Aaron Fotheringham: Rollstuhlskating „Ich sitze nicht ‚im Rollstuhl’ sondern ‚auf dem Rollstuhl’, dass heisst ich geniesse die gleiche Freiheit wie meine Skaterfreunde“. Der 18-jährige Aaron Fotheringham gilt im Rollstuhlsport als Pionier. Sein Rückwärtssalto brachte ihn schon ins „Guinness Buch der Rekorde“. Im Skatertreff ProPark in Las Vegas herrscht im Sommer Hochbetrieb. Aaron Fotheringham saust unentwegt die Betonmulde hinunter, macht einen perfekten Salto und landet unbeschadet. Auf den Rollstuhl ist er zwar ständig angewiesen, betont aber, dass er sich dadurch nicht „behindert“ fühlt. Der 18-jährige Aaron Fotheringham ist mit seiner Akrobatik auf vier Rädern, für die er selber die Wortschöpfung „hardcoresitting“ kreiert hat, schon in Europa, Korea und kreuz und quer in verschiedenen US-Staaten aufgetreten. Dabei hatten Ärzte nach seiner Geburt prophezeit, Aaron könne wohl nie lernen, selbständig zu sitzen. Aaron kommt 1992 mit Spina bifida auf die Welt. Das ist eine angeborene Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks, bei der Teile der Wirbelsäule im Rücken offen bleiben. Die Folgen können von leichten Gehbehinderungen bis hin zur Querschnittslähmung führen. Bei Aaron kann die Hüfte die Beinknochen nicht richtig halten. Der erste Versuch im Skaterpark misslingt: Aaron kippt aus dem Rollstuhl und schürft sich die Hände. Das hält ihn nicht ab weiterzuüben, stunden- und wochenlang. Die Stürze übersteht er immer ziemlich unbeschadet, denn er schützt seinen Körper mit Helm und Polstern. Ein anderes Problem taucht auf: Aarons Rollstuhl hält bei seinen ersten Saltoübungen nicht mehr mit und zerbricht in Einzelteile. „Die Versicherung wollte uns den Rollstuhl nicht ersetzen“ sagt er. Ein paar Freunde sammeln Geld und kaufen Aaron einen robusten Rollstuhl bei Colours 'N Motion. Sein Vater schickt dem Hersteller Videoaufnahmen mit Aarons schönsten Tricks. Der Gründer von Colours 'N Motion, schreibt ihm zurück: Sie wollen Aaron künftig sponsern und ihm für seinen Sport Spezialanfertigungen herstellen. Mit seinem neuen Supergefährt – vier Räder, Spezialfederung – schafft der Sportler 2006 nach monatelangem zähem Training seinen ersten perfekten Backflip (Rückwärtssalto). Zwei Jahre später, mit seinem Highschool-Abschluss in der Tasche, widmet sich Aaron voll seiner Leidenschaft und übt bis zu 10 Stunden im Skaterpark. Sein nächstes Etappenziel (Double Backflip, d.h. doppelter Salto) erreicht er 2010. Durch Videoclips im Facebook werden US-Medien auf den Sportler aufmerksam: Zwei Interviews bei CNN geben Aaron die 10 Minuten Weltruhm. „Nach der Sendung bei CNN ist mein Facebook-Konto explodiert“, lacht Aaron. Seither reist Aaron unermüdlich in den USA und Europa herum um an verschiedenen ProfiskaterWettbewerben teilzunehmen. In einem deutschen Fernsehfilm hat er schon als Stuntman mitgewirkt. Seine eigene Firma „Hardcoresitting“, die sich auf Sport-Rollstühle spezialisiert, ist bereits in der Startphase. Bei Wohltätigkeitsveranstaltungen, unter anderem für Spina-Bifida-Forschung, und Sommerlagern für behinderte Kinder nimmt Aaron als Vorzeigesportler teil. „Ich weiss, dass ich viele behinderte Jugendliche inspirieren kann“, sagt Aaron. „Was ich Kindern und Erwachsenen im Rollstuhl mitgeben will ist sehr einfach: Ich bin immer an die Grenzen meiner Möglichkeiten gegangen und habe mich von meiner Behinderung nicht einschränken lassen. Wenn mich eine schöne Fee fragen würde, ob ich laufen wolle, würde ich ihr sagen: Nein, denn warum soll ich laufen, wenn ich durchs Leben rollen kann.“
Quelle: www.myhandicap.ch/vorbilder-behinderung
Phil Hubbe: Behinderte Cartoons
Phil Hubbe ist Cartoonist, Illustrator, Pressezeichner und hat seit zwanzig Jahren Multiple Sklerose (MS), eine chronische Erkrankung des Nervensystems. Er wurde 1966 in Deutschland geboren. Die Diagnose MS erhielt er mit 22 Jahren. Der behandelnde Arzt riet ihm, mit dem Zeichnen aufzuhören. „Vom logischen Standpunkt her war das sicher ein guter Rat“, sagt Phil Hubbe. „Da es mir nach der Kortisontherapie relativ gut ging, zeichnete ich aber weiter. Ich habe zwar nicht mehr Grafik studiert, wie ich es ursprünglich geplant hatte, aber ich machte weiter.“ Seine Frau Ute und seine 15-jährige Tochter Sophie gaben ihm die nötige Sicherheit und ermutigten ihn, mit dem Zeichnen weiterzumachen.1992 gelang der Durchbruch als aus der Zeichnerei der Beruf gemacht wurde. Er konnte mit seinen Zeichnungen Geld verdienen. Er bekam Aufträge von Tageszeitungen, Werbeagenturen und gelegentlich sogar von Ministerien. Phil Hubbe hatte aus seiner Leidenschaft einen Beruf gemacht. Freunde und Kollegen ermutigten ihn, Behinderung zum Thema seiner Cartoons zu machen. Phil Hubbe sieht man seine Krankheit nicht an. Er sitzt nicht im Rollstuhl - trotzdem schränkt ihn die Behinderung ein. „Früher konnte ich Sport treiben, heute geht das nicht mehr.“ Er weiss nicht, wie es mit seiner Krankheit weiter geht, lässt sich aber nicht unterkriegen. Er möchte kein Mitleid. Er bekämpft die Krankheit auf seine Art: mit Zeichnen. „Ich bin ein Freund von schwarzem britischen Humor. Das versuche ich für meine Karikaturen umzusetzen. Ein Cartoon soll wirken und man soll lachen!“, beschreibt Phil Hubbe seine Art zu zeichnen. Er nennt seine Werke frech ‚Behinderte Cartoons‘. Betroffene gehen mit Behinderten-Cartoons völlig selbstverständlich um. Alle anderen reagieren verhalten, wissen nicht, ob sie lachen sollen. So ist es auch bei der Presse. Die qualitativ hochwertigen Cartoons zu politischen Themen werden sehr gut angenommen, die Cartoons zum Thema Behinderung dagegen kaum. „Die Schranke im Kopf ist fatal“, betont Phil Hubbe. „Behinderte wollen wie Nicht-Behinderte behandelt werden, man darf also auch über sie lachen. Kinder gehen freier damit um: Sie haben die Schranke im Kopf noch nicht. Mit meinen Cartoons trage ich zwangsläufig dazu bei, diese Schranke auch bei Erwachsenen zu entfernen.“ Phil Hubbe hat es geschafft. Er geht seiner Lieblingsbeschäftigung nach. „Zeichnen ist meine Therapie“ sagt Phil Hubbe, „und dafür werde ich auch noch bezahlt.“ Er hat offensichtlich Spass am Leben. Und er macht anderen Mut: „Die Krankheit ist auch eine Chance, etwas Neues auszuprobieren. Ich konnte aus meinem Hobby einen Beruf machen. Kann damit meine Krankheit abarbeiten und das bei freier Zeiteinteilung. Die Arbeit ist Therapie und so bringt mir meine Krankheit auch noch Gewinn.“
