Handwerk 08 1

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HANDWERK: DAS ALLES KANN FILZ 1/08

DIE INFORMATION DES KURSZENTRUMS BALLENBERG

Kurszentrum Ballenberg, CH-3855 Brienz Telefon 033 952 80 40, Fax 033 952 80 49 info@ballenbergkurse.ch, www.ballenbergkurse.ch Handwerk, traditionelles Bauhandwerk, zeitgenรถssische Gestaltung

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1. FRAGE Wenn du dich zurückerinnerst: Was gab den Ausschlag für die Anmeldung zum

EN SP AUF D

VON… N E R U

n arbeite chluss s b 007 A r e 5 bis 2 llung d /5 200 4 z Ausste il F gänge 8 dungs ai 200 der Bil ./18. M 7 1 , g a Sonnt hr ag und is 17 U b Samst r h 11 U enberg m Ball u r t n e rsz es Im Ku West d ingang E berg. n im e e ll b ms Ba u e s u htm Freilic

Filzbildungsgang?

2. FRAGE Würdest du wieder einsteigen?

3. FRAGE Was ist der entscheidendste persönliche Wandel/Gewinn, den du während der 3 Jahre erlebt hast?

4. FRAGE Gibt es einen Höhepunkt, den du erwähnen möchtest?

5. FRAGE Zwei Sätze zum Modul …1 bis 6

6. FRAGE zu diesem Heft:

Wie sehen die Pläne für die Zukunft aus? Kommt Filz vor?

Bildungsgang Filz 4/5: 2 Gruppen – ein starker Jahrgang Seite 1 Bildungsgang Filz: Initiantinnen, Gestalterinnen, Vordenkerinnen Seite 10

7. FRAGE Gibt es Themen, die als Anschlussweiterbildungskurse sollten?

Bildungsgang Filz: Kurs und Module im Überblick Seite 12 Filz, professionell weitergeführt – 5 Porträts Seite 14

Handwerk 1/2008. Herausgeber: Kurszentrum Ballenberg, 3855 CH-Brienz, Telefon 033 952 80 40, Fax 033 952 80 49, www.ballenbergkurse.ch, info@ballenbergkurse.ch. Druck: Gisler Druck AG, Altdorf. Layout: Margret Omlin. Auflage 3000/3 Ausgaben jährlich. Abo Inland Fr. 28.–/Ausland Fr. 38.–. Einzelnummer Fr. 10.–.

Besuch im Honnerlagschen Doppelpalast in Trogen Seite 15 Filz auf der Eierschwand bei Bürglen im Kanton Uri Seite 16 Wo wilde Kerle wohnen… Seite 18 Verspielt erforschen Seite 20 Von Birmenstorf nach New York! Seite 21

angeboten

werden


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1. Meine

1. Als

ersten Kontakte mit Filz waren

meine Tochter ein Jahr alt war,

die Abschlussarbeiten der ersten Filz-

suchte ich einen Ausgleich zum Haus-

ausbildungsklasse von Lene Nielsen bei

frau-und-Mutter-Sein. Ich widmete mich

Zürcher-Stalder in Kirchberg. Ich war

wieder mehr handwerklichen Tätigkeiten.

sehr sehr beeindruckt; das wollte ich

Nebst der Keramikherstellung habe ich

auch lernen! Wie gut, dass das Kurs-

auch viele Filzkurse besucht. Letzteres

zentrum Ballenberg einen Bildungsgang

hat mich als Neustes fasziniert und ich

Filz anbietet! So erfolgte meine Anmel-

wollte mehr über dieses Handwerk erler-

dung.

nen. So vernahm ich, dass das Kurszentrum Ballenberg einen Bidlungsgang Filz

2. Ja

anbietet.

4. Siehe 3.

2. Ja,

der Kurs hat meine Erwartungen

erfüllt.

5. Ich

freute mich jedesmal auf das

Lernen und den Austausch innerhalb der

3. Ich

Gruppe und der Kursleitung.

gelernt. Sei es in der Herstellung von Filz

habe sehr viel über das Handwerk

sowie der Gestaltung im künstlerischen

6. Filz wird sicher ein Thema sein. In wel-

Bereich. Nebenbei habe ich während der

cher Form ist noch offen.

ganzen Kursdauer viele gute und liebens-

ich denke, dass jedes Modul tech-

Mit einigen davon werde ich auch in

nische, handwerkliche wie gestalterische

Zukunft in Kontakt bleiben.

Vertiefungsthemen beinhaltet. Anschlussweiterbildungskurse, auch mit Gastdo-

5. Für

zentinnen, würde ich begrüssen. ■

alles beinhaltet, was ich mir erwünscht

mich haben die Module 1 bis 6

Handwerk 1/2008

werte Menschen kennenlernen dürfen.

7. Ja,

DIE ZEIT, DIE ICH 3. MIR ZWISCHEN DEN MODULEN ZU EINEM BESTIMMTEN THEMA NEHMEN KONNTE, SOWIE DIE DAZUGEHÖRENDE TECHNISCHE, GESTALTERISCHE UND PHILOSOPHISCHE AUSEINANDERSETZUNG WAREN FÜR MICH EIN GROSSER GEWINN.

MEINE HÖHEPUNKTE 4. lung von Filz bis hin zu den gestalteriWAREN JEWEILS DIE schen Möglichkeiten. ERWARTUNGEN UND VORFREUDE AUF DAS NÄCHS- 6. Ich möchte dieses Handwerk mit TE MODUL SOWIE EINE Freude anderen Leuten weitergeben. Ich WOCHE AUS DEM ALLTAGShabe mir ein kleines Atelier geschaffen, in TROTT AUSBRECHEN. welchem ich mich selber weiterentwickeln

Violette Amendola

BILDUNGSGANG FILZ 4/5: 2 GRUPPEN – EIN STARKER JAHRGANG

Brigitte Balzer

möchte. ■

1

hatte. Das heisst: Kennenlernen verschiedener Wollsorten, Fasern usw., Herstel-


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1. Ich

wurde das Bedürfnis, nach einer fundierhatte schon mehrere Filzkurse ten Filzweiterbildung. Gleichzeitig fragte

besucht und war von den vielfältigen ich mich aber auch, was ich denn filzMöglichkeiten begeistert. technisch noch lernen könnte, ich filze

2. Auf

doch schon lange und weiss viel. jeden Fall würde ich mich wieder

anmelden für den Bildungsgang.

3. Durch

5. Obwohl

mich die erste Modulwoche

(Filze der Nomaden) nicht gerade reizte, die verschiedenen Dozentinnen liess ich mich von Johanna Rösti für eine

und Filzfachfrauen habe ich immer wieder Teilnahme am Bildungsgang überzeugen. neue Impulse für meine eigenen Arbeiten Ausschlaggebend war für mich die wecherhalten. Ich bin meinem kreativen Poselnde Kursleitung, da konnte ich um ein tenzial sehr viel näher gekommen, was für Vielfaches profitieren. Ich habe in den drei mich ein grosser Gewinn ist. Jahren gelernt, noch vertiefter zu experi-

5. Durchwegs

mentieren und Projekte zu entwickeln. spannend und lehrreich.

Ein Dankeschön an alle Beteiligten.

3. Meine

Filzarbeit hat auch gestalterisch

einen grossen Wandel erlebt. So entstehen

6. Ich werde sicher weitermachen mit Filz

heute weniger Werke für den Verkauf auf

in Richtung Bekleidung/Objekte. Da sind dem Markt, eher Kollektionen, vor allem im noch diverse Ideen in meinem Kopf, die Bereich Bekleidung und Wohnen. Im darauf warten, sichtbar zu werden. In Handwerk 1/2008

Moment filze ich sehr viel mit Naturfarben, meiner Arbeit – Begleitung von betagten verschiedenen Wollhaar qualitäten und zum Teil demenzkranken Menschen – Wolle in Verbindung mit Stoffen. Meine möchte ich gerne ein Filzprojekt realisieFilze sind, je nach Verwendung, meist fein ren. und sollten möglichst tragbar oder brauch-

2

7. Konkrete

bar sein. In Ruhe sich auf Wolle einlassen, Vorschläge für Weiterbilohne von jemandem abgelenkt oder gestört

dungskurse habe ich im Moment nicht. Es

DIE ENTSTEHUNG 4. VON MEINEM «UNGLEICHEN PAAR» WAR MEIN BEDEUTENDSTER HÖHEPUNKT. DIE ARBEIT WAR AUF ALLEN EBENEN EINE GROSSE HERAUSFORDERUNG UND ERFAHRUNG FÜR MICH.

MEINE ZUKUNFT IST SEHR VERFILZT.

ist mir wichtig, den Kontakt zu meiner Kursgruppe zu behalten. Wir haben bereits

Barbara Glünkin-Leu

ein Treffen im Sommer geplant, wo wir zusammen an einem Thema arbeiten. ■

6.

