AUSVERKAUFT. Die monofunktionalen Konsumbauten Münchens und ihre Zukunft

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AUSVERKAUFT.

DIE MONOFUNKTIONALEN KONSUMBAUTEN MÜNCHENS UND IHRE ZUKUNFT

Masterthesis von Victoria Hartmann Wintersemester 2020/21

LSA Lehrstuhl für Städtische Architektur


Texte und Entwurfsprojekte: Copyright bei den Autor:innen. Die Referenzabbildungen wurden als Bildzitate den zitierten Publikationen entnommen.


AUSVERKAUFT. DIE MONOFUNKTIONALEN KONSUMBAUTEN MÜNCHENS UND IHRE ZUKUNFT

THEORIE ZUR MASTERTHESIS VON VICTORIA HARTMANN LEHRSTUHL FÜR STÄDTISCHE ARCHITEKTUR | PROFESSOR DIETRICH FINK FAKULTÄT FÜR ARCHITEKTUR | TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN | WINTERSEMESTER 2020/21


INHALT PROLOG

TEIL A

TEIL B

DIE ENTSTEHUNG EINES NEUEN TYPUS

KAUF- & WARENHÄUSER IN DEUTSCHLAND

7-10

DER URSPRUNG VON 31-44 KARSTADT & CO.

DIE VERÄNDERUNG DES 11-14 HANDELS

DIE KAUFHAUSARCHITEKTUR 45-48 DER 1920ER JAHRE

DAS NEUE VERKAUFSPRINZIP 15-18

KAUF- & WARENHÄUSER NACH 49-54 DEM ZWEITEN WELTKRIEG

DAS ERSTE KAUFHAUS 19-22

DER ANFANG VOM ENDE? 55-60

DIE ARCHITEKTUR DER ERSTEN 23-26 KAUF- & WARENHÄUSER

2020. DIE NÄCHSTE ODER 61-66 LETZTE KRISE?

DIE TYPOLOGISCHEN VORGÄNGER

DAS NEUE VERGNÜGEN: 27-30 KONSUM


TEIL C

TEIL D

DEFINITION & DOKUMENTATION

UMNUTZEN & UMBAUEN

DIE DEFINITION 69-72

UMBAU STATT ABRISS

113 -118

DIE DOKUMENTATION 73-74

DIE UMNUTZUNG VON KAUF- & WARENHÄUSERN

119 -126

KARSTADT AM HAUPTBAHNHOF

75-80

KAUFHOF AM KARLSPLATZ

81-86

KARSTADT AN DER MÜNCHENER FREIEHEIT

87-92

ENDNOTEN

130

KAUFHOF AM MARIENPLATZ

93-98

LITERATURVERZEICHNIS

132-134

KAUFHOF AM ROTKREUZPLATZ

99-104

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

136-134

KARSTADT AM NORDBAD

105-110

VERFASSERERKLÄRUNG

140


PROLOG


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Klimawandel, Umweltschutz, der ressourcenschonende Umgang mit unserer Umwelt und Nachhaltigkeit gehören zu den brennenden Themen unserer Zeit und der Zukunft. Die Baubranche spielt in diesem Themenfeld eine wichtige Rolle, weil sie nicht nur einen sehr hohen Anteil am Verbrauch von Ressourcen und vor allem mineralischer Rohstoffe hat, sondern auch für einen Großteil der Müllproduktion verantwortlich ist. Das Recycling, wie es sich bereits in anderen Branchen durchgesetzt hat, ist für Gebäude häufig nur eingeschränkt möglich und wenn, dann nur durch einen aufwendigen Rückbauprozess oder als Downcycling. Der Schlüssel zu einer nachhaltigeren Strategie in der Baubranche liegt im Gebäudeerhalt, beziehungsweise einer möglichst langen Lebensdauer von Gebäuden. Damit kann ein Beitrag geleistet werden unsere Städte nicht nur flächenschonend im Sinne von so wenig neuer Bodenversieglungen wie möglich, sondern auch allgemein ressourcenschonend weiterzuentwickeln. Doch die Städte und ihre gebauten Strukturen sind stetigen Veränderungen ausgesetzt. Zum einen, dem demografischen Wandel und Wanderungsprozessen der Bevölkerung und zum anderen strukturellen Veränderungen, die zum Beispiel durch wegfallende und neue Nutzungen und Veränderungen der Mobilität ausgelöst werden. Besonders zuvor monofunktional genutzte Areale und Baukörper werden immer wieder Mittelpunkt neuer Entwicklungschancen. Zu den genannten monofunktionalen Stadtbausteinen, die in ihrer vorgesehenen Nutzung zunehmend obsolet werden, gehören die großflächigen Kauf- und Warenhäuser. Dieser Gebäudetypus ist in jeder deutschen Großstadt zu finden. Nebst wenigen Kauf- und Warenhäusern, die bereits vor dem Zweiten Weltenkrieg errichtet worden sind, ist der Großteil dieses Gebäudebestandes in der Nachkriegszeit entstanden. Während der Hochphase in den 1970er Jahren gab es über tausend Kauf- und Warenhäuser in Deutschland. Doch seit dem Ende des 20. Jahrhunderts geht der Trend in die entgegensetzte Richtung. Von den bekannten deutschen Kaufhaus-Ketten ist nur noch ein einziges Unternehmen übrig. Denn die einst als „Konsumtempel“ betitelten Kaufhäuser haben den Zenit ihres Erfolgs schon lange überschritten und den meisten noch in Betrieb befindlichen Standorten stehen keine positiven Aussichten bevor. Besonders die letzten Jahre waren von zahlreichen Filialschließungen geprägt. Zurück bleibt zunächst ein leerstehendes Gebäude, welches sich den Herausforderungen einer neuen Nutzung ausgesetzt sieht. Der Gebäude- und Nutzungstypus der Kaufund Warenhäuser gehört zu jenen, für die es keine Nachfrage mehr gibt. Die Zeiten, in denen Einzelhandelsflächen unabhängig von ihrer Größe, Form und Qualität boomten, sind vorbei. Konsum als Hauptfunktion unserer Innenstädte ist



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überholt. Im 21. Jahrhundert sollen Städte wieder funktional durchmischt werden und das Ideal der Funktionstrennung soll zurückgelassen werden. In diesem Zusammenhang können aufgegebene Kauf- und Warenhäuser als wichtige Stadtbausteine gesehen werden, um solche Transformationsprozesse einzuleiten. Neben der funktionalen Gliederung der Stadt hat sich im 20. Jahrhundert ein weiteres Muster im Städtebau und der Architektur durchgesetzt. Anstatt Gebäude an neue Nutzungen anzupassen oder diese weiterzubauen wurde zunehmend auf einen Abriss und Neubau gesetzt. Das Umnutzen und Umbauen wurde zur Ausnahme, der Abriss und Neubau zur Regel. Auch dieses Prinzip gilt es zu überdenken. Die großflächigen Strukturen der Kauf- und Warenhäuser sollten nicht einfach, wie ihr Betriebskonzept, als nicht mehr zeitgemäß abgeschafft werden. Die Gebäude sind eine wichtige räumliche Ressource in der Stadtstruktur. Ungeachtet der Tatsache, dass die Gebäude in ihrem aktuellen Zustand meist viel kritisiert und unbeliebt sind, sollte man zunächst versuchen ihre Qualität und Potentiale aufzudecken. Welche Chancen können die bereits heute oder zukünftig leerstehenden Gebäudekolosse für eine positive und nachhaltige Stadtentwicklung eröffnen? Welchen Beitrag zur funktionsgemischten Stadt könnte ein Neudenken der Gebäudestrukturen- und ihrer Funktionen leisten? Wie können sie umgenutzt, ergänzt oder transformiert werden? Um sich diesen Fragen annähern und potentielle Lösungen aufzeigen zu können, muss der spezielle Typus des Kauf- und Warenhauses zunächst erfasst und verstanden werden. Diese Aufgabe wird in den folgenden Kapiteln behandelt.

Abb.1: Geschlossener Karstadt am Nordbad. Abb.2: Grafische Kunst von Barbara Kruger (1987)



TEIL A DIE ENTSTEHUNG EINES NEUEN TYPUS: DAS KAUF- & WARENHAUS


DIE TYPOLOGISCHEN VORGÄNGER


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Der Typus des Kauf- und Warenhauses hat seinen Ursprung etwa in der Mitte der 19. Jahrhunderts. In seiner Funktion und seinem Aufbau lassen sich viele Parallelen zu älteren Einzelhandelsformen, wie Markthallen und Passagen, finden. Letztere gelten als direkte Vorgänger der Warenhäuser, da der Gebäudetypus der Passage bereits als überdachtes, zusammenhängendes Gefüge einzelner Geschäfte mit verschiedenen Warensortimenten aufgebaut war. Die Passage entspricht damit schon dem „Alles unter einem Dach“ Prinzip.1 Besonders die Ästhetisierung der Waren durch aufwendige Präsentationen in Schaufenstern und das Flanieren der Kunden innerhalb des Gebäudes sind Merkmale, die später in Kauf- und Warenhäusern wiederzufinden sind. Dennoch gibt es zwischen dem Typus der Passage und ihrem Nachfolger auch große Unterschiede. Die Passage setzte sich in ihrer Gesamtheit aus unterschiedlichen Geschäften zusammen, bei denen Verkauf, Lager und häufig auch noch Produktion an gleicher Stelle stattfanden. Dadurch war der direkte Kontakt zwischen Handwerker, beziehungsweise Erzeuger, und Kunden gegeben. Im Vergleich dazu wurden in Kauf- und Warenhäusern Produktion und Konsumption vollständig voneinander getrennt. Die Kauf- und Warenhäuser dienen nur noch dem Verteilen der Waren, ohne eine Beteiligung am Produktionsprozess. Die äußere Erscheinung von Passagen im Stadtbild war weniger präsent, da sie meistens in bereits bestehende StadtblockStrukturen integriert wurden und somit keinen Ausdruck als eigenständiges Gebäude hatten. Das Kauf- und Warenhaus hingegen wurde zum eigenständigen Stadtbaustein großer Dimension. Die Kaufhaus-Neubauten charakterisierten sich durch pompöse, repräsentative Architektur, die viel Aufmerksamkeit auf sich zog. Neben dem Verweis auf die Passage als Wegbereiter für Kauf- und Warenhäuser, werden ebenso häufig die ersten Weltausstellung 1851 in London und 1855 in Paris genannt. Diese waren Vorbilder für eine gut organisierte und anschauliche Präsentation von Waren verschiedenster Art auf einer sehr großen Fläche. Außerdem waren die Bauwerke, wie der Crystal Palace, Beispiele für modernste Konstruktionstechniken. Die Ausstellungshallen wirkten trotz neuartiger Skelettbauweise monumental. Die Vereinigung von neuartiger Bauweise und Monumentalität spielte bei der Errichtung von Kauf- und Warenhäusern eine wichtige Rolle. Der Großteil der Gebäude wurde als Skelettbau errichtet und bediente sich modernen Stahlbautechniken, unter anderem für großzügige Dachverglasungen. Zuletzt werden traditionelle Märkte und Markthallen als Vorbilder für Kaufund Warenhäuser genannt. Als solche gelten sie in Bezug auf die Warenfülle und das -angebot, den Vergnügungscharakter für Besucher und ihre Rolle als



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wichtiger Anziehungs- und Treffpunkt im Stadtzentrum. Mit ebendiesen Begriffen - Warenfülle, Erlebnis, Freizeitvertreib, sowie Anker- und Treffpunkt - werden vor allem die Kauf- und Warenhäuser der 1920er Jahre und der Nachkriegszeit beschrieben. Ebenso wurden diese Eigenschaften als Zielsetzung für die Rolle von Kauf- und Warenhäusern als funktionaler und architektonischer Stadtbaustein angesetzt. Der Typus des Kauf- und Warenhauses entwickelte sich somit aus diversen vorausgegangenen Gebäude- und Funktionstypen und als Antwort auf neue Produktions-, Handels- und Konsumveränderungen.

Abb.3: Passage am Newski-Prospekt in Sankt Petersburg aus dem Jahr 1900 Abb.4: Historische Markthalle Hannover (1889) Abb.5: Crystal Palace, London (1854)


DIE VERÄNDERUNG DES HANDELS


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Zeitlich ordnet man die Entstehung von Kauf- und Warenhäusern der „Second Retailing Revolution“ zu, die sich von der Mitte bis in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts vollzog. Sie wurde vor allem durch die Veränderung der Geschäftsstrukturen geprägt, weil sich immer mehr Großhandelsbetriebe entwickelten. Die sogenannte „First Retailing Revolution“ begann im 16. Jahrhundert und hatte ihre Hauptzeit im 18. Jahrhundert. Sie beschreibt den Übergang vom umherziehenden Handel zum dauerhaft ortsansässigen Handel. Durch die erste Einzelhandelsrevolution kam es zu einer Konkurrenz zwischen den bereits ortsansässigen Handwerkern, die ihre Waren direkt vertrieben und den Händlern, die sich fest niederließen. Die Verbreitung von Einzelhandelsgeschäften ging zunächst besonders von der Versorgung mit Lebensmitteln aus, weil die Stadtbewohner häufig keinen nahegelegenen Kleingarten oder Vieh mehr hatten. Danach weitete sich das Spektrum des stationären Einzelhandels auch auf die Versorgung mit Konfektionswaren aus. Zuletzt kamen noch Spezialgeschäfte für chemisch-technische Güter hinzu. Anfangs hatte es mehr oder weniger keine Konkurrenz im Einzelhandel gegeben, da die Regeln der Zünfte entsprechenden Schutz gaben Ab dem 19. Jahrhundert jedoch fand der Wirtschaftsliberalismus immer mehr Anklang und Wettbewerb wurde als belebendes Element des marktwirtschaftlichen Systems angesehen. Ab den 1830er Jahren wurden Ladengeschäfte zu prägenden Bausteinen der Stadt und Punkte sozialer Interaktion. Zu Beginn der zweiten Einzelhandelsrevolution bestanden bereits viele Spezialgeschäfte, die alle Warenbereiche separat abdeckten, welche später in Kauf- und Warenhäusern vereint wurden. Somit spielte bei der zweiten Einzelhandelsrevolution nicht die Zunahme an Geschäften eine große Rolle, sondern das enorme Wachstum der bereits bestehenden. Im Zuge des allgemeinen Wirtschaftswachstums jener Zeit gab es immer mehr Großhandelsbetriebe, zu denen neben Warenhäusern auch Konsumgenossenschaften, Kettenläden und Ramschbasare zählten. Die beiden genannten Revolutionen und ihre Phänomene waren zunächst jeweils in Großstädten ausgeprägt und weiteten sich erst später auf kleinere Städte aus. Die Veränderung hin zum großbetrieblichen Handel führte zu einem Umbruch in den Handelsnetzstrukturen, da die Trennung zwischen dem Produzenten und dem Verkauf sich durchsetze. Die neue Kategorie der Großhandelsbetriebe entstand als Anpassung des Einzelhandels an die neuen, modernen und leistungsstarken ökonomischen Organisationsformen, die sich durch die Industrialisierung entwickelt hatten.