Quelle: www.myhandicap.ch/vorbilder-behinderung
Fabius Matulic: reparierBar Eigentlich kann Fabius Matulic vor Publikum nicht reden und ein gut organisierter Manager ist er auch nicht. Bis vor kurzem dachte der 32-jährigen Logistikers so über sich. Im August 2013 hat er die reparierBar zusammen mit vier Kolleginnen und Kollegen ins Leben gerufen. Ursprünglich sollte es nach vier Anlässen vorbei sein – doch es lief so erfolgreich, dass sie weiter machten. Jeweils am Samstag von 11 bis 14 Uhr ist die reparierBar in einem Quartiertreffpunkt in Basel geöffnet. Man trifft sich, um gemeinsam defekte Gegenstände zu flicken: sei es ein Anrufbeantworter, Grammofon oder Teddybär. Mit viel Einfühlungsvermögen schauen sich Tüftler und Allrounder jeden Gegenstand an und versuchen ihr Menschenmögliches, damit der Toaster wieder funktioniert oder die defekten Rollschuhe rund laufen. „Die Stimmung ist grossartig, wenn es blinkt, klappert und zischt und das Leben eines Produkts gemeinschaftlich verlängert werden kann.“ Die Freude darüber ist sicht- und spürbar. Und diese Freude ist es auch, die Fabius und seine Leute motiviert und antreibt, sich freiwillig und unentgeltlich einzusetzen. Inzwischen wird Fabius Matulic immer wieder von Schulen, Gruppen und Personen aus der ganzen Schweiz für Vorträge angefragt. Fabius Matulic stellt fest, das der Wert von Dingen „verloren“ geht. Die schicken, bill igen Handys verraten ja heute nichts mehr über die Arbeit und das Material, das dahinter steckt. Doch damit ein Gegenstand reparierfähig ist, muss er von besserer Qualität sein, als es die meisten Wegwerf- und Billigprodukte sind. Matulic rät, auf Schnäppchen zu verzichten und im Zweifelsfall das teurere Gerät zu wählen, das sich wieder reparieren lässt und eine längere Lebensdauer hat. Sonst zahlen unterm Strich alle drauf, Ko nsumenten, Umwelt und Natur. Die reparierBar ist wohlgemerkt keine Reparaturwerkstatt, sondern vielmehr eine pra ktische Massnahme gegen Materialverschwendung und Entmündigung durch das „geplante Kapputtgehen“: Produkte gehen mit voller Absicht der Hersteller kurz nach Ablauf der Garantie kaputt. Die Verantwortlichen der reparierBar möchten das Reparieren wi eder kultivieren und leisten deshalb Hilfe zur Selbsthilfe. Auch vermeintlich Unbegabte überraschen sich oft selbst, indem sie stolz feststellen, dass sie ja auch selber einen Knopf wieder annähen können. Wer selber repariert und nicht gleich wegschmeisst, erhöht die Wertschätzung für die Dinge und damit wächst auch die eigene Selbstachtung. Fabius Matulic glaubt an die Ausbreitungskraft guter Ideen. In kurzer Zeit haben sich Repair Cafés von Holland über Deutschland in die Schweiz ausgebreitet und ziehen von hier aus bereits weitere Kreise. Vergleichbar mit einer ‚lustigen Grippe‘, wie es der Vater einer einjährigen Tochter ausdrückt, lassen sich Menschen in vielen Städten und G emeinden in der Schweiz vom Vergnügen des Reparierens anstecken.
Quelle: www.umwelttage-basel.ch/vorbilder/reparierbar/
Nicky (17) und Conny (16): Lebensretterinnen Nicky (17) zog zwei gekenterte Kajakfahrer aus dem eiskalten Chiemsee und ihre Freundin Conny (16) unterstützte sie. Den Start in ihren 17. Geburtstag hatte sich Nicky eigentlich anders vorgestellt: Anstatt mit den Mitschülerinnen auf einem Schloss zu übernachten, verbrachte sie die Nacht im Spital. Der Grund: Am Montagabend hatte sie zwei Männer aus dem eiskalten Chiemsee gerettet und sich dabei stark unterkühlt. "Es ist ein cooles Gefühl, so eine Leistung geschafft zu haben", sagte die Internatsschülerin aus München. Mit Freundinnen aus dem Internat, darunter auch ihre Klassenkameradin Conny (16), hatte Nicky am Montagabend noch einen Spaziergang zum Chiemsee gemacht. Plötzlich kam ihnen eine Frau mit Hund und ein älterer Herr aufgeregt entgegen. "Da draußen ist ein Boot gekentert", riefen die beiden. Da hörten Nicky und ihre Freundinnen auch schon Hilferufe aus dem Wasser. Gut 200 Meter vom Ufer entfernt klammerten zwei Männer an einem gekenterten Kajak. Vor lauter Kälte konnten sie sich kaum noch bewegen. "Wir müssen sie da rausholen", war Nicky sofort klar. Sie zog ihre Jeans aus und stürzte sich in Slip und einem Top ins eisige Wasser. Auch Conny wagte sich in die Fluten, aber die Kälte raubte ihr den Atem. Sie musste umkehren. "Ich habe auch einen Moment daran gedacht, umzukehren", gestand Nicky, "aber dann hab ich mir gedacht, die da draußen sind schon länger in dem kalten Wasser, dann schaffe ich das auch." Als Nicky das Boot erreicht hatte, versuchte sie die Männer zu beruhigen, forderte sie auf, sich an dem Kajak festzuhalten. Das Boot hatte zum Glück eine Schnur am Bug. Die packte Nicky und schwamm, das Boot mit den daran geklammerten Männern im Schlepptau zurück in Richtung Ufer. Etwa 50 Meter musste sie schwimmend zurücklegen, dann hatte sie am seichten Ufer Boden unter den Füßen und konnte das Boot die restlichen 150 Meter im Wasser gehend ziehen. Rund 20 Minuten war Nicky im kalten Wasser. Wieder an Land wurde das Trio bereits von den angerückten Rettungskräften in Empfang genommen und ins Spital gebracht. Zumindest einer der Männer lag am Dienstag noch in der Klinik. Ohne das beherzte Eingreifen wären die beiden Kajakfahrer, ein 28- und ein 27-Jähriger vermutlich ums Leben gekommen, sagten Retter.
