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Vorbemerkung
Im Ausland gehortetes Auslandsvermögen, welches unversteuert geblieben ist bzw. die Erträge daraus, welche in der Vergangenheit nicht versteuert worden sind, lässt sich im jeweiligen Wohnsitzstaat, also in jenem Land, in dem der Auslandsgeldanleger seiner unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, durch den Betreffenden nur sehr eingeschränkt genießen. Denn jeder über die steuerlichen Verhältnisse hinaus gehende „Konsumrausch“ lässt schnell Fragen nach Herkunft und Besteuerung der Geldmittel aufkommen. Die deutsche Finanzverwaltung nutzt im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen zum Nachweis unversteuerter Mittel, die dem einzelnen Auslandsgeldanleger für Ausgaben zur Verfügung stehen, die sogenannte „Vermögenszuwachsrechnung“ (VZR). Die Stärke von Vermögenszuwachsrechnungen liegt in der Erfassung von privaten Vermögensveränderungen und des privaten Verbrauchs, in den ja bekanntlich der Großteil aller Auslandsvermögen fließt. Vermögenszuwachsrechnungen beruhen auf dem eigentlich sehr einfachen Grundprinzip, dass niemand in einem bestimmten Zeitraum mehr Geld ausgeben kann, als ihm für diesen Zeitraum – offiziell – zur Verfügung stand. Ist dies dennoch geschehen, liegt die Vermutung nahe, dass sich der Auslandsgeldanleger auch „schwarzer“ Geldquellen bedient haben muss, die er dem Finanzamt gegenüber bisher verschwiegen hat. Gelder, die der Auslandsgeldanleger für die Lebenshaltung oder Vermögensbildung ausgeben kann, die ihm also zur Verfügung stehen, müssen aus vom Auslandsgeldanleger erklärten Einkünften aus den sieben Einkunftsarten stammen. Hinzu kommen sonstige Vermögenszuflüsse sowie die bis zum Ende des Vergleichszeitraumes in Anspruch genommenen Kredite. Als verfügbar gelten jeweils nur die verwendbaren Beträge, so dass etwa Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nur in Höhe des Nettobetrags zugrunde gelegt werden dürfen. Mittelverwendung stellen alle für Konsum und Vermögensbildung tatsächlich aufgewendeten Gelder dar, wobei diese nur einmal erfasst werden dürfen, entweder im Konsumbereich oder als Vermögensbildung. In Anlehnung an den eingangs erwähnten Grundgedanken der VZR kann folgende Gleichung aufgestellt werden (Grundgleichung der VZR): Verfügbare Mittel = Mittelverwendung
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Im Regelfall geht diese Gleichung nicht auf. Es treten Differenzen auf, so genannte „Verwendungsüberhänge“. Tritt ein Verwendungsüberhang bzw. ungeklärter Vermögenszuwachs auf, deutet dieser auf eine unvollständige steuerliche Erfassung der verfügbaren Mittel, d.h. auf gegenüber der Finanzbehörde verschwiegene schwarze Geldquellen, hin. Für durch eine Vermögenszuwachsrechnung aufgedeckte, ungeklärte Vermögenszuwächse trägt jeweils der Auslandsgeldanleger die objektive Beweislast hinsichtlich der Darlegung einer legalen Herkunftsquelle. Ungeklärte Vermögenszuwächse (Verwendungsüberhänge) veranlassen die Finanzverwaltung nach der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung grundsätzlich zu der Annahme von Einkünften aus unversteuerten Quellen. Die Finanzverwaltung nimmt die Existenz unversteuerter Auslandsvermögen regelmäßig an, wenn die Erklärungsversuche des Steuerpflichtigen