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Tullia Veronesi/Marie-Luise Pugl: Immobilien-Investitionen über die Blockchain

THEMA

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Die MWSt-RL verdrängt somit § 6 Abs 1 Z 17 und § 10 Abs 2 Z 3 lit b UStG nicht. Eine rückwirkende Aufhebung23 ist nach dem Rechtsstaatsprinzip ausgeschlossen.24

5. Ergebnis

EigG dürfen auf die Geltung der unechten Befreiung (mit Option zur Umsatzsteuerpfl icht) nach § 6 Abs 1 Z 17 und § 6 Abs 2 UStG ebenso vertrauen wie auf die Geltung der Steuersatzermäßigung von 10 % USt nach § 10 Abs 2 Z 3 lit b UStG.

Abgabenbegünstigungen des österreichischen Umsatzsteuerrechts sind zu Gunsten der Abgabepfl ichtigen auch dann anzuwenden, falls sie gegen die MWSt-RL verstoßen.

Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts greift nur zu Gunsten, jedoch nicht zu Lasten der Abgabepfl ichtigen. § 6 Abs 1 Z 17 und § 10 Abs 2 Z 3 lit b UStG fallen nicht unter die Befreiung einer „Vermietung und Verpachtung von Grundstücken“ nach Art 135 Abs 1 lit l der MWSt-RL.

Die Bestimmungen verhindern jedoch eine Unterbrechung der Unternehmerkette mit Vorsteuerabzug und sichern so systematisch konsistent die Kostenneutralität der Umsatzsteuer in der

23 Siehe dazu M. Mayr, SWK 2021, 1101 ff . 24 Beiser, Die Eff izienz des Rechtsschutzes in der Normenkontrolle – eine Ausrichtung der Aufhebung gesetzwidriger Verordnungen und verfassungswidriger Gesetze zu Gunsten aller Geschädigten im Sinn eines Rechtsstaates, ecolex 2020, 1019 ff ; Beiser, Der Rechtsschutz in der Normenkontrolle des Verfassungsgerichtshofes, in Matzka/Hilpold/Hämmerle, 100 Jahre

Verfassung (2020) 104 ff . Unternehmerkette kraft Vorsteuerabzug: Viele Wohnungseigentumsobjekte (Wohnungen, Geschäftsräume, Garagen) werden für Umsätze mit Vorsteuerabzug genutzt. Die Weiterbelastung der Kosten einer EigG an ihre Mitglieder mit einer Rechnung nach § 11 UStG ermöglicht systematisch konsistent einen Vorsteuerabzug in der Unternehmerkette.

Tragen Wohnungsmieter die von einer EigG verrechneten Kosten aus der Erhaltung, Verwaltung und dem Betrieb ihrer gemieteten Wohnung, so werden die Mieter folgerichtig mit 10 % USt begünstigt. Das ist systematisch konsistent und sachgerecht (Art 7 B-VG): Soweit Allein- oder Miteigentümer Wohnungen vermieten, werden die Kosten für die Erhaltung und Verwaltung im mit 10 % USt begünstigten Mietentgelt verrechnet. Die Beheizung (Lieferung von Wärme) wird auch nach § 10 Abs 2 Z 3 lit b UStG nicht begünstigt. § 6 Abs 1 Z 17 (iV mit § 6 Abs 2) und § 10 Abs 2 Z 3 lit b UStG sind iSd MWSt-RL und der österreichischen Besteuerung von Wohnraumvermietungen mit 10 % USt systematisch und teleologisch konsistent und somit als unionsrechtskonform zu qualifi zieren.

Der Autor:

Univ.-Prof. Dr. Reinhold Beiser lehrt am Institut für Unternehmens- und Steuerrecht an der Universität Innsbruck.

Publikationen:

Steuern – Ein systematischer Grundriss18 (2020) sowie weitere Bücher und zahlreiche Artikel in Fach zeit schriften.

reinhold.beiser@uibk.ac.at lesen.lexisnexis.at/autor/Beiser/Reinhold

Mag. Tullia Veronesi, LL.M./Mag. Marie-Luise Pugl

Immobilien-Investitionen über die Blockchain

»ImmoZak 2021/44

Blockchain und Smart Contracts revolutionieren mit ihrem disruptiven Potential viele Bereiche der Wirtschaft. Gerade im Immobilienbereich bieten sich zahlreiche Anwendungsbereiche vom Grundbuch bis zur tokenisierten Immobilie. Der vorliegende Beitrag skizziert einen Überblick über den (potentiellen) Einsatz der Blockchain im österreichischen Immobilienwesen.