Quelle: www.uni-passau.de/local-heroes/artikel/nicky-chriemsee/
Fidel Stadelmann: Foodsharing Der junge Student der Kunsthochschule Basel setzt sich für „Foodsharing“ ein und „rettet“ Gemüse und Obst, das weggeworfen werden soll, weil es nicht perfekt aussieht. Jeden Montag und Mittwoch um 7 Uhr fährt er mit seinem Fahrrad in den Gemüse- und Früchtegrosshandel im Dreispitzareal in Basel. Er weiss nie so genau, was ihn dort erwartet. Mal sind es 1000 Kilo Tomaten, ein paar Tonnen Bohnen oder wie im letzten Sommer auch schon mal 7000 Ananas. «Die waren nach einem Tag alle weg», sagt er. Heute sind es ‚nur‘ zehn Kisten Zucchetti, Peperoni und grosse hellrote Tomaten, die er für gut befindet und aussortiert. Mit seinem Veloanhänger transportiert er sie zu seinem sogenannten ‚Fairteiler‘, einem selbstgebauten Holzregal, das aussieht wie ein Marktstand. Im Laufe des Vormittags kommen dauernd Menschen, vornehmlich junge Studierende, die sich hier selbst bedienen. Gratis, versteht sich. Auch zwei Bauarbeiter halten mit ihrem Tran sporter an und begutachten ausführlich die Gemüsepalette. Seit gut einem Jahr ist der Kunststudent bei „Foodsharing Basel“ aktiv. Eine Mitstudentin hatte schon länger in Deutschland mit dem Gründer der „LebensmittelrettungsGesellschaft“ zusammengearbeitet. Jetzt ist der 21-jährige Fidel, der in Mallorca aufgewachsen ist, selber ein sogenannter Betriebsverantwortlicher von Foodsharing Basel und Teil einer lebendigen Bewegung. Ihn stört, dass Gemüse und Obst entweder gleich nach der Ernte untergepflügt wird oder später beim Grosshändler im Müll landet. Und das nur, weil es zu gross, zu klein oder zu krumm ist. Vor wenigen Wochen konnten sich Fidel und seine zahlreichen Foodsharing-Freunde über sieben Tonnen ausgemusterte Kartoffeln von einer Biogärtnerei erfreuen. Sie waren zu gross, zu unperfekt. Deshalb wurden sie ausgesondert und zu chancenlosen Sonderlingen abgewertet. Dabei haben Mensch und Gemüse eine Gemeinsamkeit: In Wahrheit sind wir alle Unik ate mit unseren ganz eigenen Macken und Dellen – auch die ausgemusterten „schrägen“ Exemplare können grossen Charme entfalten. Dementsprechend gut kommt seine Aktion im „Studentenquartier“ an - auch die Verantwortlichen der Kunsthochschule unterstützen Fidels Ideen. Seine Kochevents draussen auf dem Vorplatz des Unigebäudes mit selbstgebauter Outdoor-Küche sind besonders beliebt. Um Bewilligungen hat sich Fidel nie gekümmert. Er handelt aus «innerer Notwendigkeit», wie er sagt. Warum sollte man etwas dagegen haben, wenn es sinnvoll ist und nicht schadet? Kochen ist soziale Kunst und jeder schaffende Mensch ist ein Künstler. Auch die alte Kulturtechnik des Einkochens hat es zum Kunstevent geschafft. Kein Wunder wird der unkonventionelle Kreative immer wieder für Aktionen von anderen Künstlern angefragt oder zu Installationen und Performances eingeladen. Das Gute, das Positive leitet Fidels Tun - unter Einsatz seiner ganzen Person. Er setzt sich nicht nur für eine nachhaltige Esskultur und gegen Verschwendung ein. Man darf gespannt sein, was Fidel und seine Community in Zukunft anstellen werden , frei nach dem Motto: «Jedes Gemüse ist ein Unikat».
Quelle: www.umwelttage-basel.ch/vorbilder/fidel-stadelmann/
Rahel Schütze & Simone Cueni: Neues aus Müll Rahel Schütze und Simone Cueni führen in Basel den Laden „Zweitesdesign“. Was sie verkaufen, besteht zu mindestens 50 Prozent aus Restmaterial, also aus alten Sachen. Das Schaufenster des Ladens ist bunt, vielfältig und im eigentlichen Wortsinn eigenartig. Flaschenöffner aus Fahrradkränzen, Teller mit textiler Oberfläche, Gürtel aus Feuerwehrschläuchen, Notizbücher mit Schallplatten-Cover, Lampenschirme aus Plastiksieben, Kleider aus unterschiedlichsten Textilien. Zweitesdesign verkauft Dinge, die es eigentlich nicht gibt. Oder vielmehr, die es nicht mehr gäbe, wenn die Idee, aus alten Dingen neue zu fertigen, nicht schneller und besser gewesen wäre. Die Idee, eine Plattform für „Upcycling“ zu schaffen, hatten Simone Cueni und Rahel Schütze vor rund zwei Jahren. Sim one, Ernährungsberaterin, Mutter von vier Kindern, und Rahel, Dekorationsgestalterin, Mutter von drei Kindern, lernten sich in einer Nähgruppe in einem Quartiertreffpunkt in Basel kennen. Die beiden teilten die Erfahrung, mit kleinen Kindern in besonders der „Konsumpflicht“ ausgesetzt zu sein. Und sie teilten das Bedürfnis etwas gegen „Konsumpflicht“ und Verschwendung zu tun . Kleider mit anderem Textilmaterial aufzuwerten, war der erste naheliegende Schritt. Stoff ist teuer, in jedem Schrank gibt es Kleider, die zu klein, zu alt oder fast vergess en sind. Damit schufen sie wunderbare Unikate und damit das gemeinsame Label „Aufg ehübscht in Basel West“. An Strassenfesten und auf Quartiermärkten verkauften sich die einmaligen Kleidungsstücke ausgezeichnet. Der Beweis, dass man aus Alt Neu machen kann, war für sie so etwas wie eine Offenbarung. Und es gebe viele Menschen, die eigentlich über die Handfertigkeit und die Kreativität verfügen, Material geschickt zu b earbeiten. Was fehlt, sind Gelegenheiten, solche Ideen und Fertigkeiten lustvoll, gezielt und unter kundiger Anleitung auszutesten. Deshalb war der Plan, den Rahel und Simone für ihren Upcycling-Laden hatten, schon zu Beginn mehr als nur der Wunsch nach einer reinen Verkaufsstätte. Der Ort sollte ein Laden und auch eine Brücke zur Öffentlichkeit sein: gleichzeitig ein Atelier für eigenständiges Arbeiten und für Workshops sowie Treffpunkt für den Austausch über nachhaltige Alltagspraxis. Im August 2014 gründeten sie den Verein Zweitesdesign, dessen Ziel es ist, für den Rohstoffverbrauch zu sensibilisieren. Zweitesdesign will verschiedenste Menschen zusammenbringen – durch gemeinsames Upcycling. Der grösste Erfolg besteht in der gegenseitigen Inspiration. Nach wenigen Monaten b ereits ist Zweitesdesign zum regionalen Kompetenzzentrum für Upcycling geworden. Rohstoffschonend, lokal, direkt - das charakterisiert die Produkte von Zweitesdesign. Die Produkte sind von den Produzierenden selbst hergestellt und die Kunden haben die Möglichkeit, mit den Produzierenden Kontakt aufzunehmen. Aber in erster Linie ist der Laden in Basel ein Ort der Inspiration.