unglaubwürdig sind oder Widersprüche aufweisen. Häufig von Auslandsgeldanlegern abgegebene Erklärungen für ungeklärte Vermögenszuwächse sind: Die Gelder stammen aus über Jahre hinweg angesammelten und im häuslichen Tresor aufbewahrten Barmitteln. Die Gelder stammen aus über Jahre hinweg angesammelten und im häuslichen Tresor aufbewahrten Barmitteln. Der Verwendungsüberhang resultiert aus (noch) nicht in der Buchhaltung erfassten Auslandsgeschäften. Die Mittel stammen aus der Veräußerung von Wertgegenständen des Privatvermögens. Nahe Angehörige und Verwandte haben Zuwendungen gewährt. Die Mittel stammen aus Erbschaften oder Vermächtnissen Die in Frage stehenden Vermögensmittel wurden aus Glücksspielen und Spielbankgewinnen erwirtschaftet. Die Erklärung, der „spektakuläre Vermögenszuwachs“ stamme aus Ersparnissen, die (zinslos!) zu Hause im Safe, unter dem Kopfkissen oder gar im Sparstrumpf aufbewahrt wurden, wird die Finanzbehörde nur selten und schon gar nicht dann als ausreichend ansehen, wenn der Anleger im Übrigen Bankkonten unterhält. Die Behauptung, man habe seinem Betrieb Barmittel entzogen, um dadurch dem Betrieb steuermindernde Zinsaufwendungen
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zu verursachen, klingt wenig plausibel. Die Berufung auf ausländische Geschäftsbeziehungen bewirkt, dass den Auslandsgeldanleger erhöhte Mitwirkungspflichten treffen. Außerordentliche Mittelzuflüsse aus der Versilberung diverser Gegenstände des Privatvermögens müssen in Form von Verträgen, Rechnungen oder Quittungen nachgewiesen werden. Handelt es sich bei den versilberten Gegenständen um teure Antiquitäten, Teppiche oder Ölbilder, wird meist noch zusätzlich die Vorlage von Echtheitszertifikaten verlangt, um den Marktwert entsprechend einschätzen zu können. Behauptet der Steuerpflichtige, seinen Lebensunterhalt aus Zuwendungen von Angehörigen und Verwandten bestritten zu haben, muss er diese Personen namentlich nennen. Häufig wird versucht, durch unter Freunden ausgestellte Bescheinigungen über Geldschenkungen Ausgabenüberschüsse glaubwürdig zu machen. Derartige Bescheinigungen haben nur untergeordnete Bedeutung, wenn der Schenkungsvorgang nicht durch entsprechende Kontobewegungen nachgewiesen werden kann. Sofern es sich um hohe Geldsummen handelt, werden die Aussteller solcher Bescheinigungen in Steuerstrafverfahren regelmäßig vorgeladen und sie müssen dort zumindest den Nachweis führen, dass sie über die fraglichen Geldsummen überhaupt verfügen können. Die Berufung auf Zuwendungen aus Erbschaften und sonstigen Vermächtnissen greift äußerst selten und ist wohl die am schlechtesten gewählte Ausrede. Sterbefälle, Nachlass- und Erbschaftsangelegenheiten lassen sich von Amts wegen sehr leicht nachvollziehen. Auch sämtliche Geschäfte und Geschäftspartner des Erblassers könnten überprüft werden. Meistens jedoch folgt einer solchen Aussage eine Veranlagung zur Erbschaftsteuer und – sofern auch die Verblichenen Steuern hinterzogen haben – eine Einkommensteuernachzahlung. Bei Gewinnen aus Glücksspielen ist zu unterscheiden, ob die Gelder aus Toto, Lotto, sonstigen Preisausschreiben oder aus Spielgewinnen in Spielcasinos stammen. Lotteriegewinne lassen sich stets nachvollziehen. Es existieren zumindest ein Einzahlungsbeleg bzw. der Spielschein, anhand dessen die Glücksnummern nachgeprüft werden können, und der Schriftverkehr (Gewinnbenachrichtigung) der Lotteriegesellschaft. Gewinne aus Lotteriespielen werden auch in aller Regel nicht bar ausbezahlt, es müssen also Kontobewegungen vorhanden sein, die leicht nachvollzogen werden können. Über Spielbankgewinne wird in der aktuellen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass über einen längeren 20 Auslandsvermögen richtig legalisieren