1. Seit

meiner Ausbildung zur Lehrerin

zu werden: Diese wöchigen Auszeiten vom Alltag werde ich vermissen!

6. Ich stecke noch in der Ausbildung zur Erwachsenenbildnerin.

Die

eigene

für Textiles Werken filze ich, 25 Jahre

Kursleitertätigkeit habe ich noch mehr

also, anfangs gar nicht begeistert von all

ausgebaut. Neben meiner Arbeit an ver-

den braunen Wollen und dem kratzbürsti- schiedenen Institutionen biete ich auch gen Filz. Mein Filzfieber wurde erst Jahre

verschiedene

Filzkurse

im

eigenen

Jacqueline Buser später durch farbige Wolle ausgelöst.

Filzatelier tragbAR(T) an, neu auch einen

Bunte Wolle zu verfilzen faszinierte mich.

vertiefenden Filzkurs über ein Jahr. Den

Schon bald erteilte ich selber Filzkurse,

Verkauf an Märkten habe ich reduziert,

lernte viel durch Kursteilnehmende und

möchte dafür vermehrt Kollektionen ent-

eigenes Ausprobieren. Immer stärker

wickeln, die ich vermarkten kann. ■


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1. Ausstellungsbesuch

von

1. Damals

anderen

war ich auf der Suche. Ich

Filzerinnen und mein Wunsch, mehr über

wollte mein Wissen bezüglich des Filzens

das ganze Filzthema zu erfahren. Vor

verbessern. Zu diesem Zeitpunkt führte

allem war es die Motivation und das

ich in einer kleinen Institution für

«Gluschtig» machen meiner Freundin.

Menschen mit einer geistigen Behinderung ein Filzatelier. Ich hatte vorher

2. Ja, diese Filzwelt weckte in mir etwas,

verschiedene

das mich faszinierte und zum Staunen

brauchte zu diesem Zeitpunkt unbedingt

brachte, denn vieles war für mich neu.

wieder neue Ideen, um das Atelier erfolg-

3. Ein

Lehrgang schien mir der Beste zu sein.

Filzkurse

besucht

und

reich weiterführen zu können. Dieser Gewinn war vor allem der intensi-

ve Austausch während der Modular-

Die verschiedenen Module und die Inhalte

beiten. Aber auch zu erfahren, wie man

sprachen mich sehr an.

Jugendliche damit begeistern kann.

5. Die verschieden Module eröffneten mir 5. Filz

ist so vielfältig, so auch die ver-

neue Dimensionen und regten meine

schiedenen Module, mit all den Ideen der

Fantasie an. Meine Ideen konnte ich

Kursleiterinnen, oder Ratschläge unter-

längst nicht alle verwirklichen, die Zeit

einander.

reichte nicht. Ich lernte, einzuteilen, was

6. Es

wird bestimmt weitere Spuren auf

mich waren die Module 2, 4, 5 und die

meinem Filzweg geben. Wohin diese genau

Abschlussarbeit das Wichtigste. Dabei

führen, weiss ich noch nicht, eines ist

habe ich persönlich viel profitieren kön-

aber sicher, dass sich diese vertiefen und

nen.

der Weg dadurch noch interessanter wird.

6. Filz

wird immer in meinem Leben vor-

Handwerk 1/2008

ich einstweilen zurückstellen kann. Für

Bereich sind noch sehr offen. Ich möchte

SPANNEND WAR, 4. IMMER DIE KLEINEN «KUNSTWERKE» VON DEN ANDEREN TEILNEHMERINNEN ZU BEWUNDERN UND ZU HÖREN, WIE ES IHNEN IN DER ZWISCHENZEIT ERGING. Marianne Hofer

ICH LERNTE, DASS 4. ICH MEHR FÄHIGKEITEN HABE, ALS ICH MIR VORHER VORSTELLEN KONNTE. Gaby Kaufmann

die einzelnen Filzthemen, die ich all die Jahre auf die Seite stellen musste, weiterentwickeln. Ich habe in die Ausbildung viel Zeit investiert. Die durch den Abschluss neu gewonnene Zeit ermöglicht mir in Zukunft weitere spiralförmige Erkundungsreisen in die Welt des Filzens zu machen. ■

3

kommen. Meine Zukunftspläne in dem


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1. Meine

1. Ich

ersten Filzversuche machte ich

während

meiner

Ausbildung

zur

wollte mein Wissen über die

Verarbeitung von Wolle zu Filz erweitern.

Handarbeits-/Hauswirtschaftslehrerin. Der Umgang mit der rauhen, «stinkenden»

2. Ja ich würde die Ausbildung wiederho-

Wolle, dem vielen kochenden Wasser und

len, sie hat mir sehr viel neues Wissen

der Schmierseife konnten mich nicht

vermittelt.

begeistern. Ich liess das Filzen schnell

3. Der

wieder sein.

Austausch unter uns Kursteil-

nehmerinnen und Leiterinnen war ein

Im 2003 kam ich durch eine Lehrer-

grosser Gewinn für mich.

weiterbildung erneut in Kontakt mit dem Werkstoff Filz. In der Folge besuchte ich weitere

Filzkurse

und

4. Kann

experimentierte

auch viel selber. Ich fand es toll, mit der feinen

Merinowolle

zu

arbeiten.

nicht einen einzelnen Höhe-

punkt nennen.

Es

braucht nicht kochendes Wasser, man

5. Die

kann sogar mit kaltem Wasser filzen und

Modulen immer hilfsbereit hinter meinen

Lehrerinnen

standen

in

den

eine gut duftende Seife macht das Arbei-

Ideen, gaben Tipps und verrieten Tricks.

ten auch angenehm. Nach kurzer Zeit war

In der Gruppe eine Woche intensiv an

ich mit dem Filzvirus unheilbar infiziert.

einem Thema zu arbeiten, werde ich jetzt

Ich wollte nicht nur einzelne Kurse

nach dem Lehrgang sehr vermissen.

Handwerk 1/2008

besuchen, sondern mein Wissen intensiv vertiefen, deshalb habe ich mich für den

6. In

Bildungsgang Filz angemeldet.

Wolle und Filz arbeiten und mein erwor-

4. Mein

in eigenen Kursen weitergeben. ■

der Zukunft werde ich weiter mit

benes Wissen des dreijährigen Lehrgangs grösster Gewinn während des

Bildungsgangs: Eine Woche lang weg vom

4

Alltag, Zeit haben für den Filz, Zeit für die eigene Umsetzung, mich mit verschiede-

DEN GROSSTEIL DER 6. nen Aufgabenstellungen auseinandersetGEGENSTÄNDE HABE zen und einen Weg suchen, etwas umzuICH FÜR ANDERE MENsetzen auch wenn die Aufgage mir nicht SCHEN GEFILZT. IN ZUKUNFT immer entsprochen hat. MÖCHTE ICH WIEDER VERMEHRT FÜR MICH FILZEN. 6. Der Filz wird mich mein Leben lang Romana Pfister

begleiten. Im letzen Jahr bin ich durch meine berufliche Tätigkeit als Handfilzerin fast täglich mit dem Filz in Berührung gewesen. Es warten noch viele Ideen und Inspirationen auf eine Umsetzung. ■

INTERESSANT WÄREN 7. ANSCHLUSSKURSE IN DEN THEMEN «PRÄSENTATION DER OBJEKTE», «WERBEN UND VERMARKTUNG», «KURSE LEITEN». Ingrid Ackermann


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eine zeitlang Kurs haben und dann heim-

zeug» bezog, sondern auch auf das «Spie-

gehen, sondern mich auch noch zu Hause

len» an sich und den kreativen Umgang

mit dem jeweiligen Thema beschäftigen,

damit.

um so einen vertieften Zugang zu gewinnen. Weiterhin ist der Bildungsgang so

Zu Modul 4: Sehr spielerische und fantasievolle Heranführung an das Thema.

aufgebaut, dass er auch für berufstätige

Zu Modul 5: Wir lernten, wie man

Menschen zu schaffen ist. Das gab mir die

einen Schnitt nach dem Körper abformen

Erkenntnis, dass ich als berufstätige

kann. Dieser kann dann z.B. durch Anfü-

Mutter von drei Kindern gut zu planen

gen von Ärmeln als Grundlage für das

habe. Weiter hat mich angesprochen, dass

Anfertigen von Kleidungsstücken dienen.

die verschiedenen Module jeweils von

Zu Modul 6: Durch die Änderung der

unterschiedlichen Fachfrauen unterrich- Dimensionen erhielten wir wieder einen tet werden.

2. Ja!!!!!!

anderen Blickwinkel auf unser Thema Filz.

6. Filz

kommt

sicher

in

meinen

3.