Quelle : www.umwelttage-basel.ch/vorbilder/zweites-design/
Raphael Fellmer: Leben ohne Geld Raphael Fellmer lebt komplett ohne Geld – er verdient nichts, er bezahlt nichts. Sein Essen holt er sich von diversen Biosupermärkten, wo er es vor dem Wurf in die Tonne rettet. Er lebt von dem, was in der Überflussgesellschaft zu viel produziert und in der Regel vernichtet wird. Diese Entscheidung trifft Fellmer vor drei Jahren, auf einer Reise ohne Geld und per Anhalter von Holland mit dem Segelboot über den Atlantik, die ihn über Brasilien durch Zentralamerika bis nach Mexiko führt. Zurück in Deutschland steht seine Entscheidung fest: Genau so möchte er weiterleben. Er ernährt sich vegan von weggeworfenen Lebensmitteln, die noch genießbar sind, aber nicht mehr verkauft werden können. »Lebensmittel retten« nennt er das. Seine Klamotten bekommt er gebraucht von Freunden und Verwandten. Mit seiner Konsumverweigerung will der dreißigjährige Berliner aufzeigen, wie viele Ressourcen heute unnötig verschwendet werden. Er beschreibt, wie ein Leben und Alltag ohne Geld aussehen kann, berichtet aus praktischer Erfahrung und erzählt von packenden Begegnungen mit Menschen, die über diesen Lebensentwurf erst staunen – und dann ins Nachdenken kommen. Es ist auch die Geschichte eines Menschen, der anders und erfüllter und vor allem freier leben will. Für alle die sein Buch gratis lesen möchten, gibt es verschiedene Downloadmöglichkeiten und auch in vielen Bibliotheken kann man es ausleihen.
Quelle: www.raphaelfellmer.de/buch-gluecklich-ohne-geld/
Malala Yousafzai (Jahrgang 1997): Kinderrechtsaktivistin Seit Januar 2009, als sie elf Jahre alt war, berichtete Malala in einem Blog-Tagebuch unter einem Pseudonym (Gul Makai) über Gewalttaten der pakistanischen Taliban im Swat-Tal. Diese Terrororganisation hatte Einfluss gewonnen und begonnen, Schulen für Mädchen zu zerstören und Menschen zu ermorden. Sie verboten Mädchen den Schulbesuch, das Hören von Musik, das Tanzen und das unverschleierte Betreten öffentlicher Räume. Malalas Blog wurde schnell in Pakistan bekannt. Im Jahr 2011 wurde ihr Pseudonym aufgedeckt. 2012 hielten einige Taliban ihren Schulbus auf und einer schoss aus nächster Nähe auf sie. Sie wurde schwer verletzt, schwebte in Lebensgefahr und musste operiert werden. Anlass für den Anschlag war ihr Einsatz für die Schulbildung von Mädchen auf ihrem Blog. Malala wurde schliesslich nach Grossbritannien ausgeflogen und musste sich weiteren Operationen zur plastischen Rekonstruktion des Schädels, Gesichts und des Gehörs unterziehen. Nachdem sie längere Zeit zum Teil ohne ihre Familie in England verbr acht hatte, zog diese 2013 auch nach Großbritannien. Der UN-Sonderbeauftragter für globale Bildung initiierte eine Petition in Malalas Namen „zur Unterstützung dessen, wofür Malala gekämpft hat“. Im Dezember 2012 wurde der Malala-Fonds gegründet, um weltweit das Recht von Kindern auf Bildung durchzusetzen. Das Magazin Time kürte sie nach Barack Obama zur zweitwichtigsten Person des Jahres 2012. Sie besuchte nun die High School für Mädchen in Birmingham und gab ihrem Wunsch Ausdruck, dass alle Mädchen auf der Welt die Möglichkeit zum Schulbesuch haben sol lten. Sie erhielt einen Vertrag über ihre Biografie bei einem britischen Verlag in Höhe von zwei Millionen Pfund (rund 2,3 Millionen Euro). Am 12. Juli 2013, ihrem 16. Geburtstag, sprach sie vor der Jugendversammlung der UNO. Es war ihre erste öffentliche Re de seit dem Attentat. Sie überreichte dem anwesenden UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon die Petition für die Bildung aller Kinder mit vier Millionen Unterschriften. Sie war auch Gast bei US-Präsident Barack Obama im Weissen Haus. Sie dankte ihm für die Hilfe der USA für Pakistan und die Bildung von Mädchen, kritisierte aber Obamas Fortführung des Drohnenkrieges: „Durch diese Taten werden unschuldige Opfer getötet. Wenn wir unsere Bemühungen erneut auf Bildung fokussieren, wird das einen großen Einfluss haben.“ Die für Ende Januar 2014 in ihrem Heimatland Pakistan vorgesehene Vorstellung der Biographie „Ich bin Malala“ wurde von den Behörden kurzfristig abgesagt. Als Grund wurden „Sicherheitsbedenken“ genannt. „Obwohl ich nur als ein Mädchen erscheine, eine Person mit 1,70 m, wenn man meine High Heels dazurechnet, bin ich keine einsame Stimme, ich bin viele. Ich bin diese 66 Millionen Mädchen, denen man die Bildung verweigert hat.“ „Ich hatte zwei Optionen, die eine war, zu schweigen und darauf zu warten, ge tötet zu werden. Und die zweite war, die Stimme zu erheben und dann getötet zu werden. Ich habe mich für die zweite entschieden.“ „Wieso ist es so leicht Waffen zu geben, aber so schwer, Bücher zu geben? Wieso ist es so einfach Panzer zu bauen, aber so schwer Schulen zu errichten?“ „Ein Kind, ein Lehrer, ein Buch und ein Stift können die Welt verändern.“
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Malala_Yousafzai
Das perfekte Vorbild: Hilfsbereit, mutig, ehrlich, humorvoll und tolerant Gute Eigenschaften machen Menschen zu Vorbildern. SRF hat ein Experiment gemacht: Radiohörerinnen und Hörer haben in ein Kommentarfeld geschrieben, welche Eige nschaft eine Person in ihren Augen zu einem Vorbild mach t. Aus den Eigenschaften, die am meisten genannt wurden, hat SRF eine Kunstfigur kreiert. Eine die alle Eigenscha ften verkörpert - das perfekte Vorbild eben! Hilfsbereit, mutig, humorvoll, ehrlich und tolerant: Diese Eigenschaften machen eine Person zum Vorbild – finden die Leute, die bei der Umfrage mit gemacht haben . Das perfekte Vorbild vereint all diese Eigenschaften zu einer Kunstfigur (Bild links). Je grö sser ein Wort, desto öfter wurde es genannt (Bild rechts). Die Hilfsbereitschaft setzte sich zu Beginn der Aktion durch. Symbolisch dafür streckt das perfekte Vorbild ihre Hand aus. Mutig sollte das perfekte Vorbild zudem sein, fanden die Hörerinnen und Hörer. Wer versinnbildlicht Mut besser als der verstorbene Freiheitskämpfer Nelson Mandela? Der Südafrikaner gibt der Eigenschaft «mutig» sein Gesicht. Ehrlich soll ein Vorbild sein, schreiben die Hörerinnen und Hörer. «Es gibt Situationen in denen man nur mit Mut ehrlich bleiben kann», findet ein Hörer. In einer Sendung zum Thema «Ehrlichkeit – eine Gratwanderung» spricht Dani Fohrler mit einem Psychotherapeuten darüber, warum Menschen trotz edler Vorsätze manchmal nicht ehrlich sind. Als weitere vorbildliche Eigenschaft hat sich «humorvoll» durchgesetzt. «Eine Prise guten Humors kann nie schaden»: viele Hörerinnen und Hörer sind der Meinung, dass Humor eine vorbildliche Eigenschaft ist. Die Eigenschaft «tolerant» vervollständigt das perfekte Vorbild. Toleranz gegenüber allen Menschen. Unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Konfession.
