FRUITS DE LA MER - D

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FRUITS DE LA MER FISCHE, KRUSTENUND SCHALENTIERE EINE ANLEITUNG ZUM GENIESSEN AN DEN KÜSTEN DER BRETAGNE HUBERT BRITZ KURT E. GROSS

ERT S U M TEN H C I S AN EN T I E S 56 60 2 N O V N SEITE


WENN LANDRATTEN ANS MEER KOMMEN

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KLEINES WÖRTERBUCH DER BRETONISCHEN KÖSTLICHKEITEN

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EINE FISCHHALLE AM FRÜHEN MORGEN

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WORAN ERKENNT MAN FRISCHEN FISCH?

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DIE MENGENANGABEN

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AUSTER / HUÎTRE 23

SCHALENTIERE

VENUSMUSCHEL / PALOURDE 28 MIESMUSCHEL / MOULE 32 JAKOBSMUSCHEL / COCQUILLE ST-JACQUES 39 KLEINE KAMMMUSCHEL / PÉTONCLE 44 GROSSE STRANDSCHNECKE / BIGORNEAU 48 WELLHORNSCHNECKE / BULOT 51 TASCHENKREBS / DORMEUR/TOURTEAU 55 TASCHENKREBS / DORMEUR/TOURTEAU 55

KRUSTENTIERE

SEESPINNE / ARAIGNÉE 59 KLEINER TASCHENKREBS / ÉTRILLE 60 NORDSEEGARNELE / CREVETTE GRISE 63 SÄGEGARNELE / CREVETTE ROSE/BOUQUET 63 RIESENGARNELE / GAMBA 63 KAISERGRANAT / LANGOUSTINE 68 HUMMER / HOMARD 75 MEERESFRÜCHTEPLATTE / PLATEAU DE FRUITS DE MER 80 ÜBER DEN FISCH IN DER KÜCHE

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DER FISCH IN DER KÜCHE

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GARMETHODEN 93

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FISCHE


EUROPÄISCHER WOLFSBARSCH / BAR »LOUP« 97 GOLDBRASSE / DORADE ROYALE 101 POLLACK, SEELACHS / LIEU JAUNE 105 SEETEUFEL, ANGLERFISCH / LOTTE, BAUDROIE 109 MAKRELE / MAQUEREAU 113 MEERÄSCHE / MULET 118 ROCHEN / RAIE 122 ROTBARBE, STREIFENBARBE / ROUGET 129 SARDINE / SARDINE 134 LACHS / SAUMON 141 SEEZUNGE / SOLE 146 PETERSFISCH, HERINGSKÖNIG / ST-PIERRE 153 ROTER THUN, WEISSER THUN, GELBFLOSSENTHUN / THON 157 STEINBUTT / TURBOT 161 WITTLING / MERLAN 165 TINTENFISCH / MORGATE 166 FISCH-CARPACCIO / CARPACCIO DE POISSON CRU 173 BRETONISCHE FISCHSUPPE / SOUPE DE POISSONS À LA BRETONNE 177 FISCHSUPPE AUS DEM KESSEL / KAOTERIAD, COTRIADE 181 SAUCENGRUNDLAGEN 186

SAUCEN

GRUNDSAUCEN 194 SAUCEN 198 BEILAGEN / GARNITURES 205 EIN MENÜ ZUSAMMENSTELLEN

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DIE BRETONISCHEN KÜSTEN

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BEILAGEN ANRICHTEN

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COQUILLAGES SCHALENTIERE

EPICES GEWÜRZE

HERBES AROMATIQUES KRÄUTER

Bigorneau › Große Strandschnecke Bulot › Wellhornschnecke Coquille Saint-Jacques › Jacobsmuschel Coque › Herzmuschel Couteau › Scheidenmuschel Huître › Auster Huître japonnaise (creuse) › Japanische Auster Belon › Flache europäische Auster Moule › Miesmuschel Palourde › Venusmuschel Pétoncle › Kleine Kammmuschel

Sel › Salz Gros sel › Grobes Salz Gros sel de mer › Meersalz Fleur de sel › Salzblume Poivre › Pfeffer Piment d'Espelette › baskischer Chili Piments › Pfefferschoten Badiane › Sternanis Canelle › Zimt/Cannelle Laurier › Lorbeer Baies de coriandre › Korianderkörner Genièvre › Wacholder Grains de moutarde › Senfkörner Clous de girofle › Nelken Vanille › Vanille Safran › Safran Curcuma › Kurkuma Curry › Curry Poudre de Paprika › Paprikapulver Cinq épices › Fünfgewürzpulver

Armoise › Beifuß Criste marine › Meerfenchel Estragon › Estragon Fenouille (sauvage) › Fenchel (wilder) Cerfeuil › Kerbel Citronnelle › Zitronengras Coriandre › Koriander Gingembre › Ingwer Livèche › Liebstöckel Menthe › Minze Persil (plat) › Petersilie (glatt) Pimprenelle › Pimpinelle Romarin › Rosmarin Sauge › Salbei Salicorne › Europäischer Queller Oseille › Sauerampfer Ciboulette › Schnittlauch Thym › Thymian

PETIT DICTIONNAIRE DES DÉLICES DE BRETAGNE KLEINES WÖRTERBUCH DER BRETONISCHEN KÖSTLICHKEITEN

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Da stehen wir nun vor Theken und Körben voll von Neptuns Gaben. Was wählen? Niemals nach dem Motto: »Ich hab da so ein schönes Rezept gesehen« kaufen. Der Kenner wählt zunächst sein Produkt aus. Das beste, schönste, frischeste und, nach Saison, warum nicht, das preiswerteste, was die Märkte bieten. Nur mit einem wirklich frischen Produkt lässt sich ein sehr gutes Ergebnis erzielen. Daher ist dieses Kapitel von grundlegender Bedeutung!

der Fisch seinen ersten »Landgang« macht, wäre es schwierig zu erkennen, wo man ist. Die erste Wahrnehmung ist der Geruch. Frischer Fisch riecht nicht nach Fisch, sondern frisch, nach Meer. Aber auch die äußerlichen Frischezeichen bei ganzen Fischen sind deutlich erkennbar. Natürlich gibt es Zwischenstadien, in denen der Fisch durchaus noch in Ordnung ist. Erfüllt er jedoch eines oder gar mehrere der Negativkriterien sollte man vom Kauf absehen.

EINKAUF

AUSNAHMEN

Woran aber erkennt man, ob Fisch und andere Meerestiere wirklich frisch sind? Es gibt verschiedene Hinweise darauf, ob ein Fisch frisch ist oder ob er schon eine lange Lagerzeit hinter sich hat. Ginge man mit geschlossenen Augen in einen Fischmarkt an der Küste, also dort, wo

Wie immer gibt es auch Ausnahmen. Prominentestes Beispiel: Seezungen sollten nicht direkt aus dem Meer in die Pfanne wandern. Die Fischer raten, ein bis zwei Tage mit der Zubereitung zu warten. Denn die Seezunge entwickelt, so wie mancher frühzeitig entkorkte Wein, ihren Wohlgeschmack erst, nachdem sie eine Zeitlang im Kühlschrank gelagert wurde. Gegenmodell: Der Rochen. Gewöhnlich wird er als enthäuteter Rochenflügel angeboten, da das Enthäuten sehr schwierig ist. Man kann sich also nicht auf den äußeren Anschein verlassen. Statt dessen empfiehlt sich die Geruchsprobe. Ein Rochen, der über seine Zeit hinaus ist, riecht unangenehm nach Ammoniak. Dieser an sich sehr wohlschmeckende Fisch sollte also sofort nach dem Kauf verarbeitet werden.

WORAN ERKENNT MAN FRISCHEN FISCH?

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WIE ABER STEHT ES MIT DEN FILETS?

FRISCHEMERKMALE

Das beste Filet ist natürlich jenes, das man selbst oder das der Händler vor Augen des Kunden aus dem ganzen, frischen Fisch schneidet. Aber auch vorbereitete Filets können in Ordnung sein. Sie sollten einen festen, in den Farben klaren Eindruck machen. Und frisch riechen. Sehen sie angetrocknet und eher grau aus, sollte man verzichten. Filets nur, wie alles Meeresgetier, beim guten, vertrauenswürdigen Fachmann kaufen. Er ist immer auch gern bereit, die gekauften Fische auszunehmen, zu schuppen und zu filetieren.

POSITIV:

IST TIEFGEFRORENER FISCH EINE ALTERNATIVE? Nichts geht über frischen Fisch. Die Konsistenz nach dem Garen verrät, zumindest bei kurz- oder dampfgegarten Fischen, ob ein frisches oder ein tiefgefrorenes Produkt verarbeitet wurde. Aber Tiefkühlprodukte können durchaus eine sinnvolle Alternative sein. Nicht überall ist die Versorgung mit Frischfisch gleich gut. Denken Sie an die Sommermonate, während derer auch in gemäßigten Breiten das Klima für empfindliche Waren nicht ideal ist. Ein sofort nach dem Fang verarbeiteter und eingefrorener Fisch, auch als Filet, ist aus vielerlei Gründen »gut abgelagerter Ware« wie sie der berühmte Asterix-Fischhändler »Verleihnix« (frz. Name Ordralfabétix) anbietet, vorzuziehen. Zudem ist die Bevorratung im Normalhaushalt einfach und zeitsparend. Es kommt aber immer darauf an, was man mit einem Fisch machen möchte.

unversehrtes, glänzendes Schuppenkleid

klare, nach außen gewölbte, glänzende Augen

rotleuchtende, unverschleimte Kiemen

weichbewegliche, nicht vertrocknete Flossen

festes Fleisch, das auf leichten Fingerdruck keine Dellen behält

NEGATIV: ›

mattes, trockenes Schuppenkleid

trübe, eingefallene Augen

blasse bis graue, verschleimte Kiemen

vertrocknete, harte Flossen

weiches, schlabberiges Fleisch


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Entscheidend ist nicht irgendetwas, irgendwie zusammenzumixen, sondern sich die Zeit zu nehmen, ein Rezept wirklich zu verstehen und seine Eigenarten zu ergründen. Dazu gehört auch regelmäßiges Abschmecken, denn im Verlauf des Garungsprozesses verändert sich der Geschmack eines Gerichtes ständig. Es ist also wichtig, Gewürze vorsichtig und nach und nach zuzugeben. Nachwürzen geht immer. Aber was mal im Topf drin ist, ist drin. Schließlich ist der Spaß, Neues auszuprobieren und Bekanntes nach persönlichem Geschmack zu variieren, die Seele des Kochvergnügens. Ein gutes Essen sollte auch die persönliche Note von Köchin und Koch erkennen lassen. Denn das war schon immer so: Alle haben ihre kleinen Tricks und Kniffe, die einem Gericht, und sei es nach einem noch so traditionellen Rezept gekocht, seinen besonderen Pfiff geben.

