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Innenstadt frei von Lieferwagen? Mobilität | Alternative Konzepte gibt es in Lahr bereits einige / Klimamanager im Gespräch
Mobilität ist in aller Munde, gerade bei den Verwaltungsbehörden, die allmählich alternative Konzepte für sich entdecken. Michael Dutschke von der Stadt Lahr erklärt, was die 45000 Einwohner große Stadt in Bezug auf Mobilität so alles vor hat. n
Von David Bieber
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mbitioniert ist Michael Dutschke noch immer, das merkt man, wenn man mit dem gebürtigen Schwaben über nicht weniger als das Klima redet. Seinen Aufgabenbereich bei der Stadt Lahr und sein Lieblingsthema. Seit fast zwei Jahren ist der Dutschke Klimamanager Lahrs und immer auf der Suche die Landesgartenschau-Stadt umweltfreundlicher, mobiler und nachhaltiger zu gestalten. »Da gibt es noch viel Luft nach oben, obwohl wir hier auf einem guten Weg sind«, sagt der promovierte Politikwissenschaftler, der morgens, wenn das Wetter es zu lässt, vom Lahrer Bahnhof mit dem Rad ins Technische Rathaus fährt. »Ich reise in der Regel mit dem Zug aus Offenburg an, und wundere mich nur, wenn ich an den Staus auf der Bundesstraße 3 vorbeifahre, dass so viele Menschen noch mit dem Auto fahren, anstatt sich in die Bahn zu setzen.«
Gemeinsam mit Verkehrsplaner Martin Stehr arbeitet Michael Dutschke an alternativen sowie nachhaltigen Mobilitätskonzepten, die das Leben für die Menschen erleichtert und dabei das Klima schont. »Es gibt in der Region großen Kooperationswillen, das muss man einfach mal sagen«, sagt Dutschke. »Aber es gibt leider keinen wirklichen Ansprechpartner für den interkommunalen Verkehr.« Etwa bei den Pedelecs, die
Entschlossen packt Klimamanager Michael Dutschke den Ladeanschluss an. die Stadt extra für die Landesgartenschau anschaffen wollte und die darüber hinaus das alternative, energiearme Verkehrsnetz vergrößern sollten. »Leider kommen die Pedelecs erst im Sommer, da gab es einen Lieferengpass«, sagt Michael Dutschke. Die Idee in der Stadt Stationen aufzubauen, an denen nur Pedelecs vermietet werden, ist neu in der Ortenau. »Im benachbarten Offenburg gibt es schon solche Stationen, die meisten von ihnen allerdings mit normalen Fahrrädern. Eine dreißigminütige Fahrt mit einem der Räder ist da kostenfrei und entlastet zudem den Verkehr. Will man längr als 30 Minuten radeln, muss man eine geringe Gebühr entrichten«, sagt er. Lahr will da mit einer eigenen Note nachziehen, am besten wäre es, so Dutschke, man verbände beide Systeme in Offenburg und Lahr miteinander, sodass das Netz und somit auch der Nutzen erweitert wird. Dutschke denkt noch eine Ebene weiter und schwärmt von Mobilitätsstationen. Das sind etwa öffentliche Plätze, an denen es mindestens einen ÖPNV-Anschluss, eine Radleihstation, einen Taxistand, eine Carsharing-Station sowie Banken oder Sparkassen mit Geldautomaten gibt. Eine derartige verschiedene Verkehrsmittel verbindende Mobilitätsstation habe man schon für Lahr beantragt, sagt Dutschke. Auch für das, wie seine
Bewohner immer wieder öffentlich betonen, verkehrlich überlastete Schuttertal soll es in noch in diesem Jahr Pedelec-Stationen geben. »Dies könnte tatsächlich die verkehrliche Anbindung entlasten«, erklärt Dutschke. Dass eine Stadtverwaltung auch Vorbildcharakter hat, betont Dutschke immer wieder. »Wir haben bei der Stadt auch die Pflicht, Bürgern zu zeigen, was alles möglich ist in Bezug auf Klimaschutz und Mobilität.«
In Lahr gibt es bereits drei E-Auto-Ladezonen Seit April nutzt die Stadt ein elektrisches Carsharing-Auto, das auch privat angemietet werden kann. »In unserer Dienstzeit sind wir angehalten, das E-Auto zu benutzen«, sagt Dutschke, der schon einige Male mit dem Auto zu Terminen gefahren ist. Auch gibt es in Lahr drei E-Auto-Ladezonen, die an zentralen Stellen (Bahnhof, LGSHaupteingang, Rathaus) liegen. »Wir müssen uns erlauben, quer zu denken und die Dinge vom Ergebnis her zu betrachten, dann gibt es auch viele neue Möglichkeiten für morgen«, betont der städtische Klimamanager. Insbesondere erwähnt Dutschke auch einen gerade in der Machbarkeitsstudie befindlichen Radschnellweg von Lahr nach Offenburg. Moderne und vom Autover-
Foto: Bieber
kehr abgesonderte Radschnellwege gibt es seit einigen Jahren beispielsweise im Ruhrgebiet und gelten dort mittlerweile als »echte« Alternative zum Auto und zur Bahn. Vor allem dann, wenn der Arbeitgeber den immer wieder vom ihm geforderten gesunden Mitarbeiter beim Erwerb des Rades durch betriebliche Regelungen unterstützt oder ihm gar selbst ein Rad zur Verfügung stellt, was er bei der nächsten Steuererklärung wiederrum geltend machen kann. Das Modell »Jobrad« soll in absehbarer Zukunft auch den Lahrer Stadtbediensteten zur Verfügung stehen. Bald könnten erst einmal sogenannte Micro Hubs, kleine Container, für Paket-Lieferungen in der Lahrer Innenstadt und gegebenenfalls auch in anderen Stadtteilen platziert werden. »Wir haben Studenten der Hochschule Offenburg damit beauftragt, ob es machbar wäre, langfristig das Stadtzentrum frei von motorischen Lieferverkehr zu machen», erklärt Michael Dutschke. Die Pakete der verschiedenen Lieferdienste würden gesammelt von einer Spedition in einem großen Container in die Stadt gebracht und von dort mit elektrischen Lastenrädern ausgefahren. Mit bei dem Projekt sind große Dienstleisterfirmen, die den Studenten wichtige Daten bereitstellten, erklärt Dutschke weiter.