Quelle: www.srf.ch/radio-srf-1/radio-srf-1/das-perfekte-vorbild-2
Vanja Crnojevic: Helfen in Serbien Vanja Crnojevic (35) war einst selbst ein Flüchtlingskind – sie weiss, wie es ist, auf der Flucht zu sein. Viel länger als zwei Wochen hält sie es nicht aus. Dann muss sie wieder los, nach Presevo, in den Süden Serbiens. Seit drei Monaten geht das schon so. Seit sie mit dem von ihr gegründeten Verein Borderfree Association auf der Flüchtlingsroute Hilfe leistet. Heute verbringt sie mehr Zeit in Presevo als in der Schweiz, legt hier nur Ruhephasen ein, in denen sie zuerst krank im Bett liegt, danach ein paar Tage die Ruhe der Bündner Berge geniesst. Umso mehr, als sie in Presevo wenig schläft, rund um die Uhr einsatzbereit ist. «Es gibt so viel zu tun überall», sagt sie. «Niemand hat die Situation im Griff, alle arbeiten mehr oder weniger spontan.» Wer Crnojevic bei der Arbeit vor Ort beobachtet, merkt, wie selbstverständlich sie ihre Rolle als Helferin besetzt. Mit Soldaten verhandelt sie ebenso routiniert wie mit Politikern. Sie sucht stets die Nähe zu den Menschen. Als bei einem ihrer Einsätze eine Frau einen Herzinfarkt erleidet und stirbt, versorgt sie die Familie und organisiert die Beerdigung. Als ein Kind ärztliche Betreuung benötigt, fährt Crnojevic ins Spital und organisiert für die Familie Schlafplätze. «Die Momente der Menschlichkeit sind in dieser schwierigen Situation extrem wichtig», stellt sie fest. Vanja Crnojevic weiss dies aus eigener Erfahrung. Sie war 14, als in Bosnien der Krieg tobte und sie mit ihrer Familie in die Schweiz floh, nach Churwalden. Hier lebt sie heute noch, zusammen mit ihrem zehnjährigen Sohn. Hier arbeitete sie vor der Flüchtlingskrise. Hierher kommt sie zurück, nicht aus dem Krieg zwar, aber aus dem Herzen der europäischen Krise. Als im Mai 2014 weite Teile Bosniens überschwemmt wurden, fuhr sie zum ersten Mal als Helferin in den Balkan. Sie spricht die Sprache und kennt die Umgangsformen. Sie habe damals in Bosnien bemerkt, dass es Helfer schwierig haben, wenn sie auf sich selber gestellt sind, sagt Crnojevic. Deshalb wollte sie bei ihrem aktuellen Einsatz einen Verein hinter sich haben, der sie unterstützt und mit dem sie mehr erreichen kann, mehr Kraft besitzt. Zusammen mit der Künstlerin Sonia Bischoff und weiteren Frauen aus Zürich gründete sie im September dieses Jahres Borderfree Association. Bald waren sie eine ansehnliche Gruppe, ein ordentlicher Verein und sammelten Spenden, um ihre Einsätze zu finanzieren. «Der Zuspruch war riesig.» Heute ist Borderfree Association eine ernstzunehmende Organisation und eine wichtige Stütze vor Ort. Die Freiwilligen verfassen hierzulande Spendenbroschüren, stellen den Verein an Schulen vor, organisieren Solidaritätskonzerte, verkaufen T-Shirts, um die Einsätze zu -finanzieren. Mit einem Netzwerk von Freiwilligen ist Borderfree in Presevo präsent, wo bis heute täglich mehrere Tausend Flüchtlinge durchkommen. Borderfree Association hat vor Ort eine Wohnung gemietet, um Helfer unterzubringen, die meisten packen mehrere Tage mit an. Alle unter extremen Bedingungen, weit entfernt von einem strukturierten Tagesablauf, dies zeigen die Tagebucheinträge der Helfer auf Facebook. «Wir sind sehr zusammengewachsen. Die meisten von ihnen sind beseelt davon, etwas Sinnvolles tun zu können», so Crnojevic. Neben den spontanen Kleinsteinsätzen sei der Verein von Beginn weg auch an gezielten Aktionen interessiert gewesen. So haben sie kürzlich Geld für Wärmedecken gesammelt, ein geheiztes Zelt installiert oder Schritte in die Wege geleitet, um beim Bahnhof in Presevo einen Container zu installieren, von wo aus die Freiwilligen agieren können. Zudem ist die Zusammenarbeit mit der lokalen privaten Helferorganisation Youth for Refugees seit längerem im Gange. Zusammen stellen sie in Presevo ein Netzwerk von rund 40 Helfern. «Natürlich reicht das nicht, aber es ist nicht nichts», sagt Crnojevic. Wie lange dieses Leben für sie noch weitergehen soll? Vanja Crnojevic weiss es nicht. Weihnachten hat sie mit ihrer Familie zu Hause verbracht. Doch sei es ihr zu dieser Zeit schwergefallen, nichts zu tun. Deshalb ist sie gestern wieder losgefahren. «Helfen ist nun halt mein Leben geworden.»