1. Allgemein

1.1. Blockchain

Blockchain ist nun seit geraumer Zeit das „Buzzword“ iZm Digitalisierung und Zukunftstechnologie in jeglichen Branchen und etabliert sich auch zunehmend im Immobiliensektor.

Vereinfacht dargestellt ist die Blockchain eine Kette aus Datenblöcken, die in ein dezentrales Peer-to-Peer-Netzwerk1 eingebracht und gespeichert wird. Dabei wird ein Block mit Daten gefüllt und anschließend an alle Teilnehmer des Netzwerkes zeitgleich weitergeleitet. Erst wenn die Mehrheit der Teilnehmer den Block auf seine Authentizität überprüft hat, wird dieser durch einen kryptographischen Schlüssel versiegelt und der Blockchain als neues Kettenglied angehängt.2 Durch diese „CrowdÜberprüfung“ wird das Erfordernis eines Intermediären – wie eine Bank, ein Makler oder ein Immobilienfonds –, dem vertraut werden muss, gänzlich eliminiert.

1 Siehe dazu schon Seeber/Schweiger/Schachner, Immobilientransaktionen über die Blockchain, immolex 2018, 38 (39). 2 Veronesi in Anderl, Blockchain in der Rechtspraxis (2020) Einleitung 1 ff .

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Die eigentliche Kette zwischen den Blöcken bilden sogenannte „Hashs“. Dabei handelt es sich um einen algorithmisch errechneten „digitalen Fingerabdruck“ des gesamten Dateninhalts eines Blocks. Jeder Block enthält – als Verbindung – den Hashwert des vorherigen Blocks und ist sodann Teil des Blockdateninhalts der für den Hashwert des neuen Blocks gehashed wird. Würde sich so nur eine kleinste Dateneinheit des Blocks ändern, ergäbe dies einen anderen Hashwert und die Kette würde zerbrechen.

Durch das Hashen, den dezentralen Verifi zierungsprozess sowie die Verteilung dieses Blocks im gesamten Netzwerk ist die Blockchain manipulationssicher und darin dokumentierte Transaktionsdaten können nicht mehr im Alleingang von Teilnehmern rückwirkend geändert werden.3 Da alle Netzwerkteilnehmer zeitaktuell in die gesamten Blockchainhistorie Einsicht haben, bietet diese Technologie auch enorme Transparenzvorteile. Zusätzlich ist die Eintrittsschwelle, um an Blockchainanwendungen teilnehmen zu können, sehr gering. Jeder User der sich eine Zugangssoftware (sogenannte Wallets) herunterlädt, kann an derartigen Modellen partizipieren.

Transparenz und Zugänglichkeit für Jedermann sowie die Möglichkeit, auf oft kostspielige Einschaltungen von Mittelsmännern zu verzichten, macht die Blockchain für den Immobiliensektor besonders interessant.

1.2. Smart Contracts

Eine der meistgenutzten Funktionen der Blockchaintechnologie sind Anwendungen die auf sogenannten „Smart Contracts“ basieren. Das sind keine Verträge im rechtlichen Sinn, sondern kleine Softwareprogramme, die auf die Blockchain aufgesetzt werden und simple vordefi nierte Wenn-Dann-Funktionen auslösen.4 Die Bedingungen, bei deren Eintritt der Smart Contract eine Aktion ausführt, sind bereits vom Entwickler vorab defi niert und im Protokoll des Smart Contracts verankert. Bei Eintritt des „Triggerevents“ führt der Smart Contract die Funktion vollautomatisch aus, ohne dass es einer weiteren Interaktion bedarf.5 Dadurch können Transaktionen nicht nur zeitaktuell, sondern auch kostengünstig durchgeführt werden.

