, der 2012 zum

vationskraft und Vermittlungsarbeit aus-

nendes Projekt aus Baden vor. Hier Aus-

rungen mit den anspruchsvollen Fächern,

züge aus dem Text:

hauptsächlich, weil die Abstraktion zu früh

sönlichen Engagement von Barbara und

«Man würde annehmen, die Kinder hät-

eingefordert werde. Tatsache ist: In der

Elisabeth Schürer, Fondation Jumelles

ten an ihrem freien Nachmittag anderes

schulischen Laufbahn wird das Abstrakti-

Bern, zu verdanken. Gutes Handwerk wird

vierten Mal verliehen wurde, ist dem per-

zu tun, als gleich wieder den Weg zur

onsvermögen sehr schnell zum alleinigen

in der Kategorie «l’intelligence de la main»,

Schule unter die Füsse zu nehmen. In ei-

Selektionskriterium (…). Die Freude am

gute Vermittlung in der Kategorie «Le transfert du savoir-faire» ausgezeichnet. 2014 ist

nem Badener Primarschulhaus aber treffen

Experiment und das Interesse an der Be-

sich jeden Mittwoch eine Handvoll Kinder

obachtung würden gründlich verdorben,

wieder eine Ausschreibung vorgesehen.

zwischen acht und elf Jahren zum Tech-

meinen die Experten. Nicht so in Baden:

Dies in enger Zusammenarbeit mit dem

nik-Workshop. Es geht zur Sache: löten,

Die Kinder lernen die physikalischen

Freilichtmuseum Ballenberg, das nach dem

schrauben, sägen, hämmern und zuletzt

Grundgesetze auf einer einfachen Ebene

traditionellen Handwerk im 2013 dann

testen. Funktioniert die Roboter-Ente, das

kennen, ausgehend von beobachtbaren

nächstes Jahr das Handwerk im zeitge-

Segelflugzeug, das Morsegerät? Gerade

Phänomenen (…). Und sie üben sich in

nössischen Kontext frisch präsentieren will.

basteln die Kinder einen Propeller, dessen

handwerklichen Fähigkeiten und Fertig- Sind Sie interessiert an der Ausschreibung

Motor von Solarenergie angetrieben werden

keiten.»

soll, und sie hören aufmerksam zu, wenn von Becquerel, der Fotovoltaik und Silicium die Rede ist. Als die Propeller zu drehen beginnen, scheinbar nur von Licht an-

zum Prix Jumelles? Hinterlegen Sie Ihr Interesse per Mail bei uns, wir werden Sie rechtzeitig informieren: info@ballenberg-

kurse.ch ■

1 Wenig Innovation in den Krisenländern; Die Schweiz – ein Patentwunder, NZZ, 27. Oktober 2012 2 Innovative Unternehmen brauchen Wissen, NFPNR 43, 2004 3 Bundesamt für Statistik, Betriebszählung 2008 (aktuellste Zahlen) 4 «Erfolgsfaktoren für Schweizer KMU», Studie der Credit Suisse, 2012 5 Basisarbeit für zukünftige Naturwissenschafter, Michael Schoenenberger, NZZ, 27. Dezember 2011

Zwei Männer sehen am Kursleitertag rot: Urs Lareida, rechts, und Franz Kälin, links, haben sich der Leidenschaft Schuhmacherei verschrieben. Sie sammeln auch rund um die Welt Schuhe.

