Les Nouveaux Riches Sonderausgabe »DIAGONALE. GRAZ«

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Zeitgenössische Kunst und Kultur

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Kostenfrei

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LIEBES INDIVIDUUM

Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was Nähe ausmacht? Nähe ist ein ganz besonderes Gefühl. Sie kann in den unterschiedlichsten Momenten entstehen, wenn wir uns nur auf sie einlassen. Das ist natürlich nicht immer so leicht. Es braucht Zeit, Mut und Vertrauen. Doch wer das erst einmal aufgebracht hat, wird mit wundervollen Begegnungen belohnt. Sei es bei einem Spaziergang durch dein Grätzel mit seinen vertrauten Gassen, Gerüchen und Geräuschen, einer Bahnfahrt, draußen in der Natur, bei einem Festival, in Gesellschaft oder auch im Alleinsein – Nähe kann man überall erfahren. Sie äußert sich mal in Gestalt eines freundlichen Blickes, den wir erwidern, mal in einer Umarmung, oder auch in einem tiefen Atemzug, mit dem wir unsere Umwelt in uns aufnehmen. Oder sie taucht plötzlich auf, wenn wir gemeinsam in der ersten U-Bahn am Weg nach Hause sitzen. Bestimmt hast du deine eigene Liste an Momenten, in denen du Nähe erfahren hast. Für uns bedeutet Nähe, sich geborgen und verbunden zu fühlen, mit unserer Umwelt, unseren Mitmenschen und mit uns selbst. Wir können präsent sein mit all unseren Sinnen, uns fallen lassen und uns angenommen fühlen. Weil Nähe eines der schönsten Gefühle überhaupt ist und dabei so vielseitig bleibt, widmen wir ihr in Kooperation mit dem Filmfestival Diagonale ein ganzes Magazin. Alles Liebe Daniel, Katharina, Moira, Petra, Laura, Erka, Merlin und Team

03 Editorial 04-05 Diagonale Team 06-07 Anna Paul 08-09 Jennifer Mattes 10-11 Bernd Oppl 12-13 Film: »Eva-Maria« 14-19 Editorial Les Nouveaux Riches 20-21 Daniel Liktor 22-23 Sarah Bzoch 24-25 Installation: Laura Stöckler 26 Kolumne: Moira Grimm Herausgeber: Les Nouveaux Riches - Verein zur Förderung von zeitgenössischer Kunst und Kultur (ZVR-Zahl: 1053714167) Grafikdesign & Produktion: Daniel Lichterwaldt, Katharina C. Herzog Redaktion & MitarbeiterInnen: Daniel Lichterwaldt, Katharina C. Herzog, Moira Grimm, Laura Stöckler, Petra Schnakenberg, Erka Shalari Lektorat: Sarah Krems Covermodel: Gert Resinger (The Dessous) Kontakt: www.les-nouveaux-riches.com, mail@les-nouveaux-riches.com lesnouveauxriches.mag


VON DER PLANUNG BIS ZUR UMSETZUNG

Mirza Kahriman zeichnet bei der Diagonale für Marketing und Medienkooperationen verantwortlich. Seit der unvollendeten Festivaledition '20 geht er seinen Tasks aus dem Homeoffice in Innsbruck nach. Seine Aufgabenbereiche sind recht breit gestreut. Am Anfang einer Festivalsaison steht jedoch immer die Marketingkonzeption – in enger Absprache mit der Intendanz und Presse. Gemeinsam schaffen sie die Grundlage für alle später folgenden Kooperationen, die wiederum in konkrete Aufgabenbereiche münden. Immer dynamisch, selten wie im Vorjahr, nie ein Abziehbild. Wie bist du zur Diagonale gekommen? Ich habe in Graz studiert, fühlte mich den unterschiedlichen Kunstformen zugehörig. Das musste gar nicht zwingend Film sein oder mit Film zu tun haben. Ich mag auch das statische Bild. Für den Impuls sorgte ein Seminar an der Universität, bei dem Barbara Pichler, die damalige Intendantin, zu Gast war. In diesem Zusammenschluss und für diese eine Woche Highlife wollte ich arbeiten. Und das klappte dann glücklicherweise. Was fasziniert dich an diesem Umfeld? Die Diagonale hat eine Haltung, bürstet schon auch mal gegen den Strich, doch immer auf Augenhöhe, nie untergriffig und kurzsichtig. Ich denke, die Qualität des Festivals liegt darin die Dinge beim Namen zu nennen, darauf zu reagieren worüber gesprochen wird. Es ist ein alljährliches Spannungsfeld, dass den Dialog bejaht.

Daniel Lichterwaldt

Was bedeutet ein Festival für dich? Festivals fangen oft einen Status quo ein. Vielleicht auch das gegenwärtige Ethos. Statement oder unverfängliche Unterhaltung. Man geht hin, wo man sich zugehörig fühlt. Festival ist Ausnahmezustand und Exzess in alle Richtungen.

DIAGONALE TEAM: Mirza Kahriman

Was brauchst du, um dir nah zu sein? Ich bin mit Skateboard fahren aufgewachsen. Das hat mein Leben massiv geprägt und das tut es bis heute noch und wird es vermutlich auch weiterhin. Es gibt echt keine zweite Sache, an die ich so regelmäßig, eigentlich immer, denke, um sie dann in weiterer Folge nicht so häufig zu tun. Was ist das erste, was du nach dem Aufstehen machst? Niesen.