1.3. Tokenisierung

Vereinfacht dargestellt ist Tokenisierung die digitale Abbildung – via Smart Contract – eines realen Vermögenswerts oder einer Rechtsposition an einem Asset oder einem Teil davon. Grundsätzlich lässt sich damit jedes Recht an einem Vermögenswert digital darstellen.6 Je nach Anwendungsfall variiert dabei die Ausgestaltung des Tokens. Bei Forderungsrechten, wie zB bei Wertpapieren oder Darlehen wird das Forderungsrecht direkt mit dem Token ver-

3 Creusen/Gall/Hackl, Digital Leadership (2017) 17. 4 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, NFT – Ein Selbstversuch, ecolex 2021/ 324. 5 Anderl/Schelling/Veronesi in Anderl, Blockchain, Die Blockchain als Software 23 ff . 6 Veronesi in Anderl, Blockchain, Technische Details der Blockchain 15 ff . knüpft. Das bedeutet, dass nur der tatsächliche Inhaber des Tokens auch das Recht – als Gläubiger – ausüben kann. In anderen Fällen muss ein Treuhänder zwischengeschaltet werden, der das reale Asset, zB einen Goldbarren, zuerst für den Verkäufer des Tokens und dann für den neuen Käufer – via Besitzanweisung – physisch besitzt. Um Verwendungszusagen zu tokenisieren, werden zB Treuhandgesellschafter eingesetzt, die sicherstellen, dass das zusagende Unternehmen seine Zusage auch einhalten kann. Mit dem Token selbst ist diese Verwendungszusage verknüpft.7 Dadurch können die „verbrieften“ Assets leicht und transparent via Blockchain übertragen werden. Außerdem bedarf es für die Übertragung der Token keiner Mittelsmänner, was insgesamt zu einer Kostensenkung der Transaktion führt.

2. Liegenschaftsrechtliche Ausgangslage in Österreich

Österreich hat schon früh den Schritt zur Digitalisierung des Grundbuchs gemacht und so verfügt die Republik seit den 1990er-Jahren über ein (weitgehend) digitales Register.

Die Übertragung von Eigentum erfordert in Österreich – neben dem Vorliegen eines wirksamen Verpfl ichtungsgeschäftes – der Einverleibung im Grundbuch als Modus. Voraussetzung hierfür ist wiederum die Erfüllung unterschiedlicher Formvorschriften und Bedingungen. Der Kaufvertrag muss beglaubigt (oder gar in Form eines Notariatsaktes) abgeschlossen werden, die Selbstberechnung bzw Abfuhr der GrESt nachgewiesen und ggfs grundverkehrsbehördliche Genehmigungen vorgewiesen werden.

All diese Formvorschriften verhindern derzeit eine Übertragung von Eigentumsanteilen im Wege der Blockchaintechnologie. Der Tokenisierung von Immobilien steht – sofern es sich bei der Zielliegenschaft um ein Wohnungseigentumsobjekt handelt – zudem folgender Aspekt des Wohnungseigentumsrechts entgegen: Wohnungseigentumsobjekte können maximal im Eigentum von zwei natürlichen Personen stehen (§ 5 Abs 1 WEG).

3. Anwendungsbeispiele

3.1. Das Grundbuch der Zukunft?

Die Anwendung von Blockchain und Smart Contracts bietet sich für Grundbücher besonders an, denn dort sind weitgehend standardisierte Abläufe abzuwickeln.8 Für ein Blockchain-Grundbuch müsste jeder Liegenschaftsanteil einem Token zugewiesen werden. Die Umsetzung eines Blockchain-basierten Grundbuchs ist aber in Österreich derzeit kein Thema. Das aktuelle Grundbuchsystem funktioniert und hat sich als äußerst manipulationsresistent erwiesen.

In anderen Ländern wurde der Sprung in die Zukunft bereits gewagt und Blockchain-basierte Grundbuchsysteme getestet oder gar eingeführt. Die Versprechungen der Blockchain-basierten Grund-

7 https://brutkasten.com/tokenisierung-recht-oesterreich-verknuepfung/, abgerufen am 8. 11. 2021. 8 Seeber/Schweiger/Schachner, immolex 2018, 38 (39 f).

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buchabwicklung sind dabei groß: neben deutlicher Beschleunigung und Automatisierung des Prozesses steht für viele Länder auch die Korruptions- und Manipulationsbekämpfung im Vordergrund.