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Hobbymäßig der Natur helfen Artenschutz | Honigbienen tragen wesentlich zum Erhalt der biologischen Vielfalt bei Bienenstöcke im Garten oder an einem Waldrand zu betreuen, ist mehr als eine Freizeitbeschäftigung, denn ohne Imker könnten Honigbienen nicht überleben. Auch die Mitglieder des Bezirksimkervereins Lahr helfen mit ihrem Hobby dem Ökosystemo n
Von Herbert Schabel
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ie vorherrschende Farbe beim Vereinsheim »Honigkanne«, idyllisch inmitten einer Schrebergartensiedlung gelegen, ist ein sattes Grün. In der Luft liegt ein Summen. Im Garten des Vereinsanwesens sehen vier Imker nach dem Rechten, lösen die Deckel von Bienenbehausungen, nehmen Waben heraus, begutachten sie. Es sind Reinhard Rehm, Erich Leichler, Alexej Hebding und Andreas Wagner, Männer mit gelassener Ausstrahlung, die sich von den umherfliegenden schwarz-gelben Insekten am Lehrbienenstand nicht irritieren lassen. Die Imker schieben die Holzrahmen wieder in die Bienenhäuser, um die nächsten herauszuholen. Ihnen gemeinsam ist, dass sie schon lange vom Bienenfieber gepackt worden sind, so wie insgesamt rund 90 aktive Mitglieder des
Lahrer Bezirksimkervereins. Die meisten betreuen acht bis zehn Bienenvölker, die jeweils aus Zehntausenden Bienen bestehen. Rehm (61), der auch Vereinsvorsitzender ist, kümmert sich sogar um rund 70 Bienenvölker. Er sei auf einem Bauernhof auf dem Schönberg aufgewachsen, habe Tiere von Kindesbeinen an geliebt, erzählt der Reichenbacher. Die Imkerei wirke entspannend – zugleich könne er damit der Natur etwas Gutes tun. »Wir unterstützen das Ökosystem«, bestätigt Martin Wetterer, der ebenfalls dem Vorstand angehört. Die Hochsaison für Imker hat im Mai begonnen, ab Ende Mai wird Honig geerntet. Auch im Juni gibt es viel zu tun: Königinnenzucht und Ablegerbildung stehen an. Imker ist man aber das ganze Jahr. Wetterer ist fast jeden Abend bei seinen Bienenvölkern, erzählt er. Ein Bienenvolk ist – wenn man so will – ein Superorganismus, der mit Unterstützung der Imker lebt. Mit ihrer Arbeit verbessern sie die Lebensbedingungen der Insekten, pflegen und legen Blühwiesen an, gründen neue Völker. Mehrmals pro Jahr Honig zu ernten sind dann Höhepunkte dieses Hobbys. Den eigenen, naturbelassenen Honig mit allen wertvollen Inhaltsstoffen zu genießen natürlich auch.
Einige Mitglieder arbeiten mit Imkerhut, andere – wie Rehm oder Wetterer – verzichten darauf. »Der stört nur«, so Wetterer, ein Heizungsbauer aus Oberschopfheim. Wird er nicht gestochen? »Doch, aber daran gewöhnt man sich, irgendwann spürt man nur noch
einen Pieks«, sagt der 42-Jährige, der um die 20 Bienenvölker auf seinem Grundstück betreut. Durch ihre Bestäubungsleistung tragen Bienen zum Erhalt der biologischen Vielfalt bei. Auf ihren Streifzügen sammeln sie Blütenstaub und Nektar, bestäuben damit Pflanzen, reichern ihn mit Enzymen an und tragen ihn in die Waben. Dort durchläuft er einen Reifungsprozess, bei dem ihm Wasser entzogen wird. Anschließend verschließen die Arbeiterinnen die mit dem reifen Honig gefüllten Waben mit Wachsdeckeln.
Bei der Ernte kratzt man dann den dann wieder herunter und schleudert den Honig mit einer Zentrifuge heraus. Durch eine mehrfache Filterung werden auch kleinste Wachsteilchen und andere Fremdkörper vom Lebensmittel getrennt. Das Ergebnis ist reiner, köstlicher Bienenhonig, den man kaufen kann – Infos dazu finden sich auf der Internetseite des Vereins. Liebe zu außergewöhnlichen Tieren und zur Natur, ein fundiertes Wissen über deren Zusammenhänge und der sorgfältige Umgang mit den Erzeugnissen des Bienenvolkes – so könnte man die Voraussetzungen für die Imkerei beschreiben. Da die Bienenvölker ihren Imker immer wieder vor neue Aufgaben stellen, etwa die Varroa-Milbe zu bekämpfen, sind auch Neugier und Lernfähigkeit wichtige Eigenschaften. Es ist eine Beschäftigung in Kontakt und in Abhängigkeit zum Geschehen in der Natur. Wer sich mit dem Gedanken befasst, mit Bienen seine Freizeit zu verschönern, wird nicht umhin kommen, einen erfahrenen Imker um Rat zu fragen, sich also einen Imkerpaten zu suchen, erzählt Wetterer. Es lohne sich aber, in diese Welt hineinzuwachsen; er könne sich kein schöneres Hobby vorstellen.