MENGENANGABEN WÜRZMITTEL, KRÄUTER UND SONSTIGE ZUTATEN: Die Mengenangaben in diesem Buch lauten in der Regel: eine Prise, sehr wenig, Vorsicht mit … !, einige Tropfen, etc. DAS GRUNDPRINZIP DER VORGESTELLTEN REZEPTE IST DAHER VOR ALLEM: › Die Besonderheiten der Grundprodukte und Zutaten zu erläutern und bei ihrer Zubereitung darauf Rücksicht zu nehmen.

WAS NOCH ZU BEACHTEN IST: Die Rezepte dieses Buches geben Erläuterungen zu den am häufigsten verwendeten Produkten und den jeweiligen Zubereitungsformen. Wie aber ein Gericht letztendlich schmeckt, wenn es auf den Teller kommt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab wie z.B.: › Frische der Grundprodukte › Qualität der Grundprodukte › Qualität der Zutaten wie Gewürze, Kräuter, Wein › Jahreszeit und Saison › individuelle Vorlieben und Geschmacksempfinden › Garmethode und Gargrad

› Auf die Bedeutung der Zutaten für das Gelingen des jeweiligen Gerichts hinzuweisen. › Die auf der Herkunft basierenden Beson derheiten eines Rezeptes herauszustellen und traditionelle Zubereitungen mit einzubeziehen. › Gegebenenfalls Varianten aufzuzeigen, die moderne Kochmethoden und Ernährungs gewohnheiten berücksichtigen. › Spielraum für Kreativität bei der Zubereitung der Gerichte zulassen.

DIE MENGENANGABEN

sind in der Regel auf eine Person bezogen, also mit der Anzahl der Mitgenießer zu multiplizieren.

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AUSTERN

PÉTONCLES

LANGOUSTINE

› für ein »Plateau de fruits de mer« 3 Stück

› mit Kräuterbutter (»farcis«) als Vorspeise 12 Stück

› sehr größenabhängig: mittlere Größe für ein »Plateau de fruits de mer«

› roh als Vorspeise 6 – 12 Stück › zubereitet als Vorspeise in einem mehrgängigen Menü 3 – 6 Stück › Für große Gourmets geht natürlich immer auch mehr! PALOURDES › roh, für ein »Plateau de fruits de mer« 6 Stück › mit Kräuterbutter (»farcis«) als Vorspeise 12 Stück › Der große Gourmet kennt seine eigenen Mengen! MOULES › als Vorspeise ohne weitere Beilagen (außer Brot) ca. 300 g › als Hauptgang 800 – 1000 g › mit Kräuterbutter überbacken (»farcis«) als Vorspeise 12 Stück COQUILLES SAINT-JACQUES › als Vorspeise ca. 80 g = je nach Größe 3 – 4 Nüsse

DIE MENGENANGABEN sind in der Regel auf eine Person bezogen, also mit der Anzahl der Mitgenießer zu multiplizieren.

COQUES › roh für ein »Plateau de fruits de mer« 6 – 9 Stück BIGORNEAUX › zum »Apéro« und für ein »Plateau de fruits de mer« ca. 100 – 150 g BULOTS › als Vorspeise (z.B. mit Mayonnaise) 6 Stück › als Hauptgang ab 12 Stück aufwärts

› 6 Stück überbacken als Vorspeise › 3 – 6 Halbe, als Hauptgang gut doppelt soviele BOUQUETS › für ein »Plateau de fruits de mer« oder als »Amuse gueule« ca. 30 g CREVETTES › für ein »Plateau de fruits de mer« 3 – 6 Stück › als Vorspeise im Salat 6 Stück

ARAIGNÉE

› als Hauptgang ab 12 Stück

› ausgehend von einer mittleren Größe (ca. 1000 g) Lebendgewicht

GAMBAS

› für ein »Plateau de fruits de mer« eine Halbe › als Hauptgericht eine Ganze

› größenabhängig HOMARD › Basisgröße ca. 600 g Lebendgewicht

TOURTEAU

› als Vorspeise genügt ein Halber

› ausgehend von einer mittleren Größe (ca. 1000 g) Lebendgewicht

› als Hauptgang soll es natürlich ein Ganzer sein

› für ein »Plateau de fruits de mer« ein Halber

FISCHFILETS

› als Hauptgericht ein Ganzer

› als Vorspeise oder Zwischengang genügen ca. 80 – 100 g

ÉTRILLES

› als Hauptgang 180 – 200 g

› für ein »Plateau de fruits de mer« bis zu 3 Stück

GANZE FISCHE

› als Hauptgang 6 Stück

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› 3 Stück gekocht als Vorspeise

Bei ganzen Fischen kann der Gewichtsschwund für Kopf, Gräten, Haut, usw. bis zu 50 % betragen! Als Hauptgang also schon 300 g Lebendgewicht pro Person rechnen.


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Wollte man aus der Vielzahl der Fische, Krustenund Schalentiere ein Wappentier für die Halbinsel auswählen, käme man ganz sicher an der Auster nicht vorbei. In ihren »Wildformen« hat sie die Gewässer der Ozean- und Golfküsten seit ewigen Zeiten besiedelt. Sie bewohnt bevorzugt die felsigen Küstenabschnitte, die dem stetigen Wechsel der Gezeiten ausgesetzt sind. Heute werden Austern in großem Stil gezüchtet. Wie beim Wein beeinflusst das Terroir, die Gesamtheit der Umweltbedingungen unter denen die Muscheln heranwachsen, den Geschmack. Kenner erschmecken ihre Herkunft unter anderem an Salzgehalt und Bodenton. Die heute auf der Halbinsel verbreitetste Variante ist die Japonaise oder huître creuse (crassostrea gigas). Daneben sieht man recht häufig auch die etwas teurere Belon oder Plate (ostrea edulis), rundlich flach in der Form und leicht »nussig« im Geschmack, die ursprüngliche Auster der französischen Küsten. Die ganz großen Austernliebhaber überschreiten die Schwelle zum Paradies, wenn sie eine Pied de cheval schlürfen. Sie gleicht auch tatsächlich einem Pferdehuf (von unten betrachtet). Sie hat eine sehr große und dicke Schale und einen verhältnismäßig geringen Fleischanteil. Das spielt aber keine Rolle. Der Geschmack ist wundervoll. Man isst eben eine mehr. Wenn man hat! Bevor die Festlandsgeborenen ihre Liebe zur Auster entdecken, bewegen sie im Wesentlichen zwei Fragen: »Wann?« und »Wie?«

Durch die Segnungen moderner Kühltechniken kann man die erste Frage mit »immer« beantworten, es sei denn … . Wie jedes andere Lebewesen hat auch die Auster einen Reproduktionszyklus. Sie ist dann fruchtbar, wenn auch für sie der Tisch reich gedeckt ist. Das ist die Zeit, wenn das Wasser warm und reich an Plankton ist. Dann wird sie als grasse (fett) oder laiteuse (milchig) bezeichnet. Die Regel Austern nur in Monaten mit »R« zu verzehren bezieht sich darauf und ist ausschließlich eine Sache des persönlichen Geschmacks! Manche mögen's etwas fülliger, manche nicht. Unbestritten ist: Wenn die Austern nicht laiteuses sind, ist ihr Geschmack feiner und klarer. Seit etwa dem Jahr 2000 wird eine Variante kommerzialisiert, die nicht mehr laiteuse wird, die triploïde. Es handelt sich dabei um eine Auster, die man durch Züchtung unfruchtbar gemacht hat.

WIE GENIESST MAN DIE AUSTER? Fangen wir mit der klassischen Variante des Austerngenießens, dem Austernschlürfen an. Der Geschmack der Auster ist der Geschmack des Meeres schlechthin. In Restaurants werden die frischen Austern mit Zitrone oder Vinaigrette, einer Essigsauce mit Schalotten, serviert. Im Restaurant erspart man sich die mühsame Prozedur des Öffnens und kann die Anzahl nach Lust und Laune bestellen. Ein jeder mag für sich entscheiden, ob es dem reinen Geschmack des Meeres zuträglich ist, diese edlen Schalentiere in Essig zu ertränken. Vielmehr kommt es darauf an, den natürlichen Wohlgeschmack der Austern aufzuschließen.

Das geschieht am besten mit einem trockenen Weißwein, genauer mit einem Muscadet. Dieser leichte, trockene Weißwein wächst am Unterlauf der Loire, dort wo das Klima bereits das Meer atmet. Sein Aroma vermählt sich mit dem Geschmack der Auster in einer Weise, dass man geneigt ist zu glauben, beide seien von Anfang an füreinander geschaffen worden. Für diejenigen, die keine alkoholhaltigen Getränke mögen, sei ein Spritzer Zitrone, der Hauch von einem Tropfen, empfohlen. Anfänger, die ohne Unterweisung erstmals eine Auster probieren, sind leider häufig vom Glibber- und Igittgerede selbsternannter Alleskenner verunsichert, die irgendwann einmal aufgeschnappte Plattitüden kritiklos nacherzählen. Vergessen, selbst probieren und staunen.

HUÎTRE AUSTER Crassostrea gigas / Ostrea edulis

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■ FÜR DEN GANZ KLASSISCHEN AUSTERNGENUSS BRAUCHT MAN: › Pro Person die Anzahl an Austern, die gefällt. ✹ › Einige dünne Scheibchen Pain de seigle oder Baguette. Seigle ist der französische Name für Roggen. Leider wird heute in vielen Restaurants auch zu Austern ausschließlich Weißbrot serviert. › Beurre demi-sel (gesalzene Butter). ✹ ✹ › Zitrone, in wohldosierter Menge. Wie bereits erwähnt, für Notfälle und Kinder denen der Weinkonsum noch nicht gestattet ist. Kann durchaus, in Maßen verwendet, ein schönes Geschmackserlebnis erzeugen. › Eine Flasche gutgekühlten Muscadet sur Lie. ✹ ✹ ✹

UND SO ISST MAN AUSTERN: › Die Auster ist voller Meerwasser, das sie filtert, um sich von dem darin enthaltenen Plankton zu ernähren. Für uns Menschen schmeckt das einfach nur salzig. Deshalb alles Wasser abgießen! › Mit der kleinen Austerngabel den Fuß, der das Fleisch an der Austernschale hält, durchtrennen. › Das Fleisch aus der Austernschale schlürfen oder mit der Gabel zum Mund führen. › Das Fleisch auf der Zunge behalten. Um Gottes Willen nicht sofort herunterschlucken, denn dann bleibt nur Salzgeschmack. › Ein kleines Schlückchen Muscadet schlürfen und das Fleisch sanft zwischen Zunge und Gaumen sehr langsam zerkauen. Tipp: Die Augen schließen und ans Meer denken. › Mit einem Stückchen mit Salzbutter bestrichenem pain de seigle den Geschmack neutralisieren und dann das Ganze von vorn

HUÎTRE AUSTER Crassostrea gigas / Ostrea edulis

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Man genießt frische Austern als Vorspeise, aber auch als kleinen Imbiss zum Apéritif. À propos Apéritif, kurz Apéro genannt. Das Wort hat nicht nur eine Bedeutung. Es steht zunächst einmal für ein Getränk, mit dem man ein gutes Essen beginnt. Dazu werden kleine Leckereien aller Art gereicht. Traditionell wird als Apéro ein Glas Champagner gereicht, oder der weltberühmte Kir Royal (Champagner mit einem kleinen Anteil Likör aus schwarzen Johannisbeeren (Crème de Cassis) Zuweilen gibt es auch, in Abwandlung davon, mit anderen Fruchtlikören aromatisierte Champagner oder Crémants. Das sind Schaumweine aus anderen französischen Weinbaugebieten, außerhalb der Champagne, die sich nicht »Champagner« nennen dürfen, auch wenn sie nach der Champagnermethode (Méthode traditionelle) ausgebaut sind.