Der entscheidendste persönliche Ge-

schon seit über zehn Jahren. Seit einiger

winn ist für mich das Zusammensein über

Zeit gebe ich Filzkurse in Freiburg und

die drei Jahre hinweg mit den Kurs-

Umgebung. Mit einem Team von mehre-

teilnehmerinnen und Dozentinnen, aus

ren Filzfrauen organisieren wir alle zwei

dem sich einige Freundschaften ergeben

Jahre eine regionale Filzbegegnung am

haben. Auch ein bisschen Einblick zu

Oberrhein und tauschen uns mit Frauen

gewinnen in das Land und die Menschen in

aus dem Kreis Tuttlingen aus, die dort

der Schweiz (für mich als Deutsche), es gibt

eine regionale Filzbegegnung organisie-

bei vielen Gemeinsamkeiten auch einiges,

ren. Schön wäre es, wenn so eine Mög-

das anders ist als zu Hause. Wir haben

lichkeit auch mit Menschen aus der

nicht nur viel von unseren Dozentinnen

Schweiz zustande käme.

Handwerk 1/2008

Zukunftsplänen vor, er begleitet mich

ZU ALLEN MODULEN 5. 4. Kein konkreter Höhepunkt auszumaIST ZU SAGEN, DASS chen. NICHT NUR DAS JEWEILIGE THEMA BEARBEITET 5. Zu Modul 1: Spannend ist es zu erfahWURDE, SONDERN AUCH ren, wie viele Facetten Wolle haben kann, UNGEWÖHNLICHE ZUGÄNGE wie z.B. das sinnliche Erleben, einen Sack UND UMGEHENSWEISEN ungewaschener Rohwolle zu öffnen. ERÖFFNET WURDEN. Zu Modul 2: Interessant war zu sehen,

5

gelernt, sondern auch voneinander.

7. Interessant

wäre Pädagogik und Filz.

werden, da in den Modulen und den

Kaja Weicken Hausaufgaben oft nur bestimmte Aspekte bearbeitet werden konnten. Spannend wäre sicher, den «Kleiderbereich» noch

1. Wolle,

intensiver zu bearbeiten. Könnte sich das

Ballenberg-Fan …

hat das Konzept der Präsenz-

Lamm, weich, natürlich, mit den Händen schaffen,

Kurszentrum vorstellen, sich als Ort für ein (eventuell regelmässiges) Treffen aller

Dagmar Bettge-Rietz

1. Mich

FILZ IST FÜR MICH EIN SANFTER 6. WEICHER FAST EINHÜLLENDER STRESS.

Weiterhin könnten alle Bereiche vertieft

welch verschiedene Zugänge zur Gestal-

Filzfrauen,

tung von Filz es geben kann.

gemacht haben, zur Verfügung zu stellen?

die

hier

den

Abschluss

2. Während drei «harten» Lebensjahren waren die Ballenberger Filzfrauen und Filztage ein «weiches Rahmenprogramm», für das ich echt dankbar bin. Deshalb ein klares JA!

zeiten und Hausaufgaben angesprochen.

Zu Modul 3: Michaela hat uns einen

Als Ort, an dem wir Frauen untereinander

Es ist gut aufgebaut. Ich wollte kontinu-

besonderen Zugang zum Thema eröffnet,

selbst «Workshops» organisieren und so

7. eine

ierlich am Thema Filz arbeiten. Nicht nur

der sich nicht nur auf das konkrete «Spiel-

voneinander lernen könnten? ■

Teppich usw.) filzen – innerhalb der «alten» Gruppe. ■

Woche lang nur einen Gegenstand (z. B. Mantel,


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1. Mein

erster

Angehrn

in

Filzkurs

Winterthur

bei

1. Durch

Martha

(Kursleitung

Ballenberg) weckte in mir eine neue

Anfang an hat mich fasziniert, aus losen

Leidenschaft.

ein

Wollfasern einen festen Filz herzustellen.

Vertiefen in diese Thematik. Da erfuhr ich

Darum wollte ich tiefer in die Materie ein-

Ich

wünschte

mir

vom Lehrgang im Kurszentrum Ballen-

dringen.

berg und meldete mich an.

Bildungsgang im Ballenberg.

2. Der

3. Für

dreijährige Bildungsgang Filzen

Im

Internet

fand

ich

den

mich hat jede Woche im Ballen-

hat mich total begeistert. Jedes Modul

berg seine Höhepunkte gehabt, und nicht

stand unter einem anderen Thema. Dabei

nur wegen des Filzes, sondern auch

bekam ich einen Einblick über alle

wegen der netten Menschen, die ich ken-

Möglichkeiten des Handwerks Filzen.

nengelernt habe.

Während jeder Kurswoche erhielt ich das

5. In Modul 1 hat mich die Farbenvielfalt

nötige Rüstzeug, um mich mit der jeweili-

der Naturwolle begeistert und die ver-

gen Thematik zu vertiefen und Neues da-

schiedenen Arten der Musterlegung. «Die

raus zu schöpfen.

Stoffe der Könige» schärften mein Auge

Zu unserer Hilfe hat das Ballenberg-

für die Muster und überraschten mich mit

team Unmögliches möglich gemacht. In

der Vielzahl der Materialien, die man ein-

dieser angenehmen Atmosphäre kann

filzen kann. Das Spielmodul hat mich die

man sich bestens erholen. Ich freue mich Handwerk 1/2008

Kurse bei der Volkshochschule

bin ich zum Filzen gekommen. Von

Filzherstellung mit Kinderaugen betrach-

auf weitere Wochen im Kurszentrum.

4. Mit

ten lassen. Beim Hut-Modul waren das genaue Hinsehen und dann das Umsetzen

Filz ist fast alles möglich. Deshalb vom Gesehenen in eine Kopfbedeckung

begeistern mich die angenehm weichen spannend und schön. Ich musste lernen, und spielbaren Handpuppen ebenso wie dass zum Fertigen von Kleidungsstücken

6

mein erster Mantel aus weich fallendem vorerst viel Abmessen, Berechnen und Wollfilz in einem Stück gearbeitet. Nähen nötig waren. Im Modul 6 konnte

OHNE GROSSE 3. 5. Jede Ausbildungswoche wurde von ERWARTUNGEN BEeiner kompetenten Filzfachfrau/FilzGANN ICH DAS FILZEN küns tlerin geleitet. Von ihnen erhielt ich VON GRUND AUF ZU ERLEReine Fülle an Wissen um den Filz, um das NEN. ICH STAUNTE IMMER Arbeiten im kreativen Bereich und der MEHR, WELCHE MÖGLICHKunst allgemein. KEITEN IN DER TECHNIK FILZ VERSTECKT SIND. 6. Filz wird mich von nun an begleiten. Cecile Jud Wohin der Weg führt steht noch offen.

7. Ich

habe noch lange nicht ausgelernt.

JEDERZEIT WÜRDE 2. ich mir unter Konstruktion/DekonsICH MICH WIEDER FÜR truktion wenig vorstellen. Danach wusste DEN BILDUNGSGANG ich, dass meine Fantasie gefordert war ENTSCHEIDEN, DA DIE und ich ihr freien Lauf lassen konnte. DREI JAHRE MIR DIE VIELFALT 6. Vorerst soll das Filzen ein Hobby bleiDER FILZHERSTELLUNG, ben, das einen Ausgleich zu meinem GESTALTUNG UND VERWENAlltag schafft und mir meine innere Ruhe DUNG NÄHERGEBRACHT HAund Ausgeglichenheit wieder gibt. BEN UND MIR EINEN SELBSTBEWUSSTEREN UMGANG MIT 7. Ich würde jeden Weiterbildungskurs WOLLE UND FILZ LEHRTEN. begrüssen, um noch weiter von erfahre-

Heidi Kunz

Deshalb werde ich weitere Kurse bei Filz-

nen Filzerinnen zu lernen und um mein

und Textilkünstlerinnen belegen. ■

Wissen noch zu vertiefen. ■


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1. Zum damaligen Zeitpunkt filzte ich seit

1. Ich

vier

setzen und meine Kenntnisse erweitern.

Jahren.

Ich

suchte

nach

Möglichkeiten, mein Wissen und Können

wollte mich mit Filz auseinander-

Der

Bildungsgang

im

Ballenberg

zu vertiefen. Eine Filzausbildung im

sprach mich wegen den verschiedenen

Kurszentrum sprach mich an, weil die

Referentinnen bei den Modulen an.

Themenvielfalt gross ist und weil ver-

2. Ja auf jeden Fall.

schiedene Kursleiterinnen unterrichten.

2. Ja, jederzeit 3. Ich

filze

3. Ideen qualitativ

besser,

nach meinen Vorstellungen zu

realisieren und sich mit verschiedenen

der

Themen auseinanderzusetzen.

Anspruch an meine Arbeiten ist grösser. Ich genoss die tiefe Auseinandersetzung mit dem Filz und den Austausch mit

4. Für

Gleichgesinnten.

zustellen, dass nichts unmöglich ist aus

mich war es ein Höhepunkt fest-

Filz herzustellen. 1: Spannende Auseinander-

setzung mit den verschiedenen Woll-

5. Ab

qualitäten und deren Eigenschaften. Viel

interessanter und die Herausforderung

Modul 1 bis 6 wurde es immer

war sehr gross, vor allem weil die

Wissenswertes zum Thema Filz.