Imker aus Leidenschaft (von links): Reinhard Rehm, Erich Leichler, Alexej Hebding und Andreas Wagner im Garten hinter dem Vereinsheim »Honigkanne«, wo der Lahrer Verein einen Lehrbienenstand betreibt. Tausende Bienen schwärmen dort aus. Martin Wetterer (rechts unten) ist ebenfalls Imker mit Leib und Seele. Fotos: Schabel
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Produkte mit »heiliger« Herkunft
Ernährung | Franz Haag betreibt ein besonderes Lebensmittelgeschäft mit Heilige-Hildegard-Waren
Seit mehr als zehn Jahren betreibt Franz Haag aus Seelbach ein Lebensmittelgeschäft, das Naturprodukte der Heiligen Hildegard verkauft. Ein Ort der Nachhaltigkeit. n
Von David Bieber
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etritt man Franz Haags Laden in Seelbach, duftet es nach verschiedenen Kräutern und Gewürzen. Es ist warm. Haag hat gerade den Ofen angemacht. In diese Atmosphäre gesellt man sich gerne. Ist es doch ein passender Ausgleich zum stressigen Alltagstreiben. Der Laden des 72-Jährigen hat aber noch viel mehr zu bieten, als nur ein ruhiger Ort zu sein: Haag betreibt einen Hildegard-von-BingenLaden. Dort berät er auch zu Ernährung und gibt kurze Einführungen in die Hildegard-Lehre.
Ein spezieller Geist sei in den Naturprodukten von Hildegard von Bingen Franz Haag verkauft Naturprodukte einer fast 1000 Jahre alten Heiligen. Einer »Wunderheilerin«. »Hildegard von Bingen war eine Prophetin und Spirituelle, sie lebte von 1098 bis etwa 1179«, erklärt Franz Haag. Sie habe im Alter von 42 Jahren und sieben Monaten die Offenbarungen Gottes aufschreiben müssen, wo sie in ihren Schauungen alle Zusammenhänge von Menschen, Schöpfung, der Erde und des Universums sehen durfte, um den Menschen den Blick aufs »Ganze« zu öffnen. Daraus seien
dann auch ihre drei Werke entstanden: Scivias (Wisse die Wege), der Mensch in der Verantwortung (Psychotherapie) sowie Welt und Mensch (Universum). »Von Bingens Naturkunde und die damit verbundenen Produkte haben Heilkraft«, sagt der gelernte
Der 72-jährige Seelbacher Franz Haag verkauft nicht nur Hildegard-Produkte, sondern berät auch seine interessierten Kunden gemäß ihrer alten Lehre. Foto: Bieber Kaufmann Haag. Er selbst sei sehr katholisch, seinen kleinen Laden an der auf einem Hügel liegenden Hebelstraße zieren Kreuze und Bibelzitate. Er zitiert immer wieder Bibeltexte und göttliche Weisheiten. Haag scheint seine Bestimmung gefunden zu haben – in seinem Hildegard-von-Bingen-Laden. »Ich kam aber erst spät zum Glauben und zu Gott. Eines Tages war er trotz großer Angst in den Südtiroler Bergen wandern. »Ich hatte Angst vor den Bergen, fing damals an, zu Gott zu beten und Gott hat mich erhört und mich schließlich über die Berge geführt.« Als »Gegenleistung« für die göttliche Hilfe versprach Haag die Bibel zu lesen, was er auch tat, auch wenn er etwa vier Jahren dafür benötigte. Seither führt ihn der geistliche Weg von Hildegard von Bingen, die er durch seine Lektüre von Bibeltexten kennenlernte, durchs Leben. Der offenherzige Seelbacher, der seit 1969 einen Lebensmittelladen hat, integrierte seit mehr als 20 Jahren bereits diverse Hildegard-Produkte in sein Sortiment,
ehe er dann 2006 seinen eigenen Hildegard-Laden aufmachte. »Mit dem alten Lebensmittelladen im Dorf ging es bergab«, sagt Haag, der angibt, dass seine HildegardProdukte gesünder und ausgeglichener machten und nachhaltig hergestellt seien.
»Dinkel-Energiekekse« sollen eine Stärkung für Geist und Sinne sein Das Spezielle an den Produkten ist der Geist der Heiligen. »Unsere Produkte stützen sich auf Althergebrachtes und über Jahrhunderte überliefertes Wissen aus dem Bereich der Naturkunde«, sagt Haag. Neben natürlichen Moor- und Kräuterprodukten, basischer Körperpflege und Ernährung, Getreidesorten sowie Aromatherapie gibt es auch Wein, Tee und sogar »Dinkel-Bier« in dem kleinen Laden. Es lohnt sich, findet er, die »Dinkel-Energiekekse« zu testen. »Sie stärken Geist und Sinne«, resümiert Haag ihre Wirkung.
Einen Trend bei Hildegard-Produkten auszumachen, sei schwierig. Generell empfiehlt Haag vor allem den »Wermut-Trank«. Dieser soll, wenn man ihn knapp sechs Monate lang dreimal in der Woche vor dem Frühstück einnimmt, entschlacken, das Herz stärken, Nierenschwäche beseitigen, den Magen wärmen und »mehr Kraft unter die Flügel« bringen. Franz Haag schwört auf Wermut, nicht nur, weil er mittlerweile Anfragen aus ganz Deutschland dazu hat, sondern, weil er auch selbst Wermut einnimmt. »Mir hat es sehr geholfen, ich habe Lebensfreude und Energie zurückgewonnen«, meint er zufrieden. »Ein Leben auf Grundlage der Hildegard-Lehre bedeutet einen wertvollen Zugewinn an Lebensfreude und Lebensqualität, an Freiheit und Eigenverantwortung«, fasst Franz Haag diese alte Lehre zusammen. Zudem schätze er an Hildegard von Bingen insbesondere ihre Demut und ihre Bescheidenheit, sagt der Seelbacher Händler.
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Vieles wird wiederverwertet
Recycling | Privatleute entsorgen auf dem Wertstoffhof in Lahr-Sulz alle möglichen Arten von Abfall In privaten Haushalten und Unternehmen wird Abfall produziert, der weder in die graue noch in die grüne Mülltonne gehört. Sondern zum Beispiel auf den Wertstoffhof nach Lahr-Sulz. n
Von Herbert Schabel
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arkus Probst aus Kürzell hat in seinem Arbeitszimmer gründlich aufgeräumt – ein altes Keybord, ein Monitor und eine Schreibtischlampe haben ausgedient und müssen raus. Mit den Sachen ist er zur Abfallannahmestelle gefahren. Ein kurzes Gespräch mit Deponiewart Bernd Billharz, dann holt Probst die Elektrogeräte aus seinem Kofferraum und legt sie in den dafür vorgesehenen Container. Ein paar Schritte weiter trennt sich Anette Wisser aus Mahlberg gerade von einem alten Kindersitz und einem Plastikeimer, dessen Deckel einen Sprung aufweist. Gut 20 Container stehen auf dem Wertstoffhof inmitten einer hügeligen Landschaft. Nicht alle Hügel sind natürlichen Ursprungs. Einige bestehen aus Erde, die beim Ausheben von Baugruben im Raum Lahr angefallen und dann nach Sulz transportiert worden ist. Zum Wertstoffhof gehört nämlich eine große Erdaushubdeponie.