Sebastian Reiser

Viele Menschen tummeln sich hinter den Vorhängen des österreichischen Filmfestivals, unter anderem auch Brigitte Bidovec. Sie ist schon seit 15 Jahren Teil der Diagonale und Dreh- und Angelpunkt im Bereich Sponsoring. Sponsoring bedeutet für sie Partnerschaftspflege und Dinge in Bewegung zu bringen. Die Anfangstage. Wie war das damals und wie ist es heute? Als ich 2006 das Sponsoring übernommen habe, waren es weniger als die Hälfte der aktuellen Partnerschaften. Das Netzwerk wurde seitdem massiv ausgebaut. Auch die Kooperationen mit den Kunst- und Kulturinstitutionen wurden deutlich verstärkt. Unter der Intendanz von Barbara Pichler hat die Ausrichtung der Diagonale auch internationalere Strahlkraft bekommen und Branchengäste und Presse aus aller Welt konnten für den österreichischen Film begeistert werden. Agnes Godard, Mia Hansen Løve und James Benning (in Kooperation mit dem Kunsthaus Graz) waren dadurch erstmals mit Werkschauen in Graz. Peter Schernhuber und Sebastian Höglinger haben dem Festival dann eine Frischzellenkur verpasst. Es kam zu einer Verjüngung des Publikums, was soviel heißt wie: Jüngere Protagonist*innen und Filmschaffende am Sprungbrett zur Karriere werden verstärkt eingeladen, wobei auch die älteren Meister wie Michael Haneke, Ulrich Seidl und 2019 Hanno Pöschl immer gerne nach Graz gekommen sind. Was machen gute Kooperationen aus? Zufriedenheit auf allen Seiten und Langfristigkeit, damit die Sichtbarkeit, der Wiedererkennungswert und der Imagetransfer auch bei den Kund*innen oder Geschäftspartner*innen des Sponsors ankommt. Es ist wichtig, sich mit den Inhalten identifizieren zu können. So bedeutet das für die Intendanz und mich, in Anlehnung an das Programm, immer wieder Neues zu finden und Projekte maßgeschneidert anzubieten. Gutes behalten, Neues entwickeln. Eine Herausforderung, die aber auch Spaß macht.

DIAGONALE TEAM: Brigitte Bidovec

Auf welche Kooperationen sind Sie besonders stolz? Auf das große Netzwerk der Diagonale-Partner*innen, das uns 2020 auch durch die Krise getragen hat. Auch auf die vielen regionalen Partner*innen von Diagonale #denktweiter. Auf viele MAECENAS-Preise, die wir gemeinsam mit unseren Partner*innen gewinnen konnten. Auch die Diagonale selbst wurde mit der Sponsoringeinreichung »Everyone’s a winner!« ausgezeichnet. Darüber hinaus auf die Preise bei »Nachhaltig gewinnen!« Hier sind wir in der »Hall of fame« gelistet. Auf die Hauptsponsorings der Reihe »Diagonale im Dialog« durch die Steiermärkische Sparkasse seit 2017 sowie von »Wir bauen eine neue Stadt« im Rahmen des Historischen Specials durch die Reininghaus Gründe 2021. Was hat sie dazu bewegt, der Diagonale so lange so nah zu bleiben? Weil mir das Ganze auch über die Jahre hinweg immer noch spannend erscheint. Mir gefallen die Bezüge zwischen Kunst, Film, Festival und Sponsoring. Man möchte ja glauben, dass es mit der Zeit Routine wird, das ist aber überhaupt nicht der Fall. Zum anderen weil das Team, das dann während dem Festival aus mehr als 150 Personen besteht, großartig ist und man sich immer auf Augenhöhe begegnet. Der Austausch mit jungen Leuten gibt mir viel.

The Diagonale is conceived as a forum for the presentation and discussion of Austrian cinematic production. The goal and task of the Diagonale is a nuanced, multifaceted and critical exploration of Austrian cinema as well as drawing the industry into the media spotlight and thereby into public discourse.

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SITUATIONEN AUS DEM ALLTAG Anna Paul stellt Grundlegendes in Frage, sie verstößt gegen alteingesessene Konventionen und Gewohnheiten. In ihrer Kunst erforscht sie Situationen aus dem alltäglichen Leben, wie persönliche Hygiene oder Kochen. So entstehen Skulpturen und Plastiken, die einen Bezug zu den Räumen herstellen, in denen sie präsentiert werden – diese sind oftmals nicht nur Galerien und Museen, sondern auch öffentliche Orte, wie ein Gemeindebau, Sportverein oder ein Supermarkt. Die Präsentation in der Öffentlichkeit ermöglicht ein weiteres Hervorheben von häufig übersehenen Alltagssituationen und -ritualen. Wie würdest du dich als Künstlerin einordnen? In einem Interview habe ich gelesen, dass du dich eher als Bildhauerin siehst. Trifft diese Beschreibung immer noch zu? Ich arbeite mit Objekten und deren Umgebung. Dabei entstehen Skulpturen. Demnach sage ich, wenn ich gefragt werde, was ich mache, dass ich Bildhauerin bin – auch wenn ich keinen Stein haue. Du arbeitest sehr oft in Werkstätten/ in Kooperation mit Werkstätten? Welche Gefühle löst die Arbeit an solchen Orten bei dir aus? Bewildered ist das passendste Wort, das mir dazu einfällt. Ich bin immer wieder verblüfft. Gewachsene Strukturen, ob jetzt die eines industriellen Betriebes, in denen ich immer wieder arbeite, oder das System, das den Hintergrund für unser aller Leben bildet, verwundern mich mit ihrer rigiden Komplexität, die diese Systeme so starr und unflexibel macht. Mir scheint, dein Zugang ähnelt in Ansätzen der Ethnographie. Würdest du dem zustimmen? Die Ethnographie weise ich als Beschreibung für meine Arbeit zurück. Es gibt da kein fremdes Volk, das ich versuche zu verstehen. Vielmehr fragen meine Arbeiten nach den alltäglichen Dingen, die das Leben zusammenhalten. In einem deiner vergangenen Interviews sprichst du über eine von Italo Calvinos Utopien, in der die Menschen einer Stadt Berufe und Wohnungen tauschen. Mit wem würdest du gerne Beruf oder Wohnung tauschen?