Referentinnen uns immer sehr geschickt

Modul 2: Dieses Modul zeigt auf, welch

aus der Kreativ-Reserve geholt haben.

unendliche gestalterische Möglichkeiten der Filz bietet. Mir persönlich eröffnete

7. Da

sich viel Neues.

alle Module eine zu kurze Dauer

aufweisen, wäre es gut, wenn man sich

Modul 3: Weckt das Kind und die

zusätzlich in die Module vertiefen könnte,

Erfinderin in dir.

die einen noch zusätzlich interessieren. ■

Modul 4: Mut zum Hut – habe ich

Handwerk 1/2008

5. Modul

7

immer noch nicht, aber ich weiss jetzt wie man schöne Hüte filzt.

TRAGBARE KLEIDUNG 5. Modul 6: Es ist eine gute Erfahrung, ZU FILZEN IST GAR etwas so Grosses wie eine Skulptur zu filNICHT SO EINFACH. ES zen, jedoch ist es auch ein grosser KraftBRAUCHT VIEL «KNOW-HOW», aufwand. Kunst aus Filz ist ein spannenVORSTELLUNGSKRAFT UND des Thema. VIELE BERECHNUNGEN. 6. Ich nehme dieses Jahr zum 6. Mal an SEIT DIESEM MODUL TRAUE der Ornaris Bern teil, wo ich meine ICH MIR ZU, ENTSPRECHENDE Filzartikel anbiete. Falls ich weiterhin KLEIDUNG ZU FILZEN. Barbara Schär

Erfolg habe und meine Arbeiten verkaufen kann, möchte ich auch an Ausstellungen und Messen im Ausland teilnehmen.

7. Shibori ■

ICH MÖCHTE, DASS 6. FILZEN FÜR MICH EIN STANDBEIN WIRD. ICH HABE VISIONEN, AN DENEN ICH WEITERARBEITEN MÖCHTE. Irmgard Scheuber


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1. Ich

1. Ein

wollte durch einen professionellen

Filzschmuckkurs machte mich «gluschtig» auf diese

Bildungsgang das Handwerk Filzen von

Technik – ich wollte es genauer wissen! Zufällig lernte ich in

Grund auf erlernen.

meiner allerersten Kurswoche im Ballenberg eine Teilnehmerin

2. Den

mich neugierig auf diese Ausbildung. Nach Abklärungen bei

des ersten Bildungsganges kennen. Ihre Erzählungen machten Bildungsgang würde ich jederzeit

wieder belegen. Für mich hat sich die

meinem Arbeitgeber hatte ich mich sofort angemeldet.

Investition gelohnt. Es war eine sehr schö-

2.

ne und lehrreiche Zeit.

Auf jeden Fall!!

3. Ganz entscheidend für mich war, dass

3. An

ich das Handwerk von Grund auf erlernt

Zähne ausgebissen,

habe.

mit den Themen und damit das Arbeiten der Modularbeiten

Nun

besitze

ich

das

nötige

den Modularbeiten hatte ich mir manchmal fast die aber im Guten! Die Auseinandersetzung

Werkzeug, um meine Ideen umzusetzen.

waren immer eine grosse Herausforderung. Sich intensiv mit

4. Für

Experimente,

einem Thema auseinanderzusetzen, einzutauchen in die mich war jedes Modul ein kleiner

Höhepunkt für sich. Dazu beigetragen

Versuche,

Gestaltungsprozesse

und

Nachforschungen und dies an einem ausgereiften Objekt ent-

haben die tollen Bekanntschaften und

stehenzulassen, waren tolle Erlebnisse. Neben der beruflichen

das Kurszentrum Ballenberg selber. Es

Tätigkeit musste ich mir viele Male die Zeit stehlen, um längere

war auch immer sehr spannend und ent-

Gedanken und Arbeitsprozesse nicht immer unterbrechen zu

spannend. Wir waren eine tolle Gruppe,

müssen.

Handwerk 1/2008

sodass die Vorfreude, die andern Teilnehmerinnen mit ihren Arbeiten wieder

4. Jede Modulwoche war ein Höhepunkt! Eine Woche den Alltag

zu treffen, immer gross war.

zu Hause zu lassen und einzig und alleine filzen zu dürfen:

6. Der Filz wird mich weiterhin begleiten.

das Wiedersehen mit den anderen Kursteilnehmerinnen gefreut.

Ich habe das Glück, in einer Institution

Die Begegnungen mit diesen Menschen waren immer sehr span-

herrlich! Ich habe mich jedes Mal auf die Ballenbergwochen und

nend und wir hatten viel gelacht! Auf die Sonntagnachmittage

tätig zu sein. Es macht richtig Spass, mit

vor Beginn einer neuen Modulwoche war ich jedes Mal sehr

INTERESSANT, LEHR- 5. den Menschen kreativ zu arbeiten. Ich REICH, LEHRGÄNGE habe nun ein gutes Fundament erhalten, MIT KLAREN EINum mich gestalterisch an den Filz zu GRENZUNGEN, DIE ABER wagen. GENÜGEND FREIHEITEN BOTEN. TOLL, DASS JEDES 7. Ja, vielleicht technisch anspruchsvolMODUL VON EINER ANDEREN lere Arbeiten, komplizierte Hohlformen, DOZENTIN UNTERRICHTET oder wie man grössere Objekte praktisch WURDE. handhabt. ■

DER RESPEKT VOR 3. neugierig und gespannt: das gegenseitige Vorstellen der Modularbeiten, von den vielen Ideen und Gedanken der anderen VERRÜCKTEN, AUFzu erfahren, Erfolge und Misserfolge zu teilen und viele gute WENDIGEN ODER AUCH «Filzlipps» mitnehmen. GROSSEN (DIE AUSMASSE!) PROJEKTEN IST GEWICHEN. 6. Ich hoffe, dass ich mir trotz beruflicher Tätigkeit genügend SPANNEND WAR ES IMMER Zeit nehme, um mich immer wieder vertieft in Filzexperimente WIEDER, SICH AUF DIE stürzen zu können. Schön wäre es, wenn der Kontakt zu den UNTERSCHIEDLICHEN ARanderen Kursteilnehmerinnen nicht ganz erlischt. Und ich BEITSWEISEN ALLER möchte noch einige andere Kurse im Ballenberg besuchen! ■ SECHS KURSLEITERINNEN EINZULASSEN.

8

für Erwachsenenbildung als Kursleiterin

Corinne Stocker

Claudia Engelmann


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werden. Und die Gestaltung steht im

gestalterisch so viel möglich ist. Dass ein

Textilen heraus – wie sieht das bei mir in

Dienst des Ausdrucks, den ich erreichen

Leben gar nicht reicht.

zehn Jahren aus, wenn ich jetzt so auf

Sternstunden: Die gibt es immer wie-

will.

der. Fast in jedem Kurs ist jemand, der

mand gefilzt, es fingen gerade so die ersten

unsere grösste Inspirationsquelle. Wir be-

ganz tolle Sachen macht. Hier zum Bei-

an. Aber es ist kein Weg, der sich verengt,

nützen Fotografien, aber auch Naturob- spiel, dieses Muster ist aus einer reinen

es ist umgekehrt, er geht immer weiter

jekte, pflanzliche Teile, Samen, Blumen.

Tusch-Übung entstanden. Es war eine

auf. Das merken auch die Teilnehmerin-

Auch die Architektur oder die Kunst – es

geführte Malübung zu Bewegungsbegrif-

nen. Im zweiten Modul merken sie schon

kann eigentlich alles Inspirationsquelle

fen. Ich gebe ein Wort, das kann sein: tan-

nur: Alle diese Materialien und Kombina-

sein. Wir möchten, dass die Leute mit offe-

zen, und dann tanzt der Pinsel über das

tionen, die möglich sind, da kann man gar

nen Augen durch die Welt gehen. Es kann

Blatt. Dann legen sie dieses Blatt beiseite,

nicht anders, als sich schon dort wieder zu

ein Abwasserschacht sein, irgendetwas

und das nächste ist vielleicht: hüpfen. Ich

beschränken. Und ich denke, nach dem

am Weg, das einen zu faszinieren beginnt,

schaue, dass die geometrischen Grundfor- Bidlungsgang geht das noch einmal von

wenn man mit diesen Augen durch die

men darin sein könnten. Wenn ich sage:

Neuem an. Je nachdem, was die Leute

Welt geht. Diese Aufmerksamkeit möchten

kreisend tanzen, dann ist der Kreis drin,

machen. Wir haben ja relativ viele aus

wir wecken. Man kann ja dann nicht alles

wenn ich sage: hüpfen, dann sinds viel-

sozialpädagogischen Berufen, dann aber

ausführen. Aber nur schon diese kleine

leicht bei den einen Punkte, bei den

auch die, die ein eigenes Atelier schon haben oder wollen. Dort muss man sich

Inspiration aus dem Alltag zu haben, das

andern Häkchen. Daraus suchen sie dann

hebt mich auf ein höheres Energieniveau!

spannende Ausschnitte und arbeiten wei-

die Frage wieder stellen: Was will ich im

Und manchmal genügt mir das.

ter daran. Und das ist jetzt so ein Aus-

Filz? Das ist mir auch so gegangen, ich

Abstrakt: Das Ziel ist, nicht eins zu Handwerk 1/2008

eins zu übernehmen. Die Leute machen

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eine Umsetzung dieser Inspirationsquelle.