In der Ortenau 14 Deponien mit Wertstoffhöfen Der Landkreis betreibt in der Ortenau 14 Deponien mit Wertstoffhöfen, Sulz gehört zu den größten, da dort Abfall fast jeder Art angenommen wird. Beim Besuch des Berichterstatters an einem Mittwochmorgen fahren pausenlos Autos auf den Hof, in denen Privatleute Abfall herankarren. Auch am Samstagvormittag ist der Hof geöffnet – dann bildet sich sogar häufig eine Warteschlange vor dem Eingangstor der zehn Hektar großen Deponie, die 1993 eröffnet wurde. Im Vorjahr wurden in Sulz unter anderem 95 000 Kubikmeter Erdaushub, 1520 Tonnen Altholz, 903 Tonnen Sperrmüll, 248 Tonnen Metallschrott und 43 Tonnen Altreifen abgegeben. Bernd Billharz aus Schuttertal, ein gelernter Maschinenschlosser, gehört zum festen Team des Wert-
Anette Wisser aus Mahlberg trägt einen kaputten Plastikbehälter in den Container für Sperrmüll auf dem Wertstoffhof in Lahr-Sulz. stoffhofs. Die Arbeit dort macht dem 56-Jährigen Freude, da sie abwechslungsreich ist, er mit Menschen zu tun hat – »und weil sie sinnvoll ist«, wie er hervorhebt. Vieles, was dort abgegeben wird, kann nämlich einer Wiederverwertung zugeführt werden. Werden doch die Container, sobald sie voll sind, zu privaten Entsorgungsund Verwertungsunternehmen gebracht. »Wir tun hier etwas für die
Natur«, stellt Billharz fest, der privat Mitglied beim Bund für Umwelt und Naturschutz ist. In einer Ecke der Deponie hat er mit Sandsteinen einen Rückzugsort für Amphibien geschaffen. Besucher, die Abfall heranfahren, werden von den Deponiewar-
ten in Empfang genommen, die in ihren orangefarbenen Warnwesten nicht zu übersehen sind. Die Beschäftigten werfen einen Blick auf den mitgebrachten Abfall und sagen, in welchen Container er gehört. Es gibt Container etwa für Metallschrott, Sperrmüllreste, Möbelholz, Außentüren, Altreifen, Kühlgeräte, Matratzen, Porzellan sowie Elektrogeräte mit oder ohne Batterien und Akkus. Vieles wird umsonst angenommen, doch bei manchen Abfallarten sind Gebühren fällig. Beim Besuch des Berichterstatters fährt ein Privatmann mit einem Anhänger voller Altholz vor. Der Besucher protestiert, als er erfährt, dass er für die Holzannahme etwas zahlen muss. Billharz erklärt ihm freundlich und geduldig die Regeln, woraufhin der Mann sein Auto mit dem Anhänger auf eine Waage fährt. Das Gespann wird erst in beladenem Zustand gewogen, nach dem Entladen dann noch einmal, sodass das Gewicht der Ladung ermittelt wird. Für die Entgegennahme seines Altholzes wird dem Mann anschließend im Büro des Wertstoffhofs eine Rechnung ausgestellt – er muss rund zehn Euro zahlen.
INFO
Gebühren beim Wertstoffhof Altholz (A I-III) – je Kubikmeter 18 Euro (Paletten, Kisten, Bretter, Spanplatten) n Belastetes Altholz (A IV) – je Tonne 109 Euro (imprägnierte Holzteile, Holzzäune und Gartenmöbel, Außentüren, Fensterrahmen) n Erdaushub – je Kubikmeter 6 Euro n Verwertbarer Bauschutt – je Kubikmeter 14 Euro (Backsteine, Blumentöpfe aus Ton, Dachziegel, ausgebrochenes einfaches Fensterglas, Fliesen, Poren-Betonsteine, Glasbausteine, Keramik, Mauerwerk, Pflastersteine, Porzellan,) n Unverwertbare mineralische Abfälle (bewehrter Beton, Drahtgitterglas, Fensterglas ohne Fremdanteile, Glasbausteine) n PKW-Altreifen – mit Felge 3,10 Euro je Stück, ohne Felge 2,20 Euro je Stück n LKW-Altreifen – mit Felge 20 Euro je Stück, ohne Felge 15 Euro je Stück n Siedlungsabfall aus Haushalten (ohne Nassmüll) – 219 Euro je Tonne n
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Müll sortieren ist nicht so einfach Entsorgung | Abfallberater des Landratsamts nennt typische Fehler, die Privatleute machen Johann Georg Kathan ist Abfallberater beim Eigenbetrieb Abfallwirtschaft im Landratsamt Ortenaukreis. Im Gespräch mit unserer Zeitung verrät er, wo beim Thema Abfall die größten Irrtümer bestehen – und was jeder Einzelne für die Umwelt tun kann.