KÜNSTLERIN: Anna Paul

In dem Vergleich ging es mir nicht um die Vorstellung, was ich lieber hätte oder wo ich lieber wäre, sondern mehr um das Gefühl, immer woanders zu sein und eine andere Aufgabe zu haben. Am Ende geht es um Empathie, mir und Italo Calvino. Um der Frage nicht ganz auszuweichen: Bundeskanzlerin. Mit dem Gedanken, dass Sebastian Kurz dann nicht mehr diese Position inne hat. Der große Filmpreis der Diagonale ist, denke ich, eine der kleinstformatigen Arbeiten von dir. Was hat dich dazu bewegt, dieses spezielle Format zu wählen? Durchs Denken entstehen die tollsten Dinge. Es geht darum, Zusammenhänge zu verstehen und die Worte, die man benutzt, ernstzunehmen. Ich mag die Kunst des Kleinen und schon vor der Diagonale sind kleinformatige Arbeiten entstanden. Zum Beispiel eine Arbeit mit Schlüsseln, die ich in New York fand, und als imaginäre Wohnungen vermietete. Bei dem großen Filmpreis der Diagonale, eine Muskatnuss aus Bronze, ging es darum, eine neue Geste zu entwickeln und dabei die Trophäe samt ihrer kriegerischen Geschichte zu negieren. Das könnte alles durch die Größe der Preise entstehen, denen man ganz anders begegnet, sie berührt und betrachtet. Seit 2016 wurde die von dir entworfene Award-Skulptur an Gewinner in 16 Kategorien überreicht. Hast du Feedback zu dieser Arbeit erhalten? Weißt du, wie die nussförmige Trophäe aufbewahrt wird? Die Rückmeldungen waren gut. Es kamen einige Nachrichten. Wie die Preise aufbewahrt werden, weiß ich von den meisten nicht, und diese Ungewissheit ist auch irgendwo schön. ■ Erka Shalari www.annapaul.at

Anna Paul jo vetëm vë në pikëpyetje bindje e norma që janë krijuar prej kohësh, por edhe i thyen. Artistja eksploron në praktikën e saj situata nga jeta e përditshme siç janë: higjena personale apo gatimi. Kështu marrin jetë objekte plastike dhe skulptura (...)


Daniel Lichterwaldt


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KÜNSTLERIN: Jennifer Mattes


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Wenn Jennifer Mattes auf einer Party jemanden treffen würde, der sie fragt, was sie beruflich mache, würde sie sich vermutlich für den Spaß entscheiden und antworten: »Ich bin Tierärztin«. Humor, Lachen über sich selbst und die Auseinandersetzung mit der absurden Welt, in der wir leben, macht die Filmkünstlerin nicht nur als Privatperson aus, sondern zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Werke. Ihre Filmkunst regt zum Nachdenken an, lässt die Zuschauenden schmunzeln, ihnen manchmal aber auch das Lachen im Hals stecken bleiben. Humor und Ernst, Vergänglichkeit und Beständigkeit, Kollektiv und Individuum: Ambivalenzen sind ein wesentlicher Bestandteil von Jennifers künstlerischem Ausdruck. »Es geht ihr weniger darum, Antworten zu geben« denn davon, so die Filmkünstlerin, »gibt es sowieso schon genug«. Im Scheinwerferlicht steht die Frage. Eine Frage, die zur nächsten führt, in ein schier endloses Universum, in dem es keine endgültigen Lösungen zu geben scheint. Jennifers Kunst fordert dazu heraus, was am schwersten fällt: Aushalten. Aushalten von sich wechselseitig beeinflussenden Extremen; von scherzverpackter Melancholie und bierernstem Schalk, von Realität und Traum, Nähe und Distanz. Jennifers Arbeiten sind Collagen und Rätsel - bunt, laut, skurril, pathetisch, ironisch und vor allem eigentümlich: Flächen, aus verschiedenen

Ebenen bestehend, auf denen Bild und Wort miteinander spielen. Gespickt mit Hinweisen und Zeichen, die erst nach mehrmaligem Betrachten ihrer Werke aufgefächert werden können. Dabei überlässt die Künstlerin nichts dem Zufall, sie möchte die Zuschauenden mit Gefühlen und Fragen überfluten. Diese Vielschichtigkeit findet sich auch in Jennifers Gemälden wieder. Nach gewisser Zeit übermalt sie diese, »dann ist es ganz wichtig, dass darunter schon etwas war«. Sich selbst im Ansammeln von Bildern und Gedanken verlieren zu können, das ist ein wesentlicher Bestandteil ihres sehnsuchtsgetriebenen Schaffensprozesses. »Ich gehe dauernd verloren«, schmunzelt die Filmkünstlerin, »wenn man gefunden wurde, muss man schauen, dass man wieder verloren gehen kann«. ■ Moira Grimm www.jennifermattes.com