MARTHA ANGEHRN – DIE GESTALTERIN Gestaltende Menschen: Ich will den

schnitt. Durch und durch eine wunder- habe eigentlich immer gedacht, ich würde in die Innenarchitektur gehen, Objekte für

bare Arbeit. Hingabe: Wichtiger als das Endpro-

die Wand, den Raum, Möbelobjekte. Und

Im ersten Jahr geht es ja nur um die Flä-

dukt ist, wie sehr gebe ich mich in den

ich bin immer mehr bei Mode und Acces-

che. Da bringen die Leute zum Beispiel

Gestaltungsprozess

soires hängen geblieben.

eine Postkarte oder ein Bild mit, das sie

dabei herauskommt, ist auch wichtig.

Filz trägt: Ich bin eigentlich erstaunt,

dann farblich umsetzen. Das können auch

Aber wenn ich mich auf den Prozess ein-

dass dieser Filzboom so lange anhält. Ich

hinein.

Was

dann

einfach Streifen sein, ganz abstrakt. Es

lasse, gibt es auch immer wieder die

denke einfach, hinter dem Filz steckt

muss etwas Neues entstehen daraus. Wir

Chance für eine nächste Arbeit. Man kann

etwas. Ich merke mehr und mehr, dass der Filz auch eine ganz persönlich therapeuti-

Weg

sich ja immer wieder verbessern. Wenn es

machen, einen Prozess bis zur Findung,

nur einfach aufs Endprodukt losgeht,

sche Seite hat. Innerhalb dieser Kursjahre

sei das eines Musters, einer Fläche, eines

dann passiert nicht viel.

passiert ganz viel, auch Privates, bei den

möchten,

dass

die

Leute

einen

Leuten einen Zugang zur Gestaltung ver- Stoffs oder dann eines Objekts in der mitteln, einen Weg ebnen in diese Rich-

eine Schmalspur gehe? Damals hat ja nie-

Quellen der Inspiration: Die Natur ist

Bekleidung.

Reichtum: Jedes nimmt von jedem

Frauen. Eine Scheidung, eine Geburt, eine

zusätzlich noch etwas mit, nicht nur das,

Krise. Und es gibt Leute, die sagen, dieser Filz hat mich über alles hinweggetragen.

tung. Und das vor allem auch über Inspi-

Fülle: Ja, manchmal regt mich auch

was man selber gemacht hat. Das ist ein

rationsquellen. Woher nehme ich meine

zu viel an, das passiert auch. Dass es mich

ungeheurer Reichtum. Sonst könnte man

In Bewegung bleiben: Mir ist es ganz

Inspiration, damit ich nicht nach Anlei-

verreisst. Wenn ich an etwas dran bin, das

daheim im Kämmerlein bleiben und prö-

wichtig, einen gestalterischen Prozess in

tungen in den Heftli blättern gehen muss?

eine bestimmte Sprache hat, und ich sehe

Wir möchten nicht nur reine Handwerke- etwas, das mich total anregt – das kann

beln. Und das bereichert natürlich nicht

Bewegung zu bringen bei den Leuten. Und

nur die Leute, das bereichert auch uns.

die Technik steht im Dienst dieses Prozes-

rinnen ausbilden. Das Handwerk steht

mich auch stören in dem Prozess, an dem

Ein weiter Weg: Als ich angefangen

ses. Durch die Inspirationsquellen komme

im Dienst der Gestaltung. Wir möchten,

ich bin. Aber vielleicht ist es auch gerade

habe, vor 25 Jahren, habe ich gedacht:

ich auch technisch auf Neues. Man weiss

dass diese Frauen gestaltende Menschen

das, was mich fasziniert am Filz. Dass

Das ist so ein schmaler Bereich aus dem

heute viel, vom Technischen her, aber

BILDUNGSGANG FILZ: INITIANTINNEN, GESTALTERINNEN, VORDENKERINNEN


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diese ist auch immer in Bewegung. Wenn man von dem ausgeht,

wofür? Ich möchte kein Unterleibchen aus

kaum unterstützt, wie etwa das Arbeiten

geworden ist, wie er ist, auch wenn die

was man wirklich will, dann macht man auch technische Ent-

Walliser Schwarznase, das wäre mehr ein

mit Ton, auch finanziell kaum. Es man-

Vorstellung davon anders war. Und dann

deckungen. Und mich dünkt es, im selber Entdecken ist viel

Massageobjekt! Und das Weisse Alpen-

gelte auch an finanzieller Unterstützung

natürlich: Was muss ich machen, damit

Spannendes drin und viel Aha-Erlebnis. Eine Frau hat mir

schaf pur eignet sich auch nicht für einen

für Forschungsarbeiten in diesem Be-

das Filzobjekt so wird, wie ich das will und

geschrieben: «Ich habe jetzt überhaupt keine Angst mehr, es

grossen Teppich. Aber wenn man mischt,

reich. Wir sahen ein Potenzial im Thema

geplant habe. Ich kann mich selber noch

gehe etwas nicht». Und ich glaube nicht, dass man auf den Tag

gibt das neue Möglichkeiten und eine

und wollten mehr davon einbringen, aber

daran erinnern, als ich das erste Mal die-

X warten kann, wo die gute Eingebung kommt. Man entdeckt

andere Qualität.

es war wie zu früh. Doch hat sich dies in

ses Erlebnis hatte, dass meine Filzarbeit

den letzten Jahren nun entwickelt und

genau so geworden ist, wie ich das gewollt

kann stärker gefördert werden. Wir haben

und mir vorgestellt hatte. Eine Sternstunde!

kann man so variieren und anpassen,

mehr Teilnehmende aus dem aktivie-

dass dies für ganz viele Leute machbar ist.

rungstherapeutischen Bereich mit Grund-

Zufriedenheit: Wir haben ab und zu

Z.B. für solche, die nicht viel Kraft oder

erfahrungen. Filzen wird jetzt gezielt zur

Teilnehmende, die aufhören. Meine Erfah-

ganz wenig Sensibilität in den Händen

Förderung angewandt und hat sich durch-

rung ist, dass diejenigen Personen am

Frisch vom Schaf: Ich hatte Teilnehmende im Modul 1, die

haben. Mich hat ein behinderter junger

gesetzt, da habe ich wirklich einen Wandel

zufriedensten sind, denen Schritte über

fünf Jahre filzten und noch nie mit Rohwolle gefilzt haben. Sie

Mann sehr beeindruckt. Er hatte zwi-

festgestellt.

ihre vermeintlichen Grenzen hinaus gelin-

haben mit der Wolle, die als «Wolle zum Filzen» verkauft wird,

schendurch Anfälle, die sich zerstörerisch

Begleitung: Wir haben gemerkt, es

gearbeitet, aber nie frisch vom Schaf. Manchmal habe ich den

auswirken konnten und schon mal Mobi-

braucht eine konstante Begleitung der Bil-

für eine Arbeit und ist dann aber während

Eindruck, es ist, wie wenn man fertige Backmischung kauft, und

liar zu Brüche ging. Er hat dann mit seiner

dungsgänge durch alle Jahre hindurch,

der Umsetzung in den ihr bekannten

dann wieder lernt, einen Kuchen aus den Ur-Zutaten zu backen.

Energie ein paar Finken hergestellt. Wie

damit wir die Entwicklung der Teilneh-

Bereich gelangt, wo sie her kam und sie

Herzblut: Ich komme von den Schafen her. Mein Thema ist

eine Hammer-Walke hat er sie auf den

menden beobachten können und nah

sich sicher fühlte. Und ich habe gewusst,

ganz sicher das Material Wolle, und zwar das rohe Material. Ich

Tisch hinunter gehauen. Er hatte so total

dran sind. Martha und ich teilen uns diese

dass in ihr mehr steckt! Ich stellte kritische Fragen und ermutigte sie zu Neuem.

gen. Eine Frau hatte eine ganz tolle Idee

nehme z.B. 22 verschiedene Sorten Wolle mit, alles naturfar- Freude, dass für einmal seine Energie ein

Aufgabe. Ich habe in einem Modul 1 erlebt,

bene, zum Teil roh, zum Teil gewaschen, zum Teil in Mischun-

für ihn positives, förderliches Resultat

dass jemand schon fast zehn Jahre gefilzt

Sie hat mir im Nachhinein gesagt, sie habe

gen kardiert, in den verschiedensten Qualitäten. Ich weiss, dass

gebracht hat. Das hat mich nachhaltig

hatte, und jemand noch kein Jahr. Das ist

gedacht: Muss ich mir das bieten lassen,

ich hier ein Klischee bediene, aber heute ist das Übliche: Man

beeindruckt.

eine ganz breite Spannweite von Vor- ist das, was ich mache, eigentlich nicht

nimmt einen Merinokammzug und macht daraus Filz, vom Tep-

Oder eine junge autistische Frau, die

kenntnissen. Dann ist es gut, wenn je-

gut genug? Oder soll ich einfach diese

pich bis zu den feinsten Sachen alles. Und das finde ich total

bis dato nur mit Handführung überhaupt

mand beobachtet, welche Fortschritte eine

Chance packen und mich darauf einlas-

etwas gemacht hatte: Wir haben Kugeln

Person macht. Es geht nicht darum, dass

sen?