Maßgebende Veränderungen, die durch die industrielle Revolution ausgelöst wurden und die das Entstehen von Großhandelsbetrieben begünstigten, waren: ein generelles Bevölkerungswachstum, eine steigende Urbanisierung, eine Erhöhung der Realeinkommen und die damit verbundene Steigerung des Lebensstandards, sowie ein Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit, wodurch die Eigenfabrikation und Selbstversorgung der Haushalte nachließen. Gleichzeitig nahm die Bargeldzirkulation erheblich zu, da die Entlohnung der Arbeiter hauptsächlich mit Bargeld und nicht mehr mit Sachleistungen geregelt wurde. Außerdem kamen etwa ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten Massenverkehrsmittel auf, wie die Pferdebahn, sodass sich der allgemeine Umkreis für die Warenbeschaffung nicht mehr nur auf das eigene Stadtviertel begrenzte, sondern auch darüber hinaus. Dadurch erlangten die Stadtzentren größere Bedeutung und die dort entstehende Kauf- und Warenhäuser profitierten von Kundenströme aus allen Stadtteilen. Die vertikale Stapelung der Verkaufsfläche kann als Folge der Zentralisierung verstanden werden, da die Grundstückspreise und Mieten in den Innenstädten anstiegen und bedeutend höher waren als außerhalb des Zentrums. Somit mussten die Grundstücke möglichst effizient ausgenutzt werden, indem große Tiefen und mehrere Geschosse realisiert wurden.


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DAS NEUE VERKAUFSPRINZIP


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Das Verkaufskonzept im Kauf- und Warenhaus Der Großteil der ersten Generation der Kauf- und Warenhäuser entwickelte sich aus Spezialgeschäften, deren Warensortiment stetig erweitert wurde, bis sie schließlich der Form eines Warenhauses entsprachen. Die Einzelhandelsform des Kauf-und Warenhauses wendete folgende neue Geschäftsprinzipien an: 1. Es wurde eine kleine Gewinnspanne pro Artikel angesetzt und dafür ein hoher Umsatz angestrebt. 2. Die Waren wurden offen und gut sichtbar für alle Kunden ausgelegt, ohne dass es gleichzeitig eine Kauferwartung gab. 3. Die Preise waren nicht mehr verhandelbar, sondern fest und gut sichtbar direkt an den Waren ablesbar 4. Waren konnten nur noch gegen direkte Bezahlung mit Bargeld gekauft werden. 5. Die Waren hatten eine durch den Händler gesicherte Mindestqualität, bei gleichzeitig niedrigem Preis. 6. Die Kunden wurden durch verschiedene Neuerungen umworben, wie das Umtauschrecht und die Gleichbehandlung aller Kunden. 7. Es wurden kundenfreundliche Services eingeführt, wie die Zustellung der Waren direkt an den Kunden. Aufgrund der hohen Stückzahlen konnten die Großhändler niedrigere Stückpreise als der übrige Einzelhandel erzielen. Für Kauf- und Warenhäuser bedeutete dies, dass sie die Preise der Konkurrenz um 15 – 20 Prozent unterbieten konnten. Insgesamt wurden die Kauf- und Warenhäuser ein Sinnbild für das endgültige Ende der Subsistenzökonomie. An ihre Stelle trat die Konsumökonomie, die sich durch ein breites Angebot industriell gefertigter Waren kennzeichnete. Anfangs gehörten hauptsächlich Textilien und Bekleidung zum Sortiment des typischen Kaufhauses. Nach wenigen Jahrzehnten wurde das Sortiment um zusätzliche Abteilungen für Produkte des Wohnungsbedarfs, wie Hausrat und Möbel, erweitert. Das Verkaufspersonal war auf die zu betreuende Warengruppe spezialisiert. Durch diese strikte Trennung der Produktabteilungen grenzten sich Kauf- und Warenhäuser von anderen Verkaufsformen, wie Basaren und Gemischtwarenläden, ab. Die Zuständigkeitsbereiche des Personals wurden jedoch nicht nur im Hinblick auf die Warengruppen differenziert, sondern erstmalig auch nach Aufgabenbereichen. Es wurden getrennte Arbeitsfelder für Lagerung, Beratung, Kassieren und Verpacken eingeführt.


Die große Diversität der Produkte hatte den Vorteil, dass die Warenpräsentation in den Schaufenstern je nach Jahreszeit und Saison variiert werden konnte, genauso wie die Größe der Verkaufsfläche, die der jeweiligen Produktgruppe zugeteilt wurde. Bei der Warenpräsentation wurde den aktuellen Trends gefolgt, sodass unterschiedlichste Situationen kreiert wurden, wie zum Beispiel exotischen Umgebungen. Entsprechend dieser neuen Art von Warenpräsentation nannte der Architekt Jules Gudet die erste Generation der Warenhäuser „Musée de marchandises“. Dabei bezog er sich besonders auf die Verknüpfung der Waren mit einer spezifischen Bedeutung und kulturellen Praktiken.

Abb.6: Teppichabteilung Wertheim Berlin Abb.7: Wertheim, Leipziger Straße Berlin


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DAS ERSTE KAUFHAUS


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Das erste Warenhaus entstand in Paris unter Leitung von Aristide Boucicaut, der zusammen mit seinem Geschäftspartner Paul Videau bereits 1852 ein Geschäft mit zwölf Mitarbeitern übernahm, welches später den Namen „Bon Marché“ tragen sollte. Innerhalb weniger Jahrzehnte machte der Franzose mit seinem „génie commercial“ aus dem „magasin de nouveautés“ in unattraktiver Lage links der Seine ein „grand magasin“, ein Kaufhaus das neue Maßstäbe setzen sollte. Im Jahr 1869 ließ der Handelsunternehmer unter Mitwirkung des bekannten Ingenieurs Gustave Eiffel und des Architekten Louis-Auguste Boileau ein palastartiges Bauwerk errichten. Das „Bon Marché“ umfasste in seiner neuen Form gleich mehrere Stadtblöcke und gehört bis heute zu den Attraktionen von Paris. Das Gebäude war in jener Zeit durch drei hintereinander gereihte Lichthöfe in seiner Länge gegliedert, zu denen sich parallel Seitenschiffe angliederten. Angelehnt an alte Palastbauschemata hatte das erste Warenhaus eine dreiteilige Geschossgliederung. Da in der Mitte des 19. Jahrhunderts Rolltreppen und Fahrstühle noch nicht sehr verbreitet waren, wurde die vertikale Erschließung als pompöse dreiläufige Treppe umgesetzt. In den oberen Geschossen gab es Galerien mit Ausblick auf die darunter und darüber liegenden Geschosse. Das architektonische Element der Galerie wurde zum einen genutzt, um die Besucher in die oberen Geschosse zu locken und zum anderen, um die Fülle an Waren omnipräsent zu machen. Überdies wurden Orte zum Verweilen in das Kaufhaus integriert, wie ein Restaurant und ein Lesesaal. Die Fassade des „Bon Marché“ wurde fast flächendeckend mit Schaufenstern versehen, um Besucher schon im Außenraum zum Flanieren und zur Warenschau anzuregen. Das Kaufhaus wurde zu einer Attraktion für ganz Paris und über dessen Grenzen hinaus bekannt. Es wird Boucicaut zugeschrieben, der Pionier in der Umsetzung der oben genannten neuen Geschäftsprinzipien gewesen zu sein. Er hatte auch Sonderverkaufsaktionen eingeführt, wie die später in Deutschland angepriesenen „Weißen Wochen“. Zu Beginn hatte Bouticaut in seinem Geschäft nur Kurz- und Schnittwaren zum Verkauf angeboten. Als dies sehr erfolgreich lief, erweiterte er das Sortiment um Kleider und Damenröcke, sowie später um Unterzeug, Putz und Schuhe. Wie für Kaufhäuser üblich, wurden die Waren zwar in verschiedenen Abteilungen verkauft, aber alle in einem Geschäft – dies markierte die „Erfindung“ des Warenhauses. Paris bot zur Entstehungszeit der ersten Kauf- und Warenhäuser besondere Bedingungen, da durch die 1853 umgesetzte „Haussmannisierung“ riesige Flächen für Boulevards und Neubauten, wie die „Grands Magasins“ zu Verfügung gestellt wurden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass diesem erfolgreichen



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Beispiel kurze Zeit später einige andere Geschäftsleute in Paris folgten und ihre Spezialgeschäfte in Kaufhäusern umformten. So eröffneten innerhalb von weniger als zwanzig Jahren nach dem „Bon Marché“ unter anderem das „Grand Magasins du Louvre“ 1855, das Warenhaus „À la Belle Jardinière“ 1856, „Grands Magasins du Printemps“ 1865 und „La Samaritaine“ 1869. Auch im Ausland eröffneten die ersten Geschäfte des Typus, die zum Teil bis heute sehr bekannt sind, wie das Stewart in New York im Jahr 1862 und Harrod´s in London im Jahr 1880. Allgemein verlief die Entstehung von Kauf- und Warenhäusern in England und Amerika, den sogenannten „department stores“, nahezu zeitgleich mit den „grands magasins“ in Frankreich. Die ersten Kaufhäuser in Deutschland eröffneten hingegen erst einige Jahrzehnte später . In Frankreich, England und den USA beschränkte sich die Verbreitung des neuen Typus ausschließlich auf die Hauptstädte, beziehungsweise wichtige Zentren, wohingegen die ersten Warenhäuser in Deutschland vor allem in kleineren Provinzstädten entstanden. Erst im weiteren Verlauf fokussierten sich die deutschen Kauf- und Warenhausunternehmen auf die Großstädte. In der jüngeren Vergangenheit zeichnete sich wieder ein Trend ab: Die Realisierung neuer Standorte in kleineren Städten und außerhalb der wichtigen Zentren.

Abb.8: Bon Marché Innen, Paris (1853) Abb.9: Bon Marché, Paris (1853)


DIE ARCHITEKTUR DER ERSTEN KAUF- & WARENHÄUSER


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Neben den Veränderungen der Organisations- und Verkaufsform waren vor allem die architektonischen Neuerungen sichtbar und bedeutend. Zunächst besetzte der Typus des Kauf- und Warenhauses eine neue Rolle im Stadtgefüge. Die Bauplätze für die Neubauten waren meist in zentraler Lage, sodass die Gebäude eine gewisse Prominenz erhielten. Darüber hinaus verkörperte ihre Größe neue städtebauliche Dimensionen, die vergleichbar waren mit denen repräsentativer Monumentalbauten, wie Theatern, Opern oder anderen wichtigen Institutionen. Bei der Gestaltung der Fassade wurde dieser Repräsentationscharakter weitergeführt. Hierzu wurde auf eine Mischung aus klassischem Ornament, Bauteilen mit Monumentalwirkung und neuen Materialkombinationen, sowie Konstruktionen aus dem 19. Jahrhundert gesetzt. Schaufenster befanden sich bis zum Zweiten Weltkrieg nicht nur im Erdgeschoss, sondern meistens auch in den oberen Fassadenabschnitten. Die Warenpräsentation wurde somit wichtiger Teil des Straßenraumes und sollte die Menschen in das Gebäude ziehen. Ebenso nahm der Einsatz von Reklame an der Fassade immer mehr zu – sie wurde zur großformatigen Werbefläche. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Beleuchtung, mit der die Fassade auch bei Nacht hell und schon von Weitem erkennbar war. Die künstliche Beleuchtung spielte auch im Innenraum eine wichtige Rolle. Kauf- und Warenhäuser wurden zu den „strahlenden Orten“ der sonst eher dunklen Städte. Neben dem Einsatz von Kunstlicht wurden große Oberlichter in die Gebäude integriert. Die aufwendige Architektur des Äußeren setzte sich insgesamt im Inneren fort. Detailreiche Treppenanlagen, Galerien, Fontänen und Brunnen, die typischerweise in herrschaftlichen und repräsentativen Gebäudetypen zum Einsatz kamen, wurden als Elemente übernommen. Allgemein betrachtet gehören die meisten Kauf- und Warenhausbauten zwar nicht zur architektonischen Avantgarde des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, dennoch spiegelten sie den jeweiligen Stil der Zeit wider. Für Architekten boten sie die Möglichkeit moderne Gebäude mit neuen Technologien in zentralsten Lagen zu entwerfen.



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Abb.10: Wertheim Erschließung, Berlin (1900) Abb.11: Wertheim, Leipziger Straße Berlin (1910) Abb.12: Wertheim Verkaufsabteilung, Berlin Abb.13: Kaufhaus Tietz, Elberfeld


DAS NEUE VERGNÜGEN: KONSUM


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Entscheidend für den Typus des Kauf- und Warenhauses sind nicht nur die typologischen und organisatorischen Veränderungen, sondern insbesondere die veränderte Form des Konsums. Konsum als Vergnügen wurde zu der Zeit vor allem als weibliche Tätigkeit bewertet und Warenhäuser als „Versuchung der Frauen“ charakterisiert. Das Einkaufen hatte sich vom Zweck der reinen Warenbeschaffung und Versorgung hin zu einer Freizeitbeschäftigung und einem sozialen Ereignis gewandelt. Der Franzose Philippe Perrot geht sogar so weit, zu sagen, dass Kauf- und Warenhäuser erst den Wunsch nach Konsum im modernen Sinne geweckt haben. Diese Beobachtung haben auch schon Zeitgenossen, wie der deutsche Politiker Gustav Stresemann gemacht, der über den Besuch von Kaufhäusern zu Beginn des 20. Jahrhunderts folgendes aussagte: „Wenn man heute in einer Familie hört, wir gehen zu Wertheim, so heisst das nicht in erster Linie, wir brauchen etwas besonders notwendig für unsere Wirtschaft, sondern man spricht wie von einem Ausfluge, dem man etwa nach irgend einem schönen Orte der Umgegend macht. [...] Hat man Bekannte gefunden oder mitgebracht, so bleibt man wohl plaudernd längere Zeit sitzen, zeigt sich die gegenseitigen Einkäufe und reizt sich dadurch zu neuen Ausgaben. Die Zeit verfliegt mit dem Betrachten der verschiedensten Rayon, der Toiletten der einkaufenden Damen, der Unterhaltung und anderem.“2 Das Flanieren entlang der Schaufenster und der Besuch von Warenhäusern etablierte sich als Teil der städtischen Alltagskultur. Die Gewichtung des Einzelhandels und des Konsums nahm in den Innenstädten seither zu und dominiert die Erscheinung dieser bis heute. Kauf- und Warenhäuser wurden immer mehr zu einer bestimmenden Leitfunktion der Stadtkerne. Sie waren in ihrer Bedeutung für den städtischen Alltag als Nachfolger der Marktplätze anzusehen. Dies wurde unter anderem durch ihre meist sehr prominente Lage unterstützt. Die Entstehung der Kauf- und Warenhäuser kann als ein weiteres Symptom der Konsumgesellschaft gedeutet werden. Sie stehen wie andere Phänomene der Zeit für Fortschritt und das moderne Zeitalter. Gleichzeitig zu der umgreifenden Faszination für den Typus, gab es aber auch viel Kritik und Misstrauen. Zum einen, weil die Organisationsform und Größe der Geschäfte einen klaren Bruch mit den traditionellen Familienbetrieben darstellten, zum anderen, weil die angebotenen Waren im Vergleich zu handwerklich erzeugten Produkten als qualitativ minderwertig angesehen wurden.