หาก Jennifer Mattes พบกับใครบางคนในงานปาร์ตี้ และถาม เธอว่า เธอทำ�อาชีพอะไร เธออาจเลือกตอบเพื่อความสนุกสนานว่า »ฉันเป็นสัตวแพทย์«

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Bernd Oppls Arbeiten zeugen von seiner Faszination für flüchtige Räume. Räume wie Hotelzimmer, Warteräume oder Internetcafés, in denen man sich nur temporär aufhält. Dabei reichen seine Arbeiten von kleinen Miniaturräumen (Dioramen) bis hin zu raumgreifenden architektonischen Strukturen. Die Dioramen scheinen aus der Ferne eher wie abstrakte Objekte als detailgetreu inszenierte Räume. Erst durch nahes Herantreten an die Kuben, durch ein gezieltes Hineinschauen offenbaren sich die Welten im Inneren, die jedoch stets körperlich unzugänglich bleiben. Ein ähnlicher Moment wohnt auch Oppls größer dimensionierten Arbeiten inne: So wirft auch das fragmentiert nachgebaute Filmstudio »Black Maria« Fragen nach dem Innen und Außen auf, nach Intimität und Distanz.

Deine Werke sind leer von Menschen, leer von persönlichen Gegenständen oder anderen derartigen Dingen. Was ist der Grund dafür? Ich interessiere mich für Zwischenräume, nicht unbedingt für persönliche Räume. Ich will von Räumen erzählen, die von vielen Menschen temporär benutzt und nach deren Nutzung verlassen werden. Das ist ein Moment, der mich sehr interessiert – wie man vielleicht in einem Raum, der leer ist von persönlichen Gegenständen (der Ausstellungsraum ist ja im Grunde auch so ein Ort) doch ganz persönliche Erfahrungen machen kann. Deine Arbeiten reichen von raumgreifenden Installationen und auf Screens übertragenen Videoarbeiten zu kleinen Dioramen, deren Inhalt sich Betrachtenden nur aus enger Nähe erschließt. In »Hidden Rooms« kombinierst du all diese Elemente – wie kam es dazu? Bei der Realisierung von »Hidden Rooms« kam vieles zusammen. Zum einen sind die gezeigten Dioramen über fast fünf Jahre hinweg entstanden und die Ausstellung im Kunstraum Dornbirn war für mich der Anlass, alles unter ein Dach zu bringen. Der Ausstellungsraum ist irrsinnig groß, was die Frage aufwarf, wie ich den am besten mit meinen Arbeiten bespielen könnte. So kam ich auf die Idee, das in Form einer Mikro/ Makro-Welt zu realisieren – wo man vom Großen ins Kleine gehen kann und umgekehrt. Das alte Filmstudio Black Maria spukte mir schon länger im Kopf herum und mit der Ausstellung »Hidden Rooms« war der richtige Moment gekommen, um das umzusetzen.

KÜNSTLER: Bernd Oppl

Bleiben wir noch mal kurz bei der Ausstellung, die ja auch von einer Soundinstallation begleitet wird – wie hat sich die Kooperation mit Andreas Kurz gestaltet? Ich kenne Andreas Kurz schon sehr lange – eine Zeit lang haben wir auch gemeinsam Musik gemacht und sind auf Tour gegangen. Daher weiß ich ziemlich genau, was er macht, und vertraue ihm quasi blind. Und umgekehrt weiß er auch, was ich mache. So gab es eigentlich nicht viel Redebedarf. Natürlich hat er die Pläne gekannt, wir haben uns getroffen und über den Prozess gesprochen. Er war also schon sehr involviert, hat aber auch bei der Ausstellung alles zum ersten Mal gesehen. Dadurch, dass wir uns so lang kennen, hat das dann einfach problemlos funktioniert. Wie würdest du Nähe definieren in Bezug auf deine Arbeit? Ich glaube, ich habe die Tendenz, Sachen zu verstecken. Ich weiß nicht, woher das kommt, aber ich hatte das immer schon. Ich will sie einerseits zeigen, aber gleichzeitig will ich sie verstecken – ich glaube, das ist eine Ambivalenz in meiner Arbeit. Bei manchen der Dioramen reicht es nicht, ihnen einfach nur nahe zu kommen, man muss sogar warten, bis sich das Auge an die Lichtverhältnisse anpasst, weil sie schwarz in schwarz gehalten sind. Außerdem finde ich es spannend, Nähe zu erzeugen und so eine intime Erfahrung mit einem Kunstwerk zu ermöglichen – wenn man näherkommen muss, genauer schauen muss und sich dadurch vielleicht auch des eigenen Blickes bewusster wird. ■ Laura Stöckler www.berndoppl.net


Daniel Lichterwaldt

Imam tendenciju da sakrivam stvari. Ne znam odakle to potiče, ali oduvek je tu. S’jedne strane želim da ih pokažem, ali u isto vreme želim da ih sakrijem. To je ambivalentnost mog rada.