Wolle Wolle: Das Weisse Alpenschaf hat ganz feine Wolle,

aus Wolle mit verschiedenen Inhalten prä-

man einen Niveauvergleich zwischen den

anfangen, wirklich noch weiter gehen? Sie

fast wie ein Merinoschaf. Eine Faser hat vielleicht 25 Mikron

pariert. Mit Steinchen und Nägeln, oder

einzelnen Teilnehmenden hat, sondern

hats dann gemacht und war total happy.

Durchmesser, und alle Fasern sind etwa gleich lang. Wolle vom

mit Glöckchen. Sie hat diese feuchten und

einen Vorher-Nachher-Vergleich einer ein-

Sie ist es immer noch. Und ich auch.

Walliser Schwarznasenschaf hat ca. 38 Mikron. Es hat lange

seifigen Wollbälle einfach immer wieder

zelnen Person.

Fasern drin, die ganz grossbogig gewellt sind, und ganz feine

auf den Tisch fallen lassen. Das war ihre

langweilig.

Noch

einmal

Hochspannend:

mit

Probestücken

Ich denke schon,

Öl zum Schmieren: Wir haben natür- dass es unglaublich förderlich ist, in so

Fasern, fast wie bei einem Hund das Deckhaar und die Unter- Bewegung, zuerst mit Handführung. Und

lich Rückmeldungen von jedem Kurs. Wir

einen Bildungsgang einzusteigen. Wenn

danach hat es sie so wunder genommen,

sind dauernd am Lernen! Der erste Kurs

ich mir vorstelle, was ich alles selber her-

wolle. Eine Wolle mit einem unglaublichen Wandervermögen, die wandert durch die anderen Qualitäten hindurch. Das Weisse

wie das tönt, dass sie es selber gemacht

hat uns zum Abschluss allen ein Fläsch-

ausfinden musste, keine Ahnung hatte,

Alpenschaf bleibt eher am Platz und stoppt ein bisschen. Dann

hat! Das war für mich ein Highlight, da

chen Öl gegeben, um den Ablauf zu

wies geht, ausprobiert und geknorzt habe.

nimmt man Wolle von einem Roux du Valais, eine ganz alte

habe ich gemerkt, es ist ganz viel in die-

schmieren!

Das war auch spannend und wertvoll.

Rasse, und sieht, dass nebst den grossbogigen und den feinen

sem Filzen drin.

Erfahrungen: Oft heisst es, der Filz

Aber wenn ich jetzt sehe, was es hier hat und gibt, muss ich sagen, das ist so hoch-

Haaren noch so ganz gerade drin sind. Was passiert jetzt, wenn

Entwicklung: Zu der Zeit, als wir den

macht sowieso, was er will. Unser Ziel ist,

man diese unterschiedlichen Qualitäten zusammen verarbeitet?

Bildungsgang konzipierten, wurde das

dass die Teilnehmenden am Schluss des

spannend, dass ich dies sogar selber noch

Welche Oberflächen entstehen? Welche Qualität eignet sich

therapeutische Schaffen mit Filz noch

Bildungsgangs wissen, warum der Filz so

machen möchte. ■ Doris Rothen

Handwerk 1/2008

JOHANNA RÖSTI – DIE MATERIALSPEZIALISTIN

Filz und Therapie: Das methodische Vorgehen, um einen Filz herzustellen,

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Neues nur durch Schaffen. ■


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FILZ. DER BILDUNGSGANG DES KURZSZENTRUMS BALLENBERG

Zielgruppe: Der Bildungsgang richtet sich an interessierte Personen, denen eine

1. JAHR: FLÄCHE

vertiefte Ausbildung wichtig ist und die bereit sind, sich über eine längere Zeit mit

Filz mit seinen vielen Erscheinungs-

gestalterischen Prozessen des Filzmachens

formen – von der Fläche bis hin zu drei-

auseinanderzusetzen. Der Bildungsgang

dimensionalen Objekten – hat noch uner- richtet sich auch an Interessierte aus verforschte Ausdrucksmöglichkeiten. Filzge-

schiedenen Bereichen, wie Lehrtätigkeit,

staltung, eine der ältesten textilen Techni-

Sozialpädagogik, Freizeitanimation, Mode,

ken, muss immer wieder neu reflektiert

Innenraumgestaltung etc.

und entwickelt werden. Das Kurszentrum Ballenberg Heimat-

Voraussetzungen: Bereitschaft, sich

werk bietet einen dreijährigen Bildungs-

auf eine lebendige Auseinandersetzung

gang an, der aus sechs Modulen aufge-

mit Materialien, Techniken und Gestal-

baut ist. Pro Jahr werden zwei Module zu

tungsprozessen einzulassen, selbststän-

je einer Woche durchgeführt.

dige Arbeitsweise und Eigenverantwort-

Dieser Bildungsgang zeichnet sich

lichkeit. Der Bildungsgang steht allen

dadurch aus, dass die einzelnen Module

offen, mit oder ohne Vorkenntnisse. Die

Am Anfang steht das Grundwissen zu Materialien, Entwurf, Ausdruck, Entwicklung und Herstellung des Filzes in der Fläche.

von verschiedenen kompetenten Fachper- sechs Module sind aufbauend konzipiert, sonen geleitet werden. Diese bringen

und in ihrer Reihenfolge zu besuchen.

Handwerk 1/2008

umfangreiche, vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen aus ihrem Spezialgebiet mit. Zusätzlich

werden

Modul 2: Filz – Stoff der Könige Schwerpunkte in diesem Modul sind:

Von der Inspiration zur Flächengestal-

Spielerische Entdeckungen von

die Qualitäten und die Farbigkeit der

Gastreferentinnen

inkl. Modularbeitspräsentation: 230 Std.

naturbelassenen Schafwolle,

zugezogen, und es können auch themen-

Modularbeiten (zwischen den Modulen)

Basiskenntnisse über Schafrassen und

bezogene Exkursionen stattfinden. Dieser

und Selbststudium mind. 200 Std. Qualifikation: pro Modul: Kursausweis

Filztechniken der Nomaden und nordische Reibetechnik

bei Abschluss des Bildungsganges inkl.

keiten (Flocken, Fransen, Kontraste, Übergänge etc.)

Kurszentrum Ballenberg Heimatwerk». ■

Motiven  

Vielfalt der gestalterischen Möglich-

Modularbeiten und Abschlussarbeit erhalten Sie das «Zertifikat Filzbildungsgang

tung/Stoffentwurf

Rohwolle 

Rahmen bietet Gelegenheit, sich fundiert fachlich zu qualifizieren.

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Gesamtumfang: Begleitete Kurszeit

Modul 1: Filz – Stoff der Nomaden Schwerpunkte in diesem Modul sind:

Arbeiten mit Farbe, Form und Struktur Umgang mit Gestaltun gselmenten: Umsetzung, Rhythmus, Positiv– Negativ, …

Möglichkeiten in Filz: Schichtungen,

Geschichtliche und ethnologische

Kardieren, Veredelung durch andere

Hintergründe des Filzes (Zentral- und

Materialien, ... ■

Vorderasien)

BILDUNGSGANG FILZ: KURS UND MODULE IM ÜBERBLICK


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3. JAHR: VERTIEFEN UND ERWEITERN DES DREIDIMENSIONALEN

Hier steht vor allem die Entstehung und die Auseinandersetzung mit der dreidimen-

Modul 5: Filz – Bekleidung

sionalen Form im Vordergrund.