Handwerk 1/2013

FACHKRÄFTEMANGEL: MAN KANN UND MUSS ETWAS TUN. BEGEISTERN …

möchte die Kinder für die Technik begeistern›, sagt Gerhard Schmidt, Initiator und Leiter des Workshops. Der pensionierte Ingenieur, zeitlebens bei der ABB angestellt, sorgt sich um die Innovationskraft einer Gesellschaft, der die technischen Fachkräfte fehlen und die mehr und mehr vom Dienstleistungssektor abhängig wird. Gerhard Schmidt ist überzeugt, dass nur eine frühe Nachwuchsförderung Besserung bringt. Er und seine zwei Kollegen machen das nicht für Geld, es geht um die Sache. Hier geschieht, was Bildungsexperten fordern. Eine verfehlte Didaktik sei mit schuld am schwindenden Interesse der Ju-

19

getrieben, leuchten die Kinderaugen. ‹Ich


A63546_Handwerk_1_13_9_A63546_Handwerk_1_13 22.05.13 16:01 Seite 22

DAS SCHAF Für die einen ein Symbol für Unschuld und Frieden, für die anderen schlicht und erPia Solèr – Die Weite fühlen. Aufzeichnungen einer Hirtin, 2011, Weissbooks, Frankfurt a.M.

greifend Haus- und Nutztier.

DAS LEBEN EINER HIRTIN Nicht nur Idylle, sondern auch vielfältiger und oft harter Alltag. Pia Solèr berichtet unverblümt und in

Hans Haid schreibt eine Kulturge- losen Gedanken in ihren Aufzeichnungen. schichte des Schafes: Das Schaf ist über- Einfach mal weg sein – eine der grossen all – auf allen Kontinenten und in allen

20

Handwerk 1/2013

Susan Brown/Andrew Dent/ Christine Martens/Matilda McQuaid – Fashioning Felt, 2009, Cooper-Hewitt, National Design Museum, USA

Ob Hut, Schmuck, Möbel, technische Komponente oder Überzug des Klavierhammers: Filz ist das Material der tausend Möglichkeiten. 2009 zeigte das Cooper-Hewitt-National Design-Museum in den USA eine Ausstel-

Religionen. Es steht am Beginn der Zivili-

gern auf dem Jakobsweg. Kein iPhone, kein

lung zum Thema «Fashioning Felt», an der

sation und Sesshaftwerdung, nährt und

Internet. Oder raus, aufs Land. Doch wie

auch die Kursleiterin und ehemalige Teil-

wärmt, wird geschlachtet, geschächtet, ge-

fühlt es sich an, schon immer einfach weg

nehmerin des Bildungsgangs Filz des Kurs-

opfert und verehrt. Seit mehr als 10’000

zu sein, von Berufs wegen?

zentrums Ballenberg, Ursula Suter, ihre

Jahren züchtet der Mensch das Schaf. Es

Pia Solèr ist knapp 40 Jahre alt und

ist das geduldige «Lamm Gottes». Es ist der

Hirtin. Sie lebt in einem versteckten Tal im

tet nicht nur Informationen zur Tradition

machtvolle Herrscher auf dem Thron der

schweizerischen Graubünden. Ans Bü-

und zur reichhaltigen Geschichte des Fil-

Apokalypse. Der «gute Hirte» weidet seine

cherschreiben hat sie nie gedacht – bis sie

zens, sondern präsentiert innovative von

Schafe, und jungen Schafhirtinnen er- einer danach fragte. «Wer hätte zum Bei-

Hand und kommerziell produzierte Gegen-

Werke zeigte. Der Ausstellungskatalog bie-

scheint die Madonna. Das Schaf nährt und

spiel gedacht, dass ich etwas zu sagen

stände und zeigt die Vielseitigkeit des Ma-

wärmt uns, gibt Wolle, Fleisch, Milch, Lo-

habe.» Und jetzt erzählt sie. Im Oktober

terials und die grosse Bandbreite, in der es eingesetzt werden kann. Zahlreiche Abbil-

den, Filz, Mist und Lanolin. In der bukoli-

Schnee-Einbruch über Nacht. SMS kön-

schen Schäferdichtung wird das Schaf

nen nur verschickt werden, wenn der Wind

hymnisch besungen. Pastorellen, Madri-

aus einer bestimmten Richtung kommt.