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DOKUMENTARFILM »EVA-MARIA« Der Dokumentarfilm »Eva-Maria« (Österreich, 2021) von Lukas Ladner entstand aus einem Arbeitsverhältnis heraus. Nachdem er sein Studium der Film- und Fernsehregie an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF abgeschlossen hatte, war Lukas Ladner auf der Suche nach einem Job, der flexibel genug war, um nebenher noch Filme zu produzieren. So begann er 2016 als persönlicher Assistent für Eva-Maria zu arbeiten, die aufgrund einer spastischen Zerebralparese seit ihrer Kindheit im Rollstuhl sitzt. Im Interview sprach der Innsbrucker mit uns über (Neu-) Bewertungen von Intimität, Nähe, Repräsentation und die Erfahrungen, die er während der Drehzeit in der Doppelrolle als persönlicher Assistent und Regisseur machte. Der Film zeigt ein differenziertes Por­t­rait von Eva-Maria in der Zeit ihrer Familienplanung sowie während und nach ihrer Schwangerschaft. Wir dürfen sie in verschieden Situationen und Kontexten kennenlernen – von ihrem Arbeitsalltag, ihren Freundschaften und ihrem Familienleben, bis hin zu Arztbesuchen. Eva-Maria bestimmte Nähe und Tiefe der Einblicke dabei fortwährend selbst. Diese Nähe zu Eva-Maria und dem Teil ihrer Persönlichkeit, den sie uns erlaubt kennenzulernen, scheint sich im Film auf der Ebene von körperlicher Nähe zwischen ihr und Ladner widerzuspiegeln: »So etwas wie Berührungsängste gab es zwischen uns nicht«, erzählt der Regisseur. Und doch hat diese körperliche Nähe eine ganz eigene Qualität. So erzählt Lukas Ladner: »Diese Art von Arbeit wirkt von außen vielleicht immer sehr intim, obwohl sie es tatsächlich sehr selten ist. Das habe ich vor allem beim gemeinsamen Schwimmen mit Eva-Maria beobachtet. Ich wusste, dass wir auf andere Leute wie ein Paar wirken, weil wir uns körperlich so nahe sind. Mich beschäftigt etwas ganz anderes. Ich denke daran, wer um uns herum ist – Kommt ihr beim Schwimmen jemand in den Weg oder umgekehrt? Es gibt unzählige Sicherheitschecks, die ich ständig mache. Gleichzeitig beeinflussen mich solche Erfahrungen natürlich in der Bewertung von Berührungen, weil ich Körperlichkeit neu kennen- und bewerten lernte. Körperliche Berührungen werden komplexer im eigenen Erleben«. Als zentralen Anspruch an den Film nennt Ladner den Wunsch, Eva-Maria und ihr Leben so gut wie mög-

FILM: »Eva-Maria«

lich für sich selbst sprechen zu lassen, sie nicht in vorgefertigte Erwartungshaltungen zu pressen oder über sie hinweg zu erzählen. Ein Anspruch, dem er gerecht wird: Der Film zeigt einen intimen Einblick in Eva-Marias Handeln, Denken und Fühlen. Er zeigt Menschlichkeit und Freundschaft und strotzt dabei nur so von Eva-Marias Optimismus und starkem Willen. Lukas Lader hofft, dass der Film dazu einlädt, »die oftmals als fremd und exotisch dargestellte und konzeptualisierte Welt von Menschen mit Behinderung als so vertraut wie die eigene wahrzunehmen. So können wir vielleicht erkennen, dass es viel mehr Anknüpfung und Identifikation gibt, als wir denken – dass wir alle im Grunde einfach versuchen, ein gelungenes Leben zu ■ Laura Stöckler führen«. www.vimeo.com/lukasladner

De documentaire "Eva-Maria" (Oostenrijk, 2021) van Lukas Ladner is ontstaan vanuit ​​ een werkrelatie. Na het afronden van zijn studie film- en televisieregie aan de Film Universiteit Babelsberg KONRAD WOLF, was hij op zoek naar een baan die flexibel genoeg was om daarnaast aan films te werken.


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EDITORIAL: Les Nouveaux Riches

➊ Beiger Overall: Wolfmich, Schmuck: privat ■ Silberner Body: Wolfmich, Hose: Monki, Schuhe: Fundus Clarisse Maylunas ➋ Weißer Hosenanzug: Kleider gehen um; Hut, Schmuck & Fächer: Fundus Clarisse Maylunas




Darf ich dir heute nah sein? Was ist Nähe? Die Berührungen eines geliebten Menschen, der Geruch des Vertrauten, die Dynamik einer Gruppe. Die Otto-Wagner-Villa, einst bewohnt und ausgestattet vom österreichischen Künstler Ernst Fuchs, bietet als Ort des regen Austausches eine malerische Kulisse, um die Augenblicke eines lang ersehnten Wiedersehens zu zelebrieren. Diese Momente haben wir in Form einer Modestrecke eingefangen und bedanken uns beim Ernst-Fuchs-Museum für das Zulassen von Nähe.

La villa di Otto Wagner, un tempo abitata e arredata dall'artista austriaco Ernst Fuchs, ha offerto uno scenario pittoresco, per uno scambio vivace nel celebrare i tanti attesi momenti di riunione.