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err Kathan, was sind die häufigsten Fehler, die Bürger beim Sortieren der Abfälle machen? Beratungsbedarf gibt es nach wie vor beim Gelben Sack, der ausschließlich zur Entsorgung von Verpackungsabfällen dient. Abfälle aus Kunststoff oder Metall, die keine Verpackungen sind, zum Beispiel Sandschäufele für Kinder oder ein kleiner Fünf-Liter-Putzeimer, dürfen nicht über den Gelben Sack entsorgt werden. Diese gehören in die Graue Restmülltonne. Das Sandschäufele, der FünfLiter-Putzeimer, die Plastikflaschen für Waschmittel oder Shampoo können zwar alle aus Polyethylen sein, aber materialgleiche Abfälle müssen manchmal unterschiedliche Entsorgungswege gehen
Im Gespräch mit
Johan Georg Kathan
Das werden viele für unlogisch halten. Der Unterschied in der Entsorgung liegt nicht im Material, sondern in der Finanzierung der Entsorgung begründet. Der Gelbe Sack, dessen Einsammeln und Sortieren, wird über den »Grünen Punkt« beim Einkaufen bezahlt. Die Entsorgungskosten für die Verpackung, etwa bei einem Shampoo, sind im Verkaufspreis enthalten. Für das Sandschäufele wird die Entsorgungsgebühr nicht beim Kauf bezahlt, sondern oft erst Jahre später, wenn es kaputt ist, über die jährliche Hausmüllgebühr. Das macht den Unterschied.
In Deutschland muss Abfall getrennt werden. Da in eden einzelnen Bundesländern verschiedene Bestimmungen gelten, ist das Trennen nicht immer einfach. Foto: Symbolbild Weshalb sollen wir unseren Müll eigentlich trennen? In der Abfallwirtschaft vollziehen wir in den letzten rund 20 Jahren den Wechsel von der Abfallbeseitigung zur Kreislaufwirtschaft und damit zur Ressourcenschonung. Nach der Abfallvermeidung ist die Abfallsortierung einer der Grundpfeiler davon. Nahezu alle Abfälle aus Haushalten können nämlich in irgendeiner Form wiederverwertet werden. Zum Beispiel sind 2017 im Ortenaukreis über 230 000 Tonnen Abfälle angefallen – ohne Erdaushub. Rund sechs Prozent wurden beseitigt, alle anderen Abfälle der Wiederverwertung zugeführt. Wie viel Müll produzieren die privaten Haushalte im Ortenaukreis pro Jahr? Im vergangenen Jahr haben die über 423 000 Einwohner im Kreis fast 75 000 Tonnen Abfälle über die Graue Tonne, fast 13 000 Tonnen über den Gelben Sack, fast 37 000 Altpapier über Grüne Tonne und Vereinssammlungen sowie rund 11 500 Tonnen Altglas der Verwertung zugeführt. Dazu kommen noch viele Abfälle, die zum Beispiel auf unseren Wertstoffhöfen angeliefert werden und zum allergrößten Teil ebenfalls in die Verwertung gehen. Was können wir alle tun, um Müll zu vermeiden? Kurz gesagt: Um Abfälle zu vermeiden soll man nur das kaufen
was man auch braucht oder – bei Lebensmitteln – aufessen kann. Auf Reparaturmöglichkeiten bei technischen Geräten achten, nicht jedem Trend oder jeder neuen Version hinterherlaufen. Und ganz simpel, zum Einkaufen einen Korb oder einen Stoffbeutel mitnehmen. Und wenn man zum Beispiel Bananen kauft, muss man die nicht noch in eine extradünne Plastiktüte verpacken.
Was tun Sie und das übrige Beraterteam des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Ortenaukreis, um die Bürger über die Abfallentsorgung aufzuklären? Wir betreiben eine sehr umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit. Am Infotelefon der Abfallwirtschaft haben wir jeden Tag rund 50 Anrufe zu allen möglichen Abfallthemen. Eine zunehmend größere Rolle spielt das Internet als Rund-um-die-Uhr
Informationsquelle. Auf unserer Homepage www.abfallwirtschaftortenaukreis.de haben wir aktuell über 600 Besuche pro Tag, und das bis in die späten Nachtstunden. Natürlich haben wir auch noch die klassische Öffentlichkeitsarbeit über Pressemitteilungen, gedruckte Infoblätter und Anzeigen in Tageszeitungen und Verkündblättern. Auf unseren Deponien und Wertstoffhöfen sowie in der mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage in Ringsheim bieten wir für Kinder, Jugendliche und Erwachsene Besichtigungen an. Der älteste Besucher auf einem unserer Wertstoffhöfe war 2016 ein Senior von 104 Jahren. Zwei Kolleginnen bieten Unterrichtseinheiten an allen Schuler für Klasse drei bis sechs an. Auf der Landesgartenschau waren wir im Mai eine Woche lang mit einer Ausstellung zum Thema »Lebensmittelverschwendung« und anderen Abfallthemen präsent und werden dies im Herbst wiederholen. Bei welchen Fragen rund ums Thema Müll haben die Bürger den größten Beratungsbedarf? Rund ein Drittel der Fragen am Infotelefon der Abfallberatung unter der Nummer 0781/805 96 00 dreht sich um die richtige Abfallsortierung – und wo Abfälle abgegeben werden können. n
Fragen von Herbert Schabel
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Holzofen: Wärme für jeden Raum Energetische Sanierung | Frank Krauses Haus weist eine überragende Energiebilanz auf Besucher, die sich im Haus von Familie Krause umschauen, werden erstaunt feststellen, dass in den Räumen keine Heizkörper zu sehen sind. Trotzdem – oder gerade deswegen – herrscht in dem Gebäude zu jeder Jahreszeit ein angenehmes Raumklima. n
Von Herbert Schabel
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as Besondere an dem Haus mit seinen 150 Quadratmetern Wohnfläche ist die Energiebilanz: Im Keller steht ein Heizöltank, der 2015 mit 3000 Litern befüllt wurde. Nach drei Jahren ist erst die Hälfte davon verbraucht. Möglich ist das dank der energetischen Sanierung, die Frank Krause vornahm, als er die Immobilie in Mietersheim 2013 erwarb. 40 Jahre hatte das Fertighaus da bereits auf dem Buckel gehabt, für den Bauherren gab es viel zu tun. Ihm war es aber nicht nur wichtig, Heizkosten zu sparen. Krause ist Jäger und liebt die Natur. Umweltschutz liegt ihm am Herzen, wobei er auch an die nächste Generation denkt: »Meine beiden Töchter sollen in einer angenehmen und gesunden Umgebung aufwachsen.« Tatsächlich betreibt der 48-Jährige mit dem Gebäude aktiven Naturschutz. Privathaushalte in Deutschland verbrauchen pro Jahr Millionen Tonnen Kohlendioxid,
wobei die Heizungen der größte Energiefresser sind. Bei Krause sieht das ganz anders aus, hat er doch bei der Gebäudesanierung einen Scheitholzofen mit Wassertasche einbauen lassen. Der Ofen ist das Herzstück des Heizystems – damit wird Wasser erwärmt, das in einen Tank im Keller geleitet wird. Von dort gehen in einem Kreislaufsystem Leitungen ab, mit denen Fußboden- und Wandheizungen gespeist werden.