Schwerpunkte in diesem Modul sind: Modul 4: Filz – Schmuck und

Spiel zum spielbaren Filzobjekt

Accessoires

Schwerpunkte in diesem Modul sind:

Schwerpunkte in diesem Modul sind:

Aufbau von massivem Filz und nahtloser Hohlform

 

Vom eigenen Körper, zum Schnitt, zum

Entwurf und Konzeption

Filz  

Kompaktfilz und Hohlform

Durchgefilzter und weicher Körper

Schnitt und Mass Funktionsbezogenes Einsetzen des Materials

Körperbezogene Form- und Farbgestaltung

Modul 6:

Verschiedene Schmuckformen ■

Filzobjekte – Raumgestaltungen

Gestalterischer Ausdruck von Form, Farbe und Oberflächenstruktur

Vertiefte Auseinandersetzung mit

Bedeutung von Spiel und Spielobjekten

Schwerpunkte in diesem Modul sind:   

Hauptsache: Filzen Wenn Himmel und Wolken inspirieren – das neue Buch der führenden Textildesignerin Françoise Tellier-Loumagne

312 Seiten, zahlreiche Fotos, Klappenbroschur, CHF 64.– (UVP) ISBN 978-3-258-07270-8 www.haupt.ch

Handwerk 1/2008

Modul 3: Filz – vom Filzprozess als

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2. JAHR: KÖRPER, HOHLFORM

Vom Entwurf zum Objekt Statik im Filz Ausschöpfen der Möglichkeiten und Erfahrungen der vorhergehenden Module

Künstlerische Reflexion ■

Kursleiterinnen v.l.n.r.: Susanne Stauffer, Selma Berger, Michaela Triftshäuser, Marianne Forrer, Sieglinde Ludes, Cristina Fröhlich


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Nachhaltigkeit ist heute das grosse Wort, wenn über Qualität einer Arbeit, eines Prozesses, oder eben einer Ausbildung geredet oder geschrieben wird. Wir wollten also überprüfen, was Absolventinnen nach dem Bildungsgang Filz im Kurszentrum Ballenberg mit dem Gelernten anstellen. Die Auswahl aus den 27 Teilnehmerinnen der Kurse 1 bis 3 fiel nicht leicht, und wir sind uns bewusst, dass auch die anderen viel Interessantes zu berichten gewusst hätten. Wir stellen ihnen stellvertretend 5 Gestalterinnen vor, und zeigen, was diese mit Filz im Sinn haben. Ich danke Anna Barbara Lehmann, Rosi Kempf, Annette Lindenmann, Claire Joseph und Ursula Suter herzlich für die sehr persönlichen und grosszügig gewährten Einblicke in ihr Arbeits- und Atelierleben. Adrian Knüsel

FILZ, PROFESSIONELL WEITERGEFÜHRT 5 PORTRÄTS


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ANNA BARBARA LEHMANN FUHRER BESUCH IM HONNERLAGSCHEN DOPPELPALAST IN TROGEN

waltet, das Haus gehört quasi sich selbst,

Ein Teilpensum in der lokalen Schule

die Bewohner wechseln. Heute bewohnt

sichert vorerst noch die Schwankungen

das Künstlerpaar Theres Hächler, Schnei-

der freien Tätigkeit ab. Gerne würde sie

derin und Textilentwerferin, und Ficht

künftig noch mehr Zeit der eigenen Arbeit

Tanner, Musiker und Sticker, die oberen

widmen. Es scheint auch hier ein pragma-

Stockwerke. Die beiden sind langjährige

tischer Geist am Werk zu sein, der sehr

Freunde von Anna Barbara. Es sei schon

realistisch abschätzen kann, was wünsch-

Sie wohne vis-à-vis des Palais bleu,

lange ihr Wunsch gewesen, in dieses Haus

bar, denkbar oder eben schlicht machbar

ich könne es nicht verfehlen, es sei ein

einzuziehen. Vor rund einem Jahr wurde

ist. ■

grosses Haus. Was mich erwartet ist ein

der Traum wahr. Anna Barbara ist von

symmetrischer Palast mit zwei fast iden-

Basel mit ihrem Mann, der als freier

tisch gestalteten sandsteinernen Ein-

Schauspieler arbeitet, und mit ihren bei-

gangsportalen. Anna Barbara stemmt

den Kindern nach Trogen gezogen. Ein

sich gegen die schwere Eichentüre, als

Teilpensum im lokalen Kindergarten gibt

sie mich begrüsst. Sie trägt silberglän-

den nötigen finanziellen Rückhalt. Im Ate-

zende Ballerinas und ich denke an die

lier entstehen erste Arbeiten. Die Nähe

Geschichte mit der Prinzessin im gros-

zum Schneideratelier von Therese Hächler

sen Schloss.

wirkt inspirierend. Materialkombinationen, eingefilzte Seidenstoffe, aufgenähte

Über tischgrosse Sandsteinplatten ge-

Pailletten machen die Jacken, Röcke,

langen wir durch einen Gewölbegang, der

Schals zu wertvollen ausserordentlichen

das Haus in seiner ganzen Tiefe quert, ins

Einzelstücken. Ein gemeinsam organisier-

ebenfalls gewölbte Atelier. Die Räume sind

ter Basar in den Ateliers im Herbst bringt

herrschaftlich – die Erbauer des Palastes

den beiden Gestalterinnen viel Kund-

waren Tuchhändler und damals (1763)

schaft. Anna Barbara erzählt begeistert

offenbar sehr erfolgreich. Die eine Haus-

von der neu erwachten Schaffenskraft in

hälfte wird heute als Genossenschaft ver- dieser guten Arbeitsatmosphäre.


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ROSI KEMPF

Produkten finanzieren können, schmunzelt Rosi Kempf stolz, und ihr Mann habe

FILZ AUF DER EIERSCHWAND BEI BÜRGLEN IM KANTON URI

sie zu Hause unterstützt, das sei ebenfalls sehr wichtig gewesen, damit sie beruhigt weg sein konnte. Das Entscheidende am

Der Besuch bei Rosi Kempf auf dem

Bildungsgang Filz im Kurszentrum Ballen-

Eierschwand bei Bürglen ist abenteuer-

berg sei für sie gewesen, dass sie gelernt

lich. Kurz hinter dem Dorf Bürglen gebe

habe, wie man ein Produkt entwickeln,

es zwei Seilbahnen – ich solle einfach

entwerfen, berechnen und schliesslich

telefonieren und mich in die Mittelsta-

auch ausführen kann. Sie merke auch,

tion «hinaufziehen» lassen. Ich zwänge

dass Ideen mit dem Arbeiten entstehen.

mich in die mit Futtersäcken, einer

Aufträge

Mineralwasserlieferung und einer La-

Zusammen mit den Urner Wollhandwerk-

16

Handwerk 1/2008

dung

Joghurtbechern

halb

kommen

von

allen

Seiten.

gefüllte

Team habe man über 400 Paar rote Woll-

Kabine und überschlage im Kopf das

pantoffeln mit dem weissen Kreuz für das

Gesamtgewicht, das 400 kg nicht über-

Swissorama des Schweizer Verkehrshau-

schreiten sollte. Die Sonne scheint über

ses liefern können. Neben dem Machen ist

die strahlend weiss, frisch verschneite

für Rosi Kempf der Kontakt mit der Kund-

Bergkette. Nach einem Bachtobel, das

schaft wichtig, die sie an den verschiede-

jetzt fast trocken daliegt, steigt der Weg

nen Märkten in der Schweiz trifft. Das

steil hinauf zum Hof von Rosi und Hans

Arbeiten mit der Wolle hat also auch einen

Kempf. Auf dem gedeckten Vorplatz

sozialen Aspekt. Der Filz ist auch Aus-

rühmt die Hausherrin das gute Reise-

tausch und Gespräch.

wetter. Rosi Kempf zeigt mir stolz eine breite

Bevor ich mich auf den Heimweg

Palette von Filzprodukten, die fast aus-

mache,

schliesslich in ihrer Küche entstehen. Ein

«Gräuchts», Trockenfleisch und Wurst von

eigentliches Atelier gibt es nicht. Das Haus

den eigenen Tieren. ■

gibt

es

fein

geschnittenes

ist Lebens- und Arbeitsort. Bei schönem Wetter wird draussen am währschaften Holztisch gearbeitet. Vor zehn Jahren haben sich einige Frauen rund um Bürglen und Umgebung zum Urner Wollhandwerk-Team

zusammengeschlossen.

Die

von den eigenen Schafen anfallende Wolle sollte sinnvoll genutzt und vermarktet werden. Rosi Kempf ist seit Beginn dabei. Als sie sich für den Bildungsgang im Kurszentrum Ballenberg anmeldet, weiss es nur ihr Mann und die vier Kinder. Den ganzen Kurs habe sie durch Verkäufe von

Rosi und Hans KempfSchuler sind ein bewährtes Team: «Unser Betrieb auf 1000 Metern ü.M. besteht zu einem grossen Teil aus steilem Gelände, das fast ausschliesslich von Hand bewirtschaftet werden muss. Auf 11 ha Land haben wir nebst 5 Kühen, 10 Rindern, 5 Kälbern und Hühnern auch 8 Mutterschafe. So wird uns die Zeit nie lang.»


17

Unter www.wollhandwerk.ch erfahren Sie mehr Ăźber das aus 10 Frauen bestehende Wollhandwerk Team aus dem Kanton Uri. 2002 wurde das Team mit dem Preis der FrauenWeltgipfel-Stiftung ausgezeichnet. Diese Auszeichnung hat neben einem Geldbetrag ein beachtliches lokales und nationales Presseecho ausgelĂśst.