Quelle: www.tagesanzeiger.ch/zuerich/Was-hat-die-Fluechtlingshilfe-dieser-Zuerchergebracht/story/25013758
Fabian Henzmann & Johanna List: Spontan nach Ungarn Die beiden fahren spontan nach Ungarn. Drei Stunden genau dauerte der Prozess zwischen dem Anblick der furchtbaren Bildern von Menschenschlangen und der Entscheidung, loszufahren. Am gleichen Abend machten sich Fabian Henzmann (33) und Johanna List (31) auf den Weg, es war der 10. September. Ziel war Györ, nahe der ungarisch-österreichischen Grenze, wo täglich Flüchtlinge vorbeikommen und wo sich die Wetterlage zunehmend verschlechterte. Ihr Audi-Kombi – inklusive Dachbox – war voll mit Dingen, die das Paar entweder bereits besessen hatte oder spontan noch auftreiben konnte. Da Henzmann als freischaffender Fotograf arbeitet, kann er sich solche Pausen erlauben, und Lists 60-Prozent-Stelle als Sozialpädagogin ermöglicht ihr verlängerte Wochenenden. Der Einsatz war erfolgreich, sie konnten die Waren verteilen. Nach der Rückkehr schalteten sie eine Facebook-Seite auf, kurz darauf wurden sie mit Sach- und Geldspenden überhäuft. «Wir mussten uns auf ein Thema fokussieren», sagt Henzmann. «Kinder auf der Flucht» war bald der Name ihres Vereins. Ein Thema, mit dem sie sich auch vor den Hasskommentatoren schützen konnten, die damals schon im Netz kursierten. «Gegen Kinder zu schimpfen, getraut sich niemand», sagt Henzmann. Ihr zweiter Einsatz fand knapp drei Wochen später statt, diesmal war die Gruppe auf acht Personen angewachsen, der Konvoi aus vier Fahrzeugen reiste nun nach Hegyeshalom, ebenfalls an der ungarisch-österreichischen Grenze. Wiederum bewährte sich die Reise, man war effizient, arbeitete mit anderen Helfergruppen an einem gemeinsamen Ziel. Sie konnten etwas bewirken, konnten ihre gesammelten Waren so verteilen, wie sie sich das vorgestellt hatten. Doch befiel sie auch ein anderes Gefühl, eines, das alle freiwilligen Helfer früher oder später heimsucht: Zum gemeinsamen Etwas-Sinnvolles-auf-die-Beine-Stellen gesellt sich der Frust über die Verhältnisse vor Ort, über offizielle Hilfswerke, die nur schwach präsent sind, über Schlepperbanden, die von der Not der Flüchtlinge profitieren, über eine Politik, die bewusst Chaos stiftet, um die Bevölkerung aufzuwiegeln; und ganz generell über die politische Lage in Europa, die die Flüchtlinge zu Spielbällen macht. Für den Verein «Kinder auf der Flucht» zeigten sich erste Schwierigkeiten auf der dritten Reise, noch einmal drei Wochen später. Diesmal führte sie nach Kroatien. Trotz der offiziellen Zulassungsbewilligung fürs Camp in Slovanski mussten die Schweizer draussen bleiben. Es blieb ihnen nur, die Ware beim Roten Kreuz abzuliefern, mit der Hoffnung, dass sie auch bei den Betroffenen ankommen würde. Doch aufgeben wollte das Paar deshalb nicht. Die beiden hatten Respekt vor den Verhältnissen an der mazedonisch-serbischen Grenze und fanden es zudem nicht sinnvoll, mit ihren Autos die lange Strecke zurückzulegen. Ihr vierter und bisher letzter Konvoi führte sie deshalb nach Berlin in eine Notunterkunft. «Weil die da genauso Hilfe benötigen. Je länger, je mehr.» «Die Aufgabe vereinnahmt dich total. Du gehst die ganze Zeit an deine persönlichen Grenzen», sagt List. Gewöhnliche Dinge wie Essen, Kaffeetrinken oder ins Kino zu gehen, würden immer unwichtiger. «Das Helfen beflügelt einen, aber es kann einen auch gefangen nehmen», sagt List. «Man ist konstant der Gefahr ausgesetzt, sich selber zu überhitzen», sagt Henzmann.
Quelle: www.tagesanzeiger.ch/zuerich/Was-hat-die-Fluechtlingshilfe-dieser-Zuercher-gebracht/story/25013758
Gauri van Gulik: Kämpferin für das Gute Die Holländerin Gauri van Gulik und ihr Team waren in den vergangenen Monaten für Amnesty International an den Brennpunkten der Flüchtlingsrouten. Sie ist überzeugt, dass die aktuelle Krise zu lösen ist. Unerwartet kommt es für Gauri van Gulik wirklich nicht, dass derzeit unzählige Menschen quer durch Europa auf der Flucht sind. „Was nun geschieht, war angesichts des Kriegs in Syrien absolut voraussehbar. Amnesty International wusste, dass dies geschehen würde, und ich bin sicher, die europäischen Regierungen wussten es auch.“ Dass nun Regierungen und manche Medien so tun als sei eine Art Naturkatastrophe über Europa hereingebrochen – Stichwort: Flüchtlingsflut, Migrantenstrom –, will die tatkräftige Holländerin nicht unwidersprochen stehen lassen. Sie betont, dass die aktuelle Krise lösbar sei. „Aber es braucht dazu den politischen Willen.“ Gauri van Gulik ist seit letzten Januar stellvertretende Leiterin des EuropaProgramms von Amnesty International. Langweilig wurde es ihr seither bestimmt nicht und im Mittelpunkt stand das Thema Flüchtlinge. Anfang des Jahres beschäftigte sie sich mit einer Kampagne, die forderte, dass die EU ihre Rettungsmission im Mittelmeer ausdehnt. „Wir haben dabei einen schönen Erfolg erzielt. Aber dieses Anliegen war ja auch einfacher zu erklären. Wir konnten etwas Konkretes fordern: mehr Schiffe, die Menschen aus Seenot retten. Nun ist die Arbeit viel trockener und komplizierter“, erklärt sie. Amnesty International hat eine „Agenda für den Schutz von Flüchtlingen“ entwickelt, die nun den Regierungen präsentiert wird. Ein wichtiger Punkt daraus: Die EU muss sichere und legale Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge schaffen, um weitere Todesopfer zu verhindern. Gauri van Gulik unterstreicht, wie viel die europäischen Staaten in den letzten Monaten schon geleistet haben. „Mir ist klar, dass es für die Behörden grosse Herausforderungen darstellt, die vielen Flüchtlinge unterzubringen. Aber es ist eine lösbare Herausforderung!