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Abb.15: Fotografie zur Konsumgesellschaft Abb.16: Sommerschlussverkauf Oberpollinger München (1954) Abb.17: Kaufhaus in Frankfurt (1963)



TEIL B KAUF- UND WARENHÄUSER IN DEUTSCHLAND

Die folgenden Kapitel fokussieren sich auf die Geschichte, Entwicklung und aktuelle Lage der Kauf und Warenhäuser in Deutschland. Für die meisten Leute steht der Begriff Kauf- und Warenhaus in unmittelbarem Zusammenhang mit den Namen der großen deutschen Kaufhausketten: Karstadt, Kaufhof, Horten und Hertie. Diese haben ihren Ursprung alle in den ersten Kauf- und Warenhäusern in Deutschland. Seit ihrer Entstehung prägen die Bauten die Innenstädte Deutschlands. Heute stehen sie vor der Frage, ob ihr Verkaufskonzept noch zeitgemäß ist und wie ihre Großbauten alternativ weitergenutzt werden können.


DER URSPRUNG VON KARSTADT & CO.


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Die ersten deutschen Kauf- und Warenhausbetriebe entwickelten sich alle aus Textil- und Konfektionsgeschäften, die durch die Integration neuer Warengruppen zu Kaufhäusern wurden. Im Gegensatz zu den Entstehungsprozessen in Frankreich, England und Amerika kann man in Deutschland erst ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts erste Beispiele finden. Zwar wurden die ersten Unternehmen und Filialen bereits im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts gegründet, doch Neubauten, die der Repräsentationsarchitektur und dem Maßstab der Kauf- und Warenhäuser in genannten Ländern entsprachen, entstanden erst nach dem Jahr 1900.



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Kaufhaus Leonard Tietz - Kaufhof Im Jahr 1879 eröffnete Leonard Tietz sein erstes Kurz-, Weiß- und Wollwarengeschäft in Stralsund. Nach zehnjährigem erfolgreichen Bestehen seines ersten Geschäftes an der Ostsee eröffnete er eine weitere Filiale im rheinländischen Elberfeld. Diesem Standort folgten weitere Warenhäuser, vor allem im Rheinland. Außerdem expandierte Tietz auch nach Belgien und in die Niederlande, jedoch mit einem anderen Unternehmensnamen. Seine Geschäfte florierten in den ersten beiden Jahrzehnten so stark, dass seine Firma schon 1905 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Ein Jahr später eröffnete der erste imposante Kaufhaus-Neubau des Unternehmers in Köln. Im Jahr 1929 zählten 43 Kauf- und Warenhäuser zum Unternehmen, die sich vor allem im Westen und Südwesten Deutschlands verteilten. Durch den zunehmenden Druck der Nationalsozialisten ab 1933 wurden die Geschäftsführer aus der Familie Tietz und ihrem Umkreis zur Aufgabe ihrer Positionen gezwungen und im Rahmen der „Arisierung“ mussten sie das Unternehmen an ein Bankenkonsortium verkaufen. Am 11. Juli 1933 wurde das Unternehmen in „Westdeutsche Kaufhof AG“ umbenannt und schließlich 1956 auf den Namen „Kaufhof AG“ umfirmiert.3 Die Kaufhauskette gehört zu den wenigen ihrer Art, die bis heute existieren.

Abb.18: Warenhaus Leonard Tietz, Düsseldorf Abb.19: Warenhaus Leonard Tietz, Düsseldorf



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Kaufhaus Hermann Tietz - Hertie Der Bruder von Leonard Tietz, Oscar Tietz, eröffnete im Jahr 1882 ebenfalls ein Geschäft für Garn-, Knopf-, Posamentier-, Weiss-, und Wollware in Gera. Da die Unternehmensgründung finanziell von seinem Onkel Hermann Tietz ermöglicht wurde, erhielt die Firma seinen Namen: „Hermann Tietz“. Der ersten Filiale folgte 1886 ein weiteres Kaufhaus in Weimar. Den ersten repräsentativen Neubau eines Kaufhauses ließ der Unternehmer ab 1895 in München, gegenüber des Hauptbahnhofs, errichten. Die Firma expandierte später vor allem in Berlin, wo bis 1930 allein elf Warenhäuser des Unternehmens entstanden. Zudem konnte der Unternehmer Oscar Tietz bis dahin acht weitere Standorte in anderen deutschen Städten aufbauen. Im Jahr 1934 geriet schließlich auch Oscar Tietz aufgrund seines jüdischen Familienhintergrundes unter den Druck der Nationalsozialisten in Form von Boykotten und Terrormaßnahmen. Dies veranlasste den Geschäftsführer letztlich dazu einem Ausscheidungsvertrag zuzustimmen. Nach der Enteignung wurde das Unternehmen unter dem Namen „Hertie-Kaufhaus-Beteiligungs-GmbH“ weitergeführt. Die Kaufhauskette eröffnete nach dem zweiten Weltkrieg zahlreiche Filialen in Deutschland. Im Jahr 1994 wurde die Firma von dem Karstadt Konzern übernommen und viele ihrer Kaufhäuser umbenannt.

Abb.20: Kaufhaus Hermann Tietz, München (1906) Abb.21: Detail Kaufhaus Hermann Tietz, Berlin



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Kaufhaus C. Karstadt und Co - Karstadt Ein weiterer der vier großen Kaufhausgründer in Deutschland war Rudolf Karstadt, der im Mai 1881 zusammen mit seinen Geschwistern unter dem väterlichen Namen „C. Karstadt & Co“ ein „Tuch-, Manufaktur- und Confectionsgeschäft“ in Wismar eröffnete. Bei der Eröffnung weiterer Standorte fokussierte sich Karstadt auf den norddeutschen Raum, sodass die ersten Zweigstellen in Mecklenburg, Braunschweig, Bremen, Hamburg und Hannover entstanden. Ein prachtvoller Neubau im Jahr 1912 in Hamburg wurde das erste Karstadt Kauf- und Warenhaus, in dem die charakteristische Architektur des neuen Typus umgesetzt wurde. Wenige Jahre später, 1918, wurde aus dem Unternehmen im Alleinbesitz von Rudolf Karstadt eine Kommanditgesellschaft und im Laufe der 1920er Jahre eine Aktiengesellschaft. Bis 1919 konnte das Unternehmen 31 Filialen zählen, zu denen nach der Fusion mit der Firma Theodor Althoffs noch weitere 15 Kaufhäuser hinzukamen. Jedoch geriet Karstadt aufgrund der Wirtschaftskrise gegen Ende der 1920er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten. Infolgedessen war das Unternehmen nicht mehr fähig seine Gläubiger zu bezahlen, wodurch es in den Besitz der Banken überführt wurde, die eine neue Geschäftsführung einsetzten. Gemeinsam mit der Kaufhof AG ist die Firma Karstadt, die einzige deutsche Warenhauskette, deren Name noch heute an Kauf- und Warenhäuser in deutschen Städten zu finden ist.

Abb.22: Karstadt Stammhaus, Wismar Abb.23: Karstadt, Hermannplatzt Berlin



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Kaufhaus Schocken - Merkur | Horten Als letztes Unternehmen im Quartett der bedeutenden deutschen Kauf- und Warenhausketten wurde 1907 die Firma „I. Schocken Söhne“ von den Brüdern Salman und Simon Schocken in Zwickau gegründet. Bis zum Jahr 1914 eröffneten sie elf weitere Geschäfte, die sich alle in sächsischen Gebieten befanden. Erst später expandierte Schocken auch nach Bayern und Württemberg. Im Dezember 1921 wurde das Unternehmen in eine Kommanditgesellschaft überführt und Salman Schocken führte es nach dem Tod seines Bruders,vor allem während der „goldenen Zwanziger“, zu einem großen Erfolg. Bis zum Jahr 1932 konnte der Unternehmer den Betrieb auf 19 Kauf- und Warenhäuser ausbauen. Besonders hervorzuheben ist seine Zusammenarbeit mit dem Architekten Erich Mendelsohn, der unter anderem den Kaufhäusern in Stuttgart, Nürnberg und Chemnitz eine äußerst moderne und einheitliche Erscheinung verlieh. Sie wurden zu bekannten und beliebten Gebäuden im Stil der Moderne. Wie auch die Familie Tietz, war die Familie Schocken jüdischer Abstammung, sodass die Geschäftsleitung des Unternehmens 1938 im Zuge der nationalsozialistischen „Arisierung“ abgesetzt wurde. Daraufhin änderte sich der Namen der Kaufhauskette in „Merkur AG“. Nach dem zweiten Weltkrieg kehrte Salman Schocken aus Amerika zurück und machte seine Rückerstattungsansprüche erfolgreich geltend. Doch schon wenige Jahre später, 1953, verkaufte er seine 51 Prozent Anteilsbesitz an Helmut Horten. Die Kauf- und Warenhäuser der Kette wurden danach unter den Namen „Merkur“ und „Horten“ weitergeführt.

Abb.24: Werbepostkarte Schocken Kaufhäuser Abb.25: Schocken Kaufhaus, Stuttgart


Seit der Gründung der ersten Kauf- und Warenhäuser in Deutschland im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, legte dieser Einzelhandelstypus eine Erfolgsgeschichte hin, die durch den Ersten Weltkrieg gebremst wurde. Infolge des Krieges war die Kaufkraft der Bevölkerung stark zurückgegangen und die Beschaffung von Waren, vor allem aus dem Ausland, wurde unmöglich. Dennoch konnten zumindest die zuvor genannten großen Unternehmen die Krise überstehen und sich bis zum Zweiten Weltkrieg weiterentwickeln. Von der Mitte bis zum Ende der 1920er Jahre transformierten sich die Warenhausbetriebe zu Großunternehmen mit 10.000 bis 20.000 Beschäftigten. Die Anzahl der Filialen der fünf großen Kauf- und Warenhausketten (R. Karstadt AG, Hermann Tietz u. Co., Leonhard Tietz AG, A. Wertheim GmbH, Schocken AG) erhöhte sich von 101 im Jahr 1925 auf 176 im Jahr 1929. Die Zunahme an Standorten wurde unter anderem durch Firmenzusammenschlüsse und Übernahmen begünstigt. Bereits 1927 begann die NSDAP mit offizieller Hetze gegen die Warenhaus-Unternehmen, indem sie diese in ihrem Parteiprogramm verschmähten. Anfang der dreißiger Jahre forderten die Nationalsozialisten offen zum Boykott und Terror gegen die Warenhäuser auf. Die Veränderungen der Besitzverhältnisse unter dem Regime der Nationalsozialisten in den 1930er Jahren ist sicherlich als deutlicher Einschnitt für die bis dahin zumeist familiengeführten Unternehmen zu nennen. Es kam zu einer neuen Ordnung der Warenhausunternehmen in Deutschland. Trotz der Umstrukturierungen konnten die Kauf- und Warenhausketten ihren Erfolg nach dem Zweiten Weltkrieg weiterführen. Der Typus wurde zum wichtigen Baustein im Wiederaufbau und der Neuordnung der Städte.



DIE KAUFHAUSARCHITEKTUR DER 1920-ER JAHRE


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Die Architektur der Kauf- und Warenhäuser in den Zwischenkriegsjahren Nach dem Ersten Weltkrieg kam es zu einer Neuausrichtung der Architektur des Typus der Kauf- und Warenhäuser. Entsprechend dem Stil der Zeit kam es zu einer ästhetischen Versachlichung – einer Reduktion auf das Funktionale. Da im Fokus des Funktionalen der Vertrieb von Waren stand, wurde das äußere der Gebäude immer weiter simplifiziert. Es wurde zunehmend auf Ornament und Prunk verzichtet. Stattdessen hielten die Elemente und Gestaltungsprinzipien der Moderne Einzug in die Warenhaus-Architektur. Auf der Suche nach Vorbildern schaute man zunehmend in die USA - auf sachlich gestaltete „Department Stores“. Sie dienten als Vorbilder für eine Ökonomisierung der inneren Organisation und der Erscheinung. Durch die bautechnische Neuerung des Stahlbetons konnten die Fassaden unabhängig von der Tragstruktur gestaltet werden. Dadurch konnten sie verstärkt als Werbeträger der jeweiligen Kaufhaus-Marke genutzt werden. Wie bereits bei der ersten Generation der Kauf- und Warenhaus-Neubauten wurden die Fassade aufwendig beleuchtet und diente so auch nachts als Anziehungsund Orientierungspunkt. Insgesamt wurde die Bauweise des Typus weiter standardisiert, sodass sowohl im Inneren, als auch beim Äußeren eine Ähnlichkeit zwischen verschiedenen Warenhäusern einer Kette entstand. In den 1920er Jahren wurden die Prinzipien des Corporate Design erstmals in der Warenhausarchitektur angewandt. Durch die neuen Techniken und die freie Fassadengestaltung konnten immer wieder gleiche oder zumindest ähnliche Elemente für verschiedene Standorte verwendet werden, sodass es ein einheitliches Design der Gebäude einer Kette gab. Wichtiger Punkt bei dieser markenspezifischen Umsetzung war die Zusammenarbeit der Kaufhausunternehmen mit festen Architekturbüros. Die Firma Schocken engagierte zum Bespiel für ihre Neubauten in Chemnitz, Stuttgart und Nürnberg den Architekten Erich Mendelsohn. Dieser verlieh allen drei Standorten ein sehr modernes Auftreten im Stil einer „dynamischexpressiven Großstadtarchitektur“ und markierte damit die Einführung eines unternehmenseigenen Gestaltungsprinzips. Doch auch die anderen Warenhausunternehmen führten ihre eigenen standortübergreifenden Designs ein. Da mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in den 1930er Jahren eine Enteignungswelle stattfand und Warenhäuser offen bekämpft wurden, gab es bis zu den Jahren des Wiederaufbaus und der Stadterneuerung nach dem Zweiten Weltkrieg keine formalen und architektonischen Veränderungen des Typus mehr.