➌ Schwarze Weste & schwarze Hose: Fundus Clarisse Maylunas; Ring: Monki ■ Schwarzes Kleid: Wolfmich, Ring: Monki, Ohrringe: privat ➍ Rotes Kleid: Fundus Clarisse Maylunas ■ Rotes, durchsichtiges Kleid & schwarzer Body: Kleider gehen um

➏ Grüner Mantel: Kleider gehen um ■ Grünes Hemd: Fundus Clarisse Maylunas, Brille: privat


EDITORIAL: Les Nouveaux Riches

➐ Mantel: Kleider gehen um, Brille: NEUBAU Eyewear ➑ Orangefarbenes Kleid: Fundus Clarisse Maylunas ■ Orangefarbener Anzug, weißes Hemd: Fundus Clarisse Maylunas, Kette: GKBS, Brille: privat



DESIGN: NEUBAU EYEWEAR

➒ Silberner Body: Wolfmich, Hose: Monki, Schuhe: Fundus Clarisse Maylunas, Brille: NEUBAU Eyewear

Art Direction & Styling: Petra Schnakenberg Fotograf: Daniel Lichterwaldt Haare & Make-up: Katharina C. Herzog Models: Felix Brunner , Vanessa & Vanessia Dalmeida,Ji So Kim, Sophie Mahraski

Outfits: Fundus von Clarisse Maylunas (www.clarissemaylunas-praun.com), GKBS (www.gkbs.eu), Kleider gehen um (www.instagram.com/kleidergehenum), Monki (www.monki.com ), NEUBAU EYEWEAR (www.neubau-eyewear.com), Wolfmich (www.wolfmich.com) Location: Ernst Fuchs-Museum (www.ernstfuchsmuseum.at)


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NEUBAU EYEWEAR ist eine österreichische Brillenmarke, die Premiumbrillen mit Nachhaltigkeit im Herzen entwirft und herstellt. »Premium« bedeutet für NEUBAU EYEWEAR Nachhaltigkeit, Verantwortung und Design. Wir haben uns mit Daniel Liktor, dem Global Brand Director, unterhalten, um mehr über die Marke zu erfahren. Was prägt die Designsprache von NEUBAU EYEWEAR? Eine starke Zeitlosigkeit und Eigenständigkeit. Wir versuchen nicht jedem Trend hinterherzulaufen, sondern eine möglichst eigene Formensprache zu entwickeln, mit einem hohen Wiedererkennungswert – nicht einfach zu bewerkstelligen mit einer Brille. Unverwechselbares Design und eine nachhaltige Philosophie. Welche ökologischen Standards gibt es? Welche nachhaltigen und innovativen Materialien werden verwendet? Wir produzieren nach dem EMAS - Environmental quality seal Standard. EMAS steht für »Eco-Management and Audit Scheme«. EMAS zeigt die Relevanz auf, mit der wir transparent und nachhaltig produzieren. Zudem unterstreicht EMAS den holistischen Ansatz und die Konsistenz, wie wir möglichst umweltfreundlich inmitten von Österreich produzieren. Bei den Materialien sind unsere Kunststoffe besonders zu erwähnen. Wir arbeiten mit bio-basierten Polymeren, die aus dem Öl der Rizinuspflanze gewonnen werden. Im 3D-Produktionsverfahren ist es uns gelungen, den bio-based Anteil auf 100% zu erhöhen. Zum Vergleich: Bei unseren NaturalPX Brillen liegen wir bei 65%. Im Titan- und Edelstahlbereich sind wir ehrlich und gaukeln keine Materialgeschichte vor. Wir beziehen qualitativ hochwertige Rohstoffe und produzieren daraus unter sozial fairen und EMAS-qualifizierten Standards qualitativ hochwertigste und extrem langlebige Brillen, natürlich in Linz. Wie viel Leidenschaft steckt in NEUBAU EYEWEAR? Welchen Herausforderungen stellt ihr euch regelmäßig? Extrem viel! Da wir die Marke gegründet und die letzten Jahre mit Hilfe des Mutterunternehmens Silhouette aufgebaut haben, ist das Identifikationspotential aller Beteiligten ungewöhnlich hoch. Wir fragen uns regelmäßig, ob wir auf dem richtigen Weg sind, unser Tun zeitgemäß und markenadäquat ist, wir unsere Potentiale bestmöglich ausschöpfen, und das alles auch selbstkritisch. Ab und an eine Reiberei innerhalb des Teams schadet nicht – ganz im Gegenteil. So lange es konstruktiv bleibt, bringt es jedem Beteiligten etwas, Feedback zu geben und zu empfangen, daran zu wachsen. Wie kam die Kooperation mit dem deutschen Label ODEEH zustande? Und was verbindet euch? Wir wurden einander vorgestellt; ein guter Match, wie sich schnell herausstellte. Neben persönlicher Sympathie gibt es eine große Gemeinsamkeit, die uns stark verbindet. Der common sense, wenn es um Regionalität und handwerklich gefertigte, hochwertige und zeitlose Produkte geht.