Frank Krause mit Hauskatze »Nuria« vor dem Ofen im Wohnzimmer. Der Holzofen wärmt das Wasser auf, mit dem Fußboden- und Wandheizungen des Wohnhauses gespeist werden. Foto: Schabel Das Fertighaus hatte Krause nach dem Kauf entkernt, anschließend zog er neue Innenwände aus Lehm hoch. Dieser älteste Baustoff der Menschheit kann relativ schnell Luftfeuchtigkeit aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben. Im Sommer haben die Lehmwände eine kühlende Wirkung und sorgen für angenehme Temperaturen. Im Winter wirken sie dank der Heizungsrohre, durch die warmes Wasser geleitet wird, so natürlich und angenehm wie eine Felswand, die gespeicherte Sonnenwärme abstrahlt. Der Ofen im Wohnzimmer liefert die Wärme für das ganze Haus, außerdem erzeugt er eine behagliche Atmosphäre. Wie groß ist der Holzverbrauch? »Zehn Ster pro Jahr reichen locker aus«, so Krause. Bei durchschnittlich 75 Euro Kosten pro Ster muss er für den Betrieb des Ofens rund 750 Euro jährlich aufbringen. Zusätzlich steht im Keller ein Brennwertkessel, der aus dem Öltank versorgt wird. Doch meist genügt der wasserführende Ofen zum Erwärmen des Hauses. Für die energetische Sanierung hat Krause viele Eigenleistungen erbracht. So isolierte er die Außenwände mit einer Folie, die verhindert, dass Wasserdampf aus dem Innenraum des Gebäudes in die Dämmung gelangt, wo er abkühlen und kondensieren würde. Dank dieser »Dampfsperre« gibt’s
weder Wasserschäden noch Schimmel. In der kalten Jahreszeit geht es darum, die Wärme im Haus zu halten, weshalb Fenster mit DreifachVerglasung eingebaut worden sind. Für gleichbleibend frische, angenehme Luft sorgt eine Lüftungsanlage, in der eine effiziente Wärmerückgewinnung die Wär-
me der Abluft wieder verfügbar macht. Die Kosten der energetischen Sanierung beziffert Krause auf rund 75 000 Euro, wobei er 10 000 Euro staatliche Zuschüsse erhalten hat. Er ist dem Lahrer Energieberater Jörg Maurer dankbar, der ihn über die Fördermöglichkeiten gut informiert habe.
INFO
Was ist ein Passivhaus eigentlich? Immobilien werden als Passivhäuser bezeichnet, wenn sie den überwiegenden Teil des Wärmebedarfs aus »passiven« Quellen beziehen. Dazu gehören zum Beispiel die Sonnenstrahlung und die Abwärme von technischen Gegenständen. Das Ergebnis dieses Konzepts ist eine positive Raumwahrnehmung, die mit einem enorm niedrigen Energieverbrauch verbunden ist. Das Passivhaus beschränkt sich auf keinen bestimmten Gebäudetyp, sondern legt nur besondere Anforderungen in Bezug auf Ökologie, Technik und Architektur fest. So ist es möglich, ein älteres Gebäude durch Sanierung und Umbau zum Passivhaus zu machen. n Die große Energieeinsparung erreichen Passivhäuser durch energieeffiziente Bauteile und durch Lüftungstechnik. Besondere Fensn
ter und eine Hülle aus hochwirksamer Wärmedämmung in Außenwänden, Dach und Bodenplatte halten die Wärme im Haus. Mit einem Passivhaus ist also ein Gebäude gemeint, das Wohnkomfort mit extrem niedrigen Energiekosten und einem sorgsamen Umgang mit der Umwelt verbindet. Ein Passivhaus verbraucht zum Beispiel bis zu 90 Prozent weniger Heizwärme als ein »normales« Haus. Damit gelten Passivhäuser als das ideale Mittel, um unabhängig von steigenden Rohstoffpreisen zu werden. n Nachteil eines Passivhauses sind die meist höheren Investitionskosten. Mit herkömmlichen Heizkörpern lässt sich ein Haus nach einer längeren Abwesenheit außerdem in der Regel schneller aufheizen als mit »passiven« Quellen.
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Energieeffizientes Heizen Wärmeschutz | So sparen Wohnungsbesitzer Wer sein Haus energetisch sanieren will, ist für eine erste Beratung bei Christian Dunker in besten Händen. Den Experten von der Ortenauer Energieagentur haben wir zu seiner Arbeit befragt.
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err Dunker, durch welche typischen Fehler wird in Immobilien Energie vergeudet? Zunächst einmal haben alle Gebäude, die vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1978 errichtet wurden, in der Regel einen miserablen Wärmeschutz. Das ist kein Fehler, son-
Im Gespräch mit
Christian Dunker dern so hat man früher gebaut. Vermeidbare Fehler entstehen bei nicht durchdachten Sanierungsmaßnahmen. Ein häufiges Problem ist der vorgezogene Fenstertausch ohne Wärmedämmung der Fassade. Zum einen sorgen die neuen, luftdichten Fenster für einen verringerten Luftwechsel und damit für eine erhöhte Raumluftfeuchte – zum anderen sind die kältesten, Kondenswasser gefährdeten Stellen der Gebäudehülle dann nicht mehr die Fensterscheiben, sondern die Wärmebrücken im Mauerwerk. An diesen feuchten Ecken kann es zu Schimmelbefall kommen.