Abb.26: Magis Kaufhaus, Hannover Abb.27: Schocken Kaufhaus, Chemnitz Abb.28: Schocken Kaufhaus, Stuttgart


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KAUF- & WARENHÄUSER NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG


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Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Kauf- und Warenhausunternehmen an ihren Erfolg aus der Vorkriegszeit anknüpfen. Trotz veränderter Besitzverhältnisse expandierten die Betriebe weiter und positionierten sich geschickt in den Prozessen des Wiederaufbaus und der Neuausrichtung der Städte. Als Ebenbild des Konsums wurden sie als „Wahrzeichen des Wirtschaftswunders“ der Nachkriegszeit angesehen und machten dieses erlebbar. Außerdem wurden sie offiziell als Ankerpunkte der häufig kriegszerstörten deutschen Innenstädte angesehen. Aufgrund vieler frei gewordener Grundstücke konnten sich die Kaufhauskonzerne mit hohen Investitionen Parzellen in Bestlagen der Städte sichern. Da in der Nachkriegszeit häufig den Prinzipien der Moderne und dem Ideal einer autogerechten Stadt gefolgt wurde, war bei der Wahl der Standorte nicht mehr nur die Wahrnehmung der Passanten wichtig, sondern vor allem die des motorisierten Verkehrs. Dementsprechend entstanden Kauf- und Warenhäuser auch an wichtigen Verkehrsachsen oder als Teil sogenannter Stadtteilzentren. Das Auto als Fortbewegungsmittel wirkte sich nicht nur auf die Standortauswahl aus, sondern auch auf die Architektur selbst. Um auf die beschleunigte Wahrnehmung des vorbeifließenden Verkehrs einzugehen, wurden die Gebäudevolumen immer weiter vereinfacht und zum Teil „kistenförmig“. Gleichzeitig sollten sich die Kaufund Warenhäuser weiterhin von der Umgebung abheben und besonders ins Auge fallen. Als kommunikationsrelevant für den direkten Bezug zu den Passanten wurde fortan nur noch das Erdgeschoss und zum Teil das erste Obergeschoss gewertet. Dort setzen sich große, vollflächige Schaufenster durch, um die Kunden in das Gebäude zu leiten. Im Gegensatz zu den transparenten unteren Geschossen wurde die Fassade der Obergeschosse meist vollständig geschlossen. Das Ziel dieser Abschottung von der Umgebung war es im Inneren eine eigene abgesonderte Welt der Waren zu schaffen, von der sich keine Ablenkung bot. Die weitere Reduktion der Form und Gestaltung diente der Fokussierung auf die Produkte. Im Inneren bedeutete dies, dass es nahezu keine Unterteilungen gab. Die großen Flächen wurden nur durch das Mobiliar zur Warenpräsentation gegliedert. Dadurch sollte eine perfekte Ästhetik für die Warenschau ermöglicht werden. Unterstützend zu den großen, freien Flächen, die einen Überblick über die Fülle der Waren in einem Geschoss zuließen, wurde diese Wirkung auch noch geschossübergreifend ausgebaut. Zentral positionierte Rolltreppen dienten der vertikalen Fortbewegung durch die Kaufhäuser. Auf ihnen sollten die Kunden langsam an den Waren vorbeifahren, sich möglichst ohne Aufwand von Geschoss zu Geschoss bewegen und bereits die Warenfülle der jeweils anderen Etagen erahnen können. Treppenhäuser und Aufzüge wurden unauffällig in den


Abb.29: Hertie Kaufhaus, Herne


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Randbereichen untergebracht und sollten möglichst wenig für den Kundenverkehr genutzt werden. Wie schon bei einigen frühen Kaufhäusern wurden Cafés und Restaurants in die innere Welt der Warenhäuser integriert. Da eine Schließung der Fassade Alternativen bei der Belichtung und Belüftung voraussetzte, mussten große Anstrengungen für eine Klimatisierung der großen Flächen vorgenommen werden. Die Schließung und Reduktion der Fassadenelemente ließ mehr Spielraum für markenspezifische Werbung und Gestaltung. Vor allem die Architekten Egon Eiermann, Helmut Rhode und Harald Loebermann wurden zu Vorreitern der Uniformierung unternehmenseigener Fassadengestaltung. Die von Egon Eiermann und Robert Hilgers entwickelte „Hortenkachel“ hatte eine so große Verbreitung, dass man sie auch heute noch häufig an ehemaligen Horten-Kaufhäusern finden kann. Sie wurde anfangs aus Keramik und später aus Aluminium gefertigt und elementweise als vorgehängte Fassade montiert. Die Form der Kachel soll von einem stilisierten „H“ abgeleitet sein, entsprechend dem Unternehmensnamen „Horten“. Die neue Form der Fassadenarchitektur hatte nicht nur den Effekt der Wiedererkennung, sondern löste auch scharfe Kritik aus. Den Neubauten wurde vorgeworfen ihre Umgebung vollkommen zu ignorieren und jegliche Interaktion mit dem Stadtraum zu negieren. Die neuen Kauf- und Warenhäuser wurden als „selbstgenügsame Bauformen“ und „einfache Kisten“ verpönt und oft als störend für das Stadtbild empfunden. Diese Kritik an der neuen Form des Gebäudetypus wurde später zudem durch die allgemeine Verurteilung der Nachkriegskonzepte der autogerechten, aufgelockerten und funktionsgeteilten Stadt verschärft. Aufgrund der zunehmenden Verbreitung des Autos als individuelles Transportmittel nahm man an, dass es notwendig für den Komfort des Kunden sei, direkt im oder an ein Kaufhaus parken zu können. So wurden bei vielen Kaufhäusern Tiefgaragen, Dach-Parkdecks oder Parkhaus-Anbauten vorgesehen. Durch die Änderung des Kundenverhaltens, indem sie meist direkt mit dem Auto anreisten, verringerte sich die Korrelation zwischen Stadtraum und Gebäude zunehmend. Die Innenstadt und Fußgängerzone als Bestlage für Kauf- und Warenhäuser wurde durch Standorte an Hauptverkehrsachsen ergänzt. Da die Kundenströme durch die Anreise mit dem Auto unmittelbar in das Gebäude geleiten werden konnte, rückte die Erzeugung einer inneren – von der äußeren Umgebung entkoppelten – Welt immer mehr in den Fokus. Die Kommunikation mit Passanten und der Umgebung wurde gestalterisch der bestmöglichen Warenpräsentation im Inneren untergeordnet. Die Summe der genannten Punkte führte dementsprechend zu einer immer stärkeren Formreduktion.



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Einfache Kisten mit einheitlichen Fassaden entstanden in jeder Stadt. Waren die Kaufund Warenhäuser vor dem zweiten Weltkrieg noch Gebäude, die architektonisch auf den Stil ihrer Zeit eingingen und zum Teil Bewunderung auslösen konnten, wurden die meisten Bauwerke nach dem zweiten Weltkrieg zu viel diskutierten Stadtbausteinen. Besonders die Gebäude, die nicht unmittelbar in der Nachkriegszeit, sondern später errichtet wurden, gelten als unbeliebte Bauwerke und „Bausünden“.

Abb.30: Karstadt in Magdeburg Abb.31: Hortenkachel Abb.32: Nachriegsbau Karstadt


DER ANFANG VOM ENDE?


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Anfang der 1970iger Jahre standen die Kaufhäuser auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs in Deutschland. Alleine in Westdeutschland gab es zu der Zeit etwa 1.150 Kauf- und Warenhäuser, die zehn Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes erwirtschaften konnten.4 Ab diesem Hochpunkt lässt sich jedoch ein kontinuierlicher Niedergang beobachten, der sich seitdem verschärft hat. Bis zum Beginn der 1990er-Jahre waren in Deutschland noch die vier großen Kaufhausketten Karstadt, Kaufhof, Horten und Hertie als eigenständige Unternehmen tätig. Die vier Großunternehmen zusammengenommen hatten zu der Zeit 375 Filialen, die eine Verkaufsfläche von circa 3,5 Millionen Quadratmetern zählten.5 Doch bereits während des letzten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts kam es aufgrund rückgängiger Rentabilität der einzelnen Ketten zu Übernahmen. Die bis dahin drittgrößte Kauf- und Warenhaus Kette Hertie wurde vom Konkurrenten Karstadt übernommen. Das Unternehmen Horten gehörte wenig später zum Kaufhof Konzern.6 Im Zuge der Übernahmen und deren Folgen kam es zu vielen Standortschließungen. Nur etwa zehn Jahre nach den Fusionen der Kaufhausketten hatte sich die Zahl der Geschäfte um ein Viertel auf 280 reduziert.7 Der nächste große Schlag für die Branche war die Insolvenz von Karstadt im Jahr 2009. Dieses Ereignis wurde in den Medien stark thematisiert und wurde von umfassenden Stellenstreichungen und einem Eigentümerwechsel geprägt.8 Nach einigen holprigen Jahren, die mit einer positiven Sicht in die Zukunft gestartet waren, wechselte Karstadt 2014 schließlich erneut den Besitzer. Für nur einen Euro übernahm die österreichische Signa-Holding unter Führung des bekannten René Benko die Kaufhauskette.9 Gleich ein Jahr später scheiterte der neue Eigentümer zunächst bei der geplanten Übernahme des einzigen Konkurrenten am deutschen Markt, der Kaufhof AG. Letztendlich erreichte René Benko sein Ziel aber wenige Jahre später, sodass die beiden letzten großen Kaufhausketten nach einem längeren Prozess seit Sommer 2019 vollständig unter dem Namen Galeria Karstadt Kaufhof GmbH zusammengehören. Während der gravierenden Veränderungen der Eigentümerschaft und Konzernstruktur verschlechterte sich die Lage der Kauf- und Warenhausstandorte weiter. Von den 280 Filialen im Jahr 2004, waren 2015 nur noch 175 zu verzeichnen.10 Von den Schließungen waren vor allem jene Standorte in kleineren und mittelgroßen Städten betroffen. Vielerorts wurde somit eine riesige leerstehende Immobilie hinterlassen, für die oftmals keine Nutzung in gleicher Funktion in Aussicht stand. Durch die Leerstände und den Wegfall eines wichtigen Anziehungspunktes kam es auch zu Abwertungen und negativen Effekten für das gesamte Umfeld und den nahegelegenen Einzelhandel. Viele Städte und ihre politischen


Entscheidungsträger waren überfordert mit dem plötzlichen Wegfall der Kauf- und Warenhäuser und den davon ausgehenden Auswirkungen. Konzepte zur weiteren Nutzung, beziehungsweise Umnutzung, erforderten jahrelange Entwicklung. Die Zeiten, in denen Kauf- und Warenhäuser Einzug in die Bestlagen von Städten hielten und den Ruf als Ankerpunkte und Frequenzbringer für Innenstädte und Einzelhandelslagen genossen, sind vorbei. Vielmehr sind jetzt jene Großbausteine mit ihrer zunehmend erfolglosen Betriebsform selbst auf externe Frequenzbringer angewiesen.11 Über die Filialschließungen hinaus kann die sich verschlechternde wirtschaftliche Gesamtsituation der deutschen Kauf- und Warenhäuser am sinkenden Umsatz verdeutlicht werden. Von 2003 bis 2015 halbierte sich der Gesamtumsatz aller deutschen Kauf- und Warenhäuser. Von einem Anteil von zehn Prozent am gesamten Einzelhandelsumsatz der Bundesrepublik in den 1970er Jahren, konnten zur Jahrtausendwende nur noch weniger als die Hälfte verzeichnet werden. Bis zum Jahr 2019 verringerte sich der Anteil weiter auf 2,3 Prozent.12 Nachdem der Misserfolg der Betriebsform „Kauf- und Warenhaus“ seit den 1970er Jahren in Zahlen und Fakten belegt ist, stellt sich die Frage nach den Gründen hierfür. Die Urteilslage und Bewertung verschiedener Faktoren ist vielschichtig, die meisten Quellen sind sich jedoch in den folgenden Punkten einig. Erstens haben Kauf- und Warenhäuser mit der Verbreitung von Fachmärkten und vor allem von Einkaufszentren neue Konkurrenten bekommen. Besonders die in der Peripherie nach dem amerikanischen Vorbild der „Shopping Mall“ errichteten Einkaufszentren erfreuen sich seit dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts großer Beliebtheit. Das Prinzip „Shop-in-Shop“ hat seinen Vorgänger „Alles unter einem Dach“ in den Schatten gestellt. Kunden ziehen es demnach vor, ein „differenziertes und spezialisiertes Produktangebot“ zu haben.13 Diese neuen Wettbewerbsformen werden von einem Wandel unterstützt, der als weiterer Faktor für den Niedergang der Kauf- und Warenhäuser angeführt wird: Der Peripherisierung von Wohnen und Arbeiten. Das Stadtzentrum als Versorgungsort steht in Konkurrenz zu kostengünstigeren, flächenmäßig nahezu unbegrenzten und komfortabel zu erreichenden Standorten am Stadtrand. Die individuelle Motorisierung und Mobilisierung der Bevölkerung haben die Bereitschaft außerhalb der Stadtzentren einzukaufen gefördert. Dieses neue Kundenverhalten wirkt sich nicht nur auf die Kauf- und Warenhäuser in Innenstadtlagen aus, sondern auf die gesamte Passantenfrequenz der Einkaufsstraßen und Stadtzentren. Als weiterer Punkt für die schwierige Situation von Kauf- und Warenhäusern und deren Immobilien wird von Fachleuten häufig ein Überangebot von