“, betont van Gulik. Sie und ihr Team wissen genau, wovon sie sprechen, denn sie waren in den vergangenen Monaten immer wieder an den Brennpunkten: in Griechenland, Ungarn, den Balkan-Staaten. Dass sich die aktuelle Lage ständig verändert, macht van Guliks Leben nicht leichter. Vor ihrer Anstellung bei Amnesty International war Gauri van Gulik bereits zehn Jahre lang in der Menschenrechtsarbeit tätig, sie hat Rechtsverletzungen auf der ganzen Welt gesehen. „Dass wir nun solche Szenen in Europa sehen, erschüttert mich sehr“, sagt sie. Sie erzählt von Begegnungen der Amnesty-Mitarbeitenden mit Flüchtlingskindern, die immer wieder gefragt haben: „Wo sind wir? Und was passiert jetzt?“ Diese fehlende Orientierung habe sie auch bei vielen Erwachsenen beobachtet, erzählt van Gulik. Weil es an Kommunikation mit den Migranten und Migrantinnen mangelt, entsteht ein Gefühl des Verlorenseins. In ihrer täglichen Arbeit erlebt sie aber auch Szenen, die ihr neuen Mut geben. Etwa der Geschäftsmann, der erklärte: „Ich war früher immer jener Typ, der auf Partys gesagt hat, es gebe zu wenig Platz für all die Flüchtlinge, man müsse die Grenzen dicht machen.“ Doch als er selbst mit den Flüchtlingen in Berührung kam, sah er die Not und half tagelang an einer Essensausgabe. Die Lobbyistin für das Gute setzt auch immer wieder Zahlen. So waren Mitte November in der Schweiz 59 500 Menschen im Asylprozess. Eine auf den ersten Blick hohe Zahl, aber es handelt sich um weniger als 1 Prozent der hiesigen Bevölkerung. Selbst wenn in den nächsten Monaten 3,7 Millionen weitere Flüchtlinge in Europa eintreffen, wie Griechenland voraussagt, so steigt die Quote nicht über 1 Prozent. „Wir sollten in der Lage sein, diese Zahl zu bewältigen„, betont van Gulik. „Das ist nicht unmöglich, wenn die Politiker auf all jene Menschen hören, die laut und deutlich sagen: Refugees welcome!“ Quelle: www.amnesty.ch/de/ueber-amnesty/publikationen/magazin-amnesty/2015-4/lobbyistin-fuer-das-gute
Kasha Nabagesera:Eine der mutigsten Menschenrechtsaktivistinnen Afrikas In Uganda ist Homosexualität verboten, Schwule und Lesben werden geächtet und müssen Gewalt fürchten. Die lesbische Aktivistin Kasha Nabagesera kämpft seit Jahren für Toleranz und sexuelle Vielfalt. Nun erhält sie den «Alternativen Nobelpreis». Aus Angst Uganda verlassen? «Das ist mir noch nie in den Sinn gekommen», sagt Kasha Jacqueline Nabagesera. Weil jeder ihr Gesicht kennt, meidet sie zwar öffentliche Plätze. Ausserdem sind für die Uganderin Hassanrufe aufs Mobiltelefon, Priester, die sie für den Teufel halten, und Bedrohungen in sozialen Netzwerken schon Alltag. „Doch die Bewegung braucht ein Gesicht. Und das Gesicht unserer Gemeinschaft bin ich“, sagt die lesbische Menschenrechtsaktivistin. Der Entschluss, sich für das Recht auf Liebe einzusetzen, fiel schon in jungen Jahren, deswegen gründete sie den Menschenrechtsverein „Freedom and Roam Uganda“ und wagte es sogar, im nationalen Fernsehen über ihre eigene Sexualität zu sprechen. Nabagesera ist auch Chefredakteurin und Herausgeberin von „Bombastic“, dem ersten von Homosexuellen und Transgender gemachten Hochglanzmagazin in Uganda, das sich vor allem an Heterosexuelle richtet. „Wir möchten nicht provozieren, sondern eine Wissenslücke füllen“, sagt die Aktivistin in einem Café in der Hauptstadt Kampala. „Wir wollen aufklären, dass wir nicht psychisch gestört sind, wie immer behauptet wird.“ Im Magazin ist ein Foto von ihr abgedruckt. Die mediale Aufmerksamkeit gebe ihr auch einen gewissen Schutz. Ihre Freundinnen und Freunde und ihre Familie wüssten schon seit Langem von ihrer sexuellen Orientierung. Es sind die hasserfüllten Homophoben, vor denen sie sich verstecken muss. 99 Prozent der Kommentare auf der Website des Magazins seien Hassmails, Männer drohen ihr mit Vergewaltigungen. Ihr schulterlanges, schwarzes Haar verbirgt sie in der Öffentlichkeit meist unter einer Sportkappe. Nabagesera meidet Menschenmengen, wechselt regelmässig ihren Aufenthaltsort. „Auch ich bin schon verfolgt und geschlagen worden. Ich kann es nicht mehr zählen.“ Mit ihrer Arbeit will sie ein Land mit 35 Millionen Einwohnern aufrütteln. Und das in einem Staat, in dem gleichgeschlechtliche Liebe mit Haft bestraft wird. Hier predigen fundamentalistische ChristInnen und Muslime ungeniert, dass Schwule schuld am Holocaust seien. Unterstützt werden sie dabei von der Regierung, die im Jahr 2009 erwog, die Todesstrafe für Homosexuelle einzuführen. Ein Gesetz sollte Homosexualität mit Strafen bis hin zu lebenslanger Haft belegen. Nachdem es 2014 Realität wurde, zog Nabagesera dagegen vor das Verfassungsgericht – und gewann. Doch Präsident Yoweri Museveni wird nicht müde zu betonen, es seien strenge Regeln erforderlich, „um die Kultur unseres Landes zu verteidigen“. Zusätzlich angeheizt wird der Hass durch mediale Hetzkampagnen. So veröffentlichte eine Boulevardzeitung Fotos von hundert angeblich Homosexuellen. „Hängt sie“, forderte das Blatt auf dem Titel. Auch Nabagesera und ihr Freund, David Kato, waren auf dem Cover. 2011 wurde der Aktivist in seiner Wohnung ermordet. In Uganda homosexuell zu sein, schreibt eine lesbische Frau im „Bombastic“ -Magazin, fühle sich an, „wie ständig im Todestrakt zu sitzen, weil du nicht weisst, wann du getötet wirst“. Genau dieser Hetze wollte Nabagesera etwas entgegensetzen. Neben der Zeitschrift „Bombastic!“ betreibt sie zusammen mit Menschen aus verschiedenen Ländern Afrikas ein Internet-Radio, in dem Lebische und Schule Menschen von ihren Erfahrungen berichten. Der Sender steht in ihrem Wohnzimmer.