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Zeitraum keine Spielgewinne durch eine nicht leicht nachweisbare Betätigung erzielt werden können und dass es als statistisch erwiesen gilt, dass ein Spielbankbesucher mehr verliert als gewinnt. Für Gewinne am Rouletttisch wird von den Finanzbehörden im Regelfall ein Nachweis mit strengen Anforderungen verlangt. Bietet ein Steuerpflichtiger den Beweis zum Nachweis von Spielbankgewinnen an, muss er darlegen, welchen Überschuss aus dem Glücksspiel er in welchem Zeitpunkt oder Zeitraum erzielt hat, indem er sowohl die Gewinne als auch die getätigten Einsätze darlegt. Der Zeugenbeweis für die Tatsache, dass Spielgewinne gemacht worden sind, genügt zum Nachweis von Vermögenszuflüssen aus Spiel nicht. Als nicht ausreichend gelten auch Eintrittskarten, handschriftliche Aufzeichnungen über den Spielverlauf oder eine Bescheinigung der Spielbank über eingetauschte Spielchips. Letztere wird vor allem deshalb nicht anerkannt, weil dadurch kein Nachweis geführt werden kann, ob eine wirkliche Teilnahme am Spieltisch erfolgte, die Spielmarken also gewonnen wurden oder es sich lediglich um einen Tausch von Bargeld in Spielmarken und zurück handelte. Verwendungsüberhänge können schließlich auch nicht durch mittels eines bestimmten Spielsystems erzielte Gewinne oder den Aussagen von Zeugen geklärt werden, die Spielbankbesuche oder gelegentliche Gewinne ohne Berücksichtigung der Einsätze bestätigen. Vorgetäuschte Spielbankgewinne haben vor der Steuerfahndung sowieso sehr kurze Beine. Führt der Steuerpflichtige an, in der Spielbank den großen Coup gelandet zu haben, kann das sehr schnell überprüft werden. Die Fahnder prüfen hier „vor Ort“, und zwar mit einem von den Einwohnermeldestellen augehändigten Passfoto. Schließlich funktioniert der oft praktizierte Versuch, steuerlich nicht deklariertes Auslandsvermögen als fiktive Darlehen zu tarnen, um sie wieder in den Wirtschaftskreislauf einschleusen zu können, im Regelfall nicht. „Echte“ Darlehen werden im Geschäftsleben fast ausnahmslos durch Verträge beurkundet. Relativ unüblich sind dabei Bardarlehen „aus dem Aktenkoffer“ und ohne Nachweise. Eine steuerliche Anerkennung scheitert daher schon aus diesem Grund.
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Legalisierungshinweis 1: Der Auslandsgeldanleger kann an dieser Stelle bereits die Notwendigkeit erkennen, über eine Legalisierung seines Auslandsvermögens nachzudenken. Zur Untermauerung eines solchen Schrittes seien im Anschluss die wesentlichen in letzter Zeit beschlossenen, geplanten und bereits durchgeführten Maßnahmen zur Eindämmung von Steuerflucht und Steuerhinterziehung auf nationaler Ebene wie auch auf Ebene der Europäischen Union sowie auf dem Gebiet der Drittstaaten Schweiz und Liechtenstein dargestellt.