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Einzelhandelsflächen genannt. Seit dem Zweiten Weltkrieg lag der Fokus bei der Innenstadtentwicklung vieler Kommunen auf dem Einzelhandel. Mit der größeren Verbreitung von Kauf- und Warenhäusern, sowie später besonders großflächigen Fachmärkten und Einkaufszentren entstanden immer mehr Einzelhandelsflächen.14 Gestützt wurde der Flächenboom von neuartigen Betriebskonzepten und dem Streben, das Einkaufen zu einem Erlebnis zu machen. Nicht zuletzt spielt der Einzelhandel eine große Rolle bei interkommunaler Konkurrenz, sodass entsprechende Projekte von der Politik gerne gesehen unterstützt wurden.15 Laut einer Studie aus dem Jahr 2009 kommen auf jeden Bundesbürger 1,4 Quadratmeter Verkaufsfläche. Aus den insgesamt 120 Millionen Quadratmetern habe sich laut Handelsverband BAG zwischenzeitlich eine Übersättigung mit Einzelhandelsflächen von etwa 30 bis 40 Prozent am Markt ergeben.16 Seit den 2010er Jahren hat sich diese Entwicklung jedoch stark entschleunigt. Trotzdem stehen Kauf- und Warenhausimmobilien vor einem Problem, da bei ihnen Betriebstypus und Gebäudetypologie sehr eng miteinander verwoben sind, sodass eine Drittverwendbarkeit der großen, sich über mehrere Geschosse erstreckenden Verkaufsflächen sehr schwierig ist. Dem Zuwachs an Flächen steht eine Abnahme an unterschiedlichen Betrieben des Einzelhandels gegenüber. Die mit der zweiten Einzelhandelsrevolution aufgekommene Form der Großbetriebe hat sich mit der Zeit über nationale Ketten hin zu internationalen Großkonzernen gewandelt. Die großen Einzelhandelsketten haben durch ihre Marktmacht und ihr Investitionsvermögen viele kleine Betriebe aus den Innenstädten verdrängt, weil die Mieten vielerorts ein zu hohes Niveau für lokale Händler erreicht haben. Diese Verdrängung des kleinteiligen Handels aus den Innenstadtzentren hat über Jahre zu einer regelrechten „Uniformierung“ der Einkaufsstraßen geführt.17 Ob die Münchener Kaufingerstraße, die Frankfurter Zeil oder die Kölner Schildergasse, in allen Straßen kann man die gleichen Geschäfte, wie H&M, Zara oder Douglas finden. In all diesen Straßen gibt es aber eben auch eine Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof, bei denen sich die Frage nach ihrer Zukunft und einem möglichen ersten Schritt gegen die Monotonie ihrer Umgebung schon heute stellt. Durch den Wandel von einer engen Beziehung zu einer geradezu losgelösten Koexistenz von Händler und Ort sei die Baukultur des Handels mit der Zeit verloren gegangen.18 Einst waren die prächtigsten Gebäude der Stadt die des Handels, sowie die treibenden Kräfte der Stadtentwicklung die Händler. Doch heutzutage sind die Handelsgebäude fast ausschließlich Angelegenheit von Investoren, deren Interesse an Stadtentwicklung häufig beim ökonomischen Profit endet.



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Gleichzeitig zur Trennung von Händler und Ort hat sich in den letzten Jahrzehnten auch eine Trennung von Handel und Ort vollzogen. Online-Shopping verzeichnet seit seinem Aufkommen stetig steigende Wachstums- und Umsatzraten – der stationäre Einzelhandel konnte in den letzten 10 Jahren eine durchschnittliche Wachstumsrate von 1,7 Prozent pro Jahr verzeichnen, wohingegen der OnlineHandel einen jährlichen Wert von circa 17 Prozent erreichte.19 Das „Alles unter einem Dach“-Prinzip der Kauf- und Warenhäuser findet sich schon lange bei Onlinehändlern wie Amazon wieder. Nur werden die Produkte bequem bis nach Hause geliefert und die Kunden können sich mit einem Preisvergleich das günstigste Produkt sichern. Statt der Beratung des Verkäufers werden die Rezensionen anderer Kunden studiert und all das in kürzester Zeit und ohne Aufwand. Da Mobilisierung und Online-Shopping das Einkaufen immer komfortabler gemacht haben, unterscheidet sich der Versorgungseinkauf vom Erlebniseinkauf mehr denn je.20 Betriebskonzepte, die bei beiden Einkaufstypen keine Überlegenheit oder Alleinstellung gegenüber ihren Konkurrenten haben, geraten zunehmend in schwierige Lagen. Die Liste der Einflussfaktoren und Entwicklungen, die dazu geführt haben, dass Kauf- und Warenhäuser mit ihren Verkaufskonzepten und Gebäuden in eine Obsoleszenz steuern ist also lang. Doch klar ist, dass sich diese Entwicklungen weder aufhalten noch rückgängig machen lassen. Demnach stellt sich die Frage nach einer Zukunft mit neuen Visionen für den Handel, beziehungsweise für Innenstädte ohne reinen Handel.

Abb.33: Shoppingmall in der Peripherie Vösendorf Abb.34: Ausstellung in Remscheid


2020. DIE NÄCHSTE ODER LETZTE KRISE?


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Im Jahr 2020, dem Jahr das vollkommen von der Covid-19-Pandemie geprägt wurde, ist die Abhängigkeit der Innenstädte vom Einzelhandel erschreckend deutlich geworden. Durch zeitweise vollkommene Schließung und starke Einschränkungen des stationären Einzelhandels hat sich die zum Teil schon vorher schwierige Lage verschärft. Die Passantenfrequenzen waren stark rückläufig und Touristen blieben weitestgehend aus. Während die Folgen für viele Einzelhandelsgeschäfte noch abzuwarten bleiben, musste die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH im Juli Insolvenz anmelden. Mit der Insolvenz der letzten verbleibenden deutschen Kaufhauskette gehen wieder viele Kündigungen und Filialschließungen einher. 42 der zuvor 172 Standorte mussten innerhalb weniger Monate schließen. Sechszehn weitere Geschäfte sollten nach ersten Plänen ebenso schließen, dies konnte jedoch durch ein großzügiges Entgegenkommen von Städten und Immobilienvermietern vorerst vermieden werden. Trotzdem sind die Schließungen jener Standorte meistens nur um wenige Jahre verschoben, keinesfalls aber abgewendet. Die Immobilienbesitzer und Städte, die mit den kurzfristigen Kündigungen oft eigentlich noch jahrelang laufender Mietverträge umgehen müssen, sehen sich dem Problem ausgesetzt, welche Zukunft die ehemaligen „Kathedralen des Konsums“ haben können. Bei vergangenen Schließungswellen der deutschen Kaufhausketten waren vornehmlich Standorte in Mittelstädten und kleineren Großstädten betroffen, doch von den neusten Schließungen sind auch Standorte in den boomenden Großstädten betroffen. Da die spezielle Typologie nicht in gleicher Nutzung weiter betrieben werden kann, müssen neue Nutzungen und Konzepte gesucht werden. Nicht nur eine Nachnutzung als Warenhaus hat schlechte Aussichten auf Erfolg, sondern auch eine ausschließliche Einzelhandelsnutzung. Durch die aktuelle Lage ist der Expansionswille der meisten Händler gebremst. Experten sehen zwar für kleine Einzelhandelsflächen in Erdgeschosslagen keine Vermietungsprobleme, vertikal verteilte Verkaufsflächen sind jedoch nicht gefragt. Dementsprechend müssen für jene Flächen, zu denen auch Kauf- und Warenhäuser gehören, neue Ideen entwickelt werden. Es gilt die schnell eingetretene Misere als eine Chance für eine nachhaltige, zukunftsweisende und stadtverbessernde Transformation zu sehen. Kauf- und Warenhäuser werden in der Literatur oft als Ankerpunkte der Innenstädte nach dem Zweiten Weltkrieg beschrieben. Sie galten als Frequenzbringer und Orte an denen Einkaufen zur Freizeit wurde. Außerdem sind sie mit ihren großen Volumen und ihrer speziellen Architektur prägende Stadtbausteine. Viele der Gebäude sind aufgrund ihrer äußeren Erscheinung, der Geschlossenheit der Fassade und ihrer Masse jedoch recht unbeliebt und eine


Ankerfunktion können sie nur noch selten ausstrahlen. In diesen Fällen kann der Wegfall der Funktion als Warenhaus und die Neuwidmung dieser Gebäude und ihrer architektonischen Sprache als Chance zur Stadtreparatur gesehen werden. Ebenso können neue Nutzungen, die den Bedürfnissen des Hier und Jetzt entsprechen, die Gebäude zu ihrer Ankerfunktion und einer Belebung der Innenstädte zurückführen. Viele Bürger, Kommunen und Vermieter versuchen jedoch oftmals an der Kaufhauskette festzuhalten. Bürger sehen die Kaufhäuser als gewohnten Teil ihrer Innenstädte und Nachbarschaften. Städte fürchten umfangreiche Entlassungen und Leerstände. Vermieter haben die Immobilien einst eigens für die Kaufhausketten errichtet und müssen nach Alternativen suchen und Investitionen für Umbauten in Kauf nehmen. Doch der von Galeria Karstadt Kaufhof eigens geplante Gläubigerverzicht von etwa 2,2 Milliarden Euro, Zugeständnisse von Kommunen und Immobilienbesitzern und nicht zuletzt die Tatsache, dass man lange Zeit wissentlich auf die Krise zusteuerte, lässt viele Menschen hinterfragen, ob man noch an der Kaufhauskette festhalten sollte. Negative Pressestimmen zur Signa Gruppe und ihren aktuellen Projekten werden immer lauter. Angeprangert wird sie für Verhandlungen mit Kommunen, bei denen herausgezögerte Filialschließungen gegen Baurecht für neue Projektentwicklungen gehandelt wird. Außerdem gibt es mehr und mehr Kommentare, die unterstellen, dass der Besitzer Benko schon bei der Übernahme des Konzerns alleine die Immobilien in innerstädtischen Bestlagen im Auge gehabt habe und nicht den Kaufhausbetrieb selbst. All diese Debatten sollten jedoch nicht dazu führen einen Zorn auf das Unternehmen zu schüren, sondern viel mehr dazu verleiten neue, alternative und überzeugende Ideen für die ehemaligen und bestehenden Kauf- und Warenhausstandorte zu entwickeln. Die Transformation von Kauf- und Warenhäusern und die damit einhergehende Integration neuer Nutzungen anstelle des Einzelhandels kann auch als modellhaftes Vorbild für weitere Transformationsprozesse der Innenstädte dienen.

Abb.35: Leerstehende Karstadtfiliale Abb.36: Abschiedsworte an geschlossenem Karstadt


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Kauf-& Warenhäuser [Karstadt, Kaufhof] in Betrieb

Kauf-& Warenhäuser [Karstadt, Kaufhof] 2020 geschlossen

*Kauf- und Warenhäuser, als Teil von Einkaufszentren sind nicht berücksichtigt


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INSGESAMT

28 Ehemalige Kauf- & Warenhäuser [Karstadt, Kaufhof, Hertie, Horten] heute leerstehend/ von Einzelhandel genutzt



TEIL C DEFINITION & DOKUMENTATION


DIE DEFINITION


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Die Definition und gesetzliche Einordnung Kauf- und Warenhäuser werden in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) im §11 Abs.3 aufgeführt. Dabei zählen sie zur Kategorie „großflächiger Einzelhandel“, wie alle Einzelhandelsformen mit einer Geschossfläche die größer gleich 1.200 Quadratmeter ist. Demnach gehören Einkaufszentren, SB-Warenhäuser und Fachmärkte auch zu dieser Kategorie. Als weiteres Abgrenzungskriterium dieser Kategorie wird für alle Einzelhandelbetriebe festgesetzt, dass sie sich „nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können“, beziehungsweise es sich um „sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 [oben genannte Punkte] bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind“.21 Abgesehen von der funktionellen und rechtlichen Einordnung in eine Nutzungskategorie gibt es eine weit verbreitete Definition für Kauf- und Warenhäuser des Wirtschaftswissenschaftlers Professor Gerd Hessert: „Das Warenhaus ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, der in der Regel auf mehreren Ebenen breite und überwiegend tiefe Sortimente mehrerer Branchen mit tendenziell hoher Serviceintensität und mittlerem bis hohem Preisniveau an Standorten in der Innenstadt oder in Einkaufszentren anbietet. Die Warensortimente umfassen überwiegend Nichtlebensmittel der Bereiche Bekleidung, Heimtextilien, Sport, Hausrat, Einrichtung, Kosmetik, Drogeriewaren, Schmuck, Unterhaltung. Dazu kommen Dienstleistungssortimente der Bereiche Gastronomie, Reisevermittlung und Finanzdienstleistung.“22



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Die Eigenschaften des Typus Nach den beiden genannten Einordnungen oder Definitionen, die eher die Nutzung und Betriebsform betreffen, stellt sich besonders unter dem Gesichtspunkt einer Umnutzung noch die Frage nach den baulichen Gebäudeeigenschaften, sowie ihrer Rolle im Stadtgefüge. Hierzu sollen die Ergebnisse einer Untersuchung aus dem Jahr 2015 beleuchtet werden, deren Gegenstand die 161 noch in Betrieb befindlichen Galeria Kaufhof und Karstadt Standorte waren. Bei dieser Betrachtung wurden nur eigenständige Gebäude einbezogen, jedoch keine Filialen, die sich in Einkaufszentren oder ähnlichen Gebäudezusammenschlüssen befinden.23 Folgende Eigenschaften der Kaufhaus-Immobilien wurden bei der Untersuchung festgestellt: 1. Die durchschnittliche Mietfläche des Typus beträgt 17.900 Quadratmeter, von denen im Durchschnitt 14.400 Quadratmeter Verkaufsfläche sind. 2. Die untersuchten Gebäude haben zwischen einem und zehn Geschossen. Bei mehr als drei Viertel der Kaufhäuser werden mehr als drei Etagen für den Einzelhandel genutzt. 3. In der Regel werden fast alle vorhandenen Geschosse als Verkaufsfläche genutzt. Die unterirdischen Geschosse und die obersten Etagen werden häufig als Parkflächen genutzt oder es gibt angeschlossene Parkhäuser. 4. Die jeweiligen Geschosse sind stufenlos und haben ein großes Stützenraster. 5. Zentral gelegene Rolltreppen dienen als Haupterschließung. Treppenhäuser und Aufzüge sind untergeordnete Erschließungen und am den Gebäuderand untergebracht. 6. 9 Prozent der untersuchten Gebäude befinden sich in kleinen Mittelstädten mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern, 19 Prozent in Mittelstädten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern und 72 Prozent in Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern. 7. Weniger als 10 Prozent der Warenhäuser liegen in einem Stadtteil und nicht im Stadtzentrum. Die betreffenden Gebäude befinden sich fast ausschließlich in den Millionenstädten Berlin, Hamburg, Köln und München.24


