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Bildung für eine nachhaltige Entwicklung – Lebenswelt Kindergarten Ulrike Pircher, Christine Schlechtleitner

spielen. Es ist zu einem beliebten Ritual geworden. Natürlich ist das Interesse daran auch irgendwann erschöpft und wir müssen uns mit den Kindern wieder auf der Suche nach neuen kreativen Möglichkeiten machen. Die Suche nach Spielen wird weitergehen, was aber bei uns pädagogischen Fachkräften bleibt, ist die Überzeugung, dass es sich lohnt, in Situationen aufmerksam hinzuschauen und hinter scheinbaren Konflikten individuelle Bedürfnisse der Mädchen und Jungen zu erkennen. In diesem Fall war es das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Teilhabe. Dies ist Grundvoraussetzung, dass Lernen überhaupt stattfinden kann. Denn Kinder lernen, wenn sie engagiert bei der Sache sind und sich voll und ganz auf ihr Tun einlassen. Dafür müssen sich Kinder wohl- und angenommen fühlen, so sein dürfen, wie sie sind.

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung – Lebenswelt Kindergarten

Ulrike Pircher, Christine Schlechtleitner

Bereits bei der Konferenz der Vereinten Nationen wurde 1992 von den Vertretern von 172 Staaten beschlossen, ein Aktionsprogramm für eine nachhaltige Entwicklung, die Agenda 21, zu verankern. Um Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in allen Bildungsbereichen zu implementieren, wurde 2002 die Weltdekade „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ für die Jahre von 2005 bis 2014 ausgerufen. Derzeit wird die Dekade fortgesetzt.

Was bedeutet „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“? Bildung für eine nachhaltige Entwicklung lädt Menschen jeglichen Alters ein, aktiv zur Verbesserung einer ökologisch verträglichen und sozial gerechten Welt beizutragen. Dabei spielen das Engagement, die Beteiligungsfähigkeit, die eigene Gestaltungskompetenz und die Mitsprache eine wesentliche Rolle. Das sogenannte „Nachhaltigkeits-Viereck“ bezieht sich auf vier Hauptthemen, die nochmals aufgegliedert werden in unterschiedliche und vielfältige Maßnahmen. Zu den Hauptthemen gehören: die ökologische, die ökonomische, die soziale und die kulturelle Dimension. Es geht somit um den Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen, um Anerkennung kultureller Vielfalt, um Lösungsansätze unserer Umwelt- und Verteilungsprobleme, um das soziale Miteinander in einer komplexen, globalen Welt. Es geht um unsere Zukunft und um die der nächsten Generationen. Wie können wir Bildung für eine nachhaltige Entwicklung im Kindergarten leben? Das Potenzial von Bildung für eine nachhaltige Entwicklung kann im Kindergarten besonders genutzt werden: wertschätzende Beziehungen, Partizipation und Vertrauen in die Gestaltungskraft von Kindern prägen deren Grundwerte sowie Kompetenzen. Wenn ein Kind erlebt, dass es gestalten kann und sein Tun Auswirkungen auf andere Menschen und seine Umgebung hat, ist diese Erfahrung die Basis für verantwortliches Denken und Handeln. Wir pädagogischen Fachkräfte spielen in der Begleitung der Mädchen und Jungen eine bedeutende Rolle. Wir bringen uns co-konstruktiv ein und wirken durch unsere Vorbildhaltung und unser Sein. Durch die Auseinandersetzung mit uns selbst entwickeln wir unsere Persönlichkeit weiter und gestalten den Wandel mit. Das braucht: » Mut zur Vision » Mut zu ergebnisoffenem Prozess » Mut, Werte zu leben, welche die Würde des

Menschen bestärken: Empathie, Flexibilität, Verantwortung, Achtsamkeit, Mitgefühl, Sensibilität für das Lebendige

Selbstorganisiertes und erforschendes Lernen und Experimentieren, Philosophieren, Arbeiten in Projekten, das Aufgreifen der Fragen der Mädchen und Jungen hilft Kindern mit komplexen Heraus-

forderungen umzugehen und gemeinsam Verantwortung für den Planeten Erde zu übernehmen.

Einige Praxisbeispiele aus unseren Kindergärten zeigen auf, wie Nachhaltigkeit im Alltag gelebt wird. Wir setzen gemeinsam mit den Kindern einige Kastanien, Apfelkerne und Nüsse in Blumentöpfe, pflegen, gießen und beobachten sie. Wie groß sind die Freude und das Erstaunen, als die ersten Triebe unserer Bäumchen sichtbar werden. Wir beobachten mit den Kindern weiter und pflegen die Triebe, bis wir sie ins Freie setzen und dort hoffentlich ihr Wachsen weiter beobachten können. Schafft es eine Pflanze nicht oder gedeiht ein Bäumchen besonders gut, ergeben sich daraus neue Fragen, Erfahrungen und nachhaltiges Lernen.