gale, weihnachtliche Hirten- und Krippen-

Der Hund stirbt, der Tierarzt kommt zu

lieder sind wichtiger und klingender Teil

spät, sie begräbt ihn allein.

der Kultur. Am Himmel zählen wir die

Die Aufzeichnungen von Pia Solèr sind

«Schäfchenwolken». Aussenseiter nennen

authentisch, alltäglich und einzigartig. Hier

wir «Schwarzes Schaf». Wir halten «Schä-

spricht kein Aussteiger, auch kein mön-

ferstündchen», suchen Schutz gegen die

chischer Eremit. Hier spricht eine Frau

«Schafskälte» und sind allesamt «lamm-

aus der Mitte Europas, sie erzählt von har-

fromm». Dann bringen wir «unsere Schäf-

ter Arbeit und einsamen Stunden, vom

chen ins Trockene» und vertreiben schliess-

Hans Haid – Das Schaf. Eine Kulturgeschichte (bearbeitet von Barbara Haid), 2010, Böhlau Verlag, Wien, Kolmar, Weimar

Sehnsüchte des zivilisierten Menschen. Pil-

FASHIONING FELT

lich den «Wolf im Schafspelz». ■

BILDEN SIE SICH: SO VIEL THEORIE MUSS SEIN …

dungen laden zum Verweilen in Farbe,

Form und Mustern ein. ■

Fortschritt und Zerfall unserer Tage, vor allem aber erzählt sie vom Leben in der Natur, auf 2000 Metern Höhe, in der sich Weite fühlen lässt. ■

Kunsthandwerk Souvenirbox: Eine echte Brienzer Schnitzerei zum Selbermachen, eine Zusammenarbeit von Fuchs Holzschnitzkurse, 3858 Hofstetten, Huggler-Wyss Holzbildhauerei AG, 3855 Brienz, Pfeil Schnitzlerwerkzeug, 4900 Langenthal, Hugo Schild Grafiker, 3855 Schwanden und Tourismusverein Brienz Axalp CHF 49.00 Gesehen im Museumsladen Eingang West, Freilichtmuseum Ballenberg, Foto Nina Mann


A63546_Handwerk_1_13_9_A63546_Handwerk_1_13 22.05.13 16:01 Seite 23

HANDWERK STEHT FÜR HÖCHSTE WERTIGKEIT. MAN MUSS ES BEHERRSCHEN. KONSEQUENZ?

KUNSTHANDWERK FASZINIERT UNS, ABER NUR IM AUSLAND: WAS IST UNS PEINLICH?

KUNST HAT MIT SCHÖNHEIT EIN PROBLEM, WEIL SIE DEKORATIVES VERACHTET: WICHTIG?

Im Rahmen von «echos»: VolksDEBATTENkunst, das Spannungsfeld von Volkskunst, Kunsthandwerk, Kunst und Design. Vortrag von Adrian Knüsel in Stans, 21. September 2007.


A63546_Handwerk_1_13_9_A63546_Handwerk_1_13 22.05.13 16:01 Seite 24

WIR SIND NICHT ALLE GLEICH. MAN MUSS NICHT ALLES WISSEN. ABER MAN SOLLTE ETWAS KÖNNEN.

Wolf Lotter, in Brand eins, Nur für Könner, Ausgabe 11, November 2007

WILLST DU DICH AM GANZEN ERQUICKEN SO MUSST DU DAS GANZE IM KLEINSTEN ERBLICKEN.

Unternehmer Rudi Bindella zitiert Goethe im Persönlich, SRF 10. März 2013

Landschaftstheater, Kurszentrum und Freilichtmuseum Ballenberg an der Museumsnacht in Bern, 22. März 2013: Hermes Thöni und Hansueli Flück beim Aufbau des Spychers vor dem Bundeshaus. Foto Adrian Knüsel

Die Kraft im Hintergrund. Wir sind Partner des Kurszentrums Ballenberg. Weil das Handwerk stimmen muss. Überall und in jeder Branche.


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