DIE DOKUMENTATION


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Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit der städtebaulichen Einbindung und der Gebäudestruktur wurden sechs Kauf- und Warenhaus-Standorte in München betrachtet. Die Bauwerke sind in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. Alle befinden sich in prominenten Lagen der Münchener Innenstadt oder der jeweiligen Stadtteilzentren. Sie zeigen exemplarisch die unterschiedlichen städtebaulichen Positionierungen: In der Fußgängerzone, an einer Hauptverkehrsachse, an einem Stadtplatz und in Stadtteilzentren. Ebenso sind sie Beispiele für verschiedene Arten der Ein-, beziehungsweise Anbindung an die umgebende Bebauung: freistehend, den Blockrand schließend, anbauend. Insgesamt können die Gebäude als stellvertretende Beispiele für die Kauf-und Warenhausarchitektur zwischen 1950 und 1975 gesehen werden. Besonders die Kauf- und Warenhäuser aus dieser Bauzeit stellen den Großteil des aktuellen Bestandsimmobilien dar. Für diese Gebäude müssen neue Ideen und Visionen gefunden werden. Denn nicht nur in München sind die meisten betrachteten Standorte hinsichtlich ihrer äußeren Erscheinung unbeliebt und stehen schnell im Fokus von Abrissdebatten. Ihre architektonische und städtebauliche Prägnanz und Bedeutung, sowie ihre gebaute Masse sollten als Ausgangspunkt für neue Ideen gesehen werden. Denn alleine ihre Größe eröffnet umfassende Flächenpotentiale. Besonders in einer Stadt wie München, die dringend neue Flächen zur Bewältigung ihres Wachstums benötigt. Die oberirdische Geschossfläche der im Folgenden betrachteten Kauf- und Warenhäuser der Kette Karstadt/Kaufhof beträgt insgesamt: 126.000 Quadratmeter.


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Karstadt am Hauptbahnhof Standort: Ludwigvorstadt, München Architekt: Fred Angerer Baujahr: 1971 Geschosszahl: 4 + Staffelgeschoss oi. Fläche: 30.565 m2

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Der Erweiterungsbau des historischen Kaufhaus-Gebäudes am Münchener Hauptbahnhof wurde 1971 errichtet. Die Planung für den langgestreckten Baukörper zwischen Schützenstraße und Prielmeyerstraße hatte der Architekt Fred Angerer übernommen. Der Neubau sollte die Verkaufsfläche des historischen Kaufhauses aus dem Jahr 1906 – das erste Kaufhaus der Firma Tietz in München – vervielfachen. Die beiden Baukörper sind durch einen Verbindungsbau, der die Luitpoldstraße überspannt, miteinander verbunden. Mit insgesamt mehr als 50.000 m2 Verkaufsfläche wurde das Ensemble zum größten Kaufhaus Münchens. Der Erweiterungsbau füllt fast den gesamten Block zwischen Hotel Königshof und dem Altbau. Die Fassade ist bis auf das Erdgeschoss komplett geschlossen und mit Natursteinplatten verkleidet. Insgesamt erstreckt sich das Gebäude über fünf oberirdische und fünf unterirdische Geschosse. Die oberirdischen Geschosse und das erste Untergeschoss dienen als Verkaufsfläche, während die Untergeschosse größtenteils als Parkgarage funktionieren. Im ersten Untergeschoss besteht eine Verbindung zur unterirdischen Ladenpassage des Stachus. Das Erdgeschoss springt einige Meter von der Baulinie der Obergeschosse zurück, wodurch sich das Gebääudevolumen über die Erdgeschosszone stülpt.



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Sicht von der Prielmayerstraße auf den Verbindungsteil zwischen Altbau (1906) und Erweiterungsbau (1971).

Blick durch die Schützenstraße in Richtung des Hauptbahnhofes. Im Bereich zwischen Karlsplatz und Luitpoldstraße ist die Schützen-straße eine Fußgängerzone.


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Kaufhof am Karlsplatz Standort: Ludwigvorstadt, München Architekt: Theodor Pabst Baujahr: 1951 Geschosszahl: 7 + Staffelgeschoss oi. Fläche: 22.647 m2

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Der Kaufhof am Stachus befindet sich gegenüber des Karlstores, welches den westlichen Auftakt zur weitläufigen Münchener Fußgängerzone bildet. Das Kaufhaus wurde im Jahr 1951, als erster Münchener Kaufhaus-Neubau der Nachkriegszeit, nach Plänen von Theo Pabst für die Kaufhof AG errichtet. Es war einer der ersten Großbauten am Stachus und hat einen prominenten und exponierten Standort am Kreuzungspunkt der Bayerstraße, als Hauptachse vom Hauptbahnhof, und der Sonnenstraße, als Teil des Altstadtrings. Entlang der Sonnenstraße erstreckt sich der Hochhausteil des Gebäudes 32 Meter hoch, mit sieben Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss. Die Gestaltung der Hauptfassade wurde aus dem Konstruktionsraster entwickelt, sodass im Gesamtbild eine regelmäßige, ruhige und klar gegliederte Fassade entstanden ist. Als Fassadenmaterial hat der Architekt Naturstein gewählt. Das Erdgeschoss und erste Obergeschoss sind durch ihre großflächige Verglasung gemeinsam als Sockel ablesbar. Der obere Gebäudeabschluss wirkt durch die filigrane Stahlstützenkonstruktion und den Rücksprung leicht. Der Gebäudeteil entlang der Bayerstraße passt sich in seinen Dimensionen maßstäblich den Nachbargebäuden an. Obwohl seine Fassade den Charakter eines Massivbaus vermittelt, ist auch dieser Teil in Skelettbauweise errichtet.



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Ansicht von der Sonnenstraße auf den siebengeschossigen Hauptbau mit Attikageschoss.

Ansicht der Hauptfassade zur Sonnenstraße. Die Gliederung der Fassade ist an die Struktur der Tragkonstruktion angelegt. Als Material wurde Jura-Travertin verwendet.


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Karstadt an der Münchener Freiheit Standort: Schwabing, München Architekt: Fred Angerer Baujahr: 1988-1991 Geschosszahl: 5 + Staffelgeschoss oi. Fläche: 14.365 m2

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Der Karstadt-Bau an der Münchener Freiheit wurde 1991 als Ersatzneubau für das Ensemble aus Hertie-Hochhaus und Kaufhaus aus dem Jahr 1964 errichtet. Der schwarz verglaste Turm hatte für viel Unmut gesorgt und wurde als „Bausünde“ bezeichnet, sodass man ihn nach etwa 25 Jahren bereits wieder abriss. Die Planung für den viergeschossigen Neubau stammte vom Architekten Fred Angerer. Der neue Baukörper wurde flächiger gestaltet und schließt rückseitig an Nachbargebäude an. Die äußere Erscheinung des Baukörpers wurde vom Originalbau aus den 1960ern übernommen – eine vorgehängte Fassade aus vertikalen Lamellen. Wie charakteristisch für Kaufhäuser, ist nur die Fassade des Erdgeschosses mit Schaufenstern versehen, wohingegen die Obergeschosse geschlossen sind. Vor der Hauptfassade zur Leopoldstraße wurde ein freistehender Erschließungskern errichtet, über den ein Restaurant im Obergeschoss direkt zu erreichen war. In seiner Höhe passt sich das Gebäude der umgebenden Bebauung an. Der Kaufhausstandort an der Münchener Freiheit ist zum einen typisch für eine Positionierung an einer Hauptverkehrsader, sowie im Herzen der stadtteileigenen Einkaufsmeile.



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Sicht entlang der Franzstraße in Richtung der Leopoldstraße. Die Warenanlieferung und die Zufahrt zur Tiefgarage liegen an dieser Gebäudeseite.

Ansicht der Hauptfassade an der Leopold-straße. Die vertikalen Lamellen an der Fassade wurde als Gestaltungselement vom ursprünglichen HertieKaufhaus über-nommen.


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Kaufhof am Marienplatz Standort: Altstadt, München Architekt: Josef Wiedemann Baujahr: 1969-1971 Geschosszahl: 5 oi. Fläche: 24.707 m2 oi.

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Das Kaufhaus am Marienplatz wurde 1969 bis 1971 für die Horten AG nach Plänen von Josef Wiedemann errichtet. Es ersetzte das kriegsbeschädigte Roman-Mayr-Haus am Eck Rosen-/ Kaufingerstraße. Der Neubau und damit verbundene Abriss des Vorkriegsgebäudes, der von einigen prominenten Architekten unterstützt wurde, sollte den Bruch mit der vorausgegangenen Zeit verdeutlichen. Die Höhe des Kaufhauses wurde an dem gegenüberliegenden Thomas Eck ausgerichtet. Durch die leichte Krümmung und Staffelung der beiden Hauptfassaden werden die Straßenfluchten der Rosen- und Kaufingerstraße aufgenommen. Das Achsraster von 10 mal 10 Metern bestimmt nicht nur die Tragstruktur aus Stahlbeton, sondern auch die Fassadenaufteilung. Die schrägen Fassadenelemente und ihre vertikalen Wechsel lassen eine horizontale Gliederung entstehen, die den Großbaustein in seine städtebauliche Umgebung integrieren soll. Die Fassade ist mit großformatigen hellgrauen Granitplatten verkleidet und unterscheidet sich damit stark von den umgebenden Putzfassaden. Seit seiner Entstehung empfinden viele Münchener den Kaufhof am Marienplatz in seiner Umgebung aus alten und rekonstruierten Fassaden als überdimensionierten Fremdkörper.



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Der Haupteingang des Kaufhofs befindet sich an der Gebäudeecke zum Marienplatz. Direkt unter der Arkade befindet sich ein Zugang zur U-Bahnstation Marienplatz.

Ansicht von dem Marienplatz. Die Fassaden entlang der Kaufingerstraße und Rosenstraße folgen der jeweiligen Straßenflucht. Die Einteilung der Natursteinplatten nimmt Bezug auf den Maßstab der Nachbargebäude.


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Kaufhof am Rotkreuzplatz Standort: Neuhausen, München Architekt: Baujahr: 1979 Geschosszahl: 3 oi. Fläche: 12.510 m2

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Der Kaufhof am Neuhausener Rotkreuzplatz aus dem Jahr 1979 gehört zu den unbekannteren Kaufhausbauten in München. Er flankiert den Rotkreuzplatz im Westen und schließt im Süden an den Blockrand an. Das Gebäude verfügt oberirdisch über drei Geschosse, wodurch es sich der baulichen Umgebung anpasst. Durch die rote Ziegelfassade unterscheidet sich das Kaufhaus klar von den Nachbargebäuden, die vorwiegend Putz- oder Natursteinfassaden haben. Das Erdgeschoss verfügt an den publikumszugewandten Seiten über großzügige Schaufenster und die Obergeschosse sind größtenteils geschlossen. Die Fassade erhält durch die Ausformung von Bögen und Pilastern eine kleinteilige Gliederung, die das Äußere in Relation zu den umgebenden Fassaden setzt. Markant sind außerdem die verglasten Erschließungskerne, die jeweils vor das geschlossene Volumen gesetzt wurden. Mit drei oberirdischen Geschossen und seiner Grundfläche zählt das Kaufhaus zu einem eher kleineren Beispiel in Bezug auf das Gebäudevolumen. Dies ist unter anderem typisch für Kauf- und Warenhäuser, die sich in Stadtteilzentren befinden und vor allem zu Versorgung des Quartiers dienen.



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Ansicht von dem Rotkreuzplatz auf das Kaufhaus. Der Bau rahmt den Platz im Westen ein. Das Fassadenrelief aus Bögen und Pilastern gliedert die sonst der flächige, geschlossene Fassade.

Ansicht von der Winthirstraße. An den beiden Gebäudeecken sind die markanten verglasten Treppenhäuser sichtbar, in denen die notwendige Erschließung außerhalb des Grundvolumens untergebracht ist.


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Karstadt am Nordbad Standort: Schwabing, München Architekt: Baujahr: 1967er Geschosszahl: 4 oi. Fläche: 21.300 m2

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Der Karstadt am Nordbad in München befindet sich im nord-westlichen Teil Schwabings. Das Kaufhaus liegt an einer wichtigen Verkehrsachse, der Schleißheimer Straße und bildet zu dieser einen Vorplatz aus. Eine Besonderheit des Gebäudes aus dem Jahr 1969 ist, dass es komplett freistehend ist. Dadurch ist das simple, rechteckige, „boxartige“ Volumen sehr prägnant ablesbar. Die nahezu quadratische Form lässt ein sehr regelmäßiges Stützenraster im Inneren von etwa 10,5 auf 11,5 Metern zu. Neben der Form ist auch die Fassade des viergeschossigen Baus sehr einfach. Das Erdgeschoss ist, wie typisch für Kaufhäuser von Schaufenstern geprägt, wohingegen die Obergeschosse geschlossen sind. Im Inneren erstreckt sich die Verkaufsfläche vom ersten Untergeschoss bis zum ersten Obergeschoss. In den beiden darüber liegenden Etagen befindet sich ein PKW-Parkdeck. Das Kauf- und Warenhaus entspricht aufgrund seiner Verkaufsflächengröße, der einfachen Architektur und seiner Funktion im Quartier einem typischen Beispiel eines Kaufhauses in Stadtteillage. Der Karstadt am Nordbad gehört zu den Filialen, die im Zuge der Karstadt Kaufhof Insolvenz 2020 schließen mussten. Das Gebäude wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.



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Ansicht des Haupteingangs an der Schleißheimer Straße. Die Fassade der Obergeschloss ist nahezu vollständig geschlossen und durch eine vertikale und horziontale Elementierung gegliedert.

Ansicht von der Winzererstraße, zur der es keinen direkten Zugang zur Verkaufsfläche gibt. Hier ist die Fassade auch im Erdgeschoss geschlossen. Die Warenanlieferung und Versorgung liegt an der Westseite.