✹ Creuses gibt es im Handel in verschiedenen Größen, von Nr. 5 (kleinste) bis Nr. 0 (größte). Bei der Belon ist es umgekehrt: Von Größe 000 (kleinste) bis Größe 6 (größtes Kaliber). Ideale Übungsgröße ist die Nr. 3. Bei Anfängern genügen in der Regel 6 Stück, für Profis ist die Anzahl nach oben offen. Es wird berichtet, dass altfranzösische Gourmets gleich mehrere Dutzend verspeist haben. Ein gewichtiger Grund dafür war sicherlich, dass man der Auster Wirkungen zuschreibt, die auch Genüssen abseits der Tafel förderlich sein sollen. ✹ ✹ Die Butter ist eines, wenn nicht »das« Grundund Hauptnahrungsmittel der Bretonen. Salzlose Butter ist bei Bretonen verpönt. Selbst Marmelade wird mit Salzbutter gegessen. Auch Zugereiste werden nach kurzer Zeit vom Salzbuttervirus befallen. Entgegen des Irrglaubens von Politikern und Historikern ist die wahre Grenze der Bretagne dort, wo die Salzbutter aufhört und die gewöhnliche Beurre beginnt. Übrigens zeichnet sich gutes Brot für Bretonen dadurch aus, dass es große Poren hat, in die viel böööhrre passt. (korrekte bretonische Aussprache des frz. Wortes Butter, wobei das ö wie z. B. im Deutschen nötig und mit dem Brustton der Überzeugung auszusprechen ist). ✹ ✹ ✹ Sur lie beschreibt eine Art der Weinbereitung bei der der Wein bis zum März auf der Gärhefe (lie) bleibt und leicht prickelt. Snobs trinken auch gerne mal Champagner zur Auster. Sie folgen damit aber eher der Regel: Teuer passt zu teuer. Wer mag, kann’s ausprobieren.


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COQUILLES SAINT-JACQUES MOR BRAZ ÜBERBACKENE JAKOBSMUSCHELN »MOR BRAZ« ■ MAN BRAUCHT PRO PERSON: › 2 - 3 Nüsse von Coquilles Saint-Jacques › Die gleiche Menge süße Zwiebeln z.B. rosa Zwiebeln ✹ › Danach um die gleiche Menge Paniermehl ergänzen. ✹ ✹

› Wenn die Butter schäumt Zwiebeln, Knoblauch und Petersilie hineingeben und ziehen lassen. Sie dürfen keine Farbe annehmen. › Eine Prise Zucker zugeben.

› Butterflocken daraufsetzen. › Im 180° heißen Ofen goldbraun überbacken. › Mit Zitronenvierteln servieren.

› Auf kleiner Flamme weitergaren bis die Zwiebeln sehr weich sind (schmelzen).

VORSICHT! SEHR HEISS!

› Weißbrot gut ausdrücken, fein zerkleinern und unter die Zwiebelmischung geben.

Dieses Gericht wird traditionell in den Coquilles Saint-Jacques-Schalen serviert. Da die Schalen auf einem glatten Teller keinen Halt haben und sehr heiß sind, kann das Essen zu einer ziemlich wackeligen Angelegenheit werden. Traditionell schafft man Abhilfe, indem man die Schalen auf ein Bett aus grobem Meersalz setzt, in dem sie sicher stehen.

› Mit Mehl überstäuben und gut mischen.

› Salzbutter

› Einen kräftigen Schuss Weißwein zugeben und einkochen lassen. Die Mischung sollte kremig-fest sein, notfalls noch etwas Semmelbrösel zugeben.

› Schalotte

› Mit Pfeffer und Salz abschmecken.

› wenig Knoblauch

› Die rohen Coquilles Saint-Jacques Würfel dazugeben und untermischen.

Nach diesen Rezepten lassen sich auch große Pétoncles zubereiten.

› Mehl zum Überstäuben

› Coquilles Saint-Jacques-Schalen buttern, die Mischung einfüllen, Corail, falls vorhanden, daraufsetzen.

› Altbackenes Weißbrot

› Mit Semmelbrösel bestreuen.

g WEINEMPFEHLUNG: Zu diesem Gericht passt ein Sauvignon Blanc oder ein reifer Muscadet.

› Milch

› glatte Petersilie › eine Prise Zucker

✹ Die besten Zwiebeln der Bretagne kommen aus Roscoff. Im Dezember findet in Vannes ein Zwiebelmarkt statt, auf dem die Bauern eine große Zahl von Varianten anbieten. Es lohnt sich durchaus nach den mild-süßen rosa Zwiebeln, Oignons roses, Ausschau zu halten. Zur Not tun es auch milde Gemüsezwiebeln. ✹ ✹ In Frankreich ist Paniermehl in allen Supermärkten unter der Bezeichnung Mie de pain oder chapelure erhältlich. ✹ ✹ ✹ Was das »Corail«, also den Rogen der Coquilles Saint-Jacques anbelangt, gehen die Meinungen stark auseinander. Die einen betrachten es als Delikatesse und Qualitätsmerkmal, die anderen finden es zwar schön, aber ohne besonderen geschmacklichen Wert. Wie auch immer: Es ist zumindest dekorativ!

› trockener Weißwein (Muscadet) › Pfeffer aus der Mühle › Salz › Semmelbrösel › Zitrone ● SO GEHT’S: › Coquilles Saint-Jacques in Würfel von ca. 1 x 1 x 1 cm schneiden, sehr leicht salzen. ✹✹✹ › Zwiebeln, Knoblauch, glatte Petersilie hacken. › Weißbrot in Milch einweichen.

COQUILLES SAINT-JACQUES JAKOBSMUSCHEL Pecten maximus

› Butter in einer großen Pfanne zergehen lassen.

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Die Péton cle ist die kleine Cousine der Coquilles Saint-Jacques. Beide gehören zur großen Familie der Kammmuscheln (Pectinidae) mit weltweit verbreiteten Unterfamilien. Dies führt zu einiger Verwirrung, die, besonders was die Ähnlichkeit zwischen einigen größeren Pétoncle Arten und der Coquilles Saint-Jacques anbelangt, in teilweise unseriöser Weise ausgenutzt wird. Dazu mehr im Kapitel Coquilles SaintJacques. Auf den hiesigen Märkten und in den Fischgeschäften dagegen sind die viel kleineren Pétoncles aus unseren Gewässern leicht zu erkennen. Sie sehen fast so aus wie zu klein geratene Coquilles Saint-Jacques. Dabei braucht sich die Pétoncle durchaus nicht zu verstecken. Ihre kleinen Nüsse eignen sich hervorragend für die Zubereitung köstlicher Ragouts oder als Bestandteil wohlschmeckender Meeresfrüchtesalate. In allen Fällen die Garzeit so kurz wie möglich halten! Für ein Ragout immer zuerst die Sauce zubereiten. Die Nüsse je

PÉTONCLE KLEINE KAMMMUSCHEL Chlamys opercularis

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nach Größe erst ganz zum Schluss in die heiße Sauce geben und sofort servieren. Sollen die Pétoncles als Bestandteil eines Salates serviert werden, nur sehr kurz in einer heißen Pfanne anbraten.

● SO GEHT’S:

Dies ist die traditionelle Art die Pétoncles zuzubereiten.

› Ein wenig Knoblauch an hartem Brot reiben und abschaben.

PÉTONCLES FARCIS AU BEURRE ÜBERBACKENE KAMMMUSCHELN ■ MAN BRAUCHT PRO PERSON: › 6 Pétoncles ✹ › Salzbutter › Knoblauch › Schalotte › Glatte Petersilie Nach Geschmack können zusätzlich auch andere frische Kräuter wie Estragon und Kraut vom (wilden) Fenchel verwendet werden.

› Butter rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen, damit sie weich wird. › Schalotte und Petersilie (und eventuell andere Kräuter) fein hacken.

› Alles in die Butter einarbeiten und gut mischen. › Mit wenig feingemahlenem Pfeffer abschmecken. › Muschelfleisch in die Schale (Form, Pastetchen) geben. › Ein etwa gleichgroßes Stück der angemachten Butter zugeben. › Gratinieren, bis die Butter leicht Farbe annimmt. › Mit Baguette servieren.

Über die Liebe der Bretonen zu ihrer Beurre wurde schon berichtet. Zum Genuss der Butter in allen Varianten gehört immer auch Brot. So kommt es, dass ausreichend Brot unverzichtbarer Bestandteil von plateaux de fruits de mer und allen möglichen traditionellen Zubereitungen von Meeresfrüchten ist. Sei es, dass man, wie bei rohen Austern oder Palourdes, Roggenbrot, Pain de seigle, mit Butter bestreicht oder bei warmen Zubereitungen, die köstlichen Säfte und Saucen mit einem Stückchen Baguette auftunkt. ▼ VARIANTE: › Die Butter über die Muscheln streichen und mit Paniermehl überstreuen. › Diese Zubereitung ist auch für Miesmuscheln geeignet. In diesem Fall braucht man natürlich große Exemplare.

g WEINEMPFEHLUNG: Zu diesem Gericht passt ein fruchtiger Rosé- oder ein leichter Rotwein. ✹ Pétoncles, möglichst in der Schale. Auf dem Festland ist es schwierig, frische Pétoncles in der Schale zu bekommen. Tiefgekühlte können helfen. Langsam im Kühlschrank auftauen. Wenn keine Schalen zur Verfügung stehen, kann man das Muschelfleisch auch in Schneckenförmchen oder kleinen Blätterteigpastetchen anrichten. Ideal ist es, wenn der Händler die Pétoncles so säubert, dass die Nüsse fest an der Schale bleiben.