Verstärkung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung auf nationaler Ebene Der Kontoabruf
Zum Aufspüren undeklarierter Vermögen in Deutschland und selbstverständlich auch zum Aufspüren von Auslandsvermögen, welches zu irgendeinem Zeitpunkt einmal „diskret“ zurückgeholt werden muss, wenn es für seinen Besitzer Verwendung finden soll, haben die deutschen Finanzbehörden seit dem 1. April 2005 ein auf § 24 c des Kreditwesengesetzes (KWG) gestütztes automatisiertes Verfahren zum Abruf von Konteninformationen eingeführt. Die Vorschrift, welche im Rahmen des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes zum 1. Juli 2002 in Deutschland in Kraft getreten ist, besagt, dass Kreditinstitute grundlegende Informationen über ihre Kunden (Kontoinhaber) zum automatisierten Abruf vorhalten müssen. § 24 c Abs. 1 Satz 1 KWG bestimmt dazu, dass ein Kreditinstitut eine Datei zu führen hat, in der folgende Kontostammdaten (jedoch keine Kontobewegungen oder Kontostände) zu speichern sind: Namen und Geburtsdatum des Kontoinhabers (bei natürlichen Personen) und ggf. eines Verfügungsberechtigten, Name und Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten (gem. § 8 Abs. 1 des Geldwäschegesetzes), Nummer eines legitimierten Kontos oder eines Depots, Tag der Errichtung und der Auflösung des Kontos oder Depots. Deutsche Kreditinstitute sind verpflichtet, den Datenzugriff zu gewähren und für einen aktuellen Datenbestand inklusive einer Datenhistorie von drei
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Jahren zu sorgen. Das ursprünglich zur Terrorismus- und Geldwäschebekämpfung konzipierte Verfahren wird mittlerweile vor allem zur Bekämpfung von Sozialbetrug und Steuerhinterziehung genutzt. Mehr als 162.000 Mal haben Behörden, Polizei und Staatsanwaltschaft in 2010 private Konten bei deutschen Kreditinstituten und Niederlassungen ausländischer Banken durchleuchtet. Die Abrufstatistik verzeichnete dabei einen Anstieg der Kontoabfragen binnen Jahresfrist um 20 Prozent. Im vergangenen Jahr sprang erstmals die Zahl der Kontoabrufe auf über 100 000. Hauptnutzer des Kontoabrufverfahrens war die Polizei. In 2010 nutzte diese das Kontoabrufverfahren unter allen Abfragern zu 55 Prozent. Von ihr gingen 58.477 Anfragen aus. Mit 22,5 Prozent folgt die Staatsanwaltschaft. Berechnungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und Veröffentlichungen des Bundesfinanzministeriums zufolge nahmen aber auch die Abrufe des Bundeszentralamtes für Steuern nach § 93 Abgabenordnung (AO) deutlich um 32 Prozent auf mehr als 56.000 zu. Das Bundesfinanzministerium führt die Steigerung der Anzahl der von den Finanzbehörden durchgeführten Kontoabrufe auch auf die verbesserten technischen Voraussetzungen zurück. Das Bundeszentralamt für Steuern schnüffelt im Auftrag von Finanzbehörden und jenen Behörden, die für die Genehmigung von BAföG, Sozialhilfe oder Wohngeld zuständig sind. An dem „Topf“ des Kontoabrufverfahrens sind alle Kreditinstitute angeschlossen, auch inländische Zweigstellen ausländischer Banken, z.B. auch alle deutschen Niederlassungen Schweizer Banken. Weitere Informationen über Kontostände und Kontoumsätze erhalten die Behörden durch Einholung einer Bankauskunft. Einzige Voraussetzung für die Heranziehung der Bank des Auslandsgeldanlegers ist, dass die Auskunft zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig ist, die Pflichterfüllung für den Betroffenen (die Bank) möglich und deren Inanspruchnahme geeignet, erforderlich und zumutbar ist. Nach dem Anwendungserlass zum Auskunftsersuchen und dem Kontoabruf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) ist die Erforderlichkeit eines Auskunftsersuchens von der zuständigen Finanzbehörde nach den Umständen des Einzelfalles und unter Berücksichtigung allgemeiner Erfahrungen, ebenso wie der Kontoabruf selbst, im Wege der Prognose zu beurteilen. Die Bank des Geldanlegers muss schon dann Informationen liefern, wenn aufgrund konkreter Verdachtsmomente oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Auskunftsersuchen angezeigt ist. Teil I: Bekämpfung von Steuerhinterziehung 23