INTERVIEW: Daniel Liktor

Ihr habt vor Kurzem auch die Special Edition »Lotte & Hans« gelaunched. Wovon habt ihr euch bei dieser Kollektion inspirieren lassen? »Lotte & Hans« spiegelt unser starkes Interesse für die Erhaltung unserer Weltmeere wider. Hans und Lotte waren ihrer Zeit weit voraus und können ohne Übertreibung zu den Pionieren der marinen Umweltschützer gezählt werden. Ihnen wollen wir dieses Unikat widmen. Kannst du uns mehr über den Entstehungsprozess erzählen? Wie lange wurde daran gearbeitete? Von der ersten Idee, über die Entstehung erster Design-Zeichnungen bis zu finalen Prototypen vergehen schnell zwölf Monate. Für den Kunden ist das Produkt nochmals sechs weitere Monate später verfügbar. In Summe vergehen ergo gut anderthalb Jahre. »Lotte & Hans« ist eine weitere Brille aus Titan. Welche Vorteile hat das Material gegenüber anderen? Titanium ist extrem widerstandsfähig und langlebig, dabei ist es extrem leicht. Es hat tolle Materialeigenschaften, die die Funktionalität sehr positiv beeinflussen. Wir möchten Produkte entwickeln und vermarkten, die eine hohe Lebensdauer haben – eine Brille zum Vererben. Man spürt den innovativen Gedanken hinter der Marke. Kannst du uns schon verraten, was ihr noch geplant habt? Produktseitig werden wir im 3D-Druck an weiteren Möglichkeiten und Detaillösungen arbeiten. Bezüglich Kommunikation und Vertrieb wird es in Zukunft sicher auch einen Umschwung geben, initiiert durch die Digitalisierung, da wollen wir natürlich ebenfalls vorne mit dabei sein. Wem bist du für das letzte Jahr besonders dankbar? Möchtest du abschließend noch jemanden grüßen? Meiner Partnerin Ludmilla. Sie hat letztes Jahr im Juli unseren kleinen Jungen zur Welt gebracht, ein unfassbarer Wendepunkt in meinem Leben – und meinem Team, wir haben trotz der Pandemie mit all ihren Einschränkungen und Unsicherheiten gemein■ Daniel Lichterwaldt sam Großes geleistet! www.neubau-eyewear.com

NEUBAU EYEWEAR - австрийский бренд очков, который разрабатывает и производит очки премиум-класса, заботясь об экологичности. Для NEUBAU EYEWEAR «Премиум» означает экологичность, ответственность и дизайн.

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Sarah Bzoch est maquilleuse. Pour elle, le visage est comme une toile blanche. Son style est insolite, plein de fantaisie et d'une grande variété. Sarah a quitté l'école à 15 ans pour devenir une maquilleuse très demandée à seulement 21 ans. Elle travaille pour des personnalités comme Conchita Wurst ou des magazines comme Vogue Italia.

Ausstellung: Gert Resinger - INCONTINENTAL bei Büro Weltausstellung (www.bueroweltausstellung.com)

MASKENBILDNERIN: Sarah Bzoch


DAS GESICHT IST EINE LEINWAND

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Sarah wusste schon früh, dass sie Maskenbildnerin werden wollte. Nachdem sie mit 15 Jahren die Schule abbrach und eine Ausbildung als Make-up-Artist machte, arbeitet sie nun mit gerade Mal Anfang zwanzig für internationale Größen wie Conchita Wurst. Würdest du Maskenbild als Kunst bezeichnen? Auf jeden Fall! Es gibt natürlich auch da Unterschiede, ob ich nur einen Pickel retuschiere oder eine aufwendige Maske mit Prothesen herstelle. Als Kind habe ich immer viel Kunst gemacht und alle möglichen Techniken ausprobiert: Aquarell-, Öl- und Pastellmalerei. Diese Techniken helfen mir noch heute bei meiner Arbeit. Irgendwann habe ich die Leinwand dann gegen Gesichter eingetauscht. Ich finde, das Gesicht eines Menschen ist wie eine Leinwand, aber individuell, nie blank wie ein Blatt Papier. Das finde ich spannend und das reizt mich so an meinem Beruf. Wie würdest du deinen Stil in drei Worten beschreiben? Unangepasst, spielerisch, vielfältig.

Mit deinem Beruf bist du immer sehr nah am Gesicht einer Person: Du siehst kleine Unreinheiten, spürst den Atem des Models. Was bedeutet Nähe für dich? Gab es schon Situationen, in denen du zu nah warst? Oder gar zu fern? Glücklicherweise war ich in meinem Beruf noch nie in der unangenehmen Situation, dass mir jemand zu nah war. Ehrlich gesagt kann es mir eigentlich nicht nah genug sein. Ich finde es schön, dass ich jede Pore, jede kleine Unreinheit des Models sehe. Diese kurze anhaltende Intimität, während ich jemanden schminke, ist fast, als wäre ich für einen Moment die beste Freundin dieser Person. ■ Petra Schnakenberg

Daniel Lichterwaldt

Wo findest du deine Inspiration? Nicht auf Instagram. Die Welt hat so viel mehr zu bieten. Mich inspiriert vor allem die Natur, die Architektur und Texturen. Derzeit verfolge ich die Arbeit von russischen Makeup-Artists, die relativ unbekannt sind und in einem kleinen Dorf leben. Ihre Arbeiten finde ich großartig.