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RAGOUT DE PÉTONCLES MÉABAN KAMMMUSCHELRAGOUT »MÉABAN« ■ MAN BRAUCHT PRO PERSON: › Etwa 120 g Pétoncle Nüsse, große Nüsse halbieren. › Zitrone › Fleur de sel oder grobes Meersalz › Salzbutter › Schalotte, feingehackt › Karotte, sehr fein gewürfelt

● SO GEHT’S: › Muschelfleisch eventuell kleinschneiden und marinieren. Leicht salzen und mit Zitronensaft beträufeln. FÜR DIE SAUCE: › Salzbutter in der heißen Pfanne aufschäumen. › Kleingehacktes Gemüse hinzugeben und ziehen lassen. › Zucker darüberstreuen. › Währenddessen immer wieder umrühren.

› Pastinake, fein gewürfelt

› Wenn das Gemüse leicht Farbe angenommen hat, mit Pernod ablöschen.

› Fenchelknolle, fein gewürfelt oder Kraut vom (wilden) Fenchel

› Knoblauch hinzugeben.

› eine Prise Zucker › einen Schuss Pernod, Ricard oder einen anderen Anislikör ✹ › Knoblauchzehe an hartem Brot gerieben › einen guten Schuss Muscadet ✹ ✹ › Crème fraîche liquide (süße Sahne) › Pfeffer aus der Mühle ✹ ✹ ✹ › Muskatnuss › Salz › Petersilie, feingehackt

› Einen guten Schuss Muscadet hinzugeben.

✹ Pastis (andere Handelsnamen: Pernod, Ricard etc.) ist das Apéritifgetränk Frankreichs. Seine Aromen bezieht er hauptschlich aus Sternanis, Fenchel und Süßholz. Der in der Flasche hellbernsteinfarbene klare Likör wird bei Zugabe von Wasser milchigweiß. Er wird mit Eiswürfeln gut gekühlt getrunken. ✹ ✹ Der Muscadet, Rebsorte: Melon de Bourgogne, ist ein trockener Weißwein, der am Unterlauf der Loire wächst. Das ozeanische Klima dieser Region und seine Böden machen diesen Wein zum idealen Begleiter von Meeresfrüchten. Er wird gewöhnlich jung und gut gekühlt getrunken. Seit einigen Jahren erinnern sich glücklicherweise einige engagierte Winzer wieder an das große Potential dieser Rebsorte und keltern charaktervolle, lagerfähige Weine.

✹ ✹ ✹ Ein paar Worte zum Pfeffer: Es gibt eine Unzahl unterschiedlicher Pfeffersorten. Weiß, schwarz, rot, grün und Szechuan sind ausreichend bekannt. Daneben aber gibt es echte Überraschungen: langer Pfeffer aus Java, Stielpfeffer aus Madagaskar, Vietnampfeffer etc. Alles ausprobieren, was irgendwie geht. Die Pfefferwelt steckt voller Wunder! Die Anschaffung mehrerer Mühlen lohnt. In jedem Fall frischgemahlenen Pfeffer verwenden.

› Aufkochen lassen, dann auf kleiner Flamme weiterköcheln. › Crème fraîche unterheben und langsam reduzieren (nicht kochen!). › Mit Pfeffer, Salz und Muskatnuss vorsichtig abschmecken. › Die abgetropften Pétoncle Nüsse in die Sauce geben und kurz ziehen lassen. › Nach dem Anrichten mit ein wenig feingehackter Petersilie bestreuen. Beilagen: Reis oder Kartoffelpürée

g WEINEMPFEHLUNG: Zu diesem Gericht passt ein Sauvignon Blanc oder ein reifer Muscadet.

PÉTONCLE KLEINE KAMMMUSCHEL Chlamys opercularis

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Die Bigorneaux (dt.: Große Strandschnecken) finden sich überall an den Küsten der Bretagne. Sie sind leicht zu erkennen, kommen oft in Kolonien vor und sind so ein echtes Geschenk für kleine und große Pêcheurs à pieds (siehe Kapitel Venusmuschel/Palourde). Sie gehören auf jede Plateau de fruits de mer und sind beliebt als kleiner Appetitmacher zum Apéro. Nach dem Sammeln lässt man sie zunächst zwei bis drei Tage in reichlich Meerwasser, damit sie sich reinigen. Das Wasser sollte 2 - 3 Mal gewechselt werden. Süßwasser mit einer Handvoll grauem Meersalz tut's auch. Die auf den Märkten und im Handel verkauften Bigorneaux sind bereits küchenfertig, machen also weniger Arbeit. Dafür entfällt aber auch das Vergnügen des Sammelns.Schließlich werden die kleinen Schnecken gekocht und ohne weitere Zutat serviert. Die

BIGORNEAU GROSSE STRANDSCHNECKE Littorina littorea

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Kunst besteht nun darin, sie aus ihrem Schneckenhaus zu bekommen. Das geschieht mit Hilfe einer großen Nadel, mit der man zunächst den kleinen Schild entfernt, mit dem sich die Schnecken in ihre Häuser einschließen. Dann sticht man in den Fuß und zieht ihn vorsichtig, unter Drehen der Muschel, aus dem Haus. ● DIE EINFACHSTE ART DES GARENS GEHT SO: › Eine kleine Handvoll Bigorneaux pro Person. › Einen gestrichenen Esslöffel graues, grobes Meersalz pro Person. › Die Bigorneaux in einen Topf geben, Salz darüberstreuen. › Mit Wasser übergießen. Es sollte die Bigorneaux etwa 2 cm überdecken.

› Langsam erwärmen.

▼ VARIANTEN

› Wenn das Wasser kocht, noch 2 Minuten warten und den Topf vom Feuer nehmen.

› Die Bigorneaux vertragen durchaus auch eine gewisse Würze. Die erste Stufe besteht in der reichlichen Zugabe von frischgemahlenem schwarzem Pfeffer. Er wird möglichst grob gemahlen, vor dem Kochen, mit ins Wasser gegeben.

› Die Bigorneaux im Kochwasser abkühlen lassen. › Lauwarm oder kalt essen. › Der echte Bretone genießt seine Bigorneaux mit Weißbrot und, natürlich, mit Butter! › Besonders gut schmeckt es, wenn man die Bigorneaux auf kleine, mit nicht zu wenig Butter bestrichene Weißbrotscheiben häufelt. Die Geduld beim Pulen lohnt sich!

› Eine pikante Note erhält man, wenn man einen Stern Badiane (Sternanis) und ein kleines Stück rote Pfefferschote zum Kochwasser gibt.

g WEINEMPFEHLUNG: Dazu passt ein frischer Muscadet.


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KRUSTENTIERE

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TOURTEAU À LA MAYONNAISE TASCHENKREBS MIT MAYONNAISE ■ MAN BRAUCHT PRO PERSON: › Einen halben Tourteau Das entspricht etwa 500g Lebendgewicht. › einen sehr großen Topf › grobes, graues Meersalz (1 EL pro Ltr. Wasser) › Ausreichend Mayonnaise, je nach Geschmack aromatisiert.

● SO GEHT’S: › Den Tourteau in einen großen Topf geben. › Vollständig mit Wasser bedecken. › Das Wasser mit reichlich Meersalz zum Kochen bringen.

■ MAN BRAUCHT PRO PERSON: › je nach Größe 3 - 4 Tourteau-Scheren

› Wenn das Wasser kocht, etwa 10 - 15 Minuten weitergaren.

› Zitronensaft

› Vom Feuer nehmen und den Krebs im Wasser abkühlen lassen.

› Salz

› Wenn man möchte, kann man das Kochwasser mit Thymian, Lorbeerblatt, Korianderkörnern, Pfeffer und Sternanis (Badiane) würzen und Wurzelgemüse zugeben. Eine gute Gemüsebouillon aus der Tüte kann genügen.

› Glatte Petersilie

› Den noch lauwarmen Krebs aus dem Wasser nehmen und mit einem schweren Messer längs halbieren oder den Panzer von unten aufbrechen. › Die Zangen auf einer soliden Unterlage mit einem Hammer anknacken. › Mit Baguette, Salzbutter und einem kühlen Weißwein servieren.

TOURTEAU (DORMEUR) TASCHENKREBS Cancer pagurus

DÉLICE DE TOURTEAU DAS FEINSTE VOM TASCHENKREBS

Für bequeme Esser gibt es den Tourteau auch vorgekocht. Für diejenigen, die nur das Fleisch mögen, gibt es die Scheren auch separat. Aber richtig zünftig ist es eben wie oben beschrieben. Aus dem Fleisch der Zangen lässt sich eine delikate Vorspeise zubereiten:

› Olivenöl ✹ › Pfeffer › Wenn möglich auch ein wenig Kraut des wilden Fenchels oder ersatzweise Fencheldolden vom Gartenfenchel. › Einen Hauch in Brot geriebenen Knoblauch ● SO GEHT’S: › Scheren mit einem Hammer knacken und Fleisch auslösen. › Fleisch grob zerteilen. › Vorsichtig mit Salz und Pfeffer abschmecken. › Mit Zitronensaft und Olivenöl beträufeln. › Knoblauch dazugeben. › Gehackte Petersilie und Fenchel unterheben. › In die obere Panzerschale des Krebses ein schönes Salatblatt legen und das Krebsfleisch darauf anrichten. Es geht natürlich auch ohne Panzer auf einem Teller!

g WEINEMPFEHLUNG: Dazu passt ein reifer Muscadet oder Pouilly. TIPP: Vor dem Servieren die sehr harten Scheren mit einem Hammer anknacken.

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✹ Olivenöl - Was ist zu diesem Thema noch nicht gesagt worden? Rund ums Mittelmeer gedeihen die oft jahrhundertealten Bäume aus deren (roh fast ungenießbaren) Früchten dieses Elixier gewonnen wird. Entscheidend ist und bleibt die Qualität des Öls. Es ist wie beim Wein, dem anderen jahrtausende alten Lebenselixier: reife, sofort verarbeitete, gesunde Früchte ergeben das beste Produkt. Je niedriger der Säuregehalt des Öls, desto besser. Gutes Olivenöl darf auch leicht trüb sein. Es ist ein Zeichen dafür, dass es nicht zu Tode gefiltert wurde und noch frisch ist. Die Farbe kann nach Sorten und Herkunft von grünlich bis gelb variieren. Der Geschmack ist fruchtig und, auch eine Frage des Terroirs, mehr oder weniger pikant. Probe: Etwas Öl auf einen weißen Teller geben. Ganz wenig salzen. Mit Weißbrot tunken, Augen schließen und ganz langsam kauen.


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An der Küste wird sie kurz Araignée genannt. Sie gehört zu der sehr großen Familie der Dreieckskrabben (Majidae). Die Araignée zählt, wie der Tourteau, zu den beliebtesten und verbreitetsten Krustentieren der Bretagne. Sie kann bis zu 1,5 kg und schwerer werden. Ihr Fleisch gilt als feiner als das des Taschenkrebses. Der hat jedoch die Nase beim Inhalt der Scheren vorn. Beim Inhalt der Beine führt dagegen wieder die Araignée. Beim Einkauf gelten die gleichen Regeln wie beim Taschenkrebs.