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TEIL D UMNUTZEN & UMBAUEN


Der grauen Energie eines Gebäudes stecken im Rohbau

56 %

Gebäude & Infrastruktubestände gab es 2010 weltweit

28 MRD. TONNEN

Mineralische Baurohstoffe wurden 2013 in Deutschland verbraucht

543 MIO. TONNEN


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UMBAU STATT ABRISS Warum sollten wir also an den Kauf- und Warenhausbeständen festhalten, wenn ihr Nutzen verloren gegangen ist? Wieso sollten die oft unbeliebten und aus dem Stadtgefüge fallenden Großbausteine erhalten werden? Die Antwort mag für viele sehr einfach und banal sein, doch leider gehört sie noch nicht zum Selbstverständnis der Architektur und Stadtplanung der Gegenwart. Der ressourcenschonende Umgang mit der Umwelt ist eines der drängenden Themen unserer Zeit. Die Denkweise des „Bauens auf der grünen Wiese“, wie sie vor allem in der Nachkriegszeit zur Ausprägung kam, ist heute weit überholt. Doch während in anderen Branchen schon lange versucht wird neue Wege für eine nachhaltigere Zukunft zu gehen, ist das Bauen mit den dazugehörigen Gewerben in dieser Hinsicht extrem träge. Der tägliche Verbrauch an Fläche für Siedlung und Verkehr lag im Jahr 2019 bei mehr als 60 Hektar. Das von der Bundesregierung gesetzte Ziel für eine nachhaltige Entwicklung liegt bei 30 Hektar pro Tag.25 Dementsprechend muss stetig nach neuen Flächenpotentialen innerhalb bereits besiedelter Flächen, im Sinne einer Innenentwicklung und Nachverdichtung, gesucht werden. Außerdem stellt der Bausektor einen der ressourcenintensivsten Wirtschaftsbereiche - besonders für mineralische Rohstoffe - dar. Laut dem statistischen Bundesamt setzte der Bausektor alleine im Jahr 2013 534 Millionen Tonnen mineralischer Baurohstoffe ein. Gleichzeitig ist der Gebäude- und Infrastrukturbestand mit circa 28 Milliarden Tonnen (Stand 2010) ein riesiges, menschengemachtes Rohstofflager.26Das Recycling der bestehenden Bausubstanz beschränkt sich jedoch fast ausschließlich auf Elemente, die zu Untergrundmaterialen und mineralischen Zuschlägen verarbeitet werden können. Diese finden primär Einsatz im Straßenbau oder in Recycling-Beton. Der Großteil aller weiteren Elemente eines Gebäudes kann häufig nicht recycelt werden,


unter anderem weil verschiedene Baustoffe zu nur schwer trennbaren Elementen zusammengefügt sind. Die Abfälle aus Abbruch- und Neubauten haben mit fast 55 Prozent den größten Anteil am jährlichen Bruttoabfallaufkommen in Deutschland.27 Diesen Fakten zufolge sollte das Hauptaugenmerk im Bausektor nicht auf dem Recycling liegen, sondern auf der Abfallvermeidung. Diese kann durch eine möglichst große Verlängerung des Lebenszyklus von Gebäuden und Infrastrukturen gefördert werden. Denn selbst wenn von einem Bestandsgebäude nur der Rohbau, beziehungsweise die Tragstruktur weiterverwendet werden kann, bedeutet dies eine Einsparung an wertvollen Rohstoffen. Vor allem Zementanlagen sind sehr ressourcenverbrauchend und umweltschädlich. Mit ihrem jährlichen Ausstoß an CO2 liegen sie weltweit auf Platz drei der größten CO2-Emittenten, gleich nach Kraftwerken und Fahrzeugen.28 Darüber hinaus haben jedoch auch im gesamten Baubereich die Emissionen durch den vermehrten Einsatz synthetischer Baustoffe und einer globalisierten Baustoffbeschaffung zugenommen. Unter dem Begriff „Graue Energie“ soll der Großteil dieser Faktoren zusammengenommen und berücksichtigt werden. Dazu zählen alle Energien, „die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes – oder eines Gebäudes – aufgewendet“29 werden müssen. Es wird von vielen Seiten gefordert die graue Energie, sowie die energetischen Faktoren für Abbruch, Entsorgung und Errichtung eines Ersatzneubaus, sowie dessen Betriebsenergie zukünftig in Kalkulationen, die als Entscheidungsgrundlage für Erhalt versus Neubau angestellt werden, einzubeziehen. Die genannten Fakten und Entwicklungen wahrzunehmen und ihnen entgegenzuwirken, indem beispielsweise ein größeres Augenmerk auf den Erhalt von Baubestand gelegt wird, ist unumgänglich. 30 Prozent weniger Rohstoffe für das Bauen und mehr als 80 Prozent weniger Bauland könnten jährlich verbraucht werden, wenn Bestandsgebäude weiter- und umgenutzt würden und Leerstände wiederbelebt würden, so das Umweltbundesamt.30 Der Schlüssel liegt dementsprechend nicht vorwiegend im Recycling, sondern in einer möglichst langen Nutzungsdauer der Gebäude. Hierzu ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit dem Bestand nötig, der anscheinend im Zuge der Industrialisierung und der Tabula rasa des Zweiten Weltkriegs auf der Strecke geblieben ist. Obwohl Sanierungen und Umbauten fester Bestandteil des Architektenalltags sind, finden diese Themen zum einen nur begrenzten Raum in der Lehre und zum anderen weniger Beachtung als spektakuläre Neubauten. Die aktuelle Herangehensweise führt, sofern es wirtschaftlich vertretbar ist, in der Regel zu einem Abriss und Neubau. Doch abseits aller Betrachtungen der materiellen Ressourcen von

Abb.37: Baustelle nach Abriss in München


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Gebäuden, dürfen auch ihr kultureller, sozialer und architektonischer Wert nicht außer Acht gelassen werden. Vor allem bei den unzähligen Bauwerken aus der Nachkriegszeit fällt es häufig schwer ihre erhaltenswerten Eigenschaften zu identifizieren. Aber auch die „Bausünden“ aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sollten als Basis für Reinterpretationen und ein Weiterbauen gesehen werden. Entsprechend haben Aussagen, wie die des Architekten Arno Brandlhuber, ihre Gültigkeit: „Natürlich gibt es Situationen, die für eine Nachnutzung nicht taugen, die wirklich keinerlei Qualitäten haben. Abreißen sollte nicht verboten sein. Es könnte aber sinnvoll sein, bestimmte Gebäude oder Typologien modellhaft zu prüfen, ob sie ganz generell für bestimmte Formen der Nachnutzung sinnvoll sind.“31 In diesem Sinne wird in dieser Arbeit der Fokus auf den Typus der Kauf- und Warenhäuser gerichtet, um einen Überblick über seine Eigenschaften und möglichen Nachnutzungen zu gebe



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Umbauen als Regel. Neubau als Option? Bis zum 19. Jahrhundert zählte der Umbau und Weiterbau als ein selbstverständliches Mittel zur Weiterentwicklung von Städten und Strukturen. Alles andere galt als Verschwendung von Material- und Arbeitsressourcen. Die Industrialisierung und ihre Bedürfnisse an schnell zu errichtenden, neuen Bauwerken beendeten dieses Denken. Neubau ist die Regel, Umbau nur eine Option. Dabei haben Bestandsgebäude auch abseits aller materiellen oder messbaren Ressourcen einen gesellschaftlichen Wert. Selbst Gebäude die zur sogenannten Alltagsarchitektur gehören sind wichtige Elemente für die Identität und Orientierung eines Ortes, sowie für die Identifikation mit einem Ort. Selbst umgebaute und umgenutzte Strukturen lassen die ursprüngliche Nutzung und Bedeutung meistens noch erkennen. Da ihr eigentlich Zweck und ihre Absichten mittlerweile oft obsolet geworden sind, müssen die Gebäude entsprechend der neuen Bedürfnisse angepasst werden. Dabei muss eine verfügbare Bestandsstruktur mit einem Nutzungsbedarf und einem Nutzungswillen zusammentreffen.32 Bei Transformationsprojekten wird häufig auf die Tragstruktur des Bestandes zurückgegriffen, da sich zum Beispiel äußere Einflüsse meistens nicht verändert haben und dementsprechend keiner Anpassung bedürfen. Durch eine geänderte Nutzung können je nach ihrer Art auch Tragwerksreserven freigesetzt werden, die unter anderem für Aufstockungen einsetzbar sind. Eine besonders hohe Nutzungsflexibilität findet sich meistens bei Gebäuden mit freien Grundrissen und großzügigen Dimensionen, da sie entsprechend ihrer Nutzung einfacher anpassbar sind. Außerdem haben Gebäude dieser Art, die zuvor meist monofunktionell genutzt wurden, eine bleibende physisch-strukturelle Prägnanz.33 Bei der Frage nach der Art der Umnutzung kommt es vor allem auf die jeweiligen örtlichen Bedürfnisse an.


DIE UMNUTZUNG VON KAUF- & WARENHÄUSERN


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In verschiedenen Studien und Publikationen wurde das Umnutzungspotential, sowie die Ergebnisse aus bereits vollzogenen beziehungsweise geplanten Umnutzungen von Kauf- und Warenhäusern thematisiert. Als treibende Kräfte dieser Untersuchungen treten zum einen Architekten und Stadtplaner auf und zum anderen wirtschaftlich orientierte Interessensgruppen. Generelle Einstimmigkeit herrscht bei der Frage, ob eine Nachnutzung als Kaufund Warenhaus sinnvoll und realisierbar ist. Das Ergebnis ist: Nein. Ebenso wird eine weitere Nutzung durch großflächigen Einzelhandel als kritisch betrachtet, weil die Marktlage dieses Segments aktuell schwierig ist. Die Nachfrage nach großen Flächen, die sich vertikal verteilen ist gering. Da die ehemaligen „Konsumtempel“ größtenteils speziell für den Betriebstypus Kaufhaus gebaut wurden, was sich in Kubatur und Aufbau deutlich erkennen lässt, bedingt eine neue Nutzung meistens einen umfangreichen Umbau. Durch die Obsoleszenz der ursprünglichen Nutzung ergibt sich fast umgehend die Frage nach einem Neubau anstelle des Bestandes. Doch dagegen sprechen die zuvor erläuterten Punkte der Nachhaltigkeit und der gewachsenen Rolle im städtischen Umfeld. Selbst bei einem vollständigen Rückbau bis auf die Tragstruktur lassen sich etwa 40 Prozent der grauen Energie des Bestandes vor einer Freisetzung bewahren.34 Im Fokus bisheriger Betrachtung stehen deshalb vor allem Fragen nach zukünftigen Qualitäten und Potentialen. Dabei spielen Überlegungen welche Nutzungen sinnvoll und zukunftsweisend sind, wie architektonische und städtebauliche Fehler der Vergangenheit überwunden werden können, und wie Kauf- und Warenhausstandorte mit neuer Nutzung wieder zu Ankerpunkten der Innenstädte werden können, eine Schlüsselrolle. Um fundierte Entscheidungen für eine Umnutzung treffen zu können, müsse man zunächst die grundstücks- und gebäudespezifische Situation bewerten. Dazu gehören die Grundstücksgröße, der bauliche Zustand, die Geschossigkeit und die städtebauliche Einbindung.35 Gleichermaßen spielen orts- und marktbezogene Ausgangspunkte, wie die bestehenden „Eigentumsverhältnisse, die Entwicklung von Kauf- und Mietpreisen, die Standortgröße, sowie die wirtschaftliche Situation der Stadt oder Kommune“36 eine wichtige Rolle. Bei den ehemaligen Kauf- und Warenhausstandorten, die Gegenstand bisheriger Betrachtungen waren, handelt es sich vornehmlich um Standorte in NordrheinWestfalen, insbesondere im Ruhrgebiet und dem Westen Deutschlands, sowie teilweise im Gebiet um Frankfurt am Main und Stuttgart. Die Ursache hierfür ist, dass es in diesen Regionen aufgrund ihrer hohen Bevölkerungsdichte außerordentliche viele Kauf- und Warenhäuser gab, von denen bereits viele


geschlossen werden mussten. Außerdem waren von den Standortschließungen bisher vor allem Filialen in mittelgroßen Städten und kleineren Großstädten mit weniger als 250.000 Einwohnern betroffen. Laut der Untersuchung einer großen internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist bisher der geringste Anteil an Schließungen auf die deutschen Millionenstädte entfallen. Bei der genannten Studie wurden 52 Kauf- und Warenhausstandorte untersucht, die seit 2009 geschlossen wurden - ausgenommen jene Standorte, die von der letzten Schließungswelle im Jahr 2020 betroffen waren. Es wird die Annahme getroffen, dass eine Nachnutzung von Kauf- und Warenhäusern seit Beginn des Betrachtungszeitraums 2009 zunehmend beliebter geworden ist. Insbesondere aktuell sei erkennbar, dass das Interesse an ehemaligen Kaufund Warenhausimmobilien steigend ist.37 Dies kann man unter anderem darauf zurückführen, dass vor allem in den letzten Jahren immer mehr Standorte auch in wachsenden, wirtschaftlich starken Städten schließen mussten. Dort bedeutet die Schließung eines Kaufhauses häufig das Freiwerden eines gefragten Grundstücks in Toplage. Die Umnutzung von Kauf- und Warenhäusern lässt sich thematisch in drei Bereiche auffächern: die zukünftige Nutzung, die bauliche Transformation und die möglichen Chancen für eine nachhaltige, positive Rolle im baulichen und sozialen Stadtgefüge.