Die Umsetzungsschritte folgender Länder seien hier beispielhaft genannt: Georgien ist schon im Jahr 2016 eine Partnerschaft mit dem technischen Provider Bitfury eingegangen, um eine Blockchain-Plattform für das Grundbuch zu schaff en.9 Schweden erprobte 2016/2017 eine Blockchain-Lösung im

Rahmen eines Pilotprojektes. Dabei wurden Transaktionen über Blockchain und Smart Contracts abgewickelt und die

Übertragung der Immobilien erfolgte gänzlich digital (inkl

Grundbucheintragung und Kreditbeantragung).10 Für eine großfl ächige Umsetzung wäre eine Gesetzesänderung erforderlich, die bis dato nicht erfolgt ist. In der Ukraine wurde bereits 2017 eine Immobilientransaktion gänzlich mittels Smart Contracts abgewickelt.

3.2. Immobilien als Non fungible Token

Non fungible Token („NFT“) sind nicht austauschbare, einzigartige Token die als digitale Einheit ein Recht an einem realen Asset „verbriefen“. Ziel ist es idZ den NFT mit der Immobilie irreversibel zu verknüpfen und so den Eigentumsübergang nur in Kombination zu ermöglichen.

Technisch gesehen ermöglicht ein NFT die Zuordnung der Adresse eines Wallets (public-keys) zu einer Person (Inhaber) bzw zu einem Asset. Diese Zuordnung wird dann via Smart Contract in der Blockchain gespeichert und im Netzwerk verbreitet.11 Durch diese manipulationssichere Eintragung kann eindeutig und transparent festgestellt werden, wer Eigentümer des NFTs ist, und die gesamte Titelkette anhand der Blockchainhistorie nachvollzogen werden.12 Wir sehen diesen Anwendungsfall jedoch in Österreich als nicht sonderlich sinnvoll an, da das österreichische Grundbuch ohnehin einen transparenten Einblick in die Titelkette von Liegenschaften ermöglicht und derzeit zu viele rechtliche Rahmenbedingungen einer Umsetzung im Weg stehen (siehe Punkt 2. und Punkt 3.1.). Außerdem sollte der für die Rechenleistung erforderliche und oft kritisierte Energieverbrauch von Blockchainanwendungen nicht außer Acht gelassen werden.13

3.3. Investing

Im Investmentbereich ermöglicht die Blockchain neue Geschäftsmodelle, in denen sich Kleinanleger recht einfach und

9 http://www.mitpressjournals.org/doi/pdf/10.1162/inov_a_00276, abgerufen am 7. 11. 2021. 10 Noll, Distributed-Ledger-Technologie im Grundbuchwesen: Implikationen auf die Transaktionskosten, (submitted version 2019); https://ul.qucosa. de/id/qucosa%3A34014, abgerufen am 16. 11. 2021. 11 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 495 ff . 12 Benes, Echte und fi ktive Immobilien auf der Blockchain, ecolex 2021/326, 505 ff . 13 Kucsko/Pabst/Tipotsch/Tyrybon, ecolex 2021, 499. kostenarm an Immobilienprojekten beteiligen können. Auch wenn es derzeit in Österreich nicht sinnvoll ist, eine Immobilie als NFT auszugestalten, so können alternative Blockchain-basierte Modelle, zB über Treuhänderkonstruktionen oder Genussrechte, dennoch interessante Beteiligungskonzepte darstellen. Diese Alternativen könnten in Zukunft dem derzeit schon etablierten Modell des Crowdfunding Konkurrenz machen. Vorab sei gesagt, dass sich iZm derartigen Gestaltungsformen immer auch aufsichts- und kapitalmarktrechtliche Fragen stellen, welche allerdings den Rahmen dieses Beitrags sprengen würden.