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Deutsche Finanzbehörden sehen sich zu einem Kontoabruf veranlasst, wenn der Auslandsgeldanleger aus laufender Berufstätigkeit hohe Einkünfte erzielt, aber keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt. Umgekehrt fällt den Beamten auf, wenn der diskrete Geldanleger zwar ein niedriges Einkommen erklärt, aber hohe (für das Finanzamt erkennbare) Ausgaben macht. Verdächtig sind auch erklärte umfangreiche Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn diese vonseiten des Finanzamts nur schwer nachvollziehbar sind. Anlass für einen Kontoabruf sind auch Vermögenszuflüsse aus Veräußerungen, Erbschaften oder Schenkungen, die keinen einkommensteuerlichen Einkunftstatbestand erfüllen und somit ohne Auswirkungen auf die laufenden Einkünfte bleiben. Anlass für einen Kontoabruf können auch erhebliche Schwankungen bei den erklärten Einkünften aus Kapitalvermögen sein. Solche Schwankungen können auf bisher nicht erklärte Einnahmen oder Vermögensabflüsse in das Ausland hindeuten. Bei dem Abschluss von Renten- oder Lebensversicherungen gegen Einmalbeträge stellt sich regelmäßig die Frage, woher die eingezahlten Beträge stammen. Auch das ist Anlass für einen Kontoabruf. Eine Kontenabfrage kann auch anlässlich einer bevorstehenden Betriebsprüfung erfolgen. Des Weiteren werden Kontrollmitteilungen regelmäßig für einen Kontoabruf sorgen. Dies insbesondere dann, wenn größere Abweichungen oder Lücken Nachforschungen des Finanzamts nach sich ziehen. Schließlich führen Anzeigen von Denunzianten aus dem privaten oder beruflichen Umfeld immer wieder zu Kontoabrufen. Die Steuer-Identifikationsnummer als Mittel zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung
Vor knapp zwei Jahren wurden elfstellige Steuernummern vergeben, an jeden ansässigen Bürger, egal, ob er nun Steuern zu zahlen hat oder nicht: die sogenannte Steuer-Identifikationsnummer. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wurde erstmals deutlich, welche neuen Einsatzmöglichkeiten sich dem Fiskus mit Hilfe der Steuer-Identifikationsnummern bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung eröffnen.
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Beispiele
Freistellungsaufträge Freistellungsaufträge müssen seit Januar 2011 neben den bisherigen Angaben auch die Steuer-Identifikationsnummer enthalten. Dies aus folgendem Hintergrund: Banken müssen zum 1. März eines jeden Jahres die in den Freistellungsaufträgen enthaltenen Daten aus dem vergangenen Jahr dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln. Damit sollen jene Sparer herausgefischt werden, die mehrere Freistellungsaufträge bei verschiedenen Banken erteilt haben und dabei den Sparer-Freibetrag gleich mehrfach nutzten. Bislang konnte das Bundeszentralamt für Steuern als Adressat der Meldedaten nur anhand der von den Banken übermittelten persönlichen Daten wie Vor- und Zuname und Adresse Mehrfacherteiler ausfindig machen. Künftig kann dies mit der Steuer-Identifikationsnummer erfolgen. Denn ab dem 1. März 2012 erhält das Amt erstmals auch Steuer-Identifikationsnummern. Ein kurzer Nummernabgleich dürfte damit genügen, um anhand der Steuer-ID einem bestimmten Kontoinhaber alle Kapitalerträge zuordnen zu können, für die ein Freistellungsauftrag erteilt wurde, vom Steuerabzug Abstand genommen worden ist oder eine Erstattung der Kapitalertragsteuer beantragt worden ist. Wertpapierübertragungen Für Zwecke der Abgeltungsteuer gilt die Übertragung der von einer inländischen Bank (einer auszahlenden Stelle) verwahrten oder verwalteten Wertpapiere auf einen anderen Gläubiger grundsätzlich als Veräußerung dieser Wertpapiere mit der Folge, dass ein eventueller Veräußerungserlös der Abgeltungsteuer unterliegt (§ 43 Abs. 1 Satz 3 EStG). Zur Besteuerung einer solchen fingierten Veräußerung kommt es dann nicht, wenn es sich bei der Übertragung um eine Schenkung handelt und der Kapitalanleger als Gläubiger dies der Bank gegenüber verbindlich erklärt. In diesem Fall nimmt die Bank von einem Abgeltungsteuerabzug Abstand. Bisher genügten für eine solche Mitteilung die persönlichen Daten des Schenkers und des/der Beschenkten. Seit dem 1.1.2011 sind neben den bisherigen Angaben auch die jeweiligen Steuer-Identifikationsnummern sowie – auf Vorschlag des Bundesrates bei Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2010 – auch Angaben über das Verwandtschaftsverhältnis des Schenkers zum Empfänger zu machen (§ 43 Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG).
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Beispiel
Immobilienkauf Die Steuer-Identifikationsnummer fand zum 1.1.2011 auch Einzug in den Immobilienkauf. Bislang mussten Notare den Finanzbehörden eine Kopie der von ihnen ausgestellten Urkunden über Grundstücksgeschäfte übermitteln. Künftig müssen Notare auch die steuerliche Identifikationsnummer des Veräußerers und des Erwerbers mitteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m § 18 GrEStG).
Anzeigepflichten deutscher Kreditinstitute und der ausländischen Zweigniederlassungen deutscher Banken
Deutsche Kreditinstitute, die Postbank, Bausparkassen und private Vermögensverwalter müssen gemäß § 33 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) alle in Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände und Kontoguthaben eines verstorbenen Kontoinhabers dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt anzeigen, sofern der Wert der Wirtschaftsgüter 10.000 Euro übersteigt.1 Die Meldepflicht umfasst nicht nur die eigenen Konten des Verstorbenen, sondern auch diejenigen, über die er zeichnungsberechtigt war oder für die er einer anderen Person Vollmacht über den Tod hinaus erteilt hat.
die Höhe der Guthaben und anderer Forderungen (Nennbeträge) einschließlich der Guthaben auf Gemeinschaftskonten sowie die jeweiligen Kontonummern, Zinsen und Stückzinsen für das Jahr des Todes bis zum Todestag, Nennbetrag, Kurswert bzw. Rücknahmepreis von Wertpapieren, Anteilen, Genussscheinen des Erblassers (auch solche in Gemeinschaftsdepots), die Tatsache, dass der Erblasser ein Schließfach unterhalten hat, sowie den Versicherungswert, sofern der Bank bekannt.
1
Bagatellgrenze angehoben von 5000 auf 10.000 EURO durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011, vgl. § 1 Abs. 4 Nr. 2 ErbStDV.
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Maßgebend ist der jeweilige Kontostand zu Beginn des Todestags.2 Dadurch soll verhindert werden, dass Verfügungsberechtigte am Todestag bei Schaltereröffnung die Konten plündern, ehe dem Kreditinstitut der Todesfall bekannt wird. Über den Inhalt eines Schließfachs braucht die Bank nichts mitzuteilen. Die Finanzverwaltung bringt hierzu Näheres bei den Erben in Erfahrung. Die Anzeigepflicht nach § 33 ErbStG gilt auch für ausländische Zweigniederlassungen deutscher Banken, wie der BFH entschieden hat.3 „Die Anzeigepflicht solle die Finanzämter über das Vorliegen eines Erwerbsvorgangs unterrichten und damit die möglichst vollständige steuerliche Erfassung aller Erwerbe sicherstellen. Wären Auslandsniederlassungen deutscher Banken der Anzeigepflicht enthoben, könnten sich inländische Bankkunden faktisch der Erbschaftsbesteuerung entledigen“, so der BFH.4 Damit haben die höchsten Finanzrichter Einwendungen, das sog. Territorialitätsprinzip beschränke Maßnahmen der Eingriffsverwaltung auf das nationale Hoheitsgebiet, außerdem könne das Bankgeheimnis eines Staates, in dem sich die Zweigniederlassung befindet, zu einer Pflichtenkollision bei dem jeweiligen Bankmitarbeiter führen, nicht bestätigt. Ausländische Bankgeheimnisse und sonstige Regelungen, die der Zweigstelle nach dortigem Recht eine solche Meldung untersagen würden, stehen der Meldepflicht ebenfalls nicht entgegen, weil die Meldepflicht „allein nach deutschem Steuerrecht zu beurteilen ist“. Der Auslandsgeldanleger bzw. dessen Erben können also in solchen Fällen nicht auf das örtliche Bankgeheimnis vertrauen. Ergänzend weist der BFH in diesem Urteil darauf hin, dass sich auch die Bankenaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – wie sich aus § 8 Abs. 3 KWG ergibt – auf die Zweigniederlassungen einer inländischen Bank in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) erstreckt. Ebenso wenig sah der BFH durch die Ausdehnung der Meldepflichten einen Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit oder der Freiheit des Kapitalverkehrs. Denn die ausländische Niederlassung dient nicht als Anknüpfung für die Aufer2 3 4
Schreiben BdF IV C 3-S.3844-1206/88 v. 2.3.1989. Urt. v. 31. Mai 2006 II R 66/04. Vgl. Pressemitteilung Nr. 70/2006 vom 13.12.2006. BFH-Urteil vom 7. September 2005 VIII R 90/04, BFHE 211, 183, BStBl. II 2006, 61.
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legung einer zusätzlichen Pflicht. So werden deutsche Banken, deren Geschäftsbetrieb sich sowohl auf das Inland als auch auf das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaats erstreckt, hinsichtlich der Anzeigepflicht genauso behandelt „wie ein Kreditinstitut, dessen Geschäftsbetrieb sich auf das Inland beschränkt“. Auch Maßnahmen der Steuerfahndung, durch die eine Bank zur Erfüllung der Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG bezüglich ihrer nichtselbstständigen ausländischen Zweigniederlassungen gegenüber den zuständigen Erbschaftsteuerfinanzämtern angehalten werden soll, sind von Gesetzes wegen gedeckt. Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung auf europäischer Ebene Die neue Steuer-Amtshilfe nach OECD-Standard Allgemeines
Die Bemühungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), klassische außereuropäische Steueroasenländer zu mehr Kooperation in der Bekämpfung von unfairem Steuerwettbewerb zu bewegen, haben eine lange Tradition. Erstmals im Mai 1996 forderten Vertreter der G7-Länder sowie diverser Staaten5 die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf, Maßnahmen auszuarbeiten, die den verzerrenden Effekt eines volkswirtschaftlich nachteiligen Steuerwettbewerbs (harmful tax competition) auf Investitionsund Finanzierungsentscheidungen sowie deren Auswirkungen auf die jeweiligen nationalen Steuerbemessungsgrundlagen entgegenwirken. In Antwort auf die Aufforderung der Minister begann der OECD-Ausschuss für Steuerfragen mit dem Projekt über volkswirtschaftlich nachteiligen Steuerwettbewerb. Ergebnis dieses Projekts war der so genannte „1998-Report“. Der 1998-Report gilt als Debüt der Bekämpfung von schädlichem Steuerwettbewerb („harmful tax competition“) und schädlicher Steuer5
OECD-Mitgliedsländer: Australien, Österreich, Belgien, Kanada, Tschechische Republik, Dänemark, Finnland, Frankreich Deutschland, Griechenland, Ungarn, Island, Irland, Japan, Korea, Luxemburg, Mexiko, Niederlande, Neuseeland, Norwegen Polen, Portugal, Slowakische Republik, Spanien, Schweden, Schweiz, Türkei, Großbritannien, USA.
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