Die klassische Art, diesen prächtigen Meeresbewohner zu genießen, entspricht der des Tourteau.

● SO GEHT’S:

ARAIGNÉE DE LA MER À LA MAYONNAISE SEESPINNE MIT MAYONNAISE

› Das Wasser mit reichlich Meersalz zum Kochen bringen.

■ MAN BRAUCHT PRO PERSON:

› Vom Feuer nehmen und den Krebs im Wasser abkühlen lassen.

› Eine Seespinne, man rechnet eine halbe pro Person. Das entspricht etwa 500g Lebendgewicht. › einen sehr großen Topf › grobes, graues Meersalz › Ausreichend Mayonnaise, je nach Geschmack aromatisiert.

› Die Seespinne in einen großen Topf geben. › Vollständig mit Wasser bedecken.

› Wenn das Wasser kocht, etwa 10 - 15 Minuten weitergaren.

› Den noch lauwarmen Krebs aus dem Wasser nehmen und mit einem schweren Messer längs halbieren oder den Panzer von unten aufbrechen. › Mit Baguette, Salzbutter und einem kühlen Weißwein servieren.

g

WEINEMPFEHLUNG:

Zu diesem Gericht passt ein Sauvignon Blanc oder ein reifer Muscadet.

› Wenn man möchte, kann man das Kochwasser mit Thymian, Lorbeerblatt, Korianderkörnern, Pfeffer und Sternanis (Badiane) würzen und Wurzelgemüse zugeben. Eine gute Gemüsebouillon aus der Tüte kann genügen.

ARAIGNÉE DE LA MER SEESPINNE Maja brachydactyla

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Die Étrille ist eine von vielen kleinen Krebsarten. Hier wird sie auch bretonisch Chèvre (Ziege) genannt. Sie ist wegen ihres würzig-feinen Geschmacks sehr beliebt und wird auch schon mal als Bestandteil einer Plateau de fruits de mer serviert. Ein Genuss für alle, die eine feine Leckerei lieben. Unverzichtbar ist dieser Krebs für manche Fischsuppen, denen sein Aroma erst den letzten Pfiff gibt. Die Étrille findet sich fast immer auf den Märkten. Sie wird lebend verkauft und sollte alsbald verarbeitet werden.

ÉTRILLES CUITES STANDARDZUBEREITUNG Wie bei allen Krustentieren, das einfache Kochen in kräftig mit grobem, grauem Meersalz gesalzenem Wasser. In ihrem eigentlichen Element entwickeln die gepanzerten Meeresbewohner ihre feinen Aromen am besten. Man kann sie aber auch in einem leichten Court bouillon zubereiten (siehe dort). Sie sollten noch lauwarm verzehrt werden. Wie? Natürlich mit Baguette, Beurre demi-sel, einer selbstgemachten, nach Geschmack aromatisierten Mayonnaise und mit viel Freude am Schlecken und noch mehr Zeit und Geduld. Für Freunde einer pikanten Küche empfiehlt sich folgende Zubereitung:

ÉTRILLES POÊLÉES AUX AROMATES WÜRZIG GESCHMORTE KLEINE TASCHENKREBSE

● SO GEHT’S: › Étrilles 1 Minute in kochendem Wasser kochen.

■ MAN BRAUCHT PRO PERSON:

› Herausnehmen und sofort in viel kaltem Wasser abschrecken.

Je nach Appetit und ob Vor- oder Hauptgericht 3 bis 6 Étrilles

› Mit einem schweren Messer längs halbieren, dabei austretenden Saft auffangen!

› je 1 gestrichenen EL Öl oder Salzbutter

› In einer schweren Pfanne bei mittlerer Temperatur Öl erhitzen, Butter zugeben.

› eine kleine Prise Zucker › einige zerstoßene Korianderkörner › 1/2 Zehe Knoblauch, feingehackt › 1 EL Anislikör (Pastis, Pernod o.ä.)

› Wenn die Butter schäumt, Zucker und zerstoßene Korianderkörner zugeben und unter Rühren karamellisieren lassen.

› grob gemahlenen schwarzen Pfeffer

› Knoblauch zugeben und andünsten. Achtung! Er soll keine Farbe annehmen, sonst schmeckt er bitter!

› wenig Salz (vor dem Salzen abschmecken!)

› Mit Anislikör ablöschen.

› grob gehackte Petersilie

› Den Weißwein zugeben.

› feingehackten wilden Fenchel oder Kraut vom Gemüsefenchel

› Aufwallen lassen und Étrilles mit ihrem Saft hineingeben.

› andere Kräuter nach Geschmack (Basilikum, Estragon, etwas Minze ...)

› Pfeffern und vorsichtig salzen.

› einen Schuss trockenen Weißwein

› und in feine Ringe geschnittene Zwiebelröhren

› Alles gut vermischen, Hitze reduzieren und, je nach Menge, etwa 5 - 10 Minuten köcheln lassen, dabei gelegentlich umrühren. › Kräuter und Zwiebelröhren untermischen. › Mit Baguette servieren.

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ÉTRILLE KLEINER TASCHENKREBS Necora puber

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WEINEMPFEHLUNG:

Zu diesem Gericht passt ein kräftiger Rosé- oder Rotwein.


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CREVETTES SAUTÉES AUX ÉPICES WÜRZIG GESCHMORTE GARNELEN

● SO GEHT’S:

■ MAN BRAUCHT PRO PERSON: › als Hauptgericht 9-12 Crevettes, gekocht aber ungeschält (Vorspeise max. 6)

› Wenn das Öl heiß ist, Paprikawürfel, zerstoßene Korianderkörner und Ingwer hineingeben und unter Rühren anziehen lassen.

› 1 EL Olivenöl oder Rapsöl

› Knoblauch dazugeben.

› 1 EL grüne Paprikaschote, feingewürfelt

› Mit Zucker überstäuben und weiter rühren.

› im Mörser zerquetschte Korianderkörner

› Mit einem kräftigen Schuss Weißwein ablöschen, bevor der Knoblauch Farbe nimmt.

› 2 dünne Scheiben frische Ingwerwurzel (Ersatz: eingelegte)

› In einer möglichst schweren, großen Pfanne das Öl auf mittlerer Stufe erhitzen.

› 1/2 EL Beurre demi-sel

› Mit Piment d‘Espelette und Cinq épices abschmecken.

› 1/2 Knoblauchzehe, gehackt

› Aufkochen.

› eine kleine Prise Zucker

› Wenn nur noch wenig Flüssigkeit in der Pfanne verbleibt, Crevettes in die Pfanne geben und 2 Minuten miterwärmen.

› Weißwein › Piment d'Espelette oder Cayennepfeffer › eine kleine Prise Cinq épices (Fünfgewürzpulver) › Salz › Zitronensaft › frisches Koriandergrün, gehackt › glatte Petersilie, gehackt

› Leicht salzen. › Mit Zitronensaft beträufeln. › Petersilie und Koriandergrün darüberstreuen. › Vorsichtig vermischen. › Mit Reis und Baguette servieren. Fingerschalen und zusätzliche Papierservietten leisten gute Dienste.

g WEINEMPFEHLUNG: Dazu passen ein Rosé oder gerne auch ein kräftiger Rotwein.

TIPP: Bereits gekochte Crevettes sind nur bedingt geeignet, nochmals gegart zu werden. Man sollte vermeiden, sie nochmals längere Zeit zu kochen, zu grillen oder zu braten. Sie neigen dann sehr schnell dazu, trocken und faserig zu werden. Wenn man sie zu einem warmen Gericht verarbeiten will, dann nur so, dass man sie im letzten Moment hinzugibt und sehr kurz wieder erwärmt. Eine gute Methode ist auch das Erwärmen (nicht Kochen!) in der Mikrowelle. Das sollte möglichst kurz geschehen. Die einzustellende Zeit ist abhängig von der Menge und der Stufe. (z. B. für 12 Crevetten 600 Watt, 2 Min). Lauwarm genügt. Der eigentliche Trick besteht darin, die Crevetten vollständig mit Brühe (kann eine Instand-Hühnerbrühe sein) zu bedecken. Da die Geräte verschieden sind, hilft vorsichtiges Ausprobieren. Dabei lieber zunächst nur kurze Zeit einstellen und verlängern als zu stark erhitzen.

GAMBAS GRILLÉES GEGRILLTE GAMBAS Noch größere, rohe Gambas eignen sich sehr gut zum Grillen auf Holzkohle oder dem Backofengrill. Dazu der Länge nach halbieren, mit etwas Zitronensaft und Fleur de sel marinieren und auf dem heißen Grill zunächst kurz auf der Fleischseite angrillen und auf der Schalenseite fertiggaren. Mit einigen Tropfen Olivenöl, Zitrone und einem Hauch Piment d’Espelette würzen. Auch hier gilt: In der Kürze liegt die Würze. Langes Garen macht faserig und zäh.

GAMBAS UND RIESENGARNELEN Auch größere, rohe Gambas und Hummerkrabben lassen sich so zubereiten. Sie kommen in die Pfanne bevor der Knoblauch zugefügt wird. Dann weiter wie beschrieben. Die Gambas können so etwas vom Aroma der Schalen abgeben. Aber Achtung, ihre Gesamtgarzeit darf 4-5 Minuten nicht überschreiten!