Ein weiterer Beitrag zur Nachhaltigkeit ist unser Vorsatz, die umweltschädliche Alufolie durch eine umweltfreundliche Alternative, wie Bienenwachstücher, zu ersetzen. Durch Experimente machen die Kinder die Erfahrung, dass sich Kunststoff im Boden nicht abbaut und damit unsere Umwelt belastet. Die Kinder stellen zu dieser Thematik ihre eigenen Hypothesen auf und wir kommen miteinander ins Philosophieren. Die wohlriechenden Bienenwachstücher können zum Einpacken von Lebensmitteln und zum Abdecken von Gläsern und Ähnlichem verwendet werden. Sie lassen sich leicht mit einem feuchten Tuch abwischen und wiederverwenden. Die Kinder nehmen ein eigenes Bienenwachstuch samt Beschreibung mit nach Hause. So können unsere Erfahrungen Kreise ziehen. Die Bedeutung von Bienen und Insekten versuchen wir in praktischer Weise durch die Herstellung eines Insektenhotels mit den Kindern zu erarbeiten. Die Kinder beobachten das Treiben der kleinen und emsigen Tiere und staunen über deren Aktivitäten. Dabei spüren die Kinder, dass es von Bedeutung ist, mit den Tieren und der Umwelt achtsam umzugehen und für alles Lebendige Sorge zu tragen. Damit wird auch Verantwortung für die Schöpfung erlebbar. „Religiös ist, wer mitarbeitet an der Bewahrung der Schöpfung.“ (Dalai Lama)

Kinder zeigen sich sehr sensibel gegenüber ökologischer Verantwortung. In Gesprächen mit den Kindern können vielfältige Thematiken angesprochen werden wie zum Beispiel, dass Stoffe wie Wasser, Energie, Holz, Papier nicht unendlich verfügbar sind. Dadurch werden Kinder angeregt, ein Bewusstsein darüber zu entwickeln, dass viele kleine Dinge im Alltag entscheidend sind, ob unser Handeln nachhaltig ist oder nicht. Gemeinsam mit den Kindern können in Bezug auf nachhaltige Entwicklung Werte überprüft, Wissen erarbeitet, Perspektiven gewechselt werden. Das zeigt auch folgendes Experiment: Wir versuchen im Kindergarten alternatives, biologisches Waschmittel aus Rosskastanien herzustellen, um unser Gut „Wasser“ vor Verschmutzung zu bewahren. Die Kinder machen die Erfahrung, dass es viele Möglichkeiten gibt, darüber nachzudenken, wie wir unsere Umwelt schützen können, und erleben sich dabei als selbstwirksam. Durch solche Aktivitäten erlebt das Kind, wie kostbar unser Planet und Lebensraum Erde ist. Wir sind verbunden, ja abhängig von der Natur. Ebenso kommt es für unsere zukünftige Lebensgestaltung darauf an, wie unser menschliches Miteinander erfolgt. Kritisches Denken, Kommunikation, Kooperation und Kreativität sind wichtige Lebensfertigkeiten, die uns und die Kinder dazu befähigen, mit Veränderungen umzugehen, den Wandel mitzugestalten! Um sensibel für die Welt zu werden, muss das Kind/der Mensch zuerst Sensibilität für sich selbst spüren lernen und sich als einmalig empfinden können.

Ausdrucksmalen und Gestalten mit Tonerde bieten dazu eine gute Möglichkeit: Im freien Malen und Gestalten kann das Kind individuelle Spuren hinterlassen und seine Einzigartigkeit zum Ausdruck bringen. Es erkennt sein unverwechselbares SEIN in Bild und Gestaltung wieder. Dieses Spüren der Einmaligkeit stärkt Kinder in ihrer Persönlichkeit.

Eigene Spuren hinterlassen

Mädchen und Jungen lassen malend und gestaltend ihre Gefühle, Wünsche, Träume, Interessen und persönlichen Themen sichtbar werden. Im Sinne einer integralen Pädagogik wird der Blick auch nach INNEN gerichtet. Somit gilt es, neben der Fragestellung: „Wie sieht die Welt außerhalb von mir aus und wie kann ich sie entwickeln und gestalten?“ sich um die Frage zu bemühen: „Wie sieht die Welt in mir aus und wie kann ich sie entwickeln und gestalten?“ und nicht zuletzt „Wie sieht die zwischenmenschliche Welt aus und wie kann ich diese entwickeln und gestalten?“ (vgl. Habecker, Student)

„Ein Stern beschützt mein Haus.“

Das bin ICH! Meine Mami hat da ein Foto von mir gemacht.“ Von der Kaulquappe zum Frosch ...

„Ich habe für die Verstorbenen beim Tsunami Kreuze gemacht. Zu Hause beten wir für sie.“ „Die Tiere weinen, sind traurig, weil die anderen im Himmel sind. Die Sterne helfen ihnen, auch in den Himmel zu kommen.“

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