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DIE SCHWABENWEIT EINZIGE SCHULE MIT FACHRICHTUNG RADIOLOGIE
from 0831 (01/02.2024)
ZU BESUCH IN DER BERUFSFACHSCHULE FÜR MEDIZINISCHE TECHNOLOGIE
von Dominik Baum
Während es bei manchen Ausbildungsberufen unzählige freie Stellen im Allgäu zu geben scheint, ist der Medizinische Technologe (m/w/d) mit Fachrichtung Radiologie fast schon eine Rarität. In ganz Schwaben werden pro Jahr nur 18 Schüler:innen in diesem Bereich ausgebildet – und zwar an der Berufsfachschule für Medizinische Technologie in Kempten. Wir durften der Schule einen Besuch abstatten und haben uns mit Lehrer Rainer Riedmiller und den beiden Azubis Katja Holl und Sarah Kerkmeier über die Besonderheiten, die die Radiologie mit sich bringt, unterhalten. Soviel vorab: Es steckt viel mehr hinter dem Beruf als „einfach nur Röntgenbilder machen“.
EINE SCHULE, ZWEI AUSBILDUNGSBERUFE
An der Berufsfachschule für Medizinische Technologen in der Memminger Straße in Kempten werden insgesamt rund 100 Medizinische Technolog:innen über drei Jahre hinweg ausgebildet. Die eine Hälfte in der Fachrichtung Laboratoriumsanalytik, die andere im Bereich Radiologie. Während erstere nicht direkt mit Patient:innen arbeitet, sondern beispielsweise Urin-, Blut- oder Gewebeproben im Labor untersucht, sind Radiolog:innen nah am Menschen dran, „quasi das Bindeglied zwischen Patient und Arzt“. So beschreibt es Rainer Riedmiller, der die zukünftigen Radiolog:innen seit zehn Jahren an der Berufsfachschule unterrichtet.
ANSPRUCHSVOLLE AUSBILDUNG
Obwohl es pro Jahr nur wenige Ausbildungsplätze gibt, können selbst diese inzwischen nicht mehr immer besetzt werden. „Ich glaube, dass viele unter dem Begriff Radiologie den ursprünglichen Begriff Röntgenassistent verstehen und denken, die machen den ganzen Tag nichts anderes als Röntgenbilder. Dabei ist die Ausbildung von Ultraschall über Kernspintomographie bis hin zu Nuklearmedizin und Strahlentherapie sehr breit gefächert“, erklärt der Lehrer. Katja Holl, Auszubildende im zweiten Lehrjahr, hat einen weiteren Erklärungsansatz: „Ich glaube, dass den Beruf allgemein zu wenige Menschen kennen. Ich habe davon auch nur zufällig von meiner Freundin erfahren.“
Ab In Die Praxis
Was den Ausbildungsberuf wieder attraktiver machen könnte, zeigt das neue, praxisorientierte Ausbildungskonzept, das seit September 2023 greift. Zwar war es auch vorher so, dass die Azubis umfassende praktische Einblicke bei niedergelassenen Ärzt:innen und in ganz unterschiedlichen Kliniken – ob regional in Pfronten, Memmingen und Immenstadt oder überregional in Augsburg, München, Murnau und Garmisch – sammeln konnten, sich bis dahin jedoch eineinhalb Jahre gedulden mussten. „Das erste Jahr war sehr theorielastig, weil auch die praktischen Fächer mit Theorie angefangen haben“, erzählt Azubine Sarah Kerkmeier. Da sie und Katja bereits im zweiten Ausbildungsjahr sind, kommen sie nicht mehr in den Genuss des neuen Ausbildungskonzepts. Umso größer ist bei beiden die Vorfreude auf Februar. Ab dann werden sie Monat für Monat an neuen Orten praktische Erfahrungen sammeln dürfen. Bis dahin werden die beiden weiterhin möglichst praxisnah in der Berufsfachschule für Medizinische Technologie ausgebildet. So ist die Schule beispielsweise mit Röntgengeräten ausgestattet, an denen die Schüler:innen mit Skeletten und Puppen üben dürfen.
Radiologie Als Zweitberuf
Auch Rainer Riedmiller begrüßt das neue Ausbildungskonzept. „Natürlich hatten wir Lehrkräfte anfangs ein bisschen Bauchweh, die jungen Schüler schon nach sechs Wochen Theorie in die Praxis zu schicken – schließlich arbeiten wir mit nicht ganz ungefährlicher Strahlung. Rund drei Monate nach Ausbildungsbeginn können wir aber sagen: ‚Wir sind begeistert‘. Der Beruf wird für die Schüler direkt greifbar, weil sie schnell nah am Patienten dran sind.“ Allgemein freut sich der Lehrer über die Entwicklung seines Berufs in den letzten Jahren und Jahrzehnten. „Zu meiner Zeit war die Ausbildung schulisch geprägt und wurde nicht einmal vergütet. Mittlerweile verdienen unsere Schüler in der Ausbildung so viel wie in der Pflege, also durchaus ansehnlich.“ Dass die Ausbildung entsprechend gut vergütet wird, ist für manche ein Anreiz, sich beruflich umzuorientieren.
„Wir haben in unseren Kursen zum Beispiel ausgebildete Arzthelferinnen und Bürokauffrauen, die sich beruflich noch einmal neu aufstellen möchten.“
Viele Optionen Nach Der Ausbildung
So war es auch bei Katja, die ursprünglich Industriekauffrau gelernt und dabei festgestellt hat: „Mir fehlt der Kontakt zu Menschen“. Daher machte sie ein Praktikum in der Radiologie und fand den Mix aus technischem Verständnis und Patientenkontakt sofort ansprechend. „In der Strahlentherapie beispielsweise begleiten wir die Krebspatienten über den gesamten Behandlungszeitraum hinweg.“ Sarah spricht ebenfalls die Verbindung aus physikalischem Wissen und der Kommunikation mit den Patient:innen an. Ursprünglich hatte sie überlegt Medizin zu studieren, aber auch sie hat ein Praktikum von der Radiologie überzeugt. Was sie nach der Ausbildung machen möchte, hält sie sich offen. „Ich könnte mir gut vorstellen, in einer Unfallklinik in der Diagnostik tätig zu sein. Aber man kann auch Radiologie studieren und so seine Chancen auf eine Position als Stationsleitung verbessern. Oder vielleicht wird es am Ende ja doch noch das Medizinstudium.“ Ergänzend weist Rainer Riedmiller darauf hin, dass der Beruf außerdem eine örtliche Flexibilität zulasse: „Die Ausbildung ist nicht nur in Deutschland, sondern in weiten Teilen Europas anerkannt. Wer also mal im Ausland arbeiten möchte, hat als Medizinischer Technologe viele Möglichkeiten.“