CREVETTE ROSE ODER BOUQUET SÄGEGARNELE Palaemon serratus

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À LA POÊLE IN DER PFANNE GEBRATEN 1. Ganzer Fisch an der Gräte gebraten: ✹ Das Garen ganzer Fische erfordert schon eine gewisse Erfahrung. Die Kunst besteht darin, den Fisch so zu braten, dass er außen appetitlich knusprig wird und innen saftig bleibt. Dafür geeignet ist ein kleines, spitzes Messer, mit dem man vorsichtig an der dicksten Stelle in das Fleisch sticht. Wenn das Messer leicht zur Gräte durchdringt, ist der richtige Gargrad erreicht. Am besten macht man einen Versuch am rohen Fisch, damit man ein Gefühl für den Widerstand bekommt. Grundsätzlich wird ein frischer, ganzer Fisch à la minute, auf die Minute gegart, das heißt, dass alles andere vorbereitet ist und man sich nur noch auf die Zubereitung des Fisches konzentrieren muss. Benötigt man etwas »Puf-

ferzeit«, kann man die Pfanne einige Minuten im auf etwa 80°C gewärmten Ofen »parken«. Zu lang gegarte Fische werden trocken und faserig. Es lohnt sich also, dabei zu bleiben und die Garung sorgfältig zu überwachen! Die geeignete Größe der Fische ist durch die Größe der Pfanne begrenzt. Besser geeignet als runde sind längliche Pfannen, deren Form der des Fisches näher kommt. Der Fisch sollte möglichst trocken in die Pfanne kommen. Die Hitze nach dem Anbraten reduzieren, damit die Butter nicht zu stark bräunt, und langsam weitergaren, damit der Fisch in seiner Dicke möglichst gleichmäßig gart. Idealerweise sollte der Fisch an der Gräte noch leicht »glasig« sein. Die Garzeiten sind natürlich von der Größe und der Dicke des Fisches abhängig. Deshalb ist es absolut notwendig den Gargrad ab und zu zu überprüfen. ZUM BEISPIEL:

MÉTHODES DE CUISSON DES POISSONS GARMETHODEN

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À LA POÊLE IN DER PFANNE GEBRATEN 2. Filets, Koteletts in der Pfanne: ✹ ✹ Das Prinzip der Garung dieser Stücke ist das gleiche wie beim ganzen Fisch. Die Handhabung der portionierten Filets oder pavés ist jedoch etwas einfacher als die eines ganzen Fisches, allerdings erfordert die Überwachung der Garung volle Konzentration. Bestens geeignet für diese Garung sind Filets mit Haut. Sie halten besser zusammen und bleiben saftiger, da die Haut einen natürlichen Schutz bildet. Um die einzelnen Stücke auseinanderhalten zu können, ist eine Begriffsklärung notwendig: ZUM BEISPIEL:

PAVÉ DE SAUMON À LA POÊLE LACHSRÜCKEN AUS DER PFANNE

SOLE MEUNIÈRE SEEZUNGE MÜLLERIN

(s. Rezeptteil). Auch entsprechende Stücke anderer Fische können nach diesem Verfahren zubereitet werden.

(s. Rezeptteil). Auch andere ganze Fische können so zubereitet werden.

AU FOUR IM BACKOFEN GAREN

✹ Zum Braten ist auch eine geklärte Butter sehr geeignet, da sie viel hitzebeständiger ist als frische Butter. Sie ist im gutsortierten Handel erhältlich. Allerdings bleibt der Geschmack der Beurre demisel unerreicht.

Ein ganzer, im Backofen gegarter Fisch ist immer auch ein Fest für die Augen. Man kann Fische aller Größen auf diese Weise garen. Auch für überbackene Gerichte ist die Garmethode geeignet. Ob man einen einzelnen großen Fisch, oder mehrere kleine in einer großen Form oder in mehreren Formen in Portionsgröße gart, die Gerichte lassen sich gut vorbereiten. Es kommt nicht so sehr »auf die Minute an«, man ist weniger an den Herd gebunden und hat mehr Zeit für den Apéritif und die Gäste. Was aber keineswegs ein Freibrief ist. Verkocht ist verkocht. Also empfiehlt sich auch hier eine gewisse Sorgfalt, allein schon aus Respekt gegenüber den wunderbaren Gaben des Meeres. Der gewürzte oder auch marinierte Fisch wird in einem offenen Bräter mit oder ohne Gemüse in mehr oder weniger Flüssigkeit gebacken.

ZUM BEISPIEL:

BREZHELL DRE ROCHED, MAQUEREAU EN CHEMISE MAKRELE IM HEMD (s. Rezeptteil). Sehr gut geeignet zum Garen im Backofen sind z. B. Dorade und alle anderen festfleischigen Fische und, selbstverständlich, Ragouts, die im Tontopf gegart werden oder auch Gratins (Aufläufe). ✹ ✹ Als Filet bezeichnet man das jeweils gesamte Fleischstück rechts und links (bei Plattfischen über und unter) des Grätengerüsts (bei großen Fischen, z.B. Lachs, auch als »Seite« bezeichnet). Diese Stücke können auch nochmals längs in Rücken- und Bauchfilet unterteilt sein (häufig bei Plattfischen, bei denen die Seiten sehr breit sind). › Darne bezeichnet ein quer zum Körper geschnittenes Stück, das in der Mitte einen Teil des Grätengerüstes enthält. Im Deutschen spricht man vom »Kotelett«. › Pavé nennt man ein quer aus einem dicken Teil des Filets geschnittenes, breites Stück, vorzugsweise mit Haut. Pavé ist ein sehr schön bildhafter Ausdruck. Er bedeutet im Französischen auch »Pflasterstein«. In der Küche bezeichnet er genau, was gemeint ist: Ein schön dickes Stück. › Dos, Rücken, bezeichnet ein Stück aus dem oberen Rückenstrang, also dick und weitestgehend grätenfrei.


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Der Bar gilt in der Bretagne als der edelste aller Fische. Er lebt dort, wo das Meer am wildesten tobt, in reißenden Strömungen und von tosender Gischt aufgewühltem Wasser, nahe gefährlicher Klippen und Felsen. Man sagt: je weißer das Wasser, desto wohler fühlt sich der Bar. Er ist ein wilder Jäger und harter Kämpfer. Mit seinem torpedoförmigen Körper und seinem silbernglänzenden Schuppenkleid ist er in jedem Fall einer der elegantesten Fische, die im Meer leben. Am Mittelmeer wird er Loup (dt. Wolf) genannt, was zu einer gewissen Konfusion führt. Fügt man dem Loup nämlich de mer hinzu, handelt es sich um einen ganz anderen Fisch, den Seewolf (Anarhichas lupus). Dessen Qualität reicht bei weitem nicht an die des edlen Bar heran. Der niedrigere Preis des Seewolfs, gepaart mit dem Namensdurcheinander verleitet manchen unredlichen Zeitgenossen zu Täuschungen. Insbesondere, wenn der Fisch filiert, also nicht mehr in seiner Gesamterscheinung erkennbar ist. Doch der Unterschied ist erkennbar: Das Fleisch des

Wolfsbarsches (Bar oder Loup) ist fester als das eher schwammig wirkende des Seewolfs (Loup de mer). Vom Geschmack ganz zu schweigen.

GEZÜCHTET ODER WILD? Der Bar wird sowohl als Zuchtfisch als auch in der Wildform angeboten. Der Zuchtfisch wird, abhängig von der Rentabilität, nur bis zu einer Größe von max. 1 kg angeboten. Die Regelgröße liegt bei etwa 250 - 300 g, der sogenannten »Portionsgröße«. Der freilebende Bar kann einen Meter Länge bei einem Gewicht von 10 12 kg erreichen. Die mittlere Größe der im Handel angebotenen Wildform liegt bei etwa 1,5 kg. Im freien Meer gibt es zwei grundsätzlich zu unterscheidende Fangmethoden. Die erste, bekannteste, ist die Netzfischerei. Bei dieser Technik sucht der Fischer Schwärme, die er abfischt. Diese Fischerei, die hauptsächlich mit großen Schiffen praktiziert wird, ist wenig bestandsschonend. Im Netz befindet sich neben dem gesuchten Fisch

auch der sogenannte Beifang. Das sind andere, weniger wertvolle oder zu kleine Fische, die tot oder verletzt ins Meer zurückgeworfen werden. Die Qualität der Fische wird auch dadurch beeinträchtigt, dass sie sich, bei vollen Netzen durch ihre schiere Masse selbst erdrücken. Die zweite Technik besteht darin, die Fische mit einer langen Leine zu fangen, die mit vielen einzelnen Haken bestückt ist. Der Ligneur (Langleinenfischer) kann so Größe und Art der Beute weitestgehend bestimmen. Eventueller Beifang kann schonend vom Haken gelöst und zurückgesetzt werden. Da die Fische beim Einholen der Leinen einzeln aus dem Wasser gezogen werden, können sie schonend behandelt werden. Sie liegen nicht in Massen übereinander, sondern werden in kleinen Kisten zum Verkauf gebracht. Die so gefangenen Fische werden als Poisson de ligne bezeichnet. Ein Bar de Ligne ist somit der höchste der Genüsse, beim Fischhändler zu erkennen an speziellen Anhängeetiketten, die in die Kiemen geklipst sind.

DER »BAR« IN DER KÜCHE Dieser Poisson noble (adlige Fisch) entwickelt, wie soll es auch anders sein, seine Qualitäten am besten, je einfacher und je fangfrischer er zubereitet wird. TIPP: Für ein Hauptgericht braucht man etwa 200 g Fisch pro Person. Als Zwischengang in einem Menü reicht schon die Hälfte. Unbedingt beachten, dass vom Gewicht eines ganzen Fisches nach ausnehmen, schuppen, filetieren nur noch etwa 50 % übrigbleiben!

BAR »LOUP« EUROPÄISCHER WOLFSBARSCH Dicentrarchus labrax

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DORADE ROYALE ET POMMES DE TERRE AU FOUR GOLDBRASSE MIT KARTOFFELN IM OFEN GEBACKEN ■ MAN BRAUCHT FÜR 4 PERSONEN: › 1 Dorade royale von etwa 2 kg › 4 EL Beurre demi-sel › 1/4 Liter trockenen Weißwein › 2 Knoblauchzehen, feingehackt

› einige Zweige wilder Fenchel oder Fenchelkraut

› 1 EL Butter in Flocken insbesondere in den Ritzen verteilen.

▼ VARIANTEN:

› einige Zweige Petersilie

› Den Rest des Knoblauchs um den Fisch verteilen.

› Ersetzt die Butter, natürlich, durch Olivenöl.

KARTOFFELN:

› Verwendet etwas mehr Knoblauch.

› Die Kartoffeln in der Schale halbgar kochen (Pellkartoffeln).

› Fügt den Kartoffeln schwarze Oliven und geröstete Pinienkerne hinzu.

› Aus dem Wasser nehmen und abkühlen lassen.

› Würzt ebenfalls mit Thymian und Rosmarin.

› 1 Lorbeerblatt › Pfeffer › etwa 8 mittelgroße Kartoffeln einer festkochenden Sorte › 1 TL Thymian › 1 TL sehr fein gehacktes Rosmarin › etwas Fleur de sel ● SO GEHT’S:

ODER DIE SÜDFRANZÖSISCHE: › Nimmt Olivenöl anstelle von Butter. › Gart den Fisch mit vollreifen Tomaten, schwarzen Oliven und feingeschnittener Fenchelknolle anstelle der Kartoffeln.

› Die restlichen 2 EL Butter schmelzen und mit den Kartoffelscheiben vermischen.

› Dorade küchenfertig vorbereiten (Kapitel Fisch in der Küche).

› Die Kartoffeln auf beiden Seiten des Fisches verteilen.

› Innen leicht pfeffern und die Bauchhöhle mit dem Fenchelkraut, der Petersilie, der Hälfte des Knoblauchs, dem Lorbeerblatt und 1 EL Butter füllen.

› Mit Thymian und gehacktem Rosmarin überstreuen.

› Fügt ebenfalls etwas Thymian und Rosmarin hinzu.

› Zum Schluss alles mit ein wenig Fleur de sel bestreuen (dran denken: Die Butter ist schon gesalzen!).

› Nimmt statt Pfeffer Piment d‘Espelette

› Auf der oberen Seite die Haut schräg zur Seitenlinie leicht einritzen. › Mit Wein übergießen. › Pfeffern.

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› Füllt den Fisch mit Basilikum.

FISCH:

› In einen leicht eingeölten, ausreichend großen Bräter setzen (evtl. vorher mit dicker Alufolie auslegen).

DORADE ROYALE GOLDBRASSE Sparus aurata DORADE GRISE STREIFENBRASSE Spondyliosoma cantharus

› Schälen und in 1/2 cm dicke Scheiben schneiden.

EINE MEDITERRANE (LIGURISCHE) VERSION:

› Im auf 200° vorgeheizten Ofen in etwa 20 30 Minuten garen, zwischendurch die Garung prüfen. › Sollte der Fisch an der Oberfläche zu stark braten, mit Alufolie abdecken.

› Nimmt etwas mehr Knoblauch.

› Gibt den letzten Schliff mit einem Schuss Pastis.

g WEINEMPFEHLUNG: Zu diesem Gericht passt ein Sauvignon Blanc oder auch ein Rotwein. DORADE GRILLÉE DORADE VOM GRILL Wie im Rezept Bar grillé zubereiten und mit einer Kräuterbutter oder mit Zitrone, etwas Olivenöl und Fleur de Sel gewürzt genießen.


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Die Lotte ist sicherlich einer der merkwürdigsten Fische unserer Küsten. Der Name Seeteufel kommt nicht von ungefähr. Ein gewaltiger Kopf, zweimal so groß wie der Körper, mit einem riesigen Maul voller spitzer Zähne geben dem Fisch ein bedrohliches Aussehen. Deshalb sieht man ihn auf den Märkten meist ohne Kopf. Auf dem Schild steht denn auch Queue de Lotte, Schwanz von der Lotte. Die Lotte ist der ideale Fisch für alle, die nicht gerne Gräten auspuhlen denn ihr Fleisch ist, bis auf die Rückenknochen, fast grätenfrei. Es ist von hervorragender Qualität. Nicht selten wird sein Geschmack mit dem des Hummers verglichen. Wie dem auch sei, beim Ga-

ren bleibt es fest und entwickelt ein sehr feines, doch auch würziges Aroma. Leider schrumpft es jedoch beim Garen merklich, sodass man die zu verarbeitenden Stücke etwas größer als bei anderen Fischarten auswählen sollte. Eine echte Spezialität sind die Joues de Lotte, die Backenmuskeln, die recht groß ausfallen, weil sie ja ein gewaltiges Maul zu bewegen haben. So lohnt es sich für die Fischer, sie auszulösen und zu verkaufen. Die Lotte hat noch etwas außergewöhnlich Großes: Die Leber. Sie gilt als Foie gras de la mer, die Stopfleber des Meeres. Wie diese ist sie nicht ganz einfach zuzubereiten und auch was den Geschmack betrifft ist sie eher etwas für Liebhaber und Kenner.

LOTTE, BAUDROIE SEETEUFEL, ANGLERFISCH Lophius piscatorius

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BREZHELL BREIZH GWIN GWEN MAQUEREAU AU VIN BLANC MAKRELE IN WEISSWEIN Dieses Gericht sollte rechtzeitig vorbereitet werden, damit die Fische vor dem Essen ausreichend Zeit in der Marinade verbringen können. An warmen Sommertagen ist es sehr erfrischend. Ist es für ein Buffet oder die Gartenparty vorgesehen, empfiehlt es sich Filets zu verwenden.

FÜR DIE MARINADE PRO PERSON:

● SO GEHT’S:

BEI GANZEN FISCHEN:

› 1/2 kleine Zwiebel einer milden Sorte in Ringe geschnitten. In der Bretagne findet man die Oignons roses, rosa Zwiebeln, die sich hierfür wunderbar eignen.

› Gemüse, Gewürze und Wein aufkochen und auf kleinster Flamme eine Stunde lang simmern, dabei auf etwa die Hälfte einkochen lassen. Darauf achten, dass genug Flüssigkeit übrigbleibt, um den gesamten Fisch vollständig zu bedecken.

› Die Auflaufform mit den warmen Makrelen mit einem Deckel fest verschließen! Wenn es keinen passenden Deckel gibt, mit Folie fest verschließen und ein Küchenbrett darauflegen, damit die Temperatur so lange wie möglich erhalten bleibt.

› Eventuell eine Mischung aus 1/2 Wasser, 1/2 Wein zugießen.

› Bei Filets genügt es mit Folie abzudecken, sie benötigen weniger Garzeit.

› Noch einmal 5 Minuten sprudelnd aufkochen.

› Wenn die Marinade vollständig abgekühlt ist, 2 Tage im Kühlschrank »reifen« lassen.

› 1/4 einer kleinen Knoblauchzehe › 1 fingergroße Karotte, in Scheiben geschnitten › 1 EL Sellerieknolle in kleine Würfel geschnitten › 2 Scheiben Zitrone

■ MAN BRAUCHT PRO PERSON:

› 1 Zweig Thymian

› 2 kleinere Makrelen oder 200 g Filets kochfertig vorbereitet (siehe Kapitel: Der Fisch in der Küche).

› 1/4 Lorbeerblatt › 1 Nelke › 3 Körner schwarzer Pfeffer

› Die kochende Flüssigkeit vorsichtig darübergießen.

› 1 Prise Zucker

› Das Gemüse darüber verteilen.

› 1 kleine Prise Salz › 1/8 Liter Muscadet sur lie › 1/8 Liter Wasser

MAQUEREAU MAKRELE Scomber scombrus

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› Währenddessen die Fische oder die Filets in einer ausreichend großen, vorgewärmten Auflaufform anordnen.

Dazu passen Salate und Crudités, angemachtes rohes Gemüse wie Karotten, Sellerie, rote Beete.

g WEINEMPFEHLUNG: Dazu passt ein kühler Muscadet sur Lie.


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BREZHELL DRE ROCHED MAKRELE IM HEMD Zwei Filets werden innen gewürzt, zusammengeklappt, mit Salat umwickelt und im Ofen gegart.

› 1 große, vollreife Tomate, enthäutet und ohne Samen grobgehackt. Dabei mit einem Sieb über einer Schüssel arbeiten, um den beim Häuten und Entkernen austretenden Saft aufzufangen. Danach den Siebinhalt mit einem Löffelrücken leicht passieren. › Ersatzweise 2 TL Tomatenmark

FERTIGSTELLEN: › Salatblätter in heißem Wasser kurz blanchieren, damit sie sich gut um den Fisch wickeln lassen. › Auf einem großen Teller soviel davon ausbreiten, dass die Filets »in ihr Hemd« eingewickelt werden können.

■ MAN BRAUCHT PRO PERSON:

› 1 Schuss trockener Weißwein

› 2 Makrelenfilets, kochfertig vorbereitet (siehe Kapitel »Der Fisch in der Küche«)

› Einige Blätter feingehacktes Basilikum

› Filets mit der Hautseite nach unten darauflegen.

› Wenn vorhanden, einige frische Korianderblätter.

› Filets mit der Sauce bestreichen und übereinanderklappen.

› Einige große Salatblätter, soviel dass der Fisch vollständig darin eingewickelt werden kann (die kleinen Blätter zu einem Salat verarbeiten).

› Salz (sehr wenig! die Sardellenfilets sind oft schon recht salzig!)

› Vollständig in die Salatblätter einwickeln.

› Etwas Olivenöl

› Olivenöl in einer Pfanne bei mittlerer Temperatur erhitzen, bis das Öl flimmert.

› 2 EL Sauce wie unten beschrieben

› Etwas Piment d’Espelette, ersatzweise Cayennepfeffer › Etwas Fleur de sel

● SO GEHT’S:

› Zwiebeln, Sardellenfilets und Pfefferschote hineingeben und unter Rühren andünsten.

› Olivenöl

› Wenn die Zwiebeln glasig sind, Knoblauch zugeben und kurz mitdünsten, ohne dass er Farbe annimmt.

› 1 EL gehackte Zwiebel

› Mit dem Pastis ablöschen.

› 1 Sardellenfilet in Öl, gehackt

› Tomaten zugeben bzw. Tomatenmark einrühren.

FÜR DIE SAUCE:

› 1 Messerspitze feingehackte frische, ersatzweise getrocknete, rote Pfefferschote

› Gehackte Zitronenschalen zugeben.

› 1/2 Knoblauchzehe, feingehackt

› Kurz aufkochen.

› 1/2 TL feingehackte Zitronenschale

› Langsam auf die Hälfte einkochen.

› 1 EL Pastis

› Vom Feuer nehmen und abschmecken. › Zum Schluss die gehackten Basilikum- und Korianderblätter hinzufügen.

TIPP: Da sich dieses Gericht gut vorbereiten lässt, ist es auch gut für ein Gartenfest geeignet. In Folie eingepackt auf dem nicht zu heißen Grill garen. Dabei öfter mal wenden. Man kann auch eine Füllung zwischen die Filets geben. Die Sauce kann vorbereitet und im Kühlschrank aufbewahrt werden.

› Backblech mit Alufolie auslegen und leicht einölen. › Makrelenpäckchen daraufsetzen. › Etwas Öl darübergießen. › Leicht mit Piment und Salz bestreuen. › Im auf 180° C vorgeheizten Ofen etwa 20 Minuten garen, zwischendurch mit der in der Pfanne angesammelten Flüssigkeit übergießen. Dazu passen ein Salat, Reis oder auch nur Baguette.

g WEINEMPFEHLUNG: Der begleitende Rot- oder Weißwein sollte kräftig sein.

MAQUEREAU MAKRELE Scomber scombrus

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Die Meeräschen gehören zu einer sehr verzweigten Großfamilie. Die einzelnen Arten leben auch durcheinander in den gleichen Regionen. Man findet unter dem Namen Mulet hauptsächlich drei Arten: Die »Dicklippige Meeräsche«, Mulet à grosses lèvres, (Chelon labrosus), die »Großkopfmeeräsche«, Mulet cabot / Mulet à grosse tête, (Mugil cephalus) und die »Gold – Meeräsche«, Mulet doré, (Liza aurata). Der Reihe nach: Die »Dicklippige« ist an einer deutlich verdickten Oberlippe zu erkennen, bei der »Großköpfigen« sind beide Lippen dünn, und

MULET MEERÄSCHE Mugilidae

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die »Goldene« hat einen golden schimmernden Fleck auf den Kiemendeckeln. Allen gemeinsam sind der breite, flache Kopf, der runde Körper und die relativ großen Schuppen. Die »Großköpfige« ist als Lieferantin der berühmten »Bottarga«, Poutargue, den gesalzenen und getrockneten Fischeiern bekannt. Dieses Produkt spielt, wie seine Lieferantin, in der Bretagne keine große Rolle. Bleiben zwei Meeräschen im Rennen: Die »Dicklippige«, die Brackwasser nicht scheut und gerne in Flüsse aufsteigt, erfreut sich minderer Beliebtheit. Da man sie häufig im Wasser der Häfen sieht, die ihrerseits fast immer in Flussmündungsbereichen liegen, gilt sie als unsauber. Bleibt noch die »Goldene«. Sie liebt das weite, freie Wasser und gilt deshalb als »sauber«. Diese komplizierte Gemengelage hat dazu beigetragen, dass die Meeräsche an bretonischen

Küsten weniger beliebt ist als z. B. am Mittelmeer. Vorteil: Der Fisch ist sehr preiswert, fast schon billig. Seine großen Schuppen lassen sich sehr leicht entfernen. Dabei ist er grätenarm, sein Fleisch ist aromatisch und fest. Es gibt Kenner, die es mit dem des edlen Bar (Wolfsbarsch) vergleichen. Wie dem auch sei, die Meeräsche gehört zur bretonischen Fischgemeinde und hat, verdientermaßen, ihre Freunde.


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RAIE AUX CÂPRES ROCHEN IN KAPERNSAUCE Der Rochenflügel wird in einem Court bouillon gegart und mit einer Kapernsauce serviert.

FÜR DIE SAUCE - PRO PERSON:

INZWISCHEN DIE SAUCE HERSTELLEN:

› 1 EL Olivenöl oder Rapsöl

(Wer viel Sauce haben möchte, rechnet seine Mengenangaben für 1 - 2 Personen mehr)

› 1 EL Beurre demi-sel › 1 Messerspitze gehackten Knoblauch › 1 EL Kapern ✹

■ MAN BRAUCHT PRO PERSON:

› 1 kleine Prise Zucker

› Etwa 300 g Aile de raie (incl. Knorpelgerüst) gehäutet und wie üblich vorbereitet. (Kapitel »Der Fisch in der Küche«)

› 1 TL Weinessig (siehe Anmerkung zu Kapern)

COURT BOUILLON:

› schwarzer Pfeffer aus der Mühle

› Ausreichend Wasser, damit die Fischstücke gut bedeckt sind.

› 1 TL gehackte Petersilie

› Pro Liter Wasser ca. 15 g graues Meersalz › 5 cl Weinessig › 1 Zitrone in Scheiben geschnitten › 1 Lorbeerblatt › 1/2 TL Thymian › 1/2 TL Pfefferkörner

› 5 cl trockenen Weißwein › 1 Spritzer Zitronensaft

› In einer Kasserolle oder einer Pfanne auf mittlerer Flamme Öl erhitzen bis es flimmert. › Salzbutter dazugeben. › Wenn sie schäumt (sie darf keine Farbe nehmen) Knoblauch und Kapern zugeben und kurz anziehen. › Wenn der Knoblauch glasig wird (er darf unter keinen Umständen Farbe annehmen, deshalb auf schwacher Hitze arbeiten), mit Zucker überstreuen, dabei ständig umrühren.

✹ Am besten nimmt man eingesalzene, große Kapern. Sie müssen natürlich ausreichend gewässert werden, damit die Sauce nicht versalzen wird. Bei Kapern in Essig ist zu bedenken, dass ihr sowieso schon leichter Eigengeschmack durch die Säure vollends überdeckt werden kann. Bevor man die Sauce zubereitet, die Kapern unbedingt probieren und notfalls die Essig- und Zitronensaftmenge anpassen (reduzieren)!

› Wenn sich der Zucker aufgelöst hat (geht schnell) mit dem Essig ablöschen, kurz abdampfen lassen.

● SO GEHT’S:

› Die Rochenflügel auf vorgewärmten Tellern anrichten.

› Für den Court bouillon alle Zutaten mit dem Wasser aufkochen (auch in einem großen Bräter im Backofen machbar, dann knapp unter 100° C einstellen). › Hitze soweit reduzieren, dass der Sud nicht mehr sprudelnd kocht. › 10 – 15 Minuten ziehen lassen. › Die vorbereiteten Fischstücke hineingeben und in je nach Dicke etwa 15 - 20 Minuten garziehen lassen.

g WEINEMPFEHLUNG: Dazu einen trockenen Weißwein trinken. (Wegen der Säure der Sauce darf es aber auch mal ein kühles Bier sein! )

› Den Wein angießen. › Flüssigkeit auf etwa die Hälfte reduzieren. › Mit Zitronensaft und frischgemahlenem Pfeffer abschmecken. FERTIGSTELLEN:

› Petersilie in die Sauce einrühren. › Sauce über den Fisch geben. Mit Dampfkartoffeln servieren.

RAIE ROCHEN Rajidae

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Morgate ist der in der Golfregion gebräuchliche Name des gemeinen Tintenfisches. Im Frühling, wenn das Wasser langsam wärmer wird und der Weißdorn blüht, kommen die Tintenfische in großer Zahl zur Eiablage in die küstennahen Gewässer. La Morgate est arrivée!, die Morgate ist da! Will heißen: »Die schönen Tage beginnen!«. Bald finden sich die weißen Rückenschilde, das »Knochengerüst« der Tintenfische, überall an den Stränden. Wer in Gesellschaft eines Kanarienvogels lebt, kann sich gleich den Jahresbedarf dieses Schnabelwetzsteins als kostenloses Mitbringsel mit nach Hause nehmen. Nun aber zu den für Menschen genießbaren Teilen dieses seltsamen Meeresbewohners. Auf den Märkten findet man drei gebräuchliche Formen, in denen die Morgate angeboten wird: Das ausgenommene, ganze Tier, die Kopfteile mit den Fangarmen und schließlich das hintere Teil, bereits aufgeschnitten, das wie ein flaches, weißes Dreieck auf dem Eis liegt. Was man hier kauft hat nicht im Entferntesten mit den bekannten »Gummiringen« zu tun. Die Morgate

SEICHE / BRETONISCH MORGATE TINTENFISCH Sepia officinalis

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ist von zartem Geschmack. Richtig zubereitet hat sie Biss, ohne zäh zu sein, fast »al dente«. Die Tinte spielt in unserer Region traditionell keine Rolle, man muss schon seine Tintenfische selbst fangen oder einen Fischer wirklich gut kennen, um dranzukommen. Das muss auch nicht unbedingt sein, denn das einheimische Tintenfischgericht Morgate à l'armoricaine ist köstlich. Heben wir uns also die Seppie in umido für Venedig auf. ZUR PRAKTISCHEN SEITE: Die Morgate wird bereits ausgenommen angeboten. Als »edleres« Stück gilt der dreiecksförmige hintere Teil des Tintenfisches. Er ist sehr weiß und heißt deshalb auf französisch Blanc de seiche. Was das Aroma betrifft, geben die Kopfstücke mit den Fangarmen etwas mehr her. Am besten nimmt man von jedem etwas, also eine vollständige Morgate. Es gibt so viele Geheimtricks wie Köche, was das Zubereiten der Sepien in ein mit Vergnügen essbares (kaubares) Mahl anbelangt. Um den gefürchteten Gummiring-Effekt zu ver-

meiden, sollen manche sogar soweit gehen, einen Flaschenkorken mitzukochen, der angeblich ein wundersamer Weichmacher sein soll. Jedenfalls entwickelt er so diesen dezenten Geschmack, der Weintrinker dazu verleitet, den Kellner um den Austausch der Flasche zu bitten. Tintenfisch der »korkt« ist auch nicht jedermanns Sache. Es gibt nur zwei zuverlässige Methoden der Garung: Ganz kurz oder ganz lang. Gegrillter Tintenfisch, für den man das Blanc nimmt, sollte sehr heiß und in kürzester Zeit zubereitet werden. Für Morgate à l'armoricaine und die Weiterverarbeitung des Tintenfisches in Salaten empfiehlt sich dagegen die lange, langsame Garmethode. TIPP: Tintenfische, die gekocht werden sollen, zunächst einfrieren, dann werden sie zuverlässig zart und weich.


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London

Guernsey Jersey

Brest

Mont Saint-Michel St. Malo Rennes

Paris

Vannes

BREIZH BRETAGNE

Nantes

KÜSTENLINIE: CA. 1100 KM FLÄCHE: 27.000 KM2 EINWOHNER: 3,2 MILLIONEN DÉPARTEMENTS: - MORBIHAN (56) - FINISTÈRE (29) - CÔTES-D’ARMOR (22) - ILLE-ET-VILAINE (35)

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WENN DU EIN SCHIFF BAUEN WILLST, DANN TROMMLE NICHT DIE MÄNNER ZUSAMMEN, UM HOLZ ZU BESCHAFFEN, AUFGABEN ZU VERGEBEN UND DIE ARBEIT EINZUTEILEN, SONDERN LEHRE DIE MÄNNER DIE SEHNSUCHT NACH DEM WEITEN ENDLOSEN MEER. ANTOINE DE SAINT-EXUPÉRY

DIE MEISTEN URLAUBER FINDEN STRAND GUT. STRANDGUT IST ETWAS FÜR MENSCHEN MIT ZEIT UND FANTASIE. HIER VOLLENDET DIE NATUR DAS MENSCHENWERK MIT ÜBERRASCHENDER GESTALTUNGSKRAFT.

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Bestellung: bretagne@kgp.de T. 06326 9656-0 Mehr Infos: www.kgp.de

LUST AUF MEER: FÜR LIEBHABER DER MEERESKÜCHE IST DER BESUCH EINES FISCHMARKTES AN DEN BRETONISCHEN KÜSTEN WIE EIN BUMMEL DURCHS PARADIES. DIESES BUCH STELLT DIE KULINARISCH WICHTIGSTEN FISCHE, SCHALEN- UND KRUSTENTIERE AUSFÜHRLICH VOR. ES ERKLÄRT PASSIONIERTEN KÖCHEN WIE MAN DAMIT KÖSTLICHE GERICHTE ZAUBERT UND INTERESSIERTEN GOURMETS WIE MAN BEI TISCH RICHTIG MIT FISCHEN UND MEERESFRÜCHTEN UMGEHT. DIE REZEPTE ERLÄUTERN DIE JEWEILIGEN BESONDERHEITEN, ERGÄNZT DURCH VIELE TIPPS ZUM EINKAUF UND ZUR GARMETHODE. KÜCHENTRICKS UND EINFACHE REGELN BEIM KOCHEN FÜHREN ZUM ERFOLG. STIMMUNGSVOLLE BILDER, DIE VOM DUFT DES MEERES UND VOM ZAUBER DER BRETONISCHEN KÜSTEN TRÄUMEN LASSEN, MACHEN LUST AUF MEER UND FRUITS DE LA MER.


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