Impressum Verlag und Herausgeber Lahrer Zeitung GmbH Kreuzstraße 9, 77933 Lahr Geschäftsführung und Anzeigenleitung Kirsten Wolf Redaktion Jörg Braun (V.i.S.d.P.), Thomas Kroll Druck Druckzentrum Südwest GmbH Villingen-Schwenningen
Wozu raten Sie dann? Flankierende Maßnahmen wie die Dämmung der Fensterleibungen und eine kontrollierte Lüftungsanlage. In jedem Fall sollten die Hausbesitzer die Luftfeuchtigkeit im Raum kontrollieren. Dabei hilft ein Hygrometer, das man im Baumarkt erwerben kann. Ab einer relativen Feuchte von über 60 Prozent sollte gelüftet werden. Jede Sanierung ist auch eine zweite Chance für das Gebäude. Wirtschaftlich vorteilhaft ist sie im Zuge ohnehin geplanter Maßnahmen zum Erhalt beziehungsweise der Instandsetzung des Gebäudes, da hohe Sowiesokosten anfallen und die energetischen Maßnahmen zumindest einen Teil der Kosten durch Energieeinsparungen refinanzieren. Welche Heizungart empfehlen Sie? Die wichtigste Regel ist, dass die Heizung zum Wärmeschutzstandard des Gebäudes beziehungsweise der Nutzung passen muss. Für Gebäude mit Fußbodenheizung sind Wärmepumpen, Brennwertgeräte und eine solare Heizungsunterstützung ideal, da die niedrigen Temperaturen im Heizkreis diesen Systemen entgegenkommen. Biomasse-Heizungen sind gut für den Klimaschutz und für historische Gebäude mit relativ hohem Brennstoffverbrauch interessant, da die Preise relativ niedrig sind. Für Blockheizkraftwerke spricht ein hoher Warmwasser- und Strombedarf. Im Neubau müssen Sie kaum noch heizen, da gewinnen die Komfortlüftungsanlage und die Warmwasserbereitung an Bedeutung. n
Fragen von Herbert Schabel
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Ein Treffpunkt aus 99 Prozent Holz
Gastronomie | Die Marktscheune in Berghaupten verbindet Nachhaltigkeit und Regionalität Regionale Produkte und ökologische Baustoffe: Dafür steht die Marktscheune im Kinzigtal. Der Holzbau steht aber auch für einen geselligen Treffpunkt für Jung und Alt sowie fürs Einkaufen mit jeder Menge landwirtschaftlichem Flair. n
Von David Bieber
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erghaupten. Im Herzen des Schwarzwaldes, mit Blick auf die Weinberge des Kinzigtals und die fruchtbare Rheinebene, befindet sich die Marktscheune – ein Regionalmarkt mit rustikalem Bauerncafé. 2011 erbaut erfreut sich die fast ausschließlich aus Holz errichtete Marktscheune von Brigitte und Ulrich Müller zunehmender Beliebtheit. Nicht nur, weil sie praktisch für viele Kurzentschlossene an der B 33 liegt, sondern vor allem, weil hier Nachhaltigkeit auf Altbewährtes trifft. Und das schätzen immer mehr Menschen, erklärt die Betreiberfamilie auf ihrer Homepage.
Trotz der Bundesstraße ist die Marktscheune ein »Wohlfühlort« Die Marktscheune im beschaulichen Berghaupten, ein Zusammenspiel von gesellschaftlichem Treffpunkt, kulinarischem Genuss sowie Gemüse- und Obstladen mit vielen regionalen Spezialitäten, repräsentiert ein Konzept, für das auch Arnold Schmid einsteht. Der 50 Jahre alte Haslacher ist mit seinem Unternehmen »Innovativ Schmid« Planer der Marktscheune gewesen. »Die Marktscheune ist nichts von der Stange«, sagt er. Das merkt man beim Besuch der weit über das Kinzigtal hinaus bekannten Marktscheune. Gleich im Eingangsbereich begrüßen jede Menge frische Gemüseund Obstorten den Gast. Dieses Bauern-Flair geht in der Marktscheune weiter. Drinnen steuert man dann sofort auf den Tresen mit einer kleinen Theke, links geht es zum Bauernladen und rechts ins Café, das nach dem Ausbau viel mehr ein Restaurant ist. Gäste jeglichen Alters trinken, unterhalten sich, lassen es sich gut gehen und lachen. Jetzt versteht man auch, warum Schmid von Wohlfühl-Atmosphäre redet. Wie-
Arnold Schmid hat die Marktscheune mitgeplant. Hier sitzt er im Gastronomiebereich. der andere essen den selbst gebackenen Kuchen, der schon auf der Tageskarte angepriesen wird, andere verspeisen etwas Herzhafteres. Zwei Männer trinken Pils am Tresen. Draußen gibt es eine Sonnenterrasse. Die Gäste haben einen tollen Blick auf den Schwarzwald. Die nur wenige hundert Meter von dem »Wohlfühlort« gelegene Bundesstraße stört kaum. Nur, wenn ein Laster vorbeirauscht, wird kurzzeitig das idyllische Ambiente beeinträchtigt. »Die Scheune läuft gut«, sagt Schmid.
Das Besondere an dem einer großen Scheune nachempfundenen Bau ist die Regionalität und die Nachhaltigkeit. »Wir haben beim Bau bewusst regionale Handwerker eingesetzt, das Holz ist aus Ab-
bruchobjekten aus der Region und die Stromversorgung auf dem Dach macht die Marktscheune fast autark«, erklärt Schmid. Allerdings kann derweil der selbst produzierte Strom noch nicht gespeichert werden. Daran werde gearbeitet, sagt Schmid. Das Einzige, das in der Scheine nicht aus Holz ist, ist die Bodenplatte. Sie sei aus Beton, der Rest, so sagt es Schmid, ist aus Alt-Holz und Massivholzplatten. Sehr viel von dem verbauten Material, »zu 99 Prozent Holz«, wie Schmid betont, kann wiederverwendet werden. Auf dem knapp 3000 Quadratmeter großen Grundstück mit dem 440 Quadratmeter großen Hauptgebäude soll im Zuge der Erweiterung des Marktes eine »Tankstelle«, also eine Aufladestation, für Elektroautos aufgebaut werden. Ein weiteres, deutliches Zeichen, dass für Betreiberfamilie und Planer das Thema Nachhaltigkeit gepaart mit der Nutzung erneuerbarer Energiequellen oberste Priorität besitzt. Gedämmt wird die komplette Scheune mit Holzfaserstoffen, unnötige Dämmstoffe sucht man vergebens. Das ist auch Arnold Schmid ganz wichtig. »Viele dämmen dumm«, sagt er. Und meint
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damit, dass viele Neubauten unnötig gedämmt werden, obgleich das gar nicht nötig ist. Bei der Scheune habe er daher darauf geachtet, nicht »dumm zu dämmen«.