3.3.1. Nachrangdarlehen/Crowdfunding

Einige Projektträger fi nanzieren geplante Immobilienprojekte durch Mezzaninkapital, das sie über Crowdfunding-Plattformen einsammeln. Dabei können (Klein-)Anleger über Plattformen ihr Kapital in Form von qualifi zierten Nachrangdarlehen den Projektträgern zur Entwicklung ihrer Immobilienprojekte zur Verfügung stellen. Nach Ablauf der festgelegten Darlehenslaufzeit (meist zwischen 18 und 48 Monaten) erhalten die Nachrangdarlehensgeber – sofern das Projekt nicht gescheitert ist – eine Rendite (je nach Risiko zwischen 4–7 % ihres eingesetzten Kapitals). Aufgrund gesetzlicher Vorgaben können derartige Crowdinvesting-Projekte in Österreich nur ohne unbedingten Rückzahlungsanspruch strukturiert werden. Das bedeutet, dass der Nachrangdarlehensgeber einerseits im Insolvenzfall erst nachrangig (nach anderem Fremdkapital) befriedigt wird und andererseits – solange sich der Projektträger als Darlehensnehmer in einer wirtschaftlichen Krise befi ndet – keine Rückzahlung des Darlehens verlangen kann.14

3.3.2. Partizipation an Bestandsobjekten

Derzeit etablieren sich neue Geschäftsmodelle, die es (Klein-) Investoren ermöglichen, an laufenden Mieteinnahmen von Bestandsobjekten zu partizipieren. Dafür werden auf Plattformen existierende Anlegerwohnungen oder Zinshäuser, die in eine Vielzahl von digitalen Einheiten (Security Token) zerstückelt sind, angeboten. Dadurch kann sich jeder Investor durch den Erwerb eines Tokens einen Kleinstanteil an den monatlichen Mieteinnahmen sichern. So wird die Partizipation an Mieteinnahmen massentauglich, denn bereits ab wenigen tausend Euros Investitionskapital kann der Kleinanleger eine monatliche Mietrendite von 2–4 % erzielen.

Security Token werden in Österreich als Wertpapiere qualifi ziert. Käufe und Verkäufe werden daher grundsätzlich wie gewohnt über die Depotbank oder den Broker in Auftrag gegeben. Das Wertpapier verbrieft das Recht auf den Nettoüberschuss aus den laufenden Mieteinnahmen, für unbestimmte Zeit.

Für die rechtliche Gestaltung bieten sich hierfür Genussrechte an. Diese verschaff en ihrem Besitzer typischerweise einen schuldrechtlichen Anspruch auf Beteiligung am Gewinn. Durch die relativ freie Gestaltbarkeit der Genussrechte können den An-

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legern maßgeschneiderte Rechte an bestimmten Projekten eingeräumt werden, ebenso frei kann geregelt werden, ob die Ansprüche der Anleger vor-, gleich- oder nachrangig sein sollen. Mitwirkungsrechte im Sinne von Herrschafts- und Verwaltungsrechten können den Anlegern allerdings nicht eingeräumt werden, somit auch keine Stimmrechte.15 Durch die Einräumung solcher Rechte wäre die Trennlinie zur gesellschaftlichen Struktur überschritten und es läge ggfs eine stille Beteiligung oder GesbR vor.16

Die Wertpapiere (zB Genussscheine) werden tokenisiert, indem die jeweilige Wertpapieridentifi kationsnummer (ISIN) einer einzigartigen digitalen Signatur eines Investors zugeordnet, kryptographisch signiert und auf der Blockchain als dezentrales Orderbuch irreversibel gespeichert wird. Für Transaktionen werden vorab im Smart Contract festgelegte Bedingungen (wie Angebot/Kaufpreis) automatisch verglichen und zusammengeführt. Bevor der neue Block jedoch als neues Glied der Kette angehängt wird, überprüfen alle Teilnehmer des Netzwerks seine Authentizität. Erst nachdem alle Teilnehmer die Erfüllung der Bedingungen als dezentrale „Clearingstelle“ verifi ziert haben, wird die Transaktion – gem dem Smart Contract – automatisch ausgeführt.