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Die Nutzung Bevor umfassende bauliche Pläne für den Umbau eines Warenhauses erstellt werden können, muss ein zukünftiges Nutzungskonzept entwickelt werden. Die Umnutzung oder Transformation eines Warenhauses impliziert die Tatsache, dass die bisherige Nutzung nicht mehr tragfähig ist. Dementsprechend müssen alternative Konzepte für die Immobilien gefunden werden. Dabei spielen die örtlichen Gegebenheiten und Bedürfnisse eine Schlüsselrolle. Die Premiumlage, in denen sich Kauf- und Warenhäuser meistens befinden, verleitet oftmals dazu wieder eine Einzelhandelsnutzung anzudenken. Trotzdem zeigen bereits realisierte Nachnutzungskonzepte, dass weniger als die Hälfte von ihnen durch reinen Einzelhandel wieder in Betrieb genommen wurden. Zudem hat man in einer Studie festgestellt, dass mehr als ein Viertel der Immobilien, die nur durch Einzelhandel weiter-, beziehungsweise umgenutzt wurden wieder schließen mussten. Dementsprechend ist auch eine reine Einzelhandelsnutzung – abseits des Warenhauses – nicht zielführend. Das beliebteste Nachnutzungskonzept ist eine Mischnutzung. Bei bisher realisierten Transformationen mit einer Mischnutzung wurden folgende Nutzungsarten integriert: Einzelhandel, Büros, Wohnen, Gastronomie, Hotel und Pflegeeinrichtungen. Häufig wird das Erdgeschoss weiterhin durch Einzelhandel bespielt, wohingegen die darüber liegenden Geschosse eher publikumsorientierten Dienstleistungen, öffentlichen Einrichtungen oder dem Wohnen dienen. Eine vertikale Stapelung von Nutzungen löst häufig die Monofunktionalität ab. Zudem gibt es als Alternative zur privatwirtschaftlichen Nachnutzung die Möglichkeit ein öffentliches Konzept umzusetzen, bei dem Kommunen mit öffentlichen Angeboten die neuen Nutzungen bestimmen. Eine Mischnutzung der ehemaligen Kauf- und Warenhausstandorte entspricht der bereits 2007 in der Charta von Leipzig aufgestellten Forderung nach einer Mischung der Funktionen in Städten. Es wurde ein Abschied von der Monofunktionalität formuliert, der in den vergangenen dreizehn Jahren bereits teilweise vollzogen wurde. Dennoch sind gerade die Innenstadtzentren nahezu ausschließlich vom Einzelhandel geprägt und ein Umdenken findet nur sehr zögerlich statt. Stadt und Handel sind in der europäischen Stadt schon immer eng miteinander verwoben gewesen, doch seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Handel zur Definition für Innenstadt. Antworten auf aktuelle Entwicklungen, die einen Rückgang des Einzelhandels andeuten, wurden zum Beispiel vom Verein BaukulturNRW entwickelt. Als neue Nutzungen ehemaliger Handelsstandorte sehen sie vor allem


folgende Konzepte: Dienstleistungen, die gut als Mischnutzung mit Wohnen und Gastronomie kombinierbar sind; Innerstädtisches Wohnen, das eine Belebung des Standortes und eine soziale Kontrolle fördern kann; Urbane Produktion, mit der Handwerk und Gewerbe wieder Einzug in die Innenstädte halten nachdem sie fast mehr als ein Jahrhundert fast vollständig verschwunden waren; sowie Einzelbausteine zu denen soziale Infrastruktur, Gastronomie, Freizeitangebote, Soziale- und Gesundheitseinrichtungen und Quartierstreffs gehören. Diese Liste ist nur ein Ausschnitt verschiedenster Optionen, deren Gemeinsamkeit die Stärkung der Urbanität und der städtischen Vorzüge sein soll. Zu diesen zählt eine örtlich verankerte Stadtgesellschaft, kurze Wege und Verkehrsvermeidung, kleine Wirtschaftskreisläufe, sowie Vielfalt und Lebendigkeit. Städte, und ihr Handel entwickeln sich dynamisch weiter und müssen auf die Anforderungen der Zeit und die gesellschaftlichen Veränderungen eingehen. Die gebauten Strukturen sollten diese Veränderungen und neue Nutzungen adaptieren können. Anhand von Kauf- und Warenhäusern kann ein Exempel gesetzt werden, wie bestehende Gebäude sich wandeln können, obwohl sie unter der Prämisse der Monofunktionalität entstanden sind. Träge wirkende Bestandsstrukturen können mobilisiert werden und so mit der Dynamik von Städten mithalten. Die Umnutzung von Kauf- und Warenhäusern könnte somit zu einem Vorbild für die funktionsgemischte und nachhaltige Stadt werden.


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Die bauliche Transformation Ein neues Nutzungskonzept muss nicht nur den spezifischen Bedürfnissen entsprechen und auf die örtlichen Verhältnisse eingehen, sondern auch auf die Gebäudestruktur. In den meisten Fällen wird der Kauf- und Warenhausbestand bis auf den Rohbauzustand zurückgesetzt. Meistens verfügt der ausgebaute Bestand neben der Tragstruktur nur über relativ wenige raumtrennende Elemente, die abgerissen werden müssen. Erhalten bleiben dann wenige Stützen, die auf einem großzügigen Raster angeordnet sind, sowie Unterzüge und Deckenplatten. Die relativ hohen Geschosse und weiten ebenen Flächen bieten diverse Nutzungschancen. Ein Ersatz der fast vollständig geschlossenen Bestandsfassade ist nahezu unabdingbar. Dies bietet außerdem eine Chance die hohe Kühllast der Gebäude zu senken, die durch das große abgeschlossene Volumen erzeugt wird. Ebenso wurde bei den meisten bereits umgebauten Gebäuden die vertikale Erschließung erneuert, sowie die gesamte Gebäudetechnik. Außerdem entstehen bei einer Umnutzung häufig Traglastreserven, da sich die Nutzlasten verändern. Für die Nutzung als Kauf- und Warenhaus muss zum Beispiel eine Nutzlast von 5 kN/ m2 angesetzt werden, wohingegen sie für Wohnen nur 2 kN/m2 beträgt. Die Traglastreserven können dann unter anderem Aufstockungen des Gebäudes ermöglichen. Mit dem Erhalt der Gebäudestrukturen können langwierige und kostenintensive Abrisse vermieden werden und Nachbargebäude geschützt werden. Ein teilweiser Erhalt und eine damit einhergehende Reminiszenz an das Vergangene führt häufig zu einer größeren Akzeptanz und einer Identitätsbildung mit Ort und Gebäude. Neben den ehemaligen Kauf- und Warenhausflächen sind auch die angeschlossenen Infrastrukturen, wie Parkhäuser und -garagen wichtig zu erhalten. Diese Ankerpunkte für motorisierten innerstädtischen Verkehr werden zukünftig an Bedeutung gewinnen, wenn es darum geht den Straßenraum zunehmend von Autos zu befreien. Nicht zuletzt sind Ökologie und Ökonomie die bestimmenden Kriterien im Umbauprozess. Ökologisch ist ein Umbau dem Abriss und Neubau überlegen, wie im vorherigen Kapitel näher erläutert wird. Ein Neubau wirkt vor allem dann sinnlos, wenn das neue Nutzungskonzept dem alten sehr ähnelt. Doch auch ökonomisch sei der Bestandserhalt, laut Junker, Pöppelmann und PumpUhlmann, die überlegene Strategie. Dies belegen die Umbaubeispiele von Kauf- und Warenhäusern, die im Rahmen ihrer Publikation untersucht wurden. Außerdem spricht der überlegene Anteil von Umbauten im Verhältnis zu Abrissen und Neubauten bisher umgenutzter Kauf- und Warenhäuser für diese These.



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Architektonische und urbane Chancen Zwar wird die Transformation von Kauf- und Warenhäusern oft als große Chance zur Aufarbeitung von architektonischen und städtebaulichen Fehlern der Vergangenheit angesehen, trotzdem ist die stadtbildprägende, prägnante Rolle der Gebäude nicht zu verkennen. Ihre Dominanz im Stadtbild hat sie zu einem Orientierungspunkt und Identitätsstifter gemacht. Außerdem wurden Einkaufszentren und Warenhäuser, zumindest laut Rem Koolhaas, schon lange dem öffentlichen Raum einverleibt und sie gehören zur Lebensweise und Freizeitgestaltung der Gesellschaft. Besonders Kauf- und Warenhäuser haben in den letzten Jahrzehnten jedoch ihre Rolle als Ankerpunkt des öffentlichen Lebens verloren und können die moderne Gesellschaft nicht mehr bedienen. Doch ihre Hüllen und gebauten Strukturen können die Funktion eines öffentlichen, gemeinschaftlichen und den neuen Bedürfnissen entsprechenden Ortes erfüllen. Zunächst spielt die Auflösung der abschottenden Fassade eine wichtige Rolle, um das Gebäude und seine Nutzung in Kommunikation mit seiner Umgebung treten zu lassen. Eine Revitalisierung der ehemaligen Kauf- und Warenhäuser kann eine Strahlkraft auf die Umgebung auslösen, die zu einer Aufwertung des Stadtbildes führt, ohne Bausteine vollständig zu entfernen. Ein Umbau kann als Chance genutzt werden die architektonische „Leuchtkraft“ wieder zu finden, die Kauf- und Warenhäuser einst hatten, bevor sie besonders durch Masse und Werbung auf sich aufmerksam machten. Es gilt die positiven Eigenschaften in die aktuelle Zeit zu transformieren und damit einen neuen Bezugspunkt in der Stadt zu schaffen. Die drei Themenbereiche der Nutzung, der baulichen Transformation und der architektonischen und städtebaulichen Chancen sind eng miteinander verwoben und müssen gleichzeitig betrachtet werden. Sie sind ein dreisäuliges Grundgerüst aus den wichtigsten Aspekten, die bei der Transformation von Kauf- und Warenhäusern eine Rolle spielen und gleichzeitig ein Leitfaden für Umbaukonzepte.





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Endnoten 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

(Erben, 2016) S.26 (Erben, 2016) S.33 Aus: Zu Stresemann 1900, hier bes. S.711-715 (Homburg, 1992) S. 200 (Hackelberg, Dirkes, & Schrödl, 2020) (Hackelberg, Dirkes, & Schrödl, 2020) (Pink, Brunke, & Wittig, 2015) (Hackelberg, Dirkes, & Schrödl, 2020) (Pink, Brunke, & Wittig, 2015) (Pink, Brunke, & Wittig, 2015) (Hackelberg, Dirkes, & Schrödl, 2020) (Pink, Brunke, & Wittig, 2015) (IfH Köln & Statista , 2020) (Hackelberg, Dirkes, & Schrödl, 2020) (Junker & Pump-Uhlmann, 2020) (Junker & Pump-Uhlmann, 2020) (Sperle, 2012) (Pink, Brunke, & Wittig, 2015) (Sperle, 2012) (Hackelberg, Dirkes, & Schrödl, 2020) (Sperle, 2012) (BauNVO , Stand 2017) (Hessert, 2012) (Pink, Brunke, & Wittig, 2015) (Pink, Brunke, & Wittig, 2015) (Tichelmann, Blome, Ringwald, Günther, & Groß, 2019) (Bundesamt, Bauabfälle, 2019) (Bundesamt, Abfallaufkommen, 2020) (Petzet & Heilmeyer, 2012) (Spiegelhalter, 2020) (Grafe & Rieniets, 2020) (Petzet & Heilmeyer, 2012) (Kil, 2012) (Baum, 2012) (Junker, Pöppelmann, & Pump-Uhlmann, 2015) (Hackelberg, Dirkes, & Schrödl, 2020) (Hackelberg, Dirkes, & Schrödl, 2020) (Hackelberg, Dirkes, & Schrödl, 2020)



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Abbildungsverzeichnis Abb.1: Geschlossener Karstadt am Nordbad Quelle: privat Abb.2: Grafische Kunst von Barbara Kruger (1987) Quelle: Barbara Kruger, Public Delivery Abb.3: Passage am Newski-Prospekt in Sankt Petersburg aus dem Jahr 1900, Quelle: unbekannt Abb.4: Historische Markthalle Hannover (1889), Quelle: HAZ Archiv, Surrey Repro Abb.5: Crystal Palace, London (1854), Quelle: Adolf Brennecke Abb.6: Teppichabteilung Wertheim Berlin, Quelle: Architekturmuseum TU Berlin Abb.7: Wertheim, Leipziger Straße Berlin, Quelle: Stadtbild Deutschland Abb.8: Bon Marché Innen, Paris (1853), Quelle: 2019 archineers – Architekten & Ingenieure Abb.9: Bon Marché, Paris (1853), Quelle: unbekannt Abb.10: Wertheim Erschließung, Berlin (1900), Quelle: unbekannt Abb.11: Wertheim, Leipziger Straße Berlin (1910), Quelle: AKG images Abb.12: Wertheim Verkaufsabteilung, Berlin, Quelle: Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte Abb.13: Kaufhaus Tietz, Elberfeld, Quelle: unbekannt Abb.15: Fotografie zur Konsumgesellschaft, Quelle: Collection Cover Abb.16: Sommerschlussverkauf Oberpollinger München (1954), Quelle: Gerhard Gronefeld, Deutsches Historisches Museum Abb.17: Kaufhaus in Frankfurt (1963), Quelle: Roland Witschel Abb.18: Warenhaus Leonard Tietz, Düsseldorf, Quelle: Architekturmuseum TU Berlin Abb.19: Warenhaus Leonard Tietz, Düsseldorf, Quelle: unbekannt Abb.20: Kaufhaus Hermann Tietz, München (1906), Quelle: Münchener Stadtansichten Abb.21: Detail Kaufhaus Hermann Tietz, Berlin, Quelle: Peter Stürzebecher Das Berliner Warenhaus. Abb.22: Karstadt Stammhaus, Wismar, Quelle: Arcandor Abb.23: Karstadt, Hermannplatzt Berlin, Quelle: ImagoArchivi Abb.24: Werbepostkarte Schocken Kaufhäuser, Quelle: SpiegelOnline Abb.25: Schocken Kaufhaus, Stuttgart, Quelle: Manfred Niermann Abb.26: Magis Kaufhaus, Hannover, Quelle: W. Hauschild Archiv, Historisches Museum Hannover


Abb.27: Schocken Kaufhaus, Chemnitz, Quelle: unbekannt Abb.28: Schocken Kaufhaus, Stuttgart, Quelle: unbekannt Abb.29: Hertie Kaufhaus, Herne, Quelle: Jan Kampshoff Abb.30: Karstadt in Magdeburg, Quelle: Roman Bezjak Abb.31: Hortenkachel, Quelle: Hannes Gensfleisch Abb.32: Nachriegsbau Karstadt, Quelle: dpa Abb.33: Shoppingmall in der Peripherie Vösendorf Quelle: Andreas Tischler Abb.34: Ausstellung in Remscheid, Quelle: unbekannt Abb.35: Leerstehende Karstadtfiliale, Quelle: privat Abb.36: Abschiedsworte an geschlossenem Karstadt: Quelle: privat


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AUSVERKAUFT. DIE MONOFUNKTIONALEN KONSUMBAUTEN MÜNCHENS UND IHRE ZUKUNFT THEORIE ZUR MASTERTHESIS VON VICTORIA HARTMANN LEHRSTUHL FÜR STÄDTISCHE ARCHITEKTUR | PROFESSOR DIETRICH FINK FAKULTÄT FÜR ARCHITEKTUR | TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN | WINTERSEMESTER 2020/21


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