Produkte kommen direkt vom Erzeuger und sind nachhaltig Unabhängig vom Bau achtet Familie Müller zudem, wie eingangs erwähnt, darauf, dass saisonale Produkte aus der Region verkauft werden. »Produkte aus nachhaltiger Landwirtschaft und einer artgerechten Tierhaltung in Zusammenarbeit mit Kleinbauern und lokalen Betrieben, dafür stehen wir mit unserem Namen«, steht über einem Foto von Ehepaar Müller auf der Homepage der Marktscheune. Derzeit beschäftigt die täglich geöffnete Marktscheune mehr als 34 Mitarbeiter sowie mehr als 30 zahlreiche Aushilfskräfte. Aktuell werden auch wieder Servicemitarbeiter und Bäcker gesucht. Von etwa 150 Lieferanten aus der Region wird die Marktscheune beliefert. Der Bau der Scheune soll im oberen sechsstelligen Bereich zu verankern sein, erklärt Planer Arnold Schmid.
GRÜNER LEBEN
In Freiburg im Breisgau wurde im Quartier »Vauban« beispielsweise nachhaltig gebaut.
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Bauen, aber bitte klimafreundlich! Verbraucher | Nachhaltige Gebäude werden im Stadtbild immer mehr zum Normalfall Wer heutzutage ein Haus baut, hat viele Möglichkeiten, die ausgeschöpft werden können. Klimafreundliches Bauen ist eine langfristige Investition. Dabei ist die Energieeffizienz nur einer von vielen weiteren Punkten. n
Von David Bieber
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ie der Klimaschutz allgemein leidet auch das energieeffiziente Bauen an einem Dilemma: Anfangs sind die Anschaffungskosten relativ hoch. Die Früchte dieser Investitionen lassen sich erst nach Jahren und Jahrzehnten ernten. Trotzdem, auch weil die Politik immer striktere Rahmenbedingungen für Neubauten festlegt, werden nachhaltigere und damit auch energieeffizientere Gebäude mehr und mehr zum Normalfall. Aber wie baut man nachhaltig? Allein für nachhaltige Gebäude gebe es eine Liste von 46 Eigenschaften, sagen Experten. Diese Eigenschaften seien alle miteinander verknüpft. Dazu gehörten beispielsweise auch Barrierefreiheit oder Behaglichkeit. Diese Eigen-
schaften beeinflussten sich gegenseitig. Grundsätzlich soll beim Bau oder bei der Sanierung der eigenen vier Wände möglichst auf erneuerbare Energiequellen wie Solarstrom oder Strom aus Wasser- und Windkraft gesetzt werden. Viele ökologische Baustoffe wie Holz, Kalk oder Kork sollten zudem verwendet werden. Verbaut werden sollten insbesondere keine Produkte mit Formaldehyd, Chlor, Lindan, FCKW und Schwermetallen sowie stark lösemittelhaltige Farben und Baustoffen, raten verschiedene Baumärkte aus der Region.
Beim nachhaltigen Bauen zählt die richtige Dämmung Der Nutzen für Natur und für die Gesundheit der Menschen sei höher, wenn man auf sie vollends verzichtete. Zudem komme es beim nachhaltigen Bauen ebenfalls auf die richtige Dämmung an. »Denn wer dumm dämmt oder billig baut, dämmt oder baut zweimal«, sagt etwa Energie- und Bauexperte Arnold Schmid aus Haslach. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) rät bei Dämmungen zu Holzfaser-
oder Hanfplatten, Schafwolle sowie Schilf und Stroh. Gerade bei energetischen Sanierungen müsste ihr Einsatz künftig deutlich ausgeweitet werden, sagt etwa Umweltreferent Franz Pöter vom BUND-Landesverband BadenWürttemberg. Angesichts steigender Energiepreise bekommt die Wärmedämmung der Gebäudehülle also eine immer größere Bedeutung. Sogenannte Naturdämmstoffe haben den Vorteil gegenüber konventionellen Dämmstoffen, dass sie aus erneuerbaren Stoffen, also etwa Biomasse oder Altpapier, hergestellt werden und so bei Herstellung, Verarbeitung und Entsorgung aus ökologischer Sicht deutlich günstiger einzustufen sind. Hinzu komme, laut der Baumärkte, dass Naturdämmstoffe zahlreiche baubiologische und bauphysikalische Vorteile aufweisen. Hierzu gehöre insbesondere die Wasserdampfdurchlässigkeit. Dies macht Naturdämmstoffe in der Praxis vielseitig einsetzbar, gerade in der Altbausanierung. Mittlerweile seien diese Stoffe in der Regel auch nicht mehr teurer als herkömmliche. Beim nachhaltigen Bauen geht es aber auch um weit mehr als
Energie und Baustoffe. Ob eine Person das Raumklima in der Wohnung als angenehm empfindet, hänge nicht nur von der Temperatur ab, sondern auch von Luftqualität und vom Lärm ab. Und die Beleuchtung sollte behaglich sein. Obendrein spiele die »Innenraumhygiene« eine Rolle.
Darunter versteht man, dass die Wohnräume frei von gesundheitlich belastenden Baustoffen sind. Hinzu kommt die Raumgestaltung: Alles sollte möglichst gut und flexibel zu nutzen sein. Das bedeutet, dass der Grundriss so gestaltet wird, dass eine Wohnung für eine Familie mit Kindern, aber später auch ohne große Umbauten für Senioren genutzt werden kann.
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