www.sarahbzochmakeup.com

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Es gibt zahlreiche Objekte in unserem Alltag, die wir als nebensächlich erleben. Doch obwohl sie uns oft nicht einmal auffallen, wir sie als selbstverständlich betrachten oder vielleicht sogar als lästig oder überflüssig erleben, spielen sie doch eine nicht zu vernachlässigende Rolle in unserem Leben, die man nicht auf Funktion und Gebrauchswert reduzieren kann. Ich denke, es sind vielleicht genau diese übersehenen täglichen Begleiter, die maßgeblich dazu beitragen können, dass sich uns ein Ort vertraut anfühlt. Ich lasse meinen Blick um mich schweifen, nehme meine lang vertraute Wohnung ganz bewusst neu wahr. Die Aluschalen ausgebrannter Teelichter sprechen von meiner zum Ritual gewordenen Vorliebe dafür, mein Zimmer abends mit Kerzenschein auszuleuchten, während tagsüber das Sonnenlicht durch die Luft schwebende Katzenhaare offenbart. Es stapeln sich Kaffeetassen und verstaubte Materialexperimente, in einer Lade unter meinem Bett verstecken sich auseinandergenommene Überreste alter Arbeiten. Die Installation bringt all diese Objekte in einem neuen Kontext zusammen. Es entsteht eine vertraut wohnhaft anmutende Szene, die sich jedoch bei näherem Betrachten als fremd herausstellt. Ursprüngliche Funktionen gehen verloren: die aus einer Perlenkette gebundene Kaffeetasse kann keine Flüssigkeit halten, die meisten der Teelichter sind ausgebrannt. In Plastik verpackte Katzenhaare und mit Latex bezogener Karton schmücken die Wand des angedeuteten häuslichen Raums – ein Eindruck, der verstärkt wird durch ein fragiles, von Nylonfäden hängendes Fenster (oder Leinwand-)Gerüst. Was die Arbeit bedingt: »Können sich Alltags- und Gebrauchsgegenstände in Kunstobjekte verwandeln, neue Funktionen erhalten und so neue Bedeutungsebenen geschaffen werden?« Das mag und kann ich an dieser Stelle nicht beantworten – ich hoffe aber, dass sie ihre Zurschaustellung so sehr genossen haben wie ich ihr Kennenlernen. laurastoeckler.wordpress.com

A művet meghatározó kérdés: "Átalakulhatnak-e a mindennapi és a használati tárgyak művészeti tárgyakká, kaphatnak-e új funkciót és ezáltal teremthetnek-e új jelentésszinteket?

INSTALLATION: Laura Stöckler


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DIAGONALE

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Betrachte das Gebäude, in dem du wohnst. Wie viele Zimmer grenzen aneinander, wie viele Geschichten leben zusammen unter einem Dach? Deine Füße tragen dich durch ein Museum, jeder Schritt ein Suchen. Etliche Augenpaare, die sich auf dasselbe Objekt richten, in dem sie etwas finden. Erinnere dich, wie behutsam sich die Sessel eines Kinos an deinen Körper schmiegen. Du kennst keinen Menschen hier, und doch teilt ihr für ein paar Minuten ein Gefühl. Eure Sinne sind mehr, sind Antennen der Nähe. Kannst du wahrnehmen, wie es ist, Element eines Ganzen zu sein? Lass das Gras deine nackten Füße kitzeln. Du kannst spüren, wie die Erde dich trägt. Sie lädt dich dazu ein, du selbst zu sein. Berühre die Rinde eines Baumes, der sich dir aus dem Boden entgegenstreckt. Lass die klare Luft in deinen Lungen Platz nehmen. Die Wolken wollen dir ein Luftschloss bauen, Blumen neigen sich die Köpfe zu. Keine gleicht der anderen, sie blühen in ihrer Einzigartigkeit. Kannst du sehen, wie sich die Natur in ihrem vollkommenen Gewand zeigt? Begegne einem Menschen, den du liebst. Bemerke, wie eure Augen einen Bogen spannen. Wie sich eure Blicke ineinander verhaken. Lasst die Vertrautheit eintreten, sie ist warm. Nimm wahr, wie sich dein Körper entspannt, wie er sich fallen lässt. Du kannst sehen, wie schön dieser Mensch in seiner Eigenheit leuchtet. Die Geschichte, die ihr teilt, gehört euch. Durch ihn bist du bei dir, durch dich ist er bei sich. Kannst du erkennen, wie sich Nähe gegenseitig bedingt? Laufe durch deine Stadt. Zähle die Balkone in deinem Grätzel, auf denen Pflanzen wachsen. Nimm bewusst wahr, in welchen Farben die Häuserfassaden leuchten. Finde die Sonne. Schenke jemandem ein Lächeln, es vermehrt sich. Halte inne und lass den Großstadttanz durch jede deiner Poren dringen. Erinnere dich an den Duft eines Ortes, an dem du dich angekommen fühlst. Kannst du wahrnehmen, was Zuhausesein bedeutet? Fang deinen eigenen Blick im Spiegel ein. Zieh ihn lang, lass ihn eintreten und dich von innen umarmen. Nicke dem Erwachsenen zu, nimm das Kind an die Hand. Streiche ihm tröstend über den Kopf. Lass deine Lieblingsmusik laufen und deine Hülle dazu tanzen. Bewege dich in deinem eigenen Raum, als hättest du ihn noch nie betreten. Sprich zu dir, wie zu einem Menschen, den du liebst. Du fällst nicht mehr, denn du kannst dich fangen. Es ist nicht mehr wichtig, wer dich sieht, weil du es tust. Kannst du spüren, wie nah du dir selbst bist?

KOLUMNE: Moira Grimm

Mostra o teu sorriso, é contagiante. Faz uma pausa e deixa a grande cidade entrar em cada um dos teus poros. Lembra-te do aroma do sítio a que sentes ter chegado. Consegues perceber o que significa sentires-te em casa?


MOHNSTRUDEL RISOTTO.

MOHN KANN MEHR.


ART WEEKLY MAGAZINE

ÖS: 35 ,-

JUNE 1986

PHOTO BY ZOE OPRATKO

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