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ANNETTE LINDENMANN

ist hier sehr direkt, sinnlich und farben-

WO WILDE KERLE WOHNEN …

Dreidimensionalem verarbeitet werden.

froh. Der Filz kann zu Zwei- oder auch Ein Projekt, das wir hier vorstellen könAnnette

Lindenmann

empfängt

nen, hat Annette Lindenmann zum Kin-

mich im Eingang der heilpädagogischen

derbuch «Wo die wilden Kerle wohnen»

Tagesschule im Ried oberhalb von Biel.

gemacht. Die Freude am gelungenen Werk

Idyllisch gelegen, auf der Wiese vor dem

ist an den Augen der Kinder abzulesen.

Schulhaus blöken die Schafe, diese lie-

«Durch den Bildungsgang bin ich der

fern die Rohwolle für die Filzarbeit,

Wolle Meisterin geworden», strahlt Annette

jedes Jahr werden am Schaffest die

Lindenmann, die Arbeit mit den behinder-

Schafe geschoren. Das Ganzheitliche

ten Kindern gefällt ihr. «Der Umgang mit

sei eine der Maximen der heilpädagogi-

meinen Schülerinnen und Schülern ist

schen Tagesschule.

direkt, unmittelbar und humorvoll, und

Das Gebäude wurde ursprünglich als anthroposophische Schule gebaut, der

irgendwie verbindet sich auch die Wolle durch solche Eigenschaften …»

Handwerk 1/2008

Grundriss entwickelt sich wabenförmig. Trotz ihrer 40 Jahre wirkt sie erfrischend

Annette Lindenmann engagiert sich

modern, die Ateliers und Schulzimmer

überdies in der Schulpflege Biel und hat

sind geräumig und hell. Hier werden 100

soeben eine weitere Ausbildung begonnen:

Kinder zwischen 5 und 18 Jahren in

Sie wird sich zur Supervisorin ausbilden

lebenspraktischen,

lassen. Spannend sei die Beschäftigung

schulischen

und

handwerklichen Fächern unterrichtet.

mit sich selbst, bereichernd die Möglichkeit, Neues zu lernen und verlockend die

Annette

Lindenmann,

ursprünglich

Kindergärtnerin, hat die Textilfachklasse

Aussicht später vielleicht einmal mit Erwachsenen zu arbeiten. ■

18

in St. Gallen abgeschlossen, wählte den Filzbildungsgang des Kurszentrums Ballenberg, weil sie feststellte, dass schwächere Kinder mit den Webstühlen oft überfordert waren, und weil jedes Jahr eine grosse Menge Schafwolle anfiel, die von niemandem verarbeitet wurde. «Ich wollte die Herstellung des Filzes und seine Möglichkeiten von Grund auf erlernen. Während beim Weben die Horizontale und die Vertikale betont sind, bietet der Filz die wunderbare Möglichkeit, dem Runden auf einfache Weise einen Platz zu geben. Neben der Strenge des Webens gibt der Filz den Kindern die Möglichkeit, ihre fantastische Kreativität auszuleben.» Filzen

Die Bilder wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt.


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CLAIRE JOSEPH GREUSING

jurierten Ausstellung mit Thema Bruch, im Landesplattenberg bei Engi GL, teil,

VERSPIELT ERFORSCHEN

sagt Claire nicht ohne Stolz!

Ich sitze mit Claire Joseph in der

Die Arbeit in der Ergotherapie sei sehr

Küche ihres Stadthauses aus den Dreis-

interessant: Die Wahrnehmung der Kinder

sigerjahren. Die Küche ist ein Lebens-

sei oft durch die permanente Reizüberflu-

raum, neben den Kochutensilien finden

tung gefordert, ja überfordert. Da könne

sich zahlreiche CDs, das Sofa aus Gross-

das ganz einfache Abwaschen von Geschirr

mutters Zeiten lädt ein zu gemütlichen,

ein sinnvolles Mittel sein, um basale Sin-

längeren Aufenthalten. Das Haus ist ein

nes- und Handlungserfahrungen zu er-

lebendiger Ort, man sieht hier wird

möglichen. Dafür sei auch die Arbeit mit

gelebt und gearbeitet.

Filz sehr geeignet und ermögliche zum Bei-

Claire Joseph ist das Bild der enga-

spiel die Koordination der Arme und

Handwerk 1/2008

gierten Frau, die das multi tasking verin- Hände, die Feinmotorik oder die Kraftdonerlicht hat. Die Mutter dreier Kinder,

sierung zu üben. Die bunte Wolle biete viel

Nicolas 26, Anne Sophie 22, Marie-Hélène

persönliche Gestaltungsfreiheit. Der Filz-

19, arbeitet in einem 50%-Pensum in der

prozess brauche auch Ausdauer und

Ergotherapie-Praxis, die sie sich mit vier

ermögliche den Kindern Erfolgserlebnisse.

Kolleginnen teilt. Daneben amtet sie als

So entstehen Sets von Jonglierbällen, ein-

Laienrichterin. Nachdem Claire Joseph

zelne

den Filzbildungsgang im Kurszentrum

Beschützer und Begleiter für den bedroh-

Bälle

und

Tiere

sowie

kleine

Ballenberg abgeschlossen hat, machte sie

lichen Alltag. Auch die Feste, wie zum Bei-

zusätzlich den Abschluss der BFF für tex-

spiel Ostern, lassen sich mit kleinen

tile Gestaltung in Bern. Claire Joseph wird

Arbeiten vorbereiten und illustrieren. ■

2008 erstmals das Modul Spiel, des Bil-

20

dungsganges Filz im Kurszentrum Ballenberg, leiten. In der noch zur Verfügung stehenden Zeit macht Claire Joseph Materialexperimente im Filz, hat verschiedene Serien von Beuteln und Verpackungen gemacht und diese anlässlich der Jurierung des Kiwanis-Preises

in

der

Schule

für

Gestaltung in Bern gezeigt. Ich nehme auch an der

Orangenpapier und Orangennetz mit Wolle kombiniert.


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URSULA SUTER VON BIRMENSTORF NACH NEW YORK! Ursula Suter hat ihr Filzatelier in einem ehemaligen Büro im Parterre eines Terrassenhauses in Birmenstorf eingerichtet. Ein 16 Meter langes Fensterband gibt zur Linken den Blick frei über die Senke, in der die Reuss mäandert. Auf dem übergrossen Arbeitstisch liegen feine Folien und weisses Wollflies. Ein grosser Raumteiler soll entstehen. Durch Ob sie sich nicht manchmal wünsche, Abnähen entstehen Lamellen, die gegen ganz im Atelier zu arbeiten? Der Kontakt das Licht gehalten eine geheimnisvolle mit den Kindern würde ihr fehlen, da ihr Transluzenz mit unregelmässigen Schatten diese Arbeit eben auch sehr viel Freude sichtbar machen. Das stetige Tüfteln und und Befriedigung bereitet. Sie erzählt vom laufende Entwickeln neuer Techniken sei spielzeugfreien Kindergarten, vom Projekt herausfordernd und beglückend zugleich. Strahlend zeigt Ursula Suter ein Muster gruppen und von den spannenden geund erzählt, dass sie sich vor sechs Jahren schlechter-spezifischen und anderen inteden Traum vom eigenen Atelier mit selbst ressanten Erfahrungen, die dabei möglich gespartem Geld erfüllen konnte. seien. Die Arbeit auf dem Tisch ist Teil einer Ursula Suter ist an beiden Orten zu

Handwerk 1/2008

mit getrennten Buben- und Mädchen-

Hause – im Atelier als Gestalterin von New York vorbereitet wird. Vor Weihnachunerwarteten und sehr sinnlichen Objekten 2007 sei die Kuratorin des Cooper ten, im Kindergarten als engagierte und Hewitt National Design Museums ins Ateerfahrene Erzieherin im Einklang mit lier gekommen und sei von den Entwürfen ihren Fähigkeiten und im besten Nutzen dermassen begeistert gewesen, dass sie ihrer Möglichkeiten. ■ sich die Teilnahme von Ursula Suter an einer Filzausstellung im Frühjahr 2009 in den USA wünschte. Und jetzt müsse halt ziemlich Dampf aufgesetzt werden, damit die geplanten Stücke bis zu den ersten gesetzten Fototerminen fertiggestellt sind. Neben dem 60%-Pensum im Kindergarten sei das eine rechte Herausforderung.

Objekt, Hut, Kragen oder Schal, Filz wird lebendig.

21

Werkgruppe, die für eine Ausstellung in


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BILDUNGSGANG FILZ BALLENBERG – NEW YORK

Die Kraft im Hintergrund. Wir sind Partner des Kurszentrums Ballenberg. Weil das Handwerk stimmen muss. Überall und in jeder Branche.


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