Zu diesem Zweck werden meist eigene öff entlich einsehbare, aber zugangsbeschränkte Blockchains (public permissioned Blockchains) geschaff en. Hier ist vorgegeben, welche Stellen eine Kopie der Blockchainhistorie halten und wer Eintragungen darin vornehmen kann, jedoch wird jedermann Einsicht in das Protokoll gewährt.17

3.3.3. Treuhänder

Sollen dem Anleger möglichst „eigentümerähnliche“ Rechte eingeräumt werden, bietet sich eine Treuhandkonstruktion an. In diesem Fall hält eine Projektgesellschaft das Eigentum an einer oder mehreren Liegenschaften oder Wohnungseigentumsobjekten treuhändig für die Anleger. Wirtschaftliche Eigentümer der Liegenschaft sind bei einer solchen Gestaltung die Anleger selbst.

Der Token bildet rechtlich das treuhändige Verhältnis zwischen Anleger und Treuhänder ab. Da das Eigentum über den „Umweg“ des Treuhänders gehalten wird, der im Grundbuch stets unverändert eingetragen bleibt, ist die Übertragung der Token (und damit des wirtschaftlichen Eigentums) ohne Rücksicht auf die Beschränkungen des Grundbuches möglich.

Im Rahmen der Treuhandschaft können den Anlegern verschiedenste Mitbestimmungsrechte eingeräumt werden (zB Entscheidung über Verkauf des Objektes, über Vornahme von Verbesserungsmaßnahmen, etc). Dabei kann einzelnen Token oder speziellen Tokenkategorien eine zusätzliche „Governance“, also Abstimmungsrechte für spezielle Entscheidungsprozesse, zugeschrieben werden. Dafür enthält der Token zumeist eine vorde-

15 1 Ob 105/10p Zak 2012/373, 186. 16 Bergmann, Genussrechte (2016) 164. 17 Veronesi in Anderl, Blockchain, Blockchain-Arten 10 ff . fi nierte Abstimmungsfunktion im Smart Contract der die Abgabe einer Stimme – wie zB über die Entscheidung über die Abwahl der Hausverwaltung – zulässt.

3.4. Fiktive NFT-Immobilien

Der futuristischste Ansatz im digitalen Immobilienbereich ist wohl der Handel mit tokenisierten fi ktiven Immobilien oder Grundstücken in virtuellen Welten wie Cryptovoxels oder Decentraland. Alle für den Wert des Tokens ausschlaggebende relevanten Informationen, wie Größe, Lage, darauf vorhandene Objekte, Besucherzahlen, Entfernung zum Userstartpunkt etc, sind in den Metadaten des NFT festgehalten. Die virtuelle Immobilie kann via Browser oder VR-Brille besichtigt und nach Belieben – zB zu Kunstausstellungszwecken oder als Werbefl äche – genutzt werden. 18 Gehandelt werden diese fi ktiven Immobilien als NFT auf Plattformen wie Opensea.19

4. Fazit

Auch wenn das österreichische Grundbuch nicht zeitnah auf Blockchain umgestellt wird, ist diese Technologie bereits im Immobiliensektor angekommen. Sowohl tokenisierte Wertpapiere zur Partizipation an Mieteinnahmen als auch treuhändig gehaltene und tokenisierte reale Assets, die „eigentümerähnliche“ Rechte vermitteln, sind am Markt bereits vorhanden. Jedenfalls erkennen wir die steigende Anfrage nach Blockchain-basierten Modellen iZm (Ir-)Realitäten.

18 Benes, ecolex 2021, 506. 19 https://opensea.io/collection/candy-s, abgerufen am 8. 11. 2021.

Die Autorin:

Mag. Tullia Veronesi, LL.M. (IT-Law) ist bei Schönherr Rechtsanwälte GmbH im Bereich Blockchain, Artifi cial Intelligence, IT und Digitalisierung als Rechtsanwaltsanwärterin tätig.

Publikationen: Die Blockchain, in Anderl (Hrsg), #Blockchain in der Rechtspraxis.

tu.veronesi@schoenherr.eu lesen.lexisnexis.at/autor/Veronesi/Tullia

Foto: interfoto

Die Autorin:

Mag. Marie-Luise Pugl war mehrere Jahre bei einer renommierten Wirtschaftskanzlei im Bereich Real Estate als Anwältin tätig und ist nun Juristin bei einem Bauträger.

Publikationen: Green Lease und Green Building, in Zahradnik/Richter-Schöller (Hrsg), Handbuch Nachhaltigkeitsrecht.

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Foto: Natascha Unkart & Isabelle Köhler

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