Quelle: www.amnesty.ch/de/ueber-amnesty/publikationen/magazin-amnesty/2015-4/sie-trotzt-hetze-und-gewalt
Lauren Wildbolz: vegane Köchin & Model Lauren Wildbolz ist eine gute Gastgeberin. Nach dem Shooting bleibt unser Fotograf gleich am Wohnzimmertisch ihrer Zürcher Wohnung sitzen. Es ist nicht verwunderlich, dass sie es war, die vor vier Jahren in der Schweiz das erste vegane Restaurant eröffnet hat. Die damals noch kleine vegane Szene hatte einen neuen Treffpunkt, den es zwar mittlerweile nicht mehr gibt. Dafür ist gerade ihr neuestes Kochbuch, „Vegan Kitchen and Friends“, erschienen, in dem nebst ihren eigenen auch die veganen Rezepte ihrer (auch Fleisch essenden) Freunde drin sind. Vor sechs Wochen ist Lauren Wildbolz Mutter geworden. Im Tragtuch schlummert die kleine Tochter. Sie ist nicht mit auf dem Bild. „Es ist mir wichtig, als Geschäftsfrau wahrgenommen zu werden“, sagt Wildbolz, die heute ein veganes Catering führt, verschiedene Kochkurse unterrichtet und regelmässig zum Thema Veganismus bloggt. Lauren Wildbolz gelingt es, nicht als fundamentalistische Körnlipickerin wahrgenommen zu werden, die anderen vorschreibt, wie sie zu leben haben. Seit ihrem 14. Lebensjahr verzichtet sie auf Fleisch. Mit 19 fing sie an zu modeln, entgegen dem Wunsch des Vaters Jost Wildbolz, eines gefeierten Modefotografen. Dass sich mit dem Posieren vor der Kamera Geld verdienen lässt, wusste sie dank ihrer Mutter, die selber erfolgreich als Fotomodell arbeitete. Nach dem Vorkurs an der Kunstgewerbeschule reiste Wildbolz als Tauchlehrerin um die Welt. Irgendwann, so sagt sie, habe es sich komisch angefühlt, auf Fische zu zeigen und ihren Gästen, mit der Hand den Bauch reibend, zu signalisieren, dass diese schmackhaft seien. Somit wurden nach dem Fleisch auch Fische vom Speiseplan gestrichen. „Auch wenn ich zugeben muss, dass ich in den Ferien am Meer manchmal grosse Lust auf Jakobsmuscheln verspüre.“ Für Lauren Wildbolz hat Veganismus ganz klar auch mit Verzicht zu tun. Bald kaufte sie auch kein Leder und keine anderen tierischen Produkte mehr ein, trug aber noch ihre alten Lederschuhe, bis sie auseinanderfielen. Eine Lederjacke ihrer Mutter verschenkte sie irgendwann. Heute würde sie Artikel tierischen Ursprungs nicht einmal mehr verschenken. Aber Lauren Wildbolz sieht diese Debatte locker. „Veganes Essen grenzt niemanden aus, sondern schliesst alle ein“, lautet ihr Motto. Die Massenproduktion von Fleisch, Milch oder Leder ist für Lauren Wildbolz Ausgangspunkt ihres Verzichts: „Wenn sie sich darüber informieren, was mit den Tieren geschieht, wollen das immer weniger Menschen verantworten.“ Indem sie den Verzicht vorlebt und zeigt, dass es möglich ist, auch ohne tierische Produkte lustvoll zu essen, sollen andere zum Nachahmen animiert werden. Sich auch nur ab und zu vegan zu ernähren, sei schon positiv. Es geht ihr aber um viel mehr, als «nur» um den Veganismus. Letztlich geht es Lauren Wildbolz um den Konsum in seiner Gesamtheit. „Nicht alle Probleme sind gelöst, wenn wir keine tierischen Produkte mehr konsumieren.“ Ihre Vision ist es, Menschen dazu zu bringen, ihren Konsum zu hinterfragen und bewusstere Kaufentscheidungen zu treffen – oder ganz auf gewisse Produkte zu verzichten. Lauren Wildbolz ist überzeugt, dass die meisten Konsumgüter zu günstig sind. Damit verringere sich auch deren Wertschätzung. Auf Food-Waste, das Wegwerfen von noch essbaren Lebensmitteln, aufmerksam zu machen, ist ihr ein grosses Anliegen. Als Abschlussarbeit ihres Bachelorstudiums an der Hochschule der Künste in Zürich hat Lauren Wildbolz während zweier Wochen ein temporäres Restaurant betrieben, in dem sie täglich für 50 bis 70 Personen kostenlos zu Mittag kochte – zubereitet nur mit Lebensmitteln aus der Abfalltonne. Sogar die Möbel stammten aus dem Müll.
Quelle: http://www.nzz.ch/schweiz/die-verzichtsprophetin-1.18351159
Michael, Lukas, Adriel & Susanne: Filmen für eine bessere Zukunft in Kambodscha
Die vier Jugendlichen beim Young Caritas Award 2015 mitgemacht. Sie haben kurzerhand in Kambodscha einen Film gedreht: „Mit unserem Film wollten wir tiefer in das Leben eines jungen Kambodschaners hinein sehen. So wollen wir das Projekt "Elevate" bekannter machen und einen Beitrag für eine bessere Zukunft der Jugend in Kambodscha leisten. In Kambodscha unterhält die Nicht-Regierungs-Organisation "Elevate" ein Velo-Team. Im Sport lernen die jungen Kambodschaner und Kambodschanerinnen in ein Team zusammen zu arbeiten. Sie lernen Verantwortung zu übernehmen und sich selbst besser kennen zu lernen. Neben dem Velo-Team werden junge Menschen unterstützt, sich aus der Armut zu befreien. Sie bekommen medizinische, schulische oder andere Unterstützung. „Wir haben Therea während 15 Tagen in Kamboscha begleitet, unter anderem seine Familie kennen gelernt, mit Therea trainiert und seine Geschwister beim Zahnartzbesuch beobachtet. Mit dem Film wünschen wir uns, dass das Projekt aus Kamboscha bekannter wird und im besten Fall zu Patenschaften führt. Wir wollten wir dem Projekt "Elevate" unter die Arme greifen und zu einem Film verhelfen, den sie gerne und breit einsetzten können. Wir glauben, dass eine veränderte Jugend einen grossen Einfluss auf die weitere Entwicklung einer Stadt, Region oder sogar eines Landes haben wird.“ „Neben dem Pflegen von Kontakten zwischen den Projektleitern vor Ort und unserem Vierer-Team mussten wir viele logistische Hürden nehmen, Equipment organisieren und nach Kambodscha bringen. Vor Ort hatten wir einen groben Plan, haben aber täglich umdisponiert, wenig geschlafen ( wegen der schönen Sonnenaufgänge) und oft gewartet. Interviews waren wegen den Sprachbarrieren schwierig, aber sehr herzhaft. „ InitiantInnen: Michael Dettwiler, Lukas Wälli, Adriel Pfister, Susanne Wälli
Quelle: www.youngcaritas.ch/award/youngcaritas-award-2015/projekte-2015/elevate-changing-the